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Anomale Röntgenkleinwinkelstreuung (ASAXS) und ihre - HVG-DGG

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<strong>Anomale</strong> <strong>Röntgenkleinwinkelstreuung</strong> (<strong>ASAXS</strong>) <strong>und</strong> <strong>ihre</strong> Anwendung auf<br />

Glas <strong>und</strong> Glaskeramik<br />

Dr. Armin Hoell<br />

Hahn-Meitner-Institut Berlin<br />

Strukturforschung (SF3)<br />

Glienicker Straße 100<br />

D-14109 Berlin<br />

Die Kleinwinkelstreuung (SAXS) ist eine zerstörungsfreie Methode zur Analyse<br />

von Nanostrukturen in einer Vielzahl von Materialien. Diese Methode erlaubt die<br />

Bestimmung von gemittelten strukturellen Parametern, wie Teilchengrößenverteilungen,<br />

Volumenanteile <strong>und</strong> innere Grenzflächen, in einem Größenbereich von<br />

0.5 nm bis ca 100 nm. Nach der allgemeinen Vorstellung der Kleinwinkelstreuung<br />

<strong>und</strong> des experimentellen Aufbaus, wird die Methode der <strong>Anomale</strong>n <strong>Röntgenkleinwinkelstreuung</strong><br />

(<strong>ASAXS</strong>) erläutert. Diese Methode nutzt die anomale<br />

Dispersion der Atomstreuamplituden nahe den Röntgenabsorptionskanten von in<br />

der Proben enthaltenen Elementen zur Kontrastvariation aus. Damit, wird es<br />

möglich zusätzlich Aussagen über chemische Zusammensetzungen von Phasen<br />

im Nanometer Größenbereich zu erhalten. Damit ist <strong>ASAXS</strong> prädestiniert für Untersuchungen<br />

der Nanostruktur komplexerer Materialien <strong>und</strong> wenn nicht bekannt<br />

ist aus welchen Elementen die Nanophasen bestehen.<br />

Im Folgenden wird die Konstruktion des neuen <strong>ASAXS</strong> Instrument <strong>und</strong> seiner<br />

Probenumgebungen, welches am BESSY in Berlin installiert ist, vorgestellt.<br />

Im Fall der Ausscheidung von Goldclustern im Natrium-Kalzium-Silicatglas weist<br />

<strong>ASAXS</strong> nach, dass es sich um Cluster mit homogener Dichte handeln muss.<br />

Es ist bekannt, dass die photochromen Eigenschaften von silberfreien photochromen<br />

Gläsern, in denen sich CuClBr-Kristalle bilden, stark von Dotierungen mit<br />

Cd 2+ <strong>und</strong> Sn 2+ abhängen. Umfassende <strong>ASAXS</strong>-Messungen nahe der K-<br />

Röntgenabsorptionskanten der 4 Elemente Cu, Br, Cd <strong>und</strong> Sn erlauben in einer<br />

simultanen Ausgleichsrechnung die Bestimmung der Struktur <strong>und</strong> der chemischen<br />

Zusammensetzung der nanokristallinen Phase. Die photochromen Kristalle<br />

haben nach einer thermischen Behandlung bei 600°C nach 60min einen mittleren<br />

Durchmesser von 9.4 nm <strong>und</strong> sind von einer Zone umgeben in der die Elemente<br />

Cd <strong>und</strong> Sn angereichert sind. Alle Modellierungen, auch mit unterschiedlichen<br />

Startparametern für die Zusammensetzungen, weisen nach, dass Cd <strong>und</strong><br />

Sn nicht im Kristall eingebaut sein können.


Charakterisierung von Au/Ag-Nanoteilchen in Natronkalkgläsern mittels<br />

<strong>Röntgenkleinwinkelstreuung</strong><br />

J. Haug, M. Dubiel, H. Kruth<br />

Martin-Luther-Universität, Halle-Wittenberg<br />

Durch den Einbau von Metallnanopartikeln in Silikatgläser können eine Reihe<br />

von spezifischen linearen <strong>und</strong> nichtlinearen optischen Eigenschaften erzeugt<br />

werden. Als Herstellungsverfahren bieten sich der Ag-Na-Ionenaustausch <strong>und</strong><br />

die Ionenimplantation von Ag + <strong>und</strong>/oder Au + an. Für den Ionenaustausch wurden<br />

Kalknatrongläser mit erhöhtem Eisengehalt (0.865%-1.8% Fe2O3) verwendet,<br />

währenddessen für die Implantation geringere Eisenkonzentrationen (0.13%) zur<br />

Anwendung kamen.<br />

Die Größenverteilung der über Ionenaustausch hergestellten Ag-Nanopartikel<br />

<strong>und</strong> <strong>ihre</strong> Volumenkonzentration wurden mit <strong>Röntgenkleinwinkelstreuung</strong> untersucht.<br />

Die Nanopartikel wachsen von etwa 0.8nm nach einer St<strong>und</strong>e Ionenaustausch<br />

bei 330°C bis auf etwa 4nm nach 625 St<strong>und</strong>en an. Die Ergebnisse zeigen,<br />

dass sowohl das Wachstum der Partikel als auch die Vergrößerung von deren<br />

Volumenanteil nach 625 St<strong>und</strong>en noch nicht abgeschlossen sind. Durch weitere<br />

Untersuchungen mit unterschiedlicher Ionenaustauschtemperatur ist es<br />

möglich, Nukleations- <strong>und</strong> Wachstumsprozesse in den Gläsern zu beschreiben<br />

<strong>und</strong> die Diffusionskonstanten zu bestimmen.<br />

Die durch Doppelimplantation hergestellten Ag/Au-Nanoteilchen wurden mit<br />

anomaler <strong>Röntgenkleinwinkelstreuung</strong> untersucht. Damit konnten zusätzliche<br />

Informationen über die Struktur <strong>und</strong> Zusammensetzung der Nanoteilchen abgeleitet<br />

werden. Durch die Doppelimplantation entstehen kleine Nanoteilchen (2-<br />

3nm) <strong>und</strong> zusätzlich Kern-Hülle-Strukturen mit 12/6nm Größe. Mit Hilfe der anomalen<br />

Streuung an der Gold-LIII-Kante konnte gezeigt werden, dass für eine Implantationssequenz<br />

von 4x10 16 /cm 2 Au + <strong>und</strong> 4x10 16 /cm 2 Ag + kleine Nanoteilchen<br />

mit einer Zusammensetzung von 50%Au/50%Ag als auch Kern-Hülle-Teilchen<br />

mit einer Hüllenzusammensetzung von ebenfalls 50%Au/50%Ag <strong>und</strong> einem<br />

Hohlraum als Kern entstehen. Das Maximum der Plasmonenabsorption liegt bei<br />

diesen Nanopartikeln zwischen dem von reinen Silber- <strong>und</strong> reinen Goldpartikeln.<br />

Durch unterschiedliche Ionendosen wird es somit möglich, die Zusammensetzung<br />

der Nanoteilchen <strong>und</strong> damit die Plasmonenresonanz systematisch in einem<br />

Wellenlängenbereich von etwa 400 bis 600nm zu variieren.


Entkopplung von Doppelbrechungsrelaxation, Enthalpierelaxation <strong>und</strong> viskosem<br />

Fließen in E-Glas Fasern<br />

Deubener, J. 1 , Yue, Y. 2 , Ya, M. 1 , Bornhöft, H 1 .<br />

1 Institut für Nichtmetallische Werkstoffe TU Clausthal<br />

2 Sektion Chemie, Aalborg Universität, Dänemark<br />

Die Relaxationskinetik von Doppelbrechung, Überschussenthalpie <strong>und</strong> viskosem<br />

Fließen im sub-Tg Bereich von Calcium-Boroalumosilicatgläsern (E-Glas) wurde<br />

untersucht, um die thermische Abhängigkeit von struktureller Relaxation in hochabgeschreckten<br />

Glasfasern aufzuklären. Hierzu wurde die zeitliche <strong>und</strong> thermische<br />

Abhängigkeit des Doppelbrechungsabbaus sowie die Abgabe gespeicherter<br />

Enthalpie durch optische <strong>und</strong> kalorimetrische Verfahren and getemperten Fasern<br />

bestimmt. Die Details dieser Experimente können der kürzlich erschienenen Arbeit<br />

Ya et al. (2008) entnommen werden. In einem dritten experimentellen Abschnitt<br />

wurden Viskosität <strong>und</strong> elastische Konstanten erfasst, um die Maxwell-<br />

Netzwerkrelaxation bestimmen zu können.<br />

Im Ergebnis konnte eine Entkopplung des Doppelbrechungsabbaus vom viskosen<br />

Fließen nachgewiesen werden, d.h. eine große Differenz der korrespondierenden<br />

Aktivierungsenthalpien für die Wiederherstellung der optischen Isotropie<br />

∆H∆n = 25±4 kJmol -1 <strong>und</strong> für das viskose Fließen Eη(Tg) = 399±8 kJmol -1 .Durch<br />

Auftragung der Relaxationszeiten über die reduzierte Temperatur Tg/T wurde ein<br />

Entkopplungsverhältnis von ∆H∆n/Eη = 0.06 bestimmt, welches in etwa dem Entkopplungsverhältnis<br />

von α- <strong>und</strong> γ-Relaxation (innere Reibung) in binären Natriumsilicatgläsern<br />

entspricht. Im Gegensatz hierzu wurde für die Überschussenthalpie<br />

eine Abhängigkeit nahe der isostrukturellen Relaxationszeit festgestellt<br />

(Fig. 1).<br />

Hieraus wird abgeleitet, dass<br />

die Doppelbrechungsrelaxation,<br />

wie die Alkalibeweglichkeit,<br />

mit lokalen strukturellen<br />

Änderungen verb<strong>und</strong>en ist,<br />

während die Abgabe überschüssiger<br />

Enthalpie hochabgeschreckter<br />

Glasfaser, wie<br />

die Netzwerkrelaxation, durch<br />

kooperative Bewegung größerer<br />

struktureller Einheiten dominiert<br />

wird.<br />

Fig. 1:<br />

Arrhenius Darstellung der<br />

Doppelbrechungsrelaxations-<br />

log relaxation time τ (τ in s)<br />

6<br />

3<br />

0<br />

isostructural<br />

relaxation times<br />

This study:<br />

birefringence<br />

excess enthalpy<br />

viscosity<br />

Sipp et al. (1997):<br />

volume, viscosity<br />

8 12 16 20<br />

10000/T (K -1 )


zeit, Relaxationszeit der Überschussenthalpie <strong>und</strong> der Maxwellrelaxationzeit<br />

(Viskosität) mit Berechnung der isostrukturellen Relaxationszeit für konstante<br />

fiktive Temperatur Tf = 940 K (gestrichelte Linie) für E-Glasfasern. Als Vergleich<br />

sind die Zeiten der Volumen- <strong>und</strong> Viskositätsrelaxation (T < Tg) <strong>und</strong> der Maxwellrelaxation<br />

(T > Tg) für E-Glas mit etwas abweichender Zusammensetzung aus<br />

Sipp et al. (1997) aufgeführt.<br />

Literatur<br />

Ya, M., Deubener, J., Yue, Y., 2008. Enthalpy and Anisotropy Relaxation of<br />

Glass Fibers.<br />

J. Am. Ceram. Soc., 91, 745-752<br />

Sipp, A. Neuville, D.R., Richet, P., 1997.Viscosity, configurational entropy and<br />

relxation kinetics of borosilicate melts, J. Non-Cryst. Solids 211, 281-293.<br />

Probleme der Dynamisch-Mechanischen Analyse an Sprödmaterialien wie<br />

Glas<br />

Ulrich Fotheringham, Christoph Jurecka, Volker Seibert<br />

Schott AG, Mainz<br />

Die temperaturabhängige dynamisch-mechanische Analyse einer Glasprobe aus<br />

Borofloat 33 mit einer Dreipunktbiegevorrichtung ergibt bei Raumtemperatur<br />

elastische Modulwerte, die unter dem mit der Resonanzmethode bestimmten<br />

Katalogwert liegen <strong>und</strong> zudem von der Größe von Vorkraft <strong>und</strong> Wechselkraft abhängen.<br />

Je größer Vorkraft <strong>und</strong> Wechselkraft sind (die Wechselkraft wird jeweils<br />

halb so groß wie die Vorkraft gewählt), umso größer sind der gemessene Federwert<br />

der Probe sowie der daraus errechnete Modulwert <strong>und</strong> umso näher liegt<br />

dieser am Katalogwert. Der Verlustwinkel steigt zunächst ebenfalls mit Vorkraft<br />

<strong>und</strong> Wechselkraft an, durchläuft ein Maximum <strong>und</strong> fällt dann bei sehr hohen Werten<br />

für Vorkraft <strong>und</strong> Wechselkraft wieder ab.<br />

Eine Deutung dieses bei dynamisch-mechanischen Analysen von Glas verbreiteten<br />

Phänomens [1] wird anhand einer analogen Messung an V2a-Stahl versucht.<br />

Bei V2a-Stahl wird ebenfalls ein Anstieg des Federwertes der Probe mit steigender<br />

Vorkraft <strong>und</strong> Wechselkraft beobachtet. Parallel steigt der Verlustwinkel an,<br />

erreicht ein Maximum, fällt während einer zeitabhängigen Messung bei konstanter<br />

Vorkraft <strong>und</strong> konstanter Wechselkraft ab <strong>und</strong> erreicht schließlich einen festen<br />

Wert. Dieses Verhalten wird so interpretiert. Bei geringen Kräften herrscht kein<br />

durchgängiger Formschluss zwischen Stahlprobe <strong>und</strong> Halterung. Die Probe federt<br />

z.T. frei, woraus sich große Verfahrwege <strong>und</strong> umgekehrt niedrige Federwerte<br />

ergeben. Bei größeren Kräften wird die Probe auf die Halterungen gedrückt.<br />

Damit erhält man realistischere Modulwerte. Gleichzeitig steigen aber die Grö-


ßen der bei Belastung <strong>und</strong> Entlastung geöffnet <strong>und</strong> geschlossen werdenden<br />

Kontaktflächen an, was zu größeren Reibungsverlusten <strong>und</strong> damit einem größeren<br />

Verlustwinkel führt. Bei sehr großen Kräften wird die Grenze zum plastischen<br />

Materialverhalten überschritten <strong>und</strong> die Stahlprobe auf die Halterung „gehämmert“.<br />

Der resultierende dauerhaft gute Formschluss führt zu realistischen Modulwerten<br />

<strong>und</strong> wieder etwas niedrigeren Verlustwinkeln (nicht Null, da aus der<br />

Überschreitung der Elastizitäts-Plastizitätsgrenze bei jedem Belastungszyklus<br />

Energie dissipiert wird).<br />

Eine optimale Messung des elastischen Moduls sowie des Verlustwinkels von<br />

Glas mit dynamisch-mechanischer Analyse ist daher zu erwarten, wenn Vorkraft<br />

<strong>und</strong> Wechselkraft so hoch sind, daß die Probe dauerhaft <strong>und</strong> ohne sich zyklisch<br />

öffnende <strong>und</strong> schließende Kontaktflächen auf die Halterung gedrückt wird. Bei<br />

Glas als Sprödmaterial kommt es allerdings (zumindest unterhalb des Viskoelastizitätsbereiches)<br />

bei großen Verformungen nicht zu plastischem Verhalten,<br />

sondern zum Bruch. Die Proben müssen daher so gestaltet werden, dass es<br />

trotz großer Kräfte nicht zu großen Verformungen kommt, sprich es müssen relativ<br />

dicke Proben verwendet werden. Typische Dimensionen <strong>und</strong> Kräfte sind:<br />

symmetrische Dreipunktbiegung mit Abstand der Außenlager 40mm, im Querschnitt<br />

quadratische Glasprobe mit 4mm Kantenlänge, Vorkraft 160N, Wechselkraft<br />

80N, Frequenz der dynamischen Belastung 10 Hz.<br />

[1] J. Deubener, TU Clausthal, persönliche Mitteilung<br />

Thermodynamik <strong>und</strong> Diffusion von Kupfer in Silicatgläsern<br />

Juliane Kaufmann <strong>und</strong> Christian Rüssel<br />

Otto-Schott-Institut, Friedrich-Schiller-Universität Jena<br />

Gläser der Zusammensetzung x Na2O ⋅ 10 CaO ⋅ (74-x) SiO2 (x = 10, 16, 20 <strong>und</strong><br />

26 mol%), (26-x) Na2O ⋅ x CaO ⋅ 74 SiO2 (x = 0, 5 <strong>und</strong> 15 mol%) <strong>und</strong> x Na2O ⋅<br />

(100-x) SiO2 (x = 20 <strong>und</strong> 33 mol%) dotiert mit 1 mol% CuO wurden mit Hilfe der<br />

Square-Wave Voltammetrie im Temperaturbereich von 800 – 1100 °C untersucht.<br />

Alle aufgenommenen Voltammogramme zeigen zwei Maxima. Das Maximum<br />

bei weniger negativen bzw. positiven Potentialen wird dem Cu 2+ /Cu + -<br />

Redoxübergang zugeordnet. Die Reduktion von Cu + zu metallischem Kupfer verursacht<br />

das Maximum im negativeren Potentialbereich. Zwischen den gemessenen<br />

Peakpotentialen <strong>und</strong> der Temperatur besteht eine lineare Abhängigkeit, so<br />

dass die thermodynamischen Kenngrößen ∆H ○ <strong>und</strong> ∆S ○ sowie die temperaturabhängige<br />

Gleichgewichtskonstante K(T) berechnet werden können. Anhand der<br />

gemessenen Peakströme können die Kupfer-Diffusionskoeffizienten ermittelt<br />

werden. Die Temperaturabhängigkeit der Diffusion lässt sich mittels eines Arrhe-


nius-Ansatzes beschreiben. Mit zunehmender Na2O-Konzentration der Schmelze<br />

nehmen die viskositätsbezogenen Diffusionskoeffizienten der Cu 2+ /Cu + -Ionen ab.<br />

Der Einbau der Kupferionen in die Schmelzstruktur wird unter Berücksichtigung<br />

der Ergebnisse der Square-Wave voltammetrischen Messungen diskutiert.<br />

Wie verstehen wir heute das Schmelzen <strong>und</strong> die Glasbildung?<br />

Hans-Jürgen Hoffmann, Institut für Werkstoffwissenschaften <strong>und</strong> -technologien:<br />

Glaswerkstoffe, Technische Universität Berlin, Englische Strasse 20, 10587 Berlin<br />

In der Vergangenheit wurde das Schmelzen durch Nichtlinearitäten infolge großer<br />

Schwingungsamplituden der Gitterbausteine erklärt. Eine quantitative Überprüfung<br />

zeigt jedoch, dass Schmelzen häufig bereits bei Temperaturen zu beobachten<br />

ist, bei denen nur wenige hochenergetische Phononen in einem<br />

Schwingungszustand vorhanden sind. Deshalb ist es schwierig, Schmelzen<br />

durch Nichtlinearitäten in der Wechselwirkung zwischen den Gitterbausteinen zu<br />

erklären, da sie bei vielen Substanzen schon bei vergleichsweise geringen<br />

Schwingungsamplituden auftreten müssten. Um das Schmelzen von Kristallen<br />

<strong>und</strong> die Glasbildung zu verstehen, wurden daher die Enthalpie-Funktionen einer<br />

großen Anzahl an Einkomponenten-Systemen untersucht. Es zeigt sich, dass im<br />

Temperaturbereich unmittelbar unterhalb der Schmelztemperatur die Wärmekapazität<br />

pro Mol an Teilchen deutlich größer als der klassische Wert von 3R sein<br />

kann. Dieser Wert wird für Gitterschwingungen erwartet, die bevorzugte Speicher<br />

für Energie <strong>und</strong> Entropie darstellen. Es wird an Hand des chemischen Periodensystems<br />

gezeigt, dass der Beitrag zur molaren spezifischen Wärmekapazität<br />

oberhalb von 3R elektronischen Übergängen zugeordnet werden kann. Dies bedeutet,<br />

dass Elektronen auf höhere Energieniveaus gebracht werden. Infolge<br />

dieser Übergänge müssen sich die Wellenfunktionen <strong>und</strong> damit die Ladungsverteilungen<br />

ändern. Die Rumpf-Ionen werden durch die geänderte Ladungsverteilung<br />

auf neue Plätze gezogen, wenn die Kräfte hinreichend stark sind. Da sich<br />

die Besetzung der angeregten Elektronenzustände bei hohen Temperaturen ändert,<br />

werden die Rumpf-Ionen ständig auf wechselnde neue Positionen gezogen.<br />

Dies beschreibt den Zustand einer Schmelze.<br />

Die Verteilungen der elektronischen Energieniveaus in der Schmelze <strong>und</strong> im<br />

Kristall unterscheiden sich, da die Anordnungen der Rumpf-Ionen verschieden<br />

sind. Mit abnehmender Temperatur relaxieren die Elektronen in tiefere Energieniveaus.<br />

Wenn die Kräfte der entsprechenden Ladungsverteilung zu schwach<br />

sind, um die Rumpf-Ionen auf reguläre Gitterplätze zu ziehen, wird aus der unterkühlten<br />

Schmelze ein Glas. Somit frieren bei der Glastransformation Elektronen<br />

auf tiefere Energieniveaus aus <strong>und</strong> der ungeordnete Zustand wird fixiert. Der<br />

Glasübergang entspricht somit einer Fortsetzung der Schmelzphase zu tiefen<br />

Temperaturen, indem mit abnehmender Temperatur immer weniger Elektronen<br />

aus tiefen in angeregte Zustände übergehen <strong>und</strong> dabei der nicht-kristalline Zustand<br />

der Schmelze aufrecht erhalten bleibt. Dies wird begünstigt, wenn starke<br />

gerichtete Bindungen zwischen den Atomen des Systems vorherrschen <strong>und</strong> die


Schmelzentropie pro Teilchen kleine Werte besitzt. Dann ist das Temperaturintervall,<br />

in dem Bindungen aufbrechen <strong>und</strong> sich umordnen, vergleichsweise klein.<br />

Andererseits kann die Symmetrie der Wellenfunktionen für regelmäßige Anordnung<br />

der Bausteine im Unterkühlungsbereich sorgen, wenn Bindungen geöffnet<br />

werden <strong>und</strong> die Kräfte der Ladungsverteilung stark genug für eine regelmäßige<br />

Anordnung der Atome sind. Dies ist dann zu erwarten, wenn die Schmelzentropie<br />

pro Teilchen hinreichend groß ist.<br />

Aus der Betrachtung der Wechselwirkung der Bindungselektronen in tiefen <strong>und</strong><br />

angeregten Zuständen mit den Rumpf-Ionen lassen sich eine Reihe weiterer Effekte<br />

bei Tg, wie z. B. die Änderung der thermischen Längenausdehnung <strong>und</strong><br />

Relaxationsvorgänge, zwanglos erklären.<br />

Deformation behavior of metaphosphate glasses in the systems<br />

MPO3-Mg(PO3)2 and MPO3-VPO5 (M = Na, Li)<br />

Narayanan Janakiraman 1 , Julia Deuschle 2 and Joachim Deubener 1<br />

1 Institut für Nichtmetallische Werkstoffe, TU Clausthal<br />

2 Max-Planck-Institut für Metallforschung, Stuttgart<br />

Inorganic glasses are known to <strong>und</strong>ergo permanent plastic deformation <strong>und</strong>er<br />

indentation. Vitreous silica, due to its large density difference compared to its<br />

crystalline forms, and its ability to <strong>und</strong>ergo permanent change of the Si-O-Si angles<br />

<strong>und</strong>er suitable mechanical loading displays plastic deformation <strong>und</strong>er indentation<br />

by a densification mechanism. Such deformation also induces strain hardening,<br />

i.e., a progressive increase of resistance to further deformation. To explore<br />

the possibilities of densification and strain hardening <strong>und</strong>er indentation in<br />

other potential glass systems (in terms of similar density difference, ability to<br />

densify <strong>und</strong>er isostatic compression etc), nano- and microindentation experiments<br />

were carried out on glasses in the systems MPO3-Mg(PO3)2 and MPO3-<br />

VPO5 (M = Na, Li). The present experimental results suggest that the plastic deformation<br />

<strong>und</strong>er indentation in these glasses proceed mainly by shear deformation<br />

rather than by densification. The progressive replacement of Mg or V ions in<br />

the glasses by alkali ions had two effects: (1) reduction in the cross-linking of the<br />

glass network leading to a further enhanced shear deformation; (2) variation in<br />

the atomic packing factor (APF), passing through a maximum at the 1:1 alkalimagnesium<br />

or alkali-vanadium metaphosphate composition. The evaluated elastic<br />

and plastic deformation indices including elastic modulus, hardness, yield<br />

stress and strain hardening exponent scaled with the APF. However, the threshold<br />

load for cracking <strong>und</strong>er sharp contact loading increased with decreasing APF,<br />

indicating the enhanced plasticity of the terminal (Mg as well as V) metaphosphate<br />

glasses.


SiO2-Mikroglaskugeln<br />

T. Schmidt, D. Stachel 1 , T. Kasuga 2<br />

1<br />

Friedrich-Schiller-Universität Jena, Otto-Schott-Institut, Fraunhoferstraße 6,<br />

07745 Jena<br />

2<br />

Nagoya Institute of Technology, Gokiso-cho, Showa-ku, Nagoya 466-855, Japan,<br />

kasuga.toshihiro@nitech.ac.jp<br />

Abstract<br />

SiO2-Mikroglaskugeln können über die Sol-Gel-Route in nahezu ideal sphärischer<br />

Form mit einer engen Größenverteilung erzeugt werden. Sie besitzen vielseitige<br />

<strong>und</strong> interessante Eigenschaften wie eine gute thermische <strong>und</strong> chemische<br />

Stabililtät, Hydrophilie <strong>und</strong> eine aufgr<strong>und</strong> <strong>ihre</strong>r Form gut vorhersagbare Strukturieungs-<br />

<strong>und</strong> Sintereigenschaften. Auch protonenleitende Eigenschaften können<br />

weitere Verwendungsmöglichkeiten eröffnen. Anwendungsfelder finden sich als<br />

Sintergr<strong>und</strong>stoffe <strong>und</strong> als funktioneller Füller sowie als Trägerstoff für Katalysatoren.<br />

Die reaktiven Silanol-Gruppen auf der Oberfläche begünstigen die Anwendung<br />

als Kompositwerkstoff sowie die Applikation funktioneller Komponenten.<br />

Desweiteren sind sie gr<strong>und</strong>legend für Protonenleitungseigenschaften. Somit ist<br />

die Maximierung von Silanol-Gruppen essentiell für viele Anwendungen. FT-IR-<br />

Untersuchungen zeigen, dass bei hohen Temperaturen (über 600°C) diese Silanol-Gruppen<br />

abgebaut werden <strong>und</strong> daher nach Sinter- oder Calcinierungsprozessen<br />

gar nicht oder nur noch in geringer Zahl zur Verfügung stehen. Eine<br />

Neubelegung mit Silanol-Gruppen ist daher von großem Interesse.

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