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6. GmbH-Konzernrecht - Firmextra

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Hoffmann/<br />

Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

<strong>6.</strong> <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong><br />

Literatur<br />

Altmeppen, Die Haftung des Managers im Konzern, 1998; Assmann, Der faktische <strong>GmbH</strong>-Konzern, in: Lutter u.a.<br />

(Hrsg.), Festschrift 100 Jahre <strong>GmbH</strong>-Gesetz, 1992, S. 657; Bauer, Zur Abhängigkeit einer AG von einem Konsortium,<br />

NZG 2001, 742; Baumann/Reiß, Satzungsergänzende Vereinbarungen – Nebenverträge im Gesellschaftsrecht, ZGR<br />

1989, 157; Beuthien, Konzernbildung und Konzernleitung kraft Satzung, ZIP 1993, 1589; Binnewies, Die Konzerneingangskontrolle<br />

in der abhängigen Gesellschaft, 1996; Bouchon, Konzerneingangsschutz im <strong>GmbH</strong>- und Aktienrecht,<br />

2002; Dielmann, Die Beteiligung der öffentlichen Hand an Kapitalgesellschaften und die Anwendbarkeit des Rechts<br />

der verbundenen Unternehmen, 1977; Emmerich, Konzernbildungskontrolle, AG 1991, 303; Eschenbruch, Konzernhaftung,<br />

1996; Führling, Sonstige Unternehmensverträge mit einer abhängigen <strong>GmbH</strong>, 1993; Geitzhaus, Verlustausgleichspflicht<br />

als Motor der Konzernplanung, <strong>GmbH</strong>R 1989, 397; Grauer, Konzernbildungskontrolle im <strong>GmbH</strong>-Recht,<br />

1991; Halm, Aktuelle Zweifelsfragen bei der Begründung und Beendigung von Unternehmensverträgen mit der <strong>GmbH</strong><br />

als Untergesellschaft, NZG 2001, 728; Hoffmann, Das <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> nach dem Bremer-Vulkan-Urteil, NZG<br />

2002, 68; Hoffmann-Becking, Gelöste und ungelöste Fragen zum Unternehmensvertrag der <strong>GmbH</strong>, WiB 1994, 57;<br />

Hommelhoff, Konzernleitungspflicht, 1982; Jungkurth, Konzernleitung bei der <strong>GmbH</strong> – Die Pflichten des Geschäftsführers,<br />

2000; Kirchner, Ökonomische Überlegungen zum <strong>Konzernrecht</strong>, ZGR 1985, 214; Konzen, Geschäftsführung,<br />

Weisungsrecht und Verantwortlichkeit in der <strong>GmbH</strong> und <strong>GmbH</strong> & Co. KG, NJW 1989, 2977; Kowalski, TBB – Rückkehr<br />

zu Autokran?, <strong>GmbH</strong>R 1993, 253; Krieg/Jannott, Änderung und Beendigung von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen<br />

im Aktien- und <strong>GmbH</strong>-Recht, DStR 1995, 1473; Krieger, Inhalt und Zustandekommen von Beherrschungs-<br />

und Gewinnabführungsverträgen im Aktien- und <strong>GmbH</strong>-Recht, DStR 1992, 432; Liebscher,<br />

Konzernbildungskontrolle, 1995; Lutter/Timm, <strong>Konzernrecht</strong>licher Präventivschutz im <strong>GmbH</strong>-Recht, NJW 1982, 409;<br />

Maul, Aktienrechtliches <strong>Konzernrecht</strong> und Gemeinschaftsunternehmen (GU), NZG 2000, 470; Mertens/Cahn, Wettbewerbsverbot<br />

und verdeckte Gewinnausschüttung im <strong>GmbH</strong>-Konzern, in: Kübler u.a. (Hrsg.), Festschrift für Theodor<br />

Heinsius zum 65. Geburtstag, 1991, S. 545; Mimberg, Konzernexterne Pachtverträge im Recht der <strong>GmbH</strong>, 2000;<br />

Noack/Casper/Schäfer, Gesellschaftsrecht, 2006; Orth, Haftung des herrschenden Gesellschafters im einfachen faktischen<br />

<strong>GmbH</strong>-Konzern, DStR 1994, 250; Pache, Spätlese – Die Rechtsentwicklung nach dem „Supermarkt“-Beschluss<br />

des BGH, <strong>GmbH</strong>R 1995, 90; Raiser, Wettbewerbsverbote als Mittel des konzernrechtlichen Präventivschutzes, in: Lutter<br />

u.a. (Hrsg.), Festschrift für Walter Stimpel zum 68. Geburtstag, 1985, S. 855; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften,<br />

4. Auflage 2005; Röhricht, Das Wettbewerbsverbot des Gesellschafters und des Geschäftsführers, WPg 1992,<br />

766; Scheffler, Konzernmanagement, 1992; K. Schmidt, <strong>Konzernrecht</strong>, Minderheitenschutz und <strong>GmbH</strong>-Innenrecht,<br />

<strong>GmbH</strong>R 1979, 121; Schneider, Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge in der Praxis der <strong>GmbH</strong>, 1989; Seydel,<br />

Konzernbildungskontrolle bei der Aktiengesellschaft, 1995; Timm, Rechtsfragen der Änderung und Beendigung von<br />

Unternehmensverträgen, in: Goerdeler u.a. (Hrsg.), Festschrift für Alfred Kellermann zum 70. Geburtstag, 1991, S. 461;<br />

Timm, Unternehmensverträge im <strong>GmbH</strong>-Recht, <strong>GmbH</strong>R 1989, 11; Ulrich, Gewinnabführungsverträge im <strong>GmbH</strong>-Konzern,<br />

<strong>GmbH</strong>R 2004, 1000; Vetter, Eintragung des Unternehmensvertrags im Handelsregister des herrschenden Unternehmens?,<br />

AG 1994, 110; Zeidler, Ausgewählte Probleme des <strong>GmbH</strong>-Vertragskonzernrechts, NZG 1999, 692;<br />

Ziemons, Die Haftung der Gesellschafter für Einflussnahmen auf die Geschäftsführung der <strong>GmbH</strong>, 199<strong>6.</strong><br />

A. Grundlagen und Grundbegriffe.............................1–16<br />

I. Einleitung ................................................................1–2<br />

II. Definitionsnormen der §§ 15 bis 19 AktG ..............3–16<br />

1. Verbundene Unternehmen (§ 15 AktG) ...................4<br />

2. Mehrheitsbeteiligung (§ 16 AktG) .......................5–7<br />

3. Abhängigkeit (§ 17 AktG)..................................8–10<br />

4. Konzern und Konzernunternehmen<br />

(§ 18 AktG).....................................................11–14<br />

5. Wechselseitig beteiligte Unternehmen<br />

(§ 19 AktG).....................................................15–16<br />

a) Einfache wechselseitige Beteiligung ..................15<br />

b) Qualifiziert wechselseitige Beteiligung...............16<br />

B. Konzernbildungs- und Konzernleitungskontrolle.............................................................17–24<br />

I. Konzernbildungskontrolle ....................................18–23<br />

1. Abhängige <strong>GmbH</strong> ...........................................18–21<br />

2. Herrschende <strong>GmbH</strong>.........................................22–23<br />

II. Konzernleitungskontrolle ...........................................24<br />

C. Vertragskonzernrecht .........................................25–55<br />

I. Einleitung ............................................................25–27<br />

II. Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge...............................................................28–46<br />

1. Beherrschungsvertrag..................................... 28–44<br />

a) Vertragsschluss .......................................... 28–31<br />

b) Konzernklauseln (Ermächtigungsklauseln)... 32–33<br />

c) Fehlerhafte Unternehmensverträge .................. 34<br />

d) Vertragsinhalt ............................................ 35–37<br />

e) Unternehmensvertragsänderung und<br />

Unternehmensvertragsbeendigung ............ 38–46<br />

aa) Änderung........................................... 38–40<br />

bb) Beendigung........................................ 41–44<br />

2. Gewinnabführungsvertrag .............................. 45–46<br />

III. Andere Unternehmensverträge ........................... 47–64<br />

1. Teilgewinnabführungsvertrag ......................... 48–50<br />

2. Gewinngemeinschaft............................................ 51<br />

3. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag<br />

........................................................... 52–54<br />

4. Managementverträge........................................... 55<br />

D. Faktisches <strong>Konzernrecht</strong> .....................................56–61<br />

E. Der existenzvernichtende Eingriff........................62–64<br />

F. Muster ..................................................................... 65<br />

870 Hoffmann/Korff<br />

© Bundesanzeiger Verlag


A. Grundlagen und Grundbegriffe<br />

I. Einleitung<br />

Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

A. Grundlagen und Grundbegriffe<br />

Das <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> behandelt die Rechtsfragen der Unternehmensverbindungen, denen eine<br />

<strong>GmbH</strong> als herrschendes oder abhängiges Unternehmen angehört. Den ökonomischen Vorteilen<br />

von Konzernen gegenüber unabhängigen Einzelunternehmen1 stehen Gefahren für die Minderheitsgesellschafter<br />

und die Gläubiger der abhängigen Gesellschaft, aber auch für die Gesellschafter<br />

der Obergesellschaft2 entgegen, denen das <strong>Konzernrecht</strong> begegnet. Im Mittelpunkt des <strong>GmbH</strong>-<br />

<strong>Konzernrecht</strong>s steht dabei die <strong>GmbH</strong> als abhängiges Unternehmen, deren Schutz gegen die Einflussnahme<br />

eines herrschenden Unternehmens nach dessen Grundsätzen gewährleistet wird. Bei<br />

Unternehmensverbindungen mit herrschender <strong>GmbH</strong> unterliegt dieser Schutz dagegen prinzipiell<br />

den konzernrechtlichen Grundsätzen des Gesellschaftsrechts der abhängigen Rechtsform, sodass<br />

das <strong>GmbH</strong>-Recht nur für die Fragen der Zulässigkeit der Konzerneinbindung und die organisationsrechtlichen<br />

Fragen der Ausübung der Leitungsmacht (Konzernbildungs- und -leitungskontrolle;<br />

siehe Rn. 17 ff.) relevant ist. Dies macht auch deutlich, dass regelmäßig kein einheitliches Recht für<br />

ganze Konzerne (mit meist einer Vielzahl von Konzernunternehmen) besteht, sondern Gegenstand<br />

der konzernrechtlichen Regelungen immer nur die einzelne Unternehmensverbindung ist.<br />

Eine einheitliche Kodifizierung des <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong>s existiert nicht. Die Entwicklung des<br />

Rechtsgebiets wurde daher von der Rechtsprechung, insbesondere des BGH, geprägt. Anwendbare<br />

Vorschriften finden sich unter anderem vereinzelt im <strong>GmbH</strong>-Gesetz (bspw. §§ 47, 51a), in § 17<br />

KStG, §§ 1 Abs. 2 und § 5 MitbestG, §§ 290 ff. HGB sowie im AktG. Die Vorschriften des AktG,<br />

die im <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> Bedeutung erlangen, sind zunächst die rechtsformunabhängig formulierten<br />

Definitionsnormen der §§ 15 ff. AktG (Rn. 3 ff.) Das kodifizierte <strong>Konzernrecht</strong> der<br />

§§ 291 ff. AktG kommt dagegen grundsätzlich nur zur Anwendung, wenn eine AG als abhängiges<br />

Unternehmen an einer Unternehmensverbindung beteiligt ist, unabhängig von der Rechtsform des<br />

herrschenden Unternehmens und daher auch bei herrschenden <strong>GmbH</strong>s. Darüber hinaus haben die<br />

Vorschriften für das <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> im Rahmen der Rechtsfortbildung erhebliche Bedeutung<br />

erlangt, vor allem im Zuge der analogen Anwendung auf abhängige <strong>GmbH</strong>s.<br />

II. Definitionsnormen der §§ 15 bis 19 AktG<br />

Die §§ 15 bis 19 AktG werden als allgemeiner Teil des <strong>Konzernrecht</strong>s angesehen, da sie die Zentralbegriffe<br />

einheitlich für alle Rechtsformen definieren. 3<br />

1. Verbundene Unternehmen (§ 15 AktG)<br />

Der Begriff der verbundenen Unternehmen steckt als Oberbegriff den Anwendungsbereich aller<br />

konzernrechtlichen Regelungen ab, hat aber keinen eigenständigen Regelungsgehalt. Erfasst werden<br />

nicht nur unmittelbare, sondern auch mittelbare Verbindungen zwischen Mutter- und Enkelgesellschaften.<br />

4 Zugleich stellt die Norm klar, dass das <strong>Konzernrecht</strong> nur bei Verbindungen zwischen<br />

Unternehmen, nicht aber unter Beteiligung von Privatpersonen anwendbar ist. Dabei wird<br />

der Unternehmensbegriff weit gefasst: Der BGH sieht die Unternehmensqualität bei einem Gesellschafter<br />

als gegeben an, bei dem neben der Beteiligung an der <strong>GmbH</strong> noch wirtschaftliche Interessenbindungen<br />

außerhalb der <strong>GmbH</strong> bestehen, die groß genug sind, um die ernste Besorgnis zu<br />

begründen, er mache seinen Einfluss zum Erreichen außergesellschaftlicher Ziele geltend5 (sog.<br />

Konzernkonflikt). Eine Unternehmensverbindung wird daher schon dann angenommen, wenn ein<br />

Gesellschafter sich außerhalb der Gesellschaft noch in anderer Weise unternehmerisch betätigt<br />

1 Siehe u.a. Scheffler, Konzernmanagement, S. 3; Kirchner, ZGR 1985, 214.<br />

2 MüHdb-GesR-III/Decher, § 67 Rn. 3.<br />

3 Vgl. statt aller: BGHZ 115, 187 = NJW 1991, 3142; BGHZ 107, 7 = NJW 1989, 1800; Lutter/Hommelhoff/<br />

Hommelhoff, Anh. § 13 Rn. 5; Hachenburg/Ulmer, Anh. § 77 Rn. 5, 16; Michalski/Zeidler, Syst., Darst. 4 Rn. 1<strong>6.</strong><br />

4 Hüffer, § 16 AktG Rn. 1<strong>6.</strong><br />

5 BGHZ 69, 334 = NJW 1978, 104; BGHZ 115, 187 = NJW 1991, 3142; BGHZ 135, 107 = NJW 1997, 1855; BGHZ<br />

148, 123 = NJW 2001, 2973.<br />

Hoffmann/Korff 871<br />

© Bundesanzeiger Verlag<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4


<strong>6.</strong> <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong><br />

Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

oder wenigstens betätigen kann. Hierfür ausreichend ist es, wenn die Beteiligung so stark ist, dass<br />

dem Gesellschafter durch sie die Möglichkeit der Einflussnahme mit der potentiellen Folge eines<br />

konzernrechtlichen Interessenkonflikts eröffnet wird. 6 Ein tatsächliches Einwirken auf die andere<br />

Gesellschaft ist nicht erforderlich. 7 Nicht entscheidend ist die Rechtsform des Gesellschafters, mithin<br />

können auch Einzelpersonen Unternehmen i.S.d. <strong>Konzernrecht</strong>s sein. Hierfür genügt es, wenn<br />

sich diese Person als Einzelkaufmann unternehmerisch betätigt oder eine maßgebliche Beteiligung<br />

an einer anderen Gesellschaft hält. 8 Maßgeblich sind dabei nur solche Beteiligungen, die einen<br />

unternehmerischen Einfluss vermitteln, was regelmäßig erst bei einer Mehrheitsbeteiligung 9 oder<br />

bei persönlich haftenden Gesellschaftern einer Personengesellschaft der Fall ist. Auch die öffentliche<br />

Hand wird ohne Weiteres als Unternehmen im konzernrechtlichen Sinne aufgefasst, sodass die<br />

Beziehungen der öffentlichen Hand zu einer abhängigen <strong>GmbH</strong> stets dem <strong>Konzernrecht</strong> unterliegen.<br />

10<br />

2. Mehrheitsbeteiligung (§ 16 AktG)<br />

5 Eine Mehrheitsbeteiligung nach § 16 Abs. 1 AktG mit der Folge der Vermutungen der Abhängigkeit<br />

nach § 17 Abs. 2 AktG und eines Konzerns nach § 18 Abs. 1 Satz 3 AktG liegt vor, 11 wenn ein<br />

Unternehmen die Mehrheit der Anteile an oder der Stimmrechte in einem anderen Unternehmen<br />

besitzt. § 16 Abs. 2 und 3 AktG enthalten Regeln für die Berechnung. Gemäß § 16 Abs. 4 AktG<br />

werden auch diejenigen Anteile zugerechnet, die nicht dem herrschenden Unternehmen selbst,<br />

sondern einem von ihm abhängigen Unternehmen gehören oder von einem Treuhänder für Rechnung<br />

des herrschenden Unternehmens gehalten werden.<br />

6 Der Begriff der Mehrheitsbeteiligung (§ 16 Abs. 1 AktG) umfasst mit der Kapital- und der Stimmrechtsmehrheit<br />

zwei Alternativen, die nebeneinander anwendbar sind und auch auseinanderfallen<br />

können. Dadurch kann es auch zu einer doppelten Mehrheitsbeteiligung an derselben <strong>GmbH</strong> kommen,<br />

wenn ein Unternehmen über die Kapital- und ein anderes über die Stimmrechtsmehrheit verfügt.<br />

Das <strong>Konzernrecht</strong> greift dann gegenüber beiden ein. Eine Kapitalmehrheit setzt bei der<br />

<strong>GmbH</strong> voraus, dass die Stammeinlage des Geschäftsanteils des Gesellschafters zusammen mit ihm<br />

nach § 16 Abs. 4 AktG zurechenbaren Anteilen mehr als die Hälfte des Stammkapitals gekürzt um<br />

eigene Geschäftsanteile der <strong>GmbH</strong> und für diese treuhänderisch gehaltene Anteile (§ 16 Abs. 2<br />

Satz 2, 3 AktG) beträgt. Welcher gesellschaftsinterne Einfluss damit tatsächlich verbunden ist,<br />

bleibt im Rahmen des § 16 AktG außer Betracht.<br />

7 In Bezug auf die <strong>GmbH</strong> stellt die Stimmrechtsmehrheit die wichtigste Grundlage der Wahrnehmung<br />

unternehmerischer Interessen dar, denn die Mehrheit in der Gesellschafterversammlung<br />

kann regelmäßig die Einsetzung und Abberufung der Geschäftsführer durchsetzen sowie Weisungen<br />

in Fragen der Geschäftspolitik erteilen (vgl. §§ 37, 45, 46 <strong>GmbH</strong>G). Da die Stimmrechtsverteilung<br />

im <strong>GmbH</strong>-Recht satzungsmäßig abweichend von der Kapitalbeteiligung geregelt werden<br />

kann, kommt der zweiten Alternative hier eigenständige Bedeutung zu. Sie setzt voraus, dass das<br />

Unternehmen über mehr als die Hälfte der Stimmrechte verfügt, die in der Gesellschaftsversammlung<br />

ausgeübt werden können (unter Berücksichtigung der Zurechnungen nach § 16 Abs. 4 AktG).<br />

Auf die tatsächliche Präsenz kommt es nicht an. Soweit in der Satzung der <strong>GmbH</strong> differenzierte<br />

Regelungen der Stimmrechtsverteilung für unterschiedliche Beschlussgegenstände getroffen werden,<br />

kann eine Stimmrechtsmehrheit nur angenommen werden, wenn ein Gesellschafter eine<br />

Stimmrechtsmehrheit in den Fragen der Bestellung des Geschäftsführers und der Erteilung von<br />

6 BGHZ 148, 123 = NJW 2001, 2973; Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 16; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff; Anh.<br />

§ 13 Rn. 6; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 18.<br />

7 So aber früher der BGH WM 1994, 203.<br />

8 BGHZ 135, 107 = NJW 1997, 1855; Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 15.<br />

9 BGHZ 148, 123 = NJW 2001, 2973.<br />

10 BGHZ 69, 334 = NJW 1978; BGHZ 135, 107 = NJW 1997, 1855; OLG Celle, <strong>GmbH</strong>R 2001, 342; Dielmann,<br />

S. 153.<br />

11 Die Abhängigkeitsvermutung kann im Einzelfall widerlegt werden, vgl. Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner,<br />

Anh. § 52 Rn. 11; Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 19.<br />

872 Hoffmann/Korff<br />

© Bundesanzeiger Verlag


Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

A. Grundlagen und Grundbegriffe<br />

Weisungen an ihn sowie der Ergebnisverwendung hat; mithin in solchen Fragen, die den Auftritt<br />

der Gesellschaft am Markt betreffen. 12<br />

3. Abhängigkeit (§ 17 AktG)<br />

Abhängigkeit i.S.d. § 17 Abs. 1 AktG ist dann gegeben, wenn ein anderes Unternehmen auf ein<br />

rechtlich selbstständiges Unternehmen einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Hierfür reicht<br />

es nach der Rechtsprechung aus, wenn das herrschende Unternehmen gesicherte gesellschaftsrechtliche<br />

Möglichkeiten der Herrschaft über das abhängige Unternehmen besitzt, ohne dass hiervon<br />

real Gebrauch gemacht wird. 13<br />

Eine solche Beherrschungsmöglichkeit entsteht häufig durch eine Mehrheitsbeteiligung an der<br />

<strong>GmbH</strong>, durch die die Abhängigkeitsvermutung nach § 17 Abs. 2 AktG begründet wird (siehe<br />

Rn. 5 ff.). Aber auch eine Minderheitsbeteiligung kann ausreichen, sofern sich aus weiteren verlässlichen<br />

Umständen rechtlicher und/oder tatsächlicher Art ein ausreichender Einfluss auf das<br />

abhängige Unternehmen ableitet. 14 Dies spielt im <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> aufgrund der in § 45<br />

<strong>GmbH</strong>G statuierten weitreichenden Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter bezüglich des Innenverhältnisses<br />

der <strong>GmbH</strong> eine große Rolle. Im Gegensatz zur AG (vgl. § 23 AktG) können in der <strong>GmbH</strong>-<br />

Satzung Regelungen getroffen werden, die den Einfluss des Mehrheitsgesellschafters reduzieren<br />

(mit der Folge der Widerlegung der Vermutung des § 17 Abs. 2 AktG) oder den Einfluss des Minderheitsgesellschafters<br />

derart verstärken, dass dieser zum herrschenden Unternehmen wird. 15 Beispielsweise<br />

können in der Satzung Sonderrechte im Hinblick auf die Bestellung oder Abberufung<br />

der Geschäftsführer geregelt sein, die in Verbindung mit den weiteren Einflussmitteln abhängigkeitsbegründend<br />

sein können. Insoweit kommt es auf eine Einzelfallbetrachtung an.<br />

Abhängigkeit kann auch von mehreren Gesellschaftern zusammen bestehen, man spricht dann<br />

von Mehrmütterherrschaft, die in der Praxis vor allem bei den sog. paritätischen Gemeinschaftsunternehmen<br />

eine große Relevanz hat. Die gemeinsame Herrschaft kann sich auf vertragliche und<br />

organisatorische Bindungen (bspw. durch Stimmbindungsverträge), aber auch auf rechtliche und<br />

tatsächliche Umstände sonstiger Art gründen, solange nur das Zusammenwirken auf Dauer gesichert<br />

ist. 16<br />

4. Konzern und Konzernunternehmen (§ 18 AktG)<br />

In § 18 Abs. 1 AktG ist der sog. Unterordnungskonzern geregelt. Bei diesem bilden ein herrschendes<br />

sowie ein oder mehrere abhängige Unternehmen (i.S.v. § 17 AktG) einen Konzern, wenn<br />

sie unter der einheitlichen Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst sind (vgl.<br />

§ 18 Abs. 1 Satz 1 AktG). Irrelevant ist dabei das Mittel der Leitung, sodass ein Konzern auch ohne<br />

Begründung eines Weisungsrechts aufgrund von Personalverflechtungen oder anderen Formen<br />

informeller Einflussnahme bestehen kann, soweit diese zur Durchführung einer einheitlichen<br />

Unternehmenspolitik eingesetzt werden. 17 Beim sog. Gleichordnungskonzern gem. § 18 Abs. 2<br />

AktG hingegen erfolgt eine Zusammenfassung der Unternehmen unter einheitlicher Leitung, ohne<br />

dass ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Grundlage ist meist eine als bürgerlich-rechtlicher Gesellschaftsvertrag<br />

(§ 705 BGB) zu qualifizierende Vereinbarung, auf deren Grundlage ein gemeinsames<br />

Konzernleitungsgremium gebildet wird. Auch hier können indes andere Leitungsmittel wie insbesondere<br />

Personalverflechtungen als ausreichend anzusehen sein.<br />

12 Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 18; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, Anh. § 13 Rn. 7; Hachenburg/Ulmer,<br />

Anh. § 77 Rn. 25.<br />

13 BGHZ 62, 193 = NJW 1974, 855; OLG München, NJW-RR 1995, 1066; MüHdb-GesR-III/Decher, § 69 Rn. 29.<br />

14 BGHZ 69, 334 = NJW 1978; BGHZ 125, 366 = NJW 1994, 1801; BGHZ 135, 107 = NJW 1997, 1855; Scholz/<br />

Emmerich, Anh. § 13 Rn. 25; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 42; Baumann/Reiß, ZGR 1989, 157; Geitzhaus,<br />

<strong>GmbH</strong>R 1989, 397.<br />

15 Vgl. MüHdb-GesR-III/Decher, § 67 Rn. 28; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, Anh. § 52 Rn. 11; Lutter/<br />

Hommelhoff/Hommelhoff, Anh. § 13 Rn. 7.<br />

16 BGHZ 62, 193 = NJW 1974, 855; BGHZ 74, 359 = NJW 1979, 2401; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 41;<br />

Hachenburg/Ulmer, Anh. § 77 Rn. 29; Bauer, NZG 2001, 742; Maul, NZG 2000, 470.<br />

17 Hüffer, § 18 AktG Rn. 9.<br />

Hoffmann/Korff 873<br />

© Bundesanzeiger Verlag<br />

8<br />

9<br />

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11


<strong>6.</strong> <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong><br />

Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

12 Das Merkmal der einheitlichen Leitung i.S.d. § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 AktG ist nach h.M. im<br />

Sinne eines weiten Konzernbegriffs zu verstehen. Gemeint ist damit, dass ein Konzern nicht nur bei<br />

einem zentralen Finanzwesen, also einer konzernweiten Planung und Steuerung des Einsatzes<br />

finanzieller Ressourcen, vorliegt (enger Konzernbegriff), sondern schon dann, wenn in einem anderen<br />

wesentlichen Bereich unternehmerischer Entscheidungen eine einheitliche Planung und Steuerung<br />

vorliegt und dieser hinreichend bedeutsam für die Unternehmensleitung insgesamt ist. 18<br />

13 Ein Konzern wird gem. § 18 Abs. 1 Satz 2 AktG unwiderlegbar vermutet, wenn ein Beherrschungsvertrag<br />

(§ 291 Abs. 1 Satz 1 AktG) zwischen den Unternehmen besteht. Im Falle einer<br />

Abhängigkeit nach § 17 AktG besteht hingegen eine widerlegbare Vermutung gem. § 18 Abs. 1<br />

Satz 3 AktG. Im <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> ist diese Konzernvermutung jedenfalls bei Bestehen eines auf<br />

einer Stimmenmehrheit beruhenden Abhängigkeitsverhältnisses aufgrund des Weisungsrechts der<br />

Gesellschafterversammlung in Fragen der Geschäftsführung praktisch nicht widerlegbar. 19<br />

14 Unmittelbar an den Konzernbegriff knüpft § 290 Abs. 1 HGB als Rechtsfolge die Verpflichtung<br />

zur Aufstellung eines Konzernabschlusses und eines Konzernlageberichts, wobei hierfür bereits<br />

eine Mehrheitsbeteiligung ausreicht (§ 290 Abs. 2 HGB). Nach § 5 MitbestG kommt es für die Zwecke<br />

der unternehmerischen Mitbestimmung (insbesondere für die Arbeitnehmerschwelle des § 1<br />

Abs. 1 MitbestG) im Unterordnungskonzern ferner zur Zurechnung der Arbeitnehmer der Untergesellschaft<br />

zum herrschenden Unternehmen.<br />

5. Wechselseitig beteiligte Unternehmen (§ 19 AktG)<br />

a) Einfache wechselseitige Beteiligung<br />

15 Eine einfache wechselseitige Beteiligung von Unternehmen i.S.d. § 19 Abs. 1 AktG liegt dann vor,<br />

wenn zwei inländische Kapitalgesellschaften jeweils Beteiligungen von mehr als 25 % aneinander<br />

besitzen. Besteht eine wechselseitige Beteiligung der <strong>GmbH</strong> mit einer AG oder KGaA, gelten die<br />

Rechtsfolgen des § 328 AktG. § 328 Abs. 1 AktG legt fest, dass hinsichtlich der Anteile, die die<br />

Grenze von 25 % übersteigen, grundsätzlich eine Ausübungssperre besteht. Nach § 328 Abs. 2<br />

AktG trifft diese Folge indes nur die Anteile der Untergesellschaft, da das zuerst beteiligte Unternehmen<br />

(regelmäßig die Obergesellschaft) seine Rechte unbeschränkt ausüben darf. Auf den zu<br />

einer wechselseitigen Beteiligung zwischen <strong>GmbH</strong> führenden Anteilserwerb findet § 33 Abs. 2<br />

<strong>GmbH</strong>G analoge Anwendung, und zwar richtigerweise nicht erst bei Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung,<br />

20 sondern schon bei Entstehen einer einfachen wechselseitigen Beteiligung mit einer Beteiligung<br />

in Höhe von mehr als 25 % (Wertung des § 19 Abs. 1 AktG). 21<br />

b) Qualifiziert wechselseitige Beteiligung<br />

16 Wenn zu der wechselseitigen Beteiligung i.S.d. § 19 Abs. 1 AktG ein Abhängigkeitsverhältnis oder<br />

eine Mehrheitsbeteiligung hinzutritt, spricht man von einer qualifiziert wechselseitigen Beteiligung,<br />

die auch beidseitig bestehen kann (§ 19 Abs. 2, 3 AktG). Rechtsfolgen ergeben sich in den Fällen<br />

einer von einer AG oder KGaA abhängigen <strong>GmbH</strong> vor allem aus den §§ 56 Abs. 2, 71 ff. AktG,<br />

was dazu führt, dass kein weiterer originärer Aktienerwerb zulässig ist (§ 56 Abs. 2 AktG) und der<br />

beherrschten <strong>GmbH</strong> keine Mitgliedschaftsrechte in der herrschenden AG zustehen (§§ 71d Satz 4,<br />

71b AktG). Die <strong>GmbH</strong> muss zudem ihren Anteil an Aktien innerhalb eines Jahres auf 10 % reduzieren<br />

(§§ 71d Satz 2 und 4, 71c AktG). Bei einer qualifizierten wechselseitigen Beteiligung zwischen<br />

<strong>GmbH</strong>s ist die analoge Anwendung des § 33 Abs. 2 <strong>GmbH</strong>G ferner unstreitig. 22<br />

18 In diesem Sinne: MünchKomm-AktG/Bayer, § 18 Rn. 33; BayObLG, AG 1998, 523 f.; LG Mainz, AG 1991, 30 f.<br />

(beide zu § 5 MitbestG); zum engen Konzernbegriff vgl. Hüffer, § 18 AktG Rn. 10; KK-AktG/Koppensteiner, § 18<br />

Rn. 22 ff.<br />

19 Vgl. Liebscher, Rn. 131 ff.; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 46; Hachenburg/Ulmer, Anh. § 77 Rn. 39.<br />

20 So aber die wohl h.M.: Scholz/Westermann, § 33 Rn. 16; Roth/Altmeppen/Altmeppen, § 33 Rn. 34; Baumbach/<br />

Hueck/Fastrich, § 33 Rn. 1<strong>6.</strong><br />

21 Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 35 f.; Michalski/Sosnitza § 33 Rn. 51; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, §33<br />

Rn. 21.<br />

22 Vgl. nur Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 37; Hachenburg/Ulmer, Anh. § 77 Rn. 4<strong>6.</strong><br />

874 Hoffmann/Korff<br />

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Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

B. Konzernbildungs- und Konzernleitungskontrolle<br />

B. Konzernbildungs- und Konzernleitungskontrolle<br />

Um einen wirkungsvollen Schutz gewährleisten zu können, müssen konzernrechtliche (Schutz-)<br />

Regeln bereits mit der Begründung der Abhängigkeit bzw. des Entstehens eines Konzerns eingreifen.<br />

Diese vorbeugenden Schutzmechanismen werden allgemein unter dem Stichwort der „Konzernbildungskontrolle“<br />

zusammengefasst und diskutiert. 23 Zu trennen sind dabei die Probleme,<br />

die auf der Stufe der abhängigen sowie auf der Stufe der herrschenden <strong>GmbH</strong> entstehen. Unter<br />

„Konzernleitungskontrolle“ versteht man die Kontrolle von Verwaltungsmaßnahmen der herrschenden<br />

Gesellschaft in bestehenden Konzernen, insbesondere durch die Anteilseigner. 24<br />

I. Konzernbildungskontrolle<br />

1. Abhängige <strong>GmbH</strong><br />

Zunächst geht es bei der Konzerneingangskontrolle um den Schutz bisher unabhängiger <strong>GmbH</strong>s<br />

gegen die Begründung von Abhängigkeitsverhältnissen und eine Konzerneinbindung. Gerade durch<br />

die Konzerneinbindung ergibt sich eine erhebliche Gefährdung der Interessen der Minderheitsgesellschafter,<br />

ist doch wegen des Konzernkonflikts keine strikt am wirtschaftlichen Eigeninteresse der<br />

<strong>GmbH</strong> orientierte Unternehmenspolitik mehr gewährleistet. Hieraus resultiert die Frage, welcher<br />

Schutz gegen eine Konzerneinbindung vorgesehen werden kann und inwieweit es einer Mitwirkung<br />

der Gesellschafter bedarf. 25 Aufgrund der Gestaltungsfreiheit bezüglich der <strong>GmbH</strong>-Satzung bestehen<br />

zahlreiche Möglichkeiten, bereits im Gesellschaftsvertrag minderheitsschützende Regelungen<br />

zu treffen, die für einen vorsorglichen Schutz gegen eine mögliche Abhängigkeit Sorge tragen.<br />

In Betracht kommt hier die Anteilsvinkulierung nach § 15 Abs. 5 <strong>GmbH</strong>G, die, um einen wirksamen<br />

Schutz zu gewährleisten, den Ausschluss des betroffenen Gesellschafters vom Stimmrecht26 und/oder die Zustimmung aller Gesellschafter zur Veräußerung regeln sollte. 27 Soll zwar der Erwerb<br />

einer Anteilsmehrheit zugelassen werden, aber der damit eigentlich einhergehende Einfluss<br />

begrenzt werden, so können bspw. Höchststimm- und Mehrfachstimmrechte und Stimmverbote<br />

in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden. 28 Ferner können in der Satzung Wettbewerbsverbote<br />

für eine unternehmerische Tätigkeit der Gesellschafter außerhalb der Gesellschaft29 geregelt werden, wobei hierdurch aber nur die besonders gefährliche Abhängigkeit von einem Konkurrenzunternehmen<br />

vermieden werden kann, nicht aber eine Konzerneinbindung insgesamt. Ein<br />

Wettbewerbsverbot wird darüber hinaus sogar unmittelbar aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht<br />

heraus anerkannt, setzt also nicht notwendigerweise eine Satzungsregelung voraus. In der<br />

„Werbeagentur“-Entscheidung hat der BGH entschieden, dass aus der Treuepflicht ein Wettbewerbsverbot<br />

zulasten eines herrschenden Gesellschafters abzuleiten ist, welches ihm zumindest<br />

fremdunternehmerische Aktivitäten im Geschäftsfeld der Gesellschaft untersagt. 30 Voraussetzung<br />

ist aber, dass den Mitgesellschaftern die Konkurrenztätigkeit des Gesellschafters bei Gründung bzw.<br />

dessen Anteilserwerb (soweit dieser der Mitwirkung der Gesellschafter erforderte) nicht bekannt<br />

war (§ 112 Abs. 2 HGB analog).<br />

Für die Befreiung von einem Wettbewerbsverbot hat der BGH in der „Süssen“-Entscheidung<br />

materielle Zulässigkeitsvoraussetzungen aufgestellt, soweit hierdurch ein Abhängigkeitsverhältnis<br />

von einem Konkurrenten entsteht. Dieser Beschluss ist danach generell rechtswidrig, es sei denn,<br />

23 Siehe m.w.N.: Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 41; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 192; Bouchon, S. 1 ff.;<br />

Seydel, S. 1 ff., Grauer, S. 1 ff.<br />

24 Vgl. Hachenburg/Ulmer, Anh. § 77 Rn. 94 ff.; MüHdb-GesR-III/Decher, § 68 Rn. 17 ff.; Jungkurth, S. 1 ff.<br />

25 Zu den Anforderungen bei Abschluss eines Beherrschungsvertrags vgl. Rn. 28 ff.<br />

26 Vgl. MüHdb-GesR-III/Decher, § 68 Rn. 4; Baumbach/Hueck/Zöllner, Anh. KonzernR Rn. 94; K. Schmidt, <strong>GmbH</strong>R<br />

1979, 121; Lutter/Timm, NJW 1982, 409.<br />

27 Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 49; Bouchon, S. 68 ff.<br />

28 Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 196; Liebscher, Rn. 240; Binnewies, S. 157; Emmerich, AG 1991, 303.<br />

29 Bouchon, S. 79 ff.; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 196; Raiser, in: FS Stimpel, S. 855; Mertens/Cahn, in: FS<br />

Heinsius, S. 545.<br />

30 BGHZ 89, 162 = NJW 1984, 1351 (auch „Heumann-Ogilvy“-Entscheidung genannt).<br />

Hoffmann/Korff 875<br />

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<strong>6.</strong> <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong><br />

Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

dass die Abwägung aller widerstreitenden Interessen des abhängigen Unternehmens sowie der<br />

Gesellschafter ergibt, dass er sachlich geboten ist und dass keine weniger einschneidende alternative<br />

Maßnahme möglich ist. 31 Ferner unterliegt der betroffene Gesellschafter bei der Beschlussfassung<br />

einem Stimmverbot (§ 47 Abs. 4 <strong>GmbH</strong>G). Dieser unmittelbar aus der Treuepflicht resultierende<br />

materielle Maßstab ist nach h.M. allgemein auf alle Beschlüsse anzuwenden, durch die eine<br />

<strong>GmbH</strong> in eine Abhängigkeit geraten kann. 32 Hierunter fallen insbesondere solche Beschlüsse, die<br />

auf die Aufhebung von zur Verhinderung von möglichen Abhängigkeiten errichteten Schutzklauseln<br />

in der Satzung oder die Zustimmung zum abhängigkeitsbegründenden Anteilserwerb bei Vinkulierung<br />

gerichtet sind. Bei Beschlüssen, die eine Abhängigkeit durch Stimmrechtsveränderungen<br />

(z.B. Mehrfachstimmrechte) begründen, bedarf es dagegen einer Inhaltskontrolle nicht, da solche<br />

Satzungsänderungen ohnehin den Kernbereich der Mitgliedschaft betreffen und daher die Zustimmung<br />

aller nachteilig betroffenen Gesellschafter erforderlich ist. 33<br />

21 In den verbleibenden Fällen wird ein genereller Präventivschutz gegen die nachträgliche Konzerneinbindung<br />

aus der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht diskutiert. 34 Die Begründung eines<br />

Abhängigkeitsverhältnisses ohne vorherige Zustimmung der Mitgesellschafter durch (einfachen<br />

oder qualifizierten) Mehrheitsbeschluss wird von einer starken Literaturmeinung als treupflichtwidrig<br />

angesehen, da der Schutz der Unabhängigkeit der <strong>GmbH</strong> zu den Gesellschafterpflichten<br />

gezählt wird. In der Rechtsprechung hat diese Sichtweise bisher indes keinen Anklang gefunden<br />

und auch die heute wohl h.M. sieht einen derart weit gezogenen Konzerneingangsschutz der<br />

Gesellschaft kritisch. 35 In der Praxis kann dies daher außer Betracht bleiben. Lediglich in den Fällen<br />

einer qualifizierten Konzernierung, die durch eine besonders intensive Einwirkung auf die Leitung<br />

der <strong>GmbH</strong> und eine konsequente Ausrichtung der Unternehmenspolitik am Konzerninteresse<br />

geprägt ist, wird eine Zustimmung sogar aller Gesellschafter gefordert, da der Übergang von einer<br />

am wirtschaftlichen Eigeninteresse orientierten zu einer konzernorientierten Zwecksetzung als<br />

Änderung des Gesellschaftszwecks (§ 33 Abs. 1 Satz 2 BGB) anzusehen ist. 36 Entscheidend dürfte<br />

hierbei die Aufgabe der Verfolgung des Eigenerwerbszwecks der <strong>GmbH</strong> zugunsten des Konzerns<br />

sein, nicht die Intensität der Einflussnahme.<br />

2. Herrschende <strong>GmbH</strong><br />

22 Auch auf der Ebene der herrschenden <strong>GmbH</strong> können die Interessen der Gesellschafter durch die<br />

Konzernierung gefährdet werden, sodass sich auch hier die Frage nach Mitwirkungsrechten stellt.<br />

Insbesondere ergibt sich dies aus der Gefahr einer Konzernhaftung (siehe Rn. 63 ff.) oder wegen<br />

des Mediatisierungseffekts, also die Verringerung des Einflusses der Gesellschafter auf das in Tochtergesellschaften<br />

verlagerte Vermögen. Der BGH hat daher im Rahmen der „Holzmüller“-Entscheidung<br />

für das Aktienrecht deutlich gemacht, 37 dass konzernbildende Maßnahmen, die Auswirkungen<br />

auf die Interessen der Gesellschafter der herrschenden Gesellschaft haben, der Zustimmung<br />

der Hauptversammlung bedürfen. Diese Rechtsprechung wurde erst kürzlich noch einmal in den<br />

„Gelatine“-Entscheidungen ausdrücklich vom BGH bestätigt. 38<br />

23 Obwohl die „Holzmüller“-Entscheidung sich mit der Problematik bei einer AG befasst, müssen die<br />

Wertungen auch auf das <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> übertragen werden. Rechtlicher Ansatzpunkt ist im<br />

<strong>GmbH</strong>-Recht der Grundsatz, dass in der <strong>GmbH</strong> alle Fragen von grundsätzlicher Bedeutung für die<br />

Gesellschaft den Gesellschaftern zur Entscheidung vorzulegen sind, also nicht von der Geschäfts-<br />

31 BGHZ 80, 69 = NJW 1981, 1512.<br />

32 MüHdb-GesR-III/Decher, § 68 Rn. 5; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, Anh. § 13 Rn. 15; Binnewies, S. 224 ff.;<br />

Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, Anh. § 52 Rn. 33 ff.; Grauer, S. 76 ff.<br />

33 Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 138.<br />

34 Liebscher, Rn. 245 ff.; Baumbach/Hueck/Zöllner, Anh. KonzernR Rn. 93 ff.; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff,<br />

Anh. § 13 Rn. 15.<br />

35 BGHZ 159, 30 = NZG 2004, 575; LG Duisburg, AG 2004, 159; LG Frankfurt/M., NZG 1998, 113; Roth/Altmeppen/Altmeppen,<br />

Anh. § 13 Rn. 129 ff.; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 207; Grauer, S. 102 ff.<br />

36 Roth/Altmeppen/Altmeppen, Anh. § 13 Rn. 120; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, Anh. § 52 Rn. 41;<br />

Emmerich, AG 1991, 303.<br />

37 BGHZ 83, 122 = NJW 1982, 1703.<br />

38 BGHZ 159, 30 = NJW 2004, 1860; näher: Spindler/Stilz/Hoffmann, § 119 AktG Rn. 22 ff.<br />

876 Hoffmann/Korff<br />

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C. Vertragskonzernrecht<br />

führungskompetenz gedeckt sind (sog. Grundlagenkompetenz, arg. § 49 Abs. 2 <strong>GmbH</strong>G). 39 Die<br />

engen Voraussetzungen, die der BGH in „Gelatine“ im Aktienrecht für eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz<br />

statuiert hat, sind dabei nicht auf das <strong>GmbH</strong>-Recht zu übertragen. Vielmehr<br />

ist hier davon auszugehen, dass die erstmalige Konzernbildung (sowie jede wesentliche<br />

Umgestaltung des Konzerns) als Frage grundsätzlicher Bedeutung anzusehen ist und daher der<br />

Zustimmung der Gesellschafter bedarf, 40 die allerdings bereits in der Satzung erteilt werden kann<br />

(Konzernklausel). Darüber hinaus müssen die durch den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand<br />

gezogenen Grenzen beachtet werden, da auch die Tätigkeitsgebiete einer Tochtergesellschaft<br />

an diesem Maßstab zu messen sind. Die Ausgliederung von wesentlichen Vermögensgegenständen<br />

auf Tochtergesellschaften und der Erwerb von wesentlichen Beteiligungen sind der<br />

Geschäftsführung daher nur gestattet, sofern die Konzernbildung im Gesellschaftsvertrag vorgesehen<br />

ist und sich die Maßnahme im Rahmen des satzungsmäßigen Unternehmensgegenstands hält.<br />

Andernfalls bedarf es der Einwilligung der Gesellschafterversammlung zur Durchführung der Maßnahme,<br />

im Fall der Überschreitung des Unternehmensgegenstands sogar einer Satzungsänderung.<br />

II. Konzernleitungskontrolle<br />

Die Konzernleitungskontrolle im <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> befasst sich mit der Frage der Mitwirkung<br />

der Gesellschafter bei der Ausübung der Konzernleitungsmacht durch die Organe der Obergesellschaft,<br />

vor allem bei Ausübung von Mitverwaltungsrechten in den Tochtergesellschaften (insbesondere<br />

zur Herbeiführung von Grundlagenbeschlüssen) und bei Umstrukturierungen innerhalb eines<br />

Konzerns. Aus der Grundlagenkompetenz (siehe Rn. 23) der Gesellschafter ergibt sich, dass die<br />

Geschäftsführer – obwohl die Verwaltung von Beteiligungen und damit auch die Ausübung von<br />

Mitverwaltungsrechten in Tochtergesellschaften grundsätzlich zur Geschäftsführung zählt – von<br />

sich aus bei für den Gesamtkonzern wesentlichen Maßnahmen verpflichtet sind, die Zustimmung<br />

der Gesellschafterversammlung einzuholen. Hierunter sind Strukturmaßnahmen, die den Bestand<br />

des Konzerns in seiner bisherigen Form betreffen, wie z.B. die Beteiligung Dritter, Kapitalerhöhungen,<br />

Begründung von mehrstufigen Abhängigkeitsverhältnissen sowie sämtliche wesentliche<br />

Umstrukturierungsmaßnahmen auf der Ebene der Tochter- wie auch der Enkelgesellschaften, zu<br />

verstehen. 41 Mitwirkungsrechte der Gesellschafter bestehen also nicht bei der normalen, laufenden<br />

Verwaltung der Beteiligungsrechte, wohl aber bei außergewöhnlichen Maßnahmen mit erheblicher<br />

wirtschaftlicher Bedeutung, ohne dass auch hier der strenge Maßstab des Aktienrechts übertragen<br />

werden könnte. 42<br />

C. Vertragskonzernrecht<br />

I. Einleitung<br />

Das <strong>GmbH</strong>G enthält, anders als das Aktienrecht in den §§ 291 ff. AktG, keine Regelungen des Vertragskonzernrechts.<br />

Aus den einschlägigen steuerrechtlichen Normen43 lassen sich keine Rückschlüsse<br />

auf die gesellschaftsrechtlichen Anforderungen an Abschluss und Inhalt solcher Organisationsverträge<br />

ziehen. 44 Die Rechtsprechung hat den Fragenkreis primär durch Rückgriff auf<br />

allgemeine Vorschriften des <strong>GmbH</strong>-Rechts und ergänzend durch analoge Anwendung der aktienrechtlichen<br />

Vorschriften geregelt. Grundlegende Bedeutung für das Rechtsgebiet haben die<br />

„Supermarkt“ 45 - und „Siemens“ 46 -Beschlüsse des BGH.<br />

39 Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 62; Michalski/Zöllner, Syst. Darst. 4 Rn. 212; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner,<br />

Anh. § 52 Rn. 42 ff.; Roth/Altmeppen/Altmeppen, Anh. § 13 Rn. 143; Jungkurth, S. 27 ff.<br />

40 Michalski/Lenz, § 37 Rn. 15; Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 62a; MüHdb-GesR-III/Decher, § 70 Rn. 14.<br />

41 Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 224 ff.; Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 64 f.; Hommelhoff, S. 442 ff.<br />

42 Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 62a.<br />

43 §§ 14, 17 KStG; § 2 Satz 2 GewStG.<br />

44 BGHZ 105, 324 = NJW 1989, 295; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 233; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 49.<br />

45 BGHZ 105, 324 = NJW 1989, 295.<br />

46 BGH NJW 1992, 1452 ff. = AG 1992, 192 ff.<br />

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<strong>6.</strong> <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong><br />

Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

26 Diese Grundsätze betreffen vor allem Vertragskonzerne, bei denen die abhängige Gesellschaft die<br />

Rechtsform der <strong>GmbH</strong> hat, ohne Rücksicht auf die Rechtsform der herrschenden Gesellschaft.<br />

Nach der ganz h.M. werden die Regelungen der §§ 291 ff. AktG analog bei einer abhängigen<br />

<strong>GmbH</strong> angewendet, soweit eine vergleichbare Situation zu einer abhängigen AG vorliegt und<br />

keine <strong>GmbH</strong>-rechtliche Beurteilung eine andere Wertung erfordert. 47 Darüber hinaus regelt das<br />

<strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> aber auch die Anforderungen an den Vertragsschluss auf der Ebene einer<br />

herrschenden <strong>GmbH</strong>. Nur wenn die abhängige Gesellschaft eine AG ist, sind die §§ 291 ff. AktG<br />

dagegen direkt anwendbar, auch wenn die herrschende Gesellschaft eine <strong>GmbH</strong> ist.<br />

27 Ein Vertragskonzern wird durch einen Unternehmensvertrag gegründet. Gemäß den §§ 291,<br />

292 AktG sind Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge nach § 291 AktG sowie andere<br />

Unternehmensverträge (Gewinngemeinschaft, Teilgewinnabführungsverträge, Betriebspacht- und<br />

-überlassungsverträge) nach § 292 AktG zu unterscheiden. Die rechtliche Einordnung insbesondere<br />

des Beherrschungsvertrags beschreibt der BGH dahin gehend, dass „ein solcher Unternehmensvertrag<br />

kein schuldrechtlicher Vertrag (sei), sondern ein gesellschaftsrechtlicher Organisationsvertrag,<br />

der satzungsgleich den rechtlichen Status der beherrschten Gesellschaft ändert. Diese<br />

Änderung besteht insbesondere darin, dass die Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung<br />

auf die herrschende Gesellschaft übertragen, der Gesellschaftszweck unter Aufhebung der<br />

unabhängigen erwerbswirtschaftlichen Teilnahme am Wirtschaftsverkehr bei einem in der Regel<br />

gleichbleibenden Unternehmensgegenstand am Konzerninteresse ausgerichtet und in das<br />

Gewinnbezugsrecht der Gesellschafter eingegriffen wird.“ 48 Trotz dieser weitreichenden Bedeutung<br />

ist die grundsätzliche Zulässigkeit der Beteiligung von <strong>GmbH</strong> an Unternehmensverträgen<br />

sowohl als herrschendes als auch als abhängiges Unternehmen heute unbestritten.<br />

Der Grundsatz der Satzungsfreiheit in Bezug auf das Innenverhältnis der Gesellschafter (vgl. § 45<br />

<strong>GmbH</strong>G) erlaubt nach h.M. eine Satzungsgestaltung, die einen Unternehmensvertrag überflüssig<br />

macht, da durch sie ein größtenteils identisches Ergebnis erzielt werden kann. 49 Allerdings ist<br />

mit der h.M. zu fordern, dass bei satzungsändernden Beschlüssen, die einen Unternehmensvertrag<br />

ersetzen, auch die Anforderungen erfüllt werden müssen, die an einen solchen Vertrag gestellt<br />

werden. 50<br />

II. Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge<br />

1. Beherrschungsvertrag<br />

a) Vertragsschluss<br />

28 Durch einen solchen Vertrag überträgt eine abhängige <strong>GmbH</strong> das Weisungsrecht bezüglich der<br />

eigenen Leitung auf ein oder mehrere andere Unternehmen, er ist also ein Vertrag zwischen der<br />

abhängigen <strong>GmbH</strong> und einem/mehreren herrschenden Unternehmen. Es wird die in § 37 Abs. 1<br />

<strong>GmbH</strong>G geregelte Weisungskompetenz der Gesellschafterversammlung auf das bzw. die herrschenden<br />

Unternehmen abgegeben mit der Folge, dass Weisungen direkt den Geschäftsführern<br />

der abhängigen <strong>GmbH</strong> erteilt werden können, ohne hierzu die Gesellschafterversammlung zu<br />

befragen.<br />

29 Für den Abschluss des Beherrschungsvertrags sind aufseiten der abhängigen <strong>GmbH</strong> die Geschäftsführer<br />

zuständig (§§ 35, 37 <strong>GmbH</strong>G), Wirksamkeit erlangt er jedoch erst durch die Zustimmung<br />

der erforderlichen Mehrheit der Gesellschafterversammlung. Welches Mehrheitserfordernis<br />

hier gilt, hat der BGH im „Supermarkt“-Beschluss ausdrücklich offengelassen. In Betracht kommen<br />

wegen des satzungsgleichen Charakters des Beherrschungsvertrags lediglich die qualifizierte Mehr-<br />

47 Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 133; Liebscher, Rn. 569; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, Anh. § 13 Rn. 32.<br />

48 BGHZ 105, 324 = NJW 1989, 295.<br />

49 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 38 III 3, 39 II, Liebscher, Rn. 572; a.A. wohl Scholz/Emmerich, Anh. § 13<br />

Rn. 136 f.; MüHdb-GesR-III/Decher, § 70 Rn. 14 f.<br />

50 Vgl. nur Hachenburg/Ulmer, Anh. § 77 Rn. 186; Beuthien, ZIP 1993, 1589; Roth/Altmeppen/Altmeppen, Anh.<br />

§ 13 Rn. 19 ff.<br />

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Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

C. Vertragskonzernrecht<br />

heit (§ 53 Abs. 2 <strong>GmbH</strong>G) oder das weiter gehende Erfordernis der Zustimmung aller Gesellschafter<br />

(nicht nur der bei der Gesellschafterversammlung erschienenen, arg. § 53 Abs. 3 <strong>GmbH</strong>G).<br />

Richtigerweise bedarf es mit der wohl h.M. der Zustimmung aller Gesellschafter, da durch den Unternehmensvertrag<br />

massiv in die Mitwirkungsrechte der Gesellschafter und damit in den Kernbereich<br />

der Mitgliedschaft51 eingegriffen wird. 52<br />

Aufseiten der herrschenden Gesellschaft ist § 293 Abs. 2 AktG im <strong>GmbH</strong>- <strong>Konzernrecht</strong> analog<br />

anwendbar, 53 d.h., die Gesellschafter einer herrschenden <strong>GmbH</strong> müssen dem Vertrag mit qualifizierter<br />

Mehrheit zustimmen. Auch insoweit ist die Zustimmung als Wirksamkeitsvoraussetzung<br />

des Vertragsschlusses anzusehen, ihm kommt also nicht nur gesellschaftsinterne Bedeutung zu. 54<br />

Für den Abschluss eines Beherrschungsvertrags gilt auch im <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> die Schriftform<br />

analog §§ 293 Abs. 3, 294 AktG. 55 Darüber hinaus sind auf den Zustimmungsbeschluss der<br />

Gesellschaftsversammlung der abhängigen Gesellschaft die Erfordernisse der §§ 53, 54 <strong>GmbH</strong>G<br />

analog anzuwenden. Es bedarf daher einer notariellen Beurkundung des Zustimmungsbeschlusses<br />

(§ 53 Abs. 2 <strong>GmbH</strong>G) und der Anmeldung zum Handelsregister der abhängigen Gesellschaft<br />

(unter Beifügung des Zustimmungsbeschlusses der herrschenden Gesellschaft), wobei der Eintragung<br />

konstitutive Wirkung zukommt. 56 Aufseiten der herrschenden Gesellschaft sind dagegen die<br />

weiteren Voraussetzungen eines satzungsändernden Beschlusses nicht zu wahren und auch einer<br />

Eintragung in das Handelsregister der herrschenden Gesellschafter bedarf es nicht, unabhängig ob<br />

es sich dabei um eine <strong>GmbH</strong> oder um eine AG handelt. 57<br />

b) Konzernklauseln (Ermächtigungsklauseln)<br />

Zur Vereinfachung des Abschlusses von Beherrschungsverträgen wird in der Literatur diskutiert, ob<br />

die Ermächtigung zum Abschluss solcher Verträge von vornherein geregelt werden kann. Dies<br />

könnte in der Satzung oder durch Gesellschafterbeschluss geschehen. Eine allgemeine Ermächtigung<br />

der Geschäftsführer einer abhängigen <strong>GmbH</strong> ist jedoch nach ganz herrschender Ansicht<br />

nicht möglich. 58 Lediglich bei Bagatellfällen können diese Einwilligungen als zulässig angesehen<br />

werden. 59 Bei herrschenden <strong>GmbH</strong>s sind solche Klauseln ebenfalls unzulässig, wenn sie generell<br />

abgefasst sind. Beziehen sie sich hingegen auf genau spezifizierte Einzelfälle, sind sie zulässig. 60<br />

Ebenfalls wird versucht, durch Herabsetzung der Zustimmungsquote der Gesellschafter eine<br />

praktische Vereinfachung zu erzielen. Bei der Obergesellschaft muss hier jedoch auch für die <strong>GmbH</strong><br />

§ 293 AktG beachtet werden, der eine Herabsetzung der Quote verbietet. Auch bei der abhängigen<br />

<strong>GmbH</strong> wird man im Regelfall eine generelle Herabsetzung der Zustimmungsquote als unzulässig<br />

anzusehen haben. Eine Ausnahme liegt allerdings dann vor, wenn dies in der Satzung von<br />

Anbeginn an geregelt ist und zugleich eine Vereinbarung von Ausgleichs- und Abfindungsleistungen<br />

analog §§ 304, 305 AktG für die Minderheitsgesellschafter mit geregelt wurde. Bei einer später<br />

eingefügten Klausel kann dies nicht gelten, hier gilt das Erfordernis der Zustimmung aller<br />

Gesellschafter analog § 53 Abs. 3 <strong>GmbH</strong>G.<br />

51 Näher: Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 89.<br />

52 Ebenso: Hachenburg/Ulmer, § 53 Rn. 145 f.; Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 144 ff.; Zeidler, NZG 1999, 692;<br />

Michalski/Hoffmann, § 53 Rn. 157; a.A. LG Dortmund, <strong>GmbH</strong>R 1998, 941; Halm, NZG 2001, 728; Lutter/<br />

Hommelhoff/Hommelhoff, Anh. § 13 Rn. 64.<br />

53 BGHZ 105, 324 = NJW 1989, 295; BGHZ 115, 187 = NJW 1991, 3142; BGH LM Nr. 2 zu § 293 AktG = NJW<br />

1992, 1452.<br />

54 BGHZ 105, 324 = NJW 1989, 295; Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 148; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, Anh.<br />

§ 13 Rn. 55 und 73; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 65.<br />

55 BGHZ 105, 324 = NJW 1989; Hachenburg/Ulmer, § 53 Rn. 141; Hoffmann-Becking, WiB, 1994, 57; a.A. Pache,<br />

<strong>GmbH</strong>R 1995, 90.<br />

56 Vgl. nur BGHZ 116, 37 = NJW 1992, 505; Pache, <strong>GmbH</strong>R 1995, 90; Hoffmann-Becking, WiB, 1994, 57.<br />

57 AG Erfurt, <strong>GmbH</strong>R 1997, 75; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 73; Vetter, AG 1994, 110.<br />

58 MüHdb-GesR-III/Decher, § 70 Rn. 14; Timm, <strong>GmbH</strong>R 1989, 11; Krieger, DStR 1992, 432.<br />

59 Hoffmann-Becking, WiB 1994, 57; Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 15<strong>6.</strong><br />

60 Krieger, DStR 1992.<br />

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<strong>6.</strong> <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong><br />

Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

c) Fehlerhafte Unternehmensverträge<br />

34 Wenn ein Unternehmensvertrag solch schwerwiegende Mängel aufweist, deretwegen seine Wirksamkeit<br />

zweifelhaft ist, so spricht man von „fehlerhaften“ Verträgen. Nach der Rechtsprechung<br />

des BGH werden solche Verträge, wenn sie trotz der Mängel vollzogen worden sind, nach den<br />

Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft behandelt. 61 Demnach sind sie für die Vergangenheit<br />

wirksam. Für die zukünftige Wirksamkeit gilt, dass, wenn es zwischenzeitlich nicht zu einer Heilung<br />

des Mangels gekommen ist, die Parteien jederzeit durch Kündigung aus wichtigem Grund den Vertrag<br />

mit Ex-nunc-Wirkung beenden können. 62<br />

d) Vertragsinhalt<br />

35 Das herrschende Unternehmen erlangt durch den Beherrschungsvertrag das Weisungsrecht<br />

gegenüber der abhängigen Gesellschaft analog § 308 AktG, wodurch es Weisungen an die<br />

Geschäftsführung direkt erteilen kann. Hierdurch wird auch die eigentliche Kompetenz der Gesellschafter<br />

bezüglich der Zustimmung zu Maßnahmen der Geschäftsführung überdeckt. 63 Es tritt<br />

dadurch eine Vereinfachung ein, die zudem dadurch, dass solche Weisungen im Gegensatz zu<br />

Beschlüssen der Gesellschafterversammlung nicht angefochten werden können, zu einer effizienteren<br />

Struktur innerhalb des Konzerns führt. Bezüglich der Weisungen gilt, dass sie, solange Konzerninteressen<br />

damit verfolgt werden, nachteilige Folgen für die abhängige Gesellschaft haben<br />

können und dürfen. Die Grenze findet das Weisungsrecht dort, wo zwingendes Recht für<br />

bestimmte Maßnahmen besteht. 64 Auch bei Geschäften, die praktisch eine Änderung der Satzung<br />

darstellen, besteht eine Beschränkung, wobei hier die Abgrenzung streitig ist. 65 Entscheidend wird<br />

man darauf abstellen müssen, ob die in Frage stehende Maßnahme als von der Satzung der Gesellschaft<br />

gedeckt angesehen werden kann oder nicht. 66<br />

36 Auch wenn aufgrund des „Bremer Vulkan“-Urteils des BGH, 67 in dem sich der BGH inhaltlich mit<br />

der Haftung im vertragslosen Konzern befasst, Rückgriffshaftungsregeln, die ohne eine analoge<br />

Anwendung der §§ 302, 303 AktG auskommen, möglich erscheinen, so spielt dies in der momentanen<br />

<strong>GmbH</strong>-Vertragskonzernrechtspraxis keine Rolle. Denn die Anwendung der §§ 302, 303<br />

AktG analog sind im Vertragskonzernrecht zwingend für die steuerrechtliche Absicherung der<br />

Organschaft mit einer abhängigen <strong>GmbH</strong>. 68 Das herrschende Unternehmen ist von daher entsprechend<br />

§ 302 AktG zur Ausgleichung des Jahresfehlbetrags verpflichtet, der beim abhängigen<br />

Unternehmen sonst entstehen würde. Hierfür dürfen gem. § 272 Abs. 3 HGB auch Gewinnrücklagen<br />

benutzt werden, die während der Laufzeit des Unternehmensvertrags gebildet wurden. Nach<br />

Ende des Vertrags besteht die Verpflichtung der Obergesellschaft zur Sicherheitsleistung nach<br />

§ 303 AktG analog.<br />

37 Bei einer Verletzung der genannten Pflichten oder einer sich aus dem Unternehmensvertrag in<br />

Zusammenhang mit den §§ 241 Abs. 2, 242 BGB ergebenden Pflichten69 entsteht ein Anspruch<br />

der abhängigen Gesellschaft gegenüber der Obergesellschaft auf Schadensersatz. Dieser Anspruch<br />

steht neben der persönlichen Haftung der gesetzlicher Vertreter der Obergesellschaft analog<br />

§§ 309 Abs. 2, 310 Abs. 1 AktG und des Geschäftsführers und der Mitglieder des Aufsichtsrats bei<br />

der abhängigen Gesellschaft. 70<br />

61 BGHZ 103, 1 = NJW 1988, 1326; BGHZ 105, 168 = NJW 1988, 3143; BGHZ 116, 37 = NJW 1992, 505; BGH ZIP<br />

2002, 35.<br />

62 MüHdb-GesR-III/Decher, § 70 Rn. 17.<br />

63 OLG Stuttgart, NZG 1998, 601; Roth/Altmeppen/Altmeppen, Anh. § 13 Rn. 50; Grauer, S. 158 ff.<br />

64 Beispiele hierfür sind die Änderung des Satzungsvertrags, die Bestellung von Geschäftsführern sowie die Erhöhung<br />

des Stammkapitals.<br />

65 Vgl. Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 177.<br />

66 Eschenbruch, Rn. 3051; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 93 ff.<br />

67 BGHZ 149, 10 = NJW 2001, 3622.<br />

68 MüHdb-GesR-III/Decher, § 70 Rn. 3; im Unterschied zum Steuerrecht (§ 17 Satz 2 Nr. 2 KStG) ist die Anwendung<br />

der §§ 302, 303 AktG analog auch unabhängig von einer Regelung im Unternehmensvertrag, da sie zwingendes<br />

Recht darstellen.<br />

69 Bspw. Verstöße gegen die Grenzen des Weisungsrechts oder die Sorgfaltspflicht bei der Weisungserteilung.<br />

70 Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 184; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 107; Eschenbruch, Rn. 3192 ff.<br />

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Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

e) Unternehmensvertragsänderung und Unternehmensvertragsbeendigung<br />

C. Vertragskonzernrecht<br />

aa) Änderung<br />

Man versteht unter einer Änderung eines Unternehmensvertrags eine zweiseitige rechtsgeschäftliche<br />

Vereinbarung der Vertragsparteien, die ihre Wirksamkeit bereits während der Laufzeit des Vertrags<br />

entfalten soll und die die Regelungen des Vertrags inhaltlich verändert. 71 Für den Abschluss<br />

des Änderungsvertrags gelten die §§ 145 ff. BGB.<br />

Nicht entscheidend für die Annahme, ob eine Vertragsänderung vorliegt, sind der Umfang sowie<br />

die Wichtigkeit. Daher sind sowohl wichtige als auch marginale Änderungen hierunter zu fassen.<br />

Beispiele für mögliche Änderungen beginnen somit bei auf Gründen der Rechtssicherheit beruhendem,<br />

lediglich redaktionellem Austausch einzelner Wörter oder Passagen im Unternehmensvertrag72<br />

und reichen bis zum Beitritt einer neuen Vertragspartei 73 oder der Auswechslung des herrschenden<br />

Unternehmens. 74<br />

Fraglich ist, ob §295 AktG, also eine Norm, die unmittelbar lediglich nur für Unternehmensverträge<br />

mit einer AG im Abhängigkeitsverhältnis gilt, im <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> für abhängige <strong>GmbH</strong>s Geltung<br />

erlangt. Dies wird ganz überwiegend bejaht. 75 Allerdings besteht Uneinigkeit darüber, ob die<br />

Gesellschafterversammlung der <strong>GmbH</strong> einstimmig dem Änderungsvertrag zustimmen muss oder ob<br />

hierfür eine qualifizierte Mehrheit genügt, wobei stets vertreten wird, die Höhe des Zustimmungserfordernisse<br />

müsse mit dem bei dem Neuabschluss eines Unternehmensvertrags identisch sein. 76<br />

Daher ist auch hier, genau wie beim originären Vertragsschluss, die Zustimmung aller Gesellschafter<br />

der abhängigen <strong>GmbH</strong> zu fordern (siehe Rn. 29). Aufseiten der herrschenden Gesellschaft ist, unabhängig<br />

davon, ob es sich hierbei um eine AG oder <strong>GmbH</strong> handelt, analog §§ 293 Abs. 2, 295 AktG<br />

die Zustimmung der Gesellschafter zu der Vertragsänderung zu verlangen.<br />

bb) Beendigung<br />

Eine Beendigung des Unternehmensvertrags kann verschiedene Gründe haben: In Betracht kommen<br />

unter anderem eine vertraglich fixierte Kündigung, eine Kündigung aus wichtigem Grund,<br />

eine Vertragsaufhebung sowie Zeitablauf, Auflösung, Umwandlung, Rücktritt und Anfechtung.<br />

§296 AktG regelt die Vertragsaufhebung im Aktienrecht. Diese Regelung findet nach Meinung<br />

der Rechtsprechung 77 sowie der überwiegenden Meinung im Schrifttum78 auch im <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong><br />

entsprechende Anwendung. Dies bedeutet, dass nach § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG analog<br />

die Aufhebung nur zum Ende eines Abrechnungszeitraums erfolgen darf. Nach § 296 Abs. 1 Satz<br />

2 AktG ist eine rückwirkende Aufhebung unzulässig, sodass entsprechende Klauseln nichtig sind.<br />

§ 296 Abs. 1 Satz 3 AktG sieht die schriftliche Form der Aufhebung vor.<br />

Auch die analoge Anwendung von § 297 AktG ist im <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> anerkannt. Daher kann<br />

gem. § 297 Abs. 1 AktG analog aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden. Ein<br />

wichtiger Grund ist exemplarisch in § 297 Abs. 1 Satz 2 AktG benannt: Danach liegt ein solcher<br />

vor, wenn der andere Vertragsteil (das herrschende Unternehmen) seine Verpflichtungen voraussichtlich<br />

nicht erfüllen kann. Umgekehrt, d.h., wenn sich die ökonomische Situation der abhängigen<br />

Gesellschaft verschlechtert, besteht kein wichtiger Grund, da das gesamte unternehmerische<br />

Risiko vom herrschenden Unternehmen getragen wird. Weitere zur außerordentlichen Kündigung<br />

berechtigende wichtige Gründe sind ein fehlerhafter Unternehmensvertrag oder sonstige schwere<br />

71 BGH NJW 1979, 2103; OLG Frankfurt/M., AG 2005, 353.<br />

72 Hüffer, § 195 AktG Rn. 3; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 123; a.A. Krieger/Jannott, DStR 1995, 1473.<br />

73 BGHZ 119, 1 = NJW 1992, 2760; Timm, in: FS Kellermann, S. 461.<br />

74 MüHdb-GesR-III/Decher, § 70 Rn. 36; Krieger/Jannott, DStR 1995, 1473.<br />

75 Vgl. nur Hoffmann-Becking, WiB 1994, 57; Hachenburg/Ulmer, Anh. § 53 Rn. 153 ff.; Scholz/Emmerich, Anh.<br />

§ 13 Rn. 18<strong>6.</strong><br />

76 Liebscher, Rn. 803 f.; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 122.<br />

77 LG Essen, NZG 1998, 860.<br />

78 Vgl. nur Ulrich, <strong>GmbH</strong>R 2004, 1000; Eschenbruch, Rn. 3189; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, Anh.<br />

§ 52 Rn. 118; a.A. aber Baumbach/Hueck/Zöllner, Anh. KonzernR Rn. 72.<br />

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<strong>6.</strong> <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong><br />

Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

Pflichtverletzungen. 79 Die ordentliche Kündigung ist im AktG nicht geregelt. Die Rechtsprechung<br />

lässt daher eine ordentliche Kündigung nur zu, wenn im Unternehmensvertrag selbst eine Kündigungsklausel<br />

enthalten ist. 80 Auch wenn dies in der Literatur umstritten ist, 81 sollten die Parteien<br />

aufgrund der sich ansonsten ergebenden Unsicherheiten unbedingt eine Klausel zur ordentlichen<br />

Kündigung in den Unternehmensvertrag einbauen, um dadurch Rechtssicherheit zu erlangen.<br />

44 Ebenfalls äußerst umstritten ist die Frage, ob die Insolvenz einer der Vertragsparteien ein Beendigungsgrund<br />

ist. Während die überwiegende Meinung, der zu folgen ist, von der Beendigung des<br />

Vertrags durch die Insolvenz ausgeht, 82 wird auf der anderen Seite vertreten, dass der Unternehmensvertrag<br />

bestehen bleibe, dass aber eine Kündigung aus wichtigem Grund bestehe. 83<br />

2. Gewinnabführungsvertrag<br />

45 Der Gewinnabführungsvertrag ist in § 291 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AktG geregelt und ist ein Vertrag,<br />

durch den sich eine abhängige Gesellschaft verpflichtet, ihren ganzen Gewinn an ein anderes<br />

Unternehmen, die herrschende Gesellschaft, abzuführen. Oftmals wird ein Beherrschungsvertrag<br />

mit einem Gewinnabführungsvertrag verbunden (sog. Organschaftsverträge). Der Abschluss des<br />

Gewinnabführungsvertrags weist keine Besonderheiten zu den bei den Beherrschungsverträgen<br />

genannten Regelungen auf, auch bezüglich der Zustimmungsregelungen kann auf die dortigen<br />

Ausführungen verwiesen werden (siehe Rn. 28 ff.). Mit dem Vertragsschluss ändert sich der Zweck<br />

der Gesellschaft dahin gehend, dass er jetzt nicht mehr auf die Gewinnerzielung im gemeinsamen<br />

Interesse der Gesellschafter, sondern für die Obergesellschaft gerichtet ist. 84<br />

46 Die §§ 300 ff. AktG werden im <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong> analog angewendet, sodass die dort geregelten<br />

Beschränkungen in Bezug auf die Höhe des Gewinns, der abzuführen ist (§§ 300, 301 AktG),<br />

und die Übernahmepflicht der Jahresfehlbeträge (§ 302 AktG) sowie die Gläubigerschutzregelungen<br />

des § 303 AktG auch für Gewinnabführungsverträge gelten.<br />

III. Andere Unternehmensverträge<br />

47 In § 292 AktG sind andere Unternehmensverträge geregelt, die zwischen einer abhängigen <strong>GmbH</strong><br />

und einer Obergesellschaft geschlossen werden können. Es sind dies namentlich der Teilgewinnabführungsvertrag<br />

nach § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG, die Gewinngemeinschaft nach § 292 Abs. 1 Nr. 1<br />

AktG, der Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag nach § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG sowie der<br />

Managementvertrag, auf den § 292 Abs. 1 Nr. 3 AktG analog angewendet wird.<br />

1. Teilgewinnabführungsvertrag<br />

48 Von großer praktischer Bedeutung ist der Teilgewinnabführungsvertrag, der gegeben ist, wenn sich<br />

eine abhängige Gesellschaft (dies kann auch eine <strong>GmbH</strong> sein) dazu verpflichtet, einen Teil ihres<br />

Gewinns abzuführen. 85 Dies liegt unter anderem immer dann vor, wenn eine stille Beteiligung vereinbart<br />

wird, da der stille Gesellschafter an den Gewinnen des Unternehmens partiell partizipiert. 86<br />

Die Nichteinhaltung der Formvorschriften des Rechts der Vertragskonzerne führt in der Rechtsprechung<br />

der Instanzgerichte87 oftmals dazu, dass die Regelungen für fehlerhafte Unternehmensverträge<br />

Anwendung finden (siehe Rn. 34). Dies hat zur Folge, dass eine Kündigung lediglich mit<br />

zukünftiger Wirkung ausgesprochen werden kann und dass die Wirkungen für die Vergangenheit<br />

wirksam bleiben. Der BGH hält einschränkend jedoch Ansprüche auf Schadensersatz für die stillen<br />

79 Vgl. Liebscher, Rn. 832 ff.<br />

80 BGHZ 122, 211 = NJW 1993, 197<strong>6.</strong><br />

81 Wie der BGH wohl Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 191; a.A. Timm, in: FS Kellermann, S. 461.<br />

82 Baumbach/Hueck/Zöllner, Anh. KonzernR Rn. 52; MünchKomm-AktG/Altmeppen, § 297 Rn. 43.<br />

83 Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4, Rn 155; Noack/Casper/Schäfer, Gesellschaftsrecht, Rn. 723.<br />

84 Vgl. Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 201.<br />

85 Siehe Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 55; Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 213.<br />

86 LG Darmstadt, ZIP 2005, 402; sich ergebende Probleme bei der Eintragung von stillen Gesellschaftsverträgen<br />

sind vom Gesetzgeber erkannt worden, woraufhin er § 294 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 AktG neu gefasst hat.<br />

87 OLG Hamburg, AG 2003, 519; OLG Stuttgart, NZG 2003, 1160; OLG Frankfurt/M., NZG 2004, 13<strong>6.</strong><br />

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Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

C. Vertragskonzernrecht<br />

Gesellschafter wegen Verschuldens bei Vertragsschluss sowie Prospekthaftungsansprüche für<br />

möglich. 88<br />

Problematisch sind Teilgewinnabführungsverträge vor allem deshalb, weil die Schutzvorschriften<br />

des Gewinnabführungsvertrags im großen Rahmen nicht gelten, obwohl es möglich ist, den<br />

Gewinn bis auf einen kleinen Teil weitgehend abzuführen, was auf eine eklatante Reduzierung des<br />

Minderheitenschutzes hinausläuft. Hier bestehen verschiedene Lösungsansätze, diesem Problem<br />

gerecht zu werden. Der richtige Weg erscheint, den Vertragsschluss von der Zustimmung aller<br />

Gesellschafter abhängig zu machen89 und zusätzlich eine analoge Anwendung des § 302 AktG<br />

(Verlustübernahme) in der Höhe zu fordern, in der die Gewinne abgeführt werden. 90<br />

Viel diskutiert ist die Frage, ob die Vertretungsmacht der <strong>GmbH</strong>-Geschäftsführer nach § 37 Abs. 2<br />

<strong>GmbH</strong>G den Abschluss von Teilgewinnabführungsverträgen umfasst oder ob es der Zustimmung<br />

der Gesellschafterversammlung bedarf. Nach richtiger Ansicht kann hier keine unterschiedliche<br />

Behandlung bei einer <strong>GmbH</strong> im Gegensatz zu einer AG gegeben sein, da bei beiden der Einschnitt<br />

in die Organisation der Gesellschaft gleich tief ist. 91 Daher bedarf es der Zustimmung der <strong>GmbH</strong>-<br />

Gesellschafter zu dem Vertrag, und zwar wiederum in einer einstimmigen Entscheidung.<br />

2. Gewinngemeinschaft<br />

Gewinngemeinschaften liegen dann vor, wenn sich mehrere Unternehmen wechselseitig verpflichten,<br />

ihren Gewinn zur Aufteilung eines gemeinschaftlichen Gewinns zusammenzulegen. Durch<br />

den Gewinngemeinschaftsvertrag gründen die an diesem beteiligten Unternehmen eine BGB-<br />

Gesellschaft, auf die die §§ 705 ff. BGB anwendbar sind. 92 Die Regelungen des Aktienrechts finden<br />

unmittelbar nur dann Anwendung, wenn eine AG bzw. KGaA an der Gewinngemeinschaft<br />

beteiligt ist. 93 Analog gelten diese Regelungen jedoch auch für <strong>GmbH</strong>s. Die Geschäftsführer haben<br />

keine Vertretungsmacht zum Abschluss des Vertrags zur Gründung der GbR. Ein solcher Abschluss<br />

obliegt den Gesellschaftern, die einstimmig zustimmen müssen. 94 Wird der Vertrag ohne einen<br />

einstimmigen Gesellschafterbeschluss trotzdem durchgeführt, so sind die §§ 30 f. <strong>GmbH</strong>G<br />

anwendbar und es entstehen Ansprüche aufgrund Verstoßes gegen den Gesellschaftsvertrag<br />

gegen die Mehrheitsgesellschafter. 95<br />

3. Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsvertrag<br />

Beim Betriebspachtvertrag verpachtet eine Gesellschaft ihre gesamten Betriebsanlagen, die vom<br />

Pächter weitergeführt werden. Dadurch wird die verpachtende Gesellschaft zu einer „Rentnergesellschaft“.<br />

96 Beim Betriebsüberlassungsvertrag liegt lediglich der Unterschied vor, dass der Übernehmer<br />

die Geschäfte aufgrund einer Vollmacht gem. § 54 HGB weiterführt. In beiden Fällen handelt<br />

der Übernehmer auf eigene Rechnung.<br />

Die Gefahr bei dieser Art von Verträgen ist, dass oft ein verdeckter Beherrschungsvertrag bzw.<br />

Gewinnabführungsvertrag vorliegt. Ist dies der Fall, so gelten die für diese Verträge geltenden Vorschriften,<br />

die bezüglich des Schutzes weiter gehend sind.<br />

Auch für den Abschluss von Betriebspacht- und Betriebsüberlassungsverträgen muss die Gesellschafterversammlung<br />

einstimmig ihre Zustimmung erteilen. 97<br />

88 BGH NZG 2004, 961.<br />

89 So auch Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 215; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 185; Raiser/Veil, § 57 Rn. 13.<br />

90 Ähnlich: Liebscher, Rn. 607.<br />

91 Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 214; Schneider, in: Schneider (Hrsg.), S. 7, 26 ff.; a.A. Hachenburg/Ulmer, Anh.<br />

§ 77 Rn. 203a.<br />

92 BGHZ 24, 279 = NJW 1957, 1362.<br />

93 Siehe Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 210.<br />

94 Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 185; Schneider, in: Schneider (Hrsg.), 7, 26 ff.; a.A. Liebscher, Rn. 674.<br />

95 Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 185; Rowedder/Schmidt-Leithoff/Koppensteiner, Anh. § 52 Rn. 84.<br />

96 Dieser Begriff wird von Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 216, verwendet.<br />

97 So auch Mimberg, S. 144 ff.; Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 219; anders die wohl h.M.: Führling, S. 167 ff.;<br />

Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 187.<br />

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<strong>6.</strong> <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong><br />

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4. Managementverträge<br />

55 Diese Verträge, die oft auch als Betriebsführungsverträge bezeichnet werden, sind dadurch<br />

gekennzeichnet, dass das herrschende Unternehmen Eigentümer und das abhängige Unternehmen<br />

Betriebsführer ist. Hier ist mit der h.M. die Zustimmung der Gesellschafter für den Vertragsabschluss<br />

zu verlangen, 98 davon ist jedoch unstreitig Abstand zu nehmen, wenn lediglich einzelne<br />

Betriebe überlassen werden. 99<br />

D. Faktisches <strong>Konzernrecht</strong><br />

56 Faktische <strong>GmbH</strong>-Konzerne haben in der Praxis eine große Bedeutung, sie sind zahlenmäßig wahrscheinlich<br />

häufiger anzutreffen als <strong>GmbH</strong>-Vertragskonzerne. Die besondere Gefahr, die hier<br />

besteht, ist, dass aufgrund der Zuständigkeitsordnung der <strong>GmbH</strong>, die von der AG verschieden ist,<br />

das nunmehr herrschende Unternehmen über die von ihm dominierte Gesellschafterversammlung<br />

nahezu allmächtig wird und die Lenkung der <strong>GmbH</strong> alleine bestimmen kann, was zur Folge hat,<br />

dass das Eigeninteresse der <strong>GmbH</strong> verdrängt wird und damit unberücksichtigt bleibt. Die aktienrechtlichen<br />

Regelungen können aufgrund der unterschiedlichen Konzeptionen im <strong>GmbH</strong>- und AG-<br />

Recht nicht ohne Weiteres angewendet werden, sodass es spezieller, vom aktienrechtlichen Modell<br />

unabhängiger eigenständiger Lösungen bedarf.<br />

57 Das herrschende Unternehmen kann auf die abhängige <strong>GmbH</strong> nahezu ungehindert Einfluss ausüben<br />

und im Zuge der Leitungsmacht in diese eingreifen. Aufgrund der Organisation der <strong>GmbH</strong><br />

besteht zugunsten der Obergesellschaft durch ihre Mehrheit in der Gesellschafterversammlung<br />

eine sehr umfassende Macht, die sich vor allem in der Weisungsgebundenheit des Geschäftsführers<br />

zeigt. Aus dieser Situation heraus ist es ein Leichtes, die Interessen der abhängigen <strong>GmbH</strong> zu<br />

übergehen, um dadurch Vorteile für das herrschende Unternehmen zu erlangen. Diesen Vorteilen<br />

stehen die Nachteile vor allem der Minderheitsgesellschafter der abhängigen <strong>GmbH</strong>, aber auch<br />

deren Gläubigern gegenüber. 100<br />

58 Diese Notwendigkeit der Sicherung der Rechte der abhängigen <strong>GmbH</strong> und ihrer Minderheitsgesellschafter<br />

sowie ihrer Gläubiger hat zur Entwicklung einer sog. Treuepflicht des herrschenden<br />

Unternehmens geführt. 101 Diese Treuepflicht besagt, dass sich die herrschende Gesellschaft schadensersatzpflichtig<br />

macht, wenn sie auf die abhängige <strong>GmbH</strong> dergestalt Einfluss nimmt, dass diese<br />

hierdurch grundlos geschädigt wird oder dass hierdurch die Rechte der Minderheitsgesellschafter<br />

beeinträchtigt werden, ohne dass hierzu eine Notwendigkeit bestand. 102 Eine Anwendung des<br />

§ 311 AktG, nach dem im Aktienrecht nachteilige Einzelmaßnahmen gegen Leistung eines Nachteilsausgleichs<br />

möglich sind, auf abhängige <strong>GmbH</strong>s kommt nach einhelliger Ansicht weder unmittelbar<br />

noch analog in Betracht. 103 Daher dürfen keine Maßnahmen, die gegen die Treupflicht verstoßen,<br />

ausgeführt werden, solange nicht alle Gesellschafter ihre Zustimmung erklären. 104 Werden<br />

durch die herrschende Gesellschaft Maßnahmen veranlasst, die gegen die Treuepflicht verstoßen,<br />

und haben nicht alle Gesellschafter der abhängigen <strong>GmbH</strong> diesen zugestimmt, so kann hiergegen<br />

eine Klage auf Unterlassung erhoben werden.<br />

59 Wenn eine entsprechende Maßnahme durchgeführt worden ist, bestehen Schadensersatzansprüche,<br />

die auf Rückgängigmachung der getroffenen Maßnahme gerichtet sind bzw. – wenn<br />

dies nicht mehr möglich ist – auf Geldersatz gerichtet sind. 105 Der Schadensersatzanspruch muss<br />

grundsätzlich von den Gesellschaftern der abhängigen <strong>GmbH</strong> nach § 46 Nr. 8 <strong>GmbH</strong>G beschlossen<br />

98 Siehe MüHdb-GesR-III/Decher, § 70 Rn. 48; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4 Rn. 187.<br />

99 MüHdb-GesR-III/Decher, § 70 Rn. 48.<br />

100 Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4, Rn. 235.<br />

101 Siehe Ziemons, S. 113; Konzen, NJW 1989, 2977; Hachenburg/Ulmer, Anh. § 77 Rn. 76 und 90.<br />

102 Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 68; Orth, DStR, 1994, 250; Roth/Altmeppen/Altmeppen, Anh. § 13 Rn. 140.<br />

103 Siehe dazu nur BGHZ 95, 330 = NJW 1986, 188; BGHZ 149, 10 = NJW 2001, 3672; Hachenburg/Ulmer, Anh.<br />

§ 77 Rn. 55; MüHdb-GesR-III/Decher, § 68 Rn. 18.<br />

104 MüHdb-GesR-III/Decher, § 68 Rn. 18; Lutter/Hommelhoff/Hommelhoff, Anh. § 13 Rn. 17.<br />

105 Vgl. Scholz/Emmerich, Anh. § 13 Rn. 85 ff.; Michalski/Zeidler, Syst. Darst. 4, Rn. 242 ff.<br />

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Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

E. Der existenzvernichtende Eingriff<br />

werden. Das herrschende Unternehmen ist hierbei nicht stimmberechtigt (47 Abs. 4 Satz 2<br />

<strong>GmbH</strong>G). Sofern die Geltendmachung der Ansprüche von der Gesellschafterversammlung treuwidrig<br />

verweigert werden, kann auch der einzelne Gesellschafter auf Leistung an die Gesellschaft<br />

klagen. 106 Anspruchsgegner ist das herrschende Unternehmen. Daneben besteht u.U. auch eine<br />

Haftung des Geschäftsführers der abhängigen <strong>GmbH</strong>, die nur dann ausscheidet, sofern er eine<br />

Weisung erhalten hat, die für ihn bindend gewesen ist. 107<br />

Ein Verstoß gegen die Treuepflicht liegt immer dann vor, wenn Leistungsbeziehungen innerhalb<br />

eines Konzerns nicht gemäß den Marktbedingungen wie zwischen unabhängigen Dritten abgewickelt<br />

werden. 108 Dies ist auch dann der Fall, wenn die abhängige <strong>GmbH</strong> dem herrschenden Unternehmen<br />

eine sog. Konzernfinanzierung zu unangemessen günstigen Bedingungen bietet, wobei<br />

diese im Einzelfall sehr unterschiedlich ausgestaltet sein kann. 109 Auch durch Strukturmaßnahmen<br />

kann ein Verstoß gegen die Treupflicht bewirkt werden. 110 Ein solcher liegt auch bei einer übertragenden<br />

Auflösung vor, wenn das herrschende Unternehmen einen unangemessen niedrigen Preis<br />

für die abhängige <strong>GmbH</strong> zahlt. 111 Eine weitere Fallgruppe des treuwidrigen Verhaltens berührt das<br />

Ausnutzen von Geschäftsmöglichkeiten, sofern die vom herrschenden Unternehmen ausgenutzte<br />

Chance eigentlich und ausschließlich der abhängigen <strong>GmbH</strong> zustand. 112<br />

Auch bei mehrstufigen Konzernverbindungen besteht eine Treuepflicht dahin gehend, dass es<br />

der Muttergesellschaft mit den oben dargestellten Konsequenzen untersagt ist, ihre Machtstellung<br />

zuungunsten der Enkelgesellschaft missbräuchlich einzusetzen.<br />

E. Der existenzvernichtende Eingriff<br />

Der BGH hat im „Bremer Vulkan“-Urteil113 die Rechtsfigur des qualifiziert-faktischen Konzerns für<br />

Geschichte erklärt und stattdessen eine vom <strong>Konzernrecht</strong> unabhängige Durchgriffshaftung<br />

wegen existenzvernichtenden Eingriffs eingeführt. Dieser wurde in der Folgezeit bestätigt. 114<br />

Nichtsdestotrotz ist der Hauptanwendungsbereich im <strong>Konzernrecht</strong> anzusiedeln.<br />

Zunächst muss ein existenzvernichtender Eingriff vorliegen. Dieser liegt bei einem Zugriff auf das<br />

Gesellschaftsvermögen in einem ins Gewicht fallenden Maß vor, der ohne die erforderliche Rücksicht<br />

auf die Erhaltung der Fähigkeit zur Bedienung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft<br />

erfolgt. 115 Daraus folgt die zweite Voraussetzung: Durch den Eingriff muss eine ins Gewicht fallende<br />

Beeinträchtigung der <strong>GmbH</strong>, ihre Verbindlichkeiten ganz oder teilweise zu erfüllen, verursacht<br />

werden, 116 der Eingriff muss mithin existenzvernichtend sein. Zwischen diesen beiden Voraussetzungen<br />

muss Kausalität bestehen. 117 Letzte Voraussetzung ist, dass keine Möglichkeit des<br />

Ausgleichs des zugefügten Nachteils nach den §§ 30, 31 <strong>GmbH</strong>G besteht.<br />

Bei der Haftung aufgrund eines existenzvernichtenden Eingriffs handelt es sich um eine Durchgriffshaftung.<br />

118 Wenn die beschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine volle Haftung<br />

gegeben. Eine Beschränkung der Haftung nach § 13 Abs. 2 <strong>GmbH</strong>G kommt nicht zum Zuge. Die<br />

Rechtsfolge ist von daher die persönliche Haftung der Gesellschafter, bei denen die Voraussetzungen<br />

erfüllt sind. Erfasst sind hiervon alle die Forderungen, die zum Zeitpunkt des Eingriffs gegen die<br />

106 Im Wege der sog. actio pro societate; hierzu BGHZ 65, 15 = NJW 1975, 2101; Hachenburg/Ulmer, Anh. § 77<br />

Rn. 90; Assmann, in: FS 100 Jahre <strong>GmbH</strong>G, S. 657.<br />

107 Eschenbruch, Rn. 4223; Altmeppen, S. 419.<br />

108 BGHZ 65, 15 = NJW 1975, 2101.<br />

109 MüHdb-GesR-III/Decher, § 68 Rn. 23.<br />

110 Kowalski, <strong>GmbH</strong>R 1993, 253; Hachenburg/Ulmer, Anh. § 77 Rn. 137.<br />

111 Siehe MüHdb-GesR-III/Decher, § 68 Rn. 24.<br />

112 Röhricht, WPg 1992, 76<strong>6.</strong><br />

113 BGHZ 149, 10 = NJW, 2001, 3622.<br />

114 BGHZ 151, 181 = NJW 2002, 3024; BGHZ 150, 61 = NJW 2002, 1803.<br />

115 Vgl. BGHZ 151, 181 = NJW 2002, 3024.<br />

116 BGHZ 151, 181 = NJW 2002, 3024.<br />

117 Hoffmann, NZG 2002, 68.<br />

118 BGHZ 151, 181 = NJW 2002, 3024; BGH <strong>GmbH</strong>R 2005, 225 f. = ZIP 2005, 117.<br />

Hoffmann/Korff 885<br />

© Bundesanzeiger Verlag<br />

60<br />

61<br />

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63<br />

64


Ho<br />

ff-<br />

<strong>6.</strong> <strong>GmbH</strong>-<strong>Konzernrecht</strong><br />

<strong>GmbH</strong> begründet sind. Bestehen gegen mehrere Gesellschafter Ansprüche aufgrund existenzvernichtenden<br />

Eingriffs, so haften diese gesamtschuldnerisch gem. § 421 BGB. Verteidigen können<br />

sich die aufgrund der Durchgriffshaftung in Anspruch genommenen Gesellschafter mit der <strong>GmbH</strong><br />

zustehenden Einwendungen analog § 129 HGB. 119<br />

F. Muster<br />

65 Auf der CD-ROM finden sich die folgenden drei Muster:<br />

94<br />

95<br />

96<br />

Auszug aus "Systematischer Praxiskommentar <strong>GmbH</strong>-Recht", 1. Auflage 2009<br />

1. Muster Nr. 94: Gewinnabführungsvertrag<br />

Das Muster enthält einen einfachen Gewinnabführungsvertrag zwischen zwei Gesellschaften<br />

mit beschränkter Haftung zur Herbeiführung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft.<br />

Die Regelungen in § 3 sind nur erforderlich, wenn außenstehende Gesellschafter vorhanden<br />

sind. Der Vertrag bedarf der Schriftform und kann seitens der beteiligten Gesellschaften nur<br />

durch die gesetzlichen Vertreter (Geschäftsführer) abgeschlossen werden.<br />

2. Muster Nr. 95: Zustimmung der Gesellschafterversammlung der Tochtergesellschaft<br />

zum Gewinnabführungsvertrag<br />

Das Muster enthält das Protokoll der Gesellschafterversammlung der Tochtergesellschaft, die<br />

über die Zustimmung zu einem Gewinnabführungsvertrag beschließt. Wenn kein einstimmiger<br />

Beschluss zustande kommt oder außenstehende Gesellschafter vorhanden sind, müssen<br />

nach §§ 293a bis 293g AktG weitere formale Bestimmungen beachtet werden. Der Zustimmungsbeschluss<br />

der Muttergesellschaft ist nicht beurkundungsbedürftig, wenn es sich bei<br />

dieser um eine <strong>GmbH</strong> handelt (anders bei einer AG gemäß §§ 293 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs.<br />

1 Satz 2, 130 Abs. 1 Satz 3 AktG).<br />

3. Muster Nr. 96: Anmeldung Gewinnabführungsvertrag zum Handelsregister<br />

Das Muster enthält die erforderliche Anmeldung eines Gewinnabführungsvertrags zur Eintragung<br />

in das Handelsregister bei der Tochtergesellschaft. Die Anmeldung ist von den<br />

Geschäftsführern der Gesellschaft in vertretungsberechtigter Zahl zu unterzeichnen. Der Vertrag<br />

wird erst mit seiner Eintragung in das Handelsregister wirksam (§ 294 Abs. 2 AktG, siehe<br />

dazu „Steuerrecht“, S. 887 ff., Rn. 80).<br />

119 OLG Jena, <strong>GmbH</strong>R 2002, 112; Hoffmann, NZG 2002, 68.<br />

886 Hoffmann/Korff – Wartenburger<br />

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