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BIG DATA

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<strong>BIG</strong> <strong>DATA</strong><br />

3. Smart Health: Tracking und Wearables<br />

107<br />

Weiterhin ist nicht geklärt, wie fehleranfällig<br />

Erhebungen mittels Wearables in der Praxis sind.<br />

Nutzer können bei Anwendung der Apps nicht wie<br />

bei traditionellen medizinischen Studien überwacht<br />

werden, weshalb von einer erhöhten statistischen<br />

Ungenauigkeit auszugehen ist. Das gilt<br />

selbst dann, wenn sicher ist, dass die Sensoren der<br />

Geräte selbst hinreichend zuverlässig messen. 113<br />

Das größere Problem werden aber voraussichtlich<br />

dennoch die Nutzer selbst darstellen. Wenn es keinen<br />

persönlichen Kontakt zu den Probanden gibt,<br />

kann nicht ausgeschlossen werden, dass Teilnehmerdaten<br />

von vornherein verfälscht sind. Es gibt<br />

keinen Prüfmechanismus, um festzustellen, ob<br />

Grunddaten wie beispielsweise das Alter der Person<br />

wahrheitsgemäß eingegeben wurden. Aus<br />

diesem Umstand ergeben sich zudem rechtliche<br />

Prob leme. So ist es gesetzlich verboten, Minderjährige<br />

ohne Einverständniserklärung ihrer Eltern<br />

an medizinischen Studien teilnehmen zu lassen.<br />

Auch hier fehlt aufgrund des Versuchsaufbaus die<br />

Möglichkeit, das Einhalten der Altersgrenze zu verifizieren.<br />

Das Forschungsergebnis kann schließlich<br />

durch die sogenannte Stichprobenverzerrung gestört<br />

oder im Extremfall sogar gänzlich unbrauchbar<br />

sein. Werden medizinische Daten für eine<br />

bestimmte Studie ausschließlich von Personen gesammelt,<br />

die im Besitz eines Wearables sind, dann<br />

schließt das all jene aus, die sich ein solches (ggf.<br />

teures) Gerät nicht leisten können. Schlussfolgerungen<br />

aus den präsentierten Studien können daher<br />

dazu führen, dass die Interessen, Bedürfnisse<br />

und spezifischen Eigenschaften der nicht in die<br />

Datenbasis eingeflossenen Teile der Bevölkerung<br />

nur unzureichend berücksichtigt werden. Diesen<br />

Bedenken wird allerdings zugleich entgegengehalten,<br />

mit traditionellen Methoden durchgeführte<br />

Studien seien ebenfalls nicht vor solch einer Verzerrung<br />

gefeit. Auch sie hätten zumeist nur Zugriff<br />

auf einen bestimmten Teil der Bevölkerung. Ihre<br />

Probanden lebten überproportional häufig in der<br />

Nähe von Universitäten, mithin in urbanen Zentren,<br />

und hätten genügend Zeit für die Teilnahme. Daher<br />

könne man sogar von einer Erhöhung der Repräsentativität<br />

ausgehen, sobald sich Wearables erst<br />

einmal so weit am Markt etabliert haben, dass sie<br />

so selbstverständlich sind wie heute schon Smartphones.<br />

Schlussendlich kann sich der vermehrte Einsatz<br />

von Wearables auf das Verhältnis zwischen Arzt und<br />

Patient auswirken. Insofern die durch das Gerät generierten<br />

Daten genutzt werden, um Diagnosen zu<br />

erstellen und Therapiepläne zu entwickeln, führt<br />

die Nutzung der Technologie zu einer zunehmenden<br />

Entpersonalisierung der medizinischen Direktversorgung<br />

–, die Kommunikation mit dem Patienten könnte<br />

leiden, wenn Algorithmen darüber entscheiden, wie in<br />

Bezug auf den Gesundheitszustand weiter verfahren<br />

wird. Das kann unter Umständen so weit gehen, dass<br />

der Arzt die algorithmusbasierten Diagnosen selbst<br />

kaum noch verstehen oder nachvollziehen kann und<br />

deshalb auch nicht mehr in der Lage ist, den Patienten<br />

seiner Pflicht entsprechend umfassend zu informieren.<br />

Die Herausforderungen für die Gesellschaft<br />

Das Tracking bei Smart-Health-Anwendungen wirft<br />

noch wesentlich gravierendere gesellschaftliche<br />

Fragen auf als Tracking im Fall von Smart Mobility.<br />

Gesundheitsdaten sind beinahe per definitionem<br />

höchstpersönlicher Natur. Hersteller und Anbieter<br />

von Geräten und Anwendungen, deren Zweck es ist,<br />

aus solchen Werten Big Data zu generieren und zu<br />

verwerten, müssen diese sensible Qualität unbedingt<br />

und stets berücksichtigen. Dabei ist es zunächst<br />

einmal zweitrangig, ob die Daten für kommerzielle<br />

oder wissenschaftliche Zwecke genutzt<br />

werden sollen. Die im Folgenden angerissenen Fragen<br />

in Bezug auf Smart Health sind als Grundlage<br />

für die Erarbeitung und Aushandlung einzelner<br />

Regelungselemente gedacht, die in einem weiteren<br />

Schritt in einen möglicherweise aufzustellenden Digitalen<br />

Kodex für den Umgang mit Big Data im Gesundheitsbereich<br />

überführt werden könnten.<br />

113 Stephanie M. Lee, „Why Apple’s New ResearchKit Could Have a Diversity Problem“, BuzzFeed News, 10. März 2015, online: http://www.buzzfeed.com/<br />

stephaniemlee/why-apples-new-researchkit-could-have-a-diversity-problem#.npN60yG19.

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