Magazin MVH (PDF / 3.7 MB) - Musikverein Herdringen eV
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wichtiger Faktor ist in jedem Fall das<br />
Geschenk des Talents, mit welchem<br />
Du geboren wirst. Hast Du kein Talent,<br />
dann fehlt Dir die Grundlage und du<br />
kannst 8 Stunden am Tag üben, ohne<br />
dass es dich weiterbringt. Das nächste<br />
ist die Leidenschaft welche du nicht<br />
dadurch bekommst, dass deine Eltern<br />
sagen du musst jetzt üben. Bei<br />
mir war das so, dass ich Stücke meiner<br />
Lieblingskünstler auf der Klarinette<br />
gespielt habe, aber erst als ich die<br />
gleichen Stücke auf dem Saxophon<br />
gespielt habe wusste ich: „Wow, das<br />
ist genau das, was ich will! Das ist<br />
cool!“. Auf der Klarinette hatte ich nie<br />
dieses Gefühl. Ich suchte mir mit 7<br />
Jahren die Klarinette aus, weil meine<br />
Eltern wollten, dass ich ein Musikinstrument<br />
lernte. Da mein Vater Klarinette<br />
spielte dachte ich mir, dass ich am<br />
besten auch Klarinette lernen sollte.<br />
So könnte mein Vater mir helfen. Ich<br />
übte sehr viel und war auch ein recht<br />
guter Klarinettist, aber Leidenschaft<br />
war dabei nicht im Spiel. Als ich dann<br />
den Saxophonsound mit 15 Jahren<br />
bewusst wahrnahm dachte ich, das ist<br />
funky, groovy, jazzy, das will ich auch<br />
machen. So begann ich aus Leidenschaft<br />
sehr intensiv zu üben. Wichtig<br />
ist es auch verschiedene Musikstile zu<br />
hören und zu studieren. Ich kann nur<br />
jedem Bläserschüler empfehlen, egal<br />
was für ein Instrument er spielt, hör<br />
dir Trompetenspieler, Klavierspieler,<br />
Gitarrenspieler, Sänger usw. an und<br />
versuche diese zu imitieren. Das ist der<br />
beste Weg zu üben und ganz nebenbei<br />
entwickelt man seinen ureigenen<br />
Sound.<br />
Andreas Büchel: Als du damals in<br />
Kopenhagen ein Junge von 12 Jahren<br />
warst, wie war das mit dem Üben?<br />
Mussten Deine Eltern Dir das Üben<br />
vorschreiben?<br />
Michael Lington: Das war ganz klar.<br />
Meine Eltern hielten mich dazu an<br />
jeden Tag eine Stunde Klarinette zu<br />
üben. Wenn ich mich mit meinen<br />
Freunden zum Spielen treff en wollte,<br />
war die Regel meines Vaters ganz klar:<br />
erst eine Stunde üben, dann konnte<br />
ich zum Spielen nach draußen. Es war<br />
egal, dass sich meine Freunde damals<br />
schon sehr früh nach der Schule zum<br />
Fussballspielen trafen. Ich musste<br />
trotzdem immer erst eine Stunde<br />
üben.<br />
Wie muss man üben um ein Star zu werden?<br />
Andreas Büchel: Denkst Du, diese<br />
vorgeschriebene Displizin war wichtig<br />
für deine musikalische Entwicklung?<br />
Michael Lington: Ja klar, wenn du<br />
noch ein Kind bist ist es wichtig, dass<br />
dir jemand sagt, wie etwas funktioniert.<br />
Wenn du 12 Jahre alt bist kannst<br />
Du noch nicht wirklich einschätzen,<br />
was gut für dich ist. Als Kind fehlte<br />
mir einfach das Verständnis dafür.<br />
Was meinst Du wie oft ich mit Wut im<br />
Bauch Klarinette geübt habe, obwohl<br />
alle meine Freunde schon am Fußballspielen<br />
waren.<br />
Andreas Büchel: Bist du der Meinung,<br />
dass regelmäßiges strukturiertes Üben<br />
wichtiger ist als zweimal die Woche<br />
zwei Stunden irgendetwas zu üben?<br />
Michael Lington: Ja, auf jeden Fall. Das<br />
ist bei einem Blasinstrument sehr, sehr<br />
wichtig, denn nur so bekommst Du<br />
Kontrolle über Dein Instrument, den<br />
so genannten „guten Ansatz“. Es gibt<br />
nur ein Problem, die Übungen zum<br />
Erreichen dieser Kontrolle sind langweilig<br />
z.B. das Spielen unterschiedlich<br />
langer Töne mit crescendo/decrescendo.<br />
Aber es geht kein Weg darum<br />
herum. Du spielst ein Blasinstrument<br />
mit den Lippen und diese haben Muskeln,<br />
welche trainiert werden müssen.<br />
Das ist wirklich sehr, sehr wichtig. Die<br />
ersten 15 Minuten meiner Übungen<br />
verbringe ich immer mit langen Tönen,<br />
Tonleitern und Intervallen. Jede<br />
erdenkliche Tonleiter rauf und runter!<br />
Das hilft Dir eine gute Intonation zu<br />
bekommen. Ich meine, dass ein hoher<br />
Ton genauso gut klingt wie ein tiefer<br />
Ton. Das ist aber kein Geheimnis, das<br />
erzählt dir jeder Lehrer und um diese<br />
Übungen geht auch kein Weg herum.<br />
Das mache ich heute noch, sonst ist<br />
mein Ton bzw. Sound nicht gut. Technische<br />
Übungen sind wichtig, aber<br />
ich denke ein schöner Ton auf einem<br />
Instrument ist wichtiger. Ohne einen<br />
guten Ton weckst Du keine Emotionen<br />
bei Deinem Publikum.<br />
Andreas Büchel: In Dänemark hast Du<br />
als Junge auch in einem Blasorchester<br />
gespielt. War diese Erfahrung wichtig<br />
für Dich?<br />
Michael Lington: Natürlich war das<br />
eine ganz wichtige Zeit. Im Blasorchester<br />
habe ich das Zusammenspiel<br />
7<br />
erlernt, aber auch viel Musiktheorie.<br />
Ausserdem hat es mir geholfen diszipliniert<br />
zu üben. Auch habe ich dort das<br />
„vom Blatt spielen“ perfektioniert. Ein<br />
Orchester ist ein wichtiger Faktor in<br />
einer Ausbildung. Man kann dort das<br />
Lesen von Musik und das gleichzeitige<br />
Interpretieren dieser Musik erlernen.<br />
Andreas Büchel: Kannst Du jetzt von<br />
Dir sagen, dass Du auf Deinem Instrument<br />
alles kannst?<br />
Michael Lington: Oh nein, ich lerne<br />
mit jeder Übungsstunde etwas Neues.<br />
Ich habe heute noch riesigen Spaß daran,<br />
neue musikalische Erfahrungen<br />
zu machen und neue Dinge zu lernen.<br />
Ich bin immer noch ein Saxophon-<br />
Schüler. Es ist lustig, aber ich denke jeden<br />
Tag, ich bin noch am Beginn meiner<br />
Ausbildung. Das ist vielleicht das<br />
Geheimnis warum ich immer noch,<br />
auch nach so vielen Jahren, Spaß am<br />
Musizieren habe.<br />
Andreas Büchel: Hier nun meine letzte<br />
Frage: Wie erklärst du einem jungen<br />
Menschen was man tun muss, um ein<br />
richtig guter Instrumentalist zu werden?<br />
Michael Lington: Üben, üben, üben.<br />
Finde Deine Berufung und empfi nde<br />
Leidenschaft beim Musizieren. Leidenschaft<br />
ist das Wichtigste. Finde<br />
Deine Leidenschaft und alles andere<br />
funktioniert von allein. Leidenschaft<br />
in der Musik kann ein Künstler, ein Ton,<br />
ein Lied, ein Auftritt oder ein Instrument<br />
sein. Es ist eben dieser Moment<br />
in dem du sagst: „Wow, das ist das was<br />
ich will!“<br />
Michael Lington und Andreas Büchel