Feindbild der DDR Reinhard Gehlen Ende und Erbe der NVA - MGFA
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menden Jahre zu einer zentralen Säule<br />
<strong>der</strong> Feindpropaganda ausgebaut wurde.<br />
Die personalisierte Agitation gegen<br />
hohe Generale <strong>der</strong> B<strong>und</strong>eswehr fußte<br />
beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Aufstellungsphase<br />
<strong>der</strong> westdeutschen Streitkräfte immer<br />
auf <strong>der</strong> Vergangenheit <strong>der</strong> Amtsinhaber<br />
im Dienste <strong>der</strong> Wehrmacht. Mehrere<br />
große Kampagnen richteten sich<br />
gegen ausgewählte Spitzenmilitärs; sie<br />
erregten – über Vorträge, Filme, Broschüren<br />
<strong>und</strong> eine umfangreiche Presse-<br />
berichterstattung vermittelt – auch im<br />
Westen Aufsehen.<br />
Parallel zur Berichterstattung über<br />
den Verteidigungsminister erfolgten<br />
ab 1957 zahlreiche Kampagnen gegen<br />
den Oberbefehlshaber <strong>der</strong> NATO-<br />
Landstreitkräfte in Mitteleuropa, General<br />
Dr. Hans Speidel (1897–1984),<br />
den ersten Generalinspekteur, General<br />
Adolf Heusinger (1897–1982), <strong>und</strong> die<br />
Inspekteure <strong>der</strong> Teilstreitkräfte. Bis<br />
weit in die 1960er Jahre waren beson-<br />
5 »Die Volksarmee«, 10. März 1960, Fotomontage mit Minister Strauß.<strong>und</strong> General<br />
Heusinger.<br />
<strong>der</strong>s die jeweiligen Generalinspekteure<br />
Ziel breit angelegter Propaganda-Kampagnen<br />
<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>; sie wurden in <strong>der</strong> Tages-<br />
<strong>und</strong> Wochenpresse <strong>der</strong> <strong>NVA</strong> immer<br />
wie<strong>der</strong> mit neuen Anschuldigungen<br />
konfrontiert. Dennoch trat kein<br />
Angehöriger <strong>der</strong> höchsten B<strong>und</strong>eswehrführung<br />
zurück – Speidel <strong>und</strong> Heusinger<br />
blieben sogar über die reguläre<br />
Dienstzeit hinaus im Amt <strong>und</strong> bekleideten<br />
hohe Posten innerhalb <strong>der</strong><br />
NATO.<br />
Betrachtet man die Argumentation<br />
<strong>der</strong> <strong>DDR</strong>-Presseorgane <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>NVA</strong>-<br />
Militärpropaganda bis in die frühen<br />
1960er Jahre, so lassen sich vier Gr<strong>und</strong>linien<br />
erkennen, die das »<strong>Feindbild</strong><br />
B<strong>und</strong>eswehr« prägten: Die westdeutsche<br />
Armee sei erstens die institutionelle<br />
Restauration des kapitalistischen<br />
Militarismus; zweitens eine gegen das<br />
sozialistische Lager gerichtete, aggressive<br />
Streitmacht; drittens ein Instrument<br />
<strong>der</strong> amerikanisch-deutschen Hegemonie<br />
innerhalb <strong>der</strong> NATO <strong>und</strong><br />
viertens auch ein Mittel für innenpolitische<br />
Repression in <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik.<br />
Alle vier Faktoren waren nach <strong>der</strong><br />
marxistisch-leninistischen Weltanschauung<br />
auf den »Klassencharakter«<br />
<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik <strong>und</strong> <strong>der</strong> NATO-<br />
Staaten sowie auf die im System begründete<br />
»aggressive« politische<br />
Gr<strong>und</strong>tendenz des Kapitalismus zurückzuführen.<br />
Die hier aufgezeigte <strong>Feindbild</strong>darstellung<br />
<strong>der</strong> ostdeutschen Presse <strong>und</strong><br />
Militärpublizistik stellt nur einen kleinen<br />
Ausschnitt aus dem großen Bereich<br />
<strong>der</strong> Propaganda im Kalten Krieg<br />
dar. Militär- <strong>und</strong> Feindpropaganda<br />
wurde in unterschiedlicher Ausprägung<br />
in beiden deutschen Staaten<br />
praktiziert <strong>und</strong> spielte im Kalten Krieg<br />
für beide Armeen eine wichtige Rolle.<br />
Während die B<strong>und</strong>eswehr aber spätestens<br />
seit den 1970er Jahren ausdrücklich<br />
auf eine <strong>Feindbild</strong>kultur verzichtete,<br />
blieb diese für die <strong>NVA</strong> <strong>und</strong> die<br />
<strong>DDR</strong> bis kurz vor ihrem <strong>Ende</strong> – auch<br />
als Legitimation <strong>der</strong> eigenen Existenz –<br />
unverzichtbar.<br />
� Rouven Wauschkies<br />
Literaturtipps<br />
Deutsches Historisches Museum (Hg.), Deutschland im<br />
Kalten Krieg 1945–1963. Eine Ausstellung des DHM,<br />
28. August bis 24. November 1992 im Zeughaus Berlin.<br />
Ausstellungs-Katalog, Berlin 1992.<br />
Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 3/2009<br />
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