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Oben:<br />
Ein Raufußkauz lugt<br />
aus seiner Höhle<br />
rechts:<br />
Absterbende Bäume wie<br />
dieser bieten Nahrung<br />
und Brutplätze nicht nur<br />
für Spechte<br />
ganz rechts:<br />
<strong>Mit</strong>telspecht<br />
6 VogelsChutz 3 •10<br />
Die Vogelwelt<br />
im Nordsteigerwald<br />
Fotos: Thomas Stephan (2), Frank Derer (2)<br />
Vogelbeobachter mieden bisher die <strong>sie</strong>dlungsfernen geschlossenen<br />
Buchenwälder des Nordsteigerwaldes.<br />
Sie beobachten und forschen in der abwechslungsreichen<br />
Kulturlandschaft des Vorlandes und dessen Gewässern.<br />
Im Vergleich dazu blieb der Wissensstand um<br />
die Vogelwelt im Inneren der Wälder bescheiden.<br />
Umso bemerkenswerter, dass <strong>wir</strong> über die historische<br />
Vogelwelt des Oberen Steigerwaldes um Ebrach vor<br />
150 Jahren erstaunlich genau informiert sind. Es ist dem<br />
Wirken des naturkundigen Ebracher Wundarztes Ignaz<br />
Kress zu verdanken, der seine Feststellungen seinem<br />
im nahegelegenen Aischgrund lebenden Freund A. J.<br />
Jäckel, dem Nestor bayerischer Vogelkunde, mitteilte.<br />
169 Vogelarten führt er auf, die meisten auf dem Zug<br />
beobachtet, oft als Beleg geschossen und für das königliche<br />
Naturalienkabinett in Bamberg präpariert. Auch<br />
über die Säugetiere berichtet Kress, so über den damals<br />
an allen Steigerwaldflüsschen vorkommenden Fischotter<br />
und über die trotz aller Verfolgung noch heimische<br />
Wildkatze, um deren Wiedereinbürgerung im nördlichen<br />
Steigerwald sich seit 25 Jahren der Bund Naturschutz<br />
bemüht.<br />
Inzwischen liegt für den nördlichen Steigerwald die derzeit<br />
eingehendste wissenschaftliche Bearbeitung eines<br />
deutschen Buchenwaldgebietes vor. Jörg Müller hat in<br />
seiner Dissertation (2005) mit einem Team sachkundiger<br />
Spezialisten hier zahlreiche Buchenbestände unterschiedlichen<br />
Alters und unterschiedlicher Naturnähe<br />
systematisch auf Strukturen und Artenbestand erforscht.<br />
Als Indikatoren wurden neben Pilzen, Nachtfaltern<br />
Alte Buchenwälder<br />
sind Specht-,<br />
Schnäpper-<br />
und Eulenwälder<br />
Halsbandschnäpper<br />
und holzbewohnenden Käfern auch die Vögel kartiert.<br />
Insgesamt wurden 53 Brutvogelarten angetroffen. Das<br />
sind mehr als in den eingehend untersuchten berühmten<br />
Reservatbeständen in nordostdeutschen Tieflandbuchenwäldern,<br />
wo 48 Vogelarten nachgewiesen wurden.<br />
Artenvielfalt und Siedlungsdichte waldtypischer Vogelarten<br />
hängen von der Naturnähe der Waldbestände ab,<br />
von deren Bestandsalter, dem Vorrat stehenden und liegenden<br />
Totholzes und dessen Zersetzungsstadien und<br />
der Vielzahl an Sonderstrukturen wie Höhlenbäumen,<br />
Totholzästen, Astabbrüchen, Ersatzkronenbäumen.<br />
Die mit Abstand höchste Vielfalt waldtypischer Arten bei<br />
hoher Bestandsdichte wurde in den ältesten Reservatbeständen<br />
entdeckt. Sechs Spechtarten brüten hier.<br />
Besondere Erwähnung verdient der <strong>Mit</strong>telspecht, von<br />
dem Deutschland ein Fünftel seines weltweiten Bestandes<br />
verantwortet. Entgegen der bisher üblichen<br />
Annahme seiner engen Bindung an die Baumart Eiche<br />
kann er auch in Buchenbeständen in hoher Dichte vorkommen,<br />
so diese nur alt, mit genügend grobborkigen<br />
Baumindividuen und reichlich stehendem Totholz ausgestattet<br />
sind. Der <strong>Mit</strong>telspecht ist seiner Natur nach ein<br />
„Urwaldvogel“ unserer sommergrünen Laubwälder.<br />
Ähnliches gilt für den Kleinspecht, der mit dem Älterwerden<br />
und der Anreicherung von Totholz nachweislich häufiger<br />
wurde. Ein sehr zuverlässiger Weiser für Naturnähe<br />
von Laubwäldern im Hügel- und Bergland ist der seit<br />
Jahren bundesweit stark gefährdete Grauspecht, dem<br />
die Insektenwelt modriger Tothölzer als wichtige Nahrungsgrundlage<br />
dient.<br />
3 •10 VogelsChutz 7