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2. Thesen zum Krieg Nato - Jugoslawien - Übersicht Startseite ...

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<strong>Thesen</strong> <strong>zum</strong> <strong>Krieg</strong> NATO - <strong>Jugoslawien</strong> ab 24. März 1999Herbert Zeretzke - 17. April 1999Inhalt:1. Geschichte bis Zerfall <strong>Jugoslawien</strong><strong>2.</strong> Geschichte bis NATO Angriff3. Verkündete Absichten und Resultate4. Völkerrecht und NATO Intervention5. Rußland und Weltkriegsgefahr6. Humanitäre Interventionen, Interessen der NATO und der USA7. Rot - Grüne Regierung, <strong>Krieg</strong> und ”Alternative Produktion”1. Geschichte bis Zerfall <strong>Jugoslawien</strong>• Beginn südslawischer Besiedlung des Balkans, d.h. durch Serben, Kroaten, Bosniaken, Slowenen,Montenegriener im 7. Jahrhundert n.Chr.• Serben sind mit dem byzantnischen Kaiser verbunden.• 925 entsteht ein Königreich Kroatien, besteht bis Ende des 11. Jahrhunderts.• Im heutigen Kosovo existiert ein Staat vom 8. bis 1<strong>2.</strong> Jahrhundert ein Staat namens ”Raska”, er wirdEnde des 1<strong>2.</strong> Jahrhunderts von Serbien annektiert.• Seit der Bronzezeit ansässige Albaner (Illyrer) konzentrieren sich nach römischen, gotischen,hunnischen, bulgarischen und slawischen Eroberungen ab dem 7. Jahrhundert in Felsregionen.• 1168 entsteht ein serbisches Königreich, das 1331 bis 55 Serbien und große Teile Montenegros,Albaniens sowie Griechenlands umfaßt.• 1190 entsteht ein unabhängiger albanischer Staat, der bis Mitte 13. Jahrhundert besteht und im 14.Jahrhundert von Serbien erobert wird.• 1389 wird die serbische Streitmacht mit Verbündeten im Kosovo auf dem ”Amselfeld” von Türkengeschlagen.• Albaner wehren sich nach türkischer Eroberung gegen die Besatzung, mit dem Höhepunkt eines 25.jährigen <strong>Krieg</strong>es unter Skanderberg bis zu dessen Tod 1468.• Serbien wird nach Schlacht auf dem Amselfeld unter andauernden Kämpfen bis 1459 vollständig vonTürken erobert.• Nach Intervention Ungarns in Kroatien 1102 entsteht eine Union beider Statten, die bis 1918 existiert.1526 geraten beide unter türkische Herrschaft.• Bis 1463 erobern Türken Bosnien, bis 1483 die Herzegowina. Die eingewanderten Türken undislaminisierten Bosniaken werden von Serben und Kroaten ”Türken” genannt.• Nach dem Habsburger Sieg in den Kämpfen gegen die Türken 1688 bis 1690 kommen Ungarn undKroaten unter Habsburger Herrschaft. Habsburg stachelt in diesen <strong>Krieg</strong>en die Serben, sie sind die großeMehrheit im Kosovo, gegen die Türkei auf. Nach Entzug des militärischen Schutzes durch Österreichsiegt die Türkei vollständig im Kosovo. Ca. 300.000 Serben fliehen und verteilen sich in Bosnien und inKroatien, besonders der Kajina, was von Habsburg durch Anlage serbischer Wehrdörfer gegen dieTürken begünstigt wird. Die Türkei siedelt an Stelle der vertrieben Serben inzwischen islamische Albanerim Kosovo an.• Die Stadt Pec im Kosovo ist von 1557 bis 1766 Sitz des Patriarchen der serbisch orthodoxen Kirche.• Serben erheben sich zwischen 1804 und 1813 gegen die Türken und werden geschlagen. Ein zweiterAufstand 1815 unter Obrenovic befreit fast ganz Serbien mit der Folge einer begrenzten serbischenAutonomie unter türkischer Oberherrschaft.• Nach dem türkisch - russischen <strong>Krieg</strong> von 1828 bis 1829 erhält Serbien größere Autonomie, etwa durchReduzierung türkischer Garnisonen in Serbien.• Nach internen Auseinandersetzungen um serbische Dynastien ab 1817 erreicht Serbien 1867 denvollständigen Rückzug der Türkei aus Serbien.• Kroatien wird 1867 Teil Ungarns in der Doppelmonarchie.• Nach weiteren slawischen Aufständen im türkischen Herrschaftsbereich, besonders in Bulgarien, von derTürkei brutal niedergeschlagen mit 15.000 bis 100.000 Toten, eröffnen Serbien und Montenegro im Juli1876 <strong>Krieg</strong> mit der Türkei. Serbien und Montenegro einschließlich russischer Freiwilliger drohen zuverlieren. Nach langen diplomatischen Verhandlungen mit den Westmächten und dem Sultan weist


dieser alle Vorschläge zurück. In dem anschließenden russisch - türkischen <strong>Krieg</strong> 1877 bis 1878 stopptRußland seinen Feldzug vor der möglichen Einnahme Istanbuls und strebt mit Serbien und deneuropäischen Großmächten eine Balkanregelung ohne die Türkei an.• Bismark bietet sich auf dem ”Berliner Kongreß” 1878 als ”ehrlicher Makler” an. Die UnabhängigkeitSerbiens wird dabei bestätigt, jedoch wird es Österreich - Ungarn unterstellt, ebenso Bosnien.• Mit dieser von Rußland als Betrug Deutschlands am Sieg Rußlands und der Serben empfundenRegelung sowie der Österreichs zugespielten vergrößerten Einflußnahme auf dem Balkan, werden dieWeichen für die Koalitionen des ersten Weltkrieges gelegt: Das bis dahin mit dem deutschen undösterreichischen Kaiserreich verbundene autokratische Zarenregime verlagert seine Sympathien mehrund mehr auf die ungeliebten Demokratien England und Frankreich.• In Albanien entsteht nach 1878 eine Nationalbewegung, die 1881 nach Kämpfen zur Unabhängigkeit vonder Türkei führt.• 1908 annektiert Österreich Bosnien und die Herzegowina.• In den ”Balkankriegen” 1912 und 1913 gewinnt Serbien weitere Gebiete Makedoniens und des Kosovos.• Albaniens Unabhängigkeit wird 1912 bestätigt, aber eine Sonderkommission der Großmächte bestätigt1913 den Verlust von ca. der halben Landfläche an angrenzende Staaten und setzt einen deutschenPrinzen als Herrscher ein.• Am 28. Juni 1914 erschießt ein bosnischer Serbe in Sarajewo den österreichischen Thronfolger. NachErmunterung durch Deutschland erklärt Österreich Serbien den <strong>Krieg</strong>, womit der erste Weltkrieg beginnt.Serbien wehrt österreichische Angriffe bis Oktober 1915 ab und wird nach dem Einmarsch Bulgariens abDezember 1915 von den Mittelmächten besetzt.• Nach der Niederlage Deutschlands, Österreichs und der Türkei einigen sich 1918 die RepräsentantenSerbiens, Kroatiens und Sloweniens auf einen gemeinsamen Staat der Südslawen mit dem Namen”Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen”.• Albanien wird 1919 in Paris als selbständiger Staat proklamiert, wobei Ansprüche Griechenlands,Serbiens, Montenegros und Italiens zurück gewiesen werden.• Der König des südslawischen Staates, der Serbe Alexander, regiert ab 1929 zunehmend autoritär. Erwird 1934 von einem Angehörigen der kroatischen faschistischen ”Ustascha” ermordet, die 1939 imGebiet des heutigen Kroatiens maßgeblich wird. Der südslawische Staat wird in <strong>Jugoslawien</strong> umbenannt.Nachfolger Alexanders auf dem jugoslawischen Thron wird dessen junger Sohn Peter.• In Albanien herrschen zwischen 1920 und 1939 innere Unruhen, die das faschistische Italien unterMussolini 1939 als Gelegenheit zur Besetzung Albaniens nutzt.• In der deutschen Vorbereitung des <strong>Krieg</strong>es unter Hitler gegen die Sowjetunion, fehlt diesem auf demFestland als nicht unterworfenes oder durch Bündnis verpflichtetes Land lediglich <strong>Jugoslawien</strong>. DessenPrinzregent Paul unterzeichnet am 25. März 1941 den Beitritt <strong>Jugoslawien</strong>s <strong>zum</strong> ”Dreimächtepakt” unddamit zur Unterstützung des Angriffs auf die Sowjetunion. Darauf hin stürzen serbische Offiziere am 27.März ihren Regenten und machen den Vertrag hinfällig.• Hitler tobt im Reichstag über diese Dreistigkeit der Serben, marschiert mit Italien am 6. April in<strong>Jugoslawien</strong> ein und bombardiert Belgrad während der Ostertage im April 1941. Bedeutend ist weniger,daß <strong>Jugoslawien</strong> bereits am 17. April kapituliert, sondern daß Deutschland den geplanten Angriffsterminauf die Sowjetunion von Anfang Mai auf den 2<strong>2.</strong> Juni 1941 verschieben muß. Die Wetten in der Welt,daß Deutschland den <strong>Krieg</strong> gewinnt, standen 4:1. Aber die Verschiebung des Angriffstermins um 6Wochen führt dazu, daß Deutschland seine strategischen Ziele gegen die Sowjetunion nicht vorWintereinbruch erreicht, was die wesentliche Ursache für den Ausgang des zweiten Weltkrieges ist.• Italien und Deutschland erkennen den faschistisch - klerikalen kroatischen Staat an. Dieser ermordetwährend seines Bestehens u.a. in Konzentrationslagern ca. 600.000 Menschen, vor allem Serben, aberauch Juden und Zigeuner. Zeitweilig beschwert sich die deutsche SS über das Ausmaß der Brutalität derverbündeten Kroaten. Wenn im 20. Jahrhundert eine der vielen, Menschenrechte verletzenden Aktionenan Bevölkerungsgruppen auf dem Balkan die Bezeichnung ”Völkermord” verdient, dann diese.• Deutschland rekrutiert unter Ausnutzung der historischen Konflikte ”Hilfsvölker” auf dem Balkan, soentsteht eine ”bosnisch - muslimische SS - Division” mit türkischer ”Fez” - Kopfbedeckung und ebensoeine albanische ”Scanderberg - SS - Division”. Das Kosovo wird an den albanischen Vasallenstaatangeschlossen, wiederum werden Serben verdrängt und ca. 100.000 weitere Albaner im Kosovoangesiedelt. Anders als in jugoslawischer Zeit, wird die albanische Sprache offizielle undUnterrichtssprache.• Gegen die deutsche Besatzungsmacht, das mit ihr verbündete Kroatien und vorgenannte Vasallenkämpfen im Partisanenkrieg im Wesentlichen sowohl serbische ”königstreue Tschetniks” als auchKommunisten aller Volksgruppen. Letztere gewinnen unter dem Kroaten Tito entscheidenden Einfluß.• Der Widerstand in Albanien entwickelt sich zunächst ohne die zersplitterten kommunistischen Gruppen.Im November 1941 wird unter Hoxda die Kommunistische Partei Albaniens gegründet, deren Partisanenebenfalls den maßgeblichen Einfluß bei der Befreiung erringen.• In der ”Anti - Hitler - Koalition” bestehen von Beginn 1941 an starke Spannungen, sowohl um das ”ob”und ”wann” einer von der Sowjetunion geforderten ”Zweiten Front”, als auch um das ”wo”.Großbritannien unter Churchill möchte der ”Roten Armee” ihren Weg nach Westen abschneiden und2


eine Landung der West -Alliierten auf dem Balkan erreichen. Die USA unter Roosevelt machen denRussen das späte Zugeständnis, in Frankreich zu landen. Aber in Jalta wird bei der Aufteilung Europas inEinflußsphären der Balkan zu einer 50% zu 50% Zone west - östlicher Interessen definiert.• In Griechenland scheitern die kommunistische Partisanen u.a. dank geringer Unterstützung aus Moskau,in Albanien sind sie weniger auf diese angewiesen. Bereits 1943 tragen letztere den Sieg davon undbilden 1944 die Regierung.• Die Befreiung <strong>Jugoslawien</strong>s einschließlich Belgrads im Oktober 1944 geschieht mittels aufeinanderabgestimmter militärischer Operationen Titos und Stalins.• <strong>Jugoslawien</strong> entsteht ähnlich seiner Form nach dem ersten Weltkrieg als Bundesstaat unter der Führungder jeweils ”staatstragenden Völker” erneut. Die Minderheiten in den einzelnen Unionsrepubliken könnenauf Rechte zählen, die der Bundesstaat sichert.• Sowohl das unter jeweils kommunistischer Führung wieder entstandene <strong>Jugoslawien</strong> als auch Albaniensind durch im wesentlichen eigenständige Partisanenkriege und Revolutionen entstanden. Diesverschafft ihnen, verbunden mit der Aufteilung der Interessensphären nach dem Jalta - Abkommen auchUnabhängigkeit gegenüber der Sowjetunion unter Stalin.• Als ein Mittel zur Verhinderung des Austritts <strong>Jugoslawien</strong>s aus der ”Kominform” 1948 ”bietet” Stalin u.a.<strong>Jugoslawien</strong> die Einverleibung Albaniens an. Dieses versucht in der Folgezeit, seine nationaleEigenständigkeit u.a. durch besonders angepaßtes Verhalten an Stalin zu bewahren.• Dem gegenüber geht <strong>Jugoslawien</strong>, nach auch blutiger ”Abrechnung” mit faschistischen undnationalistischen Strömungen einschließlich der Vertreibung von in der Vojvodina ansässigenDeutschen, einen ”eigenständigen sozialistischen Weg”. Dieser ist u.a. gekennzeichnet durch”Arbeiterselbstverwaltung” und ”Rotation der Funktionen”. Außenpolitisch verhält sich das Land ”neutral”,seine auf dem Partisanenkrieg aufbauende Militärstruktur soll sowohl vor Angriffen aus dem Westen wieaus dem Osten schützen, wobei ein Angriff der Sowjetunion für wahrscheinlicher gehalten wird.• Insbesondere das bereits zu Stalins Zeiten von <strong>Jugoslawien</strong> fortentwickelte Prinzip der ”FriedlichenKoexistenz” führt Anfang der 60er Jahre in dem zunächst versteckt ausgetragenen Konflikt zwischen derSU und China zur ”Nutzung” <strong>Jugoslawien</strong>s bzw. Albaniens als ”ideologische Stellvertreter” der jeweilsanderen Seite. China wirft den Jugoslawen vor, ”Revisionisten” zu sein, da sie die ”Vermeidbarkeit eines<strong>Krieg</strong>es mit dem Imperialismus” vertraten. Ebenso würden sie durch Arbeiterselbstverwaltung undFunktionsrotation die ”führende Rolle der Kommunistischen Partei” untergraben. Die Sowjetunion warfnach dem 20. und 2<strong>2.</strong> ”Entstalinisierungs-”- Parteitag den Albanern vor, sie würden weiterhin dem”verbrecherischen Personenkult” anhängen.• Gemeint war hauptsächlich jeweils die andere ”Großmacht” unter kommunistischer Führung, wobei sichdie SU unter Chruschtschow und Breschnjew ab Ende der 60er Jahre tatsächlich der außenpolitischenPosition <strong>Jugoslawien</strong>s annäherte, während Albanien auch die chinesische ”Kulturrevolution” mitvollzog.• Besonders im Rückblick erscheinen die jeweiligen ideologischen Positionen in <strong>Jugoslawien</strong> und Albanienauch als Ausdrücke und Mittel der Aufrechterhaltung nationaler Unabhängigkeit sowohl gegenüberfremden Mächten, als auch untereinander sowie im Falle <strong>Jugoslawien</strong>s als ausgleichendes undverbindendes Element der Völker, Traditionen und Kulturen. Albanien ist dagegen mit 98% albanischerBevölkerung das homogenste Land Europas.• Nach der Annäherung im Verhältnis China - USA seit den späten 70er Jahren ist Albanien in der Weltsowie in Europa völlig isoliert und ist ohne ersichtliches ”Entwicklungsmodell” Ende der 80er Jahre <strong>zum</strong>europäischen ”Armenhaus” verkommen.• Der jugoslawische Nachbar - Staat unter Tito war demgegenüber für ein Land unter Führung einerkommunistischen Partei, das extreme Gegenbeispiel, mit weitgehender Reise- und Diskussionsfreiheit,”Gastarbeitern” im Westen und dessen devisenbringenden Touristen an der kroatischen Adriaküste.Gleichwohl wurde das Staatswesen vom Neubeginn an von der illegal weiter bestehenden kroatischenUstascha im Inneren und im Ausland u.a. durch Mordanschläge bekämpft.• Die Unionsrepubliken entwickeln sich wirtschaftlich sehr unterschiedlich. Das kroatische pro KopfBruttosozialprodukt liegt weit über dem jugoslawischen Durchschnitt. Ähnliches trifft auf Slowenien zu.Serbien ist mit Sitz der Bundesregierung in Belgrad vergleichsweise arm, dominiert aber die Streitkräfte.• Das Kosovo wird 1968 autonome Provinz im serbischen Bundesstaat. Um 1981 nehmen die ethnischenSpannungen zwischen der mehrheitlich albanischen Bevölkerung und der serbischen Minderheit zu. Deralbanische Bevölkerungsteil wächst 16 mal schneller als der serbische. 1989, nach Titos Tod undsechshundert Jahre nach der Schlacht auf dem Amselfeld wird die Autonomie des Kosovo durch Serbienwieder aufgehoben, ebenso die der besonders von einer ungarischen Minderheit besiedelten Vojvodina.Die autonomen Gebiete Serbiens haben im Föderationsrat eigenes Stimmrecht. Sie können damit z.B.sparatistische Bestrebungen von Bundesstaaten unterstützen, wobei sie jedoch anders als diese, dieFöderation nicht verlassen können, weil sie Teil Serbiens sind. Den Albanern im Kosovo wird diealbanische Unterrichts- und Behördensprache untersagt. Die serbische Polizei betritt in der Regel nichtdie mehrheitlich albanisch besiedelten Gebiete des Kosovo.• Den Republiken Serbien, Kroatien und Bosnien stehen Ende der 80er Jahre in Partei und StaatNationalisten vor. In Serbien Milosevich, in Kroatien Tutjman und in Bosnien Isetbegovich. Sie verstehensich als Vertreter der serbisch - othodoxen, der kroatisch - katholischen bzw. der bosnisch -3


muslimischen Interessen. Hauptstreitpunkte sind wirtschaftliche Fragen, nämlich die Verteilung vonMitteln zwischen den Republiken. Insbesondere Kroatien und Slowenien wollen größere Anteile ihrerwirtschaftlichen Ergebnisse behalten. Serbien als wirtschaftlich schwächerer aber administrativ / politisch/ militärisch stärkerer Teil mit der größten Bevölkerung will den gemeinsamen Staat erhalten, währenddie Repräsentanten der ”staatstragenden” anderen Bundesstaaten seperatistische Tendenzenentwickeln. Dabei sind die in den Bundesstaaten, besonders in Kroatien und Bosnien lebenden SerbenBefürworter des Erhaltes des jugoslawischen Bundesstaates, wodurch sie in Konflikte mit denRepräsentanten und Bevölkerungsmehrheiten ”ihrer” Republiken geraten. Damit wirkt Ende der 80erJahre der ”serbische Nationalismus”, der des größten südslawischen Volkes, das am meisten gegen dietürkische und österreichisch-deutsche Fremdherrschaft gekämpft hat, als Mittel der Aufrechterhaltung<strong>Jugoslawien</strong>s, während der slowenische, kroatische, und bosnisch - muslimische Nationalismus dieAuflösung <strong>Jugoslawien</strong>s begünstigt. Diese Funktionen werden von den jeweiligen Politikern zu ihrerMachtsicherung ausgenutzt und anknüpfend an historische Wurzeln verstärkt.<strong>2.</strong> Geschichte bis <strong>zum</strong> NATO - Angriff• 1990 wird in Kroatien die nationalistische Partei HDZ unter Führung von Tudjman gegründet. In ihrgehen auch die Ustascha - Anhänger auf. In einem Referendum wird die Autonomie beschlossen. DieSerben in der Krajina sowie in West- und Ostslawonien werden ausgegrenzt. Diese fordern im Juni 1991entweder den Erhalt <strong>Jugoslawien</strong>s oder ihren Anschluß an Serbien.• Ein analoges Autonomiebestreben kommt gleichzeitig in Slowenien auf, wo allerdings weniger Serbenbeheimatet sind.• Ende 1991 erklärt sich als Folge des kroatischen Autonomiebeschlusses das serbische Drittel derBevölkerung Kroatiens zur ”Serbischen Republik Krajina”.• Am 23. Dezember 1991 erkennt die Bundesrepublik Deutschland Slowenien und Kroatien als autonomeStaaten an. Die restlichen EU Staaten folgen diesem Schritt unter Bedenken am 15. Januar 199<strong>2.</strong> Damithat Deutschland faktisch die Politik der deutsch-österreichischen Verhinderung eines jugoslawischenBundesstaates im Gefolge der Daten 1878, 1914 und 1941 fortgesetzt, mit dem Unterschied, daß nundie Westeuropäer und die USA den Deutschen, wenn auch zögerlich, folgen.• Die serbisch dominierte jugoslawische Bundesarmee greift danach Objekte und Menschen in Slowenienan und zieht sich unter Kämpfen zurück.• In Westslawonien mit serbischem Bevölkerungsanteil wird u.a. die mehrheitlich kroatische Stadt Vukovarvon der jugoslawischen Bundesarmee zerstört und die Bevölkerung vertrieben, aber auch andere Städtewie Dubrovnik beschossen. Nach Einsatz der ”UNPROFOR” im Februar 1992 zieht die Bundesarmee abund die kroatischen Serben werden entwaffnet.• Bei Wahlen in Bosnien 1990 erzielen die Muslime 86 Sitze, die Serben 72 und die Kroaten 44. Nach derausgesprochenen Abspaltung von Slowenien und Kroatien sowie der angekündigten von Makedonienstimmen 1991 die bosnischen Serben gegen eine Unabhängigkeit Bosniens. Dies wird von dermuslimischen Mehrheit ignoriert.• In einem von den Serben boikottierten Referendum stimmen 1992 die Bosnier mehrheitlich für dieUnabhängigkeit von <strong>Jugoslawien</strong>. Die bosnischen Serben erklären sich daraufhin als eine serbischeRepublik in Bosnien.• Bosnien wird als Staat von den Ländern des Westens ebenfalls 1992 anerkannt. Während diese durchdie Anerkennung von Slowenien und Kroatien eine wesentliche Grundlage für die Zerschlagung desmultinationalen <strong>Jugoslawien</strong> gelegt haben, verhalten sie sich im Falle Bosniens genau entgegengesetzt:Es soll auf jeden Fall verhindert werden, daß Bosnien gemäß seiner ethnischen Verhältnisse aufgeteiltwird. Dieser Widerspruch erklärt sich damit, daß in beiden Fällen das serbische Element geschwächt,wodurch dann ”automatisch” auch die jugoslawische Variante unterminiert wird.• Der dann einsetzende bosnische Bürgerkrieg wird von allen Seiten mit großer Grausamkeit auch undbesonders gegen die Zivilbevölkerung geführt. Es kämpfen Serben jeweils gegen Muslime und Kroatenund umgekehrt aber auch Muslime gegen Abtrünnige aus eigenen Reihen, die sich mit den Serbenarrangieren.• Wenn man die <strong>Krieg</strong>sverbrechen ”qualitativ und quantitativ summieren” würde, haben die bosnischenSerben mit teil- und zeitweiser Unterstützung Restjugoslawiens, welches deswegen ab dem 30. Mai 1992mit einem Wirtschaftsboykott belegt wird, überdurchschnittlich brutal verhalten.• Kroatien unterstützt 1992 zunächst die ebenfalls selbst ernannte bosnische Kroatenrepublik ”HerzegBosna”. Die EU droht deshalb Kroatien Sanktionen an, worauf 1994 eine bosnisch - kroatische Unionunter Dominanz des kroatischen Staates entsteht.• 1992 haben die bosnischen Serben ca. 2/3 des bosnischen Territoriums erobert. Sie vertreibensystematisch muslemische und kroatische Bevölkerungsteile, richten mehrere Konzentrations- und”Vergewaltigungslager” ein, in denen Menschenrechte brutal verletzt werden. Offiziell sind allekriegführenden Parteien mit einem internationalen Waffenembargo belegt. Dieses wird vonRestjugoslawien trotz bestehendem Wirtschaftsboykott gegenüber den Serben ebenso nicht eingehalten,4


wie es verschiedene inoffizielle Kanäle für die Belieferung der anderen <strong>Krieg</strong>sparteien ausinternationalen Quellen gibt.• Am 27. Mai 1992 werden unter der albanischen Bevölkerung des Kosovo illegale Wahlen abgehalten,nach denen der ”Präsident” Rugova die Gründung der ”unabhängigen Republik Kosovo” verkündet.• 1992 wird bei Wahlen in Serbien Milosevich als Präsident bestätigt. 1993 wird er insbesondere vonseinem Konkurrenten Seselj von der serbisch nationalistischen Partei wegen mangelnder Unterstützungder bosnischen Serben angegriffen.• 1993 spaltet sich die jugoslawische Teilrepublik Makedonien, nach Einigung mit Griechenland, welchesdies verhindern möchte, ohne innerjugoslawische Kämpfe als selbständiger Staat mit gemischterslawisch - albanischer Bevölkerung ab.• 1993 scheitern die Vermittler im kroatische Bürgerkrieg Cyrus Vance und David Owen und Kroatiendurchbricht die UN - Schutzlinie gegen die Krajina - Serben. 1995 erobert mit politischer,waffentechnischer und logistischer Unterstützung des Westens Kroatien innerhalb von drei Wochen dieserbisch besiedelte Krajina und vertreibt ca. 200.000 Serben aus dieser Region und aus Westslawonien.Dieses ist vor dem aktuellen <strong>Krieg</strong> um das Kosovo die größte Vertreibungsaktion des jugoslawischenBürgerkrieges in diesem Jahrzehnt.• Die vertriebenen Serben fliehen <strong>zum</strong> geringen Teil in die von Serben eroberten Gebiete Bosniens und zueinem größeren Teil in das restliche <strong>Jugoslawien</strong>. Vor den NATO - Luftangriffen hatten dort insgesamtca. 600.000 Vertriebene des kroatischen und bosnischen Bürgerkrieges Zuflucht gesucht. Ein Teil derVertriebenen wird in Flüchtlingslagern im Kosovo untergebracht. Die meisten fügen sich dem nichtfreiwillig. Nicht nur weil sie in eine auch kulturell - ethnisch andere Region kommen, sondern weil sienicht erneut Beteiligte und Opfer eines sich abzeichnenden weiteren Bürgerkrieges werden wollen.• 1994 erobern moslemisch - kroatische Truppen die insbesondere mit den Krajina - Serben verbündetgewesene moslemische Enclave Bihatj. Im gleichen Jahr bricht Serbien die Beziehungen zu denbosnischen Serben ab.• Nach UN Friedensplänen soll Bosnien aus einem moslemisch - kroatischen Teil mit 51% desTerritoriums bestehen und einer ”Republika Srbska”, die 49% erhalten soll. In Bosnien sind UN Soldatenstationiert, die u.a. die moslemischen ”Schutzzonen” im Gebiet der künftigen serbischen Republiksichern sollen.• 1995 nehmen die Niederlagen der bosnischen Serben gegen die moslemisch - kroatischen Truppen zu.Sie erobern größere Gebiete, als ihnen nach dem Teilungsplan zugedacht sind und vertreiben in großerZahl Serben. Die moslemische Stadt Srebrenica liegt im Bereich der von der UN angestrebtenserbischen Republik und wird als Schutzzone von niederländischen UN Truppen bewacht. Im Julierobern unter deren Augen Serben die Stadt, vertreiben Frauen und Kinder und ermorden mehrereTausend Männer.• Am 28. August 1995 werden bei einem Beschuß Sarajewos 38 Menschen getötet. Die Serben bestreiten,daß dieser Beschuß von ihnen kam. Zwei Tage darauf bombardiert die NATO wochenlang Einrichtungender bosnischen Serben und leiten damit das Ende des bosnischen Bürgerkrieges ein.• Im Dezember 1995 werden die Präsidenten Serbiens Milosevich, Kroatiens Tutchman und dermoslimisch - kroatischen - bosnischen Föderation Isetbegovich auf den US Luftwaffenstützpunkt Daytongeholt und veranlaßt, sich innerhalb von drei Wochen auf den Friedensplan für Bosnien zu einigen.Dieser wird durch ”IFOR” - Truppen abgesichert. Die Sanktionen gegen Restjugoslawien werdenteilweise aufgehoben• 1996 erkennt Frankreich die ”Föderative Republik <strong>Jugoslawien</strong>” als Nachfolger des ehemaligen<strong>Jugoslawien</strong> an. Im selben Jahr nehmen <strong>Jugoslawien</strong> und Makedonien Beziehungen auf.• Ab November 1996 finden aus Anlaß nicht korrekter Kommunalwahlen in Belgrad monatelangeDemonstrationen gegen Milosevic statt. Die wichtigsten Exponenten der Opposition sind der westlichorientierte Dinjic und der serbische Nationalist Drascovic. Beide sind für den Verbleib des Kosovo beiSerbien. Im Februar 1998 werden die Kommunalwahlergebnisse korrigiert und Dinjic wirdOberbürgermeister von Belgrad. Von der Funktion tritt er kurze Zeit danach wieder zurück. Drascovicwird Vicepremier der jugoslawischen Regierung.• Im Dezember 1996 werden die IFOR Truppen in Bosnien nach einem UN Sicherheitsratsbeschluß durch”SFOR” - Truppen ersetzt. An diesen beteiligen sich u.a. russische Einheiten, die unter einem USKommando stehen.• Im Kosovo konkurrieren ab 1997 bei der albanischen Mehrheit friedliche Separatisten der LDK unterRugova und eine der militanten Gruppen, die sich UCK, Befreiungsarmee des Kosovo nennt, um denEinfluß. Das gemeinsame Ziel ist zunächst die Abspaltung eines separaten Kosovo und danach dessenVereinigung mit dem albanischen Mutterland zu einem ”Großalbanien”. Ende November 1997 nenntRugova die UCK, wegen ihres noch geringen Einflusses ”einen ganz üblen Trick der Serben”.• Als Anfang März 1998 serbische Sonderpolizei mehrere Dutzend albanische Zivilisten tötet, gewinnt dieUCK immer stärkere Unterstützung bei der albanischen Bevölkerung. Sie unternimmt Angriffe aufserbische Polizeistationen und Flüchtlingslager.• Jugoslawische Polizei- und Armeeverbände werden zur Bekämpfung der UCK in den Kosovo entsandt.Sie töten albanische Zivilisten, vertreiben sie und zerstören Häuser.5


• Die OSCE verlangt im Herbst 1998 unter Androhung von NATO - Schlägen den Abzug der serbischenSondereinheiten aus dem Kosovo.• Die jugoslawische Regierung gibt nach, zieht die Einheiten ab und akzeptiert die Stationierung ca. 1500unbewaffneter OSCE - Beobachter.• Während des Winters 1998 / 1999 überwiegen die Anschläge der UCK auf serbische Flüchtlingslager,Lokale, Polizeistationen und Zivilisten. Ziel der UCK ist die Provokation der serbischen Seite, mit demKalkül, daß als Reaktion die NATO eingreift. Das Massaker von Radszak, bei dem im Februar / März199 ca. 40 von der OSCE als ermordet identifizierte Albaner gefunden wurden, kann ggf. als dasGelingen dieses Kaklküls angesehen werden.• Im Februar 1999 werden Serbien, die LDK und die UCK ultimativ von der NATO aufgefordert, imfranzösischen Rambouillet Verhandlungen zu führen. Es wird ein fertig ausgearbeitetes Vertragswerk,welches nie veröffentlicht worden ist, beiden Seiten als Diktat mit Freiräumen für kosmetischeKorrekturen vorgelegt. Zunächst weigern sich die Delegationen direkt miteinander zu sprechen. Dieserbische Seite zeigt sich anfangs kompromißbereiter, da grundsätzlich der Kosovo ein Teil Serbiensbleiben soll. Sie ist aus zwei Gründen nicht bereit zu unterzeichnen. Zum einen ist nach drei Jahren einReferendum vorgesehen, bei dem über die weitere Zukunft des Kosovo entschieden werden soll. Dabeiist der Ausgang wegen der Mehrheitsverhältnisse von ca. 90% zugunsten des albanischenBevölkerungsteils klar. Das Diktat sah vor, daß aus dem Ergebnis des Referendums nicht automatischdie Abspaltung des Kosovo erfolgen würde. Dennoch konnte es als ein zeitlich verschobener Weg in diestaatliche Autonomie angesehen werden. Zum zweiten war als noch wesentlicherer Punkt die unbedingtals NATO Truppe und mit Kampfausrüstung versehene Schutztruppe aufgeführt. Es war nicht zuerwarten, daß Serbien vor dem Hintergrund der jüngeren wie der älteren Geschichte freiwillig derStationierung fremder Truppen auf seinem Territorium zustimmen würde. Weiterhin wären es nochTruppen einer <strong>zum</strong> damaligen Zeitpunkt potentiellen <strong>Krieg</strong>spartei, deren angedrohten Aktionen wedervon der OSCE noch von der UNO sanktioniert waren. Als letztes kommt, wie nach der Bombardierungdurchsickerte hinzu, daß diese NATO - Schutztruppe völlige Bewegungs- und Handlungsfreiheit in ganz<strong>Jugoslawien</strong> haben sollte. Bei derartigen Forderungen ist nicht auszuschließen, daß manche in derNATO die Rambouillet - Verhandlungen als Vorphase eines geplanten <strong>Krieg</strong>es gegen <strong>Jugoslawien</strong>betrachtet haben. Dieses Ziel hatte auch die albanische Seite. Jedoch wollte sie den Text des Diktatszunächst deshalb nicht unterzeichnen, weil sie entwaffnet werden, der Kosovo zunächst als autonomesGebiet bei Serbien bleiben, das Referendum erst in drei Jahren stattfinden sollte und noch nichtverbindlich festgeschrieben war, daß in seinem Gefolge auch die Autonomie möglich oder sicher ist. Erstnach dem die NATO den Albanern klar machte, daß sie deren Unterschrift brauche, anderenfalls fehleder Allianz jede Legitimation für den Angriff auf <strong>Jugoslawien</strong>, unterschrieben die Albaner. Daß mit demBeginn des <strong>Krieg</strong>es die Entwaffnung der UCK nicht mehr zur Debatte stehen würde, war damit faktischauch geklärt. Während in der Periode, als beide Seiten noch nicht unterschreiben wollten, Ultimaten vonWoche zu Woche nachsichtig verschoben wurden, ging es nach der Unterschrift der Albaner Schlag aufSchlag in den <strong>Krieg</strong> hinein.• Den Serben wurden nur noch Tage gewährt, um ggf. ebenfalls zu unterschreiben. Verhandlungen warenohnehin nicht vorgesehen. Eine Woche vor dem Angriff wurden die OSCE - Beobachter aus demKosovo abgezogen. Alle Seiten ließen sie ziehen. Das ”Schußfeld” war frei. Milosevich konnte vorseinen Landsleuten trotz seiner repressiven Politik weder das Kosovo aufgeben, noch kampffähigeNATO - Truppen in <strong>Jugoslawien</strong> zulassen. Er wäre, diesen hypothetischen Fall einmal durchgespielt,vermutlich gestürzt worden. Für ihn und vermutlich die Mehrheit der Serben, wenn nicht der Jugoslawenwaren nach den geschichtlichen Abläufen und den mit ihnen verknüpften Mythen die Forderungen derNATO nicht annehmbar. Der ”show down” konnte beginnen. Nicht nur Milosevic, auch das ”stärksteMilitärbündnis aller Zeiten”, hatten sich verfangen, sowohl auf dem letztlich verbliebenen Territorium alsauch in der Konsequenz den ”einzig Schuldigen” der Krisen auf dem Balkan zu bestrafen. Dabeibenutzte jede Seite naturgemäß die jeweils ”eigenen” Mittel.• Die Bilanz des ”Kosovo - <strong>Krieg</strong>es” bis <strong>zum</strong> 24. März 1999 beträgt ca. <strong>2.</strong>000 Tote auf albanischer undserbischer Seite, 90 von Serben im Kosovo verlassene Dörfer und eine hohe Zahl zeitweilig oderdauerhaft vertriebener Albaner. Hier schwanken Zahlenangaben zwischen 100.000 und 300.000Menschen. Wie hoch auch immer diese schlimmen statistischen Größen sein mögen, die auf”Endgültigkeit” angelegten ”Vertreibungsergebnisse” nach den NATO - Bombardements sind inerschreckender Weise größer.3. Verkündete Absichten und Resultate• Die verkündete Absicht, mit den Luftangriffen die Albaner im Kosovo schützten zu wollen, ist durch dienach dem 24. März 1999 in bisher ungekannter Intensität von der serbischen Seite ausgeführtenVertreibung von Albanern stimmt mit den Ergebnissen nicht überein. Dabei können die Fragen, ob diejugoslawischen ”Verbände” diese Art der Vertreibungen in jedem Falle vorgenommen hätten, ob sie nach6


• Dem in der Bundestagsdebatte geprägte Ausdruck, die humanitäre Intervention sei ein zivilisatorischerFortschritt, ist grundsätzlich zuzustimmen. Wenn bloß nicht die Ursachen, die Folgen des Konflikts,seine vielfältigen ”Kosten”, sein nicht absehbares Ende und ”nur” ein paar Bomben erforderlich wären,um alles aufzulösen, dann wäre es womöglich einfacher, sich mit den Bomben abzufinden. Abereigentlich geht es nicht anders, daß, sobald man sich selbst an Zerstörung beteiligt, auch imhumanitären Interesse, ein ”Teil der Moral” ausgeschaltet werden muß, auch wenn ein anderer dafür umso mehr zu Ehren kommt. Deshalb nimmt man mit der Waffe gleichzeitig die Verantwortung für die vonihr ausgehende Gewalt in die Hand. Und dabei ist man dann wieder dem Verstand ”ausgeliefert”.• Als vor drei Jahren wegen des Bürgerkrieges im albanischen Mutterland massenhaft Flüchtlinge vonItalien nach Albanien zurück geschickt wurden, war dies eines der Anzeichen, was in der Regionpassieren kann und wie wir davon betroffen werden. Eben solche Belege sind die ständigen Übergriffeauf Asylanten bei uns, die Verschärfung der Ausländergesetze, die langjährige Debatte um die doppelteStaatsbürgerschaft und deren Scheitern. Albaner bei uns standen noch vor kurzer Zeit nicht an derSpitze der Beliebtheitsskala bei den Ausländern in Deutschland.• Wir möchten nicht noch mehr Flüchtlinge und Vertriebene bei uns haben. Dies ist einer der humanitärenGründe für das Eingreifen. Nationalitäten eine Flugstunde von München entfernt, sollen sich auchdeshalb nicht bekriegen, damit wir nichts davon abbekommen.• Nach Ende des kalten <strong>Krieg</strong>es wurde die NATO nicht abgeschafft, obwohl die formulierten Gründe fürihre Entstehung nicht mehr existierten. Mit der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheit in Europakonnte sich der Westen relativ schnell arrangieren. Sie hatte ja auch Vorteile. Aber die durch dieUngleichheit begünstigten Konflikte sollen, wenn es irgendwann gefährlich wird, mit Gewalt ersticktwerden können.• ”Menschenrechte sind unteilbar!” Das stimmt. Aber die Moral der relativ Reichen ist nichtnotwendigerweise auch die der relativ Armen. Unterschiede zwischen den Menschengruppen und sichdaraus ergebende Vorfälle, können in wohlhabender Umgebung leichter verkraftet werden, als in armer.Die Tatsache, daß wir 20% der Menschheit 80% der Energie und Rohstoffe verbrauchen, führt auchdazu, daß wir die präziseren Waffen und die ”bessere” Moral haben.• Es ist kein Zufall, daß die NATO die UNO mehr und mehr mißachtet. Denn dort reden uns die ”großenArmen” zu viel hinein. Die NATO will sich deshalb von der UNO ”emanzipieren”, weil sie bestimmenmöchte, was nach Maßgabe der Interessen ihrer Zivilisationen gut und böse ist. Da die Moral ohnehinselektiv angewendet wird, haben die Bestrafungen der ”auserwählten Sünder” auch immer die Funktion,den großen Armen vorzuführen, was ihnen blühen könnte und daß sie auf niemand weiteren zählenkönnen, als auf diejenigen, welche zur Ausführung der Bestrafungen befähigt und damit automatischauch legitimiert sind.• Was ist gemessen an den tatsächlichen Abläufen im <strong>Jugoslawien</strong>krieg der NATO wichtiger, daß denKosovo - Albanern real geholfen wird, oder daß die NATO ihr ”Gesicht wahrt”, besonders zu einemZeitpunkt, wo sie ansteht, ihr 50 jähriges Bestehen zu feiern? Die Europäer fragen so etwas vorsichtigerals die Amerikaner es tun, welche solche Fragen auch gelegentlich beantworten. Während in Europa vor10 Jahren die Mauern fielen, haben die USA zu ihrem Nachbar Mexiko hohe Zäune errichtet. Die USAbringen ”ihre” Kosovo - Flüchtlinge in Militärcamps auf Kuba unter, wir bringen sie viel dichter in dieGesellschaft hinein.• Die USA gehen mit ihrer Rolle als einzig verbliebene Weltmacht viel unbefangener um als ihreeuropäischen Verbündeten. Wir Europäer haben Nachbarn, besondere Erfahrungen, Skrupel, sinduneins aber wir werden von den Auswirkungen der Krisen auch stärker betroffen. Die ”Beherztheit” derAmerikaner ist nicht nur und nicht immer negativ. Sie wollen die Europäer und besonders die Deutschenaber ins Schlepptau nehmen, damit sie so ziemlich alles mitmachen. In den 60er Jahren sangen dieOstermaschierer: ”Du deutsches Volk du bist fast immer, für falsche Ziele marschiert, am Ende warennur noch Trümmer, weißt du wohin man heute dich führt?” Diesen Satz sollten sich die in die”Regierungsverantwortung” gekommenen Angehörigen der ”Protestgeneration” zu Gemüte führen, bevorsie sich damit trösten, ”diesmal auf der richtigen Seite zu stehen”. Es sind Zweifel erlaubt, ob eine soeinfache Einschätzung jetzt, für die Zeit davor und das was noch kommen könnte, sich als tragfähigerweist.7. Rot - Grüne Regierung, <strong>Krieg</strong> und ”Alternative Produktion”• Gerade Rot - Grün mußte das passieren! Aber eigentlich könnte dieser Schritt mit ”besseren Truppen”gar nicht gegangen werden, denn nun findet Opposition nicht mehr statt. Hätte Helmut Kohl noch seinensprichwörtlichen Instinkt walten lassen müssen - und wäre ggf. trotzdem in die Sache hineingeraten -wäre aus der Rot - Grünen Oppositionsecke und von denen, die auf sie bauen, <strong>zum</strong>indest noch einGrummeln zu vernehmen gewesen. Statt dessen ist nun ein Scenario denkbar, bei dem die Regierungden Bodenkrieg beantragt und die Schwarz - Gelbe Opposition sagt nein.10


• Nach einem halben Jahr muß gefragt werden, was können ”unsere” Politiker, was wollen sie? DerAußenminister hat einen Versuch gemacht, die Sinnhaftigkeit der Erstschlagoption der NATO mittelsAtomwaffen anzudiskutieren. Er ist von den USA, den übrigen Verbündeten und demVerteidigungsminister zurück gepfiffen worden.• Öcalan wurde nicht nach Deutschland ausgeliefert, um ihm und der ethnischen Säuberung in dentürkischen Kurdengebieten hier den Prozeß zu machen. Die USA haben ihn der Türkei zugeführt, dort istdas Kurdenproblem nun zu einer ”inneren Angelegenheit” geworden und alle können sich auf denKosovo konzentrieren.• Der sozialdemokratische Hoffnungs- und Illusionsträger Lafontaine ist zurück getreten und dieSteuerreform ist mit oder ohne Kosten des <strong>Krieg</strong>es <strong>zum</strong>indest auf den Prüfstand geraten.• Der Atomausstieg dümpelt vor sich hin, wo ist die Bewegung in den Betrieben für eine ”alternativeProduktion” auf dem Energiesektor?• Die Gewerkschaften haben es geschafft, sich nur noch auf das ”Bündnis für Arbeit” zu konzentrieren. DerSpruch, ”ohne Frieden ist alles nichts”, die Frage, wie es in unserer Umgebung aussieht, scheintvergessen.• So unkorrekt die neueste Konversionsbroschüre der IG Metall auch in Teilen sein mag, in ihr stehenZusammenhänge drin zwischen praktisch angegangenen Initiativen zur Rüstungskonversion, derZusammenarbeit mit dem ehemaligen Ostblock unmittelbar nach dessen Ausstieg aus derBlockkonfrontation, Gedanken zur ”Aufteilung der Produktion” zwischen Ost und West mit dem Ziel derÖkologisierung der gemeinsamen Produktion und Kritik an der NATO - Osterweiterung grundsätzlich undnoch vor einer Aufnahme der entsprechenden Länder in die EU.• Unser Kanzler hat nun einen ”Marschallplan für den Balkan” gefordert. Zwar gibt es das Sprichwort, es istnie zu spät. Aber gab es für dieses Vorhaben wirklich keine anderen Wege als zunächst an derZerschlagung staatlicher Strukturen mitzuwirken, nach vielem bereits geflossenem Blut den einen Restzu bombardieren, während parallel dazu massenhaft Flüchtlingselend entsteht, vielleicht noch weitereEskalationen des <strong>Krieg</strong>es in Kauf zu nehmen, um, wenn uns inzwischen nicht mehr um die Ohrengeflogen ist und wir danach andere Sorgen haben, mit der Beseitigung der verschiedenartigstenTrümmer in der Region anzufangen und dann endlich mit deren Aufbau zu beginnen? Das wird einteurer Marschallplan - und wir wollten doch alle sparen!Nachtrag (Ergänzung vom 17. Juni 1999):Milosevich hat unterschrieben, die Bombardierung ist ausgesetzt, KFOR marschiert insKosovo ein!• Der obige Text wurde in der zweiten bis dritten Woche nach Beginn der Bombardierung geschrieben, am17. April auf einem Treffen der Arbeitskreise diskutiert und unmittelbar danach in ein paar Punktenpräzisiert. Nun, da er in eben jener Fassung veröffentlicht wird, hat sich etwas an der Lage verändert. Esist deshalb angemessen, sowohl den alten Text so zu belassen, wie er war und ihm jetzt einigeEinschätzungen hinzu zu fügen. Waren die Betrachtungen richtig? Müssen einige korrigiert werden? Hierein paar Antworten auf diese Fragen.• Die ehemalige Justizministerin Leuthäuser - Schnarrenberger hat in einem Beitrag während derBombardierungen die Frage aufgeworfen, weshalb der Völkerrechts - widrige <strong>Krieg</strong> der NATO nur von soWenigen kritisiert wird. Ihre Erklärung war, daß natürlich klar ist, daß die NATO irgend wann gewinnenwürde. Und die Meisten verschließen die Augen vor dem Problem der Legitimierung des unerklärtenAngriffskrieges deshalb, weil sie am Ende des <strong>Krieg</strong>es auf Seiten der Gewinner stehen möchten. Sie isteine mutige Frau, immerhin ist sie vor Jahren wegen Überzeugungen von ihrem Amt zurück getretenund über ihre Partei hört man nicht viel über sie.• Wann ist schon einmal ein amtierender (Außen-) Minister beim Betreten des Plenarsaales mitdemonstrativem Beifall auch den größten Oppositionsfraktionen empfangen worden?! Auch wenn derSpiegel - Herausgeber Rudolf Augstein der Meinung ist, unsere Regierung hatte keine Chance, sich ausdem <strong>Krieg</strong> heraus zu halten oder ihn gar zu verhindern; dieses wäre die eigentliche zu feiernde Leistunggewesen!• Das Kind war in den Brunnen gefallen, als am 24. März der Bombenkrieg begann. Es nach 11 Wochenwieder aus dem Wasser zu holen, ist zwar auch eine Leistung. Denn wie hätte die NATO aus demSchlamassel wieder herauskommen sollen! Unser Außenminister, der finnische EU - Beauftragte,Rußland, das von einem besonderen ”Kollateralschaden” betroffene China und der angeklagteMilosevich haben den Bodenkrieg oder eine ”unverrichteter Dinge” beendigte Bombardierung verhindert.• In Den Haag gibt es zwei internationale Gerichte. <strong>Jugoslawien</strong> hatte gegen die zehn an denBombardierungen beteiligten Staaten wegen des Verbrechens einen Angriffskrieges Klage erhoben undeine einstweilige Verfügung <strong>zum</strong> Bombenstopp beantragt. Herausgestellt haben die meisten Medien daß11


der einstweiligen Verfügung nicht stattgeben wurde. Aber wie hätte das Gericht denn eine solchedurchsetzen sollen!? Die beteiligten Staaten wußten doch von Anfang an, daß sie gegen geltendesVölkerrecht verstießen und brauchten sich offensichtlich nicht darum zu scheren. Dieser Völkerrechts -Widrigkeit hat das Gericht nicht widersprochen, sondern sein Urteil vertagt.• Das Modell der ”Dreiteilung der Gewalten” funktioniert nur dann, wenn jede dieser auch die ihrzustehende Rolle einnehmen und die Maßnahmen, um die es jeweils geht, durchsetzen kann. Sonstbleiben es symbolische Akte. Aber auch die haben ihre Bedeutung. Bei aller Unabhängigkeit des ebensoin Den Haag eingerichteten <strong>Krieg</strong>sverbrecher - Gerichts für das ehemalige <strong>Jugoslawien</strong>, ganz zufällig istder Zeitpunkt seiner Anklage gegen Milosevich nicht. Das US - Militär mußte ”nur” im rechten Momentdie Aufklärungsfotos von Massengräbern im Kosovo freigeben. So haben jedenfalls die Bombenwerfenden Staaten auf der Anklagebank auch ihren ”Partner” Milosevich neben sich und sie können sichvielleicht auf diese Weise von ein paar kostspieligen Folgen ”freikaufen”.• Renate Flottau schrieb im Spiegel in ihren ”Berichten aus Belgrad” auch über dortigen Galgenhumor:Sagt der ”Pessimist”, wenn das alles zu Ende ist, wird die NATO kommen, und die Brücken,Elektrizitätswerke, Auto - und Chemiefabriken, Eisenbahnen u.s.w. wieder aufbauen. Antwortet der”Optimist”, und was ist, wenn wir den <strong>Krieg</strong> gewinnen?• Im zweiten Weltkrieg können die Motive der Westallierten für ihre <strong>Krieg</strong>sverbrechen an der Bevölkerungder Verbrecher - Staaten Deutschland und Japan mittlerweile ziemlich gut nachvollzogen werden. InDeutschland wurden nicht nur die Großstädte, sondern in ihnen gezielt die Arbeiterviertel dem Erdbodengleichgemacht. Es sollte damit verhindert werden, daß sich wie am Ende des ersten Weltkrieges eineRevolution ereignet und die Deutschen ihren Hitler selbst stürzen. Nachdem Roosevelt in Jalta Stalinaufgefordert hatte, 90 Tage nach der Kapitulation Deutschlands Japan anzugreifen und dieserabsprachegemäß den Aufmarsch seiner Truppen beendet hatte, warfen die USA Atombomben aufHiroschima und Nagasaki. Diese Brüskierung und Demonstration eigner Stärke war dann der Auftakt des”Kalten <strong>Krieg</strong>es”. Aber welche Ziele hatte das Bombardieren <strong>Jugoslawien</strong>s? Die Behauptung, daß”diesmal nicht tatenlos zugesehen wurde, als man Menschen vertrieb”, stimmt nicht, denn man hatzugeschaut. Dieses Zuschauen wurde auch damit nicht als solches aufgehoben, weil es von einem”mörderischen Feuerwerk” begleitet war.• Was am bisherigen Ende des Konflikts erreicht wurde, hätte auch ohne diesen Bomben - <strong>Krieg</strong>,einschließlich der durch ihn ausgelösten Massen - Vertreibung der Albaner aus dem Kosovo erreichtwerden können! Diese Behauptung kann zwar nicht 100%ig, aber 95%ig belegt werden. Zwischen demDiktat von Rambouillet und dem vom Milosevich unterzeichneten G 8 - Papier gibt es ein paarherauszustellende Unterschiede:1. Die Kosovo - Friedenstruppe ist jetzt legitimiert, d.h. durch einen UN - Sicherheitsrats - Beschlußzustande gekommen.<strong>2.</strong> Sie ist keine reine NATO - Truppe, vielmehr ist Rußland an ihr beteiligt.3. Weder ist der Friedenstruppe erlaubt, sich über das Kosovo hinaus in ganz <strong>Jugoslawien</strong> zubewegen, noch ist sie eine reine NATO - Truppe.4. Während in Rambouillet in drei Jahren eine Volksabstimmung für Kosovo vorgesehen war, stehtdies jetzt nicht geschrieben.• Der Chefredakteur der ”Wirtschaftswoche” Baron hat recht, wenn er sagt, das ”Preis - Leistungs -Verhältnis” dieses <strong>Krieg</strong>es stimmt nicht, man hätte das alles ”billiger”, d.h. ohne <strong>Krieg</strong> haben können.• Wie vorauszusehen war, haben die USA gesagt, sie hätten mit ihren Bombardierungskosten von ca. 10Milliarden Dollar genug bezahlt. Den Wiederaufbau der Region sollen nun die Europäer übernehmen.Schätzungen gehen bis zu 400 Milliarden Dollar. Ist darin Serbien eingeschlossen? Was ist, wenn dieSerben Tony Blair den ”Gefallen” tun und Milosevich tatsächlich stürzen? Nur für den Fall will er ja denWiederaufbau bezahlen! Ob mit oder ohne Milosevich oder wer auch immer nach ihm kommen mag,Serbien ist auf den Stand der Jahrhundertwende zurückgebombt worden, Gewässer, Luft und Bodeneinschließlich der Menschen sind für Generationen -Zeiträume geschädigt worden. Und nun hat dielange Liste der jüngsten Verbrechen der verschiedenen Seiten auf dem Balkan über Dubrovnik,Vokovar, Krajina, Srebrenica, Kosovo einen weiteren Namen, nämlich die unter dem Begriff des”Humanitären <strong>Krieg</strong>es” verursachten Verwüstungen durch die NATO.• Das Bild vom vermeidbaren <strong>Krieg</strong> hat noch eine weitere Facette. Ist in der Behandlung des Themas vom17. April die grausame Massenvertreibung der Albaner als Racheakt der Serben gegen die Luftangriffeerklärt worden, so muß dem heute ein neuer ergänzender Aspekt hinzugefügt werden. In einem Porträtvon Milosevich, welches der aus Serbien emigrierte Journalist Dejan Anastasijewic geschrieben hat,erklärt er, als ein Oppositioneller <strong>zum</strong> Regime Milosevich, das der ”Operation Hufeisen” zugrundeliegende Kalkül. Als das Scheitern von Rambouillet offensichtlich war, nahm die serbische Führung an,die NATO beginne früher oder später von Albanien und Makedonien aus mit einem Bodenkrieg. Dennnur ein solcher würde, wie man auch heute weiß, zu eindeutigen Ergebnissen führen. In diesem Fallhätte aber die serbische Armee die UCK im Rücken. Deshalb marschierten die Truppen einerseits vor12


und während der Luftangriffe an die Grenzen von Albanien und Makedonien und vertrieben andererseitsaus ”strategischen Kalkül” die Albaner.• Es ist gut, daß nun die KFOR im Kosovo ist, daß auch die dortige Seite des <strong>Krieg</strong>es ein Ende gefundenhat, daß die albanischen Flüchtlinge, die zurück wollen, zurück gehen können. Es ist gut, daß dieZerstörungen des <strong>Krieg</strong>es im Kosovo, einschließlich der Verbrechen der Serben aufgedeckt, untersuchtund verfolgt werden. Es ist gut, daß nicht nur NATO - Truppen, sondern auch russische zur KFORgehören. Die gegenwärtige Massenflucht der Serben aus dem Kosovo verhindern auch sie nicht. ImMoment halten sich die serbischen Einheiten an den vereinbarten Abzugsplan, die UCK (- Angehörigenin der Regel noch) nicht an deren vereinbarte Entwaffnung.• Es ist offen, ob der Vertragsinhalt, Kosovo bleibe ungeteilt bei Serbien, Bestand haben wird. Die UNO,die G 8, die NATO hätten das zu garantieren. Ob sie es auf Dauer wollen oder können sei dahin gestellt.Welchen logische Grund sollte es eigentlich geben, daß ein ”ethnisch reines” Kosovo, zu dem verhaßtenSerbien gehören soll?• Da die ”Fachleute” im Westen die Anwesenheitsdauer der Truppen eh nach Jahrzehnten bemessen,wird, wenn alles halbwegs gut gehen sollte, vielleicht auch Zeit bleiben, die totale Widersprüchlichkeitder westlichen Politik in den letzten zehn Jahren im ehemaligen <strong>Jugoslawien</strong> zu durchdenken. Es warschon im früheren Teil angedeutet, was der Westen jeweils wollte: Das multi - ethnische <strong>Jugoslawien</strong>”mußte” zerschlagen werden; Kroatien ”mußte” ethnisch rein werden; Bosnien ”mußte” als Fiktion einesmulti - ethnisches Gebildes erhalten werden; dennoch ”mußte” es im Wesentlichen entlang ethnischerLinien geteilt werden; die Teile ”mußten” aber Teil des faktisch nicht existierenden Bosniens bleiben;wohl um die Serben das multi - ethnische Zusammenleben zu lehren, ”mußte” das Kosovo Teil Serbiensbleiben.• Für Serbien (und Montenegro) ist nichts gelöst. Zu den aktuell 650.000 Flüchtlingen in Serbien werdenwohl noch 200.000 weitere aus dem Kosovo hinzu kommen. Damit hätten dann die Flüchtlingszahlenfast kosovarische Ausmaße erreicht. Welche ”Schutztruppen” werden diese Flüchtlinge wohl in ihreverstreuten angestammten Heimaten im ehemaligen <strong>Jugoslawien</strong> geleiten? Oder ist eine solche Frageeben so unberechtigt, wie eine Forderung nach dem Wiederaufbau der durch Bomben zerstörtenIndustrie und Infrastruktur, weil ja ”immer noch Milosevich da” ist?! Es ist eine Selbstlüge, hinter der mansich versteckt. Die demokratische, prowestliche Opposition war in den Städten stark. Und nun sollengerade die Bewohner der bombardierten Städte ein besonders inniges Verhältnis <strong>zum</strong> Westenaufbauen?! Wie schon nach Dayton wurde dem immerhin gewählten Diktator Milosevich gerade nachder Unterschrift unter das G 8 - Papier besonders der nationalistische Seselj gefährlich. Dieser trat mitseiner Partei aus der Regierung aus, weil Milosevich ”die NATO - Aggressoren den heiligen Boden desKosovo betreten ließ”. Fast wäre er 1997 statt Milosevich Präsident geworden, vielleicht löst er ihn inKürze ab....13

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