Editorial - Acacia
Editorial - Acacia
Editorial - Acacia
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Rundblick<br />
winteR 2012<br />
IDEEN<br />
VeRbinden<br />
MENSCHEN<br />
FÖRdeRn<br />
PROJEKTE<br />
FinAnZieRen<br />
acacia<br />
Fonds für Entwicklungszusammenarbeit
<strong>Editorial</strong><br />
Liebe Freunde von <strong>Acacia</strong><br />
Angeregt durch das Buch „Da hilft nur Schenken“,<br />
das zum 50-jährigen Bestehen der GLS<br />
Treuhand in Bochum herausgegeben wurde,<br />
widmeten wir unsere diesjährige Klausur dem<br />
Thema Geld. Wie in den vergangenen Jahren<br />
durften wir erneut die Gastfreundschaft Ruth<br />
und Karl Kellers im Burgund geniessen. Auch<br />
das ist ein wunderbares Geschenk.<br />
Schenken und Geld sind im Umfeld von <strong>Acacia</strong>,<br />
Fonds für Entwicklungszusammenarbeit, eng<br />
verknüpft. Sie, liebe SpenderInnen haben einen<br />
wesentlichen Anteil daran. So zitieren wir einige<br />
Aussagen aus dem erwähnten Buch. Mögen<br />
diese auch Ihnen Denkanstösse geben:<br />
„Schenken und beschenkt werden ist für alle<br />
Menschen das Natürlichste auf der Welt.“<br />
Margrit Kennedy<br />
„Jedes Geschenk, ob gross oder klein, trägt in<br />
sich die Eigenschaft, bis ans Ende der Zeit und<br />
zum Wohle der ganzen Menschheit zu wirken.“<br />
„Schenken verändert die Welt von innen<br />
heraus, es zieht Geistwesen in die menschliche<br />
Sphäre.“ Siegfried Finser<br />
„Empfangen ist so aktiv wie geben.“ „Wir sollten<br />
nicht glauben, dass es eine leichte Übung<br />
ist und dass die Bereitschaft zu schenken und<br />
die, sich beschenken zu lassen, so mir nichts,<br />
dir nichts zusammenkommen können.“ Marianne<br />
Gronemeyer<br />
<strong>Acacia</strong> sorgt dafür, dass Ihre Bereitschaft zu<br />
schenken mit der Bereitschaft zu empfangen,<br />
auf fruchtbare Weise zusammenfinden.<br />
Herzlichen Dank für Ihr Vertrauen in unsere<br />
Arbeit als Vermittlungs- und Verbindungsstelle<br />
und für Ihre Unterstützung für die von uns begleiteten<br />
Projekte.<br />
Wir wünschen Ihnen eine friedvolle Weihnachtszeit<br />
und ein erbauliches Neues Jahr.<br />
Der Vorstand:<br />
Jules Ackermann<br />
Karl Keller<br />
Karl Buschor<br />
Rolf Mosimann<br />
INHALT<br />
themenARtikel<br />
Aus unseReR ARbeit<br />
PRojektVoRstellung<br />
PRojektbeRichte<br />
Brasilien: Sozialarbeit mit Jugendlichen in den Favelas (Seite 3)<br />
Südafrika-Projektreise (Seite 4)<br />
Neta-Erez Waldofschule in Israel (Seite 4)<br />
Kindergärten und Waldorferziehung in Zimbabwe (Seite 5)<br />
„Rettet die Menschen, nicht die Banken!“ (Seite 5)<br />
Windhoek Waldorfschule in Namibia (Seite 6)<br />
Schiwa Semlja Schweiz und Ukraine (Seite 8)<br />
Heilpädagogische Schule Talisman und istok in Irkutsk (Seite 9)<br />
Circo Ponte das Estrelas, São Paulo in Brasilien (Seite 10)<br />
PRojektübeRsicht 2012 mit kARte (Seite 11)<br />
AcAciA ist ein Fonds für Entwicklungszusammenarbeit, der 1996 gegründet und<br />
bald darauf als gemeinnütziger Verein anerkannt wurde. Mit 250 Mitgliedern und<br />
einem engagierten Vorstand sind wir eine bewegliche und leistungsfähige Organisation,<br />
die mit rund 30 Projekten in persönlichem Kontakt steht.<br />
Die vielen Projektspenden, die wir von Einzelpersonen und Institutionen erhalten,<br />
geben wir vollumfänglich an die Projekte weiter. Unsere Verwaltungsarbeit wird<br />
durch Mitgliederbeiträge und spezifische Spenden gedeckt. Alle Spenden sind steuerabzugsberechtigt!<br />
ACACIA knüpft Fäden zwischen Menschen und Kulturen und arbeitet mit anderen<br />
Institutionen zusammen, die ähnliche Ziele verfolgen. Unser Rundblick gibt einen<br />
Überblick über unsere Arbeit und ist zugleich ein Einblick in die Initiativen mit ihren<br />
verschiedenen Aktivitäten.<br />
Für Fragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.
3<br />
Themenartikel<br />
bRAsilien: soZiAlARbeit mit<br />
jugendlichen in den FA-<br />
VelAs Von monte AZul<br />
Abends gegen 17 Uhr, wenn es anfängt zu<br />
dämmern, und die Arbeiter vom Busterminal<br />
João Dias zurück in die Favela strömen,<br />
kommen Tia Paula und Tia Edileusa zum<br />
Sportplatz der Favela. Dort laden sie die<br />
herumlungernden Kinder ein, mit ihnen zu<br />
spielen.<br />
Sie fangen die Kinder regelrecht ab, um sie<br />
vor anderen Aktivitäten zu schützen, denn<br />
nach wie vor gibt es in der Favela Monte<br />
Azul einen Drogenhandelsplatz. Kinder<br />
werden bereits in sehr jungen Jahren zum<br />
Drogenhandel herangezogen und als Kuriere<br />
eingesetzt. Das Geld lockt sie, ebenso<br />
wie die Freiheit, die damit verbunden ist.<br />
Es gilt, sie zum Spiel zu verführen, ihnen<br />
die Möglichkeit zu geben, Kind zu sein,<br />
Anreize zu schaffen, die ihrem Alter entsprechen,<br />
vor allem für die Kinder, die<br />
nicht in einen Monte Azul Kindergarten<br />
oder in einen Hort gehen. Gerade diese<br />
Kinder bedürfen grosser Aufmerksamkeit<br />
und sind besonders schwierig. Sie können<br />
sich nicht mehr in Gruppen einfügen, weshalb<br />
es ihnen unmöglich ist, in den Kindergarten<br />
oder Hort zu gehen.<br />
Sie sind es nicht gewohnt, dass sie jemand<br />
kontrolliert oder fordert, denn zu Hause<br />
kümmert sich keiner um sie.<br />
Dennoch kommen sie Tag für Tag wieder<br />
und knüpfen auf ihre Weise eine Beziehung<br />
zu einer der Betreuerinnen. So kommen<br />
die Betreuerinnen auch mit diesen<br />
Kindern in Kontakt und können manchmal<br />
drohende Katastrophen abwenden.<br />
Die Aktivitäten bei den „Pontinhos de Cultura“<br />
sind vielfältig und werden oftmals<br />
bereichert durch die Ideen der verschiedenen<br />
Voluntários (freiwilligen Helfer) aus<br />
aller Welt. Tia Paula und Tia Edileusa brauchen<br />
ständig Unterstützung, denn mittlerweile<br />
ist ihre kleine Gemeinde auf 60 bis<br />
80 Kinder angewachsen.<br />
Aufgrund der pädagogischen Schwierigkeiten<br />
teilt sich das Programm der „Pontinhos<br />
de Cultura“ in zwei Teile:<br />
Freies spiel im Aussenbereich: In der ersten<br />
Stunde trudeln die Kinder nach und<br />
nach auf dem Spielplatz ein. Denn es handelt<br />
sich hier um ein Programm, das vollständig<br />
auf freiwilliger Basis beruht und<br />
als Angebot verstanden werden muss. Es<br />
wäre absolut kontraproduktiv, auf einem<br />
festen Zeitpunkt zu bestehen. Sobald<br />
Zwang in irgendeiner Form ausgeübt wird,<br />
kommen die Kinder nicht mehr.<br />
Auf dem Platz ist es laut, und es herrscht<br />
ein ständiges Kommen und Gehen.<br />
Gruppen- oder taktische Spiele, die ausführlichere<br />
Erklärungen erfordern, sind<br />
schwierig umzusetzen. Die Kinder können<br />
die dafür nötige Konzentration nicht aufbringen,<br />
die Ablenkung ist zu gross. Sie<br />
langweilen sich schnell und suchen sich<br />
etwas anderes.<br />
So gut wie ausgeschlossen sind Spiele, bei<br />
denen ein Team gebildet werden muss<br />
und jedes Kind eine bestimmte Aufgabe<br />
innerhalb des Teams zu erfüllen hat.<br />
Dieses Problem lässt sich sehr gut beim<br />
Fussballspiel beobachten: Alle Kinder,<br />
selbst die Mädchen, können sehr gut „kicken“,<br />
aber die Teams scheitern an den Alleingängen<br />
der Mitspieler – Teilen, Abgeben<br />
und Warten müssen die Favela-Kinder<br />
mühsam erlernen.<br />
Deshalb bieten sich draussen, abgesehen<br />
vom allgegenwärtigen Fussball, einfache<br />
Spiele wie Fangen oder Verstecken an.<br />
Auch Spiele mit Geräten, wie Seilspringen,<br />
Gummihüpfen, Volleyball, Frisbee, Diabolo<br />
und anderen Zirkusgeräten, die ohne<br />
Erklärungen durch blosses Zuschauen und<br />
Ausprobieren erlernt werden können, sind<br />
bei den Kindern beliebt.<br />
gruppenspiele im innenbereich: Nachdem<br />
die Kinder sich eine Weile ausgetobt<br />
haben, gehen die Erzieherinnen mit ihnen<br />
in die sogenannte Casa Amarela, denn<br />
dort ist die Ablenkung geringer.<br />
Das Haus mit Mehrzwecksaal bietet genug<br />
Platz zum Basteln und für Vertrauens-<br />
und Gruppenspiele.<br />
Beispielsweise werden traditionelle Kreis-<br />
und Reigenspiele wie die „Ciranda“ mit<br />
den dazu gehörigen Liedern und Texten<br />
eingeübt. Die Kinder bereiten auch kleine<br />
Theaterstücke oder ähnliche Beiträge für<br />
die verschiedenen Jahresfeste vor.<br />
Bevor die Kinder ins Haus dürfen, müssen<br />
sie sich einer ersten Aufgabe stellen: Sie<br />
stellen sich ordentlich in einer Reihe auf<br />
und betreten das Haus geordnet. Bereits<br />
hier zeigen sich extreme Schwierigkeiten –<br />
die Plätze an den Seiten der Tias sind heiss<br />
umkämpft.<br />
Die Kinder sprechen immer mit erhobener<br />
Stimme oder schreien, um sich durchzusetzen.<br />
Auch ihr Umgang untereinander ist für<br />
unsere Begriffe extrem rau, wenn nicht<br />
gar brutal. Es kommt ständig zu Schlägereien,<br />
bei denen hart zugeschlagen oder<br />
getreten wird. Selbst die Mädchen bilden<br />
keine Ausnahme. Die Frustrations- und<br />
Hemmschwelle der Kinder ist sehr niedrig.<br />
Die Kinder haben gelernt, für sich selbst<br />
zu sorgen und sich zu verteidigen, denn<br />
sonst gehen sie im Alltag der Favela unter.<br />
Die Action-Filme, die sie im Fernsehen sehen,<br />
tragen das ihre dazu bei. Die Kinder<br />
ahmen die Posen und Kämpfe der Schauspieler<br />
nach.<br />
Es gibt Kinder, die absolut nicht in der<br />
Lage sind, sich zu integrieren, möchten<br />
aber trotzdem auf jeden Fall dabei sein. Sie<br />
können aber weder in einem Kreisspiel als<br />
Teil der Gruppe agieren noch zuhören. Sie<br />
stören die Gruppe permanent oder spalten<br />
sie, indem sie andere Kinder ablenken.<br />
Die Erzieherinnen kommen ihrer Aufgabe<br />
Tia Edileusa mit den Jugendlichen<br />
mit wahrer Engelsgeduld und grosser Ausgeglichenheit<br />
nach. Sie wiederholen die<br />
Anweisungen immer und immer wieder,<br />
sie trennen Kämpfende, sie verlieren nie<br />
die Nerven oder werden gar wütend, sie<br />
lassen sich nicht frustrieren oder provozieren.<br />
Die grösste Strafe ist der Ausschluss<br />
von den Aktivitäten im Innenbereich, die<br />
sie nur im äussersten Fall verhängen. Denn<br />
tatsächlich, trotz aller Schwierigkeiten,<br />
haben die Kinder grossen Spass an den<br />
Spielen und wollen gerne mitmachen, sind<br />
aber dennoch nicht in der Lage, sich zu<br />
konzentrieren.<br />
Die Aktivitäten in der Casa Amarela dauern,<br />
ausser bei Regen, nicht viel länger als<br />
eine bis eineinhalb Stunden. Danach geht<br />
es zurück ins Freie.<br />
Renate Keller: renate@monteazul.org.br<br />
spendenvermerk: monte Azul brasilien
südAFRikA-PRojektReise mit<br />
Vielen begegnungen<br />
Südafrika ist ein Land der Gegensätze: Die<br />
Mehrzahl seiner Bewohner lebt in Townships.<br />
Die mehrheitlich weisse Mittel- und<br />
Oberschicht lebt in schmucken Einfamilienhaussiedlungen<br />
(umzäunt von Mauern<br />
und Elektrodraht) und fährt in hoch moderne<br />
Stadtzentren zur Arbeit oder zum<br />
Einkaufen.<br />
In diesem Land haben wir die von uns begleiteten<br />
Projekte besucht:<br />
Tief beeindruckend ist die Inkanyeziwaldorfschule<br />
im Alexandra township,<br />
Johannesburg. Schon auf dem Weg dahin<br />
häuft sich der Unrat auf beiden Strassenseiten;<br />
auf der Fahrbahn Schlaglöcher<br />
McGregor Waldorfschule: Kunstunterricht<br />
und Wasserpfützen. Ein unbeschreiblicher<br />
Gestank breitet sich aus, die kaputten<br />
"Wohnhäuser" aus Stein und Beton, die<br />
dicht an dicht stehen, werden allmählich<br />
abgelöst durch Wellblechhütten. Eine<br />
immer unübersichtlicher werdende Menschenmenge,<br />
alles Schwarze, bevölkert<br />
die Gegend. Durch ein starkes Gittertor<br />
fahren wir auf das Gelände der Schule.<br />
Welch eine Oase. Es ist sauber, grüne<br />
Grasflächen, ein schön gepflasterter Pausenhof,<br />
blühende Bäume und aus den offenen<br />
Fenstern tönen singende und plaudernde<br />
Kinderstimmen und manchmal ein<br />
eingreifendes Wort einer Lehrperson. Die<br />
Schulgebäude und die Klassenzimmer sind<br />
in gutem Zustand. Ein Hausmeister kümmert<br />
sich mit grosser Aufmerksamkeit um<br />
das Schulgelände.<br />
Die schwarzen Lehrerinnen freuen sich<br />
über unseren Besuch und begrüssen uns<br />
sehr herzlich. Nach einer Teepause können<br />
wir auch die einzelnen Klassen besuchen.<br />
Sehr ernsthaft wird da gearbeitet;<br />
mit grosser Mühe werden Buchstaben<br />
und Zahlen in die Hefte geschrieben oder<br />
an die Wandtafel gezeichnet. Im Eurythmie-Saal<br />
sind etwa 30 Kinder im Kreis und<br />
üben das Verdichten und Auflösen. Zur<br />
Freude von uns allen singen sie ein afrikanisches<br />
Lied und begleiten es rhythmisch<br />
so engagiert, dass „die Post abgeht“.<br />
Nach ernsthaften Gesprächen über das<br />
Leben in den Townships – Gewalt, familiäre<br />
Situationen, Gesundheit (jeder zweite<br />
Erwachsene ist HIV-positiv oder ist Träger<br />
des Aidsvirus) –, über die Finanzen und<br />
die Verhältnisse der Schule, verlassen wir<br />
das Gelände in der tiefen Überzeugung,<br />
dass jeder Franken, der in diese Schule<br />
fliesst, dazu beiträgt, dass die Schule ihre<br />
anspruchsvollen Aufgaben wahrnehmen<br />
kann.<br />
Eine wichtige Stütze in pädagogischer und<br />
administrativer Hinsicht ist Dick de Rooy<br />
aus Holland, den <strong>Acacia</strong> zusammen mit<br />
anderen Institutionen für seine Hilfestellungen<br />
als Mentor bezahlt.<br />
Ein starkes Gegenbild ist die mcgregor<br />
waldorfschule. McGregor ist ein kleines<br />
Dorf inmitten einer unbeschreiblich<br />
schönen Gegend, umrahmt von weiten,<br />
mächtigen Bergen nordöstlich von Hermanus,<br />
der südlichsten Stadt in Südafrika.<br />
In einem äusserst fruchtbaren Tal – hier<br />
wachsen und reifen Trauben, Aprikosen,<br />
Mandeln, Äpfel, Birnen – breiten sich einige<br />
schöne Häuser aus. Mittendrin steht<br />
die McGregor Waldorfschule, die vor 17<br />
Jahren mit weissen und schwarzen Kindern<br />
auch aus der weiteren Umgebung<br />
von McGregor gegründet wurde. Heute<br />
sind fast nur noch schwarze Kinder an<br />
der Schule. Auch hier herrscht eine freudige,<br />
lernwillige Stimmung: Unter freiem<br />
Himmel und mächtigen Bäumen malen<br />
OberstufenschülerInnen leuchtende Bilder<br />
mit Ölfarbe. Im Sandkasten spielen<br />
die Kindergartenkinder unter Anleitung<br />
der sonoren Stimme der schwarzen Kindergärtnerin.<br />
Katleen Verschoore wirkt als Fundraiserin.<br />
Sie führte uns durch die Schule mit Internat<br />
und orientierte uns über die finanzielle<br />
Situation. Die schwarzen Kinder wohnen<br />
alle in Townships, die nicht zu vergleichen<br />
sind mit den Townships in Johannesburg.<br />
Die Häuser sind einigermassen gepflegt<br />
und intakt und stehen nicht so dicht gedrängt.<br />
In einem dieser Townships befindet<br />
sich auch ein Educare-Kindergarten.<br />
Da werden viele kleine Kinder betreut,<br />
sie erhalten einfachen Unterricht und<br />
eine Mahlzeit. Diese Kinder strahlen eine<br />
Lebensfreude aus, die uns staunen lässt.<br />
Auch die Kleinsten singen und tanzen,<br />
dass beinahe die Wände wackeln. Und je<br />
mehr wir uns darüber freuen, je kräftiger<br />
werden die Stimmen und Bewegungen.<br />
Das Geld spielt in allen diesen Initiativen<br />
eine sehr grosse Rolle. Der Staat beteiligt<br />
sich mit Beiträgen an den Schulen, die<br />
nicht einmal die Löhne decken. Viele Eltern<br />
schaffen es daher kaum, den für ihre<br />
Verhältnisse hohen, noch verbleibenden<br />
Schulgeldbeitrag zu entrichten. Alle Schulen<br />
sind auf Spenden angewiesen und<br />
könnten ohne diese ihre Bedürfnisse nicht<br />
decken.<br />
Dies gilt auch für das centre for creative<br />
education, WaldorflehrerInnen-, und<br />
Eurythmie-Ausbildung und der Zenzeleni<br />
waldorfschule, in Cape Town. Obwohl<br />
die Kurse gut belegt sind und das Centre<br />
mit dem Bachelor of Education and Arts<br />
staatlich anerkannt ist, stecken sie momentan<br />
in akuten finanziellen Problemen,<br />
da der versprochene Lotteriebeitrag 2009<br />
und 2010 nicht eingetroffen ist. Es fehlen<br />
bis Ende Jahr rund 180‘000 Franken!<br />
Auch die heilpädagogische Arbeit der<br />
khanyisa waldorfschule und des Camphill<br />
hermanus hat uns sehr beeindruckt.<br />
Auch da fehlt es immer wieder an vielen<br />
Dingen und es ist sehr beeindruckend, mit<br />
welchem Engagement alle Beteiligten das<br />
Auf und Ab des täglichen Lebens und die<br />
vielen Durststrecken bewältigen.<br />
Das wunderschöne Südafrika mit allen<br />
Sonnen- und Schattenseiten hat uns<br />
nachhaltig beeindruckt.<br />
Karl Buschor und Jules Ackermann<br />
Alexandra Township<br />
AUS UNSERER ARBEIT 4<br />
netA-eReZ in isRAel<br />
Beer Sheva, die Wüstenstadt mit vorchristlicher<br />
und biblischer Vergangenheit,<br />
ist immer wieder Ziel von Raketenangriffen<br />
aus dem Gazastreifen. Das tägliche<br />
Leben wird von Aggression und Angst begleitet;<br />
das Militär und die Sicherheitskontrollen<br />
sind allgegenwärtig. In dieser Stadt<br />
ist die unter dem Dach von Neta Erez vor<br />
sechs Jahren gegründete Waldorfschule<br />
„Janusz Korczak“ eine Insel für ein soziales<br />
und angstfreies Miteinander entstanden.<br />
(Janusz Korczak war polnischer Arzt,<br />
Schriftsteller und Lehrer, der während des<br />
2. Weltkrieges beim Abtransport der von<br />
ihm betreuten Kinder ins Konzentrationslager<br />
Treblinka durch die SS darauf bestand,<br />
die Kinder zu begleiten. Er kam nie<br />
zurück.) Jehonathan Dvir, Klassenlehrer
5<br />
AUS UNSERER ARBEIT<br />
beRicht FReie gemeinschAFtsbAnk:<br />
„Rettet die menschen,<br />
nicht die bAnken!“<br />
Die Freie Gemeinschaftsbank unterstützt<br />
<strong>Acacia</strong> mit 24'000 Franken pro Jahr als<br />
Beitrag für unsere Verwaltungskosten.<br />
Der Titelsatz wurde am 29. Oktober anlässlich<br />
des 6. Genossenschaftertages<br />
der Freien Gemeinschaftsbank in Olten<br />
von einem Genossenschafter formuliert.<br />
Er drückt die Stimmung aus, die während<br />
der Diskussionen um die Frage nach<br />
Geldqualitäten da und dort aufkam. Für<br />
viele Menschen ist nicht nachvollziehbar,<br />
wie die in Krisenzeiten berufenen Experten<br />
heute noch „blind“ daran glauben,<br />
dass die weltweiten sozialen Probleme mit<br />
Geld lösbar sein sollen. Darum: „Rettet die<br />
Menschen, nicht die Banken“; das Wohlergehen<br />
der Menschen müsste im Mittelpunkt<br />
der Bemühungen stehen, nicht das<br />
der Finanzmärkte.<br />
In seinem Einführungsreferat ging Felix<br />
Staub, Verwaltungsratspräsident, kurz<br />
auf die heutige Situation im Finanzmarkt<br />
der 7. Klasse, berichtet, dass in der Religionsepoche<br />
alle Religionen, für die grosses<br />
Interesse bestand, gleichwertig thematisiert<br />
wurden und dass es ihm ein Anliegen<br />
ist, das interkulturelle Verständnis zu<br />
fördern. Seine Klasse machte einen Austausch<br />
mit einer Klasse einer arabischen<br />
Schule nahe am Gazastreifen. Zudem<br />
sammelte die Schule vor zwei Jahren nach<br />
dem Bombardement des Gazastreifens einen<br />
ganzen LKW voll Nahrungsmittel und<br />
Kleider für die betroffenen Palästinenser.<br />
Da die Regierung von Beer Sheva das<br />
Schulgebäude, das Neta Erez bis anhin<br />
benutzen konnte, für ihre eigenen Be-<br />
bitte helfen sie mit, unseren Rundblick<br />
zu verbreiten und denken sie<br />
daran, den für uns so wichtigen<br />
mitgliederbeitrag 2012 (100 Franken)<br />
einzuzahlen!<br />
Wir senden Ihnen auf Anfrage gerne<br />
mehrere Exemplare (Auflage 2400<br />
Stück), so helfen Sie beim ”Netzwerken”<br />
mit und machen die Arbeit von<br />
ACACIA bekannt.<br />
Für Rückmeldungen zum Rundblick<br />
und Adressänderungen danken wir<br />
Ihnen herzlich.<br />
unsere nächste jahresversammlung<br />
findet am samstag, 5. mai 2012 statt.<br />
ein. Er wies auf die massive Erhöhung der<br />
Geldmengen hin, die im letzten Jahr stattgefunden<br />
hat. „Was geschieht dabei im<br />
Realen?“, fragte er. Aus seiner Sicht führt<br />
die Entwicklung mit der Anonymisierung<br />
der Vorgänge in der Wirtschaft und dem<br />
Delegieren von Verantwortung an den<br />
Staat, zum Beispiel in der Bildung, häufig<br />
zu einem Realitätsverlust beim Individuum.<br />
Der Einzelne ist heute von wichtigen<br />
Entscheidungen und Prozessen ausgeschlossen.<br />
Er kommt nicht darum herum,<br />
sich intensiv mit dem, was rund um uns<br />
herum geschieht, zu beschäftigen, wenn<br />
er dem Realitätsverlust vorbeugen und die<br />
Zusammenhänge erkennen will. Interessant<br />
ist dabei der Umgang mit der Sprache.<br />
Ein Beispiel dazu: wenn in ein Kleingewerbe<br />
investiert wird, bezeichnet man<br />
das als Anlage in die Realwirtschaft. Der<br />
Finanzsektor zählt sich nicht dazu, müsste<br />
demzufolge als irreale Wirtschaft bezeichnet<br />
werden. Wer will in eine irreale - wirklichkeitsfremde,<br />
unrealistische, utopische<br />
(lt. Duden) - Unternehmung investieren?<br />
Unter der Leitung von Christian Czesla aus<br />
lange nutzen wollten, wurde der Waldorfschule<br />
ein anderes grosses Gebäude<br />
angeboten. Das Kollegium ist zusammen<br />
mit der Schulgemeinschaft seit vergangenem<br />
Sommer daran, dieses gebrauchte<br />
und zum Teil vernachlässigte Gebäude<br />
mit viel zusätzlichem Engagement in<br />
eine Waldorfschule zu verwandeln. Es<br />
gibt sehr viel zu reparieren, zu ergänzen,<br />
zu ersetzen und zu streichen. Da es sich<br />
um ein sehr grosses Gebäude mit Turnhalle/Mehrzweckgebäude<br />
handelt (es hat<br />
Platz für 12 Klassen, zusätzliche Räume<br />
für heilpädagogischen Unterricht und ein<br />
Lehrerseminar), belaufen sich die Renovationskosten<br />
auf rund 200‘000 Euro. Am<br />
dringendsten sind die Arbeiten an der Gebäudehülle<br />
in der Höhe von 40‘000 Euro.<br />
www.netaerez.beersheva.k12.il<br />
netaerez@netvision.net.il<br />
spendenvermerk: neta erez israel<br />
kindeRgäRten und wAldoRFeRZiehung<br />
in ZimbAbwe<br />
Wieder ein bislang erfolgreiches Jahr für<br />
die kleine Waldorfkindergarten-Bewegung<br />
in Zimbabwe. Drei Kindergärtnerinnen haben<br />
dieses Mal in Südafrika ein Praktikum<br />
absolviert (Michael Mount Waldorfschule<br />
und Inkanyezi Kindergärten). Anschliessend<br />
reisten sie wieder zur Lehrerkonferenz<br />
in Kapstadt. Nachdem sie nach Zimbabwe<br />
Stuttgart, beschäftigten sich die Genossenschafterinnen<br />
und Genossenschafter<br />
in Gruppen u. a. mit der Frage, was sie<br />
als eine sinnvolle Geldanlage empfinden.<br />
Normalerweise würde zuoberst die Rendite<br />
stehen, was am meisten Zins abwirft.<br />
Macht das wirklich auch Sinn? Nein, Profitmaximierung<br />
führt nur dazu, dass die,<br />
welche Geld haben, noch mehr erhalten.<br />
Darin waren sich die Anwesenden rasch<br />
einig. Sinnvoll wirkt sich Geld erst aus,<br />
wenn es Menschen zur Verfügung steht,<br />
die etwas damit tun, das auch der Allgemeinheit<br />
dient. Als sinnstiftend wurde die<br />
Förderung von Initiativen bezeichnet in der<br />
biologisch-dynamischen Landwirtschaft,<br />
Alternativmedizin, oder künstlerische und<br />
pädagogische Projekte.<br />
Christian Czesla bezeichnete die FGB als<br />
eine „Forschungs- und Förderbank“, die<br />
mitten im Leben steht und darauf abzielt,<br />
Bewusstsein im Umgang mit Geld zu maximieren<br />
für eine reale Wirtschaft.<br />
Margrit Bühler<br />
Mitglied des Verwaltungsrates<br />
zurückgekehrt waren, organisierten sie mit<br />
Kufunda-Mitarbeitern ein einwöchiges Intensivseminar<br />
in Waldorferziehung im Juli<br />
2011, das von über 20 Kindergärtnerinnen<br />
und Grundschullehrerinnen aus 13 Schulen<br />
besucht wurde. Die Seminarleiterinnen waren<br />
zwei erfahrene Lehrerinnen aus Südafrika,<br />
Carrol Martin und Barbara Muller, denen<br />
wir sehr herzlich danken für diese Woche<br />
voll neuer Eindrücke und neuer Puppen!<br />
In einer Partner-Gemeinde, die wir letztes<br />
Jahr besucht haben, sind mittlerweile zwei<br />
neue Kindergärten entstanden. In anderen<br />
Gemeinden sind durch Eigeninitiative und<br />
Hilfe von Kufunda-Mitarbeitern in drei Kindergärten<br />
endlich Fenster und Türen eingebaut<br />
worden, und draussen wurden schöne<br />
Spielplätze eingerichtet.<br />
Im Kufunda-Village selbst herrscht wegen<br />
fehlender Wasserquellen grosse Not. Das<br />
Dorf steht auf einem Granithügel. Dringend<br />
muss ein ausreichend tiefes Loch gebohrt<br />
und mit einer Pumpe und einem Rohrleitungssystem<br />
versehen werden. Nur so kann<br />
in Zukunft die Nahrungsmittelversorgung<br />
(auch der Kindergartenkinder) sichergestellt<br />
werden. Diese wiederum ist die Grundlage<br />
eines lebenswerten Lebens überhaupt. Es<br />
fehlen noch USD 1‘500. Wir bitten herzlich<br />
um Spenden!<br />
Florence Hibbeler: fhibb@web.de<br />
spendenvermerk: hibbeler Zimbabwe
wAldoRFschule windhoek<br />
in nAmibiA<br />
Die Waldorfschule Windhoek (WSW) hat<br />
derzeit rund 270 SchülerInnen, 46 MitarbeiterInnen,<br />
6 Enten, 12 Hühner, 2 Katzen<br />
und Paviane als Zaungäste. Die Zahl der<br />
Hühner schwankt von Woche zu Woche:<br />
Neue Küken werden geboren, ältere Tiere<br />
verschwinden plötzlich, vielleicht in einem<br />
Kochtopf? Und die Paviane sind schon bis<br />
in den Innenhof gekommen!<br />
Die Schule liegt am östlichen Stadtrand<br />
der Hauptstadt Windhoek, auf dem Weg<br />
zum internationalen Flughafen Hosea Kutako.<br />
Am Rande eines Reviers – einem<br />
trockenen Flussbett, das nur nach starken<br />
Regenfällen für einige Stunden Wasser<br />
führt – sehen wir an die gegenüberliegenden<br />
Hänge in eine typisch namibische<br />
Savannenlandschaft. Oft beobachten wir<br />
am Abend weidende Kudu-Antilopen.<br />
Begonnen hat alles im Januar 2000 mit 40<br />
SchülerInnen Seit 2004 sind wir auf dem<br />
heutigen Grundstück, einer ehemaligen<br />
Farm. Die Schule ist angewachsen auf 13<br />
Klassen, umfasst auch eine Vorschulklasse,<br />
eine Nachmittagsbetreuung für zirka<br />
20 Kinder sowie das Schülerheim mit 26<br />
Plätzen.<br />
Die Waldorfschule Windhoek ist Mitglied<br />
im internationalen Netzwerk der Waldorfschulen<br />
und assoziierte UNESCO-Schule.<br />
Quartalsfeier<br />
Morgenkreis der Unterstufe<br />
ein blick in die geschichte<br />
(und gegenwart) des landes<br />
Deutschland hat das Gebiet des heutigen<br />
Namibias (ehemals Südwest-Afrika) von<br />
1884 bis 1915 als Kolonie besetzt. Trauriger<br />
Höhepunkt der damaligen dramatischen<br />
Ereignisse für die hier lebenden<br />
Völker war der Genozid an dem Volk der<br />
Hereros und Namas durch die Deutschen<br />
im Jahr 1905. Von den etwa 90`000 Hereros,<br />
die von den Soldaten des General von<br />
Trotha in die Wüste getrieben wurden,<br />
überlebten nur knapp 15`000.<br />
Namibia und Deutschland bauen seit<br />
Gründung des unabhängigen Staates Namibia<br />
vor 22 Jahren und seit der gleichzeitigen<br />
Wiedervereinigung Deutschlands<br />
Brücken auf vielen Ebenen. Als neueste<br />
Aktion der Wiedergutmachung gab<br />
Deutschland dem Volk der Hereros Anfang<br />
Oktober die Schädel von 20 Ahnen<br />
zurück.<br />
Namibia – ein Land mit der zwanzigfachen<br />
Fläche der Schweiz – ist die Heimat<br />
von 2,2 Millionen Menschen mit sehr unterschiedlichen<br />
kulturellen Hintergründen.<br />
Etwa 13 Sprachen werden gesprochen.<br />
Als Folge der jahrzehntelangen de facto-<br />
Besetzung durch Südafrika sprechen fast<br />
alle Menschen Afrikaans. Seit der Unabhängigkeit<br />
1990 ist jedoch Englisch die<br />
Amtssprache. Die Regierung bemüht sich<br />
sehr, das Vertrauen und die Akzeptanz<br />
zwischen den verschiedenen Völkern zu<br />
verstärken im Sinne des Leitspruchs. „Namibia<br />
– one country, one nation!“<br />
Bei einer Arbeitslosenquote von rund 50%<br />
und dem generellen Bildungsnotstand im<br />
südlichen Afrika, der sich widerspiegelt<br />
in Armut, einer hohen HIV-Rate sowie<br />
Internat<br />
PROJEKTVORSTELLUNG 6<br />
einer gigantischen Zahl von Waisen und<br />
schutzbedürftigen Kindern, ist jede Form<br />
von Bildungsförderung notwendig und für<br />
die Zukunft des Landes unabdingbar.<br />
die schule<br />
Die Waldorfschule Windhoek hat es sich<br />
seit ihrer Gründung vor bald zwölf Jahren<br />
zur Aufgabe gemacht, den Kindern integrative<br />
Bildung zu ermöglichen sowie Verständnis<br />
und Interesse für die verschiedenen<br />
Kulturen des Landes zu fördern.
7<br />
PROJEKTVORSTELLUNG<br />
Die Gründungseltern hatten vorwiegend<br />
einen deutschsprachigen Hintergrund,<br />
weshalb bis heute die Unterrichtssprache<br />
bis zur siebten Klasse deutsch ist. Aber die<br />
Kinder lernen auch Afrikaans, Englisch,<br />
sowie eine der Namibischen Sprachen<br />
(Oshindongue, Oshiherero oder die Sprache<br />
der Namas und der Damaras, Khoekhoegowab).<br />
Ob allerdings Deutsch auch<br />
in Zukunft die Unterrichtssprache an der<br />
Unterstufe bleiben wird, ist ungewiss. Das<br />
Leben richtet sich immer mehr nach der<br />
englischen Sprache aus. In der Oberstufe<br />
ist Englisch die Unterrichtsprache.<br />
Die Waldorfschule Windhoek bietet von<br />
der ersten bis zur zwölften Klasse ein umfassendes<br />
praktisch-künstlerisches Curriculum<br />
bis hin zur Berufsausbildung an. Ein<br />
dreizehntes Jahr dient der Vorbereitung<br />
auf die namibischen Abschlussprüfungen.<br />
Hier werden gut ausgebildete junge Menschen<br />
dringend benötigt. Die integrierte<br />
Berufsausbildung in verschiedenen Bereichen<br />
(Schreinerei, Textildesign und Kunsthandwerk,<br />
Hausmeisterei, Gastronomie<br />
und Tourismus) musste jedoch leider in<br />
diesem Jahr aus finanziellen Gründen vorübergehend<br />
geschlossen werden. Eine<br />
erneute Eröffnung mit neuem Konzept ist<br />
auf Januar 2013 geplant.<br />
Seit zwei Jahren bieten wir ein Vorschuljahr<br />
an, vor allem, um Kinder in eine grössere<br />
soziale Gemeinschaft einzuführen<br />
und Grundkenntnisse in Deutsch zu vermitteln.<br />
nesley, henrietha und lundu im Schülerheim<br />
sind drei Kinder, die unter der Woche<br />
im Schülerheim leben. Nur dank des<br />
Schülerheims können sie hier zur Schule<br />
gehen, weil ihr Zuhause zu weit entfernt<br />
von der Schule ist. Fast jede private Schule<br />
in Namibia hat auch ein Schülerheim.<br />
nesley ist seit zwölf Jahren in Schule und<br />
Schülerheim. Seine Familie lebt seit Generationen<br />
auf der Farm Voightskirch als<br />
Farmarbeiter. Zwei seiner Geschwister leben<br />
ebenfalls im Schülerheim. Im Oktober<br />
nächsten Jahres wird er hoffentlich mit<br />
Erfolg die abschliessenden Prüfungen bestehen<br />
und ein Studien- und Arbeitsjahr in<br />
Deutschland antreten. Seine vielfältigen<br />
Sprachkenntnisse und sein Charme werden<br />
ihm helfen, diesen Schritt mit Leichtigkeit<br />
zu bewältigen.<br />
henrietha ist in meiner 6. Klasse. Sie<br />
heisst auch !Guban. Das Ausrufezeichen<br />
vor dem Namen steht für einen der vier<br />
Klicklaute, die die Sprache der Namas bereichern.<br />
!Guban ist ein stilles Mädchen,<br />
aufmerksam und fleissig und kann sehr<br />
schön zeichnen. Auch sie lebt mit ihrer<br />
Familie auf Voightskirch und kann dank<br />
mehrerer Patenschaften hier leben und<br />
zur Schule gehen.<br />
lundus Eltern sind uns unbekannt. Sie<br />
lebt mit anderen Halbgeschwistern bei ihrer<br />
Grossmutter und deren Partner, einem<br />
namibischen Farmer deutscher Herkunft<br />
in der Nähe von Omaruru. Ihre Muttersprache<br />
ist die der Ovambos. Sie ist unser<br />
jüngstes Kind im Schülerheim, spricht<br />
aber nach nur 8 Monaten schon fliessend<br />
Deutsch. Sie füttert täglich und aus voller<br />
Kehle singend die Hühner und Enten. Gerade<br />
wird sie von unserem 7.-Klässler Ronaldo<br />
für eine Laufdisziplin an der Olympiade<br />
2024 trainiert.<br />
Barbara Staufer mit InternatsschülerInnen<br />
Meine Frau Barbara Stauffer und ich leben<br />
seit gut zwei Jahren in Namibia. Ich unterrichte<br />
die sechste Klasse, Barbara unterrichtet<br />
Deutsch als Fremdsprache, Musik,<br />
Eurythmie. Oft springt sie ein, wenn Hilfe<br />
gefragt ist, nicht nur Erste Hilfe!<br />
Anfangs September haben wir zusätzlich<br />
die Leitung des Schülerheims übernommen.<br />
Für uns war klar, dass wir mit den<br />
Kindern zusammen wohnen wollen. Deshalb<br />
musste ein Anbau realisiert werden,<br />
damit keine Kinderplätze verloren gingen.<br />
Mit vielen grossen und kleinen Spenden<br />
aus unserem Freundeskreis konnten wir<br />
zwei neue Kinder- und ein Praktikantenzimmer<br />
weitgehend finanzieren, ohne das<br />
Budget der Schule zusätzlich zu belasten.<br />
Auch hatten wir bei der Übernahme der<br />
Leitung versprochen, unser möglichstes<br />
zu tun, um das Betriebsbudget des Schülerheims<br />
ausgeglichen zu gestalten, was<br />
bisher nicht der Fall gewesen war.<br />
Finanzen<br />
Etwa 15% der Schüler sind sogenannte<br />
nichtzahlende Kinder, deren Eltern oder Erziehungsberechtigte<br />
das Schulgeld nicht bezahlen<br />
können. Für diese Kinder erhalten wir<br />
einen Beitrag des Staates, der jedoch die Kosten<br />
bei weitem nicht deckt. Rund zwei Drittel<br />
aller Kinder können das Schulgeld von etwa<br />
200 Franken pro Monat nicht oder nur teilweise<br />
bezahlen. Für das Schülerheim sehen<br />
die Zahlen ähnlich aus. Wir sind deshalb als<br />
Schule sehr auf finanzielle Unterstützung an-<br />
gewiesen. Das Kuratorium, ein kleiner Kreis<br />
von Menschen in Deutschland, leistet dabei<br />
für die Schule überlebenswichtige Arbeit.<br />
Wir bemühen uns vor allem in der Schweiz,<br />
unserer ehemaligen Heimat, um finanzielle<br />
Unterstützung und sind sehr froh, in<br />
die Projektliste von ACACIA aufgenommen<br />
worden zu sein. Wir wünschen uns<br />
die Spenden natürlich insbesondere für<br />
das Schülerheim, aber auch die Schule als<br />
ganzes benötigt finanzielle Unterstützung.<br />
Es ist auch möglich, eine Patenschaft für<br />
ein einzelnes Kind zu übernehmen und für<br />
das Schulgeld, das Heimgeld oder einen<br />
Teil davon aufzukommen.<br />
Erich Meier: www.waldorf-namibia.org<br />
spendenvermerk: waldorfschule windhoek
schiwA semljA schweiZ und<br />
ukRAine<br />
Der Förderverein Schiwa Semlja – Schweiz<br />
besteht seit 11 Jahren und entstand indirekt<br />
aus dem Wunsch junger ukrainischer<br />
Bauern, die auf biologisch-dynamischen<br />
Bauernhöfen in der Schweiz einen neuen<br />
Zugang zur eigenen Landwirtschaft gefunden<br />
hatten. Anfänglich unterstützte<br />
der Verein die interessierten Bauern mit<br />
Kleinkrediten, damit sie eigene Maschinen<br />
anschaffen oder einfache Gebäude<br />
erstellen konnten. Inzwischen ist eine<br />
neue Herausforderung an den Verein herangetreten:<br />
Iwan Bojko, ein Lehrer an der Landwirtschaftsschule<br />
in Bereshany (Westukraine),<br />
bat uns, ihm beim Wiederaufbau des heruntergekommenen<br />
Dorfkollektivs seiner<br />
Heimatgemeinde Potutory behilflich zu<br />
sein. So begann vor 6 Jahren die Arbeit<br />
am Projekt! Iwan Bojko – auch er ehemaliger<br />
Praktikant in der Schweiz – wollte den<br />
Betrieb biologisch, lieber noch biologischdynamisch<br />
führen, was das Einverständnis<br />
von rund 200 Landbesitzern voraussetzte,<br />
da diesen nach dem Zusammenbruch<br />
des Kollektivs ein Landanteil als Eigentum<br />
zustand, den sie uns verpachteten. Der<br />
Betrieb umfasst viele Gebäude, die inzwischen<br />
zum Teil repariert werden konnten,<br />
und gegen 400 ha Land.<br />
Während 3 Jahren hatten sich Eva-Maria<br />
und Manuel Wolfer-Witzig verpflichtet,<br />
den Hofaufbau tatkräftig zu fördern, was<br />
ihnen mit ihrem vorbildlichen Einsatz auch<br />
gelang; der Betrieb wurde entrümpelt,<br />
das viele Alteisen verkauft und die noch<br />
brauchbaren Maschinen repariert, der<br />
Kuhstall für die inzwischen auf über 30<br />
Rinder, davon 16 Milchkühe, angewachsene<br />
Herde eingerichtet und ein Kundenkreis<br />
für die Milch aufgebaut. Der Schweizer<br />
Agronom Frédéric Perrochet leitete<br />
anfänglich den Ackerbau, damit war der<br />
Start zum Neubeginn gelungen!<br />
Inzwischen sind Wolfers und Frédéric wieder<br />
in die Schweiz zurückgekehrt. Damit<br />
steht der Betrieb vor einer Umgestaltung:<br />
Der Ackerbau wird künftig von Iwan Bojko<br />
nach biologischen Erkenntnissen geführt.<br />
Gleichzeitig hat der Verein Schiwa Semlja<br />
begonnen, einen Schulungshof für biologischen<br />
und biologisch-dynamischen Landbau<br />
aufzubauen. In der Ukraine leben viele<br />
Bauern, die mit einfachsten Geräten ihr<br />
Land bebauen. Ihnen möchten wir Wege<br />
aufzeigen, wie sie den Boden bewusster<br />
pflegen und bearbeiten können.<br />
Um Kurse anbieten zu können, brauchen<br />
wir neben dem Schulhof auch Unterkunftsmöglichkeiten<br />
und Schulungsräume.<br />
Die Gebäulichkeiten dafür sind auf<br />
dem Hof vorhanden, müssen jedoch noch<br />
gründlich renoviert werden.<br />
Der Hof beschäftigt einige Dorfbewohner<br />
als Wächter, Hirten und Stall- und Feldarbeiter.<br />
Die Hofmilch wird geschätzt, die<br />
Nachfrage aus dem Nachbarstädtchen<br />
Bereshany übersteigt das Angebot. Der<br />
am Dorfrand gelegene Betrieb wird genau<br />
beobachtet und seine Mitarbeiter finden<br />
Anerkennung .<br />
Die ukrainische Familie von Sergej und<br />
Olga mit ihren 3 Kindern ist im Sommer<br />
Baulager<br />
ins Wohnhaus eingezogen; Olgas Mittagstisch<br />
wird von den Mitarbeitenden und<br />
Gästen gelobt. Sergej und Olga wollen<br />
den Betrieb aufbauend mitgestalten, sind<br />
aber keine Bauern. So suchen wir weiter<br />
nach Fachleuten, die mithelfen können,<br />
den Schulhof in Kürze einzurichten.<br />
Erfreulich sind die Hilfestellungen von<br />
verschiedensten Seiten: Verwandte der<br />
Familie Wolfer und Freunde haben handwerkliche<br />
Arbeiten angepackt, jeweils<br />
die 10. Klassen der Rudolf Steiner Schule<br />
Bern-Ittigen waren im Frühsommer 2010<br />
und 2011 während rund 2 Wochen eifrig<br />
tätig, dazu im letzten August eine Gruppe<br />
Jugendlicher aus der evangelischen Kirchgemeinde<br />
Horgen mit ihrem Pfarrer – alle<br />
Gruppen wurden von Baufachleuten begleitet<br />
und geführt. Auf den Mauern eines<br />
Nebengebäudes steht ein neues Dach, die<br />
PROJEKTBERICHTE 8<br />
undichten Stellen des Getreidesilos wurden<br />
geflickt, das Wächterhaus vollständig<br />
renoviert und verziert, ein Praktikantenzimmer<br />
und ein Büro gestrichen, mit<br />
Holzdecke und Holzboden versehen, der<br />
Holzschopf wurde neu gedeckt und die<br />
Schutthaufen aus den künftigen Kellerräumen<br />
sind verschwunden!<br />
Auch für den kommenden Sommer erwarten<br />
wir jugendliche Hilfe aus Bern. Die<br />
Vorbereitungen für ihre Arbeiten sind eingeleitet.<br />
Das Projekt, das eigentlich ganz im Sinne<br />
des Weltagrarberichtes aus dem Jahre<br />
2009 * – der leider kaum Beachtung<br />
gefunden hat – aufgebaut wird, benötigt<br />
Unterstützung. Wir suchen Bauern, die<br />
am Aufbau des Schulungshofs mitarbeiten<br />
möchten, und hoffen auch weiterhin<br />
auf finanzielle Hilfe, da der Betrieb noch<br />
defizitär arbeitet.<br />
* Weltagrarbericht „Wege aus der Hungerkrise“<br />
S. 39: Die Ausweitung der vielen<br />
kleinen und häufig sehr spezifischen Praktiken<br />
und Lösungswege der Bauern und<br />
Händler vor Ort könnte helfen, das natürliche<br />
und soziale Kapital in den ärmsten<br />
Ländern wieder aufzubauen, nach dem<br />
afrikanischen Sprichwort: „Wenn viele<br />
kleine Leute an vielen kleinen Orten viele<br />
kleine Dinge tun, werden sie die Welt verändern.“<br />
www.weltagrabericht.de<br />
Hans Kuratli: www.schiwa-semlja.org<br />
spendenvermerk: schiwa semlja ukraine
9<br />
PROJEKTBERICHTE<br />
heilPädAgogische schule<br />
tAlismAn und soZiAltheRA-<br />
Peutische lebensgemeinschAFt<br />
istok in iRkutsk, sibieRien<br />
Am 1. September 2011 startete die heilpädagogische<br />
Schule „Talisman“ das 21.<br />
Schuljahr. Mit einem Fest wurde am 30.<br />
September dieses Jubiläum gefeiert.<br />
Freiwillige HelferInnen<br />
Die Schule mit 24 Kindern in 5 Klassen ist<br />
heute immer noch sehr bescheiden. Alle Bemühungen<br />
für ein grösseres Schulgelände<br />
sind bis heute am Erwerb eines geeigneten<br />
Grundstückes und den finanziellen Mitteln<br />
gescheitert. Seit Jahren wird eine hochstehende<br />
heilpädagogische Arbeit geleistet.<br />
Dies wurde von Eltern, von verschiedenen<br />
Behindertenorganisationen und Behördenvertretern<br />
an der Jubiläumsfeier ausgesprochen.<br />
Nicht zuletzt zeigt sich dies auch an<br />
der Entwicklung aller Kinder, die die Schule<br />
besucht haben. Die jungen Menschen sind<br />
zu Persönlichkeiten herangewachsen.<br />
was wurde durch 20 jahre heilpädagogische<br />
Arbeit in der Öffentlichkeit in irkutsk<br />
erreicht?<br />
In Irkutsk sind verschiedene Behindertenorganisationen<br />
und Selbsthilfegruppen<br />
entstanden. Es wurden neue Angebote für<br />
Menschen mit einer Behinderung durch<br />
neue Elterninitiativen errichtet. Die Regierung<br />
hat eine Website eingerichtet als<br />
Plattform für alle sozialen Institutionen und<br />
mit Angeboten für Menschen mit einer Behinderung.<br />
Die Mitarbeiter von „Talisman“<br />
werden oft als Berater beigezogen und<br />
wirken in verschiedenen Fachgruppen bei<br />
der Stadtbehörde mit. So haben auch öffentliche<br />
kulturelle Aktivitäten stattgefunden.<br />
Die Menschen mit einer Behinderung<br />
haben durch den Einsatz von Talisman eine<br />
Stimme erhalten und sind Teil des öffentlichen<br />
Lebens geworden.<br />
Trotz all dieser Erfolge will sich die Regierung<br />
bis heute nicht an der Finanzierung<br />
der Schule beteiligen. Somit muss „Talisman“<br />
weiterhin mit bescheidenen finanziellen<br />
Mitteln auskommen und ist weiterhin<br />
auf Spenden angewiesen.<br />
Die sozialtherapeutische Dorfgemeinschaft<br />
„Istok“ besteht seit 11 Jahren. Heute leben<br />
und arbeiten dort 20 Menschen.<br />
Soeben wurde ein neues Wohnhaus für<br />
weitere 10 Menschen fertig gebaut. „Istok“<br />
ist ein Platz geworden, wo Menschen<br />
mit unterschiedlichen Möglichkeiten einen<br />
Lebensort für ihre persönliche Entwicklung<br />
gefunden haben. Ohne einen solchen Lebensort<br />
würden diese Menschen isoliert,<br />
ohne Arbeit und häufig ohne sozialen Kontakt<br />
leben. In „Istok“ bilden Menschen<br />
mit einer Behinderung und MitarbeiterInnen<br />
zusammen eine Lebensgemeinschaft.<br />
Grundlage dieser Lebensgemeinschaft sind<br />
die Landwirtschaft und verschiedene kleine<br />
Werkstätten. Die tagtäglichen Arbeiten<br />
werden aufgeteilt in Haus, Landwirtschaft,<br />
Garten und im Winter auch in Werkstätten.<br />
Kulturelle Aktivitäten, wie das regelmässige<br />
Malen oder das Einüben von Theaterstücken<br />
bringen Abwechslung in das reiche<br />
Arbeitsleben.<br />
„Istok“ ist zu einem Treffpunkt vieler<br />
Menschen aus der Umgebung geworden.<br />
Regelmässig kommen Leute ins „Dorf“,<br />
um dem hektischen Stadtleben zu entfliehen,<br />
um tatkräftig bei der täglichen Arbeit<br />
mitzuhelfen oder auch, um Ratschläge in<br />
schwierigen Lebenslagen zu erhalten. „Istok“<br />
hat in den umliegenden Dörfern Eltern<br />
von Söhnen und Töchtern mit einer Behin-<br />
derung Möglichkeiten für eine Integration<br />
aufgezeigt. So sind Angebote mit Arbeitsmöglichkeiten,<br />
soziale und kulturelle Aktivitäten<br />
entstanden.<br />
Seit 6 Jahren findet regelmässig ein Sommercamp<br />
mit 20 StudentInnen aus Russland,<br />
Deutschland und der Schweiz statt.<br />
Ziel dieser Camps ist, das Leben mit Menschen<br />
mit Behinderungen kennenzulernen,<br />
aktiv bei der tagtäglichen Arbeit mitzuhelfen<br />
sowie einen Beitrag zur Verbesserung<br />
der Wohnhäuser und deren Infrastruktur<br />
zu leisten. Das Sommercamp soll auch den<br />
kulturellen Austausch zwischen Menschen<br />
aus verschiedenen Kulturkreisen fördern.<br />
Neben der Arbeit finden künstlerische Aktivitäten<br />
und Gespräche über soziale Fragen<br />
statt. Oft kann dieses Lager bei den StudentInnen<br />
eine wegweisende Veränderung<br />
für ihre zukünftige Arbeit auslösen.<br />
Die LehrerInnen und MitarbeiterInnen von<br />
„Talisman“ und „Istok“ haben in den vergangenen<br />
20 Jahren unermüdlichen Einsatz<br />
für die Menschen mit einer Behinderung<br />
geleistet. Seit dem Jahr 2000 reise ich<br />
regelmässig nach Irkutsk und konnte diese<br />
Entwicklung miterleben und unterstützen.<br />
Hans Gammeter: h.gammeter@bluewin.ch<br />
spendenvermerk: talisman & istok irkutsk<br />
qewAR in PeRu<br />
Handgefertigte Stoffpuppen aus Naturmaterialen<br />
hergestellt von den Indiofrauen<br />
aus dem Sozialprojekt Qewar im Hochland<br />
von Peru.<br />
bestellung: Fon 044 930 58 82<br />
www.qewar.ch, puppen@qewar.ch<br />
spendenvermerk: qewar Peru
ciRco Ponte dAs estRelAs,<br />
sAo PAulo in bRAsilien<br />
„Als Kind sind alle Menschen kreativ. Die<br />
Schwierigkeit ist es, es als Erwachsener zu<br />
bleiben…“ Pablo Picasso<br />
Leo schlägt mit einem Metallstab einen<br />
Ton an: „Katinka, hör doch mal den Ton,<br />
hast Du ihn gehört?!“ Aber Katinka ist viel<br />
zu beschäftigt mit den praktischen Angelegenheiten<br />
ihres Alltags. Sie baut ein Haus,<br />
und eigentlich sollte Leo ihr helfen, anstatt<br />
sich in Träumen zu verlieren, mit Hölzern,<br />
Ziegeln und Hammer zu spielen, als seien<br />
es Flöten oder Klanghölzer ... Die beiden<br />
Freunde merken erst, wie weit sie sich voneinander<br />
entfernt haben, als es schon fast zu<br />
spät ist… „Ich hätte so gerne, dass Katinka<br />
meine Musik hört – sie glaubt nur an praktische<br />
Dinge, – wenn sie doch nur verstünde,<br />
dass es um so viel mehr geht. Es geht ums<br />
Leben! Das Säuseln des Windes im Bambus,<br />
das Singen der Vögel, … jede Kreatur steigt<br />
mit ihrem einzigartigen Ton in die grosse<br />
Musik der Welt ein! Aber was nützt es, einen<br />
besten Freund zu haben, wenn er einem<br />
nicht glaubt, nicht einmal zuhört?“ Leo ist<br />
verzweifelt, der Abgrund ist zu gross – „…<br />
sie glaubt, alles was ich sage, ist Unsinn. Wir<br />
sind viel zu verschieden. Niemals werden wir<br />
uns treffen!“ Gespannt schaut das Publikum<br />
auf die Bühne, die Geschichte wird begleitet<br />
von bunten Circuseinlagen, aber auch die<br />
Idee der Geschichte kommt nicht zu kurz –<br />
„Ich liebe es zu arbeiten, wie die Bienen. Ich<br />
arbeite ohne Pause! Hämmern, Sägen, Verputzen<br />
– und schon ist wieder etwas fertig.<br />
Das Leben schreitet voran – ich folge dem<br />
Rhythmus der Erde…“<br />
Im vergangen Jahr konnten wir mit 20 Artisten<br />
unsere Aufführungen in Schulen, Theatern<br />
und Kulturzentren in täglichem Training<br />
vorbereiten. Jedes Circusjahr beginnt im<br />
Februar mit viel Training, Probezeiten für<br />
neue Schüler und natürlich allen Alltagsverpflichtungen<br />
wie Schule, Hausaufgaben,<br />
Prüfungen vorbereiten. Wir entwickeln eine<br />
Geschichte, die das Thema der diesjährigen<br />
Tournee bestimmt und erarbeiten dazu die<br />
entsprechenden Choreographien, bauen<br />
neue Bühnenbilder, nähen Kostüme und<br />
pflegen unseren Bestand an Utensilien. Dazu<br />
gehört auch der kleine Anhänger, mit dem<br />
wir unsere Requisiten zu den Aufführungsorten<br />
fahren. Zur Instandhaltung müssen<br />
alle Bretter abgebaut, neu geschmirgelt und<br />
gestrichen werden, damit er zur Aufführung<br />
glänzt … Ab März finden schon erste Wochenenden<br />
mit Intensivtraining statt, denn<br />
unsere Schulzeiten liegen in Schichten, so<br />
dass sich nicht alle Artisten täglich treffen<br />
können. Und so müssen Extrazeiten für<br />
gemeinsam erarbeitete Choreographien<br />
geschaffen werden. Ab Mai darf niemand<br />
mehr fehlen oder aussteigen, das gehört<br />
zu den Verpflichtungen eines Artisten. Und<br />
dann geht es in Riesenschritten auf die Tournee<br />
zu. Da wohnen wir dann zwischen 4 bis<br />
6 Wochen zusammen und fahren von dem<br />
Landgrundstück im Inneren São Paulos zu<br />
den einzelnen Aufführungsorten. Wir haben<br />
bereits gute Freunde, die uns immer wieder<br />
einladen, aber wir bekommen auch immer<br />
neue Anfragen.<br />
Gegen Jahresende ist dann Zeit für andere<br />
Aktivitäten: Musikunterricht, Kunstunterricht<br />
und Sprachen können intensiviert<br />
werden, und nebenbei beginnt eine kleine<br />
Produktion von Jonglierbällen, Holzbrücken<br />
und Sternen für die Bazare an deutschen<br />
Waldorfschulen. Abschluss des Jahres bildet<br />
die Kinder- und Jugendreise ins Hinterland<br />
São Paulos.<br />
Und schon ist das Jahr vorbei… Das ist für<br />
alle Beteiligten ganz schön viel Arbeit, und<br />
man könnte sich fragen, warum eigentlich<br />
„Circus“?! Natürlich fallen einem zunächst<br />
alle therapeutischen, pädagogischen, präventiv-medizinischen<br />
und krisenbegleitenden<br />
Vorteile dieser Arbeit ein, mehr noch für<br />
eine Klientel, die andauernd in einer Krise<br />
zu stecken oder in einem Trauma gefangen<br />
zu sein scheint. Unsere Kinder kommen aus<br />
den Elendsvierteln São Paulos und leiden an<br />
Gewalt, kriminellem Umfeld, chronischen<br />
Krankheiten (AIDS, Epilepsie, Depression<br />
u.a.), Verwahrlosung, Missbrauch und Armut.<br />
Es gibt also genug Gründe, um sich et-<br />
PROJEKTBERICHTE 10<br />
was „Besonderes“ einfallen zu lassen, allein<br />
schon, um die Kinder an unsere Arbeit zu<br />
binden. Aber das ist eben doch nicht alles.<br />
Circus ist das Versprechen auf ständige Begegnung.<br />
Eine Verabredung, sich in einer<br />
Welt zu treffen, zu spielen, zu üben, sich<br />
anzustrengen, ohne dass es einen einzigen<br />
ernsthaften Grund gäbe …, wenn nicht die<br />
Begegnung. Die Begegnung der Artisten<br />
untereinander, lernen, einander zu vertrauen,<br />
weil „es“ sonst nicht funktioniert. Die<br />
Begegnung mit sich selbst, den eigenen<br />
Grenzen, aber auch den unerwarteten Fähigkeiten<br />
und Möglichkeiten, der Verantwortung,<br />
und nicht zuletzt die Begegnung<br />
mit der Welt, unserem Publikum, die Freude<br />
und die Aufgabe, ihr etwas schenken zu<br />
können, und das Glück, mit einem von Herzen<br />
kommenden Applaus belohnt zu werden,<br />
ehrliche Bewunderung geschenkt zu<br />
bekommen. All das sind wunderbare Begegnungserlebnisse,<br />
die langsam das Vertrauen<br />
in eine scheinbar oft so beziehungsunfähige<br />
Welt zurückgeben können.<br />
Wir danken allen unseren Freunden, Spendern,<br />
Förderern, Zuschauern, Kindern und<br />
Erwachsenen, Schulen, Theatern, Strassenzügen,<br />
die bei unserem Versuch der Begegnung<br />
mitgearbeitet haben und uns immer<br />
wieder eine Gelegenheit schenken, Begegnung<br />
trotz aller Verschiedenheit möglich zu<br />
machen.<br />
Katrin Bugert, Celia Cristina Sant’ana und<br />
Regina Klein<br />
www.circopontedasestrelas.com<br />
ponte-das-estrelas@web.de<br />
spendenvermerk:<br />
circo Ponte das estrelas brasilien
11<br />
PROJEKTÜBERSICHT 2011<br />
südAFRikA Inkanyezi Waldorfschule, Alexandra in Johannesburg: Wiebke Holtz | Khanyisa heilpädagogische Waldorfschule,<br />
Centre of Creative Education mit Zenzeleni Waldorfschule, Kairos Eurythmie Training in Kapstadt: Jenni Brassington, Helen Stotko,<br />
Silke Sponheuer | Mc Gregor Waldorfschule: Katleen Verschoore<br />
nAmibiA Waldorfschule Windhoek: Erich Meier<br />
kenyA Mbagathi Rudolf Steiner Schule und Lehrerausbildung, Nairobi: Judith Brown und Peter van Alphen<br />
ägyPten Sekem Initiative, Kairo: Marianne Wachberger<br />
tunesien Biologisch-dynamisches Projekt (Datteln & Olivenöl): Karl Keller | Öko-Pension Hazoua: Reto Ingold<br />
isRAel Neta Erez, Beer Sheva: Jehonathan Dvir und Tamrat El Seittun, Schfar'am: Stefanie Allon-Grob<br />
kosoVA Oases Kindergarten, Prishtina: Fatmire & Florije Terdevci | Musikschule und Burim Zherka, Djakova: Dorothea Fankauser<br />
bosnien Sunce heilpädagogische Ausbildung, Bihac: Stephanie Martin<br />
RusslAnd Talisman heilpädagogische Schule und Istok sozial thearapeutische Dorfgemeinschaft, Hans Gammeter | Waldorf-<br />
schule Irkutsk: Thomas Marti, Ursula Locher | Zentrum für Erziehungskunst, St. Petersburg: Irina Wolkowa<br />
bulgARien Heilpädagogik, Varna: Edith Moor<br />
geoRgien Momavlis Mitsa - Zukunft Erde, biologisch-dynamisches Arbeit: Jean-Jacques Jacob<br />
ukRAine Waldorfpädagogik und Eurythmieausbildung, Kiev: Peter Lüthi, Eckhart Dönges | Schiwa Semlja und Kulbaba biolo-<br />
gisch-dynamische Arbeit in der Ukraine: Hans Kurati, Christina Lieberherr, Roger Schorro, Irene Zimmerli, Rainer Sax<br />
Polen Biologisch-dynamisches Dorfprojekt, Juchowo: Dr. Manfred Klett<br />
tschechien Camphill Ceske Kopisty und Stiftung Tabor: Christoph Bolleter, Marianne Schlegel<br />
Rumänien Corabia/Prietenia Heilpädagogik und Sozialthearpie, Bukarest: Mathias Clauberg<br />
kyRgistAn Nadjeschda Kinderzentrum: Karla-Maria und Igor Schälike<br />
PAkistAn Roshni Initiative, Lahore: Hellmut und Shahida Hannesen<br />
AFghAnistAn ARHSO Schulungs- und Gesundheitszentrum: Erica Kessler<br />
bRAsilien Monte Azul, São Paulo: Renate Keller Ignacio, Anke und Edda Riedel | Nachaltige Tropenlandwirtschaft Brasilien:<br />
Manfred v. Osterroth | Espaço São Micael, Botucatu: Christine Wodka | Aitiara Waldorfschule, Botucatu: Marit Scheibe | Circo<br />
Ponte das Estrelas: Katrin Bugert<br />
PeRu Aynimundo Favelaarbeit, Lima: Bettina Groher | Pro Humanus Peru: Bettina Vielmetter | San Christoferus heilpädagogi-<br />
sche Schule, Lima: Fernando Zamora und Daniel Lage | Qewar, Peru: Flurina Hallauer | Wiñay, Peru: Katja Rechstein<br />
usA Lakota Waldorf School, Pine Ridge Indian Reservation, South Dakota: Isabel Stadnick<br />
unteRstütZte PRojekte Max Stibbe Waldorfschule, Pretoria | Sikhulise im Soweto-Township, Johannesburg | Novalis<br />
Institute, Kapstadt | Sprachgestaltung, Kiev | Bazolas in Angola | Fundacion Tobias, La Choza und Pädagogisches Seminar, Buenos<br />
Aires | Waldorfbewegung in Indien | Pequeno Principe, São Paulo | Waldorfschule Simeria in Rumänien<br />
die aufgeführten Personen tragen oder begleiten die Projekte vor ort oder/und in europa.
acacia<br />
Fonds für Entwicklungszusammenarbeit<br />
Eisengasse 5 | CH-4051 Basel | Tel. + 41 61 263 35 00<br />
Fax + 41 61 262 15 12 | E-Mail acacia@vtxmail.ch<br />
www.acacia-verein.ch<br />
Impressum<br />
Redaktion | Jules Ackermann<br />
Gestaltung | www.gaspardweissheimer.ch<br />
Druck auf Recycled FSC Papier | Gremper AG, Basel<br />
Titelbild | McGregor Waldorfschule, Südafrika<br />
Letzte Seite | Zenzeleni Waldorfschule, Kahelitsha, Südafrika<br />
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Es gibt verschiedene Möglichkeiten dies zu tun:<br />
• Mit einer einmaligen freien oder projektbezogenen Spende<br />
• Mit einem regelmässigen Beitrag<br />
• Mit einer Patenschaft für ein Kind oder eine Institution<br />
• Mit einer ACACIA-Mitgliedschaft (Jahresbeitrag 100 Franken)<br />
• MIt Ideen, Anregungen, Angeboten<br />
AcAciA ist als gemeinnütziger Verein anerkannt,<br />
spenden sind steuerabzugsberechtigt.<br />
Freie Gemeinschaftsbank, CH-4001 Basel,<br />
Postcheckkonto 40-963-0<br />
IBAN CH13 0839 2000 0000 2488 0 oder<br />
IBAN CH93 0839 2000 0040 0800 6<br />
BIC BLKBCH22 und FRGGCHB1<br />
<strong>Acacia</strong>- und spendenvermerk nicht vergessen!