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Umkämpfte Bibeltreue - Bibel-Center.de

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14 Theologie i<strong>de</strong>aSpektrum 10/2003<br />

HEMPELMANN<br />

HILBRANDS<br />

Konferenz <strong><strong>Bibel</strong>treue</strong>r Ausbildungsstätten: Zerreißprobe im Streit um das Schriftverständnis<br />

<strong>Umkämpfte</strong> <strong><strong>Bibel</strong>treue</strong><br />

Was heißt „bibeltreu“? Die Frage hat nicht nur im „Jahr <strong>de</strong>r <strong>Bibel</strong>“ höchste Brisanz. Schließlich soll je<strong>de</strong>r Christ<br />

sein Denken und Han<strong>de</strong>ln ganz an <strong>de</strong>r Heiligen Schrift ausrichten. Seit einigen Monaten streiten nun Mitglie<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Konferenz <strong><strong>Bibel</strong>treue</strong>r Ausbildungsstätten (KBA) darüber, was das „B“ in ihrem Namen be<strong>de</strong>utet. Ein Teil <strong>de</strong>r<br />

31 Mitglie<strong>de</strong>r macht <strong><strong>Bibel</strong>treue</strong> nämlich auch an historischen Fragen über die Entstehung <strong>de</strong>r <strong>Bibel</strong> fest – etwa,<br />

ob alle fünf Bücher Mose tatsächlich von Mose selbst verfaßt wur<strong>de</strong>n. Ihr Argument: Wo Mose drauf steht, muß<br />

auch ausschließlich Mose drin sein, sonst wür<strong>de</strong>n die Leser getäuscht und könnten <strong>de</strong>r Heiligen Schrift möglicherweise<br />

in an<strong>de</strong>ren Punkten ebenfalls nicht vertrauen. In <strong>de</strong>r KBA gibt es aber auch Positionen, die zwar von<br />

<strong>de</strong>r göttlichen Autorität <strong>de</strong>r ganzen <strong>Bibel</strong> ausgehen, in <strong>de</strong>r Verfasserfrage einzelner Bücher aber auch an<strong>de</strong>-<br />

Konferenz bis<br />

lang nicht klären. Der Streit führt die KBA in eine Zerreißprobe.<br />

Von Marcus Mockler<br />

Im Mittelpunkt <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

stehen zwei Dozenten <strong>de</strong>s<br />

Theologischen Seminars <strong>de</strong>r Liebenzeller<br />

Mission: Direktor Heinzpeter<br />

Hempelmann und <strong>de</strong>r Alttestamentler<br />

Erich Scheurer.<br />

Letzterer hat in seiner 1996 erschienenen<br />

Doktorarbeit „Altes Testament<br />

und Mission“ Ergebnisse<br />

<strong>de</strong>r historisch-kritischen <strong>Bibel</strong>forschung<br />

einbezogen, die unter Evangelikalen<br />

höchst umstritten sind.<br />

Zum Beispiel nennt er als Quellen<br />

<strong>de</strong>s Schöpfungsberichtes in Genesis<br />

1 und 2 die „Priesterschrift“ und<br />

<strong>de</strong>n „Jahwisten“ – also Texte, die<br />

nicht unmittelbar von Mose stammen.<br />

Er ergänzt: „Zum Teil wird<br />

bis in die neuere Zeit an <strong>de</strong>r Autorschaft<br />

Moses festgehalten.“ Genau<br />

das tun viele <strong>de</strong>r KBA nahestehen<strong>de</strong><br />

Theologen – doch Scheurer<br />

nennt nicht einmal ihre Namen.<br />

Vertrauen in <strong>Bibel</strong><br />

erschüttert?<br />

Weil er zu<strong>de</strong>m davon ausgeht,<br />

daß das Buch Jesaja von mehreren<br />

Autoren verfaßt wur<strong>de</strong> („Deuterojesaja“,<br />

„Tritojesaja“), befürchten<br />

seine Kritiker, daß hier schleichend<br />

das Vertrauen in die biblische<br />

Überlieferung erschüttert wird. Es<br />

sei „nicht erkennbar, daß sich<br />

Scheurer von <strong>de</strong>r literarkritischen<br />

Mehrheitsmeinung abhebt“, moniert<br />

Walter Hilbrands, Dozent an<br />

<strong>de</strong>r Freien Theologischen Aka<strong>de</strong>mie<br />

(FTA) Gießen. Einige Ausbil-<br />

dungsstätten – zum Beispiel da<br />

<strong>Bibel</strong> <strong>Center</strong> Breckerfeld – befürchten,<br />

daß Zweifel an <strong>de</strong>r Au<br />

torschaft eines biblischen Buches<br />

Anfang einer Bewegung<br />

sind, die von <strong>de</strong>r Botschaft <strong>de</strong>r<br />

<strong>Bibel</strong> wegführt. „Schließlich<br />

wird die <strong>Bibel</strong>kritik behaupten,<br />

daß die Verfechter <strong>de</strong>r<br />

vollen Inspiration <strong>de</strong>r ganzen<br />

Heiligen Schrift sich<br />

unnötig auf Dinge versteifen,<br />

die nichts mit <strong>de</strong>m<br />

Kern und Wesen <strong>de</strong>s christlichen<br />

Glaubens zu tun haben<br />

und sich starr an Behauptungen<br />

klammern, die<br />

längst überholt seien und<br />

die kein ‚<strong>de</strong>nken<strong>de</strong>r<br />

Menschʼ mehr ernst nehmen<br />

könne“, so das düstere Szenario<br />

in <strong>de</strong>r Zeitschrift <strong>de</strong>s<br />

<strong>Bibel</strong>-<strong>Center</strong>s.<br />

Nein zur<br />

Chicago-Erklärung<br />

Während sich Erich<br />

Scheurer also auch Argumenten<br />

bedient, die<br />

ursprünglich aus <strong>de</strong>r<br />

Ecke <strong>de</strong>r <strong>Bibel</strong>kritiker<br />

stammen, rührt Hempelmann<br />

an einem an<strong>de</strong>ren<br />

Tabu. Er greift<br />

die 1978 von Evangelikalen<br />

verabschie<strong>de</strong>te<br />

Chicago-Erklärung (CE)<br />

zur Irrtumslosigkeit <strong>de</strong>r<br />

Heiligen Schrift an. Damit<br />

reagiert er auf vorausgegangene<br />

öffentliche At-<br />

DEBATTE IN BUCHFORM:<br />

Der Streit um die <strong><strong>Bibel</strong>treue</strong><br />

hat in <strong>de</strong>n vergangenen<br />

Monaten mehrerer Titel<br />

hervorgebracht


i<strong>de</strong>aSpektrum 10/2003<br />

tacken verschie<strong>de</strong>ner Theologen<br />

(zum Beispiel Lothar Gassmann<br />

und Reinhard Möller), die Liebenzells<br />

<strong><strong>Bibel</strong>treue</strong> angezweifelt hatten<br />

und das unter an<strong>de</strong>rem damit<br />

begrün<strong>de</strong>ten, daß Liebenzell die<br />

CE nicht anerkennen wolle. Die<br />

CE bekennt, „daß die Schrift in ihrer<br />

Gesamtheit irrtumslos und damit<br />

frei von Fehlern, Fälschungen<br />

o<strong>de</strong>r Täuschungen ist“. Diese Position<br />

aufzugeben, führe zu „schwerwiegen<strong>de</strong>n<br />

Konsequenzen“, heißt<br />

es in <strong>de</strong>m Papier. Viele KBA-Mitglie<strong>de</strong>r<br />

betrachten die CE als eine<br />

<strong>de</strong>r Grundlagen ihrer theologischen<br />

Arbeit.<br />

„Hermeneutik <strong>de</strong>r Demut“<br />

Der Chicago-Erklärung setzt<br />

Hempelmann die von ihm entworfene<br />

„Hermeneutik <strong>de</strong>r Demut“<br />

entgegen. Hermeneutik<br />

ist<br />

ein wissenschaftliches<br />

Verfahren, Texte<br />

auszulegen.<br />

In mehreren<br />

Büchern und<br />

Aufsätzen hat<br />

Hempelmann<br />

diese Hermeneutikerläutert.<br />

Seiner<br />

Überzeugung<br />

nach be<strong>de</strong>utet<br />

die Herablassung<br />

Gottes zu<br />

<strong>de</strong>n Menschen,<br />

daß die Heilige Schrift nach begrenztem<br />

menschlichem Verständnis<br />

möglicherweise Schwächen<br />

(nicht Fehler!) enthält. Wo<br />

man als <strong>Bibel</strong>leser auf Sachverhalte<br />

treffe, die man nicht nachvollziehen<br />

könne, habe man allerdings<br />

nicht diese Texte, son<strong>de</strong>rn<br />

sich selbst infrage zu stellen. Welche<br />

<strong>Bibel</strong>stellen er unter dieser<br />

Rubrik einstuft, schreibt Hempelmann<br />

nicht. Er lehnt es grundsätzlich<br />

ab, Schriftworte <strong>de</strong>r Kritik<br />

auszusetzen. Hempelmann<br />

argumentiert allgemein: Was wir<br />

heute unter Wahrheit verstehen,<br />

sei nicht <strong>de</strong>ckungsgleich mit <strong>de</strong>m,<br />

was man zu biblischen Zeiten unter<br />

Wahrheit verstan<strong>de</strong>n habe.<br />

„Die <strong>Bibel</strong> ist nicht perfekt, aber<br />

vollkommen – vollkommen, so<br />

wie sie ist, weil vollkommen so,<br />

wie Gott sie gewollt hat.“<br />

„Unübertroffene“<br />

<strong><strong>Bibel</strong>treue</strong>?<br />

Auch wenn Demut im Namen<br />

von Hempelmanns Hermeneutik<br />

steht, wirken seine Ausführungen<br />

teilweise wenig <strong>de</strong>mütig, son<strong>de</strong>rn<br />

äußerst provozierend. „An <strong><strong>Bibel</strong>treue</strong>,<br />

Schrifttreue, Vertrauen<br />

und Bindung an die Autorität <strong>de</strong>r<br />

Heiligen Schrift, an Ernstnehmen<br />

ihrer Aussagen lasse ich mich und<br />

lassen wir uns in Liebenzell von<br />

nieman<strong>de</strong>m überbieten“, schreibt<br />

er. Die CE sei trotz ihrer guten Absichten<br />

letztlich nicht bibeltreu genug,<br />

weil sie einen „mathematischrationalistischen<br />

Begriff von<br />

Wahrheit“ an die Heilige Schrift<br />

herantrage. Die CE verstehe Wahrheit<br />

<strong>de</strong>r <strong>Bibel</strong> im Sinne von<br />

„vollständiger, ausnahmsloser,<br />

lückenloser Richtigkeit“.<br />

Nach Hempelmanns<br />

Überzeugung geht es <strong>de</strong>r<br />

<strong>Bibel</strong> aber nicht um die<br />

Richtigkeit je<strong>de</strong>s einzelnen<br />

Details, son<strong>de</strong>rn um<br />

die Zuverlässigkeit Gottes.<br />

Die CE erhebe <strong>de</strong>shalb einen<br />

Anspruch, <strong>de</strong>n die <strong>Bibel</strong><br />

selbst nicht erhebe.<br />

Neuer Kurs<br />

in Liebenzell?<br />

Hempelmanns in dieser<br />

Frage engagiertester Wi<strong>de</strong>rsacher<br />

ist <strong>de</strong>r Rektor<br />

<strong>de</strong>r Freien Theologischen<br />

Aka<strong>de</strong>mie, Helge Sta<strong>de</strong>lmann.<br />

Er hat unter <strong>de</strong>m<br />

Titel „Liebe zum Wort“<br />

eine Sammlung von Aufsätzen verschie<strong>de</strong>ner<br />

Autoren herausgegeben,<br />

in <strong>de</strong>nen gera<strong>de</strong> das Bekenntnis zur<br />

Irrtumslosigkeit als „Ausdruck eines<br />

bibeltreuen Schriftverständnisses“<br />

betrachtet wird. In <strong>de</strong>m Buch<br />

wird bestritten, daß sich <strong>de</strong>r antike<br />

jüdische Wahrheitsbegriff wesentlich<br />

vom heutigen unterschei<strong>de</strong>t.<br />

Sta<strong>de</strong>lmann wirft Hempelmann<br />

vor, nur die erste Chicago-Erklärung<br />

von 1978 wahrgenommen zu<br />

haben. Mehrere Kritikpunkte erledigten<br />

sich, wenn man die zweite<br />

Erklärung von 1982 und die dritte<br />

von 1986 hinzuzöge. Der Gießener<br />

Theologe spricht von einer „Abkehr<br />

<strong>de</strong>s Liebenzeller Werkes von<br />

früheren Positionen“. Früher habe<br />

man „Unfehlbarkeit“ im Sinne von<br />

„ursprünglicher Fehlerlosigkeit“<br />

<strong>de</strong>r <strong>Bibel</strong> verstan<strong>de</strong>n. Nach Ansicht<br />

Theologie 15<br />

<strong>de</strong>s FTA-Rektors muß die neue<br />

theologische Positionierung Liebenzells<br />

Konsequenzen für die<br />

Mitgliedschaft in <strong>de</strong>r KBA haben.<br />

„Liebenzell verwässert <strong>de</strong>n Namen<br />

‚bibeltreuʼ. Es gibt sicher viele Gebiete,<br />

auf <strong>de</strong>nen wir brü<strong>de</strong>rlich zusammenarbeiten<br />

können. Aber die<br />

KBA-Grün<strong>de</strong>r hatten eine an<strong>de</strong>re<br />

Vorstellung von <strong>de</strong>m, was <strong><strong>Bibel</strong>treue</strong><br />

heißt“, so Sta<strong>de</strong>lmann gegenüber<br />

i<strong>de</strong>a.<br />

Abweichung o<strong>de</strong>r Irrtum<br />

Trotz <strong>de</strong>r Schärfe <strong>de</strong>r Debatte<br />

sind die Konsequenzen aus <strong>de</strong>m Ja<br />

o<strong>de</strong>r Nein zur Chicagoer Erklärung<br />

viel geringer, als man befürchten<br />

könnte. Die CE selbst weist auf<br />

mögliche Quellen für Mißverständ-<br />

nisse bei <strong>Bibel</strong>texten hin, etwa das<br />

„Fehlen mo<strong>de</strong>rner technischer Präzision,<br />

... Beschreibung<br />

<strong>de</strong>r Natur nach <strong>de</strong>r Beobachtung<br />

... Gebrauch von<br />

Übertreibungen o<strong>de</strong>r gerun<strong>de</strong>ten<br />

Zahlen ... Verwendung<br />

freier Zitate“. Im<br />

Klartext: Auch die CE<br />

geht davon aus, daß etwa<br />

am Wun<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r „Speisung<br />

<strong>de</strong>r 5.000“ genau so gut<br />

4.863 o<strong>de</strong>r 5.211 Männer<br />

beteiligt gewesen sein<br />

können. Eine Rundung ist<br />

noch kein Fehler. Hempelmann<br />

fragt nun allerdings,<br />

ab welcher Abweichung<br />

man <strong>de</strong>nn überhaupt von einem<br />

Irrtum sprechen dürfte.<br />

Durch die „Summe <strong>de</strong>r hier<br />

genannten Ausnahmen und<br />

STADELMANN<br />

FAIX<br />

Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Konferenz <strong><strong>Bibel</strong>treue</strong>r Ausbildungstätten<br />

Aka<strong>de</strong>mie für Christliche Führungskräfte (Gummersbach) Aka<strong>de</strong>mie<br />

für Weltmission (Korntal-Münchingen) Albrecht-Bengel-Haus (Tübingen)<br />

BAO - Biblische Ausbildung (A-Wien) <strong>Bibel</strong>-<strong>Center</strong> Freie Theologische<br />

Fachschule (Breckerfeld) <strong>Bibel</strong>schule Aidlingen <strong>Bibel</strong>schule<br />

Beatenberg (CH-Beatenberg) <strong>Bibel</strong>schule Brake (Lemgo) <strong>Bibel</strong>schule<br />

Burgstädt (Burgstädt) <strong>Bibel</strong>schule Kirchberg (Kirchberg/Jagst)<br />

<strong>Bibel</strong>schule Klostermühle (Obernhof/Lahn) <strong>Bibel</strong>seminar Bonn (Bornheim-Bonn)<br />

<strong>Bibel</strong>seminar Königsfeld (Königsfeld-Erdmannsweiler)<br />

<strong>Bibel</strong>seminar Wuppertal (Ra<strong>de</strong>vormwald) Christliche Bildungstätte<br />

und <strong>Bibel</strong>schule Gemein<strong>de</strong> Gottes (Fritzlar) Cornerstone, Centre for<br />

Intercultural Studies (NL-Beugen) Evangelische Theologische Faculteit<br />

Leuven-Heverlee (B-Heverlee/Leuven) Freie Theologische Aka<strong>de</strong>mie<br />

(Gießen) Geistliches Rüstzentrum Krelingen (Walsro<strong>de</strong>) ICI University<br />

- International Correspon<strong>de</strong>nce Institute GmbH (Aßlar-Berghausen)<br />

IGW - Institut für Gemein<strong>de</strong>bau und Weltmission (CH-Zürich) Martin<br />

Bucer Seminar (Bonn) Missionshaus <strong>Bibel</strong>schule Wie<strong>de</strong>nest (Bergneustadt)<br />

Neues Leben-Seminar (Wölmersen) Studiengemeinschaft<br />

Wort und Wissen (Stuhr) Theologisch-Diakonisches Seminar CH-Aarau<br />

Theologisches Seminar Bienenberg (CH-Liestal) Theologisches<br />

Seminar <strong>de</strong>r Liebenzeller Mission (Bad Liebenzell) Theologisches<br />

Seminar A<strong>de</strong>lshofen (Eppingen) Theologisches Seminar St.Chrischona<br />

(CH-Bettingen) Theologisches Seminar Tabor (Marburg)<br />

NICHT BIBELTREU GE-<br />

NUG? Unter Evangelikalen<br />

gibt es Streit an <strong>de</strong>r<br />

Chicago-Erklärung (erhältlich<br />

für ca, 1,50 EUR bei:<br />

<strong>Bibel</strong>bund Tel. 030/<br />

44039253, E-Mail:<br />

Bestellung@bibelbund.<strong>de</strong>)


16 Theologie i<strong>de</strong>aSpektrum 10/2003<br />

MOSE MIT DEN<br />

GESETZESTA-<br />

FELN: Ein Gemäl<strong>de</strong><br />

aus <strong>de</strong>m<br />

Jahr 1650 von<br />

Rembrandt Harmensz<br />

van Rijn<br />

DELITZSCH<br />

Weichzeichnungen von Irrtumslosigkeit“<br />

könne man nahezu alles erklären.<br />

Dann mache die Re<strong>de</strong> von<br />

<strong>de</strong>r „Irrtumslosigkeit“ allerdings<br />

keinen Sinn mehr.<br />

Auf historische<br />

Fragen reduziert<br />

Läßt sich <strong><strong>Bibel</strong>treue</strong> ausschließlich<br />

an historischen Fragen festmachen?<br />

Dieser Ansatz <strong>de</strong>r Liebenzell-Kritiker<br />

ist fragwürdig.<br />

Schließlich gibt es in <strong>de</strong>r KBA eine<br />

große Bandbreite theologischer<br />

Überzeugungen – zum Teil selbst<br />

unter <strong>de</strong>nen, die die CE unterschreiben<br />

wür<strong>de</strong>n. Zu <strong>de</strong>n umstrittenen<br />

Themen gehört, ob die<br />

Säuglingstaufe o<strong>de</strong>r nur die Glaubenstaufe<br />

bib lisch ist, ob Frauen im<br />

Gottesdienst predigen dürfen o<strong>de</strong>r<br />

die Wie<strong>de</strong>rheirat Geschie<strong>de</strong>ner zulässig<br />

ist. Warum stellt man nun die<br />

<strong><strong>Bibel</strong>treue</strong> eines Theologen infrage,<br />

wenn er das Buch Jesaja mehreren<br />

Autoren zuschreibt, während<br />

ein an<strong>de</strong>rer noch als bibeltreu akzeptiert<br />

wird, wenn er entgegen <strong>de</strong>r<br />

Weisung <strong>de</strong>s Apostels Paulus Frauen<br />

das Predigtamt zugesteht? Hempelmann<br />

steht <strong>de</strong>r CE kritisch gegenüber.<br />

Gleichzeitig hat er sich<br />

aber in vielen Punkten als streitbarer<br />

Konservativer erwiesen und<br />

beispielsweise die biblische Ablehnung<br />

homosexueller Lebenspraxis<br />

ebenso öffentlich vertreten wie<br />

Kritik an <strong>de</strong>r Frauenordination.<br />

Wenn <strong><strong>Bibel</strong>treue</strong> mehr sein soll als<br />

ein formales Ja zur CE – müßte<br />

sich dann in so wichtigen Fragen<br />

wie Taufe o<strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>r Wie<strong>de</strong>rverheiratung<br />

Geschie<strong>de</strong>ner nicht<br />

klären lassen, was bibeltreu ist?<br />

Arbeitsgruppe eingesetzt<br />

Dem Vorstand <strong>de</strong>r Konferenz <strong><strong>Bibel</strong>treue</strong>r<br />

Ausbildungsstätten ist die<br />

Heftigkeit <strong>de</strong>s Streits, wie er in Büchern,<br />

Aufsätzen und Vorträgen dokumentiert<br />

ist, eher unangenehm.<br />

„Es erschwert das brü<strong>de</strong>rliche Gespräch,<br />

wenn man sich in seinen<br />

Positionen zu früh öffentlich festlegt.<br />

Wir wer<strong>de</strong>n versuchen, die<br />

Fragen intern zu klären“, sagt <strong>de</strong>r<br />

stellvertreten<strong>de</strong> KBA-Vorsitzen<strong>de</strong><br />

Wilhelm Faix vom Theologischen<br />

Seminar A<strong>de</strong>lshofen. Die Konferenz<br />

plant nun eine Arbeitsgruppe<br />

unter Beteiligung von Sta<strong>de</strong>lmann<br />

und Hempelmann. Mo<strong>de</strong>rieren<br />

wird sie <strong>de</strong>r Leiter <strong>de</strong>s Neues-Leben-Seminars,<br />

Klaus Schmidt. Faix<br />

geht davon aus, daß bei <strong>de</strong>r nächsten<br />

KBA-Jahresversammlung im<br />

<strong><strong>Bibel</strong>treue</strong> läßt sich an historischen Fragen schwer festmachen<br />

Hat Mose seinen Tod beschrieben?<br />

Von Marcus Mockler<br />

Der zeitliche und kulturelle Graben<br />

zwischen <strong>de</strong>m Abfassen <strong>de</strong>r<br />

<strong>Bibel</strong> und <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Welt ist<br />

tief. Evangelikale Theologen betrachten<br />

es <strong>de</strong>shalb als ihre Aufgabe,<br />

Brücken für ein bibeltreues<br />

Verständnis zu bauen. Wie schwer<br />

das sein kann, zeigt das Beispiel<br />

<strong>de</strong>s lutherisch-evangelikalen Alttestamentlers<br />

Franz Julius Delitzsch<br />

(1813-1890), <strong>de</strong>r in seinem Kommentar<br />

zum Propheten Jesaja drei<br />

Auflagen lang daran festgehalten<br />

hatte, daß das gesamte Prophetenbuch<br />

vom selben Autor stammt.<br />

Nach schweren inneren Kämpfen<br />

bekannte er dann in <strong>de</strong>r vierten<br />

Auflage, daß er aufgrund seiner<br />

November ein Zwischenbericht<br />

vorgelegt wer<strong>de</strong>n kann. Bis dahin<br />

solle über die Verhandlungen Stillschweigen<br />

vereinbart wer<strong>de</strong>n.<br />

Auch Liebenzell schweigt. Der<br />

Missionsvorstand hat beschlossen,<br />

zu <strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung um die<br />

<strong><strong>Bibel</strong>treue</strong> nicht mehr öffentlich<br />

Stellung zu nehmen. Nachfragen<br />

von i<strong>de</strong>a wur<strong>de</strong>n nicht beantwortet.<br />

CE nachträglich<br />

unterschreiben?<br />

Übrigens sind nicht alle als<br />

evangelikal gelten<strong>de</strong> <strong>Bibel</strong>schulen<br />

in <strong>de</strong>r KBA vertreten – einigen<br />

war Glaubensgrundlage und<br />

Schriftverständnis <strong>de</strong>r KBA offenbar<br />

zu „eng“. Zum Beispiel gehören<br />

das Theologische Seminar <strong>de</strong>r<br />

Freien evangelischen Gemein<strong>de</strong>n<br />

(Dietzhölztal-Ewersbach), die<br />

Evangelistenschule Johanneum<br />

(Wuppertal) und die Evangelische<br />

Missionsschule Unterweissach<br />

(bei Stuttgart) nicht dazu. Eines<br />

macht KBA-Vize Faix im Gespräch<br />

mit i<strong>de</strong>a <strong>de</strong>utlich: So hoch<br />

viele KBA-Mitglie<strong>de</strong>r die Chicago-Erklärung<br />

zur Irrtumslosigkeit<br />

<strong>de</strong>r <strong>Bibel</strong> auch schätzen – die Zustimmung<br />

zu ihr war nie Voraussetzung<br />

für die Zugehörigkeit zur<br />

KBA. Das konnte sie auch gar<br />

nicht sein, weil die KBA bereits<br />

1963 zusammenfand, die CE aber<br />

erst 1978 verabschie<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>.<br />

Faix kann sich nicht vorstellen,<br />

daß man nun im Nachhinhein alle<br />

KBA-Mitglie<strong>de</strong>r auf die CE verpflichtet.<br />

„Das steht <strong>de</strong>rzeit nicht<br />

zur Debatte.“ Seine Hoffnung ist<br />

es, daß die Konferenz die Zerreißprobe<br />

besteht. „Wir müssen Trennungen<br />

vermei<strong>de</strong>n.“<br />

Forschung nun doch von mehreren<br />

Autoren ausgehen müsse, wobei<br />

diese aber im selben „Geist“ geschrieben<br />

hätten.<br />

Ungewöhnliche<br />

Namensnennung<br />

Irritiert sind Ausleger davon,<br />

daß in Jesajas Prophetie namentlich<br />

<strong>de</strong>r Perserkönig Kyrus er-


i<strong>de</strong>aSpektrum 10/2003<br />

STEIN DES ANSTOSSES: Wie kann Mose in 5. Mose<br />

rückblickend seinen eigenen Tod beschreiben?<br />

wähnt wird (Kap. 44,28), <strong>de</strong>r die Rückführung <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n<br />

aus <strong>de</strong>m babylonischen Exil ermöglichte. Solche<br />

konkrete Namensnennungen aus <strong>de</strong>r Zukunft sind für<br />

die gesamte biblische Prophetie untypisch. Christen<br />

spekulieren beispielsweise bis heute, welche Mächtigen<br />

<strong>de</strong>r Welt mit <strong>de</strong>n Endzeitgestalten i<strong>de</strong>ntifiziert<br />

wer<strong>de</strong>n können, die in <strong>de</strong>r Offenbarung <strong>de</strong>s Johannes<br />

genannt sind. Das Jesaja-Buch setzt ab Kapitel 40<br />

voraus, daß Jerusalem bereits zerstört ist, was 587<br />

v.Chr. durch die Babylonier geschah. Jesajas öffentliches<br />

Wirken begann aber bereits um 740 v.Chr., das<br />

Buch umfaßt <strong>de</strong>mnach eine Zeitspanne von mehr als<br />

eineinhalb Jahrhun<strong>de</strong>rten.<br />

Plausible Erklärungen<br />

Deshalb wird vermutet, daß einige Aussagen erst in<br />

<strong>de</strong>r Zeit nach <strong>de</strong>m babylonischen Exil abgefaßt wur<strong>de</strong>n<br />

– dann aber von einem an<strong>de</strong>ren als <strong>de</strong>m ersten Jesaja.<br />

Sprachliche und theologische Unterschie<strong>de</strong> sowie drei<br />

Zwischenüberschriften <strong>de</strong>uten darauf hin, daß hier nicht<br />

nur ein einziger Prophet am Werk war. Diese Argumente<br />

sind letztlich keine zwingen<strong>de</strong>n Beweise für die Existenz<br />

mehrerer Autoren. Evangelikale Theologen haben plausible<br />

Erklärungen zusammengestellt. So gibt es in 1.<br />

Kön 13,2 eine weitere Namensprophetie, in <strong>de</strong>r die Geburt<br />

von König Josia vorausgesagt wird. Die Debatte seit<br />

Delitzsch zeigt aber, daß selbst Ausleger, die sich als bibeltreu<br />

verstehen, in historischen Fragen unterschiedlich<br />

<strong>de</strong>nken.<br />

Schöpfung in sechs Tagen<br />

Ein an<strong>de</strong>res Beispiel ist <strong>de</strong>r Streit um <strong>de</strong>n Schöpfungsbericht.<br />

Ist bibeltreu nur, wer von einer Erschaffung <strong>de</strong>r<br />

Er<strong>de</strong> in sechs 24-Stun<strong>de</strong>n-Tagen ausgeht? O<strong>de</strong>r ist es<br />

auch bibeltreu, wenn man die sechs Tage als längere<br />

Zeiteinheiten begreift? Die fünf Bücher Mose – müssen<br />

sie zwingend bis zum letzten Wort von Moses selbst verfaßt<br />

wor<strong>de</strong>n sein (inklusive <strong>de</strong>r Schil<strong>de</strong>rung seines To<strong>de</strong>s)?<br />

Evangelikale Theologen sind überzeugt: Das Ringen<br />

um die Wahrheit lohnt sich, weil man auf diesem<br />

Wege die <strong>Bibel</strong> besser verstehen lernt. Umstritten ist dagegen,<br />

welche Position am En<strong>de</strong> für sich reklamieren<br />

kann, die einzig bibeltreue zu sein.<br />

Werbung mit „<strong><strong>Bibel</strong>treue</strong>“<br />

Nicht übersehen wer<strong>de</strong>n darf bei dieser Diskussion:<br />

<strong><strong>Bibel</strong>treue</strong> ist im evangelikalen Raum ein Werbeargument.<br />

Kommt einem Theologischen Seminar dieses Etikett<br />

abhan<strong>de</strong>n, droht <strong>de</strong>r Verlust an Spen<strong>de</strong>n und ein<br />

Rückgang <strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>ntenzahlen. Umgekehrt darf mit<br />

mehr Zulauf rechnen, wer sich als beson<strong>de</strong>rs bibeltreu<br />

präsentiert. l<br />

Theologie 17<br />

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