DRAUFGÄNGER Diva SO TICKT IHR PFERD ... - Parelli Instruktoren
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012_019_MP0709_Titelstory.qxp 27.05.2009 15:56 Uhr Seite 14<br />
Fotos: Heiko Rodde<br />
Titelthema<br />
DIE VIER <strong>PFERD</strong>EPERSÖNLICHKEITEN NACH PARELLI<br />
Typ Merkmale Das braucht das Pferd Das sollten Sie tun<br />
Left Brain (LB)<br />
extrovert<br />
Left Brain (LB)<br />
introvert<br />
Right Brain (RB)<br />
extrovert<br />
Right Brain (RB)<br />
introvert<br />
■ verspielt und<br />
selbstbewusst<br />
■ schnelle<br />
Auffassungsgabe<br />
■ starke<br />
Vorwärtstendenz<br />
■ schnell gelangweilt<br />
und dann<br />
frech bis aggressiv<br />
■ selbstbewusst<br />
■ eher passiv, wenig<br />
Vorwärtsdrang<br />
■ besonders verlässlich<br />
und tolerant<br />
■ schnell gelangweilt,<br />
dann scheinbar<br />
störrisch<br />
■ ängstlich und<br />
instinktgeleitet<br />
■ Tendenz zum<br />
kopflosen Weglaufen<br />
oder Steigen<br />
■ sehr sensibel<br />
und athletisch<br />
■ extrem sensibel<br />
und sehr gehorsam<br />
■ bei Stress geht<br />
es immer tiefer in<br />
sich und erstarrt<br />
■ oft mit LB introvert<br />
verwechselt<br />
und falsch trainiert<br />
■ bei zu viel Druck<br />
explodiert es<br />
14 www.mein-pferd.de 7/2009<br />
viel Abwechslung, um<br />
den Spieltrieb dieser<br />
Pferde, den man<br />
besonders gut auf der<br />
Weide beobachten<br />
kann, zu befriedigen<br />
Anreize, um motiviert<br />
zu werden und nicht<br />
die Lust an einer Sache<br />
zu verlieren (Leckerli<br />
als Bestärkung)<br />
viel Sicherheit, um<br />
gelassener zu werden.<br />
Die Pferde müssen<br />
lernen, mehr auf den<br />
Menschen als auf ihren<br />
Instinkt zu hören und in<br />
brenzligen Situationen<br />
nicht direkt zu fliehen<br />
eine Rundum-Wohlfühl-<br />
Situation, in der die<br />
Pferde mit der Zeit Vertrauen<br />
zum Menschen<br />
bekommen und lernen,<br />
sich zu entspannen<br />
kreative Aufgaben im<br />
hohen Rhythmus geben:<br />
■ Galopparbeit mit<br />
fliegenden Wechseln<br />
■ Sprünge<br />
■ schnelle Wechsel von<br />
Vorwärts- und Rückwärtsbewegung<br />
■ Cutting Moves<br />
■ abwechslungsreiche,<br />
langsame Aufgaben<br />
■ den Pferden Zeit zum<br />
Nachdenken geben<br />
■ zu viel Druck vermeiden<br />
und die kleinste<br />
Anstrengung belohnen<br />
■ weder zwingen<br />
stehen zu bleiben noch<br />
ziellos rennen lassen<br />
■ schnelle Aufgaben<br />
mit vielen Wiederholungen:<br />
Wendungen, Seitengänge,<br />
Vorwärts- und<br />
Rückwärtsbewegungen<br />
■ kurzzeitig können<br />
stärkere Hilfen nötig sein,<br />
um das Pferd zu stoppen,<br />
wenn es wegrennt<br />
■ viel Zeit geben<br />
■ langsame Aufgaben<br />
■ regelmäßige Abläufe,<br />
viele Wiederholungen<br />
■ das Pferd nicht drängen<br />
und auch mal nichts<br />
tun (macht neugierig)<br />
■ neue Übungen in<br />
mehreren kleinen Portionen<br />
präsentieren<br />
äußerst verspielt, lernen schnell und präsentieren<br />
sich gern“, erklärt Berni Zambail.<br />
„Doch wird ihnen auch rasch langweilig, und<br />
sie werden frech.“ Auch sind sie schnell verärgert,<br />
wenn sie eine Aufgabe nicht gleich<br />
verstehen. Im schlimmsten Fall kann ein solches<br />
Pferd aggressiv gegenüber dem Menschen<br />
werden, im Idealfall ist es der perfekte<br />
Sportpartner in der Dressur und im Springen.<br />
LB-introvertierte Pferde sind ebenso selbstbewusst<br />
und intelligent, doch haben sie deutlich<br />
weniger Vorwärtsdrang und verhalten sich<br />
passiver. Allerdings verlieren auch sie schnell<br />
die Lust an einer Sache und werden dann oft<br />
als störrisch und faul bezeichnet. Diese Pferde<br />
haben die Tendenz, unter Stress zu buckeln.<br />
Doch sind sie in der Regel vor allem verlässlich,<br />
beständig und tolerant gegenüber Reiterfehlern<br />
– Schul- und Arbeitspferde sind oft von<br />
diesem Typ, erklärt Berni Zambail.<br />
Wenn der Instinkt ruft<br />
Das komplette Gegenteil ist dagegen das RBextrovertierte<br />
Pferd. Es ist ängstlich und handelt<br />
vorrangig nach seinem Instinkt. Und das<br />
bedeutet oft in erster Linie die Flucht nach<br />
vorn. Diese Pferde sind hochsensibel und<br />
neigen dazu, durchzugehen oder zu steigen,<br />
bevor sie über eine Sache nachdenken. Wenn<br />
sich die Pferde jedoch sicher fühlen, hören sie<br />
dank ihrer hohen Aufmerksamkeit und Sen-<br />
sibilität besonders gut auf die Hilfen. Durch<br />
den enormen Vorwärtsdrang werden<br />
Vertreter dieser Gruppe oft als Renn- und<br />
Distanzpferde genutzt.<br />
Auch RB-introvertierte Pferde sind extrem<br />
empfindlich. Doch zeigen sie es nicht so offensichtlich.<br />
Stattdessen flüchten sie mental<br />
und gehen immer tiefer in sich hinein, wenn<br />
sie verunsichert werden. Sie sind dann sehr<br />
zögerlich und erstarren förmlich, weshalb sie<br />
oft zu Sachen gezwungen und mit dem selbstsicheren,<br />
LB-introvertierten Typ verwechselt<br />
werden. Doch dieser widersetzt sich, weil er<br />
zum Beispiel keine Lust hat, weiterzulaufen.<br />
RB-introvertierte Pferde haben einfach Angst.<br />
Wird der Druck zu groß, explodieren diese<br />
Pferde – plötzlich und unerwartet. Das macht<br />
RB introvert: auch mal einfach nichts tun<br />
sie so gefährlich: Ihr Verhalten ist unvorhersehbar.<br />
Häufig neigen sie dazu, in Stresssituationen<br />
nach hinten auszuschlagen. Geht<br />
man mit ihnen allerdings richtig um, sind sie<br />
besonders gehorsam und sehen den Reiter<br />
wirklich als Freund an.<br />
Schwierige Persönlichkeiten<br />
„Im Training sind vor allem solche Pferde einfach,<br />
die sich hauptsächlich in eine Richtung<br />
bewegen“, erklärt Berni Zambail. „Es gibt aber<br />
auch Pferde, die Verhaltenszüge aus drei oder<br />
sogar allen vier Persönlichkeitsbildern zeigen.<br />
Sie verlangen vom Reiter, dass er sich und<br />
seine Strategien ständig neu anpasst.“ Auch<br />
verschiedene Situationen erfordern eventuell<br />
unterschiedliche Strategien. Denn Pferde, die<br />
zu Hause vielleicht eher Left-Brain orientiert<br />
sind, können auswärts plötzlich Merkmale der<br />
rechten Hirnhälfte aufweisen. Ähnliches zeigt<br />
Geronimo. Auf der Weide ist er der klassische<br />
LB-extrovertierte Typ. Er spielt und rennt,<br />
zwickt seine Herdenkumpel frech in den<br />
Bauch und präsentiert sich ausdrucksstark.<br />
Bei seiner Reiterin verfällt er dagegen in Züge<br />
des LB-introvertierten Typs. Es scheint, als<br />
würde er einfach ein paar Gänge zurückschalten,<br />
weil ihn eh nichts Aufregendes erwartet.<br />
Geronimo ist unmotiviert, und seine<br />
Reiterin muss ihn immer wieder energisch<br />
nach vorne treiben.<br />
Introvertierte Pferde erkennt man<br />
auch auf der Weide an einem weniger<br />
stark ausgeprägten Vorwärtsdrang<br />
LB<br />
introvert:<br />
Leckerli<br />
erhöhen<br />
Lerneffekt<br />
Was ein Pferd also täglich erlebt, prägt seinen<br />
natürlichen Charakter nachhaltig. Wie viel<br />
angeboren und wie viel erlernt ist, lässt sich<br />
dabei jedoch nicht in Prozentzahlen aus -<br />
drücken. Keine Persönlichkeit ist etwa zu 60<br />
Prozent genetisch bedingt und zu 40 Prozent<br />
gelernt. Die Umwelt beeinflusst die Persönlichkeit<br />
auf der Basis der genetischen<br />
Grundlagen. Der Nobelpreisträger Nikolaas<br />
Tinbergen prägte deshalb den Spruch: Verhalten<br />
ist zu 100 Prozent ererbt und zu 100<br />
Prozent gelernt. „Angeborene und erlernte<br />
Komponenten bedingen sich permanent<br />
gegenseitig“, erklärt die Hamburger Verhaltensbiologin<br />
Marlitt Wendt. „Auf ein angeborenes<br />
Verhalten eines Pferdes ist die<br />
Antwort eines anderen Pferdes abgestimmt,<br />
als Folge dessen unser Pferd wiederum seine<br />
Persönlichkeit neu variiert.“ Gleiches passiert<br />
beim Umgang mit dem Menschen. ➜<br />
7/2009 www.mein-pferd.de 15