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„Die 4. Generation des Pflegeheims“ - Urbanes Wohnen e.V.

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<strong>„Die</strong> <strong>4.</strong> <strong>Generation</strong> <strong>des</strong> <strong>Pflegeheims“</strong><br />

Einführung ins Thema<br />

Kersten Stier<br />

Arbeiter-Samariter-Bund


Entwicklung der Nachfrage und Angebotsüberhang<br />

an Pflegeplätzen<br />

2003<br />

2005<br />

über 65-jährige<br />

14,86 Mio<br />

15,87 Mio<br />

757.000<br />

davon<br />

pflegebedürftig<br />

2,08 Mio<br />

2,13 Mio<br />

Überhang: 11,2 %<br />

677.000<br />

Vollpflegeplätze Patienten<br />

Angebot<br />

stationärer<br />

713.195 Pflegeplätze<br />

757.000


Die Entwicklung der Pflegeheime<br />

Die Entwicklung der Pflegeheime teilt sich in vier<br />

<strong>Generation</strong>en ein.<br />

Die 1. <strong>Generation</strong> der Pflegeheime (bis in die 60er Jahre)<br />

hatte einen Anstaltscharakter, die Belegungsdichte war<br />

sehr hoch. Es gab nur gemeinschaftliche Sanitäreinrichtungen.<br />

Räumliches<br />

Beispiel der<br />

1. <strong>Generation</strong>


Die 2. <strong>Generation</strong> der Pflegeheime (70er Jahre) wurde<br />

nach dem Leitbild eines Krankenhauses gestaltet, die<br />

Belegungsdichte entzerrt und die reaktive Pflege<br />

durchgeführt. Nur Waschtische in den Pflegezimmern.<br />

Räumliches<br />

Beispiel der<br />

2. <strong>Generation</strong>


Die 3. <strong>Generation</strong> der Pflegeheime (90er Jahre) wurden<br />

nach dem Leitbild eines Wohnheims gestaltet.<br />

Individualität und aktivierende Pflege stehen im<br />

Vordergrund.<br />

Wohnbedürfnisse und Pflege werden verbunden.<br />

Alle Zimmer haben eine separate Nasszelle.<br />

Räumliches<br />

Beispiel der<br />

3. <strong>Generation</strong>


Die <strong>4.</strong> <strong>Generation</strong> der Pflegeheime wird nach dem Leitbild<br />

der Familie gestaltet. Es werden kleine familienähnliche<br />

Wohngruppen bzw. Hausgemeinschaften gebildet. Hoher<br />

Einzelzimmeranteil mit behindertengerechter Nasszelle.<br />

Das Pflegebad wird als „Wohlfühloase“ ausgeführt.<br />

Großzügige Wohnküche.<br />

Räumliches<br />

Beispiel der<br />

<strong>4.</strong> <strong>Generation</strong>


Nachteile / Probleme von Altenpflegeheimen<br />

der 3. <strong>Generation</strong><br />

! Häufig vorherrschende Funktionspflege (Tätigkeiten<br />

stehen im Mittelpunkt und nicht der Mensch)<br />

! Mangelhafte Steuerung der Pflegeprozesse<br />

! Die Organisationseinheiten sind zu groß und sowohl für<br />

die Bewohner als auch die Mitarbeiter nicht zu<br />

überschauen<br />

! Häufig ist die Verantwortung <strong>des</strong> Einzelnen<br />

unzureichend transparent<br />

! Mangelnder Sichtkontakt zu den Bewohnern


Merkmale Pflegeheim<br />

der sog. „<strong>4.</strong> <strong>Generation</strong>“<br />

! ZIELE:<br />

" Fähigkeiten + Selbständigkeit der Bewohner zu<br />

erhalten und zu fördern<br />

" Einbindung <strong>des</strong> sozialen und familiären Umfel<strong>des</strong> der<br />

der Bewohner in den Ablauf <strong>des</strong> Alltags<br />

" Mehr Verantwortung für Angehörige und Ausweitung<br />

<strong>des</strong> Ehrenamts<br />

! Bewohnerorientiertes Konzept, welches die Bedürfnisse<br />

der Bewohner berücksichtigt<br />

! Das Primat der Pflege wird durch das Primat <strong>des</strong> <strong>Wohnen</strong>s<br />

ersetzt


! Stärkung der Hauswirtschaft<br />

" Übernahme von Teilen der Grundpflege<br />

" Hauptaufgabenfeld in der Betreuung<br />

! Dezentralisierung der Versorgung / Betreuung,<br />

Speisenzubereitung, Reinigung, Wäsche etc.<br />

! Das Pflegekonzept richtet sich nach dem Pflegebedarf<br />

und folgt den Grundsätzen ambulanter<br />

Versorgung in eigener Häuslichkeit (Beziehungspflege)<br />

! Hausgemeinschaften sind konzeptionell<br />

primär auf die Verbesserung der Lebensqualität<br />

der Bewohner, auf Humanität, Überschaubarkeit,<br />

Geborgenheit und Normalität <strong>des</strong> Wohnbereichs<br />

ausgerichtet.


! Zentrum und „Herz“ der Hausgemeinschaft:<br />

große Wohnküche<br />

! Größe der Wohngruppen: 10 – 16 Bewohner<br />

(abhängig von dem Gesundheitszustand und<br />

der Biographie der Bewohner)


Auswirkungen in der Praxis<br />

A) STELLENPLAN / Mitarbeiterauswahl<br />

- Einstellung von Bezugspersonen (Präsenzkräfte), die für<br />

eine Wohngruppe verantwortlich sind.<br />

- Tagbesetzung von 7.00 Uhr bis 21.00 Uhr<br />

Was sind Präsenzkräfte?<br />

„Alltagsmanager“, übernimmt die Rolle der Hausfrau im<br />

Familienhaushalt.<br />

Berufliche Qualifikation: Fachhauswirtschafterin,<br />

Hauswirtschafterin, Familienpflegerin, Altenpflegerin oder<br />

eine Sozialpädagogin mit hauswirtschaftlichen Interessen<br />

und Fähigkeiten


Aufgaben einer Präsenzkraft<br />

! Organisation und Umsetzung einer bewohnerorientierten<br />

Tagesstruktur<br />

! Organisation der Hauswirtschaft und Integration der<br />

Bewohner gemäß den individuellen Fähigkeiten und<br />

Neigungen<br />

! Durchführung von hauswirtschaftlichen Leistungen<br />

(Kochen, Reinigen, Waschen)<br />

! Beziehungsgestaltung und – pflege<br />

! Begleitung der Bewohner in ihren verschiedenen Lebensbereichen<br />

! Kooperation mit Angehörigen und Freunden der Bewohner<br />

! Einbindung von Ehrenamtlichen


Kenntnisse und Fähigkeiten einer Präsenzkraft<br />

! Vertraut sein im Umgang mit alten und dementen<br />

Menschen<br />

! Fähig sein, sich in die Lebens-, Gefühls- und<br />

Gedankenwelt der Bewohner einzufühlen<br />

! Ausstrahlung menschlicher Wärme<br />

! Kenntnisse in der Grundpflege<br />

! Einen Haushalt kompetent organisieren können<br />

! Kenntnisse in den nötigen Hygiene- und Gesetzesvorschriften<br />

! Kenntnisse in Ernährungslehre und Diätetik<br />

Die Hauptaufgabe besteht darin, die Bewohner bei den<br />

Alltagsaktivitäten zu unterstützen und zu begleiten.


Auswirkungen auf die Mitarbeiter:<br />

Positiv:<br />

! Wohnliches Ambiente<br />

! Vielfältiges Arbeitsspektrum<br />

! Bewohnerorientierte und praxisnahe Pflege<br />

! Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen und<br />

selbständige Entscheidungen zu treffen<br />

! Gute Teamarbeit, bedingt durch Kleinräumigkeit<br />

! Individuelle, biographienahe Betreuung der Bewohner<br />

! Überschaubarkeit / kurze Dienstwege


Auswirkungen auf die Mitarbeiter:<br />

Negativ:<br />

! Häufig Zeitmangel durch den hohen Anteil an<br />

Nebentätigkeiten<br />

! Zu kleine Dienstzimmer (Präsenzkraft)<br />

! Hohes Arbeitspensum<br />

! Konzept kann nicht realisiert werden, wenn einzelne<br />

Mitarbeiter nicht entsprechend mental dazu eingestellt sind<br />

! Unklare Abgrenzung / Zuweisung von Tätigkeitsfeldern


B) PFLEGESÄTZE<br />

- Erhöhter U + V – Pflegesatz unter gleichzeitiger<br />

Verringerung <strong>des</strong> Pflegesatzes für die Pflege bei<br />

allen 3 Pflegestufen durch die Stärkung der<br />

hauswirtschaftlichen Elemente.


Umgang mit Sterben und Tod<br />

#$ Ziele:<br />

" dem Bewohner eine Atmosphäre zu ermöglichen, in dem ein<br />

friedliches Abschiednehmen im eigenen<br />

Zimmer (Einzelzimmer) möglich ist.<br />

"einen Zustand herzustellen, in dem der Bewohner<br />

sich möglichst wohl fühlt und seine Bedürfnisse<br />

wahrgenommen werden sowie seinen Wünschen<br />

entsprochen wird. Es wird ein Sterben in Würde<br />

ermöglicht.<br />

" Jeder Bewohner soll individuell verabschiedet<br />

werden.


2. Konzeption<br />

in Bezug auf Sterben und Tod bedeutet Pflege auch:<br />

" Ermöglichen von Lebensqualität, d. h. eine wirksame<br />

Schmerztherapie hat oberste Priorität<br />

" Sprechen über transzendente Fragen; Zuhören und<br />

Hinhören ist wichtiger als Reden<br />

" Bewahren der Hoffnung; durch eigenes Verhalten die<br />

Hoffnung leben und bewirken<br />

" Dasein und Dableiben; Angehörige und Mitarbeiter <strong>des</strong><br />

Hospizes mit einbeziehen (Kooperation mit örtlichem<br />

Hospizverein)<br />

" Sorge um Seele; Zulassen der individuellen religiösen<br />

Bedürfnisse aller Konfessionen und Glaubensrichtungen<br />

" Wahren der Intimsphäre, der Respekt vor dem Akt <strong>des</strong><br />

Sterbens


Abschied nehmen:<br />

" Angehörige auf Wunsch in den Prozess einbeziehen<br />

" Angehörigen ermöglichen, bis zuletzt dabei zu sein<br />

" Beistand und Trost geben<br />

" Beratung der Trauernden<br />

" Begleitung der trauernden Familie über den Tod hinaus<br />

" Gedächtniskerze aufstellen<br />

" Kondolenzbuch aufstellen, in dem Bewohner ganz<br />

persönliche Wünsche und Erinnerungen für den<br />

Verstorbenen aufschreiben können


%$Bauliche Voraussetzung:<br />

Ein spezieller Abschiedsraum („Raum der Stille“),<br />

der u. a. warm, hell und freundlich ausgestattet ist,<br />

trägt dazu bei, dass die o. g. Ziele und Rahmenbedingungen<br />

bewohnerorientiert umgesetzt werden<br />

können.


Öffnung <strong>des</strong> Pflegeheimes<br />

ins Quartier<br />

& Begegnungsstätte / hauseigenes Cafe<br />

& Stationärer Mittagstisch<br />

& Integration / Kooperation von/mit Vereinen,<br />

Selbsthilfegruppen, Alzheimer Gesellschaft, Kirchengemeinden,<br />

Hospizbewegung u. a.<br />

& Einbeziehung von migranten Gruppen<br />

& Gewinnung von ehrenamtlichen Kräften (z. B. Bildung<br />

von Patenschaften, ASB-Freiwilligen-Agentur, etc.)<br />

& Bildung einer Angehörigengruppe

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