Unternehmergeist par excellence
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STIL<br />
<strong>Unternehmergeist</strong><br />
<strong>par</strong> <strong>excellence</strong><br />
„Man darf nichts im Leben dem<br />
Zufall überlassen. Die Weisheit hab’<br />
ich vom alten Harrmann.“ Mike Giebel<br />
streicht sich über seinen nicht<br />
vorhandenen Bart und blickt entschlossen<br />
über die Lesebrille. „Die<br />
Geburt meines Sohnes war solch<br />
ein Moment“. Verdammt knapp ist<br />
es damals gewesen. „Hätte Mike<br />
nicht sofort und ohne zu zögern<br />
eingegriffen...“, Ehefrau Sabine<br />
winkt ab. Sofort und ohne zu<br />
zögern fiel damals auch der Entschluss,<br />
das Möbelhaus, in dem er<br />
als junger Spund das Tischlerhandwerk<br />
erlernte, zu kaufen. Gerade<br />
mal zwei Wochen Geschäftsführer,<br />
dann ging alles ganz schnell, auch<br />
als später die dazugehörigen Werkstätten<br />
und Produktionshallen zur<br />
Disposition standen. „Meine Frau<br />
und ich, wir saßen mitten in den<br />
Dünen. In Graal Müritz am Strand.“<br />
Das war 1996.<br />
Mike Giebel ist ein Frontkämpfer –<br />
überzeugt, resolut, immer gerade<br />
aus. Sabine ist die Strategin, hält die<br />
unternehmerischen Fäden im<br />
Hause Harrmann zusammen. Bis<br />
heute hat das junge Paar seinen<br />
Entschluss, eine Möbelhausdynastie<br />
wieder zum Leben zu erwecken,<br />
mit allen Konsequenzen die folgen<br />
würden, nicht bereut. Ganz im<br />
Gegenteil. Gerade erst erhielt das<br />
Einrichtungshaus die berühmten 5<br />
Sterne. Hinter dieser Zertifizierung<br />
steht eine klar strukturierte Philosophie,<br />
die das Unternehmen auf<br />
ganzer Linie auszeichnet. Gerade<br />
mal zwölf Häuser wurden in<br />
Deutschland bislang mit dem Fünf-<br />
Sterne-Zertifikat prämiert. Möbel<br />
Harrmann ist eines von ihnen. Das<br />
macht stolz. Stolz sind die beiden<br />
auch auf ihr siebenköpfiges Team.<br />
„Wir hegen und pflegen unsere<br />
Mitarbeiter“, kommt es wie aus der<br />
Pistole geschossen.<br />
Der heute 43-jährige Rostocker hat<br />
seine Ausbildung zum Tischlergesellen<br />
1981 in den Harrmanschen<br />
Hallen begonnen.„Sehen Sie, genau<br />
hier, hinter dieser Bürowand. Da<br />
stand die Hobelbank“, gestikuliert<br />
der Frontkämpfer in Richtung<br />
Aktenschrank. „Drei Wochen lang<br />
musste ich Furniere fügen. Wissen<br />
Sie was das ist?“. Ich nicke.„Die reinste<br />
Strafarbeit war das. Das kann<br />
ich ihnen sagen. Ich hab’s gehasst<br />
und meinen Lehrmeister dafür verflucht.“<br />
War das jetzt ernst<br />
gemeint? Irgendwie schon, scheint<br />
mir. Mike Giebel haut mit der Faust<br />
auf den Tisch. Immerhin ging es<br />
ROSTOCK delüx 03/08
damals um einen Kredit in Millionenhöhe.<br />
„Ohne Eigenkapital“.<br />
Quasi aus dem Nichts. „Geht das?“,<br />
hake ich nach. Sabine Giebel<br />
schmunzelt: „Wo ein Wille ist, ist<br />
auch ein Weg und überzeugen<br />
konnte Mike schon immer“. <strong>Unternehmergeist</strong><br />
<strong>par</strong> <strong>excellence</strong>.<br />
Mike Giebel der Frontkämpfer<br />
scheint nicht nur rhetorisch oben<br />
auf. Giebel hat eine Vision:„Wir sind<br />
der Platzhirsch in der Nische. Klingt<br />
doch gut oder?“. Bitte was? Sabine<br />
Giebel grinst und winkt erneut ab.<br />
Noch während ich überlege, ob ich<br />
das so schreiben kann, fängt sie an<br />
zu lachen. Ihr Mann stimmt mit ein.<br />
ROSTOCK delüx 03/08<br />
Sabine und Mike Giebel<br />
Klingt zugegebenermaßen aber<br />
schon ein wenig abgehoben. Im<br />
Grunde sind die Giebels mit ihren<br />
zwei Söhnen, so denke ich mir, doch<br />
bodenständige Leute, oder? Jetzt<br />
unterbricht die Giebelfrau mich in<br />
meinen Gedanken: „Oh wenn sie<br />
wüssten. Wir fliegen regelmäßig<br />
zum Shoppen nach New York.“ Soll<br />
ich das nun glauben? Nein. Ein<br />
Scherz. Nun gut, 2:0 für die Giebels.<br />
Apropos Scherz. Das hier ist definitiv<br />
keiner: Die Gesellen mussten<br />
sich bei Hans-Werner Harrmann,<br />
der das Unternehmen 1965 gründete<br />
und ein begnadeter Segelsportler<br />
war, tagtäglich per Klingel zum<br />
Dienst anmelden. „Wie beim<br />
Militär.“ Mike Giebel springt auf.<br />
Einen langen, mit hochklassigem<br />
Interieur versehenen Flur weiter,<br />
ein Fingerzeig in Richtung Decke.<br />
„Da ist sie. Ohne diese Klingel stünde<br />
ich heute vielleicht nicht hier.“<br />
Ich habe Aufklärungsbedarf. „Ich<br />
war zu spät. Viel zu spät. Und ich<br />
hatte meinen Einberufungsbescheid<br />
in der Hand. Damals hab ich<br />
lange überlegt ob ich klingel oder<br />
mich übern Zaun hinten rein schleiche.“<br />
Zum Militär wollte der Frontkämpfer<br />
dann doch nicht. Die<br />
Lösung: eine Zulassung zum Studium<br />
musste her. Kurze Zeit später<br />
hielt Mike Giebel seine Immatriku-<br />
STIL<br />
lationsbescheinigung in der Hand,<br />
einige Jahre später die Urkunde<br />
zum Diplom Ingenieur für Holztechnik.<br />
Heute führen der Frontkämpfer<br />
und die Strategin in der Hinrichsdorfer<br />
Straße 5 ein Einrichtungshaus<br />
mit höchstem Anspruch:<br />
Qualitätsmöbel von namhaften<br />
Herstellern wie Musterring, Stressless<br />
und Joop, Sonderanfertigungen<br />
und hochwertige Solitärmöbel,<br />
hand- und maßgefertigt in der<br />
kooperierenden „Designwerkstatt“<br />
des Hauses.<br />
Text/Fotos: Doreen Bülow<br />
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