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Evangelische Kirche und Pfarrei Breitscheid/Dillkreis Vorwort

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15) s. H. Gensicke, Anm. 11, S. 8.<br />

16) s. Anm. 11.<br />

17) s. Kraft a. a. O. S. 504.<br />

Ernst Henn<br />

Der alte Kirchhof<br />

Nach kirchlicher Ordnung konnten in alter Zeit die Verstorbenen - mit Ausnahme der<br />

Exkommunizierten, Selbstmörder <strong>und</strong> Hingerichteten - nur in geweihtem Boden<br />

"ehrlich" zur Erde bestattet werden. Standespersonen (Adel, Geistlichkeit, höhere<br />

Beamte) erhielten Grabstellen in <strong>Kirche</strong>n <strong>und</strong> Kapellen, für die übrige Bevölkerung<br />

waren Begräbnisplätze in nächster Umgebung, die Kirchhöfe, angelegt. Für<br />

<strong>Breitscheid</strong> bedeutete dies vor der Errichtung einer Kapelle im Dorf, dass die Toten<br />

nach Herborn gebracht werden mussten, um auf dem dortigen Kirchhof beigesetzt zu<br />

werden. Diese kirchliche Pflicht war wohl die beschwerlichste von allen, <strong>und</strong> es wird<br />

verständlich, dass die Dorfbewohner im Jahre 1309 in dem Vertrag mit dem Pfarrer<br />

zu Herborn anstrebten, bei ihrer neuen Kapelle einen geweihten Begräbnisplatz zu<br />

bekommen, auch wenn vorerst nur ein beschränktes Beerdigungsrecht damit<br />

verb<strong>und</strong>en sein konnte.<br />

Noch aus anderen Gründen hatte ein Kirchhof besondere Bedeutung für die<br />

Landbevölkerung. Wenn die Bauern bei Plünderungen <strong>und</strong> Kampfhandlungen vor<br />

dem Kriegsvolk flüchteten, fanden sie hier den ersten Schutz. In Friedenszeiten<br />

genoss außerdem jeder Verfolgte das Recht, sich auf dem Kirchhof - der "Freiheit" -<br />

in Sicherheit zu bringen, wo er zunächst von dem Verfolger nicht aufgegriffen werden<br />

durfte.<br />

Für den <strong>Breitscheid</strong>er Kirchhof werden wir annehmen können, dass er seine heutige<br />

Größe schon beim Bau der <strong>Kirche</strong> im 14. Jahrh<strong>und</strong>ert erhalten hat. Das ergibt sich<br />

aus der früheren Insellage des <strong>Kirche</strong>ngr<strong>und</strong>stücks zwischen zwei Quellarmen des<br />

Erdbachs, die jetzt verrohrt <strong>und</strong> überschüttet sind. Ob die Kirchhofsmauer immer den<br />

jetzigen Umfang gehabt hat, ist nicht sicher, aber möglich; der eigentliche<br />

Begräbnisplatz war jedoch früher kleiner, was auf der untenstehenden Abbildung<br />

deutlich zu erkennen ist. Das ist auch bezeugt durch<br />

31<br />

einen Vermerk des Pfarrers Johann Herbst in einer Aufstellung über die Einnahme<br />

der <strong>Pfarrei</strong> in den Jahren 1586 bis 1588, wo es heißt: "Item gibt eine jede Scheuer<br />

auf dem Kirchhof einen Hahn, Summa 13 Hähne". Demnach standen damals auf den<br />

für Beerdigungen noch nicht beanspruchten Flächen 13 Scheunen, vielleicht wegen<br />

der Feuersgefahr so weit vom Dorf entfernt oder zur Sicherung der Erntevorräte<br />

unter Ausnutzung des Schutzcharakters der geweihten Stätte, solange es das<br />

mittelalterliche Asylrecht auf den Kirchhöfen gab. In dem nächsten<br />

Einnahmenverzeichnis der <strong>Pfarrei</strong>, 1603 von Pfarrer Wendelin Gudelius geschrieben,<br />

sind die Scheunen nicht mehr genannt, Anstelle der früheren Pachteinnahme gehörte<br />

dem Pfarrer jetzt die Grasnutzung an den Flächen, auf denen die Scheunen<br />

gestanden hatten. Nach Aufzählung der Wiesen schreibt er: "Hierzu gehören auch<br />

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