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KdmAR I

Eugen Steinmann: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Ausserrhoden 1: Der Bezirk Hinterland. Basel: Birkhäuser, 1973 (Die Kunstdenkmäler der Schweiz 61)

Eugen Steinmann: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Ausserrhoden 1: Der Bezirk Hinterland. Basel: Birkhäuser, 1973 (Die Kunstdenkmäler der Schweiz 61)

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DIESER B AND IST DER EINUNDSECHZIGSTE D ES GESAMTWERKES


DIE<br />

KUNSTDENKMÄLER<br />

DER SCHWEIZ<br />

HERAUSGEGEBEN V ON D ER<br />

GESELLSCHAFT F ÜR S CHWEIZERISCHE K UNSTGESCHICHTE<br />

MIT EIDGENÖSSISCHEN, KANTONALEN,<br />

KOMMUNALEN UND PRIVATEN SUBVENTIONEN<br />

a<br />

BIRKHÄUSER V ERLAG BASEL<br />

1973


DIE KUNSTDENKMÄLER<br />

DES KANTONS<br />

APPENZELL AUSSERRHODEN<br />

BAND I<br />

DER BEZIRK HINTERLAND<br />

VON<br />

EUGENSTEINMANN<br />

MIT 4 10 ABBILDUNGEN UND 2 FARBTAFELN<br />

BIRKHÄUSER V ERLAG BASEL<br />

1973


HERSTELLUNGSREDAKTION, MAQUETTE UNDENTWURFZUR GEPRÄGTEN<br />

EINBANDVIGNETTENACH DEM GROSSEN SIEGEL DES LANDESAPPENZELL<br />

AUSSERRHODENVON 1598:<br />

HANSHALLER,BERN<br />

ALLE RECHTE VORBEHALTEN - TOUS DROITS RESERVES<br />

© BIRKHÄUSER VERLAG BASEL, 1973<br />

DRUCK VON BIRKHÄUSER AG, BASEL<br />

PRINTED IN SWITZERLAND


V<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

Seite<br />

Vorwort der Gesellschaftfür SchweizerischeKunstgeschichte V I<br />

Vorwort des Verfassers<br />

VIII<br />

Verzeichnisder Abkürzungen X I<br />

Übersichtskarte des Kantons Appenzell Außerrhoden<br />

X V<br />

D E R KANTON A PPENZELL AUSSERRHODEN<br />

Einleitung 2<br />

Geschichte S. 2 - Kantonsaltertümer S. 13<br />

D I EALTER H O D E U N D KIRGHHÖREHERISAUM I T D E NHEUTIGEN<br />

GEMEINDENSCHWELLBRUNNU N D WALDSTATT<br />

Herisau 23<br />

Geschichte S. 23 - Lageund Gestalt - Straßen und Verkehr S. 50 - Reformierte Kirche<br />

S. 54 - Öffentliche Profanbauten S. 97 - Brunnen S. 121 - Bürgerhäuser S. 123 - Bürgerund<br />

Bauernhäuser der Außenbezirke S. 197 - Mühlen S. 213 — Gedeckte Holzbrücken<br />

S. 215 - Burgen S. 223<br />

Schwellbrunn 233<br />

Geschichte S. 233 - Lage und Gestalt S. 237 - Straßen und VerkehrS. 239 - Kirche S. 240 -<br />

Profanbauten S. 246 - Bauernhäuser S. 257 - Mühlen S. 264<br />

Waldstatt 265<br />

Geschichte S. 265 - Lage und Verkehr S. 269 - Kirche S. 272 - Profanbauten S. 281 -<br />

MühlenS. 289<br />

D I E ALTEKIRCHHÖREU N D R H O D EURNÄSCHM I TD E RHEUTIGEN<br />

GEMEINDESCHÖNENGRUND<br />

Urnäsch 292<br />

Geschichte S. 292 - Lageund Gestalt S. 298 - Straßenund Verkehr S. 299 — Reformierte<br />

Kirche S. 302 - Ehemaliges Pfarr-und Rathaus S. 310 - Dorfplatz S. 312 - Bürger- und<br />

Bauernhäuser S. 317 — Mühlen S. 321 — Ehemalige gedeckte Holzbrücken S. 325<br />

Schönengrund 33 1<br />

Geschichte S. 331 - Lage S. 335 - Kirche S. 337 - Pfarrhaus S. 347 - Bürgerhäuser S. 348<br />

D I E A LTEKIRCHHÖREHUNDWILM I T D E REHEMALIGENOBEREN<br />

R H O D E (HUNDWIL)U N D D E RUNTERENR H O D E (STEIN)<br />

Hundwil 352<br />

Geschichte S. 352 - Lage und Gestalt S. 358 - Straßenund VerkehrS. 362 - Kirche S. 363 -<br />

Pfarr- und ehemaliges Rathaus S. 380 - BürgerhäuserS. 385 - BauernhäuserS. 390 - Mühlen<br />

S. 396 - Brücken S. 397<br />

Stein 401<br />

Geschichte S. 401 - Lage und Gestalt S. 406 - Straßenund VerkehrS. 409 - Kirche S. 411 -<br />

Öffentliche Profanbauten S. 421 - Bürger- u nd Bauernhäuser S. 424 - Abgegangene<br />

Mühlen S. 434 — Gedeckte Holzbrücken S. 436 - «Burg» im Sonder S. 438<br />

Herkunft d er Abbildungsvorlagen 440<br />

VERZEICHNISSE<br />

Tabelle I: Goldschmiedezeichen 442<br />

Tabelle II: Zeichen der Petschaftsstecher 442<br />

Tabelle III: Marken von appenzell-außerrhodischen Zinngießern 442<br />

Tabelle IV: Steinmetzzeichen 443<br />

TabelleV: Vermutliche Zeichen von Textilkaufleuten (Leinwandhändlern) 445<br />

Orts- und Personenregister 446


VI<br />

VORWORTDERGESELLSCHAFT<br />

FÜRSCHWEIZERISCHEKUNSTGESCHICHTE<br />

Die MannigfaltigkeitunsererHeimat findet wohl in keinemWerk so augenfälligenNiederschlag<br />

w ie in der R eihe « Die Kunstdenkmäler der Schweiz». M it besonderer S pannung<br />

greifen wir heute z um 61.Band dieses breit angelegten kunstgeschichtlichen Inventars,<br />

nichtweilwir im KantonAppenzellAußerrhoden großartige Kunstwerke erwarten, sondern<br />

weil sich in dieser voralpinen Landschaft ein weitgehend unverfälschtes, archaisches Siedlungsbild<br />

erhalten hat.Wirsehen vor uns die Streuhöfe im grünen Gewoge der Hügel, die<br />

freundlichen Dörfer auf luftigen HöhenundimHintergrund die majestätische Kulisse des<br />

Säntis.EugenSteinmann legtuns den erstenBandvon Außerrhoden vor,welcherdas HinterlandmitHerisau<br />

umfaßt.Mit scharfem Blickfür d as Schöne, das Charakteristischeunddas<br />

Einmalige zeichnet erdas Bild dieser Kunstlandschaft, deren Schwergewicht aufdem ländlichen<br />

Profanbau liegt. Appenzell leistet einen eigenständigen Beitrag zum alemannischen<br />

Holzbau, sei es durch die vereinzelten Höfemitden braungebrannten Blockwänden, sei es<br />

durch die dörflichen Häusergruppen mitdemschützenden Täferwerk. Lange Fensterreihen<br />

blitzen inder Sonne; die Giebel ragen bald herrisch auf oder ducken sich breitschultrigim<br />

SchattendesNachbarsoder schwingensichkokett geschweift in die Höhe. D ie Zeitdes späten<br />

18. und 19. Jahrhunderts, als die blühende Textilindustrie die Bevölkerung sprunghaft ansteigen<br />

ließ und WohlstandindasLand brachte, war die bedeutendste, dorfprägende Bauphase.<br />

Stattliche Industriellenvillen schössen aus dem Boden, festlich geschmücktund doch<br />

ländlich bescheiden, o hne die appenzellische Identität aufzugeben. Ein Hauch von W elt<br />

drangin die Dörferundentlegenen Höfe,wo das geschäftige Schlagen d erWebstühle und<br />

späterauchdas Rasseln der Stickmaschinen z u h ören w aren. Erwachendes Selbstbewußtsein<br />

u nd S inn f ür das Maß schweißten d ie Siedlungen z u architektonischen und künstlerischen<br />

Organismen zusammen. Gemeindehäuser, Schulhäuser und Bürgerheime, ja selbst<br />

Fabrikgebäude gliederten sich mühelos ein. D urch dasLandwurde ein bequemes Straßennetz<br />

gebaut, und über die zahlreichen Geländeeinschnitte schwangen sich kunstvolle Holzbrücken.Nachdemdie<br />

Dörferihr festlichstes Gewand angelegt hatten, stellten sie sich stolz<br />

dem tüchtigen Zeichner Johann Ulrich Fitzizum Konterfei.<br />

Das traditionell reformierteLand Außerrhodenhat nur sehrwenigeKirchenaus dem M ittelalter<br />

übernommen.DiemeistenKirchen - durchwegsschlichte Beträume - sindim 17.und<br />

18.Jahrhundertinneuen Siedlungsschwerpunkten entstanden.U m so freudiger stehen w ir<br />

in der festlich geschmückten reformierten Kirche Herisau,wodieernste spätgotischeArchitektur<br />

ineinemvorarlbergischen Spitzenkleid des Rokokos erscheint.<br />

Eugen Steinmann h at d ie Archive besonders sorgfältig durchforscht. D er vorliegende<br />

Kunstdenkmälerband gilt als Teil eines einschlägigen DokumentationswerkesvonAppenzell<br />

Außerrhoden, das erschöpfendeAuskunftüber die Bau-, Kunst- und Kulturgeschichte,aber<br />

auch wegleitende Hinweise über die Wirtschafts-und Verkehrsgeschichte gibt. Die wissenschaftliche<br />

AkribiedesAutorsdroht fastdenRahmen eines Kunstdenkmälerbandeszu sprengen.<br />

Die umfängliche Würdigung des Profanbaus erfüllt aber eine programmatische Aufgabe.<br />

Sie verschafft dem Bauernhaus endlich einen festen Platz im Inventarwerk, weckt das<br />

Verständnis für Einzelbauten, Häusergruppenund Siedlungsbilderund liefert die Grundlage<br />

für d en Schutzunddie Pflegederländlichen Architektur. Diegediegene Darstellungsartmit<br />

den vielenAbbildungenund deninformativen Legenden setztSchwerpunkteund ermöglicht<br />

auchdem eiligenBenützer den Überblick. Die trefflichen Aufnahmen stammen fast ausschließlichvom<br />

A utor selbst. Die zahlreichen Plänesind willkommene Wegbegleiter,undwer sich<br />

in den appenzellischen Spezialausdrücken nicht mehr auskennt, konsultiert mit Erfolg das<br />

reichhaltige Register.


VII<br />

DasLand Appenzell hatdie Chance,den gesellschaftlichen Strukturwandel nicht aufden<br />

Trümmernder Vergangenheit vollziehenzu müssen, sondernin einemnoch weitgehend heilen<br />

Raum organisch entwickeln zu können. Es wird aber nur dann seine Strahlungskraft<br />

bewahren, wenn es seine unverwechselbare Eigenart pflegt. Nicht Neuesu m jeden Preis,<br />

sondern kluge Auswahl des Bekömmlichen. Das charakteristische Erscheinungsbild von<br />

Landschaftund Siedlung,an welchem Menschen ein Jahrtausend lang mitgestaltet haben,<br />

darf nicht dem Nivellierungsprozeß der Allerweltsarchitektur preisgegeben werden. Die<br />

Regierungdes Landes Appenzell Außerrhodenhat bereitsin vielen planerischen Entscheiden<br />

den Beweis erbracht, daßfür sie der Landschafts- und Denkmalschutz keine leeren Begriffe<br />

sind. Die kulturelle Aufgeschlossenheit zeigt sich nicht zuletzt darin,daßEugen Steinmann<br />

weiten Spielraum erhielt,u m die Architektur und die Kunst des Landes gründlich zu erforschenundinWortund<br />

Bild darzustellen; denn schützen kannmannur, wasman kennt.<br />

Eugen Steinmann wird nun, durch diesen Band beflügelt, die Inventarisation mit Elan<br />

zuEnde führen. Appenzell Außerrhoden besitzt inihm nicht nureinen profundenKenner<br />

der Materie, sondern auch einen einsatzfreudigen Verteidiger der kulturellen Güter. I m<br />

Namen unserer Gesellschaft richte ich meinen Dankanden mit Begeisterung engagierten Autor<br />

undan die aufgeschlossene Regierung, welche die Inventarisation als dringliche Aufgabeerkannt<br />

hatund großzügig fördert.I m übrigen schließe ich mich der Dankesadresse des Autors an.<br />

Franca Masoni<br />

Präsident der Gesellschaft<br />

Bernhard Anderes<br />

Präsident der Redaktionskommission


VIII<br />

VORWORTDESVERFASSERS<br />

Stärker als die natürliche Landschaft ist eine Kunstlandschaftden Gesetzen derVergänglichkeit<br />

unterworfenund mit einbezogen inden Wandlungsprozeß, dem auch der Mensch<br />

nicht entgeht. E s gibt Baudenkmäler, d ie nicht nur Jahrhunderte, sondern Jahrtausende<br />

überdauert h aben, sofern sie a us hartem Stein e rbaut und vom Klima begünstigt waren.<br />

Holzbauten, wie sie im AppenzellerlandanZahl überwiegen, haben zwar trotz einem bisweilen<br />

rauhen und unwirtlichen Klima ebenfalls Jahrhunderte überstanden. I hr Schmuck<br />

aus dem 17. und 18. Jahrhundert, wie etwa gesägte Zierbretter an Fensterreihen und -abwürfen,<br />

ist aber heute eine Seltenheit geworden,und an denwenigen Häusern, dieihndank<br />

der Traditionsverbundenheit oder infolge Geldmangels der Besitzer durch das erneuerungsfreudige<br />

19.Jahrhunderthindurch bewahrt haben, zeigter sich verwittert, morschund teilweise<br />

schon abgebröckelt. F inden solche Aschenbrödel einen Liebhaber oder das Interesse<br />

unddas Verständnis einer aufgeklärten Öffentlichkeit,können siedenGlanzunddieWürde<br />

früherer Tage wieder erlangen, und kaumjemand ficht nachträglich eine solche Wiederherstellungan.Aberdas<br />

Baufieberder Gegenwartunddie Bauweisemitmodernen Materialien,<br />

wie Beton und Eternit, sind dem appenzellischen Holzhaus nicht zuträglich. Zudem<br />

gehören Betonkolosse, sofern sie ü berhaupt architektonische Qualitäten aufweisen, in eine<br />

Groß- oder Vorstadtsilhouette. Inein idyllisches Appenzeller Dorf hineingestellt, wirken sie<br />

als Fremdkörper.<br />

EinHauptanliegen der GesellschaftfürSchweizerische Kunstgeschichteundderdurch sie<br />

inGanggebrachten Inventarisation der Kunstdenkmäler ist die Erhaltung historischer Baudenkmäler.<br />

Dazu gehören nicht nur einzelne hervorstechende Bauten, sondern auch ganze<br />

Baugruppenan Dorfplätzen undentlangvon alten Straßen. Solche Häuserreihenoder Plätze<br />

sind bisweilen von einmaligem Reiz, selbst wennden einzelnen G ebäuden in der kunstgeschichtlichen<br />

Klassifizierungkaumein überdurchschnittlicher Stellenwert zuerkannt werden<br />

kann. Somit werden auch einzelne einfache HäuserimHinblick auf ein Ganzes erhaltensund<br />

inventarisationswürdig.<br />

DieErhaltung einer Kulturlandschaft,wie sie uns im Appenzellerland begegnet, läßt sich<br />

ohne spontanes Mitgehen von Behörden, Besitzern u nd des steuerzahlenden Bürgers n ur<br />

schwer bewerkstelligen. ZumGlück hat der in seiner U mwelt bedrohte M enschvonheute<br />

wieder mehr Sinn auch für Werte, die in einer kommerziellen Renditenberechnung nicht<br />

eben positiv ausschlagen.<br />

Solche Werte gilt es in der Inventarisation der Kunstdenkmäler sichtbarzu m achenund<br />

ihnenAnerkennungzu verschaffen. Viele Appenzellersind stolzauf ihre eigenständigeWohnkultur.<br />

Istmandarin aufgewachsen, kann sie durch Gewöhnung zur Selbstverständlichkeit<br />

werden. Darin liegt eine permanente Gefahr der Unterschätzung und allzu leichter Preisgabe.<br />

Der Autorhofft mit zahlreichen Gleichgesinnten,auchunbekannteund verkannteKulturgüter<br />

ins Blickfeld einerweiten Öffentlichkeitrückenzu können.Viele Denkmäler sind auch<br />

ausder appenzellischen Landschaft verschwunden. Solche Monumentadeperdita sind soweit<br />

möglich aufgrund einer schriftlichen Überlieferung, eines Bildes oder eines Plans als historische<br />

Erinnerung festgehalten, w ohl f ür m anchen Geschichtsfreund eine O ffenbarung und<br />

eine Quelleder Freude.Es ist aber schwer auszudenken, unsere Nachweltwürde sich allein<br />

mitBeschreibungenundPhotographien unserer Baulandschaft zufriedengeben.<br />

Daßdas weit überden vorliegenden Band hinaus gediehene Inventarwerk aufAnregung<br />

der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte in Appenzell Außerrhoden in Angriff<br />

genommen werden konnte, ist dem Verständnis der appenzell-außerrhodischen Regierung<br />

zu verdankenundihrer Bereitschaft, dienotwendigen MitteldazuzurVerfügung zu stellen.<br />

Mit Entschiedenheit haben sich Regierungsrat Dr. iur. und rer. pol. RudolfReutlinger, Herisau,


dem als Erziehungsdirektor die Inventarisation unterstellt war, und sein Nachfolger RegierungsratDr.<br />

Hans J. Alder, Herisau,für die Durchführung dieses Unternehmens eingesetzt. Dafür<br />

sei ihnen gebührenderDankausgesprochen.<br />

BesondernDank schuldetder Autordem Präsidentender Redaktionskommissionder Gesellschaftfür<br />

Schweizerische Kunstgeschichte, Dr. Bernhard Anderes, Inventarisatorder KunstdenkmälerdesKantonsSt.<br />

Gallen, Rapperswil. Als Nachfolger vonProf.Dr. Albert Knoepfli,<br />

Frauenfeld, übte erin einer letzten Phase die Funktion eines Begutachters aus und leitete<br />

zielstrebig d ie Drucklegung dieses Bandes ein, w ährend Professor Knoepfli als väterlicher<br />

Mentor die erstenSchritte des Novizenauf dem noch unabsehbaren wissenschaftlichenWegmit<br />

Erfahrungund Methode lenkte. Zahlreiche Persönlichkeiten sind dem Autor während der<br />

Bearbeitung dieser Kulturgeschichte außerdem mit RatundTat beigestanden, h aben ihn<br />

unterstütztdurchgroßherziges AusleihenvonDokumenten, Bildernund Büchernoderdurch<br />

sorgfältigesund kritisches Mitlesenvon Manuskript und Druckfahnen, allen voranDr. Walter<br />

Schläpfer, Bibliothekar d er Kantonsbibliothek Trogen. Namentlich seien z udem erwähnt:<br />

Dr.Otto Clavadetscher, Trogen; Prof. Dr.Johannes Duft, Stiftsbibliothekar, St.Gallen;<br />

Dr.HermannEugster, Trogen; Dr.Peter Felder, kantonaler Denkmalpfleger, Aarau;Walter<br />

Fietz,kantonalerDenkmalpfleger, St. Gallen;Dr. P. Rainald Fischer, Inventarisator der Kunstdenkmälervon<br />

Appenzell Innerrhoden, Appenzell;P D Dr.Georg Germann, Kunsthistoriker,<br />

Basel;Dr.Hermann Großer, Landesarchivar, Appenzell; Dr.Max Gschwend, Leiterder Aktion<br />

Bauernhausforschungder Schweiz, Basel; R udolfHanhart, Konservator des Kunstmuseums<br />

St.Gallen; Dr. Brunhilde Ita, graphische SammlungderE T H Zürich; Albert Kläger, Konservator<br />

des Historischen Museums Herisau; Dr. Ernst Kind, Konservator des Historischen<br />

Museums St. Gallen; Dr. Claude Lapaire, DirektordesMusee d'art et d'histoire,Genf;<br />

Dr. HansMaurer, Delegierter des Vorstandes der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte,<br />

Bern; D r. Andreas Morel, Kunsthistoriker, Zurzach; Dr. Christian Renfer, Kunsthistoriker,<br />

Zürich; Dr. iur.Carl Rusch, St. Gallen; Ernst Rutz, dipl. Ing., Gümligen B E;<br />

Prof. Otto Schmid, T rogen. V om Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft Zürich:<br />

Dr. Hans A. L üthy,Direktor,und Dr. Thomas Brachert, Leiter dertechnologischenAbteilung.<br />

Vom Schweizerischen Landesmuseum Zürich: Dr.Hugo Schneider, Direktor;Dr.Jenny Schneider,Vizedirektorin;Dr.<br />

R udolf Schnyder,Dr. Walter Trachsler, Dr. Lucas Wüthrich, Konservatoren;<br />

Dr.Bruno Mühlethaler, C hefder Konservierungsforschung. Prof.Dr. H ansRudolf<br />

Sennhauser, Zurzach;Dr. Paul Staerkle,altStiftsarchivar, St. Gallen;Dr. Franz Stark,Appenzell;Dr.<br />

SigridThurm, Bearbeiterin des DeutschenGlockenatlasses,München. Vonder StadtbibliothekVadiana,St.Gallen:Dr.<br />

Peter Wegelin, Direktor;Helen Thurnheer, Bibliothekarin.<br />

Von der Zentralbibliothek Zürich, graphische Sammlung:Dr. BrunoWeber, Leiter; Agnes<br />

Rutz, Bibliothekarin.<br />

Als verdienstvolle Helfer erwiesen sich auch zahlreiche Leute, derenNamen Seiten füllen<br />

würden: kantonaleundkommunale Beamte, die Betreuer des Kantons-undkantonalen Bauamtsarchivs,<br />

Gemeindeschreiber und -Sekretäre als Verwalter der bedeutsamen Gemeindearchive,<br />

Pfarrer als Hüter der nochjungen Kirchgemeindearchive, Kirchenmesmer als Wächter<br />

über Glockenund Geräteundsogar Polizeibeamte, die mit Parkverbotstafeln einwandfreies<br />

Photographieren ermöglichten, schließlich alle d ieprivaten Besitzerund Bewohner von wertvollen<br />

alten Häusern, die mit appenzellischer Freundlichkeit Einlaßin Stuben, Estriche und<br />

Keller gewährten oder alte Zeichnungen,Gemälde, Photographien, Verzeichnisse und ChronikenzumPhotokopieren<br />

vertrauensvoll ausliehen.<br />

Nicht zuletzt sei auchden gewissenhaften Planzeichnern Henning Larsen, Auenstein AG,<br />

Rosmarie Nüesch-Gautschi, Präsidentin der appenzellischen Sektion des Schweizerischen<br />

Heimatschutzes, Teufen,und O skar Schaub, Zürich,für ihre sorgfältig ausgeführteArbeit<br />

gedankt. Über die Beschaffungder Pläne wachte Hans Ulrich Hohl, Architekt ETH/SIA,<br />

Herisau.<br />

IX


X<br />

Die Druckvorbereitung des Manuskripts besorgte in verdienstvoller Weise noch Dr. Ernst<br />

Murbach, leitender Redaktor, Basel, mit cand. phil.Verena Zimmermann. Die Herstellungsredaktion<br />

sowie die Bild-und Textgestaltung oblagen lic.phil.Hans Haller, wissenschaftlicher<br />

Assistent der Gesellschaftfür Schweizerische Kunstgeschichte, Bern. Mit beispielhaftem Einsatz<br />

undformalem Geschick meisterte er die anspruchsvolle Aufgabe. Eine reibungslose Zu­<br />

sammenarbeitmiteinem engagiertenund erfahrenen Mitarbeiterstab des Birkhäuser Verlags<br />

sowie der Klischeeanstalten SchwitterA G und Steiner & Co in Basel ließ die Drucklegung<br />

für alle Beteiligten zueinem eindrücklichen Erlebnis werden.<br />

Trogen,imSeptember 1973 Eugen Steinmann


XI<br />

VERZEICHNIS DER ABKÜRZUNGEN<br />

Die Abkürzungen von seltener zitierten Titeln, die sich nur auf Gemeinden außerhalb von Herisau<br />

beziehen, finden sich in den betreffenden Quellen- und Literaturverzeichnissen.<br />

AG I u nd II<br />

AHK<br />

AHS<br />

AJB<br />

AK<br />

Alte Urkunden<br />

AMB<br />

Amtsblatt<br />

ANHORN BARTHOLOME,<br />

Appenzellerchronik<br />

VON ARX I-III<br />

ASA<br />

AUB<br />

AZ<br />

BAUMANN<br />

BISOHOFFBERGER<br />

BODMER, Textilgewerbe<br />

BOSSARD I u n d I I<br />

Brückenbüchlein von 1793<br />

BRUCKNER, Fahnenbuch<br />

Bürgerhaus<br />

CONRAD DE FABARIA,<br />

EA<br />

continuatio casuum<br />

Appenzeller Geschichte, Band I, Das ungeteilte Land, verfaßt von<br />

RAINALD FISCHER, W ALTER SCHLAFFER, FRANZ STARK, unter Mitarbeit<br />

von HERMANN GROSSER u n dJOHANNES GISLER, A ppenzellu n dHerisau<br />

1964. - Band II, Appenzell Außerrhoden (von 1597 bis zur Gegenwart),<br />

vonWALTER SCHLÄPFER, Herisau 1972.<br />

Archiv für Historische Kunstdenkmäler in Zürich.<br />

Archives heraldiques suisse/Schweizerisches Archiv für Heraldik (seit 1953<br />

Jahrbuch), 188711.<br />

Appenzellische Jahrbücher, hrsg. von der Appenzellischen Gemeinnützigen<br />

Gesellschaft, 1854 ff. (Bis 1944 bedeuten die Jahreszahlen das<br />

Erscheinungs- und Berichtsjahr, dann nur noch das Berichtsjahr.)<br />

Appenzeller Kalender, 1722 ff.<br />

Alte Urkunden, Verordnungen, Verträge, Kaufverschreibungen etc.<br />

Nach einer von H. Gmdschr. Ant. Scheuß, der von A. 1710 bis 1726<br />

Schreiber gewesen, vorhandenen Copia dieser Briefe ausgezogen An.<br />

1838. Ms., GdeA Herisau.<br />

Appenzellisches Monatsblatt, 1825-1847.<br />

Amtsblatt des Kantons Appenzell der äußern Rhoden, 1834 ff.<br />

Appenzeller Chronik... bis auf das 1626. Jahrund beschrieben im Jahr<br />

Christi 1625... von BARTOLOMEUS ANHORN. MS., KtB Trogen.<br />

ILDEFONDS VON ARX, Geschichten des Kantons St.Gallen, Bände I-III,<br />

St. Gallen 1810, 1811 und 1813.<br />

Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde, Zürich 1855-1898, neue<br />

Folge 1899-1938.<br />

Appenzeller Urkundenbuch, Band I, bearbeitet von TRAUGOTT SCHIESS<br />

unter Mitwirkungvon ADAM MARTI, Trogen 1913. - Band II, bearbeitet<br />

vonTRAUGOTT SCHIESS, Trogen 1934.<br />

Appenzeller Zeitung 1828ff. (amtliches Publikationsorgan).<br />

JOHANNES BAUMANN, Rechtsgeschichte der reformierten Kirche von<br />

Appenzell A.-Rh., Basel 1897.<br />

BARTHOLOMÄUS BISCHOFFBERGER, Appenzeller Chronic, Das ist die Beschreibung<br />

des löblichen Landsund Eidgenössischen Orts Appenzell Der<br />

Inneren und Usseren Roden..., St.Gallen 1682.<br />

WALTER BODMER, Textilgewerbe und Textilhandel in Appenzell-Außerrhoden<br />

vor 1800, AJB 1959, S. 3-75.<br />

GUSTAV BOSSARD, Die Zinngießer der Schweiz und ihr Werk, Zug 1920<br />

bzw. 1934.<br />

Brücken-und Wegbüchlein, verfaßt seit zirka 1793 von ULRICH MEYER,<br />

Landessäckelmeister und Landesbauherr. Es enthält Angaben desWegbüchleins<br />

von 1655 und Nachträge bis zirka 1802. Ms. in Privatbesitz<br />

Urnäsch. Siehe auch Wegbüchlein.<br />

A.und B. BRUCKNER, Schweizer Fahnenbuch, St.Gallen 1942. - Nachträge,<br />

Zusätze, Register, St. Gallen 1942.<br />

Das Bürgerhaus in der Schweiz, III. Band, erster Teil, Das Bürgerhaus<br />

im Canton Appenzell, hrsg. vom Schweizerischen Ingenieur-und Architektenverein,<br />

Berlin 1913.<br />

Conradi de Fabaria Continuatio Casuum sancti Galli. St. Gallische Geschichtsquellen,<br />

neu hrsg. von G . MEYER VON KNONAU, MVG, neue<br />

Folge, 7. Heft, St. Gallen 1879.<br />

Amtliche Sammlung der eidgenössischen Abschiede 1245-1813. Verschiedene<br />

Orte 1839-1886.


XII<br />

EbAFr<br />

EKKEHARD,Casus<br />

EUGSTER,Herisau<br />

Fahnen-und Wappenbuch<br />

von JOH.CASPAR<br />

ZELLWEGER<br />

FDA<br />

FELDER,Burgen I, II, III<br />

FISCH, CHRONIKI-VII<br />

FISCH, Manuskript<br />

Fliegende Blätter<br />

GAUDY<br />

Gde,GdeA<br />

GdeRPr<br />

GeschäftsordnungGdeV<br />

Geschäftsordnung UGde<br />

HBLS<br />

GRUBENMANN EDUARD,<br />

Die Familien Grubenmann<br />

vonTeufen<br />

IGfr<br />

Investiturprotokolle<br />

Kdm<br />

KdmA<br />

KfbrPr<br />

KGdeA<br />

KGS<br />

KILLER<br />

K.K.<br />

KtA<br />

KtB Trogen<br />

KUCHIMEISTER<br />

KÜRSTEINER<br />

Erzbischöfliches Archiv Freiburg i.Br. Handschriftliche Auszüge von<br />

Dr.PAUL STAERKLE, altStiftsarchivar inSt.Gallen.<br />

Ekkeharti (IV.) Casus sancti Galli. St.Gallische Geschichtsquellen, neu<br />

hrsg. von G. MEYER VON KNONAU, M VG, neue Folge, 5.und 6. Heft,<br />

St. Gallen 1877.<br />

AUGUST EUGSTER, Die Gemeinde Herisau imKanton Appenzell A.Rh.,<br />

Herisau 1870.<br />

Kopien von Wappenscheiben und Fahnen, in Federaquarell ausgeführt<br />

von J OHANNULRICH FITZI (1798-1855)für J OHANN CASPAR ZELLWEGER<br />

(1768-1855), der den Standort der Scheiben und das Datum des Abkopierens<br />

beifügte. Ms., KtBTrogen.<br />

Freiburger Diözesan-Archiv, Freiburg i.Br. 1865ff.<br />

GOTTLIEB FELDER, Die Burgen der Kantone St. Gallen und Appenzell,<br />

NblSG 1907, 1911, 1942.<br />

«Chronick oder Beschreibung über unterschiedliche Gegenstände mit<br />

Zeichnungen und Mahlereyen gesamlet und verfaßt Johannes Fisch<br />

Herisau», 7 Bände. Ms.,um 1815, K tA (BandVII als Depositum im<br />

Hist. Mus. Herisau).<br />

Manuskript für das Archiv zu Herisau, gewidmet von Johannes Fisch,<br />

Landeshauptmann. Ms., 1813, GdA Herisau.<br />

«Sammlung fliegender Blätter, enthaltend zum Teil sehr wichtige Z u­<br />

sammenstellungen aus früherer Zeit bis 1838.» Ms., GdeA Herisau.<br />

ADOLF GAUDY, Die kirchlichen Baudenkmäler der Schweiz, Band II:<br />

St.Gallen, Appenzell und Thurgau, Berlin 1923.<br />

Gemeinde, Gemeindearchiv.<br />

Gemeinderatsprotokoll.<br />

Geschäftsordnungder (ordentlichen) Gemeindeversammlung.<br />

Geschäftsordnungder Urnenabstimmungder Gemeinde.<br />

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, 8 Bände, Neuenburg<br />

I92I-I934-<br />

EDUARD GRUBENMANN, Die FamilienGrubenmann vonTeufen, im Eigenverlag<br />

des Verfassers, Bern 1965.<br />

Innerrhoder Geschichtsfreund, hrsg.vom Historischen Verein Appenzell,<br />

1953 ff-<br />

MANFRED KREBS, Die Investiturprotokolleder Diözese Konstanzaus dem<br />

15. Jahrhundert, 3 Bände (Anhang zum FDA 66-74), Freiburg i.Br.<br />

1 939"1954-<br />

Die Kunstdenkmälerder Schweiz, hrsg. von der Gesellschaft für Schweizerische<br />

Kunstgeschichte, Basel 19270".<br />

Kunstdenkmälerarchiv von Appenzell Außerrhoden.<br />

Kaufbriefprotokoll.<br />

Kirchgemeindearchiv.<br />

Kunstgeschichte der Schweiz von d en Anfängen bis z um Beginn des<br />

20. Jahrhunderts, 4 Bände, angefangen von JOSEPH GANTNER, neu bearbeitet<br />

und fortgesetzt von ADOLF REINLE, Frauenfeld 1936-1968.<br />

JOSEPH KILLER, DieWerkeder Baumeister Grubenmann, Zürich 2 1959.<br />

Kupferstichkabinett.<br />

Kantonsarchivin Herisau.<br />

Kantonsbibliothek inTrogen.<br />

Christian Kuchimeister's Nüwe Casus Monasterii sancti Galli. St. Gallische<br />

Geschichtsquellen, n eu hrsg. von G. MEYER VON KNONAU, M VG,<br />

neue Folge, 8. Heft,St. Gallen 1881.<br />

MAX KÜRSTEINER, Appenzell Außerrhoden vonder Landteilung biszum<br />

Ausscheiden der Schweiz ausdemDeutschen Reiche 1597—1648, Trogen<br />

1920.


XIII<br />

Landesbauherrenbuch<br />

Ldm<br />

LK<br />

M A G Z<br />

MARTIN, Fahnenbuch<br />

M V G<br />

NAEF, Burgen<br />

NblSG<br />

NÜSCHELER, Glocken<br />

NÜSCHELER, Gotteshäuser<br />

PrBK<br />

PrGdeRV<br />

PrGdeV<br />

PrKbKH<br />

PrKGdeV<br />

PrKr<br />

PrKRKH<br />

PrKV<br />

PrVKH<br />

R3<br />

RATBERT, Casus<br />

Reg. Episc. Const.<br />

Registrum subsidii<br />

charitativi<br />

Reimchronik<br />

RITTER<br />

RITTMEYER, Hoheitszeichen<br />

RITTMEYER u n d STEINMANN<br />

ROTACH, Herisau<br />

RPr<br />

G. RÜSCH, DerKanton<br />

Appenzell<br />

«Lands-Bauherren-Buch hinter der Sitter des Kantons Appenzell. Angefangen<br />

Ao. 1655.» (Mit Verträgen, Verzeichnis der obrigkeitlichen<br />

Brücken, «Bericht über die Messung der Brücken u nd Straßen», die<br />

gemäß Erkenntnis des Großen Rats vom5.Mai 1829 vomBauamt hinter<br />

der Sitter zu unterhalten sind.) Ms., KtA,J, 1, 1 undJ, 1, 3. - Ebenda:<br />

Landesbauherrenbuch vor der Sitter. Vgl. Brücken- und Wegbüchlein.<br />

Landammann.<br />

Landeskarte der Schweiz. Eidg. Landestopographie, Wabern-Bern.<br />

Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Zürich 1841fr.<br />

Paul Martin, St. Galler Fahnenbuch, 79. NblSG 1939.<br />

Mitteilungen zur vaterländischen Geschichte, hrsg. vom historischen<br />

Verein in St. Gallen, 1862 fr.<br />

Archiv (sanct Gallischer) Burgen und Edelsitze...imUmfang der Kantone<br />

St. Gallen, Appenzell undThurgau mit beigefügten Ansichten und<br />

Beschreibungen, gesammelt von August Naef,Band II, Stift St. Gallische<br />

Landschaft MDCCCXLV (1845). Ms., Stadtbibl. Vadiana, St.Gallen.<br />

Neujahrsblatt, hrsg. v om Hist. Verein des Kantons St. Gallen, 1860 ff.<br />

ARNOLD NÜSCHELER, Die Glocken, ihre Inschriftenund GießerimKanton<br />

Appenzell, AJB, 2. Folge, 10. Heft, Trogen 1882, S. 24-83.<br />

ARNOLD NÜSCHELER, Die Gotteshäuser der Schweiz, zweitesHeft, Bisthum<br />

Constanz, Zürich 1867.<br />

Protokollder Baukommission.<br />

Protokollder Gemeinderatsverhandlungen.<br />

Protokoll der Gemeindeversammlungen.<br />

Protokoll der Kirchenbau-Kommission 1903-1907, Herisau.<br />

Protokoll der Kirchgemeindeversammlungen.<br />

Protokoll der Kirchenrechnungen.,<br />

Protokollder « Kommission für die RShovationder evangelischen Kirche,<br />

Herisau» vom 24. Februar 1955 bis 22. März 1961.<br />

Protokoll der Kirchenvorsteherschaft.<br />

Protokoll der Vogteiräte & Kirchhören 1743-1802, Herisau.<br />

MARC ROSENBERG, Der Goldschmiede Merkzeichen, 3. Auflage, 4 Bände,<br />

Frankfurt a.M. 1922-1928.<br />

Ratberti Casus s. Galli, St.Gallische Geschichtsquellen II, neu hrsg.<br />

von G . MEYER VON KNONAU, MVG, neue Folge, 3. Heft, St. Gallen<br />

1872, IH-XX undS. 1-64.<br />

Regesta Episcoporum Constantiensium, bearbeitet von TH. MÜLLER,<br />

P. LADEWIG (Band I, Innsbruck 1895) und K. RIEDER, Band II-VII,<br />

Innsbruck 1905, 1926 und 1941.<br />

KARL RIEDER, Das Registrum subsidii charitativi der Diözese Konstanz<br />

ausdemJahre 1508, FDA, neue Folge, Band 8, 1907, S. 1-108.<br />

Reimchronik des Appenzellerkrieges (1400-1404), hrsg. von TRAUGOTT<br />

SCHIESS, St. Gallen 1913.<br />

KARL RITTER, Die Teilung des Landes Appenzellim Jahre 1597. Trogen<br />

1897.<br />

Dora Fanny Rittmeyer, Hoheitszeichen des Kantons Appenzell-Außerrhoden,AJB<br />

1964, 92. Heft, Trogen 1965, S. 3-11.<br />

DORAFANNY RITTMEYERu n d EUGEN STEINMANN,DieSilber-,Zinn- u n d<br />

Kupfergeräte von Appenzell-Außerrhoden, AJB 1965, 93. Heft, Trogen<br />

1966, S. 3-53.<br />

WALTER ROTACH, Die Gemeinde Herisau, Ortsbeschreibung u nd Geschichte,<br />

Herisau 1929.<br />

Räteprotokoll.<br />

GABRIEL RÜSCH, Der Kanton Appenzell, historisch, geographisch, statistisch<br />

geschildert. Historisch-geographisch-statistisches Gemälde der<br />

Schweiz, 13. Heft, St. Gallen und Bern 1835.


XIV<br />

G. RUSCH, Kuranstalten<br />

SCHÄFER, Materialien<br />

SKL<br />

SCHLATTER<br />

SLM<br />

SONDEREGGER, Ortsund<br />

Flurnamen<br />

SONDEREGGER, Siedlungsgeschichte<br />

SONDEREGGER, Wehrwesen<br />

STARK, Glaubensspaltung<br />

SZG<br />

T HIEME-BECKER<br />

TÜOHLE, Dedicationes<br />

UBSG<br />

WALSER<br />

WALSERIII<br />

WALSER I V<br />

WALSER V<br />

Wappenbuch<br />

Wegbüchlein<br />

Z A K<br />

Z B Z<br />

ZELLWEGER,G A V<br />

ZELLWEGER,Urk.<br />

ZELLWEGER, Urkunden<br />

undAkten 1597-1750<br />

GABRIEL RÜSCH, Historisch-geographische Darstellung des Kantons Appenzell,<br />

mit besonderer Berücksichtigung seiner Kuranstalten, Alpengegendenund<br />

Industrie, St. Gallen 1844.<br />

«Materialien zu einer vaterländischen Chronik des Kantons Appenzell<br />

VR.», hrsg. von JOHANN KONRAD SCHÄFER, Herisau 1810-1813.<br />

Schweizerisches Künstler-Lexikon, redigiert von CARL BRUN, 4 Bände,<br />

Frauenfeld 1905-1917.<br />

SALOMON SCHLATTER, Das Appenzellerhaus und seine Schönheiten,<br />

St. Gallen 1944 2 .<br />

Schweizerisches Landesmuseum in Zürich.<br />

STEFAN SONDEREGGER, Die Orts- und Flurnamen des Landes Appenzell,<br />

BandI; Grammatische Darstellung, Beiträgezur Schweizerischen Mundartforschung,<br />

BandVIII, Frauenfeld 1958.<br />

STEFAN SONDEREGGER, Grundlegung einer Siedlungsgeschichte des Landes<br />

Appenzell anhand der Orts- und Flurnamen, AJB 1956, 85. Heft,<br />

Trogen 1957, S. 3-6B.<br />

STEFAN SONDEREGGER, Das altappenzellische Wehrwesen im Lichte der<br />

Orts- und Flurnamen,AJB 1961, 89. Heft,Trogen 1962.<br />

FRANZ STARK, Die Glaubensspaltungim Lande Appenzell bis zur Badener<br />

Disputation 1526, Appenzell 1955.<br />

Schweizerische Zeitschriftfür Geschichte, I95iff., Fortsetzung der Zeitschrift<br />

für Schweizerische Geschichte, hrsg. von der Geschichtsforschenden<br />

Gesellschaft der Schweiz, 1920-1950.<br />

Allgemeines Lexikon der bildenden Künste von der Antike bis zur<br />

Gegenwart, begründetvon ULRICH THIEME u n d FELIX BECKER,37 Bände,<br />

Leipzig 1907-1950.<br />

HERMANN TÜCHLE, Dedicationes Constantienses, Kirch- und Altarweihen<br />

im Bistum Konstanz bis z.J. 1250, Freiburg i.Br. 1949.<br />

Urkundenbuch der Abtei St. Gallen, bearbeitet von HERMANN WART­<br />

MANN (Bände I-IV), PLACIDUS BUTLER, TRAUGOTT SCHIESS, JOSEPH<br />

MÜLLER und PAUL STAERKLE, 7 Bände, Zürich 1863 und St. Gallen<br />

1882-1955.<br />

GABRIEL WALSER, Neue Appenzeller-Chronick oder Beschreibung des<br />

Cantons Appenzell Der Innern- und Außern-Rooden..., erster und<br />

zweiter Teil, St. Gallen 1740.<br />

GABRIEL WALSER, Appenzeller-Chronick,Anno 1732-1763, Trogen 1829.<br />

Der Appenzeller Chronik von Gabriel Walser vierter Teil, fortgesetzt<br />

von GABRIEL Rüsch, Trogen 1831.<br />

Walsers Appenzeller-Chronik, fortgesetzt von Dr. GABRIEL RÜSCH, AJB,<br />

37. und 38. Heft, Trogen 1909 bzw. 1910, S. 1-96 bzw. S. 1-33.<br />

ERNSTH . KOLLER u n d JAKOB SIGNER, Appenzellisches Wappen-u n d<br />

Geschlechterbuch, Bern undAarau 1926.<br />

Weg- und Brückenbüchlein von 1655 bis 1856, entspricht teilweise dem<br />

zweiten Teil des Brückenbüchleins (s.o.). Ms., K tA (Bauamtsarchiv).<br />

Zeitschrift für Schweizerische Archäologie u nd Kunstgeschichte, hrsg.<br />

vom Schweiz. Landesmuseum in Zürich, Basel 1939 ff.<br />

Zentralbibliothek Zürich.<br />

JOHANN CASPAR ZELLWEGER, Geschichte des Appenzellischen Volkes,<br />

3 Bände in 4 Teilen, Trogen 1830-1840.<br />

JOHANN CASPAR ZELLWEGER, Urkunden zu Johann Caspar Zellwegers<br />

Geschichte des Appenzellischen Volkes, 3 Bände in 7 Teilen, Trogen<br />

1831-1838.<br />

Notizen, Abschiede u nd Urkunden von zirka 1597 bis zirka 1750, gesammelt<br />

von JOHANN CASPAR ZELLWEGER, 5 Bände und Registerband,<br />

Ms., KtB Trogen.


XV<br />

KANTON APPENZELL AUSSERRHODEN<br />

.HEIDEN<br />

< I.RH<br />

^<br />

jlCHWELLBRLlNN#<br />

SCHÖNENG RUND:<br />

\<br />

KANTON<br />

APPENZELL<br />

INNERRHODEN<br />

Stadt<br />

Flecken<br />

Dorf<br />

Weiler<br />

Gedeckte Holzbrücke<br />

Burgruine<br />

— Kantonsgrenze<br />

Bezirksgrenze<br />

Gemeindegrenze<br />

In B and I bearbeitet<br />

10 KM<br />

Publikation folgt<br />

Abb. I. Übersichtskarte des Kantons Appenzell Außerrhoden. Maßstab i : zirka 250000. Der Halbkanton<br />

Appenzell Außerrhoden umgreiftden Halbkanton Innerrhoden hufeisenförmig. 1597 trennten<br />

sich die reformiert gewordenen sechs äußern Rhoden samt der halben Rhode Gais von den innern, in<br />

der alten Pfarrei Appenzell vereinigten sechs Rhoden. Die gegenseitigen Grenzen blieben zur Hauptsache<br />

diejenigen der alten Pfarrei Appenzell gegenüber den angrenzenden äußern Rhoden. Gegen<br />

Bühler und Gais und besonders bei der zweigeteilten innerrhodischen Enklave Oberegg wurden die<br />

unbefriedigenden Grenzverhältnisse erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bereinigt. - Appenzell<br />

Außerrhoden ist durch die Sitter in zwei Hälften geteilt, diezu historischen Spannungsfeldern<br />

geworden sind: das Land vorund das Land hinter der Sitter. Dieses entspricht dem heutigen Hinterland.<br />

Das Land vor der Sitter umfaßt das heutige Mittel- unddas Vorderland, die durch die Goldach<br />

voneinander getrennt sind. Diese Dreiteilung in Hinter-, Mittel-und Vorderland wurde erstmalsin der<br />

Helvetik kurzfristig gebraucht, doch erst durch die Kantonsverfassung von 1876für die Abgrenzung der<br />

Bezirksgerichte eingebürgert.


"c'' .


TAFEL I<br />

Herisau und Hundwil. Ratsscheibe von Herisau mit dem König als gerechtem Richter zwischen den<br />

allegorischen Frauengestalten der Gerechtigkeit und Liebe. Werk des Zürcher Glasmalers Josias<br />

Murer, 1609. Ins Rathaus von Hundwil gestiftet. Heute im Kantonalen Bank- und Verwaltungsgebäude<br />

Herisau. — Text S. 383f.


DER KANTON APPENZELL AUSSERRHODEN<br />

i - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


2<br />

EINLEITUNG<br />

LAGE UND GESTALT<br />

Der Halbkanton Appenzell Außerrhoden umfängt den Halbkanton Appenzell<br />

Innerrhoden und sein Gebirge, den Alpstein mit dem Säntis, von Nordwesten her<br />

wie ein Hufeisen, und um beide legt sich wie ein Ring der Kanton St. Gallen. Die<br />

im Alpstein entspringende Sitter teilt Außerrhoden mit ihren Tobein in zwei ungleiche<br />

Hälften, die in der Geschichte des Ländchens zu politischen Spannungsfeldern<br />

geworden sind. Die Zuflüsse der Sitter, von Osten her der Rot- und der<br />

Wattbach, im Westen die Urnäsch, und weitere Flüsse wie die Goldach, die im<br />

östlichen Landesteil das Mittel- vom Vorderland trennt, der Glattbach, der im<br />

westlichen Landesteil durch die Gemeinde Herisau der Thür zufließt und an der<br />

Nordwestgrenze zum Kanton St. Gallen auch das Wasser des von Schwellbrunn herabfließenden<br />

Wissenbachs aufnimmt, all diese Flüsse haben sich mit tiefen und wilden<br />

Schluchten durch das anmutige sanfte Hügelland gegraben und unzählige Seitenbäche<br />

auch die Abhänge dieser Tobel fischgratartig aufgerissen. Oben auf grünenden<br />

Höhen, auf sonnigen Terrassen, Hügelrücken und auch in Mulden, wo<br />

einst nur Wald gestanden haben mag, liegen heute die Dörfer mit ihren Kirchen und<br />

um sie weit zerstreut einzelne Bauernhöfe oder auch kleine Weiler in einer Siedlungsweise,<br />

wie sie den einst vom Mittelland her vordringenden Alemannen eigen war.<br />

Der Verkehr über Höhen und Tiefen hinweg verlief bis ins 19. Jahrhundert hinein<br />

auf schmalen Saum- und Karrenwegen, die sich oft steil und mühsam in die Tobel<br />

hinabwanden und wieder emporklommen. Unten führten offene Stege, an den<br />

«Landstraßen» meistens gedeckte Holzbrücken, die vor Unwetter Schutz boten,<br />

aber von Hochwassern gelegentlich auch weggerissen wurden, über den Fluß. Ihre<br />

Inschriften unterrichteten den Lesekundigen über Baumeister und Bauherren des<br />

kunstvollen Zimmermannswerks oder regten mit einem Spruch wie «Aus der Tiefe<br />

rufe ich zu dir, o Herr» (Herisauer Tobel) zu besinnlichem Innehalten an. Bis heute<br />

sind die Straßen neben Eisen- und Straßenbahnen die wichtigste und für manche<br />

Gemeinden einzige Verkehrsverbindung geblieben; doch hat die moderne Technik<br />

nicht nur bequemere und breitere Straßen angelegt, sondern diese auch auf imposanten<br />

Stein- und Betonbrücken hoch über die Abgründe der Schluchten und Tobel<br />

hinweggeführt, in denen die verbliebenen alten Holzbrücken an den zu Wanderwegen<br />

gewordenen ehemaligen «Landstraßen» in einen Dornröschenschlaf versunken<br />

sind.<br />

POLITISCHE VERHÄLTNISSE<br />

A. Bis zur Bildung eines selbständigen Staatswesens nach dem Freiheitskrieg [1401-142g).<br />

Der Name Appenzell, als Abbacella 1071 erstmals erwähnt (AUB 18), bezeichnete<br />

ursprünglich nur die Ortschaft mit Kirche und äbtischem Meierhof, den einstigen<br />

Hauptort des gesamten Landes und heutigen Hauptort von Appenzell Innerrhoden,<br />

seit dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts aber auch das Land selbst.<br />

Seit dem 7./S.Jahrhundert stießen alemannische Siedler (zuerst vom Thurgau her)<br />

ins Hinterland, später (auch von St. Gallen und vom Rheintal her) ins Mittel- und<br />

Vorderland vor, rodeten das bewaldete Hügelland und machten es urbar. In diesem<br />

konnte das Kloster St. Gallen, das wahrscheinlich um 719 durch Schenkung Waltrams


EINLEITUNG 3<br />

in den Besitz des Arboner Forstes gelangt war (SZG2, 1952, S. 473-524), allmählich<br />

sowohl durch Schenkungen seitens freier Bauern als auch durch Rodung mit Hilfe<br />

von Eigenleuten eine ausgedehnte Grund-und Lehensherrschaft errichten und daher<br />

von den lehenspfiichtigen Gotteshausleuten Zinsen und Zehnten beziehen. Mit einer<br />

Güterübertragung 821 durch Rihhoh und Roadhoh in Schwänberg in der Gemeinde<br />

Herisau an das Kloster St. Gallen, womit sich die beiden Freien mit ihren Nachkommen<br />

in ein erbliches Lehensverhältnis mit dem Kloster begaben, beginnt die urkundliche<br />

Namensnennung im Appenzellerland überhaupt (AUB 1). Im Appenzeller<br />

Vorderland gegen das sanktgallische Rheintal vermochte auch das bischöfliche Hochstift<br />

Konstanz vom Hof Horn und Hof Thal her grundherrliche Rechte zu erwerben.<br />

In der genossenschaftlich organisierten äbtischen Grundherrschaft führten anfänglich<br />

Meier, die sich oft zu Rittern und Burgherren emporschwangen, seit dem<br />

13./14. Jahrhundert Ammänner, die unter der milden RegierungAbt Hermanns von<br />

Bonstetten (1333-1360) auch aus einheimischen Familien erwählt wurden, die Verwaltung<br />

in einzelnen Gegenden und übten die niedere Gerichtsbarkeit aus. Appenzell,<br />

Herisau, Hundwil und Trogen bildetenje ein Amt; Teufen gehörte seit zirka 1377<br />

zum sanktgallischen Hofamt, einzelne Leute in Teufen und die Leute auf Gais zum<br />

Sonderamt. Auch die sogenannten Freien des Obern Thurgaus und die Freien zu<br />

Schwänberg gerieten in die wirtschaftliche Abhängigkeit des Klosters. - Schon im<br />

13./14. Jahrhundert waren einzelne appenzellische Ämter in mehrere Rhoden (Steuerbezirke<br />

und militärische Einheiten) unterteilt. Appenzell in sechs. Trogen in fünf,<br />

vielleicht auch in sechs, Hundwil in drei, nämlich in Ober- und Unter- bzw. Hinterund<br />

Vorderhundwil (spätere Gemeinde Stein) und Urnäsch. Während sich in Appenzell<br />

die sechs Rhoden als Bezirke bis heute erhalten haben und bis in die neuere<br />

Zeit eine einzige Kirchhöre bildeten, entstanden aus den äußern Rhoden, abgesehen<br />

von Trogen, das nach dem Freiheitskrieg eine mehrere Gemeinden umfassende<br />

Gesamtrhode bildete, einzelne Hauptmannschaften, d.h. Gemeinden. Im Falle von<br />

Herisau, Urnäsch und Teufen entsprachen diese der Kirchhöre, im Falle der beiden<br />

Hundwil bildeten zwei Rhodsgemeinden eine Kirchhöre (Kirchgemeinde) bis zur<br />

Kirchen- und Gemeindegründung von Stein 1749.<br />

Die Vogtei, der weltliche Schutz und Schirm über den sanktgallischen Klosterbesitz,<br />

war unter Kaiser Friedrich Barbarossa nach 1167 samt der damit verbundenen<br />

Vogtsteuer ans Reich übergegangen. Die Reichsvogtei St. Gallen umfaßte neben<br />

sanktgallischen Gemeinden jene von Appenzell, Urnäsch, Hundwil und Teufen.<br />

Herisau und Trogen bildetenje eine besondere Vogtei. Das Vorderland unterstand<br />

zum Teil der Reichsvogtei Rheineck. Durch Verpfändung fiel die Reichsvogtei und<br />

-Steuer unter Kaiser Ludwig dem Bayern 1345 an den Abt von St. Gallen selbst<br />

(AUB 74). So begannen sich die klösterlichen Rechte der Grundherrschaft schon<br />

unter Abt Hermann von Bonstetten mit den Rechten der Reichsvogtei und des damit<br />

verbundenen Hoch- oder Blutsgerichts zu einer äbtischen Landeshoheit zu vereinigen.<br />

Unter der straffen Regierung des streitbaren Abtes Kuno von Stoffeln (1379-1411),<br />

der auch die Reichsvogteien von Herisau und Trogen sowie die Freivogteien des<br />

Obern Thurgaus und von Schwänberg an sich brachte (AUB 134, 153, 908), führte<br />

rücksichtsloses Eintreiben der betreffenden Steuern und der restaurative Versuch,<br />

die den Bauern unter den Vorgängern eingeräumten freiheitlichen Rechte zu beschränken,<br />

zum Ausbruch des Freiheitskrieges (1401-1429), der in den für die Appen-


4 DER K ANTON A PPENZELL A USSERRHODEN<br />

zeller siegreichen Schlachten an der Vögelinsegg 1403 und am Stoß 1405 entscheidende<br />

Höhepunkte erreichte. Der gemeinsame Kampf einte die Bergbevölkerung.<br />

Schon 1379 ist «Appazell» als Kollektivname erwähnt (AUB 129), und 1403 kommt<br />

die Einheit des Landes Appenzell erstmals auch durch die Verwendung eines gemeinsamen<br />

Landessiegels zum Ausdruck (AUB 190). Für die Sache der Freiheit<br />

fanden die Appenzeller bei den Bürgern der Stadt St. Gallen und der süddeutschen<br />

Städte sowie bei den Bauern der Urschweiz Bundesgenossen: 1377 Beitritt von Appenzell,<br />

Hundwil, Urnäsch, Gais und Teufen zum süddeutschen Städtebund (AUB<br />

n8), 1401 «Volksbund» der Gotteshausleute von Appenzell, Hundwil, Urnäsch,<br />

Trogen, Teufen, Speicher, Gais, Herisau und von etlichen sanktgallischen Gemeinden<br />

(Wittenbach, Goßau, Waldkirch und Bernhardzell) mit der Stadt St. Gallen<br />

(AUB 161, 162), 1402/03 Aufnahme der Appenzeller in ein Landrecht mit Schwyz<br />

(AUB 190), 1411 Abschluß eines Burg- und Landrechts mit den sieben Alten Orten<br />

ohne Bern (AUB 307), 1452 eines vorteilhaftem ewigen Bündnisses mit denselben<br />

Orten (AUB 843), endlich 1513 Aufnahme von Appenzell als dreizehntem gleichberechtigtem<br />

Ort in den Bund der Eidgenossenschaft (AUB 1621). - Erst 1458-1460,<br />

1465 und 1474 wurden die im Freiheitskampf den Letzinen nach behaupteten<br />

Grenzen gegen das äbtische Gebiet durch eidgenössischen Schiedsspruch rechtlich<br />

anerkannt (AUB 879, 898, 907, 999, 1105. Vgl. 1143: Grenzen zwischen Kurzenberg<br />

und Rheintal) und 1466 den Appenzellem vom Reich die hohe Blutsgerichtbarkeit zuerkannt<br />

(AUB 1012).<br />

Die politische Autonomie und staatliche Souveränität bedeutete noch nicht Abgabefreiheit<br />

gegenüber den Ansprüchen der klösterlichen Grundherrschaft. Diese mußten<br />

mit hohen Summen abgelöst werden, was die Appenzeller hauptsächlich erst im<br />

16. Jahrhundert vermochten. Als letzte Abgabe wurde 1566 der sogenannte Fall abgelöst<br />

(AUB 2773). - Einen Machtzuwachs brachte den Appenzellem der Besitz des<br />

Rheintals mit der Vogtei Rheineck 1460-1490; sie gingen aber dessen zur Strafe für<br />

den Rorschacher Klosterbruch von 1489 wieder verlustig (AUB 913, 1331). Von 1500<br />

an bis zum Untergang der Alten Eidgenossenschaft 1798 stellten sie jedoch als Mitregenten<br />

der sieben östlichen Alten Orte turnusgemäß den Landvogt (AUB 1479).<br />

B. Die Landteüung ijgy. Die Glaubensspaltung riß zwischen der altgläubigen<br />

Kirchhöre Appenzell mit ihren sechs Innern Rhoden und den neugläubigen Kirchhören<br />

der äußern sechs Rhoden samt Gais eine tiefe Kluft auf (s.u.). Im Laufe des<br />

16. Jahrhunderts verschärften sich die Gegensätze. Ursache dazu bildete die Annahme<br />

des Gregorianischen Kalenders einerseits und dessen Ablehnung anderseits,<br />

die gegenreformatorische Wirksamkeit der 1587 in Appenzell niedergelassenen Kapuziner,<br />

die zur Vertreibung der Reformierten aus Appenzell 1588 und Einführung<br />

der Parität in Grub 1589 führte, und schließlich der Beitritt der innern Rhoden zum<br />

spanischen Bündnis 1596. Aus dieser politisch unhaltbaren Situation konnte nur noch<br />

die Landteilung führen. Von den äußern Rhoden wurde sie an einer Landsgemeinde<br />

vom 2. Juni 1597 in Hundwil, von den innernam 15.Juni in Appenzell beschlossen.<br />

Eine außerordentliche außerrhodische Landsgemeinde von Teufenam 7. September<br />

hieß den Inhalt des am folgenden Tag unterzeichneten Landteilungsvertrags gut<br />

(AUB 4139, 4140). An einer außerordentlichen Landsgemeinde a m 2. Dezember<br />

1597 in Hundwil wurde Trogen mit knappem Mehr zum Hauptort von Appenzell


EINLEITUNG 5<br />

Außerrhoden erkoren. Maßgeblich für die Zugehörigkeit zu Inner- oder Außerrhoden<br />

war die katholische oder reformierte Konfession. Die dadurch entstandene verworrene<br />

Rechtslage hauptsächlich in Oberegg und Reute, wo eine Mehrheit innerrhodischer<br />

Liegenschaften im Besitz von Katholiken und eine Minderheit außerrhodischer<br />

Liegenschaften im Besitz von Reformierten zum Teil bunt gewürfelt nebeneinander<br />

lag (AUB 4131), wurde erst 1870 durch bundesrätlichen Entscheid bereinigt. - Im<br />

übrigen verlangte der Landteilungsvertrag unter anderm von Außerrhoden die<br />

Schaffung eines neuen Banners (Wappens) und Siegels. Urkunden und eroberte Banner<br />

blieben gemeinsamer Besitz, mußten aber in Appenzell aufbewahrt werden.<br />

C. Der Stand Appenzell Außerrhoden. 1. Rhoden und Gemeinden. Außerrhoden bestand<br />

nach der Landteilung aus sechseinhalb Rhoden: Urnäsch, Herisau, den beiden Hundwil.<br />

Teufen, das mit Speicher und seit Beginn des 17. Jahrhunderts auch mit Roten<br />

(Bühler) zusammen eine Rhode bildete,und der das ganzeVorderland mitumfassenden<br />

Rhode Trogen. Diese setzte sich aus zwei Halbrhoden zusammen. Die eine umfaßte<br />

die beiden Hauptmannschaften und Kirchhören Trogen und Grub, die andere die ins<br />

Rheintal kirchgenössigen Gemeindenam Kurzenberg,am Obern und Untern Hirschberg<br />

(Reute und Walzenhausen) und auf Oberegg (AUB 4131, 4138). Zu diesen<br />

ehemaligen sechs äußern Rhoden gesellte sich seit 1597 die von den innern Rhoden<br />

abgetrennte halbe Rhode Gais. - Das 17. und 18. Jahrhundert stand im Zeichen<br />

neuer Gemeindehildungen: 1649 (!) trennte sich Schwellbrunn von Herisau. Der Kurzenberg<br />

teilte sich nach dem Kirchenbau 1652 in Heiden und Wolfhalden in die drei<br />

Gemeinden Heiden, Wolfhalden und Lutzenberg. Weitere Kirchenbauten führten<br />

1669 zur Abtrennung der Gemeinde Rehetobel und 1686 der Gemeinde Wald von<br />

Trogen, 1720 der Gemeinde Waldstatt von Herisau und der Gemeinde Schönengrund<br />

von Urnäsch, 1723 der Gemeinde Bühler von Teufen, 1687/88am Obern Hirschberg<br />

zur Bildung der Gemeinde Reute. 1748 wurde schließlich in der vordem Hundwiler<br />

Rhode die Gemeinde Stein gegründet. Seither besteht Außerrhoden aus zwanzig autonomen<br />

Gemeinden. Die Leitung und Verwaltung dieser Gemeinden bzw. Kirchhören,<br />

Rhoden oder Hauptmannschaften oblag den Gemeinde- bzw. Kirchhörehauptleuten,<br />

d.h.je einem regierenden und stillstehenden Hauptmann (eine Unterscheidung, die<br />

gemäß der Verfassung von 1876 aufgegeben wurde) und ihren Räten oder «Ratsfreunden»<br />

in einer Anzahl, wie sie von den Landbüchern einer Gemeinde nach<br />

ihrer Größe und Bedeutung als Abgeordnete in den Kleinen und Großen Rat des<br />

Landes zuerkannt wurden (Tabelle inAG II, S.49). Als Schreiber amtete der Kirchhöre-<br />

oder «Gopeyschreiber». {Weitere Quellen bei den Gemeinden).<br />

2. Lands gemeinde, Landesheamte, Obrigkeit und Räte. Appenzell Außerrhoden besitzt<br />

wie Innerrhoden bis heute eine direkte Demokratie. An der jährlichen Landsgemeinde<br />

wählen noch jetzt die stimmberechtigten Männer durch offenes Handmehr<br />

Regierung und oberstes Gericht und stimmen über Gesetzesvorlagen ab. Regierung<br />

und Rat haben indessen durch die Verfassungsänderungen im 19. Jahrhundert,<br />

besonders 1858 und 1876, eine grundlegende Umwandlung erfahren. Bis 1858 blieb<br />

im wesentlichen die Regierungsform in Kraft, wie sie in den alten Landbüchern<br />

(Verfassungs- und Gesetzesbüchern) von zirka 1600, von 1615, 1632, 1655 und 1747<br />

umschrieben ist und im großen ganzen auf die Verfassung des ungeteilten Landes<br />

zurückgeht. - a) Die Verfassung bis 1858. Mit Rücksicht auf die bei der Wahl von


6 DER K ANTON A PPENZELL A USSERRHODEN<br />

Trogen zum Hauptort knapp unterlegenen Rhoden hinter der Sitter, Urnäsch,<br />

Herisau und Hundwil, wurde zuerst die abwechslungsweise Tagung der Landsgemeinde<br />

in Trogen oder an einem der drei Orte hinter der Sitter beschlossen. In<br />

Herisau tagte eine einzige ordentliche Landsgemeinde 1599, in Urnäsch überhaupt<br />

keine. Dagegen wurde Hundwil gemäß Landbuch von 1615 regelmäßiger Tagungsort<br />

der ordentlichen Landsgemeinden im Wechsel mit Trogen bis heute. Für Trogen<br />

traf es die geraden, für Hundwil die ungeraden Jahre. - Die Landsgemeinde erkor<br />

die obersten Landesbeamten (!), nämlich den Landammann, der die Landsgemeinde leitete,<br />

den Vorsitz in den verschiedenen Ratsversammlungen und Gerichten führte, Amtsbefehle<br />

erteilte und den Stand in der Regel an der Tagsatzung vertrat, den Landesstatthalter<br />

als Stellvertreter des Landammanns, den Landessäckelmeister als Verwalter<br />

des Staatsvermögens, den Landshauptmann als Kommandanten des Landeskontingents<br />

und den Landsfähnrich als Träger des Landesbanners. Diesen beiden wurden jedoch<br />

im Laufe des 18. Jahrhunderts anstelle der militärischen immer mehr zivile Aufgaben,<br />

u.a. das Bauherrenamt, übertragen. Ein eigentliches Regierungskollegium bildeten<br />

diese fünf obersten Beamten nicht. Die Regierungsbeschlüsse faßte der Rat<br />

(s.u.). Außerdem wählte die Landsgemeinde den Landweibel und den Landschreiber.<br />

Zur Beilegung von Animositäten in dem an Stimmenzahl dem Land vor der Sitter<br />

unterlegenen Land hinter der Sitter wurde 1647 ein bis 1858 dauerndes Doppelregime<br />

eingeführt. Die fünf höchsten Landesämter wurden durchje einen Vertreter<br />

aus beiden Landesteilen doppelt besetzt. Im regelmäßigen Wechsel einer zweijährigen<br />

Amtszeit führte ein regierender Landammann aus einem der beiden Landesteile die<br />

Geschäfte des ganzen Landes und verwahrte das große Landessiegel (s.d.). Stellte<br />

der eine Landesteil den regierenden Landammann, so der andere, wo sich der alt oder<br />

stillstehende Landammann befand, sowohl, wie schon früher, den regierenden Statthalter,<br />

der das kleine Landessiegel verwahrte, als auch den regierenden Säckelmeister. Dem<br />

alt oder stillstehenden Landammann wurde seit dem Ende des 17. Jahrhunderts<br />

gewöhnlich der Titel eines Bannerherrn verliehen, mit welcher Ehrenstelle schon längst<br />

keine wirkliche Funktion mehr verbunden war. Seit 1647 amtete auch je ein Landesbauherr<br />

vor und hinter der Sitter. - Das eigentliche Regiment übten die Ratsversammlungen<br />

mit ihren Beschlüssen aus. Der Große Z we tf ac he Landrat (oder «Neu und<br />

alt Räth»), die höchste und größte Ratsversammlung, tagte einmal im Jahr abwechslungsweise<br />

in Trogen oder Herisau, wählte die nicht von der Landsgemeinde<br />

gewählten Landesbeamten, wie die Landesbauherrn, und hatte gesetzgeberische<br />

Gewalt. Er setzte sich seit 1723 aus den zehn höchsten Landesbeamten, den regierenden<br />

und stillstehenden Gemeindehauptleuten (seit 1749 vierzig), weitern delegierten<br />

Ratsherren aus den Gemeinden, dem Landweibel und Landschreiber zusammen. -<br />

Der Große Rat, der aus den zehn höchsten Landesbeamten, den zwei Bauherren, dem<br />

Siechenpfleger, den regierenden Gemeindehauptleuten, dem Landweibel und dem<br />

Landschreiber, gelegentlich noch aus dem stillstehenden Hauptmann von Trogen<br />

und Herisau bestand, tagte ebenfalls abwechselnd in Trogen und Herisau, für die<br />

Herbstrechnung jedocham Wohnort des Landammanns, für die Frühlingsrechnung<br />

am Ort der nächsten Landsgemeinde, besorgte die laufenden Regierungsgeschäfte<br />

und befaßte sich als oberste richterliche Instanz mit Zivil- und Strafsachen. - Der<br />

Kleine Rat vor und hinter der Sitter befaßte sich vor allem als niedere Gerichtsinstanz<br />

mit Straf- und Zivilsachen. Er setzte sich aus dem regierenden Landammann, einem


EINLEITUNG 7<br />

Landesbeamten des Bezirks, einem Teil der Räte des Tagungsorts und je einem abgeordneten<br />

Ratsherrn aus jeder Gemeinde des Bezirks zusammen und tagte alle<br />

acht bis vierzehn Tage abwechselnd in der Reihenfolge Trogen-Urnäsch-Trogen-<br />

Herisau-Trogen-Hundwil. - b) Helvetik 1798-1803. In dieser Zeit bildete Außerrhoden<br />

mit Innerrhoden und dem nördlichen Teil des heutigen Kantons St. Gallen<br />

den Kanton Säntis. Dabei entfielen auf Außerrhoden drei der dreizehn Distrikte,<br />

nämlich der Distrikt Herisau mit Herisau (Hauptort), Schwellbrunn, Waldstatt,<br />

Schönengrund und Urnäsch, der Distrikt Teufen mit Teufen (Hauptort), Hundwil,<br />

Stein, Bühler, Gais, Speicher und Trogen sowie der Distrikt Wald mit Heiden (Hauptort),<br />

Wald, Rehetobel, Grub, Wolfhalden, Lutzenberg, Walzenhausen und Reute<br />

samt Oberegg und Hirschberg. - c) Restauration und Regeneration. Die Zeit nach der<br />

Mediation 1803 und nach dem Bundesvertrag von 1815 stand im Zeichen der Restauration,<br />

der Wiederherstellung der alten Verfassung und des alten Rechts. - Im<br />

Geist der Regeneration und des Liberalismus, der sich schon in den 1820er Jahren<br />

mächtig regte, entstand die Verfassung von 1834. Deren wichtigste Errungenschaft war<br />

neben der Trennung von Verfassung und Gesetz die Gewährung von Niederlassungsund<br />

Glaubensfreiheit. - d) Die Verfassung von 1858. Sie beseitigte das Doppelregiment<br />

vor und hinter der Sitter, schuf als oberste Exekutive die «Standeskommission», Vorgängerin<br />

des Regierungsrates, kannte nur noch eine gesetzgebende große Ratsversammlung,<br />

den Großen Rat, Vorläufer des Kantonsrates, und vollzog vor allem<br />

die schon lange angestrebte Trennung von Regierungs- und Gerichtsgewalt durch<br />

Schaffung eines kantonalen Obergerichts. In Anpassung an die freiheitliche Bundesverfassung<br />

von 1848 garantierte sie zur bereits bestehenden Niederlassungs- und<br />

Glaubensfreiheit hinzu auch die Kultusfreiheit, außerdem das Stimm- und Wahlrecht<br />

für nicht außerrhodische Schweizer Bürger im Kanton. - Infolge Münzreform<br />

1850 Einführung der Franken- anstelle der Guldenwährung. - e) Die Verfassung von<br />

i8y6 bzw. igoS. Sie bezeichnete die Exekutive, die frühere Standeskommission, als<br />

Regierungsrat, den Großen Rat als Kantonsrat und bestimmte als dessen ausschließlichen<br />

Sitzungsort Herisau, das somit de facto (ohne Landsgemeindebeschluß) zum<br />

Hauptort und kantonalen Verwaltungszentrum aufrückte, während der historische<br />

Hauptort Trogen Sitz des Obergerichtes blieb. Die bisherigen Kleinen Räte vor und<br />

hinter der Sitter wurden in drei Bezirksgerichte des Vorder-, Mittel- und Hinterlandes<br />

verwandelt, eine Landeseinteilung, die erstmals in der Helvetik kurzfristig in Gebrauch<br />

war, vonnun an aber eingebürgert ist. Durch die Verfassung von 1876 wurden<br />

auch die traditionellen Titel der obersten Magistraten abgeschafft mit Ausnahme<br />

desjenigen des Landammanns, bei dem aber auch die Unterscheidung in einen regierenden<br />

und einen stillstehenden (jetzt «Vizepräsident») dahinfiel. Im Sinne<br />

einer weitgehenden Trennung von Kirche und Staat wurde die Staatskirche in eine<br />

Landeskirche umgewandelt (s.u.). Diese Verfassung blieb in Form und Grundsätzen<br />

bis heute maßgeblich. Die Totalrevision von igo8 reorganisierte vor allem das Regierungssystem<br />

und die Verwaltung (Abschaffung des Amtszwangs für kantonale Ämter,<br />

völlige Gewaltentrennung zwischen Regierungs- und Kantonsrat u.a., stärkere Belastung<br />

des Staates mit Aufgaben der öffentlichen Wohlfahrt).<br />

Literatur. AG I und II. - Zur Entstehung der Rhoden, insbesondere:P. RAINALD FISCHER, AJB 1963,<br />

s. 3-25-


8 DER K ANTON A PPENZELL A USSERRHODEN<br />

KIRCHLICHE VERHÄLTNISSE<br />

A. Vor der Reformation. Das Appenzellerland gehörte zum Bistum Konstanz, innerhalb<br />

von diesem zum Archidiakonat Thurgau und zum Dekanat St. Gallen (ursprünglich<br />

Arbon). Somit stand dem Bischof von Konstanz als geistlichem Oberhirten<br />

die Einsetzung ins geistliche Amt (Investitur in spiritualia) zu. Das Patronat<br />

über die appenzellischen Kirchen oder die Kollatur in temporalia, d.h. die Einsetzung<br />

der Geistlichen in die Pfründe, war aberim Besitz des Abtes von St. Gallen, dem<br />

bedeutendsten Grund- und Lehensherrn im Appenzellerland, der Pfrundabgaben<br />

und Kirchenzehnten bezog.<br />

B. Kirchengründungen vor und nach der Reformation. Als erste Kirche im Appenzellerland<br />

wurde von der Mutterkirche Goßau aus die Kirche von Herisau noch vor 907<br />

(erste Erwähnung) gegründet (s.d.). Zu deren Kirchhöre zählte bis zum Kirchenbau<br />

um 1414 und Pfarreistiftung 1417 auch die Rhode Urnäsch (s.d.). 1071 erfolgte durch<br />

Abt Norbert von St. Gallen die Gründung der Pfarrei Appenzell, welcher der Kirchenbau<br />

ebenfalls vorausging, im 13. Jahrhundert, vor 1297 der Kirchenbau in Hundwil<br />

vor 1333 in Gais. Diese beiden Kirchen wurden als Tochterkirchen der Pfarrkirche<br />

St. Laurenzen in St. Gallen gegründet, die ihrerseits seit 1359 der Abtei inkorporiert<br />

war (UBSG 3903). Vom ausgedehnten Pfarrsprengel St. Laurenzen wurde<br />

zur Hauptsache auch die 1479 gegründete Pfarrkirche und Pfarrei Teufen abgelöst,<br />

zu einem bedeutenden Teil auch die 1463 gegründete Pfarrei Trogen, wo die Kirche<br />

wiederum etliche Jahre zuvor erbaut worden war. Dieser neuen Pfarrei wurden aber<br />

auch Gebiete der Pfarrei Goldach, nämlich dasjenige der spätem Gemeinden Rehetobel<br />

und Wald, sowie Gebiete der Pfarrei Altstätten östlich des Hofes Trogen einverleibt.<br />

- Die zeitliche und räumliche Abfolge dieser Kirchengründungen enthält<br />

einen deutlichen Hinweis auf die Besiedlung des Appenzellerlandes von Westen her<br />

gegen Innerrhoden und gegen das Mittelland. - Speicher wurde bis zur Kirchengründung<br />

1614, der ersten nach der Reformationim Appenzellerland, ebenfalls zu einem<br />

wichtigen Teil von St. Laurenzen, seit 1603 von Linsebühl, St. Gallen, zu einem<br />

andern Teil von Trogen aus betreut. - Im heutigen Vorderland entstand vor der<br />

Reformation eine einzige Pfarrei, nämlich 1474 Grub als Filiale der abtsanktgallischen<br />

Pfarrei Rorschach, wobei der Kirchenbau der Pfarreistiftung ebenfalls vorausgegangen<br />

war. Das übrige Vorderland ohne Rehetobel und Wald blieb noch bis<br />

ins 17. Jahrhundert nach Pfarreien des sanktgallischen Rheintals kirchgenössig: der<br />

Untere Hirschberg (Walzenhausen) bis zum Kirchenbau 1638 nach St. Margrethen-<br />

Höchst, der Kurzenberg (Heiden, Wolfhalden und Lutzenberg) bis zu den Kirchengründungen<br />

1652 in Heiden und Wolf halden nach Thal, mit welcher Kirchgemeinde<br />

Lutzenberg als einzige außerrhodische Gemeinde ohne eigene Kirche noch heute<br />

vereinigt ist, der Obere Hirschberg (Reute) bis zum Kirchenbau 1687/88 nach Berneck,<br />

das katholische Oberegg, seit der Landteilung 1597 eine innerrhodische Enklave, bis<br />

zum Kirchenbau 1653/54 nach Marbach. Weitere Kirchenbauten im 17. und 18.<br />

Jahrhundert, mit denen Neugründungen von Gemeinden Hand in Hand gingen,<br />

fanden statt in Schwellbrunn 1648, in Rehetobel 1669, in Wald 1686, in Schönengrund und<br />

Waldstatt 1720, in Bühler 1723 und in Stein 1749. Schwellbrunn und Waldstatt<br />

hatten bis dahin zu Herisau, Rehetobel und Wald zu Trogen, Schönengrund zu<br />

Urnäsch und Stein als untere oder vordere Hundwiler Rhode zur Kirchhöre Hund-


EINLEITUNG 9<br />

wil gehört. Der reformierte Kirchenneubau 1752 in appenzellisch Grub, dem ein<br />

katholischer in sanktgallisch Grub vorausgegangen war, bedeutete das Ende eines<br />

seit dem Kollaturstreit 1589 bestehenden unerfreulichen Paritätsverhältnisses. Seit<br />

der letzten Kirchen- und Gemeindegründung 1748/49 in Stein umfaßt Außerrhoden<br />

neunzehn reformierte Kirchgemeinden.<br />

Quellen. Siehe bei den einzelnen Gemeinden. - Literatur. AG I und II.<br />

G. Die Reformation. Unter dem Einfluß des Humanisten Vadian und verschiedener<br />

ihm befreundeter Pfarrer im Appenzellerland hatte die Lehre Huldrych Zwingiis<br />

in dessen Kirchhören rasch Fuß gefaßt. Eine Landsgemeinde, wahrscheinlich jene<br />

vom 30. April 1525 (also nicht, wie früher angenommen, vom 6. August 1524) ^<br />

erhob das Kirchhöreprinzip zum Beschluß. Diesem gemäß hatten die Kirchhören über<br />

ihre Zugehörigkeit zum neuen oder alten Glauben zu mehren. Die unterlegene<br />

Minderheit sollte unbehelligt bleiben, mußte aber die Kirche anderswo besuchen.<br />

Alle appenzellischen Kirchhören außer Appenzell selbst schlossen sich dem neuen<br />

Glauben an, Herisau allerdings erst 1529.<br />

D. Die Staatskirche und die Synode von Appenzell Außerrhoden bis i8jy. Nach der Reformation<br />

übten die Vorsteher der nun autonomen Kirchhören, d.h. der politischen<br />

und kirchlichen Gemeindeeinheiten, die Hauptleute und Räte, de facto die direkte<br />

Kirchengewalt und Kollatur durch Ein- und Absetzen der Pfarrer aus. Die Kirchhöre<br />

war nun alleinige Eigentümerin des Kirchengutes und der kirchlichen Gebäude<br />

2 . Gegen Ende 16. Jahrhundert machte der Abt von St. Gallen seine längst<br />

nicht mehr ausgeübten Kollaturrechte wieder geltend, zuerst 1588 in Grub und<br />

gleichzeitig auch in Trogen und zuletzt, 1596-1598, in allen außerrhodischen Kirchen<br />

3 . In der Kirche Grub, auf die auch die Katholiken von sanktgallisch Grub<br />

Anspruch hatten, führten die Bestrebungen des Abtes zum Paritätsvertrag vom<br />

10. Januar 1589, in welchem ihm als Lehensherr der Kirche auch das Präsentationsrecht<br />

bezüglich des Prädikanten zugestanden werden mußte 4 . Hinsichtlich der<br />

übrigen Kirchen kam keine Einigung zustande. Die Außerrhoder boten zwar eine<br />

Auslösungssumme an; die Forderung des Abtes, vom verschärften Kirchhöreprinzip, wie<br />

es besonders in Appenzell selbst seit dem Religionsvertrag von 1588 (AUB 3765) in<br />

Anwendung war, abzuweichen, war für Außerrhoden unannehmbar 5 .<br />

Gemäß diesem verschärften Kirchhöreprinzip mußte sich die konfessionelle Minderheit<br />

entweder zum Glauben der Mehrheit bekehren oder die Gemeinde verlassen.<br />

So folgte Außerrhoden der in Innerrhoden geübten Praxis und verwies durch Beschluß<br />

an der Landsgemeinde von Herisau 1599 die dem Glauben treu bleibenden<br />

Katholiken des Landes 6 . Damit wurde das Kirchhöreprinzip zum Staatsprinzip,<br />

1 P.RAINALD FISCHER, Studien zur Geschichte der Reformationim Lande Appenzell, IGfr 9 (1962),<br />

S. 3 -40.<br />

2 BAUMANN, S.22 f.<br />

% SCHÄFER, Materialien 1813, S . 217-226 (Abdruckder Urkunden).DazuA U B 403Q, 4 042. -<br />

A G I ,S.502-505, 527. - A G I I,S.28-30.<br />

4 A U B 3 868.<br />

5 KÜRSTEINER,S.12-21. - BAUMANN,S. 18. - A G I ,S. 4B5-496 (Kampf u m das verschärfte Kirch­<br />

höreprinzip).<br />

6 A G I I,S. 33F. - KÜRSTEINER, S.49,61.


10 DER KANTON A PPENZELL A USSERRHODEN<br />

Abb. 2. Kranzkachel, Anfang 17. Jahrhundert,mitderWappenpyramidevon Appenzell Außerrhoden<br />

auf Beschlagwerk, vom ehemaligen Ofen des großen Ratssaales im 1827 abgebrochenen Rathaus zu<br />

Herisau. Schweizerisches Landesmuseum, Zürich. - Text S. 102 f.<br />

und die Voraussetzung für eine reformierte Staatskirche war gegeben. Erst 1612 verließen<br />

allerdings die letzten Katholiken auf einen Ratsbeschluß hin Außerrhoden 1 .<br />

1613 beschloß der Zweifache Landrat, alle übriggebliebenen Zeichen und Gebräuche<br />

des alten Glaubens abzuschaffen, demzufolge auch die Kreuze von den<br />

Friedhöfen zu entfernen 2 . Vermutlich wurden zu dieser Zeit auch die noch um 1603<br />

in der Kirche von Herisau bezeugten Altäre entfernt 3 . In Verbindung mit der<br />

Synode übte die Landesobrigkeit eine gewisse Oberaufsicht über die Kirchhören aus.<br />

Schon im 16. Jahrhundert hatten sich die Geistlichen von Außerrhoden mit jenen<br />

von St. Gallen, Thurgau und Rheintal zu einer Synode zusammengeschlossen, deren<br />

Anfänge ins Jahr 1526 zurückreichen 4 . Der appenzellische Teil gründete mit seinem<br />

Dekan 1602 eine eigene Synode (Constitutiones Synodi Appencellensis von 1602 und<br />

1 Laut KÜRSTEINER, S. 61, Ratsbeschluß vom 23. Juli 1612 (gestützt auf Zellwegers Urkundensammlung<br />

in: KtB). — WALSER, S. 584.<br />

2 BAUMANN, S. 30. - Schon in den Synodalprotokollen von 1605 wurde laut ROTACH, Herisau,<br />

S. 316, die Entfernung der Grabkreuze in den Rhoden Herisau, Urnäsch und Hundwil gefordert.<br />

3 In den Synodalprotokollen von 1603 wurde laut ROTACH, Herisau, S. 316, gefordert, es sollen die<br />

Altäre, die in Herisau noch geblieben, aus der Kirche entfernt werden.<br />

4 BAUMANN,S. 4 5F.


EINLEITUNG<br />

1742; Synodalprotokolle von 1602 an), löste sich aber erst 1757 von der daneben<br />

bestehengebliebenen sanktgallisch-appenzellischen<br />

E. Trennung von Kirche und Staat iSyy. Aufgrund der am 29. April 1877 in Kraft<br />

getretenen Kantonsverfassung von 1876 teilte sich die politische und kirchliche<br />

Gemeindeeinheit einer jeden Kirchhöre in Politische Einwohnergemeinde und Evangelisch-reformierte<br />

Kirchgemeinde 2 . Als eigentliche Rechtsnachfolgerin der Kirchhöre verblieb<br />

die Politische Einwohnergemeinde noch bis heute (1973) im Besitz der kirchlichen<br />

Gebäude. Die Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde wurde deren Nutznießerin<br />

3 . Kraft der Kantonsverfassung von 1908 ging das bewegliche kirchliche<br />

Vermögen 1909 in den Besitz der Kirchgemeinden über 4 . Eine Überführung auch<br />

der kirchlichen Bauten in deren Besitz wird zurzeit erwogen.<br />

Alle neunzehn appenzell-außerrhodischen Kirchgemeinden (eben ohne Lutzenberg)<br />

schlossen sich 1877 zur Evangelisch-reformierten Landeskirche, einer nicht staatlichen<br />

Vereinskirche, zusammen 5 . 1878 wurde die Synode mit einem Kirchenrat als oberster<br />

Aufsichtsbehörde neu konstituiert 6 . - Diese grundlegenden Veränderungen waren<br />

eine Konsequenz der schon in der Kantonsverfassung von 1834 verankerten Glaubens-<br />

und Niederlassungsfreiheit und der durch die Kantonsverfassung von 1858<br />

verbürgten Kultusfreiheit gemäß Bundesverfassung von 1848. Nun war den zugewanderten<br />

Katholiken die Möglichkeit gegeben, Kirchen zu bauen und Kirchgemeinden<br />

zu bilden. Als erste römisch-katholische Pfarrei wurde 1867 jene von<br />

Herisau gegründet und für diese 1878/79 die erste Kirche erbaut. Gemäß Kantonsratsbeschluß<br />

vom 22. Oktober 1962 genießen seit 1. Januar 1963 auch die römischkatholischen<br />

Kirchgemeinden öffentlich-rechtliche Anerkennung 7 .<br />

WIRTSCHAFTLICHE VERHÄLTNISSE<br />

Hauptsächlich drei Wirtschaftszweige, die bei den einzelnen Gemeinden im besondern<br />

geschildert sind, bildeten bis in die neueste Zeit die Existenzgrundlage von<br />

Außerrhoden: die Landwirtschaft, das Textilgewerbe und das Kurwesen. Das angestammte<br />

bäuerliche Gewerbe betrieb von jeher Gras- und Milchwirtschaft in Verbindung<br />

mit Viehzucht, gelegentlich mit Wald- und auch etwas Ackerbau. Das<br />

Textilgewerbe, vorerst das Spinnen von Flachs und Hanf, dann in vermehrtem Maße<br />

das Weben von Leinwandtüchern, wurde seit dem 15./!6. Jahrhundert eine immer<br />

wichtigere Nebenbeschäftigung des bäuerlichen Standes und schließlich für viele<br />

zum ausschließlichen Lebensberuf. Lange nahmen die appenzellischen Dörfer<br />

gleichsam als Leinwand webendes Hinterland am Wohlstand der Stadt St. Gallen<br />

1 BAUMANN, S. 47-50.<br />

2 BAUMANN, S. 23, 25, 84-92.<br />

3 BAUMANN, S. 86-89. - AG II, S. 477.<br />

4 AG II, S. 477, 565.<br />

5 BAUMANN, S. 86, 93-100. - «Ordnung für die evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons<br />

Appenzell A.Rh.» wurde von allen neunzehn Kirchgemeinden angenommen undam 12. Nov. 1877<br />

vom Kantonsrat genehmigt.AG II, S. 477.<br />

6 BAUMANN, S. 70, 96-100. - AGII, S. 477.<br />

7 Amtsblatt 1962, S. 593f.: «Ordnung für denVerband römisch-katholischer Kirchgemeinden des<br />

Kantons Appenzell A.Rh.» wird vom Kantonsratam 22. Okt. 1962 genehmigt. Sie soll am 1. .Jan.<br />

1963 in Kraft treten.


12 DER K ANTON A PPENZELL A USSERRHODEN<br />

Abb. 3-8. Siegel des Landes Appenzell Außerrhoden: Großes Landessiegel von 1598. — Kleines Landessiegel,<br />

wahrscheinlich von 1598. - Älteres Kanzleisiegel, 18. Jahrhundert (?). - Großes Landessiegel,<br />

1807 von (Hans Kaspar[?]) Brupbacher geschaffen. - Kleines Landessiegel von 1807. - Jüngeres<br />

Kanzleisiegel, Anfang 19. Jahrhundert. — Text S. I3f.<br />

teil, die seit Mitte 15. Jahrhundert die Rivalin Konstanz überflügelte, im Bodenseeraum<br />

die Führung des Leinwandhandels übernahm und so neben Augsburg zu einer<br />

der reichsten Städte in Süddeutschland wurde 1 . Dank zähem Fleiß und Unternehmergeist<br />

bedeutender Männer und Familien gewann aber Außerrhoden im<br />

17./18. Jahrhundert in diesem Gewerbe allmählich eine unabhängige Stellung, indem<br />

sich viele zu Fabrikanten emporarbeiteten, die auf eigene Kosten weben ließen,<br />

und manche, wie die Zellweger und Wetter, als Kaufleute die europäischen Märkte<br />

bereisten und bedeutende Reichtümer erwarben. Die höchste Blüte erlebten Textilhandel<br />

und -gewerbe in der zweiten Hälfte 18. Jahrhundert, seitdem anstelle von<br />

Leinwand vorwiegend mit bunten Baumwollmusselingeweben, der «Nationalware»,<br />

gehandelt und damit große Summen verdient wurden. Von den erworbenen Reichtümern<br />

zeugen noch heute zahlreiche Fabrikantenhäuser, wozu auch herrschaftliche<br />

Bauernhäuser zu zählen sind, oder sogar stattliche Paläste, so besonders in Trogen<br />

und Herisau, aber auch in Teufen, Bühler, Speicher, Gais und Wald. - Das Kurwesen<br />

nahm nach bescheidenen Anfängen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />

im 19. Jahrhundert dank der zur Mode gewordenen Molkenkuren seinen Aufschwung,<br />

besonders in Gais, daneben im Heinrichsbad bei Herisau und seit etwa 1847 auch in<br />

I HANS CONRAD PEYER, Leinwandgewerbeund Fernhandelder Stadt St. Gallen von den Anfängen<br />

bis 1520, Bd. I, St.Gallen 1959, Nr. 934, und Bd. II, St.Gallen i960, S. 10-12.


EINLEITUNG I 3<br />

Abb. 9 und 10. Siegel der Landessynode von Appenzell Außerrhoden von 1618. - Siegel der Geistlichkeit<br />

von Appenzell Außerrhoden, 17./18. Jahrhundert. — Text S. 15.<br />

Heiden. An diesen und auch zahlreichen andern Orten Außerrhodens wurden zudem<br />

Mineralquellen als Bäder in den Dienst des Kurwesens gestellt.<br />

Literatur. BODMER, Textilgewerbe. - G. RÜSCH, Der Kanton Appenzell. - G. RÜSOH, Kuranstalten. -<br />

JOH. HEINRICH HEIM, Die Heilkräfte der Alpenziegen-Molken und der Molkenkurort Gais. Zürich<br />

1844. - DEKAN HEIM, Der Molken-, Milch-und Luftkurort Gaisim Kanton AppenzellA.Rh. Schweiz.<br />

Zürich 1878.<br />

WAPPEN, SIEGEL UND ANDERE HOHEITSZEICHEN<br />

Wappen. Ein in Silber (Weiß) aufrecht nach heraldisch rechts schreitender, mit den schwarzen<br />

Buchstaben « V» und «R» beseiteter schwarzer Bär mit aufgeschlagener roter Zunge und Waffen<br />

gleicher Farbe 1 . Es wurde nach der Landteilung von 1597 zwecks Anschaffung eines eigenen Banners<br />

und Siegels gemäß Weisung des Landteilungsvertrags zur Unterscheidung vom bisherigen gemeinsamen<br />

und von nunan auf Innerrhoden beschränkten Landeswappens nur mit den Buchstaben «V»<br />

und «R», der Abkürzungfür Vsser Roden (Außerrhoden), versehen 2 .<br />

Siegel. Das gesamtappenzellische Wappen mit dem aufrechten Bären erscheint erstmals aufdem Siegel<br />

des Friedensvertrags mit den Städtenum den Bodensee und im Allgäu von 1403 und des Bündnisses<br />

mit der Stadt St. Gallen von 1405, daraufin neuer Prägung an den Bündnisurkunden von 1452 und<br />

15133. Das 1598 angeschaffte große Landessiegel von Appenzell Außerrhodenund das vermutlichum die<br />

gleiche Zeit angeschaffte kleine waren mit Unterbruch in der Helvetik (1798-1803) wohl bis 1807 in<br />

Gebrauchund wurden dann durch zwei neue ersetzt. Das großevon 1807 ist als Amtssiegel des Landammanns,<br />

der es verwahrt, noch in Gebrauch (s.u.).<br />

1. Großes Landessiegel, a) Von i^g8 (Datum auf der Rückseite der Petschaft). Dm.47 mm. Wappen<br />

abgesehen von den Farben wie oben beschrieben. Beidseits umränderteund außenzudem von Lorbeerkranz<br />

gesäumte Antiquaumschrift: «-KS- COMMVNITATIS • EXTERIORIS • IN • APPENZELL». Abdruck im<br />

SLM (Abb. 3). Silberne Petschaft mit drei Öhren zum Aufhängenim Hist. Mus. Herisau. Abb. in:<br />

AG II, S.40, 41, und in: RITTMEYER, Hoheitszeichen, Tf. I. - Zum in Fragekommenden Petschaftsstecher<br />

HANS JAKOB GRÜBEL (1554-1632) in St. Gallen siehe ebenda, S. 4, Anm. 3, und NblSG 1930,<br />

S. 29. - b) Von 1807. Dm.45mm. Bis auf Gestalt des Bären und Interpunktionen dem Siegel von 1598<br />

ziemlich genau entsprechend. AbdruckimSLM (Abb. 6). Silberne Petschaft mit folgenden Daten<br />

und Signaturen auf Messingplättchen der Rückseite: « 1598/Erneuert 1807 durch Bruppacher graveur<br />

v. Wädenschwyl/Renoviert 1865 durchM. Burger graveur in Bern.» Abb. in; RITTMEYER, Hoheits-<br />

1 Wappen, Siegel, Verfassung der Eidgenossenschaft und der Kantone 1848-1948, Bern 1948,<br />

S. 849.<br />

2 AUB 4140, 8. Sept. 1597, Ziffer 8: «... die von Ußrodenfür sich auch ein eigen nüw panner und<br />

sigel, doch mit etwas underscheidt gegen dem andernund alten panner und sigel machen lassen mögint<br />

und söllint...»<br />

3 AUB 192 mit Tafel S. 90,91. AUB 230, 843, 1621. Dazu Tafel in Bd.I, S. 710, 711.


14 DER KANTON A PPENZELL AUSSERRHODEN<br />

Abb. 11 und 12. Schild des Landweibels von Appenzell Außerrhoden,um 1600. Historisches Museum<br />

Herisau. - Fragment einer Fahne von Appenzell Außerrhoden, vermutlich 17. Jahrhundert. Historisches<br />

Museum Herisau. - Text S. 15 und 16.<br />

zeichen, Tf. I. - 2. Kleines Landessiegel. Schon im ungeteilten Land wurde 1518 zur Sieglung weniger<br />

bedeutender Urkunden ein solches angeschafft 1 , dementsprechend auch in Außerrhoden wieder eines<br />

verwendet, das der Landesstatthalter verwahrte, a) Siegel um i^gS (vermutlich kaum vor dem großen<br />

Siegel). Dm. 32 mm. Wappen wie beim großen Siegel, der Bär jedoch wie beim kleinen Siegel von 1518<br />

von gleich lautender Antiquaumschrift enger umschlossen: «s*LAND*APPEN*ZELL*». Abdruck im<br />

SLM (Abb. 4). Silberne Petschaft im Hist. Mus. Herisau. Abb. in; RITTMEYER, Hoheitszeichen,<br />

Tf. I. - b) Siegel von iSoy. Dm. 35 mm.In Gestaltung und Wortlaut (!) dem großen Landessiegel von<br />

1807 entsprechend. Abdruck imSLM (Abb. 7). Silberne Petschaft mit Signatur und Datum auf der<br />

Rückseite: «Von Bruppacher Graveur. 1807» im Kantonsarchiv. — 3. Kanzleisiegel, a) Oval, zirka<br />

24x21 mm. Außerrhodischer Wappenbär mit Antiquaumschrift: «APPENZELL CANZLEY:»<br />

Siegelabdruck im SLM (Abb. 5). - b) Oval, 29X24 bzw. 27X23mm. Außerrhodischer Wappenbär<br />

mit Antiquaumschrift: «CANZLEY APPENZELL» und Blattvoluten oben und unten am Schriftband.<br />

Anfang 19. Jahrhundert (Federzeichnungum 1815 in: FISCH, ChronikVH, S.3, Nr. 14). Abdruck<br />

im SLM (Abb. 8). Zwei silberne Petschaften unterschiedlicher Größe, die größere beschädigt, i m<br />

Kantonsarchiv.<br />

4. Weitere Kantonssiegel des ig. Jahrhunderts, a) Oval, zirka 34X30mm. Bär ohne «V» u nd «R» in<br />

umkränztem Wappenschild. Antiquaumschrift: «SALZ-DIREKTION». Unten horizontal: «c. APPENZELL<br />

AUSSERRHODEN». Vermutlichum 1830 (vgl. G. RÜSCH, Der Kanton Appenzell, S. 155). - b) Oval,<br />

i Wappen, Siegel, Verfassung der Eidgenossenschaft und der Kantone 1848-1948, S. 885, 888,<br />

Abb. 5.


EINLEITUNG '5<br />

zirka 32X27 mm. Von «V» und «R» beseiteter Bär mit Antiquaumschrift: «CANTON APPENZELL/<br />

GESANDTSCHAFT.» — c) Dm. zirka 32 mm. Bär ohne «V» und « R». Antiquaumschrift: «APPENZELL<br />

AUSSERRHODISCHE KANTONALBANK.» Letztes Viertel 19. Jahrhundert. Abdrücke aller drei Siegel im<br />

SLM. - 5. Siegel der Landessynode 1618. Dm. 40mm.InOvalvon «V» und «R» beseiteter Wappenbär<br />

und umgeben von Rollwerk, Schriftband sowie Blattkranz. Antiquaumschrift: «s. CONSISTOWKIN<br />

EXTERIORE COMMVNITATE : AP: z.» Silberne Petschaft am KlappgrilT, auf der Rückseite signiert und<br />

datiert: « 1618 Gl.»Im Kantonsarchiv. AbdruckimSLM (Abb. 9).-6.Siegel der appenzellischen Geistlichkeit.<br />

Dm. zirka 28mm. Aufrecht nach heraldisch rechts schreitender Bär mit hebräischer Bibel in<br />

der rechten Prankeundmit einem gespaltenen Wappenschild, der mit «V» und «R» belegt ist, in der<br />

linken. Antiquaumschrift: «SIGILLVM MINISTERII ABBATISCELLANI* ». Abdruck imSLM (Abb. 10). -<br />

7. Abzeichen des Landweibels. a) Weibelschild um 1600. H. 7,3 cm, Br. 5,7 cm. Silber, teilvergoldet. Als<br />

Wappen der von «V» und «R» beseitete schwarze Bär in Niellotechnik auf silbernem Grund und mit<br />

rot emaillierter Zunge. Als Schildumrahmung seitlich und unten Blattstäbe im Renaissancestil, oben<br />

als krönender Abschluß abwechselnd kleineund große dreiblättrige Zacken in gotischem Stil.An dieser<br />

Bekrönung wohl anstelle eines ursprünglichen Schildes mit Reichsadler ein Schild mit Botenhut (vgl.<br />

appenzellischen Weibelschild um 1500, in: Das Schweizerische Landesmuseum 1898-1948, Zürich<br />

1948, Abb. 100). Ebenfalls spätere Zutat sind Ketten und vergoldetes Medaillon, Dm. 3,5 cm, mit dem<br />

Wappenbären. Hist. Mus. Herisau (Abb. 11). RITTMEYER, Hoheitszeichen, S. 5f. und Abb.8. - b) Weibelschild<br />

um 1S30. H. 12,5 cm, Br. 9,7 cm. Silber. Zeichen verlötet, aber vermutlich wie signierter<br />

Weibelschild von Innerrhoden vonH. MITTELHOLZER in Herisau (s.u.). Auf klassizistischem, gebauchtem<br />

Schild der außerrhodische Wappenbär, der 1950 von Graveur WOLFGANG KARL RIETMANN, Herisau,<br />

neu gestaltet wurde, unter halbkreisförmigem Schriftband mit der Antiquainschrift: «CANTON<br />

APPENZELL». Vgl. RITTMEYER, Hoheitszeichen, S. 6 und Abb. 4. - c) Zepter von 1830. L. 92 cm. Schwarz<br />

polierter Holzstab mit silbernem Kugelknaufund Schaft an beiden Enden. Der kleinere Knaufmit der<br />

Jahreszahl «1830»,am Schaft mitdem Beschauzeichen «H» von Herisau sowie den kursiven Meisterinitialen<br />

«HM» wahrscheinlich des seit 1800 in Herisau bezeugten GoldschmiedsH. MITTELHOLZER<br />

(EUGSTER, Herisau, S. 118). Der größere ebenfallsam Schaft mit halb zerstörtem Beschauzeichen in<br />

Kursivschrift und den kursiven Meisterinitialen «JBB» des in St.Gallen tätigen JOHANN BALTHASAR<br />

BERDUX (1802-1888. NblSG 1930, S. 23, Nr. 30, und S. 26). Dieser größere, auf stilisierter Blattkrone<br />

ruhende Knauf ist mit ausgesägtem, vergoldetem Wappenbären zwischen «V» und «R» belegtund mit<br />

vergoldeter Hand bekrönt. Vgl. RITTMEYER, Hoheitszeichen, S. 6 f. und Abb. 6.<br />

Abb. 13. Kompagniefahne von Appenzell Außerrhoden, um 1802. Schweizerisches Landesmuseum<br />

Zürich. -Text S. 17.


i6<br />

DER K ANTON A PPENZELL A USSERRHODEN<br />

Abb. 14. Standesscheibe des ungeteilten Landes<br />

Appenzell, 1585 datiert. Kantonales Bank- und<br />

Verwaltungsgebäude, Regierungsratssaal, Herisau.<br />

— Text S. 116.<br />

Abb. 15 und 16 (gegenüberliegende Seite). Standesscheibe<br />

von Appenzell Außerrhoden, 1601 datiert,<br />

mit Bannerträger und Hellebardier. Historisches<br />

Museum St. Gallen. - Standesscheibe von<br />

Appenzell Außerrhoden, 1639 datiert, mit allegorischen<br />

Frauengestalten des Kriegesund des Friedens.<br />

Historisches Museum Herisau. - Text S. 18.<br />

8. Abzeichen des Gerichtsweibeis. a) Weibelschild von 1830 (?). H. 12,8 cm. Ohne Zeichen. Form, Inschrift<br />

und Wappen sozusagen gleich wie beim Landweibelschild. Vermutlich gleichzeitig wie jenes<br />

und zusammen mit dem Zepter des Gerichtsweibeis 1830 angeschafft (s.u.). Bis zirka 1944 in Gebrauch,<br />

dann durch Kopie ersetzt, deren Bär 1950 von WOLFOANG KARL RIETMANN erneuert wurde. Vgl.<br />

RITTMEYER, Hoheitszeichen, S. 7 und Abb. 5. - b) Z e P ter von I^3 0 - L- 94 cm. Sozusagen gleich wie dasjenige<br />

des Landweibels mit kleinem und großem Silberknauf und -Schaftan schwarz poliertem Holzstab.<br />

Beschauzeichen «H» von Herisau und kursive Meisterinitialen «HM» wahrscheinlich des Goldschmieds<br />

H. MITTELHOLZER sowie die Jahreszahl «1830». In Gebrauch. Vgl. RITTMEYER, Hoheitszeichen,<br />

S. 7 und Abb. 7.<br />

9. Pfeiferschilde. Zahlreiche datierte Silberschilde des 19. Jahrhunderts mit Stifterinschriften, die im<br />

Rathaus zu Trogen aufbewahrt werdenund zusammen mit den Hoheitszeichenan den Landsgemeinden<br />

zu Ehren kommen. Siehe Katalog in: RITTMEYER, Hoheitszeichen, S. 8-10 undAbb. 10-13.<br />

10. Spieße am Landsgemeindestuhl und Gerichtsschwert. Im Rathaus des Gerichts- und alten Hauptortes<br />

Trogen. Siehe Kdm Appenzell AußerrhodenIL<br />

FAHNEN<br />

Die beiden Landesteilen gemeinsam gehörenden Fahnen aus der Zeit vor der Landteilung 1597<br />

sind Gegenstand des Kunstdenkmälerbandes von Appenzell Innerrhoden.Zum AußerrhoderWappenbären<br />

siehe Wappen, S.13.- 1. Fahnenfragment. Vermutlich 17. Jahrhundert (Abb. 12). Die Fahne diente<br />

1743 dem außerrhodischen Zuzug zur Grenzbewachungim Kanton Basel (FISCH, Chronik VII, S. 79,<br />

Nr. 3).H. 102 cm, Br. 84 cm. Weißer Seidentaftmit aufgemaltem schwarzem Bären. Das goldfarbene<br />

«V » und «R» auf der gleichen Seite übereinanderim Rücken des Bären.Über diesen Buchstaben das<br />

Wort «SOLI», d em auf der Gegenseite ein verlorenes «DEO GLORIA» entsprach. Hist. Mus. Herisau.<br />

Vgl. BRUCKNER, Fahnenbuch, Nr. 25. - 2. Kompagniefahne Buoch Mock 1733. Leinwand bemalt. H.<br />

145 cm, Br. 170 cm. Geviertet, davon zwei Felder schwarz-weiß, zwei mehrfarbig gewellt. Auf einem<br />

in grüneund rote Dreiecke geteilten Pfahl ein rundes Medaillon mitdem von goldfarbenem «V» und<br />

«R» beseiteten Wappenbären und der goldfarbenen Inschrift «Enach Mockh 1733» aufdem Rahmen.<br />

Hist. Mus. St. Gallen. PAUL MARTIN, St. Galler Fahnenbuch, 79. NblSG 1939, S. 47. - 3. Weitere<br />

Kompagniefahnen vom 18. und Anfang ig. Jahrhundert. Alle schwarz-weiß einwärts geflammtund mit dem


EINLEITUNG<br />

L^vOoXökp<br />

von «V» und «R» beseiteten aufgemalten Wappenbären in Rund- oder Ovalmedaillon: a) 18. Jahrhundert.<br />

Seidentaft, quadratisch mit goldumrahmtem Rundmedaillon. Musee d'art et d'histoire, Genf.<br />

BRUCKNER, Fahnenbuch, Nr. 26. - b) Drei Fähnchen Ende J


i8<br />

DER KANTON A PPENZELL A USSERRHODEN<br />

STANDESSCHEIBEN VON APPENZELL AUSSERRHODEN<br />

1. Im Kantonalen Verwaltungsgebäude, Herisau, S. ii6f.<br />

2. Im Rathaus zu Trogen, Kdm Appenzell Außerrhoden II.<br />

3. Im Historischen Museum St. Gallen, a) «Das Landt AppenZellder vßeren Roden 1601.» 41,3 X 32,6<br />

cm (Abb. 15). Mit Wappenpyramide unten (über den beiden Wappenschilden mit den Außerrhoder<br />

Bärenin Gegenstellung Reichsdoppeladlerund -kröne), mit den dominierenden Gestalten des Bannerträgers<br />

in Halbharnisch und Federbuschhelm heraldisch rechtsund des Hellebardiers in schwarz-weiß<br />

gestreifter Herrentracht und Straußenfedernbarett links sowie mit zwei Eckbildern oben: Über dem<br />

Bannerträger die Salbung von «DAVID» durch Samuel laut «1. SAM. XVI CAP», über dem Hellebardier<br />

Esther vor Ahasver laut «BESTER I CAP» und der Spruch: «DerHerr erhept den Schlechten vß dem<br />

stoub. psal: CXIH.» Die Scheibe ist wohl nach dem gleichen Riß geschaffen wie jene von 1599 im<br />

Rathaus Trogen (farbiges Titelblatt von AG II), mit der sie sozusagen übereinstimmt, ferner wie<br />

Scheibe von 1614 (s.u.), weitere Scheibenim Kantonalen Gebäude (s.d.) und wie die Stadtscheibe von<br />

St. Gallen 1599 im Hist. Mus. St. Gallen, die Johannes Egli aufgrund einer entsprechenden signierten<br />

JOSIAS MURER, Zürich, zuweisen konnte (JOHANNES Eon, Die Glasgemälde des Historischen Museums<br />

St. Gallen I, St. Gallen 1925, S. 30, und II, 67. NblSG 1927, S. 49f.). - b) «Die Vsseren Roden des<br />

Lands AppenZell 1629». 42,5X32,5 cm. InAufbauund Thematik ähnlich wie die oben erwähnten<br />

Scheiben; Wappenpyramide jedoch über der Inschriftkartusche, die von Fruchtbündeln flankiert ist;<br />

zudem andere Kostümierung von Bannerträger und Hellebardier. Das Eckbild über dem Bannerträger,<br />

eine allegorische Frauengestalt des Sommers mit Ährenbündel u nd Sichel, wohl späterer<br />

Lückenbüßer. Auch sonst stark ergänzt (EGLI, a.a.O., II, S. 63f.).<br />

4. Im Historischen Museum Herisau. «Die Vßren Roden deß Landts AppenZell.Ano 1639». 34,3 X 22,5<br />

cm (Abb. 16). Unten die von zwei Hermenengeln flankierte Inschriftenkartusche vor einer Balustrade<br />

mit Durchblick auf Burgenlandschaft. Darüber die übliche Wappenpyramide, die jedoch in Abweichung<br />

von den meisten Standesscheiben anstatt von Bannerträger und Hellebardier von den zwei<br />

allegorischen Frauengestalten des Krieges und des Friedens bewacht ist, welche mit einer Hand die<br />

Reichskrone halten. Oben zwischen den Eckbildern (über der Kriegerin eine Richtstätte mit Galgen,<br />

über der Friedensgestalt Esther vor Ahasver) ein Lorbeerkranz, der vor Strahlensonne von zwei aus<br />

Wolkensaum gestreckten Händen gehalten wird.<br />

5. An unbekanntem Standort. «Das Landt AppenZellDer Vsser: Roden 1614.» In Komposition und<br />

Thematik wie die Scheiben von 1599und 1601 (s.o.). PhotographieSLM 16214.<br />

6. Scheibe von 1628 aus dem Haus des Landammanns Johannes Schüß im Sangen, Herisau, 1944<br />

im Schloßmuseum Berlin zerstört (siehe S. igSf.).<br />

TOPOGRAPHISCHE KARTEN<br />

1. «Deß Fürstlichen Gotteshauses Sant Gallen LandtschafFt ein Theil / Der Ußeren Roden deß<br />

Landts Appenzell ein Theil.» Ol auf Leinwand, auf Holz aufgezogen, 60X221 cm, mit einem von<br />

JOH. LUDWIG MERZ signierten und im Mai 1828 datierten Zettel versehen, auf dem er bemerkt:<br />

«Diese Meister Arbeit scheint von 1640 bis 1666 gemacht worden zu sein. Beweise...» Hist. Mus.<br />

Herisau. - 2. Karte des BARTHOLOMÄUS BISCHOFFBERGER 1682, Radierung, 13,2 X 17,8 cm, in dessen<br />

Appenzeller Chronik. - 3. «NOVA HELVETIAE TABULA GEOGRAPHICA...», aufgenommen und gezeichnet<br />

von JOHANN JAKOB SCHEUCHZER (1672-1733), Radierung in sechs Blättern, 55,2X49 cm, von<br />

JOH. HEINRICH HUBER, 1712/13 (Weisz, S. 170). ZBZ. — 4. Karten von GABRIEL WALSER (1695-1776).<br />

a) «Das Land APPENZELL DER INNERN- U. AUSSERN-ROODEN, ... gezeichnet von Gabriel WalserV.D.M.»,<br />

kolorierte Radierung, 21,2X37,4 cm (Platte). In dessen Chronik 1740. - b) «PAGUS HELVETIAE AB-<br />

BATISCELLANUS ... delineatus per GABRIELEM WALSERUM V.D.M. aeri incisa cura et sumptibus MATTH.<br />

SEUTTERI. S.G.M. Geogr. Aug. Vind.», Reliefkarte, kolorierte Radierung, 49,6x57,5 cm (Rand,<br />

Abb. 17). KtB Trogen. - c) Politische Karte der Abteiund der Stadt St. Gallen samt Appenzell, Thurgau<br />

und Rheintal, «neu gezeichnet von GABRIEL WALSER. .. Im Verlag der Homannischen Erben in Nürnberg.<br />

1768...», Radierung, 49,2X58,5cm (Platte), erschienenim Schweizer Atlasder gleichen Firma<br />

Homann, Nürnberg 1769. («Atlas novus Reipublicae HelveticaeX X mappis compositus sumptibus<br />

Homannianis Heredibus Norimbergae».) Außerdem in: GABRIEL WALSERS «Schweizerische Geographie<br />

samt den Merkwürdigkeiten in den Alpen u nd hohen Bergen» beim Verlag «Orell, Geßner,<br />

Füßli & Cie.»Zürich 1770.-5. «DERKANTON APPENZELL. Nro. 410.», Radierung, getönt, 22,7 X 31,3cm<br />

(Platte), von IGNAZ ALBERT ALBRECHT 1792 (laut Vermerk auf Rahmenrückseite).KtB Trogen, Nr. 57.


EINLEITUNG 19<br />

2TI3^kk,_2<br />

1<br />

•w^^ylir<br />

Abb. 17. Reliefkarte des Appenzellerlandes von Gabriel Walser, erschienen zwischen 1740 und 1768<br />

bei Matthäus Seutter in Augsburg. - Text S. 18.<br />

6. Schweizer Atlas in sechzehn Blättern, aufgenommenund gezeichnet vonJon. HEINRICH WEISS seit<br />

1786,radiert von MATTHIAS GOTTFRIED EICHLER,JOH. JAKOBSCHEUERMANN u n dC . GUERIN, hrsg. von<br />

JOHANN RUDOLF MEYER, Aarau 1802, hauptsächlich Blatt Nr. 4, außerdem Nrn. 3, 7 und 8 (Format<br />

71X52 cm). Z BZ. - 7. «Die Gantone St.Gallen u nd Appenzell» (kursiv), kolorierte Radierung,<br />

30,8 x 27cm (Platte), signiert: «gest. v.J. Scheurmann». Spätestens 1822 (vgl.Jenny-Kappers, Nr. 18).<br />

KtBTrogen. - 8. «CHARTE vomKanton Appenzell aufgenohmenvonJ.Z» (ZUBER), signiert: «J.L.<br />

Gesell sc.» (!LautAMB 1827, S. 114, jedoch lithographiert), 1827 (laut FAUL SCHEITLIN, Das Heinrichsbad<br />

bei Herisau, Konstanz 1828, S. 23), 24,8x29,9cm (Kartenrand). KtB Trogen. - 9. «DER<br />

GANTON APPENZELL und seine Umgebungen...DasNetzundein theilderGemeinden Gais, Trogen &<br />

Speicher wurden bis 1816 von Oberst St. Festaluz aufgenohmen,das übrige bis auf dieUmgebungen<br />

von Appenzel & die Voralpen von 1818 bis 1832 vonJ.L. Mertz. Diese von Ludwig Mertz 1833 &<br />

1834.» Feder auf 27 Kartons, mehrheitlich zirka 53,3 X 3 3 cm. Hist.Mus. Herisau. - 10. «Charte der<br />

Vogteien und Pfarreien in welcheimXIV ten Jahrhundert der jetzige Kanton Appenzell eingetheilt<br />

war.», Lithographie, 31,1 X47,8 cm (Kartenrand). Signaturen: «Geometrisch aufgenommen v. Obrist<br />

Merz,» (1829) u nd: «Lith. v. G. Studer in Winterthur». KtB Trogen. — 11. «Charte der Kantone<br />

S.GALLEN UND APPENZELL 1834.», Radierung, 22,7X19,5cm (Platte), signiert: «gestoch. v. Mittensteiner<br />

in Augsb.» KtB Trogen. - 12. «Der Kanton APPENZELL nebst Umgebung...», Feder mit<br />

braunerund schwarzer Tuscheund aquarelliert, signiert: « nach Merz copirtJ.U.Fitzi imSpeicher.»<br />

Frühestens 1839 (Abschluß der topographischen Aufnahme). KtB Trogen. - 13. «Topographische


20 DER K ANTON A PPENZELL AUSSERRHODEN<br />

Karte der Kantone ST.GALLEN APPENZELL u nd GLARUS... gez: und in Stein gestochen von F; Waldschütz<br />

1839.», Lithographie, 43,4X32,7 cm. KtB Trogen. - 14. «CHARTE vom Ct. Appenzell.», kolorierte<br />

Radierung, 8,1 X 12 cm. Zuschreibung an Jon. BAPTIST ISENRING in ETH, graphische Sammlung,<br />

538/598.K t B Trogen. - 15. «OANTONE ST. GALLEN & APPENZELL»,Lithographie, 26,2 X 17,9 c m<br />

(äußere Umrahmung), signiert: «Lith. v. C. Durheim Sohnin Bern.»KtB Trogen. - 16. St. Gallen und<br />

appenz. Mittelland, Federaquarell, 51,5 X 79,2cm (Blatt = Karte) vonJon. ULRICH FITZI? KtB Trogen.<br />

- 17. Appenz. Vorderland, Federaquarell, 50 X 71cm (Blatt = Karte), wie vorhergehendes. KtB<br />

Trogen.- 18. Karte des Kantons St. Gallenund des Kantons Appenzell 1:25000 von JOHANNES ESCH­<br />

MANN, der die Aufnahmen 1841-1844 besorgte (H. ZÖLLY, S. 61) undfür den Kanton Appenzell die<br />

Aufnahmen von Oberst JOHANN LUDWIGMERZ und seines SOHNES LUDWIGbenutzte.Lithographie (!)<br />

unterMitwirkungvon RUDOLF LEUZINGERundJOHANNES RANDEGGER sowieunterderLeitungvon<br />

JAK. MELCHIOR ZIEGLER «gestochen».<br />

Literatur. HANS JENNY-KAPPERS, Der Kanton Glarus, Frauenfeld und Leipzig 1939. - LEO WEISZ, Die<br />

Schweiz auf alten Karten, Zürich 1945. - RUDOLF WOLF, Geschichte der Vermessungen in der Schweiz<br />

als Historische Einleitung zu den Arbeiten der Schweiz, geodätischen Commission. Zürich 1879. -<br />

H. ZÖLLY, Geschichte der geodätischen Grundlagen für Karten und Vermessungen in der Schweiz,<br />

o.O. (Bern) 1948.<br />

Abb. 17a. Herisau. Walsersches Doppelhaus, Platz 1 und 2. Stuckierte Eckkartusche mit einem Putto<br />

zwischen Ruinen im ehemaligen Festsaal des dritten Obergeschosses im östlichen Hausteil.-Text S. 126f..


DIEALTERHODE U N D KIRGHHÖRE<br />

HERISAU<br />

M I TDENHEUTIGENGEMEINDEN<br />

SCHWELLBRUNNUND W ALDSTATT


22 HERISAU<br />

Abb. 18. Herisau. Reformierte Kirche, 1516-1520 vom Konstanzer Münsterbaumeister Lorenz Reder<br />

erbaut, 1782 vom Vorarlberger Andreas Moosbrugger mit Rokokostukkaturen, Kanzel und Taufstein<br />

aus Stuckmarmor ausgestattet. Nach der Renovation von 1959/60. - Text S. 66-88.


23<br />

HERISAU<br />

POLITISCHE VERHÄLTNISSE<br />

A. Vor dem Freiheitskrieg {1401-1421)). Die Besiedelung des Gemeindegebietes von<br />

Herisau und des Hinterlandes überhaupt begann etwa im 7./S.Jahrhundert durch<br />

freie alemannische Bauern des Mittellandes vom Obern Thurgau, dem heutigen<br />

sanktgallischen Fürstenland, her. Solche freie Bauern scheinen den Wißbach von der<br />

Flawiler Egg aus überquert, sich auf der Terrasse von Schwänberg im Nordwesten<br />

der heutigen Gemeinde Herisau niedergelassen zu haben und von hier weiter südostwärts<br />

vorgedrungen zu sein 1 . Schon früh trachtete offenbar auch das Kloster St. Gallen,<br />

in dieser Gegend seine Grundherrschaft durch Rodung, Entgegennahme von<br />

Schenkungen und Güterabtausch zu erweitern und abzurunden, und gründete<br />

wahrscheinlich dort, wo auch Kirche und Dorf entstanden, einen Hof als wirtschaftliches<br />

Verwaltungszentrum, das durch einen Meier, später einen Keller geleitet<br />

wurde 1 . Manche freie Siedler stellten sich bald unter den Schutz und Schirm des<br />

Klosters St. Gallen, indem sie ihre Güter dem Gotteshaus schenkten, jedoch als zinspflichtige<br />

Lehen für sich und ihre erblichen Nachkommen zurückempfingen und<br />

somit zu unfreien Gotteshausleuten wurden. Mit der Schenkung eines solchen Gutes<br />

in Schwänberg («Suweinperac») 821 durch Rihhoh und Roadhoh ist die erste<br />

urkundliche Ortsnamennennung des ganzen Landes Appenzell überhaupt verknüpft 3 .<br />

Erstmals 837 und wiederum 868 ist auch Herisau («Herinisauva» bzw. «Herineshouva»),<br />

d.h. Au eines Heriwini oder Herin(?), anläßlich eines Gebietsabtausches<br />

zwischen bäuerlichen Grundbesitzern und dem Kloster bezeugt 4 . Zu dieser Zeit war<br />

Herisau noch ein Teil der Mark Goßau, deren Gebiet bis zum Säntis reichte 5 . Wohl<br />

bald nach der Kirchen- und Pfarreigründung in Herisau dürfte der südliche Teil<br />

der Goßauer Mark als Herisauer Mark verselbständigt worden sein, welche Bezeichnung<br />

allerdings erst in einer Urkunde von 1282 auftritt 6 .<br />

Bis ins 13. oder 14. Jahrhundert bildete derVerwaltungsbezirk der äbtischen Grundund<br />

Lehensherrschaft um Herisau ein Meieramt, das mit der niedern Gerichtsbarkeit<br />

über die Gotteshausleute verbunden war. Inhaber dieses Amtes waren im 13. Jahrhundert<br />

und Nutznießer seiner Einkünfte auch nach dessen Abschaffung oder Umbenennung<br />

bis 1396 die Edlen von Rorschach-Rosenburg 7 . In der retrospektiven<br />

äbtischen Klageschrift von 1420/21 ist im Hinblick auf diesen Verwaltungsbezirk<br />

1 SONDEREGGER, Siedlungsgeschichte,S. 21,54f. - TRAUGOTT SCHIESSin: ROTACH,Herisau,S. 1 28 f.<br />

2 Von Kellern ist erst im 13. u nd 14. Jahrhundert die Rede:AUB 31, 15.Jan. 1282 («de possessionibus<br />

cellerariorum in Herisowe», mit «Kelnhof» übersetzt). A UB 145, 13.Nov. 1391. — Vgl.<br />

TRAUGOTT SCHIESS, a.a.O., S. 133,wo die Existenz sowohl eines Meier- als auch eines Kelnhofes angenommen<br />

wird.<br />

3 AUB 1. Vgl. UBSG 802 (12. Febr. 950).<br />

4 AUB 3, 4. - SONDEREGGER, Orts- und Flurnamen, S. 29!".<br />

5 AUB 4, 5.<br />

6 AUB 31.<br />

7 KUCHIMEISTER, cap. 40. - AUB 372 (äbtische Klageschrift von 1420/21, 6c, e). AUB 892. Dazu<br />

AUB 908 mit Bezug auf andere Rechte 1396 imAUB 382, Abschnitt 13. - Das Meieramt existierte<br />

jetzt offenbar nurnoch als Einnahmequelle.


24 HERISAU<br />

einfach von Amtund Ammann die Rede 1 , wieja auch Hundwil und Trogen infolge<br />

einer Reorganisation der äbtischen Verwaltung im 14. Jahrhundert als Ämter bezeichnet<br />

waren. Im 14. Jahrhundert amtete aber auch ein Keller (Cellerarius), der<br />

öffentlich zu Gericht saß, im Namen des Klosters (auf dem Kelnhof?) in Herisau 2 . -<br />

Freie und Gotteshausleute von Herisau unterstanden verschiedenen Vogteien und<br />

deren Hochgerichten, die Gotteshausleute der Reichsvogtei Herisau 3 , die Freien<br />

der Freivogtei des Obern Thurgaus bzw. der Vogtei von Schwänberg. Nachdem die<br />

Vogtei Herisau 1331 von Kaiser Ludwig dem Bayern an Ulrich von Königseck verpfändet<br />

worden war 4 , kam sie schließlich noch im Laufe des 14. Jahrhunderts als<br />

Reichspfand an das Kloster St. Gallen, das sie seinen getreuen Dienstmannen, den<br />

Rittern von Rosenberg, zu Lehen gab 5 . Die Freien von Schwänberg, Baldenwil und<br />

Nünegg besaßen mit andern Freien, die westlich der Glatt bis auf die Höhen der<br />

heutigen Gemeinde Schwellbrunn hinauf (s.d.) neben Gotteshausleuten ihre Güter<br />

bewirtschafteten 6 , zuerst ein gemeinsames Nieder- und Hochgericht in der Freivogtei<br />

des Obern Thurgaus, was auch auf die ursprüngliche Herkunft dieser Freien<br />

hinweist 7 . 1279 war diese Freivogtei durch König Rudolf von Habsburgan Heinrich<br />

1 AUB 372 (Klageschrift, 6a, e). Dieser Ammann ist nicht mit dem leibeigenen A mmann der<br />

Ritter von Rosenburg imAUB 112 u nd 115 gleichzusetzen, dessen Sitz von TRAUGOTT SOHIESS in:<br />

ROTACH, Herisau, S. issf., auf demHof in Teufenau vermutet wird. Vgl. ebenda, S. 138, 145.<br />

2 AUB 31 (vgl. Anm. 2, S.23). AUB 145.<br />

3 AUB 372 (Klageschrift, 6b, e). 4 AUB 62.<br />

5 AUB 359, 17. Aug. 1419 (Erneuerung der Lehenschaft).<br />

6 LautAUB 338 bezogen die Ritter von Rosenberg aus demHofin Schwänberg, einem äbtischen<br />

Lehenshof(?), einen Zins. Vgl. dazuUBSGIII, S. 765!'.<br />

7 AUB 360 (wegen der Freivogtei und der Leute zu Ober-Uzwil, Baldenwil und anderwärts im<br />

Ober-Thurgau),AUB 451 (« die fry vogty im ObernThurgow,in ObernUtzwyle etin Baldenwilen »).<br />

AUB 953 enthält Aufzählung der einzelnen Höfe.In AUB 892 und 908 wird die Freivogtei des Obern<br />

Thurgaus einfach als «Gericht Baldenwil» bezeichnet. Vgl. auch AUB 898 («daz gerichtzu Baldenwil,<br />

Swainbergund Ramsow»). Siehe auch Anm. 3, S. 26.<br />

Abb. ig. Herisau. Übersichtsplan, Maßstab 1:4000. Kern der Siedlung ist die 907 erstmals bezeugte<br />

reformierte Kirche und der westseits von ihr gelegene Platz, um den sich Herrschaftshäuser u nd<br />

historische Bauten wie das alte Pfarr-unddas ehemalige Rathaus (Historisches Museum) gruppieren.<br />

Anden vier alten, von diesem Platz ausgehenden Landstraßen entlang dehnte sich der Flecken allmählich<br />

aus: a) An der Bachstraße, die oben gegen die sie fortsetzende Buchenstraße früher Neugasse<br />

genannt wurde, ost- u nd nordostwärts - b) a n der Goßauerstraße, die früher im ersten Abschnitt<br />

Griesstraße und anschließend Spittelstraße hieß, west- bzw. nordwestwärts - c) a n der innern und<br />

äußern Schmiedgasse sowie an der dazwischen abzweigenden Alten Steig west- bzw. südwestwärts<br />

- d) ander Oberdorfstraße südost- und ostwärts.Zu diesen vier Verkehrsadern fügten sich erst<br />

im 19. Jahrhundert neue, durch die den alten der Verkehr teilweise entzogen wurde: a) die 1835/36<br />

angelegte Poststraße (ehemals Emdwiesstraßegenannt),ander zur Hauptsache noch im 19. Jahrhundert<br />

in großzügigen Anlagen repräsentative öffentliche Gebäude errichtet wurden - b) die 1853 bis 1858<br />

vomObstmarkt südöstlich der Kirchezum Heinrichsbadund Richtung St. Gallen angelegte Kasernenstraße<br />

(ehemals Heinrichsbadstraße genannt) - c) die ebenfalls vom Obstmarkt ausgehende, 1880/81<br />

angelegte alte, 1911 neu angelegte Bahnhofstraße. Durch die sie säumenden Geschäftsgebäudewurde<br />

die nun stagnierende Bachstraße auch optisch vom ursprünglichen Ausgangspunkt,dem Platz, abgeschnitten.<br />

An der Bachstraße und an der äußern Schmiedgasse, deren Verkehr durch die Poststraße<br />

lahmgelegt worden war, sowie im Spittel haben sich die schönsten Gruppen appenzellischer Holzgiebelhäuser<br />

erhalten. Einen neuen städtischen Akzent verlieh dem ZentrumderBau des Kantonalen<br />

Bank- und Verwaltungsgebäudes am Obstmarkt 1912-1914, der dadurch den dörflichen Charakter<br />

verlor. - Text S. 51-54und 97-190.


GESCHICHTE 25<br />

b<br />

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GRUB // /r-yril/ WINDEGa^<br />

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I<br />

Abb. ig. Hcrisau. Übersichtsplan, Maßstab 1:4000.


26 HERISAU<br />

Walter von Ramswag verpfändet worden 1 und gelangte schließlich nach verschiedenem<br />

Besitzwechsel 2 an Johannes von Busnang, Propst des Klosters St. Gallen, und<br />

damit an dieses selbst 3 . Von der Freivogtei des Obern Thurgaus, die später auch<br />

Gericht zu Baldenwil genannt wurde, war schon im Laufe des 14. Jahrhunderts die<br />

«Vogtei ze den frijen ze Schwanberg» abgetrennt worden und bildete ein eigenes<br />

Gericht. 1374 war sie bereits im Besitz derer von Rorschach-Rosenburg 4 und wurde<br />

1396 von diesen an die Abtei St. Gallen verkauft 5. So war die Abtei um 1400 nicht<br />

nur Lehensherrin der Gotteshausleute im «Hof Herisau» 6 , über die sie durch<br />

einen Ammann oder Keller die niedere Gerichtsbarkeit ausübte, sondern als Inhaberin<br />

der drei genannten Vogteien auch in vollem Besitz der Oberhoheit über die<br />

ganze Kirchhöre Herisau (siehe kirchliche Verhältnisse). Diese zweifache Machtbefugnis,<br />

die das Kloster auch in den übrigen appenzellischen Gemeinwesen und<br />

Ämtern besass, führte unter dem straff regierenden Abt Kuno von Stoffeln zu den<br />

Spannungen, die sich im Freiheitskrieg entluden. So tratam 17. Februar 1401 auch<br />

Herisau dem Bündnis der «lender» Appenzell, Hundwil, Urnäsch, Trogen, Teufen<br />

und Speicher mit der Stadt St. Gallen gegen den Abt von St. Gallen bei und hängte<br />

ein eigenes Siegel unter die Urkunde 7 . Der Sieg im Krieg, in dem 1403 auch die<br />

beiden Burgen Rosenberg und Rosenburg sowie Herisau verbrannt wurden 8 , verschaffte<br />

den Leuten von Herisau wie den übrigen Appenzellem die politische Selbstbestimmung<br />

innerhalb derim Kampf behaupteten Grenzen und Letzinen. Erst 1459<br />

wurden diese Grenzen durch eidgenössischen Schiedsspruch rechtlich anerkannt und<br />

«daz gericht zuo Baldenwil, Swainberg und Ramsow», worauf das Kloster noch<br />

immer Anspruch erhob, «zuo denen von Appenzell» geschlagen 9 . Dagegen wurden<br />

die Leute innerhalb der Kirchhöre Herisau durch eidgenössischen Schiedsspruch<br />

1461 angehalten, die auf der Grundherrschaft des Klosters beruhenden Zinsverpfiichtungen<br />

mit 1600 Gulden abzulösen 10 , für deren Bezahlung sie am 23. Dezember 1463<br />

quittiert wurden 11 . - 1539 wurde schließlich auch die bis dahin unklare Grenze<br />

zwischen der dem Kloster St. Gallen gehörenden Grafschaft Toggenburg und dem<br />

Land Appenzell, welche Grenze noch auf eine beträchtliche Strecke mit der westlichen<br />

Gemeindegrenze von Herisau zusammenfiel, in gegenseitigem Einvernehmen geregelt<br />

12 .<br />

B. Mach dem Freiheitskrieg. Nun bildete das heutige Gemeindegebiet zusammen mit<br />

jenem von Waldstatt und Schwellbrunn innerhalb des ungeteilten souveränen Landes<br />

Appenzell eine ausgedehnte Rhode, die an Ausdehnung und politischem Gewicht nur<br />

von den in einer einzigen Kirchhörc zusammengeschlossenen innern Rhoden von<br />

1 AUB 30.<br />

2 AUB i n , 13.Jan. 1374; Jakobund dessen Sohn Hansvon Frauenfeld; Eberhard von Ramswag<br />

und dessen Gattin Isalt, Sürgensteins Tochter.<br />

3 AUB 153, 155, 156 mit Nachtrag in Bd. II, S. 882.AUB 360, 372 (Klageschrift,6d, e), 451.<br />

4 AUB 112, 148 (27.März 1393), 372 (Klageschrift, 6c: «ouch die vogtie ze Swainbergund gericht<br />

doselbs...»). - Vgl. TRAUGOTT SCHIESS in: ROTACH, Herisau, S. i4of.,undAG I, S. 73f.<br />

5 AUB 372 (Klageschrift, 6c, e), 451. DazuAUB 908 mit Bezug aufAUB 382, Abschnitt 13, und<br />

AUB 892.<br />

6 AUB 158a, 27.Sept. 1400 (Nachträge, Bd. II, S. 882).<br />

7 AUB 162. 8 Reimchronik, Verse 1271-1288.<br />

9 AUB 898. Vgl. AUB 892. 10 A UB 927.<br />

11 AUB 953. 12 AUB 2083.


GESCHICHTE 27<br />

Appenzell und von der das ganze appenzellische Vorderland mitumfassenden, aus<br />

zwei großen Halbrhoden bestehenden Rhode Trogen übertroffen wurde. Diese von<br />

Hauptleuten und Räten als Gemeindevorstehern regierte Rhode Herisau deckte sich<br />

umfangmäßig mit der gleichnamigen Kirchhöre (s.d.), und nachdem zur Zeit der<br />

Reformation auch die Einsetzung des Pfarrers (Kollatur) und die Kirchenverwaltung<br />

den Gemeindevorstehern übertragen war, wurde hier Rhode wie in Urnäsch praktisch<br />

gleichbedeutend mit «Kirchhöri», eine Bezeichnung, die bis in die neueste Zeit<br />

zum Inbegriff der konfessionellen und politischen Gemeindeeinheit wurde. - Herisau<br />

wurdeim 16. Jahrhundert unter den zwölf Rhoden des ganzen Landes Appenzell zu<br />

den sechs äußern Rhoden gerechnet, die 1552 in einer Urkunde erstmals namentlich<br />

als Urnäsch, Herisau, beide Hundwil (obere und untere Rhode), Teufen und Trogen<br />

aufgezählt sind 1 , dann wieder beim Abschluß des Religionsvertrages von 1588 und<br />

besonders anläßlich der Landteilung I597 2 .<br />

C. Seit der Landteilung 1597. Bei der Landteilung kam Herisau mit den übrigen<br />

äußeren reformierten Rhoden samt der Halbrhode Gaiszum Land Appenzell Außerrhoden<br />

3 , zu dessen Hauptort Trogen mit nur knappem Mehr erkoren wurde. Die<br />

Zurücksetzung, die Herisau als ältester Kirchhöre des ganzen Landes Appenzell<br />

überhaupt, als bevölkerungsreichster Ortschaft und bedeutendem Marktflecken dadurch<br />

widerfuhr, wurde Ursache großer Spannungen zwischen Herisau und Trogen,<br />

deren führenden Familien und zwischen dem Landesteil hinter und vor der Sitter<br />

überhaupt. Auchzum Tagungsort der ordentlichen Landsgemeinde war Herisau nur<br />

ein einziges Mal, 159g, ausersehen worden, da sich Hundwil seiner Lage im Hinterland<br />

entsprechend besser dafür eignete, im Wechsel mit Trogen die Männer des ganzen<br />

Landes zu versammeln 4 . Der politische Anspruch von Herisau setzte sich dagegen<br />

insofern durch, als der Zweifache Landrat und der Große Rat, von einigen Ausnahmen<br />

abgesehen, abwechselnd in Herisau und Trogen tagen mußten 5 . Das Ringenum<br />

den Führungsanspruch zwischen Trogen und Herisau äußerte sich besonders im<br />

zweihundertjährigen Bestehen eines Doppelregimes, d. h. der doppelten Besetzung der<br />

höchsten Landesämter durch je einen Mann aus dem Landesteil vor und hinter der<br />

Sitter von 1647 bis 1858 6 , und geradezu dramatisch im sogenannten Landhandel<br />

1732-1734 zwischen der Partei der «Harten», die von der Herisauer Familie Wetter,<br />

und der Partei der «Linden», die von der Trogener Familie Zellweger geführt<br />

wurde 7 . - 1649 wurde die neu gegründete Gemeinde Schwellbrunn (S. 233), 1719<br />

jene von Waldstatt (S. 265) abgetrennt. - Während der Helvetik war das den Neuerungen<br />

gewogene Herisau Distriktshauptort und -bezeichnung innerhalb des Kantons<br />

Säntis 8 . - Gemäß Kantonsverfassung von 1876 wurde Herisau ausschließlich<br />

1 AUB 2353, 2873, 4.Febr. 1566 (zwölf Rhoden des Landes Appenzell). Vgl.AUB 1818 und 3854<br />

(sieben äußere Rhoden), dazu 3995!<br />

2 AUB 3777, 3807 («die uffGayß wie die andern sechs»), 4140 (Hundwil ist hier als Gesamtheit<br />

der Kirchhöre ohne Unterscheidung der beiden Rhoden angeführt).<br />

3 AUB 4140.<br />

4 AG II, S. 33, 41. - Die zweite,am 19. April 1798 in Herisau aufdem Ebnet abgehaltene Landsgemeindewurde<br />

von der revolutionären provisorischen Regierungin Herisau einberufenundumfaßte<br />

nur die Gemeinden hinter der Sitter.AG II, S. 284.<br />

5AGII, S.sif. 6 AG II, S. 55-59.<br />

7 AG II, S. 162-182. 8 AG II, S. 292.


2 8 HERISAU<br />

Tagungsort des Kantonsrates, wie von nun an der Große Rat genannt wurde, Sitz<br />

der Regierung und der wichtigsten Verwaltungszweige und somit faktischer Hauptort,<br />

ohne daß dem historischen Hauptort Trogen das Vorrecht jemals durch Landsgemeindebeschluß<br />

entzogen worden wäre 1 . Kraft der gleichen Verfassung wurde<br />

1877 mit Rücksicht auf die neuern konfessionellen Verhältnisse (s.d.) die Kirchhöre<br />

aufgelöst in die Politische Einwohnergemeinde und die Evangelisch-reformierte<br />

Kirchgemeinde. - Siehe auch allgemeine politische Verhältnisse (S.2-7).<br />

k i r c h l i c h e v e r h ä l t n i s s e<br />

A. Bis zur Reformation. Herisau gehörte zur Zeit seiner ersten Erwähnung im 9. Jahrhundert<br />

(837 und 868) 2 noch ausdrücklich zur Mark Goßau, die sich bis an den Säntis<br />

erstreckte 3 . Obwohl ausdrückliche Hinweise fehlen und die Kirche von Goßau erst<br />

kurz nach jener von Herisau erwähnt wird 4 , spricht die Tatsache, daß Goßau<br />

schon 824 als «villa» (Dorf) bezeugt ist 5 und die Mark nach ihm benannt ist, auch<br />

für den kirchlichen Vorrang von Goßau als Zentrum eines ausgedehnten Pfarrspren-<br />

1 A G II, S. 475, 566f. Vgl. ebenda, S. 330: Verfassungvon 1814: «Herisau und Trogen sind die<br />

Hauptorte des Kantons.»<br />

2 UBSG 367, 535. — AUB 3,4.DieErwähnung der « Cozesouaromarcha»nur in der Urkundevon<br />

868.<br />

3 UBSG 536. - A UB 5 und Anhang S. 702zu « Sambiti» = Säntis.Zu letzterem auch SONDEREGGER,<br />

Orts-undFlurnamen, S. 294-299.<br />

4 UBSG 763:Im J ahre 910. Herisau 907, siehe unten.<br />

5 UBSG 284. villa = Dorf (nach SCHIESS). Siehe Anm. 1, S.29.<br />

i<br />

Abb. 20. Herisau.Der Flecken von Südsüdosten. Lavierte Federzeichnung, 1757, vonJohann Ulrich<br />

Schellenberg. Kunstmuseum Winterthur. - Text S.40, 76, 94f., 129 und 176.


GESCHICHTE 29<br />

Abb.21. Herisau. Flugaufnahmevon Südosten, 23. Juli 1947. - Text S.50-53.<br />

gels, der sich zu dieser Zeit mit der gleichnamigen Mark sehr wahrscheinlich deckte 1 .<br />

Da auch nach dem Bau einer Kirche die Gegend von Herisau zu Beginn des<br />

10. Jahrhunderts in die Mark Goßau gehört hat 2 , läßt sich nicht genau feststellen,<br />

ob in Herisau zuerst eine selbständige Pfarrei errichtet und ihr dann die appenzellischen<br />

Teile der Mark Goßau zugeteilt worden sind, was wahrscheinlicher ist, ob<br />

umgekehrt erst nach der Gebietsabtrennung die Kirche zur Pfarrkirche erhoben<br />

worden ist oder ob beides zusammenfiel. Doch dürfte sich die Verselbständigung<br />

spätestens im 10. Jahrhundert vollzogen haben, wofür teilweise auch die folgenden<br />

Tatsachen sprechen 3 .<br />

Die Kirche selbst («basilica») mit einem Altar des Heiligen Erlösers («saneti salvatoris»)<br />

ist 907 erstmals urkundlich bezeugt 4 . Sie dürfte aber im letzten Viertel des<br />

1 Zur ganzen Frage siehe TRAUGOTT SCHIESS, Beiträge zur Geschichte St. Gallens und der Ostschweiz.<br />

Die ältesten Kirchen der st.gallischen Stiftslandschaft,MVG 38 (193a), S. 51. Ders., Zur<br />

älteren Geschichte von Herisau bis zu den Appenzellerkriegen, in: ROTAOH, Herisau, S. 129. — PAUL<br />

STAERKLE, Geschichte von Goßau, Goßau 1961, S. 38-40, mit Karte. - GEROLD MEYER VON KNONAU<br />

in:MVG 1872, S. 103-106.<br />

2 AUB 13: ImJahre 909; «in Cozzesouvarro marchoin villa Adelineswilare» ( = Ädelswil,Gde<br />

Herisau). Vgl.UBSG 758.<br />

3 Indem 950 in Goßau abgeschlossenen Lehensvertrag (UBSG 802, AUB 17) ist von Besitz in der<br />

Mark Schwänberg (Gde Herisau) die Rede, dessen Zinsan die Kirche Herisau zu bezahlen ist. Von<br />

der Mark Herisau ist erst 1282 (UBSG 1030, AUB 31) ausdrücklich die Rede, und zwarim Hinblick<br />

auf die freien Leute (!), dieja in Schwänberg ihre Besitztümer hatten.<br />

4 UBSG 750: «ad basilicam in Herinesouva persolvam», und: «actum in Herinesouva, coram<br />

altari saneti salvatoris». Vgl. dazu UBSG 751, 752. - AUB 10-12.


30 HERISAU<br />

9. Jahrhunderts bereits existiert haben, als der von seinem Amte zurücktretende Abt<br />

Hartmut 883 die Einkünfte von Herisau mit der Bevollmächtigung Kaiser Karls des<br />

Dicken sich und seinen Amtsnachfolgern zum Unterhalt im Ruhestand vorbehielt 1 .<br />

Bereits 875 war in Herisau in Gegenwart desselben Abtes, dessen Vogtes und eines<br />

Mönchs als Schreiber gleichzeitig ein Tausch und eine Güterübertragung an das<br />

Kloster St. Gallen beurkundet worden 2 . Das geschah möglicherweise vor dem Altar<br />

der Kirche, was dann für die Jahre 907 und 909 ausdrücklich berichtet ist 3 . Mehrere<br />

in der Gegend von Herisau durch das Kloster St. Gallen erworbene Lehensrechte, die<br />

dessen Grundbesitz in dieser Mark abrunden sollten, und die Zuwendung von noch<br />

zahlreicheren, dem Kloster zufallenden Lehenszinsen auch aus auswärtigen Gebieten<br />

an die Kirche von Herisau rücken deren Bedeutung für die Äbte im 9. und 10. Jahrhundert<br />

in ein besonderes Licht 4 . Daraus erhellt auch ihre Stellung als Eigenkirche<br />

der Abtei in jener Zeit 5 .<br />

Als Patronatskirche wird sie nach dem Investiturstreit in einem diesbezüglichen Verzeichnis<br />

wohl des 12. Jahrhunderts aus dem Kloster St. Gallen aufgeführt 6 . Der Abt<br />

behielt aufgrund der neuen kirchlichen Rechtsverhältnisse weiterhin das Kollaturoder<br />

Lehensrecht über die zeitlichen Güter (in temporalia), z. B. Pfründe und Kirchengebäude;<br />

das Recht der Einsetzung eines Leutpriesters (plebanus) oder « Kilchherrn »<br />

(rector ecclesiae) ins geistliche Amt, d. h. die Investitur, stand vonnun an dem Bischof<br />

von Konstanz zu. Eine Mitbestimmung verblieb dem Abt von St. Gallen jedoch<br />

durch das Recht bzw. die Pflicht, den von ihm ausersehenen Geistlichen dem Bischof<br />

vorzuschlagen (Präsentationsrecht) 7 . Zum ersten Male wird ein solcher Priester in<br />

der Person des «H(enrici) plebani de Herisio» in Akten von 1208 genannt 8 .<br />

1 EKKEHARD, Casus 9 (MVG 1877, S. 31): «Ipseautem Herginisouvamcum Waltchincha et Puera<br />

Minore sibi et posteris abbatibus a potestate forte cedentibus imperiali auctoritate ipsius Karoli retinuit».<br />

Diese Nachricht ausdem 11 .Jahrhundert wird indirekt durch RATPERT, Casus s.Galli, Kap.<br />

33-35, bestätigt (sieheMVG 1872, S. 61-64 unc^Anm. 159). - Welchen der drei Orte sich Hartmut<br />

zum Altersruhesitz ausgewählt hat, geht aus der Stelle nicht hervor. Doch scheinter sich laut Ratpert<br />

(«non destituit a magisterio ibidem degentium») auch eine gewisse Oberaufsicht über das Kloster<br />

zurückbehalten zuhaben, welche vom nächst gelegenen Herisau bequemer ausgeübt werden konnte<br />

als von Waldkirch oder Niederbüren aus. - Erst von Abt Craloh (942-958) berichtet EKKEHARD,<br />

Casus 79und 81, daßer sich zur Erholung häufignach Herisau zurückzogund dort schließlich starb<br />

(MVG 1877, S. 27gf., 292f.). In Cralohs Regierungszeitwurde 950 nochmals eineSchenkungsurkunde<br />

zugunsten der Kirche ausgestellt.<br />

2 UBSG 589. - AUB 6. - Im Jahre 876 wird nochmals eine Güterübertragungandas Kloster in<br />

Herisau beurkundet.UBSG 598. - AUB 7. - In beiden Fällen handelt es sich um Güter außerhalbvon<br />

Herisau. Im Unterschied zu diesen beiden Übertragungen wurden die Herisau selbst betreifenden<br />

Gütertausche zugunsten des Klosters von 837 und 868 nicht in Herisau vollzogen.UBSG 367, 535. -<br />

AUB 3, 4. - Siehe SGHIESS, Herisau, S. 129-131,der «denBau der Kirche..unbedenklich in die erste<br />

Hälfte des 9.Jh.» ansetzen möchte. - Vgl. WARTMANN, Herisau, S. 54f.<br />

3 Zum Jahr 907 siehe oben,für dasJahr 909UBSG 758und 759,AUB 13und 14, wo hinsichtlich<br />

Kircheund Altar die gleichen Wendungen stehen wieim Jahre 907.<br />

4 Siehe oben,dazu UBSG 787 und 802,AUB 16und 17, in den Jahren 928 und 950. - Vgl. VON ARX<br />

I, S. 173.<br />

5 Zum Untergang des Eigenkirchenrechts und seine Ersetzung durch das Patronatsrecht als «ius<br />

spiritualiannexum» siehe ULRICH STUTZ, Die Eigenkirche als Element des mittelalterlich-germanischen<br />

Kirchenrechts, Darmstadt (Sonderausgabe) 1955, S. 83, 85.<br />

6 GEROLDMEYERVONKNONAU, DieSt.GallischenPatronatspfarreien,in:MVG,N.F.3 (1872), S. 223-<br />

225undAnm. 1. Das Verzeichnis entstand wohlim Zusammenhangmit der damaligen Neuordnung<br />

des kirchlichen Rechts.


GESCHICHTE 31<br />

Die Pfründe war neben jener von Appenzell die einträglichsteim Appenzellerland 9 .<br />

Ihr Inhaber überließ aber die geistlichen Pflichten häufig einem Vikar, wie ein solcher<br />

im Zehntenrodel von 1275 aufgeführt ist 10 . Laut demselben Zehntenrodel gehörte<br />

die Pfarrei innerhalb des Bistums Konstanz und des Archidiakonats Thurgauzum<br />

Dekanat Arbon 11 , das später zum Dekanat St. Gallen wurde und seit dem Liber<br />

marcarum (1360-1370) in den statistischen Quellen nur noch unter dieser Bezeichnung<br />

registriert wird I2 .<br />

Die ausgedehnte Kirchhöre umfaßte das übrige Appenzeller Hinterland ohne<br />

Hundwil bis zu den Grenzen der alten Toggenburger Kirchhöre Wattwil. Davon<br />

lösten sich 1417 Urnäsch (s.d.), wohin bis 1720 auch Schönengrund kivchgenössig war<br />

(s.d.), 1649 Schwellbrunn (s.d.) und 1719 Waldstatt (s.d.). Seit der zweiten Hälfte des<br />

15. Jahrhunderts standen dem Pfarrer weitere Geistliche zur Seite, deren Pfründen<br />

mit Altären bzw. Kapellen (siehe S. 85-87) verbunden waren. Schon 1453 ist ein<br />

Frühmesser bezeugt 13 , für den 1460 eine noch 1555 bestehende Pfründe auf den Altar<br />

der Märtyrer Johannes und Paulus errichtet wurde 14 . Im Liber subsidii charitativi<br />

von 1508 ist eine Kaplanei des schon 1488 in der Pfarrkirche vorhandenen St.-Anna-<br />

Altars erwähnt, für dessen Pfründe mehrmals Induzien erteilt wurden '5, Uber diese<br />

Pfründe legte noch 1557 ein eigener Pfleger Rechenschaft ab l6 , und noch 1583 soll<br />

sie bestanden haben 17 . An eine Sebastianspfründe («sant bastiun»), die noch 1555<br />

7 Die kirchenrechtliche Situation kommt sehr gut bei der Gründungder Pfarreien Urnäsch ^417)<br />

und Teufen (1479) und der Einsetzung ihrer Pfarrer zum Ausdruck.AUB 346-348 bzw. 1157 und 1159.<br />

Vgl. A U B 1741, ferner STARK, Glaubensspaltung,S. 27-29, u n d BAUMANN, S. 10.<br />

8 Acta Pontificum Helvetica, Nr. 45: Rom, 10.Jan. 1208. Auf Bitte desH. plebani de Herisio und<br />

einiger Kleriker der Konstanzer Diözese...DerAbt von St. Gallen, zu dessen Kollatur die Pfründe von<br />

Herisau gehört, wird aufgefordert, die Kirche einem andern zuübergeben... (Freundliche Mitteilung<br />

von Dr. PAUL STAERKLE, Stiftsarchivar.) Zu den Titeln «plebanus», «rectorecclesiae», «Kilchherr»von<br />

Herisau siehe UBSG 858 (im Jahre 1225), 1079 (im Jahre 1293), 1888 (im Jahre 1383), 6426 und<br />

6428 (imJahre 1460), A U B 347 (im Jahre 1417).<br />

9 STARK, Glaubensspaltung, S. 12, 14. Regesten zur Schweizergeschichte aus den päpstlichen<br />

Archiven, 5.Heft (1915), S. 205. Die Tatsache kommt vor allem schon im Zehntenrodel von 1275 zum<br />

Ausdruck, indem das Pfrundeinkommen von Herisau mit 26 Pfund, das von Appenzell mit 64 Pfund<br />

angegeben ist. Zum Zehntenrodel = Liber decimationis etc. siehe Anm. 2.<br />

10 Liber decimationis cleri Constanciensispro Papa de anno 1275, Fol. 82A, in: FDA, I.Band (1865),<br />

S. 213. Vgl. AG I, S. 43.<br />

11 FDA, ebendaund Anm. 2, S. 215, wonach beim «Dekanate Arbon» von neuerer Schrift «St. Gallen»<br />

stehe.<br />

12 JOSEPH AHLHAUS, Die Landdekanate des Bistums Konstanz im Mittelalter, Stuttgart 1929, S. 56.<br />

13 U B S G 5 596. - Vgl. ZELLWEGER,G A V II,S.if.<br />

14 ZELLWEGER, GAV II, S. 414, betrifft Jahr 1460. - PrKr, S. 263, betrifft Jahr 1555.<br />

15 Induzien bedeuten die Erlaubnis für einen Stellvertreter. Siehe FDA, N.F., Bd. 39 (1938), S. 7f.<br />

(FreundlicheMitteilung von Dr. FRANZ STARK.)Z U 1508 sieheFDA, Bd.27 ( 1899), S .92 ( Ausgabevon<br />

Fr.Zell). - Vgl. ZELLWEGER,G A V I I,S. 4 16. I n d erkritischenAusgabe vonKARL RIEDERin:FDA,<br />

Bd. 35, N.F. 8 (1907), S. 90, fehlt «capellania». Ihre Existenz ist aber trotzdem gut bezeugt: EbAFr,<br />

cod. 110, Fol. i87 r , anno 1518, i.Oct. «date sunt inducie Domino Decano s.Galli ad Capellaniam<br />

s. Anne in Herisow adannum.» Ebenda, cod. 111, Fol. 137 R , anno 1522, 1.Okt. «..adcapellaniam altaris<br />

s.Anne siti ineccl.par. Herisow.» Siehe ferner unten zu Verenaaltar.Zu 1488 siehe Investiturprotokolle,<br />

S. 372.<br />

16 PrKr, S. 266.<br />

17 EUGSTER, Herisau, S. 163, ohne Quellenangabe, aber wahrscheinlich, da die Pfründe des Bilds<br />

noch 1592 existierte (siehe S.32),und die verschiedenen Pfründen wohl gleichzeitig zusammengelegt<br />

wurden, wieam Ende dieses Abschnittes ausgeführt wird.


32 HERISAU<br />

ihren eigenen Pfleger hatte 1 , wurden zwischen 1515 und 1520 laut Protokoll der<br />

Kirchenrechnungen Zuwendungen gemacht 2 . Nur einmal erscheint in den Protokollen<br />

eine Mittelmeßpfründe^. Auf einer offenbaren Verschreibung (St. Verena für<br />

St. Anna) im Buch des Subsidii charitativi von 1508 scheint die nur einmalige Nennung<br />

der Kaplanei eines Verenaaltars zu beruhen 4 .<br />

Außer den Pfründen der Pfarrkirche mußte auch das «Licht» im Beinhaus versehen<br />

werden (S. 93-95)5, das vor allem zwischen 1510 und 1516 Gaben empfing 6 und<br />

noch 1550 einen eigenen Pfleger besaß 7 . Das£iW, d.h. die Kappel zu Wylen, wird 1513<br />

erstmals, zum letzten Male noch 1592 im Protokoll der Kirchenrechnungen mit<br />

eigenem Pfleger angegeben, aber ohne Patrozinium 8 . Die zuerst vonJoh. C o n r a d<br />

Schäfer (Materialien 1813, S . 170) mitgeteilte Überlieferung von einer Sebastianskapelle<br />

zu Wilen scheint auf Irrtum zu beruhen, zumal über Sebastianspfründeund<br />

«byldt ze Wylen» 1547 von zwei verschiedenen Pflegern gleichzeitig getrennte<br />

Rechnung vorgelegt worden ist^. Ungewiß ist auch die auf Walser (S. 84) gestützte,<br />

von Nüscheler (Gotteshäuser, S. 151) vorgebrachte Meldung eines Abbruchs dieser<br />

Kapelle im Jahre 1524.<br />

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts oder zu Beginn des 17. Jahrhunderts (vielleicht<br />

bei der Entfernung der Altäre aus der Kirche) wurden die verschiedenen Pfrundvermögen<br />

zusammengelegt, nachdem Altäre und Kapellen ihren Zweck längst verloren<br />

hatten 10 . Für den im Spätmittelalter sehr beliebten St.-Anna-Kult wurden nicht nur<br />

ein Altar und eine Kapelle geweiht (S. 86f.), sondern auch eine St.-Anna-Bruderschaft<br />

gegründet, die zwischen 1518 und 1520 ansehnliche Stiftungen, wohl für den «sant<br />

anen bu», erhielt 11 . Über die Ausführung eines geplanten Schlußsteins mit der hl.<br />

Anna im Chorgewölbe der neuen Kirche besteht jedoch keine Gewißheit (S. 68, 78).<br />

Nachrichten bezüglich Kirchweihen, Ablässe und Patrozinium aus dem Mittelalter<br />

gibt es nur spärliche: 1225 fand eine Kirchweihe durch Abtbischof Rudolf von<br />

St. Gallen statt ' 2 . 1333 verliehen 12 Bischöfe von Avignon der Kirche gleichzeitig<br />

mit andern Kirchen des Appenzellerlandes einen Ablaß 13 . 1415 wird zum ersteni<br />

PrKr, S. 262. 2 PrKr, S. 84!"., 125. 3 PrKr, S. 191 (1532).<br />

4 RIEDER vermerkt in: F DA, Bd. 35, N.F. 8 (1907), S. 90, zu «capellania s. Verene ibidem»<br />

( = Herisow); «darüber steht .»Der Verschreib oderIrrtum wurde also nachträglich korrigiert.<br />

Die Stelle wäredemnach ein Belegfür die St.-Anna-KaplaneiimJahre 1508 (siehe oben).<br />

5 PrKr, S. 243: « Item es het rechnung gen der pfrundpflegeran das licht in das beinhus» (im<br />

Jahre 1546).<br />

6 PrKr, S.6-16 mehrmalsund S.25und47; «banhus».<br />

7 PrKr, S. 251: Das «licht»mit PflegerJoggli Törig.<br />

8 PrKr,S.25 (1513): «..indas biId...Wil..»Ebenda, S.314 (1592): «meericoi^ anhouptguotan<br />

zweyen briefen ghörend der Kapellen zuoWylen.» Gleicher Wortlaut S. 313 (1591). Ebenda, S.311<br />

(1585): «KappelzuoWyla.»<br />

9 PrKr, S. 244f.<br />

10 Vgl. ehemalige Altäre, S.85-87.<br />

11 PrKr, S.203 (1518), 103 (1519), 286 (1520): «santAnen bruoderschaft».<br />

12 I nMVG 1869, S. 134: AbtskatalogdesCodex 453,zum 3. Mai 1225 unter «R. episcopus Curiensis<br />

et abbas noster»: «Item eodemanno ecclesiamde Herisouve...dedieavit.»Vgl.MVG 1879, S. I95f.,<br />

Anm. 172.<br />

13 U BSG 1348. — AUB 66.Da der Ablaß dem Kloster St. Gallenfür all seine Kirchen,Kapellenund<br />

Altäre verliehen worden ist, sagt dessen stereotype Formulierungüber Renovierung oder Ausstattung<br />

eines Baues wenig aus.


GESCHICHTE 33<br />

mal Laurentius als Kirchenpatron erwähnt 1 . Wann das Patrozinium von St. Salvator<br />

dazu überwechselte, ist unbekannt 2 . Auch der Neubau von 1516 bis 1520 übernahm<br />

es (siehe S. 68).<br />

B. Reformation. Der Humanist Johannes Dörig (Thörig, Thuringus), Schüler u.a.<br />

des Basler Magisters Wilhelm Nesenius, Freund von Vadian und Zwingli, Pfarrer zu<br />

Herisau während des Kirchenneubaus (1516-1520), war (noch vor Vadian) der<br />

«erste begeisterte Lutheranhänger im Lande Appenzell» 3 . Er geriet seit ungefähr<br />

1517 mit dem bischöflichen Gericht von Konstanz wiederholt in Konflikt 4 und<br />

mußte nach seiner Verehelichung zu Beginn des Jahres 1522 und nach einer kürzeren<br />

Gefangenschaft auf Schloß Gottlieben 5 am 29. Oktober des gleichen Jahres auf seine<br />

Pfarrei verzichten 6 . Der Amtsnachfolger Joseph Forrer, ein entschiedener Verfechter<br />

des alten Glaubens, verhinderte die Reformation bis 152g 7 .<br />

Nachdem die Landsgemeinde wahrscheinlich am 24. April 1524 die schriftgemäße<br />

Predigt zum verbindlichen Prinzip erhoben 8 und wahrscheinlich jene vom 30. April<br />

1525 die Entscheidung über die Glaubenszugehörigkeit einer jeden Rhode der betreffenden<br />

Kirchhöre anheimgestellt hatte 9 , beschloß Herisau als einzige der äußern<br />

Rhoden,am alten Glauben festzuhalten 10 . Den Umschwung führte die Berner Disputation<br />

von 1528 herbei. Im April 1529 wurde von St. Gallen ein Prädikant erbeten,<br />

im Mai wurden die Bilder abgeschafft, Pfarrer Forrer zog nach Altdorf, seine Stelle<br />

1 EbAFr, cod. 27, Fol. 32 r (im Jahre 1415): «In decanatu Sancti Galli convenit mecum dominus<br />

Johannes Kündigmann rector ecclesiae sancti Laurencii in Herisow pro primis fructibus eiusdem<br />

ecclesiae...»Im Jahre 1416 verkaufte der gleiche Pfarrer den «Underthanen ze Herisow» das Pfarrhaus<br />

und schenkte einen Teil der Kaufsumme «Gott und sant Laurentzen ze ercn». - A UB 343. - ZELLWE-<br />

GER, Urk. 224. - Vgl. EUGSTER, Herisau, S. 141. - Laufend wird das Laurentiuspatrozinium von 1509<br />

an erwähntim PrKr, S. 2, 4-7, 1 if., 14, 16, i8f., 19, 22, 28f., 47, 60, 72.<br />

2 Irgendeine Profanierung kann Anlaß zu einer Neuweihe geworden sein. Man könnte an 1225<br />

denken oder an die Verwüstungen des 10. und 11. Jahrhunderts. Seit der siegreichen Ungarnschlacht<br />

am Laurentiustag 955 und der darauf erfolgten Gründung der Laurentiuskathedrale zu Merseburg durch<br />

Kaiser Otto I. wurden viele Laurentiuskirchen gegründet (Lexikonfür Theologie und Kirche, Sp. 188).<br />

Es gab enge Beziehungen von Otto I. und vor allem von Bischof Ulrich von Augsburg zu St.Gallen.<br />

- Siehe VON ARX I, S. 221-223. - Zum Patroziniumswechselim Mittelalter ganz allgemein siehe REIN­<br />

HARD FRAUENFELDER, Patrozinien im Kt.Schaffhausen, Schaffhausen 1928, S. 20-25: «Allerheiligen»<br />

in Schaffhausen war ursprünglich dem Salvator geweiht. - Vgl. dazu TÜCHLE, Dedicationes, S. 81.<br />

3 AUB 1692 (Brief von 1518 an Vadian). - STARK, Glaubensspaltung, S. 34, 42, 45, 47. - AGI,<br />

S- 3 I 3f-, 320> 324-<br />

4 AUB 1732 mit Anmerkung. - ZELLWEGER, Urk. 705, 684. - STARK, Glaubensspaltung, S. 47F. -<br />

AG I, ebenda.<br />

5 A UB 1752. - STARK, ebenda. - AG I, S. 320, 324.<br />

6 A U B 1757. - ZELLWEGER,Urk.719.- STARK, ebenda.<br />

7 AUB 1758. - STARK, ebenda, ferner S. 64-66.<br />

8 AUB 1775. - AG I, S. 331. - ZELLWEGERS Datum vom 26. April 1523 (GAV III, 1, S. 77f.)<br />

beruht nur auf der SAUTERschen Chronik.<br />

9 Das zuerst bei WALSER, S. 436, mitgeteilte und dann von allen älteren Appenzeller Historikern<br />

übernommene Datum einer außerordentlichen Landsgemeinde vom 6. Aug. 1524 ist von P. RAINALD<br />

FISCHER, Studien zur Geschichte der Reformationim Lande Appenzell, Innerrhoder Geschichtsfreund,<br />

9. Heft (1962), S. 3-26, überzeugend als Irrtum hingestellt worden. Vgl.AUB 1787, wo SGHIESS bereits<br />

die Unmöglichkeit des 6. Aug. festgestellt hat. FernerAG I, S. 338, 392 f. und Anm. 50, S. 581.<br />

10 A UB 1788. Für das Datum des auf die Landsgemeinde folgenden Kirchhörenbeschlusses gilt das<br />

in Anm. 9 Gesagte.<br />

3 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


34 HERISAU<br />

übernahm für kurze Zeit Ambrosius Blarer von Konstanz, dann Walter Klarer von<br />

Hundwil, der Verfasser einer Reformationschronik 1 .<br />

Dieim Appenzellischen stark angewachsene Täuferbewegung griff" auch auf Herisau<br />

über, wo 1525 auf Sturzenegg Versammlungen stattfanden 2 .<br />

C. Seit der Reformation. Nachdem Herisau zusammen mit Appenzell schon a m<br />

30. Januar 1521 das Patronats- und Präsentationsrecht in den päpstlichen, d.h. ungeraden<br />

Monaten für die Zeit nach dem Ableben des Abtes erlangt hatte 3 , übernahm<br />

die Kirchhöre 1529 mit der Einführung der Reformation faktisch die volle Kirchengewalt<br />

4 . Die Kirchhöre verlieh nun als Kollatorin das Pfarramt und war Eigentümerin<br />

des Kirchengutes sowie aller kirchlichen Gebäude, wie sie überhaupt zum<br />

Inbegriff der zur Einheit verschmolzenen kirchlichen und politischen Gemeinde<br />

wurde. Mit den übrigen Kirchhören der äußern Rhoden war sie in der staatlichen<br />

Landeskirche zusammengeschlossen, über die die Landesobrigkeit in Verbindung mit<br />

der Synode, der Vereinigung der appenzellischen Geistlichen seit 1602, Einfluß und<br />

Kontrolle ausübte. - 1877 Auflösung der Kirchhöre in Politische Einwohnergemeinde<br />

und Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde. Jene blieb als die eigentliche Rechtsnachfolgerin<br />

der Kirchhöreim Besitz der kirchlichen Gebäude, diese wurde als deren<br />

Nutznießerin zum Mitunterhalt verpflichtet. 1878 vereinigte sich die Kirchgemeinde<br />

mit den übrigen Kirchgemeinden Außerrhodens ohne Lutzenberg in der Evangelischreformierten<br />

Landeskirche 5 . Infolge Neuregelung aufgrund der Kantonsverfassung<br />

von 1908 ging das Kirchengut 1909 in den Besitz der Kirchgemeinde über 6 . - Seit 1613<br />

besaß Herisau einen Ersten und einen Zweiten Pfarrer, seit 1862 dazu einen Pfarrhelfer,<br />

seit 1870 wieder zwei, nun aber gleichrangige Pfarrer, von 1920 bis 1958 deren<br />

vier, seither fünP.<br />

1867 Gründung einer römisch-katholischen Diasporapfarrei, der ersten in Appenzell<br />

Außerrhoden seit der Reformation. Anfangs Gottesdienst im « Schlößli», in der untern<br />

Fabrik. Erster Kirchenbau St. Peter und Paul 1878/79 nach Plänen von Architekt<br />

Wilhelm Keller, Luzern. 1936/37 Neubau nach Plänen von Architekt Wilhelm<br />

Meyer 8 . - Siehe auch allgemeine kirchliche Verhältnisse, S. 8-11.<br />

i AUB 1871 m it Anmerkung. - A G I, 383^ - ZuWalter Klarer in Herisau siehe ZELLWEGER,<br />

GAV I II, 1, S. 155, und I II, 2, S. 31^.<br />

a AUB 1813, 1814 mit Anmerkung, 1815. - A G I, S. 340-349. - Zur Sturzenegg siehe JOHANNES<br />

KESSLER, Sabbata, hrsg.vom Historischen Verein des Kantons St. Gallen, St. Gallen 1902, S. 147.<br />

3 AUB 1728 mitAnmerkungzum D atum.<br />

4 BAUMANN, S. 22 f., 25.<br />

5 BAUMANN, S. 28-32 und S. 60-83 zur staatlichen Landeskirche, S. 47-50 zur appenzellischen<br />

Synode, S. 54—60 zumZusammenwirken von Landesobrigkeit und Synode, S. 84-100zur Trennung<br />

von KircheundStaat.<br />

6 PrGdeV, 19.Febr. (Edikt)und 14.März 1909 (vgl. PrKGdeV,21.Mai, Edikt,und 6.Juni 1909):<br />

Neuregelunggestützt auf Kantonsverfassung vom 26. April 1908, Art. 9:Kirchemit OrgelsamtTurm<br />

und Geläute bleibt Eigentum d er Einwohnergemeinde, das übrige Kirchengut, ausgenommen die<br />

Pfarrhäuser, geht als Eigentumin die VerwaltungderKirchgemeindeüber,dieu.a. für den Unterhalt<br />

der kirchlichen Gebäude Beiträgezu leisten hat.<br />

7 EUGSTER, Herisau, S. 159. - PrGdeV, I .Mai 1864, S. 391 f. - ROTACH, Herisau, S. 325-328. -<br />

PrKGdeV, 19.Jan. 1958 (Beschlußgemäß Edikt vom i.Nov. 1957).<br />

8 Pfarrei St.Peterund Paul Herisau 1867-1967, Gedenkschrift, verfaßt von FRANZ STARK, RAINALD<br />

FISCHER und HERMANN GROSSER, Herisau 1967, S. 55-63, 69-78, 94-98.


GESCHICHTE 35<br />

w i r t s c h a f t l i c h e v e r h ä l t n i s s e<br />

Neben dem ältesten Erwerbszweig, der Landwirtschaft, die wie noch heute vorwiegend<br />

aus Gras- und Milchwirtschaft sowie Viehzucht bestand, wurde Waldwirtschaftund<br />

in frühern Zeiten auch etwas Ackerbau betrieben, worauf Namen wie Tobelacker,<br />

Toracker und Ergeten hinweisen 1 . Als zusätzliche Verdienstquelle erschloß sich den<br />

Bauern wohl seit dem 15./16. Jahrhundert in zunehmendem Maße das Textilgewerbe.<br />

Bereits 1391 ist der Flachsanbau auf dem Hof Engelswil 2 , 1515 das Weben und Bleichen<br />

von Leinwandtuch im Gebiet von Herisau bezeugt 3 . Aber noch in der zweiten<br />

Hälfte 16. Jahrhundert oblag die Mehrheit der Frauen dem Spinnen von Flachs 4 ,und<br />

der Verkauf von Werg und Garn «us den Bergen in Herisow» galt 1579 als «in die<br />

hundert und mehr Jahre» alt 5 . Für den Markt zu Herisau wurde dieser Verkauf<br />

durch eine Verordnung 1670 geregelt 6 . Noch bis ins 17. Jahrhundert bildete Herisau<br />

mit andern appenzellischen Gemeinden nur das «Hinterland» für die Fabrikanten<br />

und Kaufleute der Stadt St. Gallen, die seit Mitte 15. Jahrhundert die Führung des<br />

Leinwandhandels im Bodenseeraum anstelle von Konstanz übernommen hatte 7 . In<br />

der Folge wurde Herisau jedoch zur konkurrenzfähigen Rivalin der Stadt, indem nun<br />

einheimische Fabrikanten die Tücher auf eigene Kosten bei den Lohnwebern herstellen<br />

ließen, und Kaufleute, von denen manche als «Feilträger» ihren Aufstieg begonnen<br />

hatten, die mannigfaltigen Erzeugnisse auf die europäischen Märkte nach Frankreich,<br />

Italien, Rußland und vor allem nach Frankfurt, Leipzig, Nürnberg und Königsberg<br />

brachten 8 . Zu den Kaufleuten, deren Namen mit bedeutenden Bauwerken<br />

in Herisau verknüpft sind, zählen die Wetter, die im 18. Jahrhundert Handelsbeziehungen<br />

zu Lyon, Orange und Marseille unterhielten, die Firma «Johannes<br />

Walser & Comp.», die solche seit etwa 1780 zu Frankreich, Polen und Rußland<br />

anknüpfte und in Herisau eine angesehene Kunstanstalt eröffnete, ferner um die<br />

gleiche Zeit auch Christoph Fisch zum Baumgarten 9 . Einen besondern Aufschwung<br />

nahm das Textilgewerbe seit Mitte 18. Jahrhundert, als die Musselinweberei aufkam<br />

und die Leinwandweberei immer mehr verdrängte 10 . Es erlebte von 1798 bis 1810<br />

eine Glanzzeit, in der die Gebrüder Schieß zur Rose ihr erfolgreiches Handelsunternehmen<br />

begründeten 11 . 1809 gab es in Herisau 191 Fabrikanten und Garnhändler 12 .<br />

Im Dienst des Textilgewerbes standen 1826 neun Bleichen mit Walken, nicht mitgezählt<br />

die älteste, 1666 gegründete Bleiche gegen Moosberg (S. i82f.) und die «obere<br />

i SONDEREGGER, Siedlungsgeschichte, S.45f. 2 AUB 145.<br />

3 BODMER, Textilgewerbe, S. 5, iof.<br />

4 BODMER, Textilgewerbe, S. 10.<br />

5 AUB 3478. - Vgl. WALSER, S. 492, welcher Berichtwohl mehr dasMittel-und Vorderland betrifft.<br />

6 EUGSTER, Herisau, S. 375. - Vgl. ROTACH, Herisau, S. 560, mit Marktordnungvon 1682.<br />

7 BODMER, Textilgewerbe, S. 11, 6g. - HANS CONRAD PEYER, Leinwandgewerbeund Fernhandel<br />

der Stadt St.Gallenvonden Anfängen bis 1520, Bd.I,St. Gallen 1959, Nr. 934,undBd. II, St.Gallen<br />

i960, S. 10-12.<br />

8 BODMER, Textilgewerbe, S. 43-45, öaf., 69. - Dazu EUGSTER, Herisau, S. 359!"., u nd ROTACH,<br />

Herisau, S. 561 f.<br />

9 BODMER, ebenda. - Weiteres siehe bei den Häusernam Platz.<br />

10 BODMER, Textilgewerbe, S. 42, 70. - Vgl. SCHÄFER, Materialien 1811, S. 39, 193-197. - FISCH,<br />

Manuskript, S. 138.<br />

11 EUGSTER, Herisau, S. 361-363.<br />

12 EUGSTER, Herisau, S. 361. Vgl. S. 370: Statistik bis 1869.


3 6 HERISAU<br />

Bleiche», die damals nicht benutzt wurden, außerdem zwölf Appreturen, vier<br />

Warenbrennereien oder -sengereien, zwei Indiennefabriken und zwei Färbereien 1 .<br />

Die einzige, in der zweiten Hälfte 18. Jahrhundert in Betrieb gesetzte mechanische<br />

Baumwollspinnerei war 1826 bereits wieder stillgelegt 2 . Nach der Krise von New York<br />

1857, die den Niedergang der appenzellischen Handweberei ganz allgemein besiegelte,<br />

wurden neue Fabrikationsarten, Plattstichweberei, Kettenstichstickerei, Handmaschinenstickerei<br />

und nach 1890 die Schifflistickerei eingeführt. Mit diesen Hand<br />

in Hand arbeiteten bis heute Ausrüstungsbetriebe, die über Bleichereien, Färbereien,<br />

Appreturen, Sengereien und in einem Fall über eine Stoffdruckerei verfügten, und<br />

bedeutende Exportgeschäfte, die die Ware in alle Welt vertrieben 3 . Aus der mechanischen<br />

Werkstatt des Gottlieb Suhner in der Mühle, der 1864 mit der Herstellung<br />

von Plattstichplatten und Stickplatten begann und später für Webstühle und Handstickmaschinen<br />

verschiedene Erfindungen machte, entwickelte sich seit 1892 ein<br />

bedeutendes Kabelkautschuk- und Kunststoffwerk 4 . Neben dem Textilgewerbe<br />

blühte im 18./19.Jahrhundert das Handwerk aller Gattungen. Von Mitte ^.Jahrhundert<br />

bis 1830 gab es sieben Zünfte: 1. die Gerber, 2. die Bierbrauer und Färber,<br />

3. die Kupferschmiede, 4. die Maurer, Schmiede, Zimmerleute und Schreiner, 5. die<br />

Buchbinder, Schlosser und Sattler, 6. die Schuster, 7. die Schneider. Die Müller,<br />

Bäcker, Metzger, Bürstenbinder, Gürtler, Seiler, Wagner, Weber usw. hatten keine<br />

Zünfte 5, Noch 1846 waren sechs Mahl-, fünf Säge-, zwei Papiermühlen sowie eine<br />

Schleifmühle in Betrieb 6 (siehe Mühlen, S. 213, 215). - Für den Absatz der bäuerlichen<br />

und handwerklichen Erzeugnisse wurden Wochenmärkte, die schon 1537 als bestehende<br />

Einrichtung bezeugt sind 7 , und Jahrmärkte abgehalten (siehe Markt, S. 138-141). -<br />

Als Molkenkurort machte sich Herisau durch das 1824 an der Stelle des frühern Bades<br />

Moosberg erbaute Heinrichsbad im 19. Jahrhundert einen Namen (S. igi, i93f.).Im<br />

übrigen zählte Herisau 1826 vierzehn Gasthäuser (Schildwirtschaften) und sechsundfünfzig<br />

Schenken (Reifwirtschaften) 8 .<br />

h ä u s e r - u n d b e v ö l k e r u n g s z a h l d e r g e m e i n d e<br />

1 535 wohnten in dieser volksreichsten Kirchhöre der äußern Rhoden rund 4692<br />

bis 5865 Seelen 9 . - 1667, als Schwellbrunn mit 1800 Seelen nicht mehr dazu gehörte,<br />

zählte man 3021, im Jahre 1734 bereits 4816 Seelen, obwohlnun auch Waldstatt<br />

seit 1720 selbständig war und 632 Seelen aufwies. Bis 1794 verdoppelte sich die<br />

Bevölkerungszahl infolge des seit Mitte 18. Jahrhundert stark aufblühenden Textilgewerbes<br />

(s.d.) gegenüber 1667 auf 6600 Seelen, ging aber bis 1805 wieder auf 6517<br />

zurück 10 . Die Volkszählung 1842 ergab 7964jene von 1970 14597 Seelen. - Die<br />

1 AMB 1826, S. 163-165: «Herisau imJahr 1826». - EUGSTER, Herisau, S. 368f., mit Statistik<br />

auchfür 1846 und 1870.<br />

2 A M B 1826, S. 163. - BODMER, Textilgewerbe, S. 44f.<br />

3 ROTACH, Herisau, S. 570-601. 4 ROTACH, Herisau, S. 574, 601 f.<br />

5 EUGSTER, Herisau, S. 353-358. 6 EUGSTER, Herisau, S. 357.<br />

7 AUB 2027, 2030. Vgl.AUB 3410.<br />

8 AMB 1826, S. 162: «Wirthshäuser sindin der ganzenGemeinde 14, nämlichim Dorf 11 und außer<br />

demselben3. — Schenkhäuser in der ganzenGemeinde 56, nämlich 20im Dorfund 36 außer demselben.»<br />

9 A G I ,S. 4I5F. 10 SCHÄFER, Materialien 1810, S.71-74.<br />

u AMB 1843, S.62-64.


GESCHICHTE 37<br />

höchste Zahl erreichte die Bevölkerung 1910 mit 15336 Personen 1 . - 1798 zählteman<br />

772 Häuser*, 1842 ioi6 3 ; i960 an bewohnten Gebäuden 4008 4 .<br />

q u e l l e n u n d l i t e r a t u r<br />

Quellen. Siehe auch Quellenim allgemeinen Abkürzungsverzeichnis. Im folgenden sind die Abkürzungen<br />

in Klammern gesetzt.<br />

GdeA: A. Protokolleund Rechnungen: Protokoll der Kirchenrechnungen Herisau 1506-1640 (PrKr).<br />

- Kirchenrechnungen 1733-1794. - Protokoll der Vogteiräte und Kirchhören von Herisau 1743-1802<br />

(PrVKH). - Kirchhöreprotokoll bzw. Protokoll der Gemeindeversammlungen 1803 ff. bzw. 18778".<br />

(PrGdeV). - Geschäftsordnung der ordentlichen Gemeindeversammlung in Herisau bzw. für die<br />

Urnenabstimmung der Gemeinde Herisau (Geschäftsordnung GdeV bzw. UGde). — Räteprotokoll<br />

1733 ff. bzw. Gemeinderatsprotokoll oder Protokoll (über die Verhandlungen) des Gemeinderates<br />

i876ff. (GdeRPr oder PrVGdeR). - Edikte des Gemeinderates Herisau 1870-1925 (enthalten auch in<br />

PrGdeV). - Protokoll über die Jahresrechnungen in Herisau. - Kassa-Hauptbuch der Gemeinde. -<br />

«Bericht über die Rechnungen der Gemeindeämter» (gedruckt) 1830ff. bzw. «Jahresrechnung und<br />

Bericht über die gesamte Gemeindeverwaltung von Herisau» 1900ff. (Zitiert: Jahresrechnung der<br />

Gde.) - Protokoll der Kasernenkommission 1862 (20. Mai 1862 bis 1.Juni 1866). - Protokoll der Glockenkommission<br />

1871. - Protokoll der Bau- und Straßenkommission Herisau 1884-1903.— Protokoll der<br />

Baukommission, 3.Aug. 1920 bis i6.Febr. 1924 (PrBK). - Protokolle der Renovationskommission bzw.<br />

«Kommission für die Renovation der evangelischen Kirche, Herisau», 24. Febr. 1955 bis 22. März 1961<br />

(PrKRKH).<br />

B. Urkunden u.a.: «Copir-Buch verschiedener Urkunden, Rechtsame u. Verschreibungen die Gemeinde<br />

betreffend 1595-1868.» Mit Vermerk: «Alle in diesem Bande enthaltenen Urkunden finden sich<br />

auch im Protokoll der Gemeinderechtsame Bd. I.» (Zitiert: «Copir-Buch».) — «Alte Urkunden,<br />

Verordnungen, Verträge, Kaufverschreibungen etc.» MitRandvermerk: «Nach einervonHr. Gmdschr.<br />

Ant. Scheuß,der vonA. 171 o bis 1726 Schreiber gewesen, vorhandenen Copia dieser Briefe ausgezogen<br />

A. 1838.» (Zitiert: Alte Urkunden.) - «Sammlung fliegender Blätter, enthaltend zum Teil sehr wichtige<br />

Zusammenstellungen aus früherer Zeit bis 1838.» (Zitiert: Fliegende Blätter.) —«Manuskriptfür<br />

das Archiv zu Herisau, gewidmet von Johannes Fisch, Landeshauptmann, 1813.» (Zitiert: FISCH,<br />

Manuskript.) —«Bauamt-Büchlein» oder «Copir-Buch von Urkunden Rechtsame u. Verschreibgn.<br />

Gemeinde. 1750-1821.» (Beginnt mit 1709!) - Kaufbriefprotokoll I und II sowie A-Zund AA-AZ<br />

(KfbrPr). - Handänderungsregister der Gemeinde Herisau. - Gebäude- bzw. Häuserverzeichnisse<br />

(vollständige Reiheim Hist. Mus. Herisau. Siehe unten!).<br />

KGdeA: Protokoll der Kirchgemeindeversammlungen i877ff. (PrKGdeV). - Protokoll der Kirchenvorsteherschaft<br />

18771?". (PrKV). - Edikte der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Herisau 1879-<br />

1930 (auch im PrKGdeV enthalten). - Kassabuch der Kirchgemeinde, 30.Dez. 1878ff.<br />

KtA: Altes Archiv, 39, 1: «Verzeichnus von Urkunden, die 1637 inUrnäsch aufgefunden.» Nr. 62. —<br />

Neues Archiv, B, 25: Protokoll des Kantonsrates. - C, 1: Protokollüber die Verhandlungen der Standeskommission<br />

bzw. über die Verhandlungen des Regierungsrates.<br />

Historisches Museum Herisau: Gebäude- oder Häuserverzeichnisse: a) «Numerotiertes Verzeichnis der<br />

Häuserund deren Eigenthümer in der Gemeinde Herisau. April 1800.»Von JOHANN ULRICH SCHOCK,<br />

Modelstecher hinter dem Rathaus, aufgrund der Häusernumerierung und der Hausbesitzerliste von<br />

1798 erstellt. - b) Von 1822, 1834, 1842 (vgl. AMB 1843, S. 14), 1861, 1872, 1874, 1880, 1893, 1921. -<br />

c) Letztes Verändertes von 1943.<br />

KdmA: Photokopien von neun Turmknopfdokumenten (ebenfalls bei Architekt MaxRohnerETH/<br />

SIA, Herisau): 1. Vom Juli 1654. - 2.Vom 14. Aug. 1719. - 3. Beilage von 1719.-4. Vom 3.Okt. 1741.<br />

- 5. Vom 20. Juni 1776. - 6. Vom 26. Juli 1808. - 7. Vom 17. Juni 1842. - 8.Vom 18.Juni 1842. -<br />

9. Vom 13. Sept. 1904.<br />

S. 45.<br />

1 Statistische Quellenwerke der Schweiz, Heft 467, Wohnbevölkerung der Gemeinden, Bern 1971<br />

2 SCHÄFER, a.a.O.,S.74.<br />

3 AMB 1843, S. 63.<br />

4 Statistische Quellenwerke der Schweiz, Heft 343, Bern 1963, S. 50.


38 HERISAU<br />

Abb. 22. Herisau. Plan des Fleckens, 1628 datiert, in einer Kopie des Obersten und Kartographen<br />

Johann LudwigMerz von Herisau, 1818. Federaquarell. Historisches Museum Herisau.-Text unten.<br />

AHK:<br />

Protokolle über «Augenschein» bzw. «Besprechung» von Prof.Dr. LINUS BIRCHLER u nd<br />

Prof. Dr. ALBERT KNOEPFH betreffend Kirchenrenovation 1959/60 (Photokopien i m KdmA und bei<br />

MAX ROHNER, Architekt ETH/SIA, Herisau).<br />

Privatbesitz:<br />

Chroniken zu einzelnen Häusern (siehe daselbst) von Dr. OTTO F"REHNER, Herisau.<br />

AMB: Jg. 1826, S. 153-172: «Herisauim Jahre 1826.» - Jg. 1827, S. 181-184: «Accord wegen des<br />

Kirchenbaues in Herisau, vomJahr 1516.»<br />

Literatur. Siehe auch allgemeines Abkürzungsverzeichnis. - AUGUST EUGSTER, Die Gemeinde Herisau<br />

im Kanton Appenzell A.Rh., Herisau 1870. Zitiert: EUGSTER, Herisau. - Die Gemeinde Herisau,<br />

Ortsbeschreibung und Geschichte. Verfaßt von WALTER ROTACH und einigen Mitarbeitern für Spezialgebiete.<br />

Herisau 1929. Zitiert: ROTAGH, Herisau. - HERMANN WARTMANN, Historische Gänge durch die<br />

Kantone St. Gallen und Appenzell 1884-1917,MVGXXXVI (1920), S. 137-206. - TRAUGOTT SGHIESS,<br />

Zur ältern Geschichte von Herisau, bis zuden Appenzellerkriegen, in: ROTAGH, Herisau, S. 126-151,<br />

undMVG 38 (1932), S. 91-124. - Pfarrei St.Peterund Paul Herisau 1867-1967. Gedenkschrift, verfaßt<br />

von FRANZ STARK, RAINALD FISCHER, HERMANN GROSSER, Herisau 1967. - WeitereLiteratur z u den<br />

einzelnen Gegenständen siehe daselbst.<br />

topographische k a r t e n , p l a n - u n d bilddokumente<br />

Topographische Karten. 1. Plan des Fleckens 1628 (Abb. 22) 1:6000 Klafter, Kopie um 1818 von<br />

Oberst JOH. LUDWIG MERZ (1772-1851) 1 mit Nachtrag des Häuserbestandes dieser Zeit durch punktierte<br />

Linien, Federaquarell, 19,1 X 22,5cm (Blatt) bzw. 13,1 X 16,2 (Plan), mit Datum «1628» versehen.<br />

Auf Rückseite von andererHand Vermerk: «Plan von HerisauimJ. 1628. v. Hr. Oberst Merz.»<br />

I EUGSTER, Herisau, S. 321, 395. - OTTO FREHNER, «Johann Ludwig Merz, Kaufmann, Oberst,<br />

Topograph», in:AK 1955. Ders., Appenzeller in sardinischen Kriegsdiensten, Häädler Kalender 1954.<br />

Ders., Hauschronik zu Oberdorf 17A. Ms. (Kopie im KdmA), S. 13.


GESCHICHTE 39<br />

Abb. 23. Herisau. Plan des Fleckens, 1818 datiert, Federaquarell des Obersten u nd Kartographen<br />

Johann Ludwig Merz von Herisau. Historisches Museum Herisau. - Text unten.<br />

Hist. Mus. Herisau, A506. - 2. Plan des Fleckens 1818 (Abb. 23), in gleichem Maßstab, von Oberst<br />

JOH. LUDWIG MERZ, Federaquarell, 15,3 X 18,1 cm (Blatt) bzw. 13,1 X 16,2 (Plan), datiert: «1818».<br />

Auf der Rückseite von anderer Hand Vermerk: «Plan v. Herisau v.J. 1818, v. Hr. Oberst Merz.»<br />

Hist. Mus. Herisau, A507. - 3. «HERISAU» und nähere Umgebung 1:12500 Klafter, Lithographie,<br />

7,8 X 10,8 cm (Plan), signiert: «Lith. v.J. Tribelhorn / Aufgenommen von L. Merz 1841 / J. Heer<br />

Lith.» KtB Trogen, Mappe 1. Zur historischen Bewertung siehe AMB 1842, S. 1121 — 4. «KARTE von<br />

HERISAU» I: 25 000 Fuß, von LUDWIG MERZ (1817-1881)', Lithographie, 20,3 X 35,5cm (Plan), signiert:<br />

«Aufgenommen von Mertz / Topogr. Anstalt v. Wurster, Randegger & Cie. in Winterthur», in:<br />

AUGUST EUGSTER, Die Gemeinde Herisau im Kanton Appenzell A.Rh., Herisau 1870. - 5. «HERISAU<br />

Spezialkarte» 1:25000, Eidgenössische Landestopographie, Bern 192g. Beilage zu: WALTER ROTAOH,<br />

Die Gemeinde Herisau, Herisau 1929.<br />

Plandokumente. 1. Reformierte Kirche, a) «Plan für ein Portal zu der Kirche Herisau. No. 1.» (Südportal),<br />

Federzeichnung, 73 X 53,5cm, signiert: «J. Rutishauser. 1844. August.» Aus Gemeindebauamt<br />

im Hist. Mus. Herisau. - b) «Querschnittder Kirche in Herisau» mit anzubringenden Zugstangen<br />

aus Eisen an zwei Stellen, bei den Fensterpfeilern, und mit anzubringenden Hängeankern bei vier<br />

Bündenim Dachstuhl. Aquarellierte Federzeichnung, 51 X 38 cm, signiert: «J.J. Mettler Zimmermeister.»,um<br />

1874. Aus Gemeindebauamtim Hist. Mus. Herisau.<br />

2. Armenhaus (Bürgerheim). a) Drei Pläne von FELIX WILHELM KUBLI, Feder, aquarelliert, rund<br />

57,5 X 45,5cm, signiert: «Kubly Archt.»,um 1836, im Hist. Mus. Herisau: «I. Armenhausvon Herisau,<br />

Mittagsseite — Erster Stock. / III. — Durchschnitt — Erdgeschoß / IV. - Seiten-Ansicht - Kellergeschoß.»<br />

(Abb. 78). - b) « Umbau des Bürgerasyl. Facaden-Skizze.», Tusche auf Pergamentpapier,<br />

31 X 45 cm, sowie Tusche auf Papier, 27,4 X 40,6 cm.Mit Stempel: «Bauamt Herisauden 10 Mai 1915.<br />

Der Gemeindebaumeister Ramseyer Alfred.» Aus Gemeindebauamtim Hist. Mus. Herisau.<br />

i Sohnvon Oberst Joh. Ludwig Merz, mitdem er zusammenarbeitete. EUGSTER, Herisau, S. 395. -<br />

OTTO FREHNER, Hauschronik zu Oberdorf 17A, a.a.O.


40 HERISAU<br />

3. Ruine Rosenberg, a) «Rosenberg bei Herisau. PI (ligiert) Sept. 1864.», Situationsplan mit Grundriß,<br />

Tuscheund Bleistift auf Ölpapier, 22,4 X 35 cm, nochmals signiert: «P.Jmmler del. 1864.» SLM,<br />

Inv.-Nr. 50321. - b) «BURGRUINE ROSENBERG BEI HERISAU (APP.A.RH.)», GrundrißM . 1:100 mit<br />

EinzeichnungderFundstellen, signiertund d atiert: «HERISAU, DEN8. DEZEMBER 1936. JAKOB TRIPPEL,<br />

LAGERLEITER. » Photographie des verschollenen Planes imKdmA.<br />

4. Ruine Rosenburg, a) «Rosenburg bei Herisau von den Umwohnern Ramsenburg genannt.»,<br />

Bleistiftzeichnung mit rosa aquarelliertem Grundriß, 17,3 X 22,5cm (Plan) bzw. 18,6 X 23,8cm (Blatt),<br />

signiertund datiert: «Juli 1863.PI» (ligiert), unten nochmals: «P. Jmmler.»SLM, Inv.-Nr. 41884. -<br />

b)Je Situationsplan 1:200 vor Ausgrabung, datiert: «Herisau, im Mai 1937» und nach Ausgrabung,<br />

datiert: « i m D ez. 1937»von V ermessungsbureau ERNST BRUDERER undLagerleiter JAKOB TRIPPEL.<br />

Umzeichnung des zweiten Plans durch Ing. WILLY KNOLL, St. Gallen, im KdmA. - c) «BURGRUINE<br />

ROSENBURG» (nach Ausgrabung) 1:100, Grundriß und Photographien von Schnitt A-A und B-B,je<br />

datiert: «HERISAU IM DEZEMBER 1937»<br />

und signiert: «DER LAGERLEITER:J. TRIPPEL.», i mK d m A (Abb.<br />

218).<br />

Bilddokumente. Ohneandern Vermerk betreffen die Maßangaben bei Einzelanfertigungen das ganze<br />

Blatt, bei Druckgraphik den Bildausschnitt. Als Standort ist bei dieser, wenn möglich, eine öffentliche<br />

Sammlung angegeben. Verschiedene kleine, vor allem anonyme Souvenirbildchen wurden, weil nicht<br />

von besonderm dokumentarischem Wert, nicht ins Verzeichnis aufgenommen.<br />

A. Gesamt- und umfassendere Teilansichten des Fleckens. 1. «herisow» mit Kirche vonSW vor Dorfbrand<br />

1606 zusammen mit dem Hauptort Appenzell und den übrigen Dörfern auf Miniatur «Das Lobliche<br />

Land AppenzellAo...», 26,3 x 19,6 cm, auf Kartusche datiert: «1586», VOHJAKOBGIRTANNER, in: Landbuch<br />

1585, Landesarchiv Appenzell. Abb. in: WALTER SGHLÄPFER, DerWeg Appenzells in die Eidgenossenschaft,<br />

Gais 1963, S. 14, 15. - 2. «HERISSAW.» vonN, Radierung, 12,6 x 12,9 cm, von MATTHÄUS<br />

MERIAN, in: «TOPOGRAPHIA Helvetiae...M.DC.XLIL» (1642), Frankfurt a.M. 1654, S. 56, 57. -<br />

Gleiche Ansicht, nur etwas kleiner und mit andern Schrifttypen, in: JOHANN JACOB SCHEUCIIZER,<br />

OüpecKpoiTTlQ Helveticus. Lugduni Batavorum (Leyden), Petrus Vander Aa., 1723, hinter S. 546.-<br />

3. «Herisau» (ähnliche Ansicht wie die Merians), Radierung, 4,7 X 4,7 cm, von JOHANNES MEYERd.J.,<br />

aus:J. J. WAGNER, Mercurius Helvetius, Zürich 1688, S. 3of.,K.K. Basel, M105, 228. - 4. Flecken,<br />

von SSO, lavierte Federzeichnung, 19,6 X 32,5 cm (Quadrierung und Buchstaben mit Bleistift), von<br />

JOHANN ULRICH SCHELLENBERG (1709-1795), 1757 (laut Archivnotiz). Kunstmuseum Winterthur,<br />

graphische Sammlung (Abb. 20). Die Zeichnung bildete Vorlage zu 5. - 5. «HERISAU», Radierung,<br />

15,4 X 27,2 cm, signiert: «J.Ulr. Schellenberg ad Viv. del./D. Herrliberger: Excud. Cum Priv», in:<br />

«Neue und vollständige Topographie der Eidgnoßschaft, ... von David Herrliberger», Bd. II, Basel<br />

1758, Nr. 207. - 6. Nachbildung von vorhergehender Ansicht, Radierung, 11,9 X 36,4cm (Bild ohne<br />

Zierrahmen), signiert: «J. G. Sautter fecit Arbon 1776», zudem unterdem Bild: «Zu einer Kundsaft<br />

von Joh. Georg Sautter von Arbon.» KtB Trogen, Mappe 01. - 7. «VUE ET ENVIRONS DE HERISAU /<br />

Dedie ä Monsieur Jean Ullrich Wetter Seignieur Stadhouder d u Louable Canton Appenzell des<br />

Rhodes Externieure...» (sie! Widmung in lateinischer Kursive) und mit Wappen Wetter, von OSO,<br />

Radierung, 25,5 X 40,5cm (Bild), signiert: «Dessine parJ.C. Mayr / Grave parH. Thomann»,um<br />

1794 1 . KtB Trogen, Mappe 001. - 8. Ansicht von SW, Radierung von gleicher Größe, mit gleichem<br />

Titel, gleicher Widmung, gleichen Signaturen,um gleiche Zeit. ZBZ, graphische Sammlungund Hist.<br />

Mus.St.Gallen,Nr.4699. - 9. «AVSSICHT VON DEM/MARCK/FLECKEN HERISAV», vonN N O , m it s pätgotischer,<br />

1811 abgebrochener Sakristei. Teilbild auf: «ALMANACH VOR MDCCXCIIII» (1794), Aquarell,<br />

36 X 51 cm, signiert: «J: HÄDENER del. nati. delinaeit» (sie). Hist. Mus. Herisau. - 10. Ansicht vonSO<br />

mit Beinhaus, Bleistiftzeichnung, 35 X 60 cm, bezeichnet und datiert: «Herisau- 95» (1795), von JOH.<br />

JAKOB BIEDERMANN (1763-1830). Kunstmuseum Winterthur (Abb. 67). Die Zeichnung diente als<br />

Vorlage zu: «VUE de HERISAU dans le CANTON d'APPENZELL, Rhode exterieure», kolorierte Radierung,<br />

39 x 58,7cm, signiert: « Peint d'apres nature parJ.J. Biedermann / ä Basle chez Birmann & Huber.»,<br />

um 1795. ETH, graphische Sammlung,Nr. 509. Vgl. Exemplar im Hist. Mus. St. Gallen.-11. Ansicht<br />

von OSO (fast gleich wie Nr. 7 von MAYR und THOMANN), Radierung, 13,7 X 36,6 cm (Bild), auf<br />

Gesellenzeugnis der Schuhmacherzunft, signiert: « J:Jacob Tanner del. / Hein: Brupbacher Sculp:<br />

1798.» KtB Trogen, Mappe 001. — 12. «Herisau», von SO, Radierung, 5,5 X 8,5 cm, signiert: «J.H.<br />

i Joh. Ulrich Wetter war 1793-1796 Landesstatthalter hinter der Sitter (Wappenbuch, S. 387).<br />

Der Radierer HANS THOMANN starbam 15. Dez. 1794 (SKL).


GESCHICHTE<br />

4 1<br />

Meyer sc.», in: «Helvetischer Almanach/Zurich, Orell Fueßli 1808.» ETH, graphischeSammlung,<br />

Nr. 1515D. - 13. «Herisau» (ähnlich wieNr. 12), Radierung,8,3 X 12,g cm,signiert: «Augsburg bei<br />

Herzberg».K.K.Basel, M 105.195. - 14. « Herisau» (ähnlich Nr. 12), R adierung, zirka 9 X 18cm,<br />

signiert: « beiE.W . Buchmeister in Breslau...C.G. Löwesc..». Sammlung Daniel Jenny-Squeder,<br />

Ennenda. -<br />

15. Herisau, vonN N O mit Brandstätte 1812 ander (ehemaligen) obern Bachstraßc,<br />

gezeichnetvon JOHANN JAKOB MOCK (1776-1824), Herisau:a) «Die Brandstätte i m Flecken HERISAU<br />

nach demiten Jenner1812.» (Antiquaund lateinischeKursive), Winterlandschaft miteinem Schlittengefährt,<br />

Aquatinta, 32,6 X 50,3cm, signiert: «gezeichnet von J . JacobMockin Herisau.»undmit<br />

Hinweis: «zu<br />

finden bey J . J .Mock in Herisau.» Hist. Mus. Herisau ( Abb. 113). Siehe HEINRICH<br />

APPENZELLER,Der Kupferstecher Franz Hegi von Zürich 1774-1850,Zürich 1906,Nr. 139 1 . - b) «Die<br />

Ansichtdes Fleckens Herisau samtderBrandstätte i m Jahr 1812.» (Frakturundlateinische Kursive),<br />

grünende Landschaftmitvon Pferdgezogenem Zweiräderkarren aufBachstraße, Aquarell-Gouache,<br />

39,8 X 53,2 c m (Blatt) bzw.31,3 X 50,5c m (Bild), signiert: «johanjacob Mock in Herisau.» Hist.Mus.<br />

Herisau. - c) «Die Brandstätteim Flecken HERISAU nach demitenJenner Ano1812.» ( Antiqua und<br />

lateinischeKursive), grünende L andschaft mit ReiteraufBachstraße, Aquarell-Gouache, 44,7 X 6 1 cm,<br />

signiert: «LI. M ock fec.» Hist. Mus.St. Gallen,Nr. 13261. - 16. «Herisau», von NNO, nach Wiederaufbau<br />

der Brandstättevon 1812, Aquatinta, 7 X 10,5cm, signiert: «bey I. l acobMock in S t.Gallen.»<br />

Hist.Mus.St.Gallen,Nr. 12366. - 17. «HERISAU. Haupt-Ortvom C antonAppenzell-Außerrhoden.»,<br />

Lithographie,32 X 4 0 cm, signiert: «Nach der Natur gezeichnetvon Carl Heinzmann / BeiJoh. Velten<br />

inCarlsruhe. 1827».KtB Trogen,Mappe 001. - 18. «Herisau im Canton Appenzell.» (kursiv),Kopie<br />

nachNr. 17, Radierung, 9 X 14,4cm.Sammlung D anielJenny-Squeder, Ennenda. - 19. Ansichtvon<br />

S W m itAlter Steigundäußerer Schmiedgasse, Aquarell, 21 X 36,5cm,von JOHANNES SCHIESS (1799-<br />

1844), u m 1830. Hist.Mus.Herisau (Abb. 128).Vorlage zu 20. - 20. «ANSICHT VON HERISAU.Vonder<br />

Mittagseite gezeichnet.», A quatinta, 16,8 X 24,8 cm, signiert: «J. Schieß del. et sculp.»,u m 1830.<br />

Hist.Mus.St.Gallen,Nr. 11766 (vgl. ROTACH, Herisau, S.45). - 21. «Herisau» (kursiv), K opie nach<br />

Nr. 20, Aquatinta, oval, 6,8 X 15,7cm.SammlungDanielJenny-Squeder, Ennenda. - 22. «ANSICHT<br />

VON HERISAU.Von d erAbendseite gezeichnet.», eigentlichvonNW, m it deralten Straßezum K reuzwegund<br />

Tobelacker, Aquatinta, 16,7 X 24,8 cm, signiert: «J. Schieß del. et sculp.»,u m 1830.Hist. Mus.<br />

Herisau. - 23. «Herisau.»(kursiv),von<br />

S W (ähnlichwie Nr. 20,doch von weitersüdlich), Aquatinta,<br />

13,8 X 19,8cm, signiert: «Tanner del.Nr. 4 .Martens sculp.», in: «Recueilde vuesde l a Suisse par<br />

Suter, Gorrodi, Schmid,publicpar Henri FuesslietCompagnieHenri Baer A ZURICH».ETH, g raphische<br />

Sammlung,Nr. 1524K,undKtB T rogen,Mappe 0 01. - 24. «Herisau» (Fraktur),vonOSO, an<br />

der Straßenach Steinegg aufgenommen, Aquatinta, 18,6 X 31,2 cm, signiert: «J. B. Jsenring del. /<br />

J .Hausher sculp.» Mittelbild von: «Ansicht des Flekens Herisau undder merkwürdigsten Ortein<br />

Appenzell V.R.» (auch in französischer Sprache),zwischen 1831und 1833 (SKL). Hist.Mus. Herisau<br />

und KtB Trogen. - 25. «Ansicht des Flekens Herisau /V ued u Bourgde Herisau» (entsprechendNr. 24),<br />

Aquatinta, 7,7 X 12,2 c m (Bild) bzw. 11,4 X 12,2 c m (Platte),von JOH. BAPTIST ISENRING (1796-1860).<br />

Hist.Mus.St. Gallen,Nr. 1004,und KtB Trogen. - 26. «Herisau petite villed uCanton d'Appenzell»<br />

(NachbildungvonNr. 12?), Aquatinta, 6,4 X 10cm, bezeichnet: «BeyLudwig J . Rio.»KtB Trogen.<br />

- 27. «Herisau» (Fraktur), Lithographie,6,3 X 14,7cm, signiert: «Nach d.Nat. gez.u. lith.v.J . Werner»,<br />

1835-1837 (nach Friedhofverlegung 1835undvor ErrichtungvomArmenhaus 1837/38). KtB<br />

Trogen (Exemplar in ZBZ, graphischeSammlung mit nachträglichbeigefügtem Datum19.Febr.1837).<br />

- 28. «Herisau a u Cantond'Appenzell»,vonOSO,mit 1836/37 errichtetemArmenhaus,Aquatinta,<br />

7,2 X 11,2cm,bezeichnet: « ä Z urichchezH . F .Leuthold Editeur». Hist. Mus. Herisau. - 29. Ansicht<br />

von OSO, Aquarell, 27,2 X 46,2 cm, u m 1835/36 ( Datierung entsprechend Nr. 28). KtBTrogen. -<br />

30. «Herisau», vonO S Omit 1837/38 errichtetem A rmenhaus, Lithographie, 7,2Xi7,5cm. KtB<br />

Trogen. - 31. Ansichtenvon S O bisOSO,aufgenommendurch JOHANN ULRICH FITZI (1798-1855):<br />

a) «HERISAU» (Antiquamit Citterverzierung), vonOSO,Federzeichnung,35 X 53,5cm, u m 1822 (in<br />

Reihezusammengehöriger DorfansichtenvonAppenzellA.Rh.,wovon eine 1822 datiert ist). Privatbesitz<br />

Zollikon. - b) «HERISAU» (Antiqua), entsprechendes Federaquarell, 34,7 X 52,3cm, zwischen<br />

1822 u nd 1837 (ohne 1837 e rbautes Armenhaus). Privatbesitz Speicher (Abb. 24). - c) Weiteres<br />

I SCHÄFER, Materialien 1812, S.244,Anm.: « Den interessantenAnblickder ganzenBrandstätte...<br />

hatHr. J .J . MockgetreunachderNaturgezeichnet;er will dieses Stück wahrscheinlich durchden<br />

Künstler Hegi in Kupfer stechen und bis künftigen Hornung abdrucken lassen, wodannjedeszu<br />

2 fl.24 k r. käuflich sein wird.»


4 2 HERISAU<br />

Abb. 24. Herisau. Der Flecken von Ostsüdosten. Federaquarell von Johann Ulrich Fitzi, zwischen<br />

1822und 1837. Privatbesitz Speicher. - TextS.41und n g .<br />

entsprechendes E xemplar, 34X52cm. Hist. M us. St.Gallen, Nr. 2061. - d) «Herisau», ähnlich,<br />

Lithographie, oval, 19,1 X 3 4 cm,umgebenvonOvalbildchenmitdenaußerrhodischen Dörfernund<br />

den G emeindewappen,signiert: «Aufgenommen vonJ .U . Fitzivon Trogen. Auf Steingezeichnetvon<br />

J . Schießin Schaffhausen.» Darunter: «Zu h abenbey Schullehrer Lindenmannin Schwellbrunn.»<br />

KtB T rogen. - e) Federzeichnung, 19,9 x 54,7cm,vonweiter südlich, datiert: «Herisau d 26 Juni<br />

1830.» Sammlung Ernst Rutz, GümligenBE. - f)Ansicht vonOSO, Lithographie, 24,4 X 39,7cm,<br />

signiert: «Lud. Grafdel.», darunter: « Aufgenommenvon Fitzi. L ith.J . Tribelhorn in St.Gallen.»<br />

1843 1 . Hist.Mus. St.Gallen,Nr. 12242 a. - 32. «Herisau» (lateinische Kursive),vonNO(!),Federaquarell,<br />

11,7 X 15,1 cm, von JOHANN ULRICH FITZI, u m 18542. PrivatbesitzTeufen. - 33. «Herisau»<br />

(Fraktur),vonNO, Gouache, 29 X 51,5cm,signiertunddatiert: «Copirtvon J . Georg Fitzi 1858».<br />

PrivatbesitzTeufen. - 34. «Herisau Bourga u Canton d'Appenzell.»,vonNNO, kolorierteAquatinta,<br />

7,1 X 10,6cm, signiert: «Zürich beyR . Dikenmann.» (1832-1888).KtB Trogen. - 35. Ansichtvon N W<br />

mit «Höh Kasten»und «Sentis» (ähnlicher S tandpunkt wie bei Nr. 22), Bleistiftzeichnung, weiß<br />

gehöht,20,3 X 26,1cm, signiert: «K. C orradi» (1813-1878).ZBZ, graphische Sammlung (Abb. 127). -<br />

36. «HerisauHöh Kasten Sentis» (kursiv),von N W und von gleichem StandpunktwieNr. 35,doch<br />

stark verzeichnet, Aquarell-Gouache, 43,3 X 56,6 cm, signiert: «K: Gorradi», u m 1850. Hist.Mus.<br />

St.Gallen,Nr.8471. - 37.AnsichtvonONO, Bleistiftzeichnung, 23,5 X 31,5cm,von JOHANN JAKOB<br />

Rietmann, datiert: «April 1863».KtB T rogen. - 38. «HERISAU» mitOberdorfvonOSO, Stahlstich,<br />

12,3 X 17,7 cm, signiert: « Geißer del. C.Huber sc.», in: «Das Schweizerland in Bild und Wort»,<br />

Heft 8, Verlag S.W . Albrecht,Lenzburg o. J . (spätestens 1865).KtB Trogen. - 39.AnsichtvonNNW,<br />

Aquarell, 29 X 48,4cm. Entsprechendes AquarellvonTrogen ist mit «Lauterburg» signiert. PrivatbesitzTeufen.<br />

- 40. «HERISAU.Aufgen: v:d:Lindenwiese.»,vonONO, Stahlstich, 11,2 X 17,6 c m (Bild),<br />

signiert: «N:d:Natur gez:u: r adirtv: Hch: Zollinger.Druck v.D. H erter in Zollikon.»,zwischen 1865<br />

(Kasernenbau)und 1870. Titelblattin: AUGUST EUGSTER,Die Gemeinde Herisau i mKanton Appenzell<br />

A.Rh.,Herisau 1870. - 41. «Herisau»mitzehnverschiedenen Ansichten (siehe unterB-E), lavierte<br />

Federzeichnungen unter originalemPassepartout,64 X 90,8cm, signiertund datiert: «Nach der Natur<br />

gezeichnetvonAdolfHonegger 1874». Hist.Mus.Herisau. - 42. Photographienvon EDWIN JUCKER<br />

«ausdenJahren 1870-1872». Hist.Mus. Herisau,A226.<br />

1 A M B 1843, S. 197: «Herisau,CantonAppenzellA.R. Aufgenommen von Fitzi. Llth. J . Tribel­<br />

hornin St.Gallen. Quer Folio. Unstreitig die lieblichste Ansicht von Herisau, seit Biedermanndem<br />

Ortesein schönes Blattgewidmethat...DerNamenFitzi'sbürgtfür volle Genauigkeit i m Architektonischen,und<br />

s obehältdasBildzu allen Zeiten einen historischen Werth.»<br />

2 In F ormatund Auffassung entsprechendenordwestlicheAufnahme v onTeufen (Bilddokumente<br />

B4) istvon J .U . FITZI signiertundentsprechende Vorstudiemit Bleistift (Nachträge)vom 3.Juli1854<br />

datiert. - Entsprechende südwestliche Aufnahme von BÜHLER (Kdm AppenzellA.Rh.II) läßt sich durch<br />

Bauzustand ebenfallsindiese Zeitdatieren.


GESCHICHTE<br />

43<br />

B. Kirche und Platz mit Rathaus und Pfarrhaus, i.Platzmit Pfarrhaus, R athausund Haus Wetter, vonN,<br />

lavierte Federzeichnung, weiß gehöhtund a m Himmel hellblau aquarelliert, 26,3 X 38,2 c m (Bild),<br />

signiert: « j. Hädenara dnat.», aufgeklebt auf Blatt, 2 7,9X39,6cm, bezeichnet: « Marktplaz von<br />

Herisau 1 789» (letzte Ziffer unsicher, weil u nten abgeschnitten). Hist. Mus. Herisau ( Abb. 70). -<br />

2. PlatzmitDoppelhausWalser,vonS, gleiche Technik,26 X 37,7 c m (Bild), auf Blatt,28 X 39,7 c m<br />

aufgeklebt, das bezeichnet ist: « Marktplaz von Herisau 1 790»und signiert: « Hädenar,adnat del.<br />

1790.» («H»istmit vorausgehendem « J » desVornamensJohann ligiert). Hist. Mus. Herisau (Abb. 86).<br />

—3 .«AnsichtdesPlazes<br />

in Herisau.» (kursiv), Aquarell,35X53 cm, hintenmit Vermerk: «Aus Nachlaß<br />

von PaulTanner». Hist. Mus. St.Gallen, Nr. 16968. - 4. «KirchthurmzuHerisau» (deutsche<br />

Kursive), lavierte FederzeichnungvonJon. ULRICH FITZI(?), in: Dr. GEORG SCHLÄPFER, L ucubrationen.<br />

Ms.,Bd.I, 1829, S.46,47.KtB T rogen. —5 .AltesRathaus mit WirtschaftzurSonneundmit<br />

Sold- oder Almosenverteilung durch Obrigkeit, Gouache, 28,4 X 47,2cm.Sammlung DanielJenny-<br />

Squeder,Ennenda. - 6.Ehemaliges, i6o6(!) erbautes, 1826abgebrochenesRathaus:a) «das a lteanno<br />

1607 erbauteRathaus inHerisau» (deutsche Kursive), Federzeichnung, 28 X 24,1 cm, signiert: «fec.<br />

J . Baur. d 14July. 1826». Hist. Mus. Herisau, A235. - b) «Grundrißdesano 1607 erbauten Rathauses»<br />

(deutsche Kursive), Aufriß(!) m itMaßangaben,28,4 X 24,3 cm, signiert: « d i8ten Juny1826.<br />

J . B aur». Hist.Mus. H erisau. - 7. «Kirche mit Platz»und mit ehemaligemWachthaus, lavierte Federzeichnung,<br />

18 x 36 cm, von ADOLF HONEOOER, 1874, auf GruppenbildA41 (Abb. 42).-8. Alte Photographien<br />

(Reproduktionen z.T.i m KdmA): a) K irche vor Renovation 1906und mitdem 1772 erbauten,<br />

1889 umgebautenund 1910 abgebrochenenWachthäuschen an der Stelle desspätem, seit 1959ebenfalls<br />

verschwundenen Sanitätsgebäudes,von N Wund vonW . KdmA (Abb. 43). - b)Walserhaus mit<br />

dem 1912a n d er Stelle des Wachthausesim Jugendstil erbauten Sanitätsgebäude.KtBTrogenund<br />

ZBZ, graphische Sammlung. - c) Kirchenfassade in neugotischem Zustand von 1906 bis 1959<br />

(Abb. 44). Vgl. auch ROTACH, H erisau, S. 7, 17. - d) Kircheninneres mitdemneugotischen, 1959<br />

entfernten Orgelprospekt v on 1879. Hist. Mus. Herisau ( Abb. 49). Vgl. ROTACH, H erisau, S. 296,<br />

297. —e ) Altes Pfarrhaus vorderUmgestaltung<br />

u m 1925 zusammen mitdem altenRathaus,vonNO.<br />

Hist. Mus. Herisau. - f) Altes PfarrhausundaltesRathaus (Hist.Museum)vor dessen Umgestaltung<br />

1926, Klischeedruck, betitelt: «Bankgebäude,altesRathaus,PlatzHerisau vonMärz 1880 bisFebruar<br />

1902.»Hist.Mus.Herisau (Abb. 73). - g) WestlicheHäuserreihe a m Platzmit den HäusernNrn. 6-9<br />

vor 1888. Hist. Mus.Herisau.<br />

C. Kirche mit Obstmarkt und ehemaligem Friedhof. 1. Kirchemit Friedhofnach dessen Räumung 1835<br />

undvor Abtragungder Friedhofmauern 1843 sowie mit Häusern a m Obstmarkt,vonO ,Aquarell,<br />

21,5 X 35,8 cm. G emeindehaus Herisau (Abb. 68). - 2. «Herisau von unserm Häuschena m O bstmarkt<br />

ausA o 1853» mit BlickaufHäuser an der Ost-und NordostseitedesObstmarktes.Klischeedruckeiner<br />

Bleistiftzeichnung, signiert: «J. R . R ahn.»ZBZ, graphische Sammlung. - 3. «HERISAU», Kirche mit<br />

1853 angelegter Straße vomObstmarktRichtungWeiher,von O , Lithographie,6,2 X 9 ,8cm, signiert:<br />

«Lith.v.Schläpfer inHerisau». Hist.Mus. Herisau. - 4. «Empfang dereidgenössischenTruppen in<br />

Herisau nachdem Sonderbund-Feldzug 1 847» mit Südflankeder Kirche aus westlicher Richtung,<br />

Lithographie,30 X 26,4cm, signiert: « gez.v.J.Weiß.»Hist. Mus. Herisau.Abb.in; A G II,S. 432,<br />

433.-5. K irchevomObstmarkt aus, Bleistiftzeichnung, 11,1 X 20,4cm, datiert: «Herisau25Juli 1854.»<br />

KtB Trogen. - 6. «Kirche mitObstmarkt»,lavierte Federzeichnung, 18 X 3 6 cm,von ADOLF HONEG-<br />

GER, 1874, a uf Gruppenbild A41. - 7. K irche mit Häuserna m Obstmarkt 1887, von SO, lavierte<br />

Federzeichnung, 17 X 26,4 cm, signiertund datiert: «W. C aspar87». Hist. Mus. Herisau (Abb.112). -<br />

8.Alte Photographien, z .T. als Reproduktionen i m KdmA;a) Obstmarktnach 1870, in: « Schreibmappe»<br />

der Buchdruckerei Schläpfer & Co,Herisau 1914. - b)Häuser a m OstranddesObstmarktes<br />

mit Hotelzum Storchen (heute Neubau Oscar Weber), 1890-1900. Hist.Mus. Herisau.- c ) D urchblick<br />

vom Haus Wetter ostwärtszum Obstmarktu m 1906. Hist.Mus. H erisau. - d) K irche mitu m 1913von<br />

ALFRED RAMSEYER erbautem, 1972 abgebrochenemWaag- o derMarkthäuschen. Hist.Mus.Herisau.<br />

Vgl. ROTACH, Herisau, S.304, 305.<br />

D. Andere Häusergruppen und Einzelbauten ohne Heinrichsbad. In alphabetischerReihenfolge derHäuser<br />

bzw.der Straßen. 1. « Armenhaus», lavierte Federzeichnung, 11,8 X 14,3cm, v on ADOLF HONEGGER,<br />

1874, aufA41 (Abb.79). - 2. «Bahnhof», ehemaliger, mit KirchevonN , lavierte Federzeichnung,<br />

11,8x14,3 cm, von ADOLF HONEGGER, 1874, auf Gruppenbild A41. -<br />

3. «Caserne», lavierte<br />

Federzeichnung, 11,8 X 19,3 cm, von ADOLF HONEGGER, 1874, a uf Gruppenbild A41 ( Abb. 85). -<br />

4. Kasino:a) «Kassino in H erisau»,mitaltemZeughaus vonderRückseite, Bleistiftzeichnung,Ovalbild,23<br />

X 3 2c m (Blatt),von JOHANN JAKOB RIETMANN, datiert: «Aug. 1860.»KtB Trogen. - b)Photo


44<br />

HERISAU<br />

Abb. 25 und26. Herisau. Gemeindesiegelvon 1401. StadtbibliothekVadiana, St. Gallen. - Gemeindesiegel,<br />

1664 datiert. - TextS.47.<br />

mit Z ustandvor 1938.Hist. Mus. Herisau. - 5. «KRANKENHAUS HERISAU»vonS W (1972 abgebrochen),<br />

Stahlstich, 10,9 X 17,8 cm, signiert: « H. Zollinger del. etsculp.», erschienen im Neujahrsblatt der<br />

Hilfsgesellschaft Zürich 1882. ZBZ, graphische Sammlung. - 6. Ehemaliges «Gasthauszur Krone in<br />

Herisau» (an der Innern Schmiedgasse?), Aquarell, 12 X 15,8cm, signiert und datiert: «N.d.Natur<br />

gez.d. 2 3 A ug. 1830v.H . Klonke».KtB Trogen. — 7. Ehemaliger Gasthofzum Löwen; a) «Gasthof<br />

zumLöweninHerisau.», Lithographie, 8,3 X 11,6cm, signiert: « Lith. v. F. Schultheß in Zürich.»,<br />

erschienen in: J .J . LEUTI-IY,Der Begleiteraufder Schweiz,Zürich 1840, S. 308, 30g (ETH, graphische<br />

Sammlung). Hist.Mus. H erisau. Abb. in: ROTACH,Herisau,S. 2g. - b) «Gasthofzum Löwen», lavierte<br />

Federzeichnung, 11,8x14,3cm, von ADOLF HONEOGER, 1874, a uf Gruppenbild A41 (Abb. 12g). -<br />

c) Photographievom Platz ausmitHaus N r. 11,u m 1870. Hist. Mus. Herisau. - 8. Oberdorfstraße:<br />

a) «AnsichtvomOberdorf Herisau»,Aquarell, 38,8 X 48 cm, signiert: «aufgenommenvonJohannes<br />

Waldburger.»Hist.Mus.Herisau. - b)Photographiedes 1915 abgebrochenenHauseszur Blume von<br />

westlicher Seite.Hist.Mus. H erisau. - 9. Poststraße: « Emdwiese», vonS W gegenKirche mit Pfarrhaus<br />

«Friedeck», Realschulhaus,Kasinound Schulhaus Emdwiese,lavierte Federzeichnung, 11,8 X 19,3cm,<br />

von ADOLF HONEGOER, 1874,auf Gruppenbild A41 (Abb. 162). - 10. Schmiedgasse: a) Alte,1888 abgebrochene<br />

Apotheke, von S, Photographie einer Federzeichnung. Hist. Mus. Herisau ( Abb. 104). -<br />

b) 1888 erbaute Apotheke Lobeck im frühern Zustand. Hist.Mus. H erisau. R eproduktionenimKdmA.<br />

— 11. Schützenhäuser:a)Schützenhausvon 1646 i m Gries an der StellevonGoßauerstraßeNr. 18,Öl<br />

auf Leinwand,44,5 X 73 cm.Hist.Mus. St. Gallen,Nr.loigo.Kopie im Gemeindehausund<br />

im Hist.<br />

Mus. H erisau. - b) «Schützenhaus»im untern Ebnetvon1866, lavierte Federzeichnung, 11,8 X 14,3cm,<br />

von ADOLF HONEGOER, 1874, aufdem Gruppenbild A41. - 12. S onnenhof: a) VonSSOzusammen<br />

mitKircheundmitZeughaus II von 1810, Aquatinta(?)von Jon. JAKOB MOCK, 1811/12 1 .Abb.in:<br />

ROTACH, Herisau, S. 35. - b) «DerSonnen-Hofin Herisau.», Radierung, 31 X 20,6 c m (Platte) mit<br />

AnsichtvonSSO, 9 ,3 X 17,3c m (Bild)und mit darunter gezeichnetemmaßstäblichemPlan.Titelblatt<br />

der KaufverschreibungdesJonas SteigervomJanuar 1840. Privatbesitz HerisauundSchweizerische<br />

Landesbibliothek, Bern, St.98, 7358. Ansicht allein in:KtB T rogenundZBZ (Abb.119). — 13. Alte<br />

Steig: a) Xylographie,14 X 18,7 cm. signiert: «G.BfG»(d.h. GOTTLIEB BION fecit St. Gallen), u m 1860.<br />

Hist. Mus. Herisau (Abb.137). - b) «AlteSteig», Bleistiftzeichnung, 13,1 X 19,5 cm, h inten angeschrieben:<br />

«1892.Auseinem SkizzenblattvonA. W iget». Hist. Mus. Herisau. - 14. Schlößchen Steinegg:<br />

a) Von SW,O l aufLeinwand,54 X 63 cm, signiertund datiert: «J. Ulrich 1843.»PrivatbesitzHerisau<br />

(Abb. 160). Vgl.H . A. LÜTHY, Der ZürcherMaler Johann Jakob Ulrich<br />

I LI7G8-I877, Zürich ig65<br />

Nr. 112, derdasBild entspricht 3 . - b) Teilansichtvon S W mit Herrn, Gendarm, Pferdeknecht,Pferd,<br />

Hund undKühendavor,Öl a uf Leinwand, 72 X 9 0 cm,signiert: «J. Weiß pinxit 1861.» Privatbesitz<br />

1 SCHÄFER, Materialien 1812, S . 21g, Anm.: «Hr. J . J .Mockhat diesen schönen und ebensten<br />

Theil des Fleckens, rechts die grade Neugassemitdem großenGebäudeHrnJ . Ramsauers<br />

( = Sonnen­<br />

hof), linksdasOberdorfundi m Vordergrunddie Häuserreihe desObstmarktes und diehöher stehende<br />

KirchemitihrenUmgebungen trefflichnachderNaturgezeichnet.»<br />

2 Dagegenläßt sichein Aquarell, 20,5 X 30,5 cm, in Schweizerisches Institut für Kunstwissenschaft<br />

Zürich (LÜTHY, a.a.O.,Nr. 523), schwerlich auf dasangegebene Schlößchen beziehen.


GESCHICHTE 45<br />

Abb. 27und 28. Herisau. Gemeindesiegel von 1807. - Siegel der Munizipalität zur Zeit der Helvetik<br />

1798-1803. - Text S.47.<br />

Herisau. - c) Ansicht von NO, Aquarell, 9,2 X 7 c m, signiert: « J.M.Steiger-Zölper». Privatbesitz<br />

Herisau. - 15. Waisenhaus:a) Mit BauernhausdanebenundBurg Rosenberg im Hintergrund, von S,<br />

Federaquarell, 24,5 X 40,2cm,vonJon. ULRICH FITZI(?). Hist. Mus. Herisau (Abb. 77). - b) «Waisenhaus»<br />

mit Schulhaus vonSO, lavierte Federzeichnung, 11,8 X 14,3 cm, von ADOLF HONEOGER, 1874,<br />

auf Gruppenbild A41.<br />

E. Heinrichsbad. 1824 erbaut, 1967 abgebrochen. Auswahl d er zahlreichen, teilweise doch sehr<br />

ähnlichen Ansichten vor allem nach Künstlernamen und in möglichst chronologischerOrdnung. 1.V on<br />

JOHANNES SOHIESS (1799-1844) von Herisau in St. Gallen (siehe a uch Nr. 2): «Ansicht des neuen<br />

HEINRICH-BADES in HERISAU...», von S W, vor der Verlängerung des Westflügels I826(!),Aquatinta,<br />

22,3 X 26,7cm (Platte), 16,8 X 23,4cm (Bild), signiert: «J. Schieß del: et sc;» Hist. Mus. Herisauund<br />

KtB Trogen, Mappe 1 1 (Abb. 173). - 2. Von JOHANNES WEISS (I 789-1853) vonHundwil in Herisau, z.T.<br />

in Verbindung mit JOHANNES SCHIESS (S.O.): Sechs Aquatintaradierungen m it lateinischer Kursivbeschriftung.<br />

ZBZ, graphische Sammlung: a) «Moosberg, vor der Errichtung des Heinrich-Bades»,<br />

12,9 X 18,2cm, signiert: «J.Weißdel & sculp».-b)«Heinrichs-Bad von der Morgenseite», 12,5 X 18cm,<br />

signiert: «J. Weiß del & sculp:». - c) «Fernsicht unterdem Bogenim Heinrichs Bad», 12,5 X 18 cm,<br />

signiert: «J.Weiß del. & sculp.» - d) «Heinrichs-Bad von der Abendseite», 12,7 X 17,7 cm, signiert:<br />

«J.Weiß del. Schieß, sculp.» - e) «Heinrichs-Bad von der Mittagsseite», 12,7 X 18,1 cm, signiert:<br />

«J.Weiß, del. J Schieß, sculp. »(Abb. 174).-f) «Heinrichs-Bad von der Mitternachtsseite», 13,3 X 18 cm,<br />

signiert: « J Weiß. del. J Schieß, sculp.» (Abb. 175). - 3. «Heinrichs-Bad» von S, Lithographie,<br />

13 X 18,4 cm, signiert: «Werner del. Lith. v.C. Studer» (vgl. A27). ZBZ, graphische Sammlung 2 . -<br />

4. «DasHeinrichsbad»von S, Aquatinta, 7,3 X 10,6 cm, Randbild auf: «Ansicht des Flekens Herisau<br />

und der merkwürdigsten Ortein Appenzell V.R.», signiert: «J. B. Jsenring del.J. Hausher sculp.»<br />

(sieheA24). - 5. «ANSICHT DES HEINRICI-IS-BADES BEY HERISAU CANTON APPENZELL VR.»von S, Aquatinta,<br />

16,8 X 24,4cm, GenredesJon. BAPT. ISENRING, Verlag: «Bei Ludwig F Rioin Gonstanz». KtB Trogen.<br />

- 6. «Heinrichs-Bad.» (kursiv), vonNO, Lithographie, 7,9 X 13,1 cm, signiert: «J. Rothmüller /<br />

Lith. v.Heimin St.Gallen.», erschienen in:H. RHEINER, « Das Moosberger oder Heinrichs-Bad...»,<br />

St.Gallen 1833. KtB Trogen. - 7. Ansicht von S, Lithographie, 24,8 X 38,3cm, signiert: «Lith. von<br />

J. Weiß & Sohnin Herisau.» Hist.Mus. St. Gallen. -8. «Heinrichsbad» (je in lateinischer Druckschrift<br />

undKursive),von S, Aquatinta, 9 X 13,5cm,von JOH. BAPTIST ISENRING (?).KtB Trogen. - 9. «HEIN-<br />

RICHSBAD bei HerisauGant.Appenzell...», vonSW, Lithographie, 18,4 X 27,4cm, signiert: «Lith.von<br />

J. Tribelhorn in St.Gallen». KtB Trogen, Mappe01. Vgl.A3if3. - 10. «Heinrichs-Bad in Herisau.<br />

1 In diesem Bauzustand vor 1826 auch noch auf Titelblatt von: R.H.F. v.Z., Auch ich warim<br />

Heinrichsbad, Luzern 1827. - Dazu Bemerkung von P. SCHEITLIN, Das Heinrichs-Bad bei Herisau,<br />

Konstanz 1828, S. 24: «...doch mangelt ein seitdem hinzugesetzter Teil des Gebäudes.»<br />

2 WERNER (JOHANNES? vgl. SKL) ist auf Porträt des Majors LaurenzMock im Hist.Mus. Herisau<br />

verewigt: «auf Stein gez. v. Werner. Gemahltv. Weiß,zuhaben bei Werner Lith. in Herisau».<br />

3 Aufgleiche Weise signiert sind die Ansichten auf zwei Prospekten in derKtB Trogen: a) «Garl<br />

Naegeli, Besitzer des Heinrichsbades bei Herisau, Ct. Appenzell...» (nach 1842, Todesjahrvon Heinrich<br />

Steiger). - b) «Schweizerische-reformierte Prediger-Gesellschaftden 4 & 5ten August 1846.»


46 HERISAU<br />

l<br />

Abb. 29. Herisau.Kopie einerKopiederehemaligen Laurentiusfahne,vermutlich einer Rhodsfahne.<br />

Federaquarell desJohannUlrich Fitzi von 1818i m F ahnen-undWappenbuch desJohannKaspar<br />

Zellweger (in der Kantonsbibliothek Trogen) n ach einer 1766 erneuerten K opie aufderTürezur<br />

kleinen Ratsstube i m 1827 abgebrochenenRathaus. - TextS.48 und 102.<br />

Ct. A ppenzell AR.», von S,Lithographie,8,2 X 11,9 cm, signiert: «Lith von Gebr. L ocherSt.Gallen.»<br />

ZBZ, graphische S ammlung. -<br />

11. «HEINRICHSBAD», von S, Lithographie, 5,7 X 10,2 cm, signiert:<br />

«Lith.A.W. Fehrenbach, Zürich.»ZBZ, graphische Sammlung. - 12. « HeinrichsBad bey Herisau<br />

Canton AppenzellVR.», von N (Standpunkt wie beiE2f), Aquatinta, 7X11 cm, signiert: «Zürich bey<br />

R . Dikenmann».KtB Trogen. — 13. «Heinrichsbad», Stahlstich, 3 x 3,8 cm,Randbild auf «SOUVENIR<br />

D: CANT. APPENZELL.», signiert: «Zeich,u. Druck v.J .L. Rüdisühliin Lenzburg.», erschienen in: «Das<br />

Schweizerland in Bildund Wort», Verlag S.W. Albrecht,Lenzburg o.J.,bzw.Chr.Krüsi,Basel 1867.<br />

KtBTrogen. - 14. «Heinrichs-Bad», vonO ,lavierte Federzeichnung, 1 1,8X19,3cm, von ADOLF<br />

HONEGGER, 1874, aufGruppenbildA41. - 15. P hotographien u.a. von 1875erbauter, 1969abgebrochenerKapelle<br />

i m KdmA.<br />

F. Schwänberg. «Das Gerichtshausder VogteiSchwanberg» (sogenanntes Rathaus),vonO , Federaquarell,<br />

25,4 X 3 3 c m,signiertunddatiert: «J.J . Rietmann 1852.», in: NAEF, Burgen, S.321, 322<br />

(Abb. 186).<br />

G. Burgruinen. Sieheauch P landokumente! 1. Rosenberg, a) «Rosenberg» (lateinische Handschrift),<br />

lavierte Federzeichnung, 25,1 X 39,8 cm,mit: «Grundriß des Schlossesund W alles.»und « Die Ruine<br />

von der Ostseite.» (deutsche Handschrift), i n;Dr. JOH. GEORG SCHLÄPFER, Lucubrationen.Ms., Bd. I,<br />

datiert 1829,S. 68,69. KtB Trogen. - b) « Ruine Rosenberg,derinnere Herisauer Burgstock genannt.»,<br />

vonNO,Federzeichnung, 24,2 X 30,2 cm, signiert und datiert: «J. J . Rietmann. 1845.», in: NAEF,<br />

Burgen, S. 30G. - c) «RuineRosenberg.»,vonNW(?),Federzeichnung, 23 X 30,5cm, signiertund<br />

datiert: «J.J . R ietmann n.d.Natur gez. 1861»,in: NAEF,Burgen,S. 309,310 (Abb. 213). - d) «Ruine<br />

Rosenberg beiHerisauvom B urggrabenvonWestenaus 1885.»und «RuineRosenbergbei Herisau<br />

von O sten 1885.», Bleistift mit F eder, in: «Schlösser und Ruinen der Ostschweiz nach der Natur<br />

gezeichnetvon P. STAUB.» (Schweiz. Burgenverein). - 2. Rosenburg, a) «Rosenburg prope Herisowiam.»<br />

(phantastisch alsWasserburg), Federzeichnungin Grau, grau laviert, 22,8 X 18,2cm, u m Mitte18.Jahr-


GESCHICHTE 47<br />

hundert. SLM, Inv.-Nr. 38697. - b) «Rosenburg.», von OSO, Radierung, 8,1 X 13,9 cm, in: Topographie<br />

der Eidgenossenschaft, von DAVID HERRLIBERGER, 1758, II, Nr. 208. - c) «Der äußere Burgstock<br />

bei Herisau/:Schwänberg:/ imJahr 1803. Von 2 Seiten.», Aquarell in Sepiatönen,je ungefähr<br />

7,7X10,6 cm, bezeichnet: «Nach einer Zeichnung v. G. L. Hartmann ad nat. 1803.», in: NAEF,<br />

Burgen, S. 307. - d) «RUINE ROSENBURG. bei Herisau.», von NO, Aquarell in Grau- und Sepiatönen,<br />

12 X 19,2 cm, datiert: «1826» und signiert: «J.H.R.» (REICH), Stadtbibliothek Vadiana, St.Gallen. -<br />

e) «Rosenburg» (lateinische Handschrift), lavierte Federzeichnung, 25,1 X 39,8 cm, mit: «Ruine des<br />

Thurms von Osten.» / «Grundriß der Burg nebst dem Wall.» / «Ansicht der Ruinevon der Südseite.»<br />

(deutsche Handschrift), in: Dr. JOH. GEORG SCHLAFFER, Lucubrationen. Ms., Bd. I, datiert 1829,<br />

S. 68, 69. KtB Trogen. - f) «Der äußere Burgstock bei Herisau.», von SO, Federzeichnung, 24,3 X<br />

30,3 cm, signiert: «J.J. Rietmann 1845.», in: NAEF, Burgen, S. 308 (Abb. 212). - g) Bergfried, vonSO,<br />

Federzeichnung, 19,5 X 28 cm, signiert: «A.W.» (ALBERT WIGET, Herisau), erstes Viertel 20.Jahrhundert.<br />

Hist. Mus. Herisau. — 3. Urslein. «Ruinen vom Schloß Urstein auf der Burg in Herisau gezeichnet<br />

i m 8 bri: 1818.», Federaquarell,30,8 X 22,8 cm, vonJOHANN ULRICH FITZI. I m sogenannten<br />

Fahnen- und Wappenbuch des JOH. CASPAR ZELLWEGER, Fol. 45. KtB Trogen.<br />

siegel, f a h n e n u n d w a p p e n<br />

Siegel und Wappen (Abb. 25-28). 1. Gemeindesiegel von 1401. Dm. 40 m m.Wappen mit nach heraldisch<br />

links(!) schreitendem, geästeten Prügel schulterndem Bären, von «H» und «ER», den Anfangsbuchstaben<br />

von Herisau, in gotischer Majuskel beseitet undin gotischen Vierpaß, dessen Zwickel mit Dreiblättern<br />

gefüllt sind, hineinkomponiert. Umschrift ebenfalls in gotischer Majuskel: « +s'c§)VNIVERSI-<br />

TATISC§)TERREC§)DE(§3HERISOW». Erscheint erstmals a n der Bundesurkunde vom 17.Januar 1401,<br />

Stadtbibliothek St. Gallen, Tr. XX, Nr. 15 (AUB 162), war aber schon 1461 nicht mehr vorhanden 1 . -<br />

2. Gemeindesiegel von 1664. Dm. 30 m m.Nach heraldisch rechts schreitender Bär, wie von nun an regelmäßig,<br />

zwischenje zwei Ziffern der Jahreszahl «16-64», der in barocker Tendenz die Umrandung<br />

oben und unten durchbricht. Antiquaumschrift: «s. DIE GMEIND. HERisovwt§)». An Urkunden des Gemeindearchivs.<br />

Der silberne Stempel wurde, weil abgenutzt, 1807 zum Einschmelzen verkauft 2 . —<br />

3. Gemeindesiegel der Helvelik. Oval, 32 X 28 m m. Mit Teilenhut bekröntes und mit Lorbeergehänge,<br />

Palmen und Eichenlaub geschmücktes Liktorenbündel. Antiquaumschrift: «MUNICIPALITAET DER<br />

GEMEINDE HERISAU». Während der Helvetik, 1798-1803, mit Unterbruch gebraucht3. Messingstempel<br />

im Gemeindearchiv. — 4. Gemeindesiegel von 1807. Dm. 30 mm. Bär ähnlich wie bei Nr. 2, jedochvom<br />

Schriftband ganz umschlossen. Antiquaumschrift: «•SIGILL DER GEMEINDE HERISAU». Silberstempel,<br />

1807 von Graveur JOH. CASPAR BRUPBAOHER, Wädenswil, verfertigt4.Noch in Gebrauch. - 5. Siegel der<br />

Amtsschreiberei von 1807. Oval, 30 X 25 m m. Auf Ziervolute schreitender Bär mit ausgestreckter rechter<br />

Pranke. Antiquaumschrift: «AMTS:SCHREIBEREY HERISAU


4-8 HERISAU<br />

Oval, 33 X 31 mm. Der Tellenknabe bringt dem Vater den vom Pfeil durchbohrten Apfel. Antiquaumschrift:<br />

«HELVETISCHE REPUBUCK» (sie).Horizontal unter der Szene: «C.SÄNTIS DIST.OER. HERISAU.»<br />

1798-1803 mit Unterbruch in Gebrauch. Bronzestempel im Gemeindearchiv. - 10. Siegel des Unterstatthalters<br />

des Distrikts Herisau. Oval, 34 X 31 mm. Bild und Umschrift wie bei Nr. g. Untertitel: «u.<br />

STATTH.D.DISTR.HERISAU C.SENTIS.» 1798-1803inGebrauch wie Nrn. 3 und 9.Messingstempel i m Gemeindearchiv.<br />

Fahnen. A. Die ehemalige Laurentiusfahne.<br />

Das «Panner mit einem Purpur-farben Schwenkel, worinn<br />

S. Laurentius ihr Kirchenpatron, nebst ihrem Wapen gemahlet stuhnde», von d em der Chronist<br />

Gabriel Walser berichtet (WALSER, S. 84), ist vermutlich eine Rhodsfahne des 15. oder vom Anfang des<br />

16.Jahrhunderts gewesen, wohl der Urnäscher Philippusfahne vergleichbar (S.297), aber nicht erhalten 1 .<br />

Dagegen war sie aufder Türe zur kleinen Ratsstube gemalt, daselbst 1766 mit diesem Datum erneuert 2<br />

und1818von JOHANN ULRICH FITZIvondort in dasFahnen-<br />

undWappenbuchdes JOHANN CASPAR<br />

ZELLWEGER hinein kopiert worden3 (Abb. 29).<br />

B. Erhaltene Fahnen und Fahnenfragmente (Abb. 30-33). Die erhaltenen Fahnen stammen aus dem 18.Jahrhundert.<br />

Es sind mit Ausnahme einer gevierteten Standarte lauter solche (mehrheitlich Kompagnie-<br />

1 Zur Zeit des Bannerhandels 1535-1539 lag die Laurentiusfahne im Landesarchiv zu Appenzell<br />

(AG I,S. 427,583^ - MARTIN, Fahnenbuch, S. 36).<br />

2 FISCH, ChronikVII,S. 3 3. - Vgl. SCHÄFER, Materialien 1 811, S. 129.<br />

3 Fahnenbuch, Fol. 46, zeigt ein Federaquarell mit der «Copie eines Herisauer Fahnens, der an<br />

der kleinen Rath-Stube in Herisau abgemalt ist, mit dem Schutz Patron dem heiligen Laurenz im<br />

obern Eck, durch Fitzi von Teufen copirt im 8 ber 1818.» - Im weißen Medaillon des hellblauen,<br />

damasziertenTuchs d erHerisauerBär mit der U mschrift: «GEMEIND HERISAU: ANNO • M • DCCLXVI :»,<br />

im Eckquartier Laurentius mit Diakonstracht und Rost. - Sieheauch Rathaus und die Bemalung beider<br />

Ratsstuben 1766 (S. 102).<br />

Abb. 30. Herisau. Kompagniefahne der Nieschberger Schar 1791, beide Seiten. Federaquarell in der<br />

Chronik des Johannes Fisch um 1815, Variante des teilweise erhaltenen Originals im Historischen<br />

Museum Herisau. - Text S.49f.


GESCHICHTE<br />

49<br />

Abb. 31.Kompagniefahne d erSchwänbergerSchar 1791, beide Seiten. Federaquarellinder Chronik<br />

desJohannes Fisch u m 1815, aufgenommennachdem Originali m HistorischenMuseum St. Gallen. -<br />

TextS.50.<br />

fahnen),dieaufmeist mehrfarbig einwärts geflammten Seidentüchern ineinem Rundmedaillon auf<br />

einerSeite (bisweilenaufbeiden Seiten)den Herisauer Wappenbären, aufder andern einHistorienbild<br />

und Inschriften zeigen 1 . - 1. Kompagniefahne<br />

1762. Ursprünglich190 x zirka185cm. Zwischen vier schwarzen<br />

Diagonalflammen sparrenförmig rot-weiß-schwarz-gelb-blau-rot-weißgeflammter Seidentaft.Beidseitsder<br />

von «V» und « R » beseiteteAppenzeller Bärund dieUmschrift: « Der Fahne gehört einerU s<br />

Dorffer Company Herissau. 1762.»Innere Umschrift auf einer Seite: «Gott shenck mir sig», aufder<br />

andern: «Ich zihein streit». Davon Federaquarellin: FISCH,ChronikVII, S.108. Das Medaillon erhalten<br />

im Hist. Mus. Herisau. Vgl. BRUCKNER, Fahnenbuch,Nr. 373. - 2. Kompagniefahne 1774. Laut FISCH,<br />

a.a.O.; «Erneuerter Rohrer Fahnen» (d.h. auch UsdorferFahne.SieheNr. 1). Ursprünglich zirka<br />

200 X 190 cm. Zwischen vier schwarzen Diagonalflammensparrenförmigrot-weiß-schwarz-gelb-grünrot-weiß<br />

geflammter Seidentaft. I m Medaillondervon «V»und « R » beseitete, a ufgemalte Herisauer<br />

Bär mitdemDatum «1774» überdemKopfund mit der Antiquaumschrift: «DURCH GOTES<br />

HILFF VND BEYSTAND STREIT ICH VOR DAS VATTERLAND.» ( nur auf einer Seite).Tuchund Medaillon<br />

getrenntim Hist.Mus. H erisau. Federaquarell in: FISCH, C hronikVII, S . 108. Vgl. BRUCKNER, Fahnenbuch,Nr.375.<br />

- Eine dieser Fahnevöllig entsprechende, auchmit gleichem Spruch,nurmitGoldschrift<br />

aufWeiß anstattaufSchwarz, sogarmit gleicher Fahnenspitzeund -kordel, ist in: FISCH,Chronik<br />

VII, S. 104, seitenverkehrt zur vorgenannten abgebildet als « Dorferund VordorferFahneninder<br />

Gemeind H erisau». - 3. Kompagniefahne 18. Jahrhundert{?). H . 185 cm, Br. 180 cm. Seidentaft, der<br />

zwischen v ier schwarzen, diagonal in die Ecken züngelnden Flammenjeweils sparrenförmig weißschwarz-gelb-blau-weißeinwärtsgeflammt<br />

ist. I m kreisrundengemalten Medaillonauf beiden Seiten<br />

derHerisauerBärzwischen «V» und «R».GoldfarbeneUmschrift inlateinischer Kursive einerseits:<br />

«der Fahne ghörtder NieschbergerCompagnieinHerisau.», anderseits: «Das B ättenund d ieGegenwehr<br />

SchütztGottesFreyheitEhr.» Hist.Mus. H erisau.Vgl. BRUCKNER,Nr. 3 74. - Eine 1791 datierte<br />

Variante<br />

dieser Fahne ist abgebildet in: FISCH, C hronikVII, S. 102, m it radial weiß-grün-schwarzweiß-rot-gelb<br />

einwärts g eflammtem F ahnentuch. I mMedaillon a uf der einen Seite ebenfalls d er<br />

HerisauerBär zwischen « V » und<br />

« R » unddie lateinische Kursivumschrift: «derFahne gehörtder<br />

I BRUCKNER, Fahnenbuch, S.66f., worauf sich dieMaß-undMaterialangaben stützen.Derdort<br />

angegebeneStandort «Teufen, Z eughaus» hat unterdessenin allen Fällenmitdem Hist.Mus.Herisau<br />

gewechselt.Die Inschriftenwurden ergänztundberichtigt.<br />

4 - Kunstdenkmäler LXI,AR I.


HERISAU<br />

Abb. 33 und 33. Herisau. Reiterstandarte, 18.Jahrhundert. - Fahne einer Grenadierkompagnie,<br />

18.Jahrhundert,beideSeiten. FederaquarelleinderChronikdesJohannesFisch u m 1815, aufgenommennachden<br />

(teilweise fragmentarisch erhaltenen) OriginalenimHistorischen Museum Herisau. -<br />

Textunten.<br />

Nieschberger Compagniein der Gemeind Herisau 1791.», aufderandern Seite dagegender Rütlischwur<br />

und die Kursivumschrift: «AlsDemuthweintundHochmuth lachtwar der SchweitzerBund gemacht. » -<br />

4. Kompagniefahne iygi. 185 X 185cm.Ähnlich wie bei Nrn. 1 und 2: zwischen vierschwarzen Diagonalflammen<br />

sparrenförmig rot-schwarz-weiß-schwarz-gelb-grün-rot-weißgeflammter Seidentaft. Aufeiner<br />

Seitedervon « V » und « R » beseiteteHerisauerBärmit derAntiquaumschrift: «PRO DEO ET PATRIA »,auf<br />

der andern Seite Burglandschaft (Hinweis aufRosenburg) mit Umschrift: «SCHWANBERG I 791 HERISAV».<br />

Hist. Mus. St.Gallen. Federaquarell in: FISCH, ChronikVII, S. 104. Vgl. BRUCKNER, Fahnenbuch,<br />

Nr. 3 77. — 5. Militärfahne iygi. H- 2 05cm,Br.204cm. Schwarz-weiß einwärts geflammter Seidentaft<br />

mit ehemalsaufgenähten Medaillonsaufdurchgehendem weißem, 17,5c m breitemKreuz.<br />

I m Medail­<br />

londer einen Seiteder H erisauerBär in realistischer Landschaft, aufder andernSeiteTeilmitKnabe.<br />

Aufden Kreuzarmen mit goldener Antiqua: « PRO DEO ET PATRIA»und «MDCCLXXXXI».Die Medaillons<br />

von dem nur noch fragmentarisch erhaltenen F ahnentuch g etrennt im Hist. M us. H erisau. V gl.<br />

BRUCKNER, F ahnenbuch,Nr.376. - 6. Fahne der Grenadierkompagnie. 18.Jahrhundert. Bruchstück. Auf<br />

rot-weiß geviertetem Fahnentuch beidseits e in Medaillon, v on dem vier weiß-schwarz gespaltene<br />

Flammenindie Ecken ausgehen. I m Medaillondereinen Seite der HerisauerBärmitderAntiquaumschrift:<br />

«GRENADIERCOMPAGNIE ZU HERISAU.»I m a ndern ein weiß-schwarz gespaltener, klassizistischerWappenschildauf<br />

einem Ankerund d ieUmschrift: «CANTON APPENZELL AUSSERRHODEN.» Hist.<br />

Mus. H erisau.Federaquarellin: FISCH, C hronikVII, S . 102.Vgl. BRUCKNER, F ahnenbuch,Nr. 378. -<br />

7. Reiterstandarte. 18.Jahrhundert.62 X 6 2cm. Schwarz-weiß gevierteter Seidendamast. Beidseits von<br />

goldenemKranz gesäumtes Medaillonmitvon «V»und « R » beseitetem Appenzeller Bären. Untenauf<br />

dem Kranz in Fraktur: « Herisau».Hist.Mus. H erisau.Federaquarellin: FISCH, ChronikVII,S. 106.<br />

Vgl.ebenda, S.40.Laut e benda, S.81,wurden 1809zwei ganzneueähnliche StandartenderReiterkompagniezu<br />

H erisauundTrogenübergeben.Vgl. BRUCKNER, Fahnenbuch,Nr. 379.<br />

LAGE U N D GESTALT -<br />

STRASSEN U N D V E R K E H R<br />

A. Allgemeines. Der Flecken liegt mit der Kirche 771 m ü. M. (LK) in einer muldenförmigen,<br />

von SW nachNO gerichteten Senkung zwischen den Anhöhen der Egg<br />

südseits und jenen der Wachtenegg und der Burgruine Rosenberg nordseits. Aus<br />

dieser talförmigen Senkung ist er jedoch mittels einer Terrasse, eines Ausläufers der<br />

Egg, emporgehoben, der an drei Seiten durch Täler begrenzt und die dahinter aufsteigenden<br />

Hügel und Anhöhen umkränzt ist: Westseits durch das breite Tal des<br />

Glattbachs, die Kuppe des Rosenburgstockes und die Hügellandschaft von Schwellbrunn,<br />

nordseits durch das «Thal», die Wachtenegg und die Kuppe der Ruine


L A G EU N D GESTALT<br />

5 1<br />

Rosenberg, ostseits durch das sanfte Tal des Brühlbachs und die Erhebungen von<br />

Ebnet, Kreuz und Nordhalden.<br />

R. Historische Entwicklung des Fleckens {Abh. 19, 22 f., siehe auch S. 121).-Der Kern des<br />

Fleckens entwickelte sich wohl von der Kirche aus, die hier in der Au eines Herin<br />

oder Heriwini erbaut worden und 907 erstmals bezeugt ist. Hier bei der Eigenkirche<br />

des Klosters St. Gallen stand wohl die Behausung des Geistlichen, wahrscheinlich<br />

auch das klösterliche Verwaltungsgebäude für den Meier und den spätem Ammann<br />

oder Keller, vielleicht sogar der Meierhof oder der Kelnhof selbst. Dazu gesellten sich<br />

mit der Zeit die Häuser von Krämern und Handwerkern. Jedenfalls verlieh die<br />

günstige Lage auf der Terrasse zwischen Brühlbach und Glatt dem «Hof Herisau»,<br />

wie die Siedlung um 1400 bezeichnet worden ist, eine wirtschafts- und verkehrspolitische<br />

Bedeutung, die das Kloster schon im 9. und 10. Jahrhundert durch Erweiterung<br />

und Abrundung seines Besitzes in dieser Gegend wahrnahm (vgl. kirchliche<br />

und politische Verhältnisse). - Hier auf dem Kirchplatz kreuzten sich die wichtige<br />

Verkehrsverbindung von St. Gallen südwestwärts ins Toggenburg zur alten Kirchhöre<br />

Wattwil und jene, die von Goßau nach Herisau und weiter südostwärts nach<br />

Hundwil und Appenzell führte. Von der Route ins Toggenburg zweigten imTal der<br />

Glatt weitere Wege südwest- und westwärts über die hochgelegenen Höfe in der<br />

heutigen Gemeinde Schwellbrunn (s. d.) ins Toggenburg Richtung Degersheim und<br />

nach Schwänberg Richtung Flawil ab.<br />

Uber das mittelalterliche Dorfbild gibt es keine sichern Anhaltspunkte, doch dürften<br />

sich die ältesten Häuser schon vor dem Dorfbrand vom 1. April 1559, in welchem<br />

laut WALSERscher Chronik vierzig Häuser eingeäschert worden sind 1 , um den fast<br />

quadratischen Platz westseits der Kirche gruppiert haben, sofern die ins Appenzeller<br />

Landbuch von 1585 hineingemalte, «1586» datierte Ansicht von SW nicht täuscht 2 .<br />

Dem Dorfbrand vom 5. März 1606 fielen wieder achtundvierzig Firste zum Opfer 3 ,<br />

darunter jedenfalls die Kirche, das Rathaus, das Pfarrhaus, die übrigen Häuseram<br />

Platz, das Oberdorf, die Bachstraße und ein Teil der Griesstraße 4 . Seither lassen sich<br />

für Baubestand und Wachstum des Fleckens aus Plan- und Bilddokumenten sichere<br />

Hinweise gewinnen. Auf dem ältesten bekannten Plan von 1628, der in einer Kopie<br />

des OberstenJ o h a n n L u d w i gM e r z erhalten 5 , und auf der ziemlich entsprechenden<br />

Ansicht von N, die vonM a t t h ä u sM e r i a n i 642 als Radierung herausgegeben worden<br />

ist 6 , könnenim Flecken über achtzig Häuser und Städel gezählt werden. Bis um 1646<br />

war der Flecken auf fünfundachtzig Firste angewachsen 7 . Eine rege Bautätigkeit entfaltete<br />

sich zwischen 1780 und 1795 sowie nach 1820. Diese erklärt sich vor allem aus<br />

dem starken Aufblühen des Textilgewerbes seit Mitte 18. Jahrhundert und dem damit<br />

verbundenen Bevölkerungszuwachs (s.d.). So wurden zwischen 1780 und 1795 ganz<br />

neu gebaut: « Sehr viele Häuser zwischen Neugaß (heute östlicher Teil der Bachstraße)<br />

und Buchen» (S. 146), ferner «mehrere Häuseran der Steig... untenam Rebstock...<br />

sowie auch an der äußern Schmidgaß» (S. 162), außerdem «an der neuen Straß<br />

beim alten Weyer rechts hinab alle Häuser, Städel, Waarenbrennereyen, Mousseline<br />

i WALSER, S. 487f.<br />

2 BilddokumentAI.<br />

3 WALSER, S. 576f. 4 SCHÄFER, Materialien 1812, S. 225.<br />

5 TopographischeKarte 1 ( Abb. 22). 6 BilddokumentA2.<br />

7 SCHÄFER, Materialien 1812, S.208.


5Q<br />

HERISAU<br />

Appretier Gebäude... vorher stand kein Gebäude allda.» 1 . Die neuerbauten Häuser<br />

an der Steig wurden schon 1787, jenean der «neuen Straße erst nach längerm Zögern<br />

1811 zusammen mit dem soeben erbauten Sonnenhof «in die Feuerschau im Fleken<br />

Herisau» aufgenommen 2 . - Am 1. Januar 1812 wurde Herisau nochmals von einer<br />

Brandkatastrophe heimgesucht, die vierundzwanzig Häuser beidseits der obern Bachstraße,<br />

d. h. von der untern Bachstraße Richtung Kirchplatz hinauf, zerstörte (S. 143 f.) •<br />

Schon der Plan von 1628 und der Merianprospekt von 1642 machen offenbar, daß<br />

sich die Siedlung vom zentralen, fast quadratischen und von einzelnen Häusern gesäumten<br />

Kirchplatz aus längs den vier von diesem auslaufenden Straßenzügen ausgedehnt<br />

hat, die ihrerseits den Geländeschwellen und -Senkungen angeschmiegt sind.<br />

Es handelt sich um die Bachstraße, die über den Kreuzweg, später über Nordhalden<br />

und Mauchler nach Winkeln und St.Gallen führte (S. 142), um die Gries- und anschließende<br />

Spittelstraße, die heute unter dem gemeinsamen Namen Goßauerstraße<br />

noch immer nach Goßau führen (S. 150f.), um die Schmiedgasse, die nach Waldstatt<br />

und ins Toggenburg, mit derem steilem Abzweiger, der Alten Steig, zur Mühle an der<br />

Glatt hinab und von dort Richtung Schwellbrunn, Schwänberg oder ebenfalls ins<br />

Toggenburg zieht (S. 159), schließlich um die Oberdorfstraße, deren östliche und südöstliche<br />

Fortsetzung die alten Saumwege über die Sturzenegg zum Kübel und nach<br />

Stein oder St. Gallen bzw. über die Steinegg, den Ghurzenberg und durch das<br />

Herisauer Tobel nach Hundwil und Appenzell waren (S. 171 f.). - Seit 1835 wurde das<br />

Ortsbild durch drei neue, ebenfalls vom Zentrum ausgehende Straßen und deren<br />

Häuser erweitert und verändert: a) Durch die 1835/36 angelegte Straße durch die<br />

Emdwiese, die heutige Poststraße, die als neue Straße nach Waldstatt und ins Toggenburg<br />

den Verkehrsstrom durch die äußere Schmiedgasse stillegte und in großzügiger<br />

Planung mit repräsentativen Gebäuden gesäumt wurde (S. i85f.).-b) Durch<br />

die 1853 vom Kirchplatz ostwärts durch den Obstmarkt zum ehemaligen Weiher und<br />

1855-1858 weiter zum Heinrichsbad und zum Mauchler angelegte Heinrichsbadstraße,<br />

die später vom Obstmarktan ostwärts Kasernenstraße genannt wurde (S. 190).<br />

- c) Durch die 1880/81 vom Obstmarkt zum damaligen Bahnhof der Appenzeller<br />

Bahn nordseits vom Gries angelegte Bahnhofstraße, die 1911 korrigiert und zu dem<br />

weiter nordöstlich neu erbauten Gemeinschaftsbahnhof der Appenzeller und Bodensee-Toggenburg-Bahn<br />

fortgesetzt werden mußte. Gleichzeitig erhielt sie einen Einlenker<br />

zur Goßauerstraße im Spittel 3 . - Der Obstmarkt südostseits von Kirche und<br />

ehemaligem Friedhof wirkte bis ins beginnende 20. Jahrhundert dörflich-idyllisch.<br />

An dessen Südrand standen traditionelle, zur Oberdorfstraße gerechnete Holzgiebelhäuser,<br />

wie sie zum Teil noch heute dessen Ostrand säumen. Durch das anstelle<br />

1 FISCH, M anuskript, S. I38F. Die «neueStraße»vom Oberdorfnach BuchenwarlautAlteUrkunden,<br />

S.216, 1786 angelegtworden.<br />

2 FISCH, Manuskript, S. 139.<br />

3 Jahresrechnungder Gde 1879/80, S. 4 9. - Voranschlag 1880/81, S.4. - Jahresrechnungder Gde<br />

1880/81, S . 46, sof. (Rekapitulation der Rechnungüber denBau der Zufahrts- bzw. der Bahnhofstraße).<br />

- Z u mBau des Gemeinschaftsbahnhofesund der Zufahrtsstraßen, n ämlich Waisenhaus-,<br />

Tal-, Mühlebühl-, M ühle- und neue Bahnhofstraße siehe J ahresrechnung der Gde 1908, S. 55 f.<br />

(Baubeschluß a m 12.Juli 1908) und S. 58-60. Ebenda 1909, S . gf., 58-60 (Gemeinschaftsbahnhof).<br />

Ebenda 1910, S. 31, 6 1-64 ( i.Okt. 1910 Eröffnungsfeierder Bodensee-Toggenburg-Bahn, 3 .Okt.<br />

Einweihung des Gemeinschaftsbahnhofes),S.73-75.Ebenda 1911, S.31 f. (Rechnung über die Zufahrtsstraßen<br />

zum neuenBahnhof)undS.74-77 (Bericht).


L A G EU N D GESTALT<br />

53<br />

dieser Häuseram Südrand 1912-1914 errichtete Kantonale Bank- und Verwaltungsgebäude<br />

und zugleich Regierungsgebäude, das mit dem palastähnlichen «Tannenbaum»<br />

am Westrand durch die 1915 neu erbaute «Blume» verbunden ist, erhielt<br />

der Obstmarkt einen geradezu städtischen Charakter (S. 141 f.). - Weitere neue Akzente<br />

hatte das Dorfbild in größerer Entfernung vom Zentrum schon im 19. Jahrhundert<br />

durch den stattlichen Neubau des Bürgerheims 1836/37 auf dem Ebnet und durch<br />

den Kasernenbau 1862-1866an der Heinrichsbad- bzw. Kasernenstraße bekommen.<br />

Verkehrstechnisch wichtige Neuerungen brachten die Eisenbahnen: 1875 Eröffnung<br />

der mit Schmalspur erbauten Appenzeller Bahn von Winkeln über Herisau nach<br />

Waldstatt und Urnäsch und 1886 bis Appenzell, die seit 1913 anstatt von Winkeln<br />

von Goßau ausgeht und 1933 elektrifiziert worden ist. Bis 1911 stand der alte, 1874<br />

erbaute Bahnhof an der Stelle zwischen Bahnhofstraße Nrn. g und 10 ^ - 1910<br />

Eröffnung der mit Normalspur erbauten Bodensee-Toggenburg-Bahn, für die in Verbindung<br />

mit der Appenzeller Bahn im «Thal» ein neubarocker Bahnhof (vgl. oben)<br />

und imposante Viadukte über das Glattal und den Wissenbach gebaut wurden 2 .<br />

G. Gemeinde. 1. Lage und Grenzen. Die Gemeinde liegt in der Nordwestecke des Kantons<br />

und erstreckt sich über das Hügelland zwischen der Urnäsch, welche die natürliche<br />

Ost- und Südostgrenze gegen die außerrhodischen Gemeinden Stein bzw.<br />

Hundwil, und zwischen dem Wissenbach, der die natürliche Westgrenze gegen die<br />

sanktgallischen Gemeinden Degersheim und Flawil bildet, und ist ungefähr in der<br />

Mitte, westlich des Fleckens, vom Tal des Glattbachs in nordwestlicher Richtung<br />

durchfurcht. Die längere Südgrenze gegen die östlich gelegene Gemeinde Waldstatt<br />

und die westlich gelegene Gemeinde Schwellbrunn, Tochtergemeinden von Herisau,<br />

sind künstlich ausgemarcht, ebenso aufweite Strecke die ungefähr gleich lange, 1459<br />

festgesetzte Nordgrenze gegen den Kanton St. Gallen. Nur von Zellersmüli westwärts<br />

ist auch diese durch den Glattbach bis zu seinem Zusammenfluß mit dem Wissenbach<br />

natürlich bedingt. - 2. Einteilung. Die Häuser im Flecken oder im «Dorf», in dem es<br />

auch ein «Oberdorf» gibt, unterschied man von jeher hauptsächlich nach Straßen<br />

und Gassen, mit welcher Einteilung sie auch in den seit 1798 aufgenommenen Häuserverzeichnissen<br />

vermerkt sind. Zum «Vordorf» zählte der Sektor nordost- und<br />

nordwestwärts vom Flecken mit den Quartieren Brühl, Weiher, Ebnet, Nordhalden,<br />

Rüti einerseits und Linde, Mühlebühl, Tobel, Bleichi, Tüfi anderseits sowie Burghalden,<br />

Thal, Stelz u. a. dazwischen. - Für die zerstreuten oder in Weilern vereinigten<br />

Häuser der Außenbezirke ist, wie die Geschichte der Gemeindegründung von Schwellbrunn<br />

zeigt (s.d.), spätestens seit dem 17.Jahrhundert die vermutlich viel ältere<br />

Einteilung in Scharen bekannt, die offenbar, wie alte Fahnen erkennen lassen (s.d.),<br />

auf einer militärischen Organisation beruhte und noch bis in die erste Hälfte 19.Jahrhundert<br />

hinein der Gemeindeeinteilung in den Häuserverzeichnissen zugrunde lag.<br />

Zur sehr umfangreichen «Rohrerschar», auch «Außerdorfer» genannt 3 , die nach<br />

1 Jahresrechnung derGde 1908-1911, wie in der Anmerkung 3, S .52. - OTTO FREHNER, AUS<br />

VergangenheitundGegenwartder Appenzeller Bahn,AZ, Festnummer, 21.April 1933. — BilddokumentD2.<br />

- A G II,AbbildungS. 488,489. — Situationsplan i m Grundbuchamt.<br />

2 JahresrechnungderGde 1908-1911, a.a.O. - OTTO FREHNER, a.a.O. - «Schreibmappe»der<br />

Buchdruckerei Schläpfer & Go. Herisau, 1910-1914,mit vielen Abbildungen.<br />

3 «Herisau i m Jahre 1826»in:A M B 1826, S. 158f.


54 HERISAU<br />

dem Weiler «Rohren» mitten in der östlichen Gemeindehälfte benannt war, zählten<br />

südlichund östlich des Fleckens alle Höfe und Weiler zwischen Sägebach und Urnäsch<br />

mit Säge, Wilen, Hofegg sowie mit Steinrieseln und Steinegg auf der westlichen und<br />

mit Sturzenegg, Burg, Hinterhof, Ufem Tobel und Halden auf der östlichen Seite. —<br />

Zur «Schwänbergerschar» gehörte der nordwestliche Viertel der Gemeinde zwischen<br />

Glatt und Wissenbach mit Müli, Untere Fabrik und Tüfenau ost-, Nünegg und<br />

Schwänberg west-, Stuel süd- und Mösli nordseits, zur «Nieschbergerschar» schließlich<br />

der südliche Rest westseits des Sägebachs. Von dieser Scharkam bei der Gemeindegründung<br />

von Schwellbrunn 1649 ein Teil als Obere Schar zur neuen Gemeinde.<br />

Auf Herisauer Gebiet rechnete man zur Nieschbergerschar Obere Fabrik, Walche,<br />

Neue Fabrik, Au, Brugg, Schmidhusen, Ifang, Glattmüli (Müli in der Glatt), Ober<br />

Müli, Nieschberg, Himmelsberg und weitere Häuser und Höfe gegen die Gemeindegrenzen<br />

von Schwellbrunn und Waldstatt. — Anstelle der Scharbezeichnung traf<br />

später jene der Straßen und Hofnamen.<br />

REFORMIERTEKIRCHE<br />

Zur Gründung der 907 erstmals erwähnten Kirche siehe kirchliche Verhältnisse,<br />

S. 28-30.<br />

Lage (Abb. 19). Die Kirche liegt aufeinem in Richtung Ostnordost gegen das Tal des<br />

Brühlbachs (Wiesental) vorspringenden Geländesporn. Einst vom Friedhof (S. 93)<br />

auf drei Seiten umgeben und an der Nordostecke vom Beinhaus, dem spätem Zeughaus<br />

(S. 93) flankiert, steht sie heute infolge der neuzeitlichen Straßenbauten a m<br />

Rande des nur noch nördlich und östlich anschließenden, zu einem Park umgestalteten<br />

und von mächtigen neuen Stützmauern (1959/60) gehaltenen ehemaligen<br />

Friedhofgeländes.Im Westen schließt sich der ursprüngliche Kern der Siedlung an,<br />

seit dem 16. Jahrhundert eine geschlossene, um den fast quadratischen Kirchplatz<br />

errichtete Gruppe von Häusern, die vor allem in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />

ihre repräsentative Gestalt erhielten. Die Richtung des Geländesporns bestimmte<br />

auch die Ostnordostachse der Kirche. - Zum Grundriß von Kirche und Turm<br />

siehe bei Langhaus und Chor, S. 73 und Abb. 36.<br />

VORGÄNGERBAUTEN U ND T URM<br />

I. Ergebnisse der Ausgrabungen von igsgjßo 1 . Von einem Vorläuferbau wurden anläßlich<br />

der Renovation 1959/60 ungefähr 50 cm unter dem jetzigen Niveau des Langhauses<br />

folgende Mauerreste festgestellt (im Grundriß, Abb. 35, ebenfalls mit großen Buchstaben<br />

bezeichnet): A. Eine alte Westbegrenzung, eine zur jetzigen Westwand parallel<br />

verlaufende und von dieser 1,4 m entfernte Mauer von 12 m Länge und etwa 1,1 m<br />

Dicke. - B. Südlich und nördlich an A rechtwinklig anschließende, parallel nach<br />

I Plan 1:50 von Architekt MAX ROHNER, Nr. 1017/01/35 vom 21. Jan. 1957 mit den Ausgrabungsergebnissen<br />

von 1959. - ALBERT KNOEPFLI, Protokoll vom 30. Mai über «Augenschein und Besprechung»<br />

vom 26.Mai 1959. Ders., «Archäologisches» und «Geschichte und Kunst» in: AZ, 26.N0V.<br />

I 959- Vgl. PrKRKH, i.Juni 1959. Mündliche Präzisierungen von Architekt MAX ROHNER. Leider<br />

konnten die Ausgrabungen nicht mit der der Bedeutung des Objekts angemessenen Sorgfalt und Gründlichkeit<br />

durchgeführt werden. Große Zurückhaltung inden Schlußfolgerungen ist folglich ratsam. Die<br />

Maßangaben haben wegen der Unregelmäßigkeit der Reste nur approximativen Wert.


REFORMIERTE KIRCHE 5 5<br />

Abb. 34. Herisau. Reformierte Kirche von Südosten, 1516-1520vom Konstanzer Münsterbaumeister<br />

LorenzReder erbaut, mit dem Turmschaft wahrscheinlichdes 14. Jahrhunderts, der 1741von Johannes<br />

Grubenmann aufgesetzten Glockenstube, mitder Sakristei (dem ehemaligen Kantonsarchiv) von 1811<br />

und mit dem 1912/13 erbauten, 1972 beseitigten W aag- und Markthäuslein. - Text S.54, 57-77,<br />

83-85 und 142.<br />

Osten laufende und unter den spätgotischen Chorschultern sich verlierende Flankenmauern<br />

in einer Stärke von 0,9 bzw. 1,05 m, von den jetzigen Langhausmauern 1,65<br />

bzw. 1,75 m entfernt.An einer Stelle der Südflankc wurde eine ungefähre Tiefe von<br />

2 m festgestellt. Davon gehörten etwa 60 cm zu aufgehendem Mauerwerk, der Rest<br />

zum Bodenfundament. - C. Eine alte Ostbegrenzung, eine zur ausgegrabenen Westmauer<br />

in einer Entfernung von 25,5 m parallel gezogene, die Chorflanken unterlaufende<br />

Mauer von ungefähr 1,25 m Stärke und bis zu 2,3 m Tiefe, deren Oberkante<br />

aber etwa 60 cm höher liegt als bei A und B 1 . Das Material erwies sich überall als<br />

dasselbe: Bollensteine von 20 bis 30 cm Durchmesser, die mit wenig Kalkmörtel nur<br />

lose verbunden, bei C sogar mit Erde und Sand durchsetzt sind. Die Mauern lagen<br />

zwischen stark verworfenem, mit Menschenknochen durchsetztem Erdreich. Ungestörte<br />

Gräber oder ganze Skelette wurden aber nicht gefunden, so daß es scheint, das<br />

knochendurchsetzte Material sei nachträglich aus dem umliegenden Friedhofgelände,<br />

i Die auffallende Stärke erklärt sich wahrscheinlich aus ihrer Funktion als Fundament und Stützmauer<br />

zugleich ineinem teilweise aufgeschüttetenundnach Osten stark abfallenden Gelände. Bei der<br />

Tiefedagegen ist der Niveauunterschied der Oberkantevon etwa60cm zu denMauern imLanghaus<br />

mitzu berücksichtigen. Vgl.Kdm St. Gallen IV, S. 19, 21, Anm. 1, zu St. Vinzenz in Eschenbach.


5 6 HERISAU<br />

vielleicht beim Neubau von 1516 bis 1520, aufgeschüttet worden 1 . Möglicherweise<br />

handelt es sich u m die Fundamente der ersten, 907 bezeugten Salvatorkirche, eines<br />

langgestreckten, rechtwinkligen Saals von zirka 12 X 28,5 m Außen- und 10 X 26,5 m<br />

Innenweite. Ein Steinbau in diesem Ausmaß entspräche ohne weiteres der Bedeutung,<br />

welche die Äbte dem Ortim g. und 10. Jahrhundert beimaßen (vgl. kirchliche Verhältnisse).<br />

Ihr Niveau lag etwa 1,1m tiefer als das der jetzigen Kirche. - D. Ein als<br />

Vorfundament registriertes, aus hart vermörteltem Bruchsteinwerk bestehendes und mit<br />

menschlichen Skeletteilen durchsetztes Gemäuer erstreckt sich vom südlichen Ghorbogenauflager,<br />

das Fundament der südlichen Chorwand tragend, bis an die Stirnseite<br />

der Quermauer C, vor der es sich südwärts leicht einrundet.Ob es zur Verstärkung<br />

der nur 40 cm tiefen Chorfundamente gemacht war oder zu einem andern, im<br />

Zusammenhang mit dem Glöcknerfenster des Turms zu postulierenden Vorläuferbau<br />

gehört, ist unklar. - E. Das Altarfundament der Kirche, von 1516 bis 1520? Ein nicht<br />

in der Achse der Mauern A-C, sondern genau axialsymmetrisch zum jetzigen Chor<br />

quer liegendes Mauerstück von 3,18 m Länge, 1 m Dicke und 1 m Tiefe, mit der<br />

Oberkante auf dem Niveau des jetzigen Kirchenschiffs, vom Chorscheitel 1,65 m,<br />

von der Mauer C 4,2 m entfernt. Doch stimmt das Material mitdem der MauernA-C<br />

überein 2 . - F. Funde aus dem 16.-18. Jahrhundert'. Im Chor auf dem Niveau der zweiten<br />

Stufe der fragmentarische, bis zur Polygonwand durchlaufende Sandsteinplatten-<br />

1 Mit Skeletteilen durchsetztes Materialwurde östlichund westlich der OstmauerC, zwischen der<br />

jetzigen südlichen Langhauswand u nd dem südlichen Mauerzug i n ganzer Länge u nd längs d er<br />

Westmauer aufder innern Seite festgestellt.<br />

2 Dieser Umstand,deran d er Deutung Zweifel aufkommen lassen kann, findet eine Erklärung in<br />

der Möglichkeit, daß dieses Fundament, das40 cm unterdem jetzigen Chorboden liegt, aus vorhandenem<br />

älterem Material gemauert wurde.<br />

Frühmittelalterlich? Vor 1516-1520<br />

Vermutlich 1516-1520<br />

| • | Funde<br />

Abb. 35. Herisau. Reformierte Kirche. Schematischer Grundriß m it d en archäologischen Ausgrabungsergebnissen<br />

von 1959/60. Maßstab i: zirka 360. - Text S. 54-57.


REFORMIERTE KIRCHE 57<br />

belag von 1516 bis 1520. - Im Schiff außer Kleinigkeiten 1 eine 3 cm tiefe Schicht<br />

von Brandschutt nur etwa 25-30 cm unter dem heutigen Kirchenboden. Sie wurde<br />

zwischen der bestehenden südlichen Langhauswand und den drei Sondierungsstellen<br />

der alten Südmauer B festgestellt, dehnt sich aber wahrscheinlich über weite Flächen<br />

des Kirchenraumes aus und war unter den zwei westlichen Fenstern der Südwand<br />

mit Resten von Kirchenfenstern vermengt 2 , Zeugen des Brandes von 1559 oder 1606.<br />

II. Turm. Geschichte. Über den mittelalterlichen megalithischen Turmschaft schweigen<br />

die Quellen vollständig. Entstehungszeit und Funktion lassen sich nur aus dem<br />

Baubefund erschließen. Siehe Beschreibung und baugeschichtliche Folgerungen,<br />

5. 62-65. - Auf die Existenz eines Turms überhaupt weist eine 1506 vorhandene<br />

Glocke nur indirekt hin (siehe Glocken, S. go). Im Brand von 1559 wurden «Kirch<br />

und Glocken in die Asche gelegt» 3 und darauf ein Geläute von fünf Glocken angeschafft<br />

4 . Von 1560 datiert die im SLM aufbewahrte und vom Zürcher StadtuhrenmacherH<br />

a n sL u t e r e r (?)hergestellte Turmuhr 5 . Im Zusammenhang mit dem Brand<br />

von 1606 spricht erstmalsGabrielW a l s e r in seiner Chronik von 1740 ausdrücklich<br />

vom «wunderschönen Helm des Kirchenthurns», der zugrunde ging und vom fünfundachtzigjährigen<br />

MeisterJakob M ittelholzer von St. Gallen wieder aufgeführt<br />

worden sei 6 . Die Tätigkeit dieses Meisters und seines Gehilfen Kaspar Germann im<br />

Jahre 1606 am Turm ist auch durch eine erhaltene Inschrifttafel gesichert 7 . Am<br />

6. Juli 1654 mußten nach einem Sturm Knopfund Fahne wieder aufgesteckt werden<br />

(1.Turmdokument) 8 . A m 14.August 1719 deckte «Hans Jacob GrubenMann von<br />

1 EineMünze v on 1740 an d er westlichen SondierungsstellederNordmauerB, dieim Zusammenhang<br />

mit der Erneuerung des Kirchenbodens v on 1782/83 steht, ferner zwei Stockzähne und der<br />

Schwanzwirbel eines Pferdesgegen das SüdendederWestmauer A innenseits, eine Erinnerungan die<br />

bis 1790 an der Südwestecke der Kirche gestandenen Metzgerbänke.<br />

2 Bezeichnenderweise wurden unterdem dritten Fenster von Westen her keine Fensterfragmente<br />

gefunden,weil dieses Fenster erst 1782 angebracht wurde (siehe Baugeschichte). Mitunter bestätigen<br />

die Scheibenreste unterden betreffendenFenstern auch,daß d erBau von 1516 bis 1520 inden beiden<br />

Feuersbrünsten höchstens ausbrannte undmit Mauern und Gewänden erhalten blieb,wiedie Steinmetzzeichen<br />

beweisen. - DasNiveauder Brandschicht entsprichtungefähr dem Niveaudes Langhausbodensvon<br />

1516 bis 1520, vondem vier, nicht nurzwei Stufen, wie heute,in den Chorführten.<br />

3 WALSER, S. 4 88.<br />

4 ZELLWEGER,G A V I II, 1, S. 4 15.<br />

5 S L M 8049. Es handeltsich<br />

u m die 1904 a n dasS L M geschenkte,von ULRICH REIFLERvon Stein<br />

I 759 «verfertigte», in Wirklichkeit nur umgebauteUhrmit dreimaligem Meisterzeichen unterdem<br />

Zürcher Wappen. Dr. CLAUDE LAPAIRE vermutet dahinter den angegebenen Uhrenmacher (siehe<br />

Beschreibung).<br />

6 WALSER, S. 5 77.<br />

7 I m Kehlboden des Helms ist eine Holzkartusche mit eingeschnitzter Inschrift ausKapitalbuchstaben<br />

a n einemBalken befestigt (Abb.41): «MEISTER IACOB MITELHOLZER VND CASPAR GEERMAN VON<br />

s. GALL EN ANT (sie) 1606 ET». Die untersteZeile ist links, rechtsund unten von Haus- oderHandwerkerzeichen<br />

begleitet. Diese Inschrift bestätigt, wenigstens wasdenNamen MITTELHOLZERS anbetrifft, die<br />

Mitteilungbei WALSER, S. 5 78.<br />

8 Anläßlichder Renovationund Öffnung des Turmknopfesam 15.Juni 1959 wurden die im folgenden<br />

als Turmdokumente 1-9 bezeichnetenund i n einer Kassettevon 1842 aufbewahrten Schriftstücke<br />

auf Veranlassungvon Architekt MAX ROHNER photokopiert undinder gleichen Kassette nebst einer<br />

solchen mit neuesten, die Renovation von 1959/60 betreffenden Dokumenten wieder imTurmknopf<br />

geborgen. Die Dokumente sind chronologischnumeriert. Siesind teilweise publiziertin: AZ, Jg. (1904),<br />

Nr.197-201,23.-27.Aug., undi m UnterhaltungsblattderAZ, 42. Jg.,Nr. 25,20.Juni1959 (9.Turm-


5 8<br />

HERISAU<br />

Sehr wahrscheinlich 14. Jahrhundert<br />

1516-1520<br />

Zwischen 1793 und 1795<br />

Abb. 36und 37. Herisau. Reformierte Kirche. Grundrißvon Kirche, Turm, Seitenkapelle und Sakristei.<br />

- Längsschnitt durch Chor und Langhaus. Maßstabje i:zirka 360. - Text S.57-85und 87f.<br />

0 10<br />

I I I I I I I I I I I<br />

I<br />

dokument vollständig).-Vgl. EUGSTER, Herisau, S.iBif. - 1. Turmdokument: «Imjahr des Herren<br />

1653. Vor St. Martinjtagward der Knopfund Fahnen durch ungestümenWindherunder geworfen,<br />

welcherdann nach derFeürsbrunst im 1606.Jahr aufgesteckt worden,nun jeg und widerumbauf den<br />

6.Tag Julj 1654 glücklichund wolmiteiner zinnerne Helmsaulund Eisenstangen auf gesteckt worden<br />

durch ... Meister Gallus Schweitzer,..Levj Müllerund Michel Brunner, alle drey von Capelim Turtal<br />

inder Grafschaft Toggenburg.»


59<br />

Abb. 38. Herisau. Reformierte Kirche. QuerschnittNord-Süd<br />

durch den Kirchturmmit dem<br />

Läuterfensterim ersten Obergeschoß. Maßstab<br />

i; 250. - Text S. 57-66.<br />

Sehr wahrscheinlich 14. Jahrhundert<br />

1516-1520<br />

Wahrscheinlich 1516-1520<br />

Frühestens 1516-1520<br />

Abb. 39. Herisau. Reformierte Kirche. Sogenanntes<br />

Läuterfenster i m ersten Obergeschoß<br />

des T urms ohne Bezug aufdie bestehende Kirche<br />

von 1516 bis 1520. Grundriß. Maßstab 1: zirka<br />

150. - Text S.61 f. und 64.<br />

[[i[[[[[[[[|||i<br />

Sehr wahrscheinlich 14. Jahrhundert<br />

| | 1741 von Johannes Grubenmann


6o<br />

HERISAU<br />

Teuffen, hiesigerThum Decker und Schreiner» den Helm mit Schindeln und steckte<br />

Knopf und Fahne wieder auf (2. und 3. Turmdokument) I . 1741 erhielt der Turm<br />

im wesentlichen seine heutige Gestalt. Meister Johannes G rubenmann von Teufen<br />

setzte auf die bisherige Glockenstube, die im megalithischen Turmschaft eingebaut<br />

war (siehe Beschreibungund baugeschichtliche Folgerungen, S. 62-65), eine neue mit<br />

vier Wimpergen, vier neuen Zifferblättern und vier vergoldeten Knöpfen (4. Turmdokument)<br />

2 . J o h a n nU l r i c hSghellenberg hat diesen Zustand in der für die<br />

Topographie Herrlibergers verfertigten Federzeichnung von 1757 getreu festgehalten<br />

3 . Der vorausgehende Zustand dagegen ist inMerians Topographie von 1642<br />

angedeutet 4 . 1759 baute U l r i c h R eifler von Stein die Turmuhr durch Einbau<br />

einer großen Radunruh zur Pendeluhr um5. 1776 deckte Meister H a n sJakob<br />

Knellwolf den Turm (5.Turmdokument) ö . 1804 wurde dieser durch H.J . Knellwolfs<br />

SohnJohannes neu aufgerüstet 7 , 1807 neuer Glockenstuhl von Zimmermeister<br />

Nef für die 160 Zentner schwere Glocke von Salmansweiler geschaffen, der alte nach<br />

Brüggen verkauft, auch die Turmuhr renoviert 8 . 1808 wurde bei Errichtung eines<br />

Blitzableiters auf Turm und Kirche durch den «berühmten Phisikus» J ohannes<br />

Weirauch von Hohenzollern der große Knopf «samt Fahnen am Thurm» zum<br />

1 a. Turmdokumentvom 14. Aug. 1719, inReimenvomMeister selbst verfaßtundwie oben angegeben<br />

unterzeichnet.Er schreibt u.a.: «..Jch,HansJacobGmbenmann ... als (ich) hierin Herisau<br />

dengroßenThurn gedecket, Knopf, Fahnen samt Zugehördan seinen Ortgestecket..Im Sessel hoch<br />

hab ich die Schindlen angeschlagen, gemacht ein gutes Dach...» - Das 3.Turmdokument von 1719<br />

(ohneTagund Monat) berichtet den gleichen Sachverhalt, enthält eine knappe Chronik des Jahres<br />

undfügt als «NB» hinzu: «DiserThum ist ohne gerüster deckt worden.»<br />

2 4.Turmdokumentvom 3.Okt. 1741:A m 3 .Mai beschloß die Kirchhöre Herisau, «die Glocken<br />

vondem alten Orth unten hinaufund u m ein Stockwerkzu erhöhen, einenneuen Glocken Stuhl und<br />

ob dem selben ein gewährlich undguten Estrich zumachen, die Stiegen durchdenganzenThurnzu<br />

veränderen und erleichtern, vier Windfäng vor die vier neüwen Zeit Taflen zu machen, aufjeden<br />

Giebel ein vergulten Knopfund i n gleicher Zeit den ganzenThurnneüwanzu streichen, dengroßen<br />

Knopfauchzu verguldenundden Fahnen erneuren ... All obig benamsete Veränderungund Arbeit<br />

wardanndem MeisterJohannesGrubenmannvon Teufen pr. fl 500undein Trinkgelt verdinget,der<br />

die samtliche Arbeit ... bis gegen Ende 8 bris 1741 geendiget und ausgemachet.» Esfolgen Chroniknotizen<br />

des Jahres. - Fliegende Blätter, Fol. 26, notieren aus der Kirchenrechnungvom 9. Dez. 1741<br />

für «allerhand Ausgaben diese Reparation (


REFORMIERTE KIRCHE<br />

6l<br />

Renovieren heruntergenommen (6. Turmdokument) I . 1822 Ausbesserung des Helms<br />

und Messung der Turmhöhe 3 . 1842 wurden der Helm von KupferschmiedU l r i c h<br />

L u t z aus Rheineck mit Kupferschindeln gedeckt, die Schallöcher renoviert und mit<br />

Eisengeländern versehen, der große Turmknopf durch Kupferschmied J o h a n n<br />

J a k o b Z u b e r b ü h l e r , die Turmfahne durch Schlossermeister A d r i a n Z u b e r b ü h l e r<br />

neu angefertigt und deren Vergoldung durch GürtlermeisterJ o h a n n e s S i g n e r aus<br />

Schwellbrunn vorgenommen (7. und 8. Turmdokument) 3 . 1904 wurde die alte<br />

Turmuhr von 1560 dem SLM geschenkt und eine neue durchJ . M ä d e r von Andelfingen<br />

samt Zifferblättern geliefert 4 , Helm, Fahne und Knöpfe renoviert (9. Turmdokument)<br />

5. 1959/60 Renovation unter der Leitung der Eidgenössischen Kommission<br />

für Denkmalpflege durch ArchitektM a x R o h n e r , Herisau 6 . Im Frühjahr<br />

1 6.Turmdokument, a m 26.Juli 1808 unter « Anzeigen»: Der Blitzableiter wurdeimJuli 1808<br />

angebracht. D ie Gehilfen WEIRAUCHS w aren ANTON HEINZELER von S t.Fiden und der H erisauer<br />

Dachdeckermeister HANS JAKOB BAUMANN, «welch letzterer zugleich auchdengroßen Knopf,worin<br />

14 1 /2 ViertelHaber konnte gebracht werden, samtFahnen a m Thurn ...zumRenovieren herunter<br />

nahmund wieder mitdem Strahlabieiter h inauf thaten» (sie). - Laut FISCH, Manuskript, S. 108,<br />

warendieDokumenteineinem Glasfläschchen eingeschlossen gewesenundwurden in einem solchen<br />

wieder im Turmknopf geborgen.<br />

2 Laut8.Turmdokumentvom 18.Juni 1842 (siehefolgendeAnmerkung): «Anno 1822 wurdeder<br />

Helm ausgebessert..; nach dazumal durch Alt-Bauherr J oW Keßler vorgenommenen Messung<br />

(19. Sept. 1822) hat der Thurm eine Höhe von 158Schuhund z war:derStock85 S chuh, & derHelm<br />

73Schuh.»<br />

3 Das 7.Turmdokument vom 17.Juni 1842 enthält u nter Chroniknotizen seit 1820 nur einen<br />

kurzen Hinweis. - Das8.Turmdokumentvom 18.Juni 1842 ist eine «KurzgefaßteÜbersicht deran<br />

KircheundThurmin Herisau stattgefundenen Bauten & Renovationen» seit 1516, w obei fürden<br />

Vertragmit LORENZ REDER auchnurderAbdruck in «Appenzellisches Monatsblatt», Nr. 12, 1827<br />

zur V erfügung stand. Unter «Q,.Anno 1842 endlich wurden infolge Kirchhörybeschlusses v om<br />

28.Nov. 1841 folgendeRenovationen . ..ausgeführt: I.anstatt des ... als defect & untauglich erfundenen<br />

Thurmknopfs & Fahnewurdedurch Altrathsherr & KupferschmidJoh.JakobZuberbühler<br />

einneuer allbereitskugelrunder, nämlich 32 hierländischeZoll Höhe & 30 Zoll Durchmesserhaltender<br />

neuer Thurmknopf verfertigt, welcher 96 1b zu 40Loth Gewicht hat. — Diedurch Schlossermeister<br />

Adrian Zuberbühler dahier gemachte neue Fahne ist a m obern Ende 44 Zoll & a m unternEnde 25 Zoll<br />

breitund 28 Zoll hoch, alleshierländ. Maß. Die Vergoldung von Knopfund Fahne wurdedem Gürtlermeister<br />

Joh! Signer von Schwellbrunn wohnhaftbeymWeyer dahier übertragen ... 2. wurdedem<br />

Meister Ulrich Lutz,Kupferschmiedzu Rheineck die Bedeckung des Helms mit Kupfer verdungen»,...<br />

welcheArbeit «laut Vertrag bis i m August diesesJahresbeendigtseynmuß»... 3 .mußte dasMauer­<br />

werkbeidenSchallöchernwieder hergestelltwerden,die vierZifferblätter renoviertund derenZahlen<br />

vergoldet w erden. Die K osten der gesamten T urmrenovation b etrugen ff. 5000.—. Oberflächeund<br />

Inhalt des Turmknopfs wurden gemessenund diesera m Abend des 18.Juni samt den in einer «blechernen<br />

Schachtel»wohlverwahrten DokumentenwiederaufdenTurm gesetzt.<br />

4 Geschäftsordnung derGdeV Herisau, 28.Febr. 1904, S.2, 11.-9.Turmdokument (siehefolgende<br />

Anmerkung), S . 9-11: D ie noch existierende, 1904 datierteUhr wurde vom Turmuhrenfabrikanten<br />

J . MÄDER u m dieSumme von 4475 Fr. konstruiert,dieZifferblätter in einem Dm. von 3 ,15 m geliefert,<br />

diealte Turmuhr ( von 1560)demS L M in Zürich geschenkt,lautPrKbKH, 14.Juliund 24.Okt. 1904.<br />

5 9.Turmdokument, 13.Sept. 1904, mit M aschine geschrieben u nd betitelt: «Fortsetzung d er<br />

Chronikvom Jahre 1842über diean der Kirche & T urm vorgenommenen Bautenund Renovationen».<br />

Darnach wurden Balkenwerkund Kupferschindeln des Helms teilweise ersetzt,ein kupferner, d oppelter<br />

Blitzableiter anstelle des eisernen angebracht, a m 12. AugustderTurmknopf heruntergenommen, a m<br />

13.August geöffnet,und die Gesamtkosten b etrugen 6400Fr.A m14. Septemberwurden die Dokumente<br />

ineineneueBüchse gelegtund a m 16. SeptemberTurmknopfundFahne wieder aufgesteckt.<br />

6 PrKRKH, 27.April 1959 (betreffs Turmuhr), 3 0.Juni 1959 (betreffs Glockenstubengeschoß,<br />

Zifferblätterund Turmknöpfe).Geschäftsordnung der UGde H erisau,6-/7. Dez. 1958, S. 6f. - ALBERT<br />

KNOEPFLI, Protokollevom 1 o. Febr., 1. Mai, 11.und 16. Sept. 1959 überAugenschein (und Besprechung)


62 HERISAU<br />

1968 anläßlich Inventarisation Entdeckung und Freilegung eines Läuterfensters, das<br />

nur zu einer Vorgängerkirche gepaßt hat, in der Südwand des ersten Obergeschosses I .<br />

- Im Erdgeschoß befand sich bis zum Neubau des Gemeindehauses 1876-1878 das<br />

Gemeindearchiv 3 .<br />

Beschreibung, i . MauerwerkundMaße des mittelalterlichen Turmschafts (Abb. 34,36,38f.,<br />

40-43). Bis zum Glockengeschoß von 1741 erhebt sich der megalithische Turmschaft<br />

ungegliedert in 45 Lagen von nur roh zubehauenen, mächtigen Muschelsandsteinquadern,<br />

die an einigen Stellen, besonders unter den zugemauerten Schallfenstern<br />

der Ost- und Westflanke und an den Ecken, unregelmäßig hervorspringen, zu einer<br />

Höhe von etwa 20,7 m. Einzig die Eckquadern, in regelmäßigem Wechselverband<br />

gefügt, weisen von unten bis oben einen nur aus nächster Nähe wahrnehmbaren<br />

Saum- oder Kantenschlag auf. Das Material wurde der Steinstruktur nach bei dem<br />

nordöstlich von Herisau gelegenen Chammerholz gebrochen. Aus dessen Schichten<br />

können auch die reinen Sandsteine stammen wie jener, der über dem nördlichen<br />

Schlitz des Erdgeschosses als Wasserschlag segmentförmig herauskragt, oder jener,<br />

der als ursprünglicher Fenstersturz über dem Hocheinstieg erkennbar ist 3 . Im<br />

Innern verringert sich die Mauerstärke an Nord-, Ost- und Westflanke von rund<br />

1,85 m und an der Südflanke von rund 2,05 m durch kleine Einspränge im<br />

zweiten und dritten Geschoß und kräftige Einsprünge im vierten Geschoß auf rund<br />

1,27 m bzw. i ,3 m in der Höhe der zugemauerten Schallfenster. Dabei fehlt im dritten<br />

Geschoß der westliche und östliche Einsprung, im zweiten und vierten dagegen liegen<br />

die entsprechenden Einsprünge immerum die Stärke der jeweils nördlich und südlich<br />

aufliegenden Streifbalken höher. An der Mauerkrone verringert sich die Mauerstärke<br />

allseits nochmals durch ungleichmäßigen Einsprung. An dessen unregelmäßigem<br />

Verlauf sind Eingriffe anläßlich früherer Umgestaltungen sichtbar: Westlich<br />

und östlich flach ansteigende Dreieckgiebel, die wohl als Auflager des Helms vor 1741<br />

dienten, südlich und nördlich zinnenartige Aufmauerungen, welche die Trägerbalken<br />

des auf dem Mauerkranz sitzenden Glockengeschosses von 1741 stützen. Während<br />

die Höhendifferenz von Geschoß zu Geschoß bzw. Mauerkrone etwas mehr oder<br />

weniger als 4 m beträgt, beläuft sie sich vom dritten zum vierten nur auf etwa 2,5 m 4 .<br />

2. Zugänge und Treppen. Der ursprüngliche Eingang liegt an der Südflanke des Erdgeschosses.<br />

Er ist vom heutigen Chor durch gekrümmten Korridor zugänglich, doch<br />

nicht auf jenen bezogen und besteht aus rechteckiger Öffnungim megalithischen<br />

Mauerverband. Der monolithische Sturz ist vom gewaltigen Deckenblock des einvom<br />

28.Jan., 2 8. April, 11.Aug. und 11. Sept. 1959. - MAX ROHNER, Berichtvom 13.Juli 1959. -<br />

AZ,26.Nov. i960.<br />

1 EUGEN STEINMANN, Der Kirchturmvon Herisau im Lichte neuerarchäologischer Entdeckungen,<br />

UnsereKunstdenkmäler X X (1969), 3/4 (Beiträge zur Kunstgeschichtedes Bodenseeraumesunddes<br />

Oberrheins,Dr.h.c.Albert Knoepfli zugeeignet), S. 183-186.<br />

2 EUGSTER, Herisau, S. 10. - ROTAOH, Herisau,S.23of.<br />

3 A. LUDWIG, Geologischesüber dieGegend von Herisau,in: ROTACH, Herisau,S. 92. —M ündliche<br />

BestätigungdurchdieGeologenDr. HERMANN EUGSTERund D r. HANS HEIERLI, Trogen.<br />

4 DerHolzboden desjetzigen vierten (Turmuhr-) Geschosses liegt, mittels Stützbalkenu m etwa<br />

2 m überden ursprünglichen Estrich e mporgehoben, auf Sohlbankhöhe der zugemauerten Schallfenster.


REFORMIERTE KIRCHE<br />

fE mWEI RÖ1;2<br />

;/ND CASmi\Q|<br />

>MANV()N SGAi<br />

Abb.40und 41. Herisau. Reformierte Kirche. Der 1517 datierte Wappenstein mit den päpstlichen<br />

Schlüsseln in den Pranken des Appenzeller Bären neben dem Nordeingang der Kirche. Bis 1906<br />

Schlußstein des mittleren Westportals. - Hölzerne Tafel mit den Namen der nach dem Dorfbrand<br />

1606am Wiederaufbauder Kirche beteiligten Zimmerleute Meister Jakob Mittelholzer und Kaspar<br />

Germannvon St. Gallenim Kehlboden des Turmhelms. - Text S.57, 66 und 77.<br />

wärts liegenden kleinen Vorraums zu erdgeschossiger Kammer und Turmtreppe<br />

durch eine klaffende Fuge getrennt. In halber Tiefe des Gewändes links deuten verputzte<br />

Balkenlöcher auf eine frühere Sperrvorrichtung. Zum Erdgeschoßraum mit<br />

quadratischem Grundriß und kuppeligem Kreuzgewölbe ohne ausgebildete Gräte<br />

führte ursprünglich ebenfalls nur eine rechteckige, durch noch sichtbare Sperriegel<br />

verschließbare Öffnungim megalithischen Mauerverband. In diese wurde später,<br />

wohl 1516-1520, das spitzbogige Sandsteingewände eingefügt, zu dem die äußere<br />

Holztüre zu gehören scheint 1 , während die innere spitzbogige Eisentüre mit barocken<br />

Schlössern, deren Angeln und Riegelhalter vorhanden sind, eine Vorgängerin ersetzt<br />

hat (1915 entfernte Panzertüre des ehemaligen Landesarchivs in der Sakristei?) 2 .<br />

Vom genannten Vorraum führt anderseits eine ganz unverkennbar ursprüngliche<br />

Steintreppe mit gestuftem Deckenverlauf zuerst durch die südliche, dann abwinkelnd<br />

durch die westliche Turmmauer ungefähr in deren Mitte und in einer Breite von gut<br />

60cm zum ersten Geschoß. Nicht zum ursprünglichen Bestand, wie bisher allgemein<br />

angenommen, gehört deran der Ostflanke mittels Freitreppe in 4,05 m Höhe erreichbare,<br />

axial angelegte Hocheinstieg, der über sieben neue Stufen (von 1959/60) durch<br />

ein unregelmäßig gekrümmtes, neu verputztes Couloir der Turmmauer und eine<br />

ebenfalls neue Holztürean der Innenwand ins erste Geschoß führt. Ein altes Türgewände<br />

von zirka 2,2 X 1,1 m ist noch vorhanden. Vor 1959/60 wurde der Hocheinstieg<br />

über eine bloß angelehnte, barackenartig verschalte Holztreppe erreicht (rundbogiges<br />

Sandsteingewände, Granittreppe und -balkon mit Eisengeländer sind neu).<br />

Als sekundärer Zugang für Mesner oder Läuterbuben zur Läuterstube wurde er<br />

unter demim megalithischen Mauerverband sitzenden, ursprünglichen (seit 1959/60<br />

vermauerten) Fenster herausgebrochen, als der Zugang vom Chor her aus irgendeinem<br />

Grunde (Gemeindearchiv im Erdgeschoß) unerwünscht wurde. Gerade dieses<br />

1 Die Angelnim ursprünglichen Mauerverband und eine Riegelschürfung gegenüber deuten auf<br />

einenoch frühere Türe, diemitdennochvorhandenen Sperriegeln befestigt werden konnte.<br />

2 Siehe Sakristei.


6 4 HERISAU<br />

ursprüngliche Fenster, das mit einem wehrhaften Hocheinstieg unvereinbar wäre und<br />

tatsächlich in dieser Verbindung an Wehrbauten nicht vorkommt, läßt die nicht<br />

ursprüngliche Anlage des Hocheinstiegs erkennen 1 .<br />

3. Fenster und Lichtschlitze- Das genannte zugemauerte Fenster, 62 X 40 cm, über dem<br />

Hocheinstieg ist außer dem Läuterfenster (s.u.) die eigentliche Lichtquelle des ersten<br />

Obergeschosses gewesen und weist ähnlich wie dieses Läuterfenster sowie die Türgewände<br />

des Erdgeschosses die an diesem Turmschaft auffallende Konstruktion einer<br />

rechteckigen Leibung ausje einem mächtigen Steinblock an den Flanken und am<br />

Sturz auf. Dieser Sturzblock aus Sandstein springt an der Außenwand bossenartig<br />

heraus, kammereinwärts dagegen ist er flächig behauen und gegen den monolithischen<br />

Deckenblock der geschrägten Fensterkammer stufenförmig abgesetzt. In der<br />

Südwand des gleichen Geschosses öffnete sich ursprünglich, aus der Achse stark nach<br />

Osten verschoben, ein zu einer Kammer in der Mauerdicke erweitertes Läuterfenster<br />

auf einen wohl mit dem Turm bündigen Chor, über dessen Lage aber die bis jetzt<br />

vorgenommenen Ausgrabungen keine Auskunft zu geben vermögen. Es handelt sich<br />

dabei um eine früher nicht beachtete, im Mai 1968 freigelegte, bis dahin mit Sandsteinplatten<br />

und teils brandgeschwärzten Werkstücken 2 bis auf ein Guckloch vermauerte,<br />

nach oben leicht verjüngte und dreiseitig geschmiegte Kammer von 180 bis<br />

185cm Höhe und 100 bis 120cm Breite (bzw. 85 bis 95 cm) im ursprünglichen megalithischen<br />

Mauerverband mit der beim Ostfenster geschilderten Konstruktion des<br />

Gewändes, jedoch an der Außenwand in zirka 180 cm Tiefe auf ein an der rechten<br />

Ecke oben sitzendes Rechteckfenster mit Sandsteingewände und Spuren von eisernen<br />

Angeln und Riegeln verengt, das zur Hälfte auf die bestehende Chorschulter von<br />

1516 bis 1520 mündet, also keine Beziehung zum bestehenden Bau aufweist. Außerdem<br />

weist der mittelalterliche Turmschaft vier ursprüngliche Lichtschlitze auf: je ein<br />

axial angelegter an der Nord- und Ostflanke des Erdgeschosses undje ein aus der<br />

Achse leicht verschobener an der Nord- und Westflanke des zweiten Geschosses, alle<br />

im ursprünglichen Mauerverband, der östliche und westliche mit gefasten Sandsteingewänden<br />

versehen, alle einwärts in unterschiedlicher Tiefe zu geschmiegten Kammern<br />

verschiedener Größe geweitet. Die zugemauerten, 1959/60 renovierten ehemaligen<br />

Schallfenster im vierten Geschoß, rundbogige Zwillingsblenden an der Ost- und<br />

Westflanke, einfache Rundbogenblenden an der Nord- und Südfront, weisen mit<br />

ihren gefasten Gewänden ins 16. Jahrhundert, als wahrscheinlich für die fünf im<br />

Jahre 1559 angeschafften Glocken eine solide Glockenstube eingerichtet werden<br />

mußte 3 . Doch deutet der nur darüber gestörte Mauerverband daraufhin, daß schon<br />

von Anfangan Öffnungen in ähnlicher Breite und Gestalt bestanden haben.<br />

1 Mitteilungvon Prof.Dr. HANS RUDOLF SENNHAUSER aufgrundpersönlichen Augenscheins.<br />

2 Neben einem Kapitell mit Karniesprofil, einer Basis, demBruchstück eines Halbrunddienstes,<br />

u.a.mehrere brandgeschwärzte Teilstückevon Rundbogen, also vermutlich Stücke ausdemBrandschuttvon<br />

1606.Vermauerung vielleicht schon anläßlichder Aufstockung von 1741 oderder Renovationvon<br />

1782/83.<br />

3 Daß diealtenGlocken im Brand von 1559vernichtetwurden (bezeugt istzwar nur eineGlocke),<br />

diesevon 1559 aber den B randvon 1606 überstanden,könntedaraufhindeuten, daß sichdasGeläute<br />

vor 1559ineiner hölzernenTurmstubedarüberbefunden h at.


REFORMIERTEKIRCHE 6 5<br />

4. Würdigung des mittelalterlichen Turmschafts. Als völlig unhaltbar wurde aufgrund<br />

der Siedlungsgeschichte schon im letzten Jahrhundert die vonBisghoffberger und<br />

W a l s e r vertretene und im Volk noch heute verbreitete Ansicht eines Römerturms<br />

zurückgewiesen I . Auf fundierten, jedochnur historischen, nicht aber archäologischen<br />

Argumenten beruht die von G e r o l d M e y e r v o n K n o n a u undT r a u g o t t S chiess<br />

behauptete Entstehung des Turms zur Zeit der sanktgallischen Grundherrschaft im<br />

9. und 10. Jahrhundert 2 . Vom rein geschichtlichen Standpunkt aus würde sich vor<br />

allem das 10. Jahrhundert aufdrängen, als gemäß einem Reichsgesetz von 926 Städte<br />

und Höfe, auch St. Gallen, befestigt wurden und der streitbare Abt Craloh (942-958)<br />

öfters auf seinem Alterssitz in Herisau Zuflucht suchte und dort sein bedrohtes Leben<br />

beschloß 3 . Diesen und ähnlichen Auffassungen 4 liegt der vermeintliche wehrhafte<br />

Charakter des Turms zugrunde. Dieser fällt durch die Feststellung der Nichtursprünglichkeit<br />

des Hocheinstiegs weitgehend dahin. Archäologisch gesehen ist zudem<br />

die Entstehung im frühern Mittelalter ausgeschlossen; denn Saum- oder Kantenschlag<br />

treten kaum vor dem 12. Jahrhundert auf 5 . So ist der Turm von Anfang an als<br />

Kirchturm mit eigenartiger Anlage eines Glöcknerfensters gebaut worden, als Turm,<br />

der in seiner Gestaltung nicht mehr romanisch und noch nicht spätgotisch 6 samt den<br />

gefasten Sandsteingewänden ausgezeichnet ins 14. Jahrhundert paßt, in dem auch<br />

wehrhaft anmutende Kirchtürme gebaut wurden 7 .<br />

5. Glockengeschoß von 1741 und Helm. Vom rustikalen Turmschaft hebt sich die glattverputzte,<br />

durch Ecklisenen gefaßte und allseits mit gekuppelten, rundbogigen<br />

Schallöffnungen versehene Glockenstube unter dreieckigen Wimpergen und polygonalem<br />

Spitzhelm kontrastreich ab (Zustand von 1959/60). Der gotisierende Gesamt-<br />

I Außer BISCHOFFBERGER, S.7-9,und WALSER, S.81,auch SCHÄFER, Materialien 1811, S. 9 7-100,<br />

undT . TOBLERin:Herisauer Tagblatt 1860,Nrn. 75, 79,81 (vgl. EUGSTER, Herisau, S. 66).-Widerlegt<br />

durch die inder folgenden Anmerkung genannten Autoren, inneuester Zeit besonders durch SON­<br />

DEREGGER, Siedlungsgeschichte, S. 4!". (Literaturüberblick), S.9, 53.<br />

a GEROLD MEYER VON KNONAU, Burg Mammertshofenund zwei andere schweizerische megalithischeThürme,MAGZ,Bd.<br />

17 (1871), Heft 5 , S .93f.Ders. in:MVG, N .F., 5.und 6 . H eft (1877),<br />

S.280,Anm. 947. - TRAUGOTT SCHIESS, Zurältern GeschichtevonHerisau biszu d en Appenzellerkriegen,<br />

in: ROTACH, Herisau, S. 127^, 131.<br />

3 V ON ARX I, S. 221-223, 226, 235. - EKKEHARD, C asus79und 8 1, mit Kommentar von MEYER<br />

VON KNONAU (sieheAnm. 2).<br />

4 HERMANN WARTMANN, H erisau in der ältesten Zeit, AJB 1890, S. 56, undnachihm ALBERT<br />

KLÄGER, Kunstdenkmälerin A ppenzellA.Rh.;Herisau,AJB 1955, 83.Heft,S.4,bringenden Turm<br />

inZusammenhangmiteinemVerwüstungszugvon 1084zurZeitdes Investiturstreites.<br />

5 Mitteilungvon Prof.Dr. HANS RUDOLF SENNHAUSER, A rchäologeder Eidgenössischen Kommission<br />

für Denkmalpflege, und von Dr. HUGO SCHNEIDER, DirektordesSchweizerischenLandesmuseums.<br />

6 EUGEN STEINMANN, Denkmalpflegein Appenzell Außerrhodenund Innerrhoden, Die Kirchen<br />

vonTeufenundHerisau,AJB i960, 88.Heft, S. 31-34. - Eine verwandte Mauerstruktur weist der<br />

Kirchturm vonEinigen (BernerOberland) auf,deraufgrund derzu seiner nachträglichen Errichtung<br />

notwendigen SubstrukturinSpitzbogenform ebenfalls i m 14.Jahrhundertentstanden sein dürfte.<br />

7 Mitteilung v on Prof. D r. HANS RUDOLF SENNHAUSER, d emwir auch die überzeugende, von<br />

Prof.Dr. ALBERT KNOEPFLI aber schon vorher vertretene Deutungdes Südfensters als Läuterfenster<br />

verdankenund der im Jahr 1968lautZurzacher Volksblatt,Nr. 41, 5. April 1968,bei der genau datierbaren<br />

Stadtkirchevon Klingnau,Kt. Aargau, a m Turm ebenfallseinen Hocheinstiegund ein Läuterfenster<br />

feststellenkonnte.SolcheLäuterfenster gibt es z.B.auch inOberwil,Kt. Aargau, an der JohanniterkapelleinRheinfeldenund<br />

i nSchongau,Kt. Luzern.<br />

5 - Kunstdenkmäler LXI,AR I.


66 H ERISAU<br />

eindruck ist für einen Grubenmann-Turm ebenso charakteristisch wie die im Detail verwendeten<br />

barocken Formelemente: Karniese am Gurt- und Kranzgesims und die<br />

(bis zur Renovation von 1959/60 vorhandenen) Quadersteingewände mit überkragenden<br />

Anfängern und Schlußsteinen an den Schallfenstern und die gedoppelten,<br />

einwärts gestuften Eckquadern (Abb. 43f.). Jetzige Brechung der Eckkanten von<br />

ig^glGo. Zifferblätter und Zeiger samt Turmuhr von 1904. Der Knick über dem<br />

Kehlboden des seit 1842 mit Kupferschindeln gedeckten Helms läßt sich erst auf<br />

ältern Photographien vor 1906 feststellen 1 . Sämtliche Turmzierden, darunter die<br />

reizende neugotische Turmfahne mit dem Herisauer Wappenbären zwischen Maßwerkbogen,<br />

ebenfalls von 1842 (1959/60 renoviert). Im Innern ist a m Gebälk des<br />

Kehlbodens eine Holzkartusche mit eingeschnitzter Kapitalschrift befestigt: «meister<br />

lagob m itelholzer v n d c aspar g eerman v o n s.gall e n a n t 1606 e t», vermutlich<br />

einziger Überrest der Neuaufrichtung des Helms nach dem damaligen Brand; denn<br />

nach der Aufstockung von 1741 mußte der Helm, wenn auch vielleicht mit wiederverwendeten<br />

Balken, neu aufgerüstet und seither öfters renoviert werden (Abb. 41).<br />

l a n g h a u s u n d c h o r<br />

B a uGeschichte, i. Der Neubau 1516-1520. Am 24. Juni 1516 schloß die Kirchhöre<br />

mit «Meister Lorenz, Steinmetz und oberster Werkmeister des ewigen Baus unserer<br />

1. Frauen zu Konstanz», einen Bauvertrag für die «Pfarrkirchen zu Herisau» 2 . Es<br />

handelt sich um Baumeister Lorenz R e d e r aus Speyer, den vielbeschäftigten und<br />

langjährigen Vertrauensmann des Konstanzer Domkapitels in Baufragen 3 . - Der<br />

1 Bilddokument B8,a.<br />

2 AUB 1667. - Original verschollen.Abdruckin: «Appenzellisches Monatsblatt» 1827, S. 181-184,<br />

dersamtdenvom Herausgeberin Klammern gesetzten Erläuterungen folgt;<br />

«Zu wüssenundkund sey allermänniglich mit diesem Zedel,daßdie Ehrsamen, ein Kilchhörizu<br />

Herisau Landleuth zu Appenzellaneinem Theil, und der Ehrsame Meister Lorenz Steinmetz und<br />

oberster Werkmeister des ewigen Baus unserer 1. Frauen zu Konstantz andertheils, also gütlich und<br />

freundlichmiteinandren überkommendesVerdingWerksder Pfarrkilchenzu Herisau.Dem also hat<br />

der genannte Mstr. Lorenzzu machen.<br />

Ein KilchenundChorganz neu,und soll die Kilch seyn bei den55 Schuh weit hohl,und bei den<br />

85Schuh lang hohl.<br />

Jtem zum anderen,denChor daran, beiden30Schuh weit,und beiden 45 Schuhlang, alles hohl.<br />

Jtem zum dritten, die Kilchund derChordieMaur beiden fünfthalben Schuhdickindem Boden<br />

bis anden Obersatz, und den Obersatz von gehauen Steinen, ganzu m die Kilch und Chor, und<br />

darnach die Maur bei den 4 Schuh dick bis anden Dachsimsen, undder Dachsimsen von gehauen<br />

Steinen, ganzu m die KilchundChor,und dieMaur beiden45 Schuh hoch,unddieMaur sodaran<br />

ingemacht sein, alsodaß man mög ein aufgezogen Holzwerk daraufmachen,und dieMaur zu machen,<br />

daßdie KilchundChorin ein Dachwerkmögkommen.<br />

Jtem dazu allEgg an derKilchundChor mit gehauen Steinen verbinden,und den Chor von einem<br />

halbenAchtegg,und an demselbigen als viele als 7 Pfeiler,und dieselbigenauch mit gehauen liegenden<br />

Steinenunddie Fey(?) abgesetzt, auch inwendigindemChorin allen Eggen bis aufhinan das Gewölb<br />

steine Schaft mit 2 oder 3 Stäben, alsob sie das Gewölb tragend.<br />

Jtem zum fünften, 6 Fenster in die Kilchen und 6 Fenster in denChor,und die alleunten verbunden<br />

mit liegenden Steinen auch mit stemtl und gfrontzum Besten. Auch ein Rundum-Fenster an der<br />

Mannseiten,undauch ein Rundum-Fenster aufdie Porkilchen in die Giebelmaur.<br />

Jtemzum sechsten ein Schwibbogen von gehauen Steinen, undden Chor gwölbt mit gute Dicke,<br />

und mit 3 gehauen Schlußsteinen,an dem ersten Sant Anna, undan dem andernunser lieben Frauen,<br />

undan dem dritten Sant Laurenzen, alles Brustbild.


REFORMIERTE K IRCHE 67<br />

Jtem zu dem siebenten zu machen 4 Tritt in den Chor mit gehauen Steinen, und auch machen<br />

4 Altar mit Altarsteinen nach aller Nothdurft und Form des Werks mit gehauen Steinen, und den<br />

Taufstein änderst zu setzen. Mehr 3 neue Kilchthüren von gehauen Steinen mit guter Gstalt, und das<br />

Predighäusli wieder inzumachen.<br />

Jtem zum achten, ein Kapell auf die linke Seite untenan dem Thurm mit einem hübschen Schwibbogen,<br />

desgleichen auch gewölbt und mit Fenstern auch gnugsamlich, desgleichen gnugsame Weite,<br />

auch mit einem Altarstein nach aller Nothdurft.<br />

Jtemzum neunten, Kilch, Chor und Kapell zu Estrichen an dem Boden, desgleichen bestochen,<br />

tülschen, weißen innen und außen.<br />

Jtemzum zehenden allweg der Kilchen alle Bokstühl Rüsthölzer und Rüstbretter vorbehalten.<br />

Wir die gemeldt Kilchhöri sollen dem gedachten Mstr. Lorenzen geben von solchem Verding Werk<br />

Sieben Hundert und Vierzig Gulden, und hat sich der genannt Mstr. Lorenz begeben.<br />

Erstens, wolle ich 20 fl. lassen still stöhn, und dero Baiten von Anfang des Werks bis über 6 Jahr,<br />

das ander Geld soll man ihm übergeben nach Anlang (Verhältnis) des Werks.<br />

Jtem zum andren, so soll er selbst haben, allen Werkzeug für sich selbst, ausgenommen ein Behausung,<br />

Brennholz, Gelegung (Bett?) und Koch- und Eßgeschier. Jtem zum dritten, so dikh (oft)<br />

man sein begehre oder die Nothdurft heuschi, so soll er allweg selbst kommen.<br />

Jtemzum vierten den gedingten Bau genugsamlich versehen mit Balierstein-Metzen und Maurer.<br />

Jtemzum fünften, wennman in den Bau kommt, und etwas mehr erfunden würde, es wäre durch<br />

ihn oder durch sie, das man gern wollte han, das soll er machen, und es an die genannt Kilchhöri<br />

lassen stahn, was manihm dafür geb.<br />

Jtemzum 6ten der Formen halb in den Fenstern hat er sich erbotten, welche ihnen nicht gefiele,<br />

so sollten sie ihm das sagen, so wolle er allweg ein ander machen.<br />

Jtem zum yten von wegen der Techin (Decke?) so fern sie ihm nit gern wollen vertrauen, so sollen<br />

sie um Techinen ausgohn, die ihnen gefallen, die soll er machen.<br />

Jtem zum achten dann, so wolleer allen Fleiß thun und Ernst anlegen, solche vorgeschriebne Werk,<br />

nach dem allersäubersten und besten zu machen, als wohl als machte er esum den Taglohn.<br />

Jtemzum gten, obgemeldte Kilchhöri wurd bedenken: Er wollte dem Vorgeschribnen nit treulich<br />

leben und nachkommen, oder nit sauber und gute Arbeit machen, alsdann sollen sie ihm geben allweg<br />

nach Anlang oder Anzahl des Werks, und ihn alsdan heißen streichen, und des Baus kein Acht mehr<br />

han.<br />

Jtem zum loten, was da nit recht wurde gemacht oder gut, und nit werschaft wäre, nach Handwerks-Recht,<br />

dasselbe soll der genannt Meister Lorenz und si Erben allweg wieder bauen und machen<br />

in ihren eignen Kosten, ohn des genannten Gottshauses und der genannten Kilchhöri Kosten und<br />

Schaden.<br />

Jtem zum Ilten so soll ein Kilchhöri geben alle rauchi Arbeit, und rauchen Zeug und rauchen<br />

Werkzeug, auch Knüpsel, Richtschitte, Waag, Maß, Bretter und Winkelmaß etc.<br />

Jtemzum I2ten ob sich begab daß ein Gemeind wollten still stöhn, wäreJahrund Tag, es wär<br />

von wegen Mangel Gelds, Kriegund Theuri, so soll der genannt Meister ihnen das gestatten, auch was<br />

erspart werden möcht an dem Verding-Werk, das soll er lassen nach aller Billigkeit geschehen, alle<br />

böse Gefünd hindan gesetzt.<br />

Und des Verding-Werkszu einem guten Urkundund Sicherheit, damit jeder Theil wüssen mag was<br />

er thun soll, unddem andern Theil schuldig sey, so sind dieser Zedel zwen gleichlautend gemacht und<br />

auseinander geschnitten,und jedwedrem Theil einen geben, die geben sindam Sant Johannes Baptisten<br />

Tag, in Zahl der Geburt Christi Fünfzehn Hundert undim Sechszehenden Jahr.»<br />

Anmerkung zur Wiedergabe des Textes: Im ersten Teil unter dem vierten Alinea ist bei «Fey(?)»<br />

wohlFug ( = die Fuge) zu lesen gewesen, und unter dem sechsten anstatt «Dicke» Decke ( = Gewölbe)<br />

analog zu «Techin»im zweiten Teil unter «zum 7ten». Zur Interpretation siehe Baubeschreibung. -<br />

Der Vertragsabschluß mit «master lorentzen von costentz» und sein Honorar, ferner ein Zahlungsvorschuß<br />

und eine Geldschuld sind vermerkt im PrKr, S. 285. - EUGSTER, Herisau, S. 179f., und<br />

ROTAOH, Herisau, S. 303 f., benützten bereits den Abdruck im Appenzellischen Monatsblatt.<br />

3 HERIBERT REINERS, Das Münster Unserer lieben Frau zu Konstanz, Die Kunstdenkmäler Südbadens<br />

I, Konstanz 1955, S. 275. - Ein Kapitelsbeschluß vom 15. Okt. 1517, wonach REDEB keine<br />

andern Bauten beginnen solle (a.a.O., S. 60), mußwohlim Zusammenhang mit Herisau verstanden<br />

werden, muß er doch laut Punkt 2 des zweiten Teils des Vertrags dorthin kommen, sooftman seiner<br />

bedarf. REDER stand im Dienst des Domkapitels von 1505 bis mindestens 1532 (a.a.O., S. 57-63).


68 HERISAU<br />

Grundstein wurde am 6. Juli 1516 gelegt 1 . 1519 wurde das Dachwerk auf die Kirche<br />

gemacht und mit Ziegelplatten gedeckt 2 . A m 25. September 1520 erfolgte die Einweihung<br />

durch den Konstanzer Bischof 3 . In einem an alle appenzellischen Pfarrkirchen<br />

gerichteten Ablaßbrief des päpstlichen Nuntius Antonius Pucci vom 24. Juli<br />

1518 ist ausdrücklich von derjenigen des «St. Laurentii zu Herisaw» die Rede 4 . Der<br />

Bau war im wesentlichen vertragsgemäß ausgeführt worden. Im folgenden sind die<br />

Bauelemente aus dem Vertrag herausgegriffen, die infolge Planänderung während<br />

des Baus bzw. späterer Renovationen umgestaltet, vermehrt oder vermindert wurden,<br />

vielleicht aber auch gar nicht ausgeführt worden waren (siehe Baubeschreibung, S. 76,<br />

78-80, 83, 85-87). Vorgesehen waren Sockel und Dachgesims aus gehauenen Steinen<br />

um die ganze Kirche herum, Eckquadern in der nämlichen Ausführung, sieben<br />

Strebepfeiler,je sechs Fenster im Chor und Schiff («Kilch») 5 , je ein Rundfenster<br />

auf der «Mannseite» und in der Giebelmauer der Emporenkirche, vier Ghorstufen,<br />

ein Chorbogen aus gehauenen Steinen, drei gehauene Schlußsteine mit den Brustbildern<br />

von St. Anna, U.L. Frau, und St. Laurentius im Chorgewölbe, ein Schwibbogen<br />

zur Seitenkapelle und insgesamt drei Kirchentüren. Der Titel der Seitenkapelle<br />

ist weder im Vertrag noch sonst irgendwo ausdrücklich erwähnt. Doch kann<br />

bei den wiederholten beträchtlichen Spenden an den «sant anen bu» 6 , die von 1518<br />

bis 1520 neben solchenan den «sant lorentzenbu» (diese von 1517 bis 1519) gemacht<br />

werden 7 , nur an diese Kapelle gedacht werden. Unerwähnt blieben im Vertrag die<br />

1 PrKr, S. 290: (1516) «..am sunentagnach sant uolrichtagward der erst stan gelatt zuo herisow<br />

an derkilchen..» - Vgl. ZELLWEGER GAV III, 2, S. 311 f., derin denauf den Kirchenbau bezogenen<br />

Monatsdatenund teilweise auch beiden Geldsummen, gestützt aufdas verschollene Jahrzeitenbuch,<br />

von den wohl zuverlässigeren Angaben des P rKr abweicht. A uf ZELLWEGER stützt sich EUOSTER,<br />

Herisau, S. i8of.<br />

2 PrKr, S. 282: «masterhansSchag( = Jakob?) vonapenzel hett das tachwerk uf die kilchen ze<br />

herisow gemachett doman zaltt von der geburtt Gristi xv hundertt und im xviiii jar..» Kosten:<br />

185 FL. 5 Schilling 2 Pfennig.A.a.O., S. 284:A m Sonntagnach Ostern 1518 rechneteman «mitdem<br />

Ziegler in schünin wegen» (Schönenwegen) ab «und hett im bezaltt xiii tusig ziegel». - Schonam<br />

22.Nov. 1517 hatteman diesem «gewerett Gxxxviii fl.» (a.a.O., S. 284). 1518 zahltemanihm ausdrücklich<br />

«um Ziegelblatten ufdie kilchen» 130 fl. (a.a.O., S. 282). Einen großen Teil hatte erim<br />

Januar 1518 geliefert, zweitausend Ziegel lagen beider Abrechnung noch in der Hütte (a.a.O., S. 284).<br />

Vgl. A nm. 1.<br />

3 PrKr, S. 282: «die kilch ze herisow ist gewich worden doman zallt n ach crist geburt j tusig<br />

v hunderund im xx jar am zinstag ( = Dienstag) vor sant micheltag.Jtem man hettdem bischofgen<br />

an baren geltt fiertzig un vi fl., ..das firmen hett kostett x fl. minder ii batzen...»Hugovon Hohenlandenberg<br />

war von 1496 bis 1529 und 1531 /32 Bischofvon Konstanz. - REINERS, Münster zu Konstanz,<br />

a.a.O., S. 22. Vermutlich verrichtete aber dessen Weihbischof Melchior Fatlindie Funktion, der vom<br />

31.Juli 1518-1531 des Amtes waltete. - MANFRED KREBS, Die Protokolle des Konstanzer Domkapitels,<br />

Nr. 5 981 u nd A nm. 20.<br />

4 AUB 1694 (mit Anmerkungzum Datum), abgedruckt in: ZELLWEGER, Urk. 692. DerAblaß war<br />

also nicht speziell zugunsten des Kirchenbaus von Herisau gedacht, sondern verfolgte eher kirchenpolitische<br />

Ziele. Vgl. ZELLWEGER, GAV III, 2, S.3iof.<br />

5 Im Schiff befinden sichzwar auch heute sechs Fenster, doch wurde das östlichstean derSüdwand<br />

1782an d er Stelle derfrühem Kanzel herausgebrochen. Siehe unter Kanzel.<br />

6 PrKr,S. 86 (zwischen 1 519und 1520), 2 04 (1518), 2 79 (1520), 2 86 (1519). Auch die Zuwendungenandie<br />

«sant anen bruoderschaft» hatten wohl den gleichen Zweck. Ebenda, S. 103 (1520),<br />

203 (1518), 286 (1519). Zu keiner andern Zeit finden sich sonst Hinweise auf diese Bruderschaft. —<br />

Zu St.-Anna-Pfründe und St.-Anna-Bruderschaft siehe kirchliche Verhältnisse, z u St.-Anna-Altar<br />

siehe auch Altäre.<br />

7 PrKr,S. 89 (1519), 203 (1518), 204 (1518), 286 (1519) zweimal,287 (1517, 1519)-


REFORMIERTE KIRCHE 6 9<br />

spätgotische Sakristei mit ihrer noch erhaltenen Türe, die 1518 datierte Turmtüre<br />

und das Sakramentshäuschen. Das Honorar fürLorenzR e d e r betrug 740 Gulden 1 .<br />

Dem Polier («ballier») wurden vom Herbst 1516 bis gegen Ende 1519 halbjährlich<br />

Lohnsummen ausgezahlt 2 . Andere Zahlungen für Material und Arbeiten laufen von<br />

1517 bis 1519 3 . Der Bau dürfte also 1519 im wesentlichen vollendet gewesen sein 4 .<br />

Die Gesamtkosten beliefen sich auf 3511 Pfund 9 Schilling 9 Pfennig 5 . Zu deren<br />

Deckung steuerten Privatleute und Gemeinden bei 6 . Die appenzellische Landeskasse<br />

half mit einem verzinslichen Darlehen von 600 Gulden 7 .<br />

2. Umgestaltungen seit 1559. In der Feuersbrunstvom 1. April 1559 scheint die Kirche<br />

völlig ausgebrannt zu sein 8 . Wie der Baubefund jedoch beweist, gingen außer den<br />

Glocken (bezeugt ist nur eine) vor allem die brennbaren Teile wie Turmhelm und<br />

Dachstock zugrunde (vgl. Geschichte des Turms und der Glocken, S. 57, 90). Beim<br />

Dorfbrand vom 5. März 1606 wurde die Kirche samt Dachstuhl und Inventar wieder<br />

ein Raub der Flammen. Mit der Wiederherstellung wurdenJakob M ittelholzer<br />

und Kaspar Germann von St. Gallen betraut 9 . Brandspuren sind jedoch heute noch<br />

zu sehen 10 , und Brandschutt wurde 1959 unter dem Kirchenboden festgestellt (siehe<br />

Ausgrabungen von 1959/60, S. 57). Aus der Zeit zwischen oder unmittelbar nach<br />

1 Siehe Bauvertrag, Anfang des zweiten Teils, fernerPrKr, S. 285.<br />

2 PrKr, S.285: «Man hetdem ballier genhundert fla m sunentag vo aler bälgen tagim xvi jar,<br />

me hem an den balliergen hundert fla m sunentag vorder uf fart im xvii jar,me hettman dem ballier<br />

gen hundert fl ansant Michel abet im xvii jar.Jtemme hetman dem ballier genhunder fl ansant<br />

Marek abet im xviiijar,me hebtmandem ballier gen hundert fla m sunentag vor sant Martistagim<br />

xviiijar.Jtemme hetmandem ballier genhunder flan des halgen krütztag im herbst im xviiiijar -<br />

Jtemme xxv fl iiii Sa m sunentag vor sant Andrestagim xviiiijar.» Also erhieltder Polier je 100 Gulden<br />

am 26. Okt. 1516, am 17.Maiund 29. Sept. 1517,a m 25. April und 7. Nov. 1518, am 14. Sept. 1519<br />

und25 Gulden 4 Schillingam 30.Nov. 1519.<br />

3 PrKr, S. 282 (1519): «Der Kalch hett kostettan holtz und Ion und fuoran baren gelt ...an<br />

xxx Pfund Pfennig ungifarlich in xviiiijar». Ebenda, Zahlungfür das Dachwerkan Meister HANS SCHAG<br />

von Appenzell: 185 fl. 5 Schilling 2 Pfennig.<br />

4 Das Weihedatum vom 25. Sept. 1520 sagt nichtsGenaues über die Vollendung aus,da diesesvom<br />

Terminkalender des Bischofs abhing, der die Weihe tatsächlich mit der Firmungverbundenhat.<br />

5 PrKr, S. 278: «derbu d er kilchen und kor kostet drithalb dusent lib.und xj lib. s. 9 und viiiipf.»<br />

- Vgl. ZELLWEOER, GAVIII, 1, S.416, gestützt aufdas verschollene Jahrzeitenbuch.<br />

6 Zu d en Beiträgen von Privatleuten siehe weiter oben.AnGemeinden, die spendeten, zählte das<br />

verschollene Jahrzeitenbuch von Herisau auf: Appenzell: 19 Pfund 8 Schilling 11 Pfennig; Trogen:<br />

7 Pfund I Schilling; Speicher: 1 Pfund 12 Schilling 9 Pfennig; Gais: 2 P fund 11 Pfennig. — Siehe ZELL-<br />

WEGER,G A V I II, 2, S. 3 11und Anm. 2 50.<br />

7 Landesrechnungenvon Appenzell I 1520, S.56: «item die von Herisausöndden landlüten600 fl,<br />

händ si inen glichenund Werdens verzinsen und, diewil sie das hoptguot nit gend, uff sant Martistag<br />

alle jargen 30 fl.» laut STARK, Glaubensspaltung, S. 13, Anm.80.<br />

8 ZELLWEGER, G AV III, 1, S. 4i5f., und III, 2, S. 126. - Vgl. BISCHOFFBERGER, S. 452f., und<br />

WALSER, S. 487^<br />

9 WALSER, S. 576-578. Die Stadt St.Gallen stiftete einen «Taufsteinin die neuerbaute Kirche».<br />

Ferner wurde dem durch eine InschriftimTurmhelm verewigten JAKOB MITTELHOLZER, «einem<br />

85jährigen Meister von St.Gallen» (WALSER), nicht nur dieser, sondern nebst Rat- und Pfarrhaus<br />

auch die Kirche verdingt. Dieser (MITTELHOLZER) hat «den Bau glücklich aufgeführt». - KASPAR<br />

GERMANN ist zusammen mit MITTELHOLZER i n der genannten Inschrift verewigt. Auchfür diesen<br />

Brand beweist der Baubefund,daßWALSER übertreibt, wenn ervon einemNeubau spricht.<br />

10 Soz.B. verkohlte Holzstangen, welcheüberdem Dachboden der jetzigen Sakristei von 1811, im<br />

einstigen Dachstuhlder spätgotischen Sakristeiin der nördlichen Chor-und der östlichenTurmmauer<br />

eingemauert waren.


yO<br />

HERISAU<br />

Abb.42und 43. Herisau. ReformierteKirchemitdem 1772 erbauten Wachthausam Platzvon Westnordwesten.<br />

Lavierte Federzeichnung von Adolf Honegger, 1874 datiert, im Historischen Museum<br />

Herisau. - Ähnliche Ansicht mit dem 1889 umgebauten (1910 abgebrochenen) Wachthaus vor der<br />

Kirchenrenovation von 1906. Alte Photographie. - Text S. 43, 72, 83und i n .<br />

diesen Bränden stammten 1959 an der nördlichen Innenwand abgedeckte, aber nicht<br />

wiederhergestellte Grisaillemalereien rein dekorativer Art 1 . Das Kirchenschiff besaß<br />

zu dieser Zeit noch eine Holzdecke (siehe unten), und schon 1684 sind Emporen erwähnt<br />

2 . Am 1. Dezember 1737 wurde beschlossen, den Platz vor und neben dem<br />

Taufstein mit Steinplatten zu belegen und die Ghorstufen mit gehauenen Steinen<br />

machen zu lassen 3 . 1762 wurde der Dachstuhl, wie eine seiner großen Inschriften<br />

bezeugt, unter Verwendung älterer, signierter und datierter Teile (frühestes Datum<br />

1615) erneuert 4 .<br />

3. Die Barockisierung 1782183. Am 6. März 1782 beauftragte die Kirchhöre die Vorsteherschaft,<br />

die «Renovation der Kirche» vorzunehmen 5 . Am 2. Mai schloß diese<br />

mit dem Stukkateur Andreas M oosbrugger aus Au im Bregenzerwald einen Vertrag<br />

betreffs Stukkaturarbeitenam Chorgewölbe («gräht»). Decke des Schiffs undan<br />

1 ALBERT KNOEPFLI, Protokollvom 30.Mai über Augenscheinvom 26.Mai 1959, S. 4: «Es wurden<br />

zwei Schichten festgestellt: eine untere, maßstäblich feinereund diskretere Illusionsmalerei und eine<br />

trauerrandderbe jüngere Schicht, die wohlnachdem zweiten Brandvon 1606 angebracht worden ist.»<br />

2 EUGSTER, Herisau,S. 172.<br />

3 Alte Urkunden, S. 155.<br />

4 Ostwärts gerichtete Inschrift teils in Fraktur, teils in Antiqua auf horizontalem Querriegel über<br />

dem Chor aufgemalt: «Deiser gibel an Der Kirche renoviert und daß Thach übergehet vom BH.<br />

H I (ligiert) HIZB.1762» ( = HANS JAKOB ZUBERBÜHLER?).<br />

5 Fliegende Blätter, Fol. 11: «Kirchhöriden 6 Merz 1782. Die Renovation der Kirchen betrofen<br />

ist solches dennen samtlichen Tit. HerrenLandamman, Amtshauptleuth & Räthen gäntzlich anheim<br />

gestelt, durch einhellige MehrheitderStimmen überlassen wordenzu machen.» Vgl. AlteUrkunden,<br />

S. 164.


e f o r m i e r t e k i r c h e 71<br />

Abb.44und 45. Herisau. Reformierte Kirche. Ansicht von Westen nach der Renovation in neugotischem<br />

Stil von 1906, mitdem 1912 in neubarocken, vom Jugendstil beeinflußten Formen erbauten,<br />

1 959 beseitigten Sanitätsgebäudeund mit dem 1921 erstellten Brunnen. - Ansichtvon Nordnordwesten<br />

im Zustand nach der Renovation von 1959/60 mit der Seitenkapelle. - Text S. 57-77, 83, 111 und 112.<br />

den Fenstern, ferner betreffs «Marmorier Arbeit für die neue Kanzel und Taufstein»<br />

und vereinbarte für Arbeitslohn und Materialien total 60 Louisdor, 30 für Kanzel<br />

und Taufstein, 30 für Decke und Fenster 1 . Decke und Fenster mußten nach «vorgelegten<br />

und ausgesuchten Zeichnungen ausgeführt werden. Die «Verzierungen in die<br />

gräth» (Gewölbe des Chors) waren «nicht in der ausgewählten Zeichnung befindlich»<br />

2 . A m folgenden 8. Mai beschloß eine außerordentliche Kirchhöre, die Kanzel<br />

vom bisherigen Platz an der Südwand des Schiffs an den Pfeiler des Chorbogens zu<br />

versetzen,an der bisherigen Stelle der Kanzel dagegen ein Fenster gleich den übrigen<br />

herausbrechen zu lassen, um mehr Licht zu gewinnen 3 . Das Schiff erhielt «statt der<br />

bisherigen Bretterdecke oder Kirchenhimmel eine Gypsdecke»l A m 7. Mai 1783<br />

beschloß die Kirchhöre, anstelle der bisherigen (!) «ganz neüe Porkirchen» (Emporen),<br />

«und zwaren gesprengte, ohne Säulen, ausgenommen eine, da selbige zusammenkommen,<br />

bauen zu lassen»5, ferner die Bestuhlung im Langhaus und in den<br />

1 Abschrift des verschollenen Originals in: Fliegende Blätter, Fol. 161. Zum L ohn vgl. Alte<br />

Urkunden, S. 164.<br />

2 Z u dieser aufschlußreichen Mitteilung siehe Beschreibung, S. 78 f. und 81 f.<br />

3 P rVKH (ohne Seitenzahl); «Anno 1782 den 8ten Tag Maij, ist wegen Erbauung einer neüen<br />

Kanzel,wo selbige aufgeführt werden solle, eine außerordentliche Kirchhörij gehalten worden, durch<br />

die MehrheitderStimmenwurde erkent,daß selbige nichtmehr aufdem alten Platz, sondernan den<br />

Pfeiller des Ghorbogens solle gesetzt werden». - FISCH, Manuskript, S. 108; «..die Kanzel, welche auf<br />

der Mittag Seite gestanden..». Vgl. Fliegende Blätter, Fol. 11, und Alte Urkunden, S. 164.<br />

4 Alte Urkunden, S. 164^<br />

5 P rVKH (ohne Seitenzahl): «Anotation der frühlings Kirchhöri, so gehalten worden den 7ten<br />

TagMaijanno 1783 ...Sodannwurde ein Anzug gemacht , ob manganzneüe Porkirchen,und


72 HERISAU<br />

Emporen, die im Chor schon angefangen war, fortzusetzen 1 . Beide Aufträge wurden<br />

von MeisterH a n s J a k o b K n e l l w o l f ausgeführt 2 . Die Gänge wurden mit Platten<br />

belegt 3 . Die Westfront erhielt zu den zwei (!) bisherigen eine dritte Türe 4 . Die<br />

Kirche wurde innen und außen (!) renoviert, wobei sich die Gesamtkosten auf<br />

13266 Florin 16 Pfennig beliefen 5 .<br />

4. Spätere Renovationen. 1790 wurde das bereits 1772 erwähnte 6 Vorzeichen der<br />

Kirche neu erstellt 7 . 1825 wurde die Kirche «schön renoviert» 8 . 1844 Neugestaltung<br />

des Südportals mit Ziergiebel nach Plänen von J . Rutishauser 9 . 1875/76<br />

Anbringung von Zugstangen im Langhaus 10 . Die Renovation von 1906 veränderte<br />

vor allem die Kirchenfassade und das Vorzeichen nebst Innenausstattung und Fensterscheiben<br />

im neugotischen Geist". Dabei verschwand das auch 1959/60 nicht<br />

mehr hergestellte kleine Rundfenster der Westfassade. 1922 erhielt das Vorzeichen des<br />

Südportals die heutige Gestalt 12 . Letzte Renovation 1959/60 durchM a x R ohner,<br />

Architekt ETH/SIA, Herisau, unter der Leitung der Eidgenössischen Kommission<br />

für Denkmalpflege 13 . Dabei wurde im wesentlichen der Zustand von 1782/83 wiederzwaren<br />

gesprengte, ohne Säulen, ausgenommen eine, d a selbige zusammenkommen, b auen lassen<br />

wolle, oderob man alles gemeldtenur schlechterdings renovirt haben wolle. Alles gesamtewurde ...<br />

mit fast einhelligemMehr denen Tit.Heren vorgesetzten überlassen.»Emporen sind schon im Vertrag<br />

von 1516 erwähnt (s.d.), die 1559 oder sicher 1606 verbrannten. Wieder sind solche 1684 bezeugt. -<br />

EUGSTER, Herisau, S. 172.<br />

1 P rVKH,ebenda.<br />

2 Es dürfte sich u m den im 5.Turmdokument erwähnten HANS JAKOB handeln, der 1776 den Turm<br />

deckte, dessen Sohn JOHANNES laut6. TurmdokumentdenTurm 1804neu aufrüstete. - Vgl. EUGSTER,<br />

Herisau, S. 182: «Johannes Knellwolf».<br />

3 AlteUrkunden, S. 165. - Vgl. FISCH, Manuskript, S. 108. 4 FISCH, ebenda.<br />

5 Kirchenrechnung 1782 (unter «Baumeister»): «An unterschiedlichen Ausgaben, beyAnlaßder<br />

innerenund äußeren Renovation der Kirche,Helmmahlen, gepflogener Rechnung fl. 8204 pf. 58.»<br />

Ebenda, 27. Dez. 1783: «An Bauunkosten,an derKirchen,in diesemJahr fl. 5061 pf. 18.» Das ergibt<br />

zusammen mit demBetragvomJahr 1782die Summe. Vgl. Alte Urkunden, S. 165 (mit kleiner Differenz<br />

inden Pfennigen).<br />

6 Alte Urkunden, S. 97: «Ao. 1772... bisdahin mußten sichdie Wächter . . . die ganze lange Nacht,<br />

Sommer-und Winterszeit unterdem Vorzeichender Kirche . ..begnügen.»<br />

7 FISCH, Manuskript, S. 132 (imJahre 1790): «DasKirchen Vorzeichen oder Vordach gegendem<br />

Platz wurde im gleichenJahrauchneugemacht.» — Vgl. Abbildungen 42, 43, 70, 85.<br />

8 A MB 1826, S. 160.<br />

9 Plandokument 1a . - JahresrechnungderGde 1844, S. 15: «Kirchen-Seitenportal fl. 201 kr. 49».<br />

Zu Baumeister RUTISHAUSER aus GoßauSG sieheKdm St. GallenV, S. 143.<br />

10 Jahresrechnung derGde 1874/75, S. 35, und 1875/76, S. 33. Siehe Plandokument ib.<br />

11 Geschäftsordnung GdeV in Herisau, 7.Mai 1905: Renovation des Innern und «Abänderung der<br />

Westfassade der Kirche nach dem Plan von ArchitektReber» von Basel.Vgl.PrKbKH, 15. April 1903<br />

bis 26. April 1907 (91 Seiten). JahresrechnungderGde 1904, S. 52; 1905. S. 53; 1906. S. 26f., 57. -<br />

Damals auch Erstellung des narthexartigen Vestibüls, wie aus Photographie von 1904und Heizungsplanvon<br />

1889 erhellt.<br />

12 PrBK, 17. Aug., 30. Aug., 12. Sept., 29.Nov. 1922 (amletztenDatum bis auf Anstrich fertigerstellt).<br />

JahresrechnungderGde 1922, S. 11.<br />

13PrKRKH, 24. Febr. 1955 bis 22. März 1961. Geschäftsordnung UGde Herisau, 6./7. Dez. 1958.<br />

ALBERT KNOEPFLI, Protokolle vom 10. Febr., 1. und 30. Mai, 11. und 16. Sept. 1959 über Augenschein<br />

vom 28.Jan., 28. April, 26. Mai, 11. Aug., 11. Sept. 1959. - MAX ROHNER, Berichte vomI.Juni,<br />

13. Juli,21. Dez. 1959.AZ, 26.N0V. i960, «Renovation und Restaurierung der protestantischenKirche<br />

inHerisau.»AJB i960, 88. Heft,S.45-50. Gesamtkosten lautJahresrechnungderGde 1963, S. 51 f.:<br />

1443600 Fr.65Rp.


REFORMIERTE KIRCHE<br />

o<br />

0,5<br />

Li 1 ' I I<br />

Abb. 46-48. Herisau. Reformierte Kirche. Die spätgotischen Maßwerkfenster an der nordöstlichen<br />

bzw. östlichen bzw. südöstlichen Schildwand des Chorpolygons. Maßstab 1:60. - Text S.74.<br />

hergestellt unter Verzicht auf spätgotische Eckquadern und Sockel am Langhaus 1 ,<br />

dafür das Sakramentshäuschen und das spätgotische Traufgesims am Chor abgedeckt<br />

und restauriert. Nicht wiederhergestellt wurden dagegen eine Kredenznische an der<br />

südöstlichen Polygonalwand mit einem Steinmetzzeichen (Tabelle IV, 20) von 1516<br />

bis 1520 und ein Apostelkreuz aus derselben Zeit 2 . Die Glasgemälde im Chor und<br />

in der ebenfalls wiederhergestellten Seitenkapelle schufKöbi L ämmler 3 .<br />

Beschreibung, i. Lage. Siehe oben bei Turm, S. 54.<br />

2. Grundriß (Abb. 36). Dreiseitig geschlossener, eingezogener Chor und ein rechtwinkliges,<br />

einschiffiges Langhaus mit innenseits narthexartiger Vorhalle als Windfang.<br />

Mit Chorschulter und Nordwand des Schiffs stößt die Kirchean die Mauer des<br />

annähernd quadratischen Turms, der hier mit seiner Südflanke das Langhaus begrenzt,<br />

ostwärts aber noch 2 m über die Chorschulter vorspringt, so daß der Zwischenraum<br />

zwischen dieser und der ostseits anschließenden Sakristei dem Baumeister von<br />

1516 bis 1520 gerade noch einen Zugang vom Chor zum bereits bestehenden Turmeingang<br />

mittels eines gekrümmten Gangs ermöglichte. Die längsrechteckige Sakristei<br />

selbst schmiegt sich in die Ecke zwischen Ostflanke des Turms und Nordwand des<br />

Chors. Im Winkel zwischen der Westflanke des Turms und der nördlichen Mauer<br />

des Langhauses liegt, mit ursprünglichem, jedoch verändertem Zugang von diesem<br />

her, die ebenfalls längsrechteckige Seitenkapelle.<br />

3. Äußeres (Abb. 34, 42-48). Der Eindruck einer stattlichen spätgotischen Landkirche<br />

ist trotz der a m Langhaus in Erscheinung tretenden Barockisierung von 1782/83<br />

erhalten geblieben. Der hochstrebende, schlanke Chor überragt mit seinem gekehlten<br />

Traufgesims aus Sandstein die Mauerkrone des viel breitern Langhauses um rund<br />

3,4 m und liegt mit diesem unter dem einheitlich durchlaufenden First eines gemeinsamen,am<br />

Chor abgewalmten undam Langhaus heruntergeschleppten Satteldaches,<br />

das mehrere Lukarnen aufweist. Ein sattelförmiges Querdach verbindet Turm und<br />

Langhaus. Es wurde 1811 im Zusammenhang mit der Neuerrichtung des Landes-<br />

1 Vgl. Bauakkordvon 1516.<br />

2 KNOEPFLI, Protokollvom30.Mai (Augenscheinund Besprechungvom 26.Mai 1959), S. 3 f.<br />

3 AZ, 26.Nov. i960.Vgl.AZ,Nr. 290, 10.Dez. 1959. Die Gemälde sind signiertund 1961 datiert.


Abb.49und50. Herisau. Reformierte Kirche. Blick gegen den Chor vor der Renovation von 1959/60<br />

mit dem neugotischen Orgelgehäuse von 1879. - Nach der Renovation von 1959/60. - Text S.43<br />

72, 73-83 und 87 f.<br />

archivs (Sakristei) anstelle eines tiefer sitzenden ähnlichen Daches, dessen Verlaufim<br />

Dachstuhl sichtbar ist, errichtet.<br />

Am Chor steigen sechs einfach getreppte, mit geflächten Hausteinen gefaßte Strebepfeiler<br />

aus dem sie umgreifenden Quadersockel aus Sandstein empor 1 . Dazwischen<br />

stehen, gut 2 m über dem Sockel ansetzend, zweisprossige spitzbogige Maßwerkfenster,<br />

zwei in den südlichen Schildmauern, drei im Polygon, deren geflächte Sandsteingewände<br />

ausnahmslos mit Steinmetzzeichen versehen sind (Tabelle IV, 1, 3, 4, 6, g,<br />

13)Die Maßwerkformen sind,an der Südseite angefangen, von links nach rechts folgende:<br />

1. Stehende Fischblasen mit eingezirkeltem, verschnittenem Zweipaß werden<br />

von sich kreuzenden Teilbogen umfangen.Im obern Zwickel kleine liegende Fischblase.<br />

- 2. Uber zwei mit Nasen besetzten Rundbogen drei liegende Fischblasen mit<br />

Nasen. - 3. Uber zwei sich kreuzenden Rundbogen zwei liegende Fischblasen mit<br />

Nasen. - 4. und 5. Aus Teilbogen und Geraden gebildete Gitter, bei 5 ein Mittelkreuz<br />

bildend, mit rhombenförmigen und dreieckigen Durchbrechungsfiguren (Abb. 46-48).<br />

Die nördliche Chorseite ist fensterlos 3 .<br />

1 Der Sockel wurde 1959 nach dem ursprünglichen Verlauf rekonstruiert. Die Pfeiler selbst erhielten<br />

anstelle von Ziegeln eine Kupferabdeckung. KNOEPFLI, Protokoll v om 30.Mai über Augenschein<br />

undBerichtvom 26. Mai 1959. - ROHNER, Berichtvom 21. Dez. 1959.<br />

2 1959 Steinmetzzeichen nachgetieftundrot getönt. KNOEPFLI, Protokoll vom I.Mai 1959.<br />

3 Das sechste 1516 geplante Chorfenster wurde offenbar in Rücksicht auf das im Vertrag nicht<br />

vorgesehene, aber tatsächlich erstellte Sakramentshäuschenan d er östlichen Schildwand nicht ausgeführt.


REFORMIERTE K IRCHE 75<br />

Abb. 51. Herisau. Reformierte Kirche. Blick ins spätgotische NetzgewölbedesChorsvon 1516 bis 1520<br />

mit d en 1782 von Meister Andreas Moosbrugger geschaffenen mehrfarbigen Rokokostukkaturen. -<br />

Text S.yof.und 77-79.<br />

Im Unterschied zum rein spätgotischen Chor erfuhr das Langhaus von 1516 bis 1520<br />

in der Renovation von 1782 wohl abgestimmte, sozusagen nur an Portalen und Traufgesims<br />

feststellbare Veränderungen. Die Eckquadern fehlen seit 1959/60 an den<br />

glattverputzten Wänden, und der Verlauf des Quadersockels wurde nur noch mit<br />

einer Rille markiert 1 . Drei keilförmige Pfeiler verstreben das Langhaus, je einer<br />

zwischen den beiden westlichen Fenstern der Süd- und der Nordwand einander<br />

gegenübergestellt, der dritteam östlichen Ende der Südwand gegenüber dem Turm.<br />

Auf der spätestens 1794 entstandenen Radierung vonHeinrich Thomann nach einer<br />

Zeichnung von J. C.M a y r sind sie noch nicht vorhanden, zum erstenmal jedoch<br />

auf der 1795 datierten Bleistiftzeichnung vonJ o h . J a k o b B iedermann, der Vorlage<br />

für die bekanntere Radierung 3 . Das in Gips ausgeführte, stark ausladende Traufgesims<br />

wurde 1782 auf das spätgotische von 1516 bis 1520 aus Sandstein aufgesetzt 3 .<br />

Zu den drei im Vertrag von 1516 erwähnten Portalen, wovon sich zwei an der<br />

Westfassade und eines an der Südseite befinden 4 , gesellten sich 1782 zwei weitere,<br />

1 Beides wurde weggelassen in Rücksicht auf « den heute bestimmenden Habitus der Kirche».<br />

Laut KNOEPFLI, Protokoll vom 30. Mai 1959, S. 5.<br />

2 BilddokumenteA7 und 10 (Abb.67).<br />

3 Laut Bericht ROHNER vom 1.J uni 1959 wurde das Traufgesimsvon 1516 bis 1520 unterdem jetzigen<br />

barocken festgestellt, aberaus konstruktiven Gründenundin Rücksicht aufden Gesamthabitus<br />

des Langhauses nicht wiederhergestellt.<br />

4 Das Südportal ist im Landbuch von 1585 und wieder bei HERRLIBERGER 1758 festgehalten.<br />

BilddokumenteAl, 4 (Abb. 20) und 5.


76 HERISAU<br />

eines an der Westseite 1 , sehr wahrscheinlich das mittlere 2 , und jenes an der Nordseite<br />

3 . Mit Ausnahme des Südportals, das rundbogig ist, wurden damals alle korbbogig<br />

und mit Schlußstein gestaltet 4 , das Nordportal außerdem mit den noch vorhandenen<br />

dreifeldrigen Schweifwerktüren aus Nußbaumholz ausgestattet. Die Westeingänge<br />

sind über sechsstufige, dreiseitige Granittreppen zugänglich und von gemeinsamem<br />

Vorzeichen beschirmt, einem auf vier Sandsteinsäulen abgestützten<br />

Walmdach. Es wurde 1960 jenem von 1790 nachgebildet und an den wieder zum<br />

Vorschein gekommenen Maueranschlüssen befestigt 5 . Das Vorzeichen des Südportals<br />

in klassizistischer Gestalt, ein mittels Holzvoluten auf Sandsteinpilastern<br />

ruhendes hölzernes Walmdach, von 1922. Dessen Vorgänger, ein Vorzeichen von<br />

1844, ein früheres mit eingeschweiftem Zeltdach vermutlich von 1795 und ein noch<br />

früheres mit Pultdach und Seitenwänden, das bereits nach Mitte 18. Jahrhundert<br />

bestand, sind auf den zeitgenössischen Ansichten abgebildet 6 . Von den sechs 1516<br />

geplanten Fenstern waren nur fünf ausgeführt worden, zwei an der Nordseite 7 und<br />

dreian der Südseite, die westlichen bedeutend schmäler, alle aber mit maßwerklosen<br />

Spitzbogen und mit Steinmetzzeichen versehen (Tabelle IV, 1-3,6-12, 14-16, 18).<br />

Als sechstes Fenster wurde 1782 dasjenige westlich vom Südportal in gleicher<br />

Gestaltwie die benachbarten eingesetzt. Der frühere Zustand ist 1757 vonJ o h .U l r i c h<br />

Sghellenberg in seiner Federzeichnung für Herrliberger festgehalten worden<br />

(Abb. 20). Das Erstellungsjahr dieses Spätlings ist archivalisch bezeugt. Von den<br />

übrigen Fenstern unterscheidet er sich aber auch durch das Fehlen von Steinmetzzeichen<br />

und seine zwischen Nachbarfenster und Portal eingezwängte Stellung. Ob<br />

das im Vertrag von 1516 vorgesehene Rundfenster «auf der Mannseiten» ausgeführt<br />

worden ist, scheint fraglich.In der eher zweifelhaften Darstellung der Kirche auf der<br />

Landkarte von B artholomäus Bischoffberger 1682 tritt ein solches über dem<br />

Seitenportal in Erscheinung; der zuverlässigeSchellenberg registrierte 1757 jedenfalls<br />

keines mehr 8 . Über dem Südportal hängt eine i960 renovierte, bemerkenswerte<br />

Sonnenuhr, deren Ziffern und Tierzeichen auf eine gerahmte, rechteckige Stucktafel<br />

1 FISCH, Manuskript, S. 108: «Gegen Abend hat man eine neue Öffnung zu einerTür gemacht,<br />

indem vorhernurzweyThürenauf dieser Seite waren.»<br />

2 Zusammenmitdem Rundfenstervon 1516 bis 1520 ergaben sich bei zwei Seitentüren gute Proportionen,<br />

mitder Mitteltürevertrug sich jenes nichtmehr gut. Vgl. Westfassadevor 1906 (Abb. 43).<br />

3 Für die Nichtursprünglichkeit dieses Portals spricht die Tatsache, daß dessen Scheitelstein bis<br />

1959 in den Bankriemen des darüber liegenden Spitzbogenfensters hineinstieß. KNOEPFLI, Protokoll<br />

vom i.Mai 1959, S. 3.<br />

4 Abb. 43 (Zustandder Westfassadevor 1906).<br />

5 Ebenda. KNOEPFLI, Protokoll vom 30.Mai 1959. - ROHNER, Bericht vom 1.J uni1959.- PrKbKH,<br />

14.Juli 1904. - KRKH, 26. Aug. i960.<br />

6 Früheste Ansicht des Vorzeichens von 1844 auf Bilddokument C4 (Empfang der Sonderbundstruppen,A<br />

G II, S. 432/433), zuletzt noch auf alten Ansichtskarten. — Dessen Vorgänger zuerst bei<br />

BIEDERMANN 1795 (Bilddokument A10) und auf den verschiedenen Ansichten von FITZI (Bilddokumente<br />

A31,a-f); das früheste bei SCHELLENBERG bzw. HERRLIBERGER 1757 bzw. 1758 (Bilddokumente<br />

A4 und 5) undnoch bei MAYRund THOMANN, spätestens 1794 (Bilddokument A7).<br />

7 Die Fensterbank überdemNordportal (siehe obenAnm. 3) wurde 1959/60 gehoben.<br />

8 Die Zeichnung bei BISCHOFFBERGER ist offenkundig vonderungenauen Darstellungin MERIANS<br />

Topographie inspiriert, die die Kirche von der Nordseite mit Nordportal und Rundfenster darüber<br />

zeigt, gibt aber die Kirche, von Süden gesehen, wieder, ohne ihre Richtung zu ändern, so daß der<br />

Chornach Westen blickt. MitandernWorten, stehtderTurm bei BISCHOFFBERGER auf der Südseite.


REFORMIERTE K IRCHE 77<br />

gemalt sind 1 . S chellenberg sah eine Sonnenuhr noch an der Stelle des spätem<br />

östlichen Stützpfeilers, auf deren Abbildung Herrliberger jedoch verzichtete. Links<br />

vom Nordportal ist ein 1517 datierter Wappenstein befestigt, der in Relief den Appenzeller<br />

Bären mit den gekreuzten päpstlichen Schlüsseln in den Pranken zeigt, neben<br />

dem im Schweizerischen Landesmuseum nur fragmentarisch erhaltenen sogenannten<br />

Juliusbanner, einziges bekanntes Beispiel für die Anwendung des von Papst<br />

Julius II. 1512 den Appenzellem verliehenen Privilegs und in der Darstellung ebenfalls<br />

ganz dem Wortlaut der betreffenden Urkunde gemäß 3 (Abb. 40). Nach einer<br />

Uberlieferung, die soweit bekannt erstmals vonJ o h a n nK o n r a d Schäfer in seinen<br />

Materialien zu einer vaterländischen Chronik 1811 schriftlich niedergelegt worden<br />

ist, wurde der Wappenstein von Hauptmann Bartholomäus Berweger von Appenzell<br />

gestiftet 3 . Er bildete den Schlußstein des mittleren Westportals, als welchen ihn<br />

Johannes Fisch und J o h a n n C aspar Zellweger in der ersten Hälfte ig. Jahrhundert<br />

festgestellt haben 4 , wahrscheinlich bis 1906. Damals wurde er über dem neuerstellten<br />

Mittelportal in die Mauer eingelassen, 1959/60 an die jetzige Stelle versetzt 5 .<br />

4. Inneres (Abb. 18, 49-57). a) Chor. Reizende Symbiose der spätgotischen Architektur<br />

vonLorenzR e d e r und den Schmuckformen eines späten Rokokos, virtuoses Werk<br />

des Vorarlbergers A ndreas Moosbrugger. Der gerundete spätgotische Chorbogen<br />

erhebt sich über zwei (ursprünglich vier) Chorstufen auf kubischem Sockel. Er verrät<br />

seine Entstehungszeit 1516-1520 nur noch durch prismatische Profileam nördlichen<br />

Sockel und deren Übergang zu der das ganze Bogengewände begleitenden Hohlkehle.<br />

Im übrigen trägt er das Gepräge von 1782: Eine stuckierte Archivolte auf ebenfalls<br />

stuckiertem Kämpfergesims, in dem sich das Kranzgesims des Schiffs, den Chorbogen<br />

umklammernd, fortsetzt, und ein in den Bogenscheitel verschlungenes stuckiertes<br />

Band mit dem Renovationsdatum 1782: «renovatum a n o mdcclxxxii». An den<br />

Bogenansätzen branden zudem einander symmetrisch zugeordnete Gebilde aus<br />

Rocaillen wie Wellen empor. - Das spätgotische Netzgewölbe ruht auf runden spätgotischen<br />

Sandsteindiensten, die im Winkel zwischen Chorbogen und Chorwand<br />

einzeln, sonst paarweise und durch einen Zwischensteg verbunden, aus schlanken,<br />

mit Kerbschnittmustern verzierten, teilweise ergänzten Sockeltrommeln aufsteigen 6<br />

und ursprünglich zäsurlos in die mehrfach gekehlten Rippen überliefen, 1782 aber<br />

1 Laut PrKRKH, 26.Aug. i960, durch Firma HAAGA, Rorschach, restauriert und von Herrn<br />

HAAG sei., HugelshofenTG, gerichtet worden.<br />

2 AUB 1609. - ZELLWEGER, Urk. 662. —Z um Juliusbanner siehe BRUCKNER, Fahnenbuch, Fahnenkatalog,<br />

S. 6f. - Abweichende Darstellungenmit einem Schlüsselauf Holzschnitten des 16. Jahrhunderts<br />

in: MARTIN, Fahnenbuch, S. 28f.<br />

3 SCHÄFER, Materialien 1811, S. 128f. - Zur Persönlichkeit Berwegers siehe ZELLWEGER,G AV III,<br />

1, S. 58, 202. - Wappenbuch, S. 18f. - MARTIN, a.a.O., S. 29f.<br />

4 FISCH, Chronik VII, S. 35: «...an der mittleren Kirchthüre gegen Abend obenam Schlußstein<br />

zu sehen.» - ZELLWEGER,GAV II,S. 349,Anm. 143: «...das genannteWappen aufdem Schlußsteine<br />

des Thürgewölbes..., wie es jetzt noch daselbstzu sehen ist.»<br />

5 FrühereAbbildungen zeigen ihn bemalt, so: ROTACH, Herisau, S.8. —A JB 1955, S. 10, 11.<br />

6 KNOEPFLI, Protokollvom I.Mai (Augenschein und Besprechung, 28.April) 1959, S. 4: «a) Die<br />

Diensteauchunterder Verkleidungvon 1782 belassen; soweit nötigganz hinunterführen dort, wo sie<br />

(wiean der Südwand) ausgebrochen wurden, b) Die Fußtrommeln eventuell ersetzen, aber unornamentiertinGuß.»


78 HERISAU<br />

Abb. 52 und 53. Herisau. Reformierte Kirche. Blick gegen die beiden nördlichen Schildmauern des<br />

spätgotischen Chors. Der spätgotische Wanddienst aus Sandstein mit stuckiertem Kapitell und mit<br />

Stuckgirlanden von 1782. - Hellgrau getönte Rocaillen in Verbindung mit ockerfarbenen Pflanzenmotiven<br />

an Gurteund Profilrahmen des Tonnengewölbesim Langhaus. - Text S.7of., 77 - 79> 81-83.<br />

mit stuckierten, im Chorpolygon zudem eingeschweiften Kapitellen und mit daran<br />

herabhängenden Blumenzweigen geschmückt, entsprechend eingetönt sowie an der<br />

Nordwand mit Blumengirlanden von Kapitell zu Kapitell verkettet worden sind.<br />

Das Gewölbe selbst überspannt zwei Joche und den polygonalen Chorabschluß.<br />

In beiden Jochen bilden die Rippenje eine übereinstimmende, durch eine Zwischenraute<br />

miteinander verbundene Figuration einer axialsymmetrischen, aus vier kleinen<br />

Querrauten gefügten Großraute zwischen anschließenden Restdreiecken und Trapezoiden,<br />

die bis zu den Stichkappen der Schildwände verbleiben. I m Scheitel des<br />

westlichen Jochs ein Sprengring. Daß die im Vertrag 1516 vorgesehenen figürlichen<br />

Schlußsteine tatsächlich ausgeführt worden sind, läßt sich bei dieser Einteilung<br />

schwerlich denken 1 . - Über das Netz der Sandsteinrippen breitet sich in rokokohafter<br />

i Vertrag von 1516, i.Teil, G.Punkt: «..den Chor gewölbt... mit 3 gehauen Schlußsteinen, an<br />

dem ersten Sant Anna,undan dem andern unser lieben Frauen, undan dem dritten Sant Laurenzen,<br />

Abb. 54. Herisau. Reformierte Kirche. Profil der Mehrzahl der spätgotischen Wanddienste und dasjenige<br />

der Gewölberippen im Chor. Maßstab 1:8. - Text S. yyf.


e f o r m i e r t e k i r c h e 79<br />

Abb.55 und 56. Herisau. Reformierte Kirche. Stuckierte Rocaille in Verbindung mit Blatt- und<br />

Blumenranken und einer turmartigen Architektur, typisches Motiv des Andreas Moosbrugger, beim<br />

AnsatzderChorbogenarchivolteaufdem Kämpfergesims. - Große Rokokokartuschean der Hohlkehle<br />

überdem Gesims des Langhauses. - Text S.yof., 81-83.<br />

Verspieltheit und wie eine Variation des Rippennetzes selbst das Gespinst der Stukkaturen<br />

aus C-förmigen Rocaillen und daraus herauswachsenden Blumengebinden.<br />

Zusammen schmücken sie die Gewölbekappen, während die Rocaillen auch über die<br />

Rippen hinwegklettern und bisweilen frei in den Raum hinausschwingen. Weitere<br />

Stukkaturen zieren die Schildwände um die Fenstergiebel und an den Gewölbeansätzen.<br />

- Das lebendige Zusammenspiel der konstruktiven und der dekorativen<br />

Elemente ist gesteigert durch die farbige Behandlung der Gewölberippen mit einem<br />

dunkleren Grau, das sich vom gebrochenen Weiß der Gewölbekappen abhebt, der<br />

Rocaillen mit einem helleren Grau und der pflanzlichen Motive mit Ocker, ein Farbsystem,<br />

das sich aus Farbspuren 1959/60 rekonstruieren ließ 1 . In der neuesten Forschung<br />

wird diese geistvolle Synthese von spätgotischem Rippengewölbe und Rokokostukkaturen<br />

als seltener Sonderfall gewürdigt 2 . - Unberührt von der Barockisierung<br />

blieben nordseits Turm- und Sakristeitüre, deren Sandsteingewände das Material in<br />

Erscheinung treten lassen.Am Gewände der Turmtüre (Abb. 57) umfängt ein Rundbogen<br />

mit flächiger Stirnseite eine einwärts gestufte, kielbogige Laibung, die aus<br />

einem Rundstab und einer Flohlkehle gebildet ist. Der Rundstab, der aus gekerbter<br />

alles Brustbild.» Vgl. dazu die vollplastischen SchlußsteineimChor des Berner Münsters,Kdm Bern<br />

IV,S. 141—143. Nichtszutun hat damit derJünglingskopfam Scheitel des Sakristeigewölbes. Von<br />

diesem berichtet nämlich FISCH, Manuskript, S. 46: «Dieser stuhndim alten Archiv ( = spätgotische<br />

Sakristei) in einemEck.. .Und auchsohatman (1811) mehrereKöpfe in Steingehauen weggeschaft.»<br />

1 KNOEPFLI, Protokoll vom iG.Sept. (Augenschein, 11.Sept.) 1959, S.4: «Fürden erreichbaren<br />

Stucku m die Fenster zeigte sich unterdem letzten Ölanstrich eine honiggelbe Schicht unddarunter<br />

ein ganz blasses Gelb, das nicht aufgetragen worden, sondern die Farbedes so durchgefärbten Stucks<br />

ist.» KNOEPFLI, Geschichteund Kunst,AZ, 26.Nov. i960: «Der Ockertonder floristischen Teilewar<br />

nicht etwa (oder gar später) aufgestrichen, sondern von Anfangan durchgefärbtworden.»<br />

2 ANDREASF . A. MOREL, Andreasund Peter Anton Moosbrugger. Ein Beitrag zur Stuckdekoration<br />

des Rokoko in der Schweiz. Ms. (erscheint 1973 als Band 2 der «Beiträge zur Kunstgeschichte der<br />

Schweiz», hrsg. von der Gesellschaftfür Schweizerische Kunstgeschichte).


8o<br />

HERISAU<br />

Sockeltrommel aufsteigt, verzweigt sich beim Bogenansatz und begleitet auch den<br />

Rundbogen darüber. Im Giebelfeld zwischen Rund- und Kielbogen in einem<br />

Schriftband die Jahreszahl «1518». Am Gewände links und rechts je ein Steinmetzzeichen<br />

(siehe Tabelle IV, 19). Nußbaumtüre mit zwei rechteckigen Feldern von<br />

tgsg/öo. Das stichbogige Gewände der Sakristeitüre mit einem Steinmetzzeichen<br />

(Tabelle IV, 1) ebenfalls von 1516 bis 1520. Einwärts gestufte Leibung in der<br />

Abfolge Hohlkehle-Rundstab-Zwischensteg-Rundstab-Hohlkehle, welche Profile<br />

unten spitzbogig in die Gewändekante auslaufen, wobei sich die beiden Rundstäbe<br />

kreuzförmig verschränken und frei in den Raum schwingen. Gleiche Nußbaumtüre<br />

von 1959/60 wie zum Turm.<br />

Der spätgotische Wandtabernakel ist wie die beiden Türen im Vertrag von 1516 nicht<br />

erwähnt, wurde vermutlich 1782 durch Verputz zugedeckt 1 und 1959/60 anhand von<br />

Überresten rekonstruiert. Er besteht aus einer mit verschränkten Rundstäben gerahmten<br />

Rechtecknische, die mit neuem schmiedeisernem Gitter verschlossen ist, und<br />

aus einer sie umgebenden, teilweise plastischen, teilweise 1959/60 nur noch illusionistisch<br />

nachgemalten Blendarchitektur 3 . Diese gibt sich auf dem Hintergrund einer<br />

von rechteckigen Maßwerkfenstern durchbrochenen Wand als kielbogiges, von Fialen<br />

flankiertes Prunktor mit Blendmaßwerk im Giebelfeld, mit Krabben und Kreuzblumen.<br />

Unten ist der Wandtabernakel mittels drei kandelaberförmig verzweigten<br />

Rippen auf einer Wandkonsole abgestützt. Neue Polychromie mit hell- und dunkelgrauen,<br />

blauen, roten und ockergelbenTönen. - In den dreiFenstern des Chorabschlusses<br />

1961 datierte Glasgemälde nach Entwürfen vonKöbi Lämmler, St. Gallen, die vorzüglich<br />

in das spätgotische und barocke Ensemble eingestimmt sind. Von Nord nach<br />

Süd: Gesetzgebung auf Sinai, Auferstehung Christi und Abendmahl. In den beiden<br />

südlichen Fenstern wasserklare Rautenverglasung 3 . - Sandsteinplattenboden von<br />

1959/60.<br />

b) Schiff.I m Unterschied zum Chor vorherrschender spätbarocker Charakter, ausgeprägt<br />

durch die stichbogigen Gewände sämtlicher Türen (die nördliche mit<br />

ursprünglichem Beschläg und Schloß, die westlichen Glastüren zum Vestibül und<br />

die Nußbaumtüre zur Seitenkapelle von 1959/60), die Empore von 1783, die stukkierte<br />

Gipsdecke von 1782, die wabenförmigen Mondglasscheiben der Fenster (von<br />

1 959/6°) und die Rokokostukkaturen an deren spitzbogigen Gewänden, neben den<br />

1 SowohlTüren als auch Wandtabernakel liegen inder gleichen Wandfluchtetwa 5 cm tiefer als<br />

der heutige Verputz.<br />

2 KNOEPFLI, Protokoll vom 30.Mai (Augenschein und Besprechung, 26.Mai) 1959, S. 3: « Die<br />

Trümmer der appliziertenArchitektur (Kielbogenund seitliche Fialen)reichen zwarzur zeichnerischen,<br />

aber nichtzur materiellen Rekonstruktion aus, diezudem sehr teuerzu stehen käme.Man wirddaher<br />

das noch bestehende Steinwerk (d.h. die Maßwerkblenden zu beiden Seiten der Kielbogenfiale)<br />

ergänzen, sonst aber die Formen des einstigen plastischen Architekturschmuckes nur linear durch<br />

dunkle Farben andeuten. Die stark defekten Rahmenprofile fordern neue Führungen. Der ehemals<br />

farbige Grund istnur durcheinen diskreten roten anzudeuten..» — Restaurierung<br />

durchKARLHAAGA jun.,Rorschach.<br />

3 Dasim Vertragvon 1516 vorgesehene sechste Chorfenster wurde vermutlich mit Rücksicht auf<br />

den Wandtabernakel nicht verwirklicht. Die hier zwischen FensternundTürengähnende Leere der<br />

Schildmauer war mitunter ein Grund für die Wiederherstellung des Wandtabernakels. KNOEPFLI,<br />

Augenscheinund Besprechung, 26.Mai 1959 (Protokollvom 30. Mai), S. 3.


REFORMIERTE K IRCHE<br />

8 l<br />

Steinmetzzeichen die einzigen Zeugen der Bauzeit von 1516 bis 1520. Die tiefe, im<br />

Grundriß unregelmäßige Empore besitzt zwei Zugänge vom Vestibül und einen von<br />

der Nordostecke her 1 und flankiert mit der getäferten Brüstung (von 1959/60) die<br />

West- und Nordseite des Schiffs 2 , indem sie auf drei neu marmorierten Stützen,<br />

toskanischen Säulen mit Kämpfern, Unterzügen und Bügen ruht 3 , mit einer die<br />

ganze Tiefe unterfangenden Hohlkehle an die Ziergesimse der Kirchenwände anschließt<br />

4 und dabei die zwei nördlichen Fenster überschneidet (Abb. 18, 36f., 49f.).<br />

Die auf ringsum laufendem Kranzgesims ruhende Decke des Schiffs besitzt die<br />

Gestalt einer östlich und westlich abgewalmten, nördlich und südlich von großer<br />

Hohlkehle begleiteten gedrückten Tonne, die an ein Spiegelgewölbe erinnert. Uber<br />

diese verteilen sich die nach «vorgelegten und ausgesuchten Zeichnungen» ausgeführten<br />

Stukkaturen (S. 7of., Abb. 53, 55, 56) im Unterschiedzum Chor in einem rationalen<br />

System: Zwei Gurten steigen von verzierten Gesimsverkröpfungen empor und<br />

1 Vom Vestibül her seit 1959/60 Wendeltreppe. GemäßPlan ROHNER, Nr. 1017, O, 35.<br />

2 Die Westemporewurde 1959/60noch weiter gegen Osten vorgeschobenund gegen die Westwand<br />

erweitert. PrKRKH, 15.Juni 1959, und GeschäftsordnungUGH, 6./7.Dez. 1958, S.8.<br />

3 Laut Bericht ROHNER vom I.Juni 1959, S. 2, w ar eine «beige-rötliche» Marmorierung zum<br />

Vorschein gekommen. - Laut PrVKH, 7.Mai 1783, w ar nur eine Säule, « da selbige (Porkirchen)<br />

zusammenkommen», geplant gewesen. Hingegen ist das ebenda erwähnte Sprengwerk («Porkirchen<br />

und zwaren gesprengte») 1959/60 bloßgelegt worden (Photo im KdmA).<br />

4 1959/60 völlig erneuert.<br />

• j<br />

Abb. 57. Herisau. Reformierte Kirche. Turmtüre mit rundbogigem bzw. kielbogigem Sandsteingewände,<br />

1518 datiert, dessen Rundstäbe wie beim benachbarten Wanddienst aus Sockeltrommeln<br />

mit Kerbschnittmuster herauswachsen, und Sakristeitüre mit stichbogigem Sandsteingewände, um<br />

1518, dessen Rundstäbe unten kreuzweise verschränkt sind. - Text S. 79f.<br />

6 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


82 HERISAU<br />

sondern drei Joche aus. Über jedes ist ein großer vierpaßförmiger Spiegel ausgebreitet.<br />

Der mittlere, durch einen Innenspiegel betont, ist feiner profiliert, jedoch größer und<br />

mit Blumenarrangements und Rocaillen reicher verziert als die beiden andern, die<br />

durch kleine Zwischenspiegel über die Gurten hinweg mit ihm verbunden sind. Das<br />

dekorative Gleichgewicht wird aber durch die den drei großen Spiegeln beidseits<br />

zugeordneten asymmetrischen Medaillons geschaffen, die vom Kranzgesims aus die<br />

Hohlkehle durchbrechen und sich an den beiden Nebenspiegeln größer und in komplizierteren<br />

Formen entfalten als beim mittleren. Dagegen fallen bei den zwei mittleren<br />

Medaillons die von Zwillingsbogen durchbrochenen turmartigen Architekturteile<br />

auf, die in verschiedenen Abwandlungen im Werk Andreas M oosbruggers<br />

immer wieder begegnen. Die Tönung, gebrochenes Weiß der abstrakten Elemente<br />

und Ockergelb der pflanzlichen auf lichtem Weiß des Gewölbegrundes, wurde 1959/60<br />

1616-1520<br />

0 10<br />

Abb.58 und 59.Herisau. Reformierte Kirche. LängsschnittOst-West durch spätgotische Seitenkapelle,<br />

untere Turmgeschosse und Sakristei (ehemaliges Kantonsarchiv) von 1811. - Aufrisse der äußern<br />

nördlichen Chorwand sowie derChorschulterwandim Estrichüber der bestehenden Sakristeivon 1811<br />

mit Überresten (verputzte Schildbogenwände, Kragsteine u.a.m.) der 1811 abgebrochenen spätgotischen<br />

Sakristei bzw. des Landesarchivs. Maßstab 1: zirka 260. - Text S. 62-65und83-85.


REFORMIERTE K IRCHE 83<br />

durch die FirmaK a r l H a a g a erneuert. - Bodenbeläge aus Sandstein im Chor und<br />

Schiff, aus Granitplatten im Vestibül von 1959/60 1 .<br />

Seitenkapelle (Abb. 36, 45, 58). Einst St.-Anna-Kapelle, später «Frauenchor» oder<br />

«Schwätzchörli», seit 1959/60 Taufkapelle. Der längsrechteckige Bau in der Ecke zwischen<br />

westlicher Turmflanke und nördlicher Langhausmauer liegt unter einem durch<br />

Herabschleppen des Langhausdaches gebildeten Pultdach. Ein breites, maßwerkloses<br />

Spitzbogenfenster in der Nordwand,am äußern Gewände mit Steinmetzzeichen versehen<br />

(Tabelle IV, 2, 5, 6, 17), taucht den Raum mit farbenglühendem Glasgemälde,<br />

das die Taufe Christi im Jordan darstellt und von Köbi L ämmler, St. Gallen, 1961<br />

vollendet wurde, in stimmungsvolles Halbdunkel. Er ist von neunteiligem Netzgewölbe<br />

überspannt, das aus einer längsgerichteten, axialsymmetrischen Raute und<br />

anschließenden Restdreiecken überje einer Stichkappe an jeder Wand sowie aus<br />

doppelt gekehlten Rippen besteht, von denen die kurzen Glieder in den Ecken des<br />

Raumes auf rekonstruierten 2 Konsolknäufen ruhen oder stützenlos enden, die langen<br />

Glieder darüber in der Mauer verlaufen. Der eigentliche Eingang führt seit 1959/60<br />

wieder vom Langhaus her, wohin sich die Kapelle ursprünglich bis 1889/90 mit einem<br />

auf der Innenseite noch als Blendarkade sichtbaren «Schwibbogen von gehauen<br />

Steinen» öffnete, jetzt mit stichbogigem Gewände und mit Türe aus Nußbaumholz.<br />

Der westliche Eingang von außen mit rechteckigem Sandsteingewände und einer<br />

Nußbaumtüre ist 1889/90 als Zugang zu der in der Kapelle untergebrachten Heizung<br />

entstanden 3 . Tonplattenboden und Ausstattung von 1959/60 4 .<br />

Sakristei und ehemaliges Landes- bzw. Kantonsarchiv. Baugeschightliches. Der im Bauvertrag<br />

1516 nicht erwähnte Sakristeianbau wurde vermutlich schon seit der Landteilung<br />

1597 (Trennung von Innerrhoden) als Archiv des außerrhodischen Landesteiles<br />

hinter der Sitter verwendet, doch erst 1811 als «das kleine und feuchte Standesarchiv»<br />

an der östlichen Turmseite ausdrücklich erwähnt 5 , als er gemäß Beschluß<br />

von Neu und Alt Räten auf Landeskosten durch den jetzigen Anbau nach einer<br />

«Zeichnung von Baumeister Langenegger» ersetzt und das dazugehörige Grundstück<br />

der Gemeinde abgekauft wurde 6 . Ab 1. Januar 1915 wurde «das dem Staate gehö-<br />

1 PrKRKH,26.Aug.und 25.Okt. i960.<br />

2 KNOEPFLI, Protokoll, 16.Sept. über Augenschein vom 11.Sept. 1959: « Die Rippenenden, wohl<br />

prismatische Konsölchen, sind nachdem alten Mörtelkragen bzw. Auflagerspurenzuergänzen.»<br />

3 PrGdeV, 15.Dez. 1889; Mehrheitsbeschluß für neue Kirchenheizung. - RPr, 26. und 29.N0V.,<br />

9. und 23.Dez. 1889, 20.Jan. 1890 (Heizung fertig erstellt). Im nicht ausgeführten Heizungsprojekt<br />

von 1889, das eine Installation im Landesarchiv (Sakristei) vorsah (vgl. RPr, 26. Nov. 1889) ist d er<br />

Grundrißder Seitenkapelle ohne Westausgang eingezeichnet (KGdeA).<br />

4 PrKRKH, i i.Märzund 25.Okt. i960. - AZ, 26.Nov. i960.<br />

5 SCHÄFER, Materialien 1811, S. 103: «...und jetzt ist m an beschäftigt, einen kleinen Anstoß<br />

neben die östlicheThurmseite zu bauen,wodurchdas kleineund feuchte Standesarchiv vergrößertund<br />

zu besserer Verwahrung der diplomatischen Schriften, Bücher,Dokumente etc.zweckmäßig eingerichtet<br />

wird.» - FISCH, Manuskript, S.46: Baubeginnam 12.Juni 1811.<br />

6 Großen Raths Haupt-Protokoll,6.Mai 1811 (KtA,B2,i,S.2i4): «Es sollin Herisauund Trogen<br />

für ein schickliches, trockenesund feuervestesLocal gesorgt werden, seye esdurch nöthigesBauenoder<br />

Miethen.» Ebenda, 21.Mai (S. 218); «Wegen dem Archiv-Gebäud in Herisau ist erkennt: daß ein<br />

LocallautZeichnung von Baumeister Langenegger ca. 17 X 22Fuß hohl und 15Fuß hoch angebracht<br />

werden solle. DieGemeinde Herisau fordert für die Hofstatt 15 Louisdor.» - Laut FISCH, Manuskript,


8 4 HERISAU<br />

rende Archiv bei der Kirche» nach dessen endgültiger Räumung der Evangelischreformierten<br />

Kirchgemeinde mietweise als «Ankleidezimmer für die Geistlichen»<br />

überlassen und dem Antrag der Kirchenvorsteherschaft, «auf der Nordseite des<br />

Archivs eine weitere Türe» anzubringen und ebenso «die innere Panzertüre durch<br />

eine hölzerene» zu ersetzen, entsprochen 1 . 1947 Innenrenovation durch Architekt<br />

H a n s Balmer, St. Gallen 2 . 1948 Übergang des Gebäudes durch Schenkung vom<br />

Kanton an die Politische Einwohnergemeinde 3 . 1959/60 Innen- und Außenrenovation<br />

4 .<br />

Beschreibung, i . Der Bau nach Plan vonK o n r a d Langeneggger 181 I (Abb. 34, 36,<br />

58). Im Winkel zwischen Turmost- und Chornordwand auf leicht erhöhtem, 1959/60<br />

neugestaltetem Vorplatz errichteter, rechteckiger Anbau, der mit dem ostseits abgewalmten<br />

Pultdach beinahe die Traufhöhe des Chors erreicht und westseits mit dem<br />

zwischen Turm und Kirche liegenden Querdach eine Ablaufkehle bildet. Mit der<br />

ausladenden Traufhohlkehle greift er über den nordöstlichen Strebepfeiler. Der<br />

schlichte, glattverputzte Bau, dessen Eckquadern und Sockel wie beim Schiff 1959/60<br />

entfernt worden sind, besitzt an der Nordfront einen 1915 errichteten sekundären<br />

Eingang mit granitener Außentreppe von 1959/60. Hier und an der Ostwand zudem<br />

je ein rechteckiges Fenster mit Sandsteingewände, das mit geschmiedetem Rautengitter<br />

versehen und einwärts zu geschrägter, stichbogiger Kammer von unterschiedlicher<br />

Größe geweitet ist. Ursprünglicher Zugang vom Chor her durch das spätgotische,<br />

schon dem Vorgängerbau dienende Türgewände. Der rechteckige Innenraum,<br />

deran der Westflanke in den Zwischenraum zwischen Turmsüd- und Chornordwand<br />

einspringt, ist mit quadratischem Kreuzgratgewölbe bedeckt, das west- und ostseits<br />

von breiten, rundbogigen, auf karniesförmigen Wandkonsolen aus Sandstein abgestützten<br />

Gurten begleitet ist. Im Scheitel des Gewölbes vollplastischer Jünglingskopf<br />

aus Sandstein, eine rustikale Bildhauerarbeit eines Steinmetzen vermutlich von 1516<br />

bis 1520. Der Kopf wurde 18 u als «Schlußstein» an dieser Stelle eingesetzt. Zuvor<br />

S. 46, beliefen sich die Baukosten ohne die innere Einrichtung auf2117Gulden 18 Kreuzer, die Gesamtkosten<br />

einschließlichBodenkaufvon der Gemeinde im Betrag von 132Gulden auf2276 Gulden48 Kreuzer.<br />

- Aufder Aquatintaradierung vonJon. JAKOB MOCK mit der Brandstättevom 1.Jan. 1812 ist der<br />

Neubau bereits festgehalten (Bilddokument A15).<br />

1 Protokoll des Regierungsrates, 5.Dez. 1914, Nr. 862 (KtA, Ci, 55), und 22.April 1948, Nr.975<br />

(KtA, Cr, 115). —L aut Mietvertragvom I.Jan. 1915 (im PrKV, 18.Mai 1915) gingen die Umbaukostenzu<br />

Lasten der Kirchgemeinde.Inderen Kassabuch, 6. März 1915, Zahlungvon 205Fr.60 Rp.<br />

an CD. EGGERfür « Umänderung des Archivs: Ausbrechender Fenstergewände, 2 Türen.» — Teilweise<br />

Umsiedlung des Archivs bereits 1906 indas 1902 erstellte Postgebäude laut Protokoll des Regierungsrates,<br />

24.Märzund 10.Mai 1906 (KtA, Ci,46 und 47) und schon vorher ins Gemeindehaus.<br />

2 Visierte Rechnungenvon BALMER im KGdeA.<br />

3 Protokoll des Regierungsrates, 28.Sept. 1948, Nr. 436 (KtA,Ci, 117) mit BerichtüberKantonsratssitzung<br />

vom 20.Sept. 1948: «Schenkung der Sakristei an die Gemeinde Herisau. Beschluß: Er­<br />

mächtigung und Einladung desGrundbuchamtes zur Eintragung insGrundbuch.» - Laut Schenkungsvertrag<br />

sollten die Renovationskosten von 1499 Fr. 25 Rp. vonder Politischen Gemeindedem Kanton<br />

vergütet werden (a.a.O., 24.Aug. 1948, Nr. 368. Vgl. ebenda, Nr. 912). Der Gemeinderat hatte aber<br />

dieSchenkung davonabhängig gemacht,daß die Evangelische KirchgemeindedieKostenübernehme,<br />

wozu dieseam 12.März die Zustimmunggab (GdeRPr, 18.März 1948, Nr. 8255).<br />

4 PrKRKH, 22.April i960 (Glaserarbeiten) und 26.Aug. i960 (Wandschrank und Wandverkleidung).


REFORMIERTE K IRCHE 8 5<br />

schmückte er mit andern, 1811 beseitigten Köpfen die spätgotische Sakristei bzw.<br />

das alte Landesarchiv (s.u.).<br />

2. Spätgotische Sakristei wohl voti ißi6 bis 1520 bzw. Landesarchiv bis 1811 (Abb. 59). Sie<br />

ist als schlanker, hoher Anbau mit Pultdach an gleicher Stelle wie die bestehende<br />

Sakristei auf einer 1794 datierten lavierten Federzeichnung von JOHANNES H ÄDENER<br />

abgebildet 1 . I m Estrich der heutigen Sakristei von 1811 sind Größe, Dach- und<br />

Gewölbeform ablesbar an der Begrenzung durch den ehemaligen Außenverputz der<br />

Chornordwand,am Wasserschlagfür den Dachansatz, der ebenda parallel unterdem<br />

jetzigen verläuft,an Dachschrägen zu einer Kehle zwischen Sakristei- und Querdach<br />

ähnlich der heutigen undan den weißverputzten spitzbogigen Schildmauern, zwei an<br />

der nördlichen Chorwand undje eine an der südlichen Turm- sowie an der westlichen<br />

Zwischenmauer. Fünf wuchtige Kragsteine an der nördlichen Chorwand trugen<br />

offenbar einen Streifbalken zur Befestigung des Dachstuhls. Zahlreiche Balkenlöcher<br />

mit verkohlten Hölzern erinnern an die Brandkatastrophen von 1559 oder 1606. -<br />

Diese Sakristei war mit ungefähr5 x 3 m Grundfläche bedeutend kleiner als die<br />

bestehende und im gesamten weniger hoch, übertraf aber mit ihren zwei quadratischen<br />

Gewölbejochen die Höhe des jetzigen Sakristeiraums. Dabei bildete das<br />

westliche Joch nur einen Teilraum zwischen Turm und Chorwand und über dem<br />

darunterliegenden Turmzugang und öffnete sich scheinbar als «erstes Stockwerk»<br />

auf den vom östlichen Joch überwölbten hohen Sakristeiraum 2 . Er war geschmückt<br />

mit mehreren in Stein gehauenen Köpfen. Der im Gewölbescheitel der bestehenden<br />

Sakristei wiederverwendete Kopf «stuhnd in einem Eck» 3 .<br />

Ausstattung der Kirche<br />

1. Die ehemaligen Altäre. Siehe auch kirchliche Verhältnisse, S. 31 f.<br />

Hauptaltar. Ein Altar des Heiligen Erlösers, seit 907 einigemal bezeugt 4 , wird infolge<br />

Patroziniumswechsels dem hl. Laurentius geweiht, der 1415 als Kirchenpatron zum<br />

ersten Male erwähnt wird, und erhält zwischen 1509 und 1520 zahlreiche Zuwendungen<br />

an Kerzen und Geld 5 .<br />

Nebenaltäre. Infolge Vermehrung von Pfrundstellen für Hilfsgeistliche wurden in<br />

der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts neue Altäre errichtet. Im Bauvertrag von<br />

1516 sind vier Altäre «mit Altarsteinen» von «gehauen Steinen» ohne jenen in der<br />

1 Bilddokument Ag.<br />

2 Der 1518 datierteTurmeingang und der daneben befindliche Sakristeieingang vom Chor her sind<br />

nur verständlich, wenn die jetzige Trennmauer zwischen demGangzum Turmerdgeschoß und der<br />

Sakristei von Anfanganbestand. - FISCH, Manuskript, S.46: «...sodaß dieim ersten Stokwerk sich<br />

befundenen SchriftenderVermoderung ausgesetzt waren...»<br />

3 Der selbst zur Bauaufsicht mitverordnete damalige Landsfähnrich JOHANNES FISCH bemerkt bei<br />

der Beschreibung des Neubaus ebenda: «Inder Mitte des Gewölbesim Schlußstein triftmaneinen<br />

Kopfan als ein Überbleibsel des Alterthumsvonder Zeitherda i nderGegend alles katholisch war!<br />

Dieser stuhndimalten Archiv in einem Eck, welches in denen damaligen Zeiten eine Cappellemag<br />

gewesen seyn!Undauch sohatmanmehrere Köpfein Stein gehauen weggeschaft!»<br />

4 UBSG 750, 758, 759. - AUB 10, 13, 14. - Im J ahre950 ist lautUBSG 802 bzw.AUB 17 ausdrücklich<br />

von einem einzigen Altar die Rede.<br />

5 PrKr,S.2-72, ofterwähnt, meistens zusammenmit St.Anna, wobeinatürlich in erster Linie die<br />

aufden betreffenden Altar gestiftete Pfründe gemeint ist.


86 HERISAU<br />

Abb. 60. Herisau. Reformierte Kirche. Spätbarocke Stuckmarmorkanzelvon Andreas Moosbrugger,<br />

1782, u nd sandsteinerne Kanzeltreppe m it geschmiedetem, teilweise vergoldetem Rokokogeländer<br />

aus derselben Zeit. - Text S.71 und 87.<br />

Seitenkapelle vorgesehen 1 . Neben dem bereits angeführten Laurentiusaltar waren es<br />

folgende: a) Altar St. Johannes und Paulus, Märtyrer, mit darauf 1460 gestifteter Frühmeßpfründe.<br />

- b) St.-Anna-Altar. Seit 1488 ist ein solcher als «in der Pfarrkirche zu<br />

Herisow befindlich» 2 und seit 1508 in Verbindung mit einer Kaplanei bezeugt 3 .<br />

Im Neubau von 1516 bis 1520 wurde dieser Altar vermutlich in der Seitenkapelle<br />

errichtet, die mitdem in den Protokollen der Kirchenrechnungen 1518-1520 erwähnten<br />

St.-Anna-Bau identisch sein dürfte und für dessen Wiederherstellung und Ausstattung<br />

Papst Julius II. schon 1512 einen Ablaß erteilt hatte 4 . Aus dem Wortlaut<br />

1 Punkt 7 u nd 8 des ersten Teils.<br />

2 EbAFr, cod. 109, Fol. i94 r : (1488) «die x m<br />

octobris date sunt. Ind.decanoin Sto Gallo adaltare<br />

ste Anne in eccleäparochj in Heruow siLurn adannum.» Gleicher Eintrag ebenda, Fol. 2i7 r , 17. Okt. 1492.<br />

Ebenda, cod. 110, Fol. I94 r , 7.Okt. 1518: «data est licentia celebrandi in a ra mobili super altari<br />

s. Anne sito in Ecclea p roch Herisow ad annum.»<br />

3 Siehe Anmerkungenzu St.-Anna-Kaplaneiund -Pfründe unter kirchliche Verhältnisse, S. 31.<br />

4 Vatikanisches Archiv,Regesten 981, Fol. 127 (Photokopie im KdmA). Übersetzt und abgedruckt,<br />

aber abwegig interpretiert in:AJB 1894, S. 110-112,


REFORMIERTE K IRCHE 87<br />

des Ablasses zu schließen hätte auch die Seitenkapelle St.Anna in der vorausgehenden<br />

Kirche eine Vorläuferin gehabt. Nirgends ist aber eine St.-Annen-Kapelle in Niederfeld,<br />

Gde Schwellbrunn, verbürgt 1 . - c) St.-Sebastians-Altar. Dieser ist nur aus den<br />

an die gleichnamige Pfründe gespendeten und zwischen 1515 und 1520 im Protokoll<br />

der Kirchenrechnungen vermerkten Gaben an Kerzen oder Geld zu erschließen 2 ,<br />

aber zu unterscheiden vom «Bild zu Wilen». - d) St.-Verena-Altar (?). Dieser Titel<br />

ist nur einmal und sehr unsicher bezeugt. Noch 1603 wird in den Synodalprotokollen<br />

das Vorhandensein von Altären beanstandet 3 . Deren Entfernung erfolgte vermutlich<br />

um 1613 4 .<br />

2. Kanzel. GESCHICHTLICHES. Die Kanzel der mittelalterlichen Kirche mußte laut<br />

Vertrag von 1516 in der neuen Kirche wieder verwendet werden 5 . Diese überdauerte<br />

kaum den Brand von 1559 oder 1606. Bis 1782 befand sich die Kanzel an der südlichen<br />

Langhauswand 6 . Gemäß Beschluß einer außerordentlichen Kirchhöre vom S.Mai<br />

1782 wurde die neue, dem Stukkateur ANDREAS MOOSBRUGGER in Auftrag gegebene<br />

Kanzelam südlichen Pfeiler des Chorbogens befestigt, wo sie sich noch befindet (vgl.<br />

Baugeschichte, S. 70f.). - BESCHREIBUNG (Abb. 36,60). Weißgrau bis schwarz gesprenkelte<br />

Stuckmarmorkanzel, an der sich dunkle Rahmen-, Gesims- und Konsolprofile,<br />

besonders am konkav-konvex gebauchten Korb, von den erhöhten, eingeschweiften<br />

Füllungen abheben. Dieser ist sechsseitig, dochim Grundriß unregelmäßig, indem er<br />

seitlich zum ebenfalls stuckierten Eingang hin zu einer Tribüne erweitert ist. Der<br />

ebenfalls polygonale und geschweifte, jedochim Grundriß symmetrische Schalldeckel<br />

wächst mit dem beinahe flachen Dach in einen Schaft mit Kapitell empor, das eine<br />

symmetrische Ziervase mit vergoldeten Blättern trägt. Lesepult mit prachtvollem<br />

Träger in Gestalt eines getriebenen, feuervergoldeten und mit Blumen geschmückten<br />

Füllhorns. Hinter dem Chorbogenpfeiler die sandsteinerne, gekrümmte Kanzeltreppe<br />

mit geschweiften und profilierten Wangen. Daran reiches, geschmiedetes<br />

Geländer mit C-förmig geschwungenen oder gebrochenen Stäben, die mit mattvergoldeten<br />

Rocaillen besetzt und in die ebenfalls mattvergoldete, aus einem Füllhorn<br />

herauswachsende Blumenranken verflochten sind.<br />

3. Taufstein. GESCHICHTLICHES. I m Vertrag von 1516 wurde die Versetzung des<br />

bisherigen Taufsteins gefordert 7 , nach dem Brand von 1606 von der Stadt St. Gallen<br />

ein neuer gestiftet 8 , 1782 der bestehende zusammen mit der Kanzel durch den Stukkateur<br />

ANDREAS MOOSBRUGGER um 30 Louisdor geschaffen (Baugeschichte, S. 71).<br />

1959/60 wurde er von seinem Platz in der Mitte vor den Chorstufen an die heutige<br />

1 Eine solche nehmenan SCHÄFER, Materialien 1813, S. 170, G. BÜCHLER, Versuchfür eine Geschichtefür<br />

dieGemeinde Schwellbrunn, Ms. 1848, S.4,und EUGSTER, Herisau, S. 140.Im Anschluß<br />

an diese berichten es als Tatsache NÜSCHELER, Gotteshäuser II, 1, S. 147, und GAUDY II, S. 88.<br />

2 PrKr, S. 85: «..an sant bastiun kerzen», ebenda: «1 ticken blaphartansant bastiun», S. 125<br />

(1520):«ansant bastiun».<br />

3 ROTACH, Herisau, S.316.<br />

4 Vgl. BAUMANN, S. 30: 1613 verlangteder ZweifacheLandrat die Beseitigung derausderZeit des<br />

alten Glaubens übriggebliebenen ZeichenundGebräuche.<br />

5 Punkt 7 des ersten Teils; «..unddas Predighüsli wieder inzumachen.»<br />

6 FISCH, Manuskript, S. 108: «..die Kanzel, welche aufder Mittag Seite gestanden..»<br />

7 Punkt 7 des ersten Teils: «..undden Taufstein änderstzu setzen.»<br />

8 WALSER, S. 577.


88 HERISAU<br />

Abb.6i u nd 62. Herisau. Reformierte Kirche. Abendmahlskelch, u m 1640-1650, von Christoph<br />

Laminit, Memmingen. - Abendmahlskelch, zweite Hälfte 17. Jahrhundert. —T ext S. 89.<br />

Stelle im Chor versetzt 1 . - BESCHREIBUNG.H . mit nußbaumenem Deckel 97 cm, ohne<br />

94 cm. Becherförmiger Aufbau aus weißgrau bis schwarzem Stuckmarmor mit quadratischem<br />

Fuß und zylindrischem Schaft, der in achtseitige leicht geschweifte Schale<br />

übergeht (siehe auf Abb. 18, 36, 49 und 50).<br />

4. Bestuhlung. Diese wurde 1783 2 , 1906 3 und 1959/60 4 vollständig neu geschaffen<br />

bis auf einen im Chor untergebrachten Pfarrstuhl aus Nußbaumholz im Rokokostil<br />

mit geschwungener Armlehne, Schweifwerkgiebel und -füllung an der Rückwand,<br />

wohl von 1782/83.<br />

5. Orgel. Eine erste Orgel wurde 1879 auf Betreiben der Mittwochgesellschaft mit<br />

freiwilligen Spenden angeschafft und durch den Orgelbauer KUHN, Männedorf, mit<br />

neugotischem Prospekt im Chor erstellt 5 (Abb. 49). i960 Bau einer ganz neuen Orgel<br />

auf der Westempore mit neuzeitlichem Prospekt durch die nämliche Firma THEODOR<br />

KUHN, nach der Disposition von KARL MATTHEI, Winterthur, bzw. ERNST SGHIESS,<br />

Bern 6 .<br />

1 Vgl. Plan Nr. 1017, 01, 35, von MAX ROHNER vom 21.Jan. 1957.<br />

2 PrVKH, 7.Mai 1783 (vgl. Alte Urkunden, S. 164^): Die StuhlungimChorwar fast vollendet,<br />

deren FortsetzungimLanghausund aufden Emporen wurdemit fast einhelligem Mehr denHerren<br />

Vorgesetzten überlassen.<br />

3 Geschäftsordnung GdeVH, 7.Mai 1905, S. 125f.: «... die seitdemJahre 1782 bestehende Kirchenbestuhlung»,<br />

die «eine unschöneund höchst unbequeme ist», wirddurch neue ersetzt.<br />

4 PrKRKH, 22. April i960: Beschluß einer vollständigen Neubestuhlungim Gegensatz zuder in<br />

der Geschäftsordnung UGdeH, 6.jJ.Dez. 1958, S. 10, vorgesehenen Umgestaltung.<br />

5 RPr, 18. Juni, 13. und 23. Sept. 1878 und 7.Dez. 1879 (letzte Sitzung betraf Einweihung und<br />

Übergabean die Einwohnergemeinde als Eigentum). - PrGdeV, 13.Okt. 1878: Beschluß, die Orgel<br />

als Geschenk anzunehmenund imChor aufstellenzu lassen.<br />

6 Geschäftsordnung U GdeH, 6.1 J.Dez. 1958. - PrKRKH, 20.März 1959 (Auftrag a n T H. KUHN<br />

AG, Männedorf). Zum Orgelprospekt,ebenda,9.Juni und 26. Aug. i960. - Zu K. MATTHÄEI, ebenda,<br />

10.Dez. 1956. - ZuE. SCHIESS als Nachfolger des verstorbenen MATTHÄEI, ebenda, 11.März i960.


I<br />

REFORMIERTE K IRCHE 8 9<br />

Abb.63 u nd 64. Herisau. Reformierte Kirche. Als Taufschüssel benutzte profane Suppenschüssel aus<br />

Silber, vermutlich von Jakob Waremberger, Augsburg, im Regencestil,u m 1740. - Glockenförmige<br />

Abendmahlskanne aus Zinn,u m 1690. - Text S.90.<br />

Kirchliche Gefäße<br />

Ahendmahlsgefäße. 1. Becher, Silber, vergoldet, H. 17 cm. Beschauzeichen Memmingen<br />

(R 3 3392), MeisterG L (R3 3398) = CHRISTOPH LAMINIT (zwischen 1616<br />

und 1650 erwähnt) 1 (Abb. 61). Eibecherförmig, abgesehen vom obern Rand ganz<br />

mit Knorpelwerk in Treib- und Ziselierarbeit geschmückt, schlanker Gußknauf mit<br />

sechs runden Buckeln, kleiner runder Fuß, dessen Wölbung mit Kymationfries belegt<br />

ist.U m 1640-1650. - 2. Becher, Silber, vergoldet, H. 17 cm. Keine Zeichen mehr. Er<br />

ist als Gegenstück zum vorgenannten Becher wohl bald darnach in gedrungeneren<br />

Formen geschaffen und wie jener 1699 zusammen mit einem dritten, neu verfertigten<br />

(nicht mehr vorhandenen) der Kirche geschenkt worden 2 (Abb. 62). - 3. Brotteller,<br />

Silber, Dm. 39,4 cm. Beschau Augsburg (nahe verwandt R3 226, 229, 232)<br />

1720-1735, Meister Rg 864 = ? JAKOB WAREMBERGER (Warnberger?), tätig 1713 bis<br />

1758. Im Regencestil, mit geschweiftem Profilrand, begleitet von vier gleichen<br />

exotischen Genrebildern, Adlern zwischen Bandelwerk und vier kreisrunden Medaillons,<br />

mit allegorischen Köpfen die Jahreszeiten darstellend, aufgeätztem Netzwerk.<br />

Innenseits am Boden die Stifterinschrift in Antiqua und Datum: «DISE BLATEN SAMT<br />

EINER SILBERNEN SCHÜSLEN WÄGEN 3 04 LOTH. IST BEI ANLAS DEM ABSTERBEN DES<br />

HERREN HAUBTMAN JOHAN JACOB z ÖLPER VON DESEN hinderlascnen (kursivam Rande)<br />

1 BeiR, 3398 nicht aufgelöst, jedoch von DORA FANNY RITTMEYER identifiziert in; Die Goldschmiede<br />

und die Kirchenschätzeinder Stadt Wil, 103. NblSG (1963), S. 47, b, 12. Vgl. dazu Buckelpokalim<br />

MuseumZug (KdmZug II, S. 553).<br />

2 AlteUrkunden, S. 149: «2 Kelchzum GebrauchdesNachtmalswerden geschenktund ein dritter<br />

angeschafft. 1699 den 6. Decernbris wegen Herr Johannes Groben und Frau Cammerer Elisabeth<br />

Zollikoferin sei. Gedächtnusvermachtan die Kirchen Kelch ist erkennt:daß man dendrittenmachen<br />

lassen... solle.» Möglicherweise handelt es sich beiNr. 2u m den 1699 angeschafften. Die drei neuesten<br />

«Abendmahlsbecher» wurden laut Jahresrechnung der Gde 1873/74,S. 35,zum Preis von 346 Fr. 5 Rp.<br />

angeschafft.


9 0 HERISAU<br />

FRAU UND KINDEREN DER KIRCHEN ZU EINEM ANGEDENGKEN VEREHRT WORDEN DEN<br />

18. Mey1785.- 4. Fünf gleiche Weinkannen, Zinn,H. 42 cm (leicht variierend).<br />

Marke St.Gallen « G 10», Meisterzeichen des JOACHIM SGHIRMER I, 1637-1697<br />

(BOSSARD I, Nrn. 266-268, II, S. 147), Bodenrosette (BOSSARD I, Nr. 329). Glockenkannen<br />

mit Tragring und Bajonettverschluß, sechskantigem Schnabel und Klappdeckel<br />

(fehlt bei zwei Kannen). Auf oberem Wulstband schräg aufgelöteter Spitzschild<br />

mit eingraviertem Herisauer Wappenbären (seitenverkehrt) zwischen V undR.<br />

Um 1690 2 (Abb. 64).<br />

Taufschüssel. Silber, innen vergoldet, H. mit Deckel 35,5 cm, ohne 17 cm. Beschau<br />

und Meister genau wie bei Brotteller oben Nr. 3. In dessen Stifterinschrift ist die<br />

Schüssel auch ausdrücklich miterwähnt. Ursprünglich profane (fürstliche?) Suppenschüssel<br />

in gleichem, nur noch reicherm Stil und Dekor wie der Teller, mit geätzten<br />

und ziselierten Szenen, wovon zwei auf dem Teller nicht vorkommen. Die Medaillons<br />

auf der gebauchten Wandung und auf dem Deckelrand sind mit Köpfen nach antiken<br />

Vorbildern versehen, die Volutengriffe über plastischen Frauenköpfen, die aus Rollwerkkartuschen<br />

heraustreten, mit beweglichen Henkeln. An Fuß, Deckelbug und<br />

-knäufen Stäbe aus Lanzettblättern und Lambrequins mit Bandelwerk (Abb. 63).<br />

Glocken<br />

GESCHICHTLICHES.Im Jahre 1506 wurde von HANS LAMPRECHT, Schaffhausen, eine<br />

fünfzig alte Zentner schwere Glocke gegossen 3 . 1559 besorgte nach dem Brande<br />

Landammann Meggeli in Zürich den Guß fünf neuer Glocken von 50, 25, T-2 i I 2 ,<br />

5 und r 1 / 2 alten Zentner um den Preis von 689 Gulden und 5 Batzen 4 . 1592 goß<br />

PETER VI. FÜSSLI, Zürich, eine neue Glocke von 56 alten Zentner 5 . Im Brand von<br />

1606 konnten die Glocken mit knapper Not gerettet werden 6 . 1641 goß THEODOSIUS<br />

ERNST von Lindau die zweitgrößte Glocke von 1559 neu 7 , und 1679 wurde die größte<br />

1 Zu J.J. ZÖLPER, gest. 1785, siehe Wappenbuch, S.410, und EUGSTER, Herisau, S. 175, 360.<br />

2 Vgl. RITTMEYER und STEINMANN, S. 28, 31 undAbb. 11.<br />

3 KtA, Altes Archiv, 39, 1, «Verzeichnis vonUrkunden,die 1637 inUrnäsch aufgefunden» (Nrn.<br />

42und 62): «Betrifftdie verdingung. Sohoubtleüthundräthund die gmeinen gmeindtsgnossen zu<br />

Herisowdem meister HansLamprechtzu Schaffhusen eine gloggen verdingetzu gießen, weliche sol<br />

so schwärsyn als fünfzig zentrier dreyminder older mehr. Alsdaßweder betrugnoch einiche bschyß<br />

gebrucht werde. Siglet Hans am Eggilin, der zit S(chreiber)an Sebastianstagnachder gepurt Christi<br />

gezelt 1506.» - Vgl. ZELLWEGER, G AV I I, S. 328. - PrKr, S.26 (zwischen 1513und 1516); « Jtem<br />

UeliStrüb von Hünenschwil sol j ticken blaphartan die glogen.» («andie glogen»kann Einzahl oder<br />

Mehrzahl sein).<br />

4 ZELLWEGER, GAVIII, 1, S. 415. - NÜSCHELER, Glocken, S. 30, gibt die Gewichte in Pfund genauer<br />

an, jedoch ohne Quellenangabe.Nach ZELLWEGER «befand»,nach NÜSCHELER und EUGSTER,<br />

Glocken, S.VIH, «befindet» sich die kleinste Glocke nochimWaisenhauszu Herisau.O b sie heute<br />

noch existiert, war nichtzu ermitteln.<br />

5 NÜSCHELER, Glocken, S. 30, Nr. 28. Nachdem Gewicht zu schließen, handelte es sichu m die<br />

größtevon 1559.<br />

6 WALSER, S. 577.<br />

7 Laut Glockeninschrift, vollständig wiedergegeben bei NÜSCHELER, Glocken, S.33,Nr. 31 («Weiber-<br />

oder Mittagsglocke»): « Ich ward jung gegossen im 1559 Jahr. Ich ward zerbrochen und neu<br />

gegossen im 1641 Jahr<br />

» (obenam Halsin gotischer Minuskel). Unten am Rand. «..Theodosius<br />

ErnstinLindau hat mich gegossen.Anno 1641.»Ferner war der Herisauer Bär zwischen V und R und<br />

in einem Kranzdaraufangebracht. - Vgl. FISCH, Manuskript, S.48, mit Zeichnung.


REFORMIERTE K IRCHE 9 1<br />

Abb. 65und 66. Herisau.ReformierteKirche. Große, 1756vonFranzAnton GrieshaberausWaldshut<br />

gegossene, 1807 aus dem aufgehobenen Kloster Salem erworbene Glocke. Ausschnitt: WidmungsinschriftAbt<br />

Anselms II.,in derdasChronogramm MDCCLVI enthalten ist. - Gesamtansichtder Gegenseite<br />

mitder Anbetung Gottes durch die Engel. - Text S.gif.<br />

von LEONHARD ERNST aus Lindau in Herisau gegossen 1 . 1767 wurden drei neue von<br />

JOHANN HEINRICH ERNST in Lindau zu den zwei großen Glocken hinzugeschaffen 2 .<br />

1807 wurde die noch vorhandene, 1756 von FRANZ ANTON GRIESHABER aus Waldshut<br />

gegossene große Glocke aus dem aufgehobenen Zisterzienserkloster Salem um 8000<br />

rheinische Gulden gekauft, für die Meister NEF einen neuen Glockenstuhl schuf 3 .<br />

1 NÜSCHELER, Glocken, S. 32, Nr.30 (im Volksmund die «Alte oder Männerglocke»): Obenam<br />

Hals standen dieNamender Landes- und Kirchenbehörden. Untenam K ranz: «...Leonhard Ernst<br />

von Lindau hat mich in Herisow gegossen...Anno 1679.» - Laut FISCH, Manuskript, S. 49, mit gleichem<br />

Wappen versehen wie Nr. 31 laut NÜSCHELER. - WALSER, S. 658: «Den 26. Augstmonat hatmanin<br />

Herisau die schadhafFte größte Glocke umgießen,um etliche Zentner vergrößern,undden 31. Augstmonat<br />

wieder aufziehen lassen. Sie ist nuninden äußern Rooden die größte.» - Vgl. dazu BISCHOFF-<br />

BERGER, S. 4 56.<br />

2 NÜSCHELER, Glocken, S. 33F., Nrn. 32, 33 V u n d VI . Nr. 32 («Betglocke»):«Johann Heinrich Ernst<br />

goß mich in Lindau 1767.» Ferner standen die Namen von Behörden und zwei Pfarrern darauf. -<br />

Nr.33 v («Kinderglocke»)und Nr. 33 VI («Vesperglocke») warenlaut FISCH, Manuskript, S. 48, ganz<br />

gleich wie Nr. 32 bezeichnetund trugendas HerisauerWappen, beiwelchemlaut NÜSCHELER, Nr. 33 V ,<br />

stand: «Gemeinde Herisau». Laut Kirchenrechnungen 1767 wog die erste 24 Zentner 4 Pfund, die<br />

zweite 9 Zentner 51 Pfund, die dritte 4 Zentner 93 Pfund, zusammen38 Zentner58 Pfund. Sie kosteten<br />

fl. 1600.-. L aut Kirchenrechnungen 1768 bekamen die Gesellen von «Johann Heinrich Ernst, in<br />

Lindau Stucks- u nd Gloggengießer, wegen denen vor einem Jahr verfertigten drey Gloggen» ein<br />

Trinkgeld.<br />

3 NÜSCHELER, Glocken,S. 31 f.,Nr. 29,undS. 34,Nr. 34. - FISCH, Manuskript, S. 47,49f. AlteUrkunden,<br />

S. 250-253. Fliegende Blätter, Fol. 13-15.


92 HERISAU<br />

Die übrigen fünf Glocken wurden 1870 von JAKOB K ELLER, Zürich, umgegossen und<br />

am 17. September 1871 eingeläutet 1 .<br />

Literatur. AUGUST EUGSTER, Die Glocken von Herisau. Historische Beschreibung, Herisau 1872. -<br />

ALBERT KLÄGER, in:A K 1950 undAJB 1955, 83.Heft,S. YF. - NÜSCHELER, Glocken. - ZELLWEGER,<br />

GAV II, S. 328, und III, 1, S. 415.<br />

Quellen. GdeA Herisau: Alte Urkunden, S.250-253. - FISCH, Manuskript, S.47-50. Fliegende Blätter,<br />

Fol. 13-15. Kirchenrechnungenvom Jahr 1767und 1768. Protokollder Glockenkommission 1870/71. -<br />

KtAH, «Altes Archiv», 39, 1, «Verzeichnisvon Urkunden, die 1637 in Urnäsch aufgefunden», Nrn. 42<br />

und 62.<br />

BESCHREIBUNG, I. Dm. 218 cm, H . 177 cm, Gewicht 9120 kg 2 , Ton G 3 . Krone<br />

mit den von Engeln flankierten Aposteln Petrus und Paulus und vier Evangelisten.<br />

Halsumschrift (wie übrige Inschriften) in Antiqua zwischen zwei mit Putten besetzten<br />

Rocaillenfriesen: «(jEA.NOPÜUQ» (sie) DEO HOMINI, FILIO DEI D EO D E DEO, FILIO<br />

HOMINIS E X MARIA viRGiNE, DEO NOSTRO JESU CHRISTO.» 4 . An der Flanke vier prächtige<br />

große Reliefs mit den Darstellungen: a) Anbetung der Drei Könige. - b) (gegenüber)<br />

Der Gekreuzigte zwischen den Schächern mit Maria und Johannes. - c) Anbetung<br />

Gottes, der als Auge im Dreieck (Dreifaltigkeit) dargestellt ist. Darunter Spruchband<br />

mit: «SANCTUS ! SANCTUS! SANCTUS!». - d) Medaillon mit sitzendem Papst, in<br />

Spruchband bezeichnet: «BENEDICTUS XIV. P.P.O.M.» Darunter links das fürstäbtliche<br />

Wappen des Abtes Anselm II. von Salem, rechts das der Zisterzienserabtei selbst 5 ,<br />

umflattert von Spruchband mit Widmung an den menschgewordenen Gott, die<br />

Ghronogramm für 1756 enthält: « HANGDEO INGARNATO ANSELMVS. » Unter den vier<br />

Reliefs umlaufender Groteskenfries, an dessen obern Saum zwischen Kreuzigung und<br />

Dreifaltigkeit: «FRANCISCUS ANTONIUS GRIESHABER ME FECIT.» Am Schlagkranz in<br />

einer obern Zeile: «IN PRINCIPIO ERAT VERBUM, & VERBUM ERAT APUD DEUM, & DEUS<br />

ERAT VERBUM. HOC E RAT IN PRINCIPIO APUD DEUM. OMNIA P ER IPSUM FACTA SUNT, &<br />

SINE IPSO FACTUM EST NIHIL, QUOD FACTUM EST.» In der untern Zeile: «IN MUNDO<br />

ERAT, & MUNDUS PER IPSUM FACTUS EST. ET VERBUM CARO FACTUM EST & HABITAVIT IN<br />

NOBIS, & VIDIMUS GLORIAM EIUS, GLORIAM OUASI UNIGENITI A PATRE, PLENUM GRATIAE<br />

ET VERiTATis.» 6 (Abb. 65, 66). Am Glockenjoch ostseits rechts Datum «MDCCCVII»,<br />

links die Initialen «BH» (oben), « HUSH» (unten), westseits rechts «H» (oben),<br />

1 NÜSCHELER, Glocken, S. 34F. Protokollder Glockenkommission 1870/71:A m 17. Sept. 1871 wurdendie<br />

Glocken eingeläutet. Ebenda, Abschrift des Vertrags mit J. KELLER vom 20. Okt. 1870. Laut<br />

Jahresrechnung der Gde 1870/71, S. 39-43:Kosten für die Glocken allein, 15528 Pfund ä 1 Fr.50 Rp.,<br />

23292 Fr. GesamtkostennachAbzug des Metallsder fünf alten Glocken: 12056 Fr.43 Rp.<br />

2 Gewicht laut Kläger in:AJB 1955, S. 7. - FISCH, Manuskript, S. 47, gibt ca. 160 Zentner an. -<br />

Vgl. NÜSCHELER, Glocken, S. 31. - EUGSTER, Glocken, S.IIIundX: 160 alte, 190 neue Zentner.<br />

3 Im Protokoll der Glockenkommission von 1870/71 einigemal erwähnt;inder darin enthaltenen<br />

Abschrift des Vertrags vom 20. Okt. 1870: Die große Glocke desalten Geläutes, «welche fast genau dem<br />

Tone G der Pariser Stimmung entspricht.» - EUGSTER, Glocken,S. IX: «welche fast genau dem Ton G<br />

entspricht.»Überdas Akkordverhältniszu denneuen Glocken siehe unten.<br />

4 Übersetzung: Dem Gottmenschen (griechischund lateinisch), Gottes Sohn, Gott von Gott, dem<br />

Menschensohn von Mariader Jungfrau, unserm GottHerrn Jesus Christus.<br />

5 Vgl.Die Kunstdenkmäler desGroßherzogthums Baden, i.Band,Die Kunstdenkmäler des Kreises<br />

Konstanz, bearbeitet von FR.X. KRAUS, Freiburg i.Br. 1887, S.572-574;zuAnselm II. Schwab aus<br />

Füßen ebenda, S. 56of. - D a die Bildhauer JOSEF ANTON FEICHTMAYER und GEORG DIRR für AnselmII.<br />

in Birnau und DIRRspäter in Salem tätig waren, müssenin dieserRichtung,vor allembei FEICHTMAYER,<br />

Entwurfund Modell für die Glockenreliefs gesucht werden.<br />

6 Evangelium desJohannes 1, 1-3.10.14.


FRIEDHOF 93<br />

«HPLH» (unten), links « H» (oben), «MSGHI.ST» (unten). Würdigung:<br />

Diese<br />

schönste und reichste Glocke des Kantons, für deren Reliefs wohl JOSEF ANTON<br />

FEIGHTMAYER die Modelle schuf, gilt als GRIESHABERS Hauptwerk 1 . - 2. Dm.<br />

179 cm, 3460 kg, Ton H 2 . An der Krone Männerfratzen. An der Flanke Antiquainschrift:<br />

« EHRE SEI GOTT IN DER HOEHE UND FRIEDE AUF ERDEN, AN DEN MENSCHEN<br />

EIN WOHLGEFALLEN» und Hcrisauer Wappen zwischen Eichen- und Lorbeerzweig,<br />

darüber die Ziffer II. Am Schlagkranz in Antiqua: «GEGOSSEN VON JAKOB KELLER IN<br />

ZURIGH ANNO 1871» Bordüre aus neubarocken Frucht- und Blumengehängen a m<br />

Hals, aus Eichenlaub a m Kranz. Geflügelter Engelskopf über Flankeninschrift,<br />

darunter kleine Blumenzierat. - Die vier übrigen Glocken, numeriert III-VI, besitzen<br />

gleiche Kronen, das gleiche Wappen und gleiche Gießerinschrift. - 3. Dm. 147 cm,<br />

2015 kg, Ton D. Flankeninschrift: «SELIG SIND, DIE GOTTES W ORT HÖREN UND BEWAH­<br />

REN. SELIG SIND DIE TODTEN, DIE IN DEM HERRN STERBEN.» Bordüre am Hals aus<br />

Rocaillen,am Kranz aus stilisiertem Distellaub. - 4. Dm. 117 cm, 1032 kg, Ton Fis.<br />

Flankeninschrift: «GNADE SEI MIT EUCH UND FRIEDE VON GOTT VATER UND UNSERM<br />

HERRN JESU CHRISTO, A MEN.» Am Hals Wellenranke aus Weinlaub, a m Kranz aus<br />

neugotischem Distelwerk. - 5. Dm. 1 IG cm, 840 kg, Ton G. Flankeninschrift: «LASSET<br />

DIE KINDLEIN ZU MIR KOMMEN UND WEHRETIHNEN NICHT, DENN SOLCHER IST DAS REICH<br />

GOTTES.»Am Hals Wellenranke aus neugotischem Distelwerk, am Kranz aus Weinlaub.<br />

Geflügelter Engelskopf über Schrift. - 6. Dm. 87 cm, 417 kg, TonH. Flankeninschrift:<br />

«BEFIEHL DEM HERRN DEINE W EGE UND HOFFE AUF IHN, ER WIRD ES WOHL<br />

MACHEN. » Am Hals Bordüre mit Eichenzweigen, am Kranz aus Akanthuslaub.<br />

EHEMALIGER F RIEDHOF UND B EINHAUS (ALTES Z EUGHAUS)<br />

Ob die frühmittelalterliche, 907 bezeugte Kirche in einer bestehenden Begräbnisanlage<br />

errichtet worden ist oder eine solche als integrierender Teil der Kirchengründung<br />

folgte, konnte angesichts der stark verworfenen, mit Skeletteilen durchsetzten<br />

Erde anläßlich der Ausgrabungen von 1959/60 nicht entschieden werden. Schon 1811<br />

war man beim Graben der Fundamente für das neue «Standesarchiv», die jetzige<br />

Sakristei (siehe S.83f.), an der Nordostecke in sechs Schuh Tiefe auf « allda gelegene<br />

Todtengerippe» gestoßen 3 . Zum Bild des ehemaligen Friedhofs gehörte außer der<br />

weiter als heute in den Obstmarkt ausgreifenden und bei der Südwestflanke von störenden<br />

Zweckbauten unterbrochenen Mauerumfriedung vor allem das in der ersten<br />

Hälfte des 16. Jahrhunderts mehrmals bezeugte, mit eigens verwaltetem «Licht»<br />

1 Mitteilungvon Frau SIGRID THURM, Bearbeiterindes Deutschen Glockenatlas. - Z u FEIGHTMAYER<br />

siehe S. 92, Anm. 5.<br />

2 Die Gewichte derfünf neuen Glocken laut Protokoll der Glockenkommission, «Abwicklung der<br />

Glockenangelegenheit», Oktober 1871: «Die unmittelbar vorher laut Waagschein bei Escher-Wyß &<br />

Co Constatierten Gewichte waren folgende:...» (in P fund angegeben). - Die Tonhöhen ebenda im<br />

Vertragvom 20. Okt. 1870. Betreffs d erAkkordewird hinsichtlich der alten G-Glocke folgende Regelung<br />

vorgesehen: «Mitder vorhandenen großen Glocke sollen die 4 neuen Glocken H D G & H den<br />

reinenG-Dur Akkord, — & ohne die vorhandene Glocke die 4 neuenGlocken H D Fis & H den genauen<br />

H-Moll Akkord bilden.» - Vgl. EUGSTER, Glocken, S.IXf. Die Inschriften der neuenGlocken stimmen<br />

mitden im Protokollvom 15. Dez. 1870 vorgesehenennicht vollkommen wörtlich überein. - Auch nicht<br />

diejenigen bei NÜSGHELER, Glocken, S. 35.<br />

3 FISCH, Manuskript, S. 46.


9 4 HERISAU<br />

ausgestattete, aber wohl schon ältere Beinhaus (siehe kirchliche Verhältnisse, S. 32).<br />

Nach WALSER (S. 585) wurden 1615 die Gebeine daraus entfernt und im Friedhof<br />

beigesetzt, ebenso wie in Urnäsch, Hundwil, Gais und Trogen. Darnach diente es als<br />

Zeughaus des Landesteils hinter der Sitter bis zu seinem Abbruch Ende Januar 1810<br />

Einem Gesuch der Kirchhöre, «das im Kirchhof befindliche Zeughaus» 2 , «das<br />

ursprünglich ein Beinhaus und Capelle war» 3 , wegzuräumen, da der Begräbnisplatz<br />

längst zu klein geworden war, wurde vondemam 5. Oktober 1809 in Trogen tagenden<br />

Großen Rat unter der Bedingung entsprochen, daß die Gemeinde auf eigene Kosten<br />

ein neues, größeres an anderer Stelle erbaue,an dessen Mehrkosten der Landessäckel<br />

110 Gulden spende 4 . Lage und äußere Gestalt des Beinhauses bzw. Zeughauses von<br />

Süden hat erstmals Jon. ULRICH SGHELLENBERG in seiner Federzeichnung für HERR­<br />

LIBERGER (der leicht schematisierte) 1757 festgehalten (Abb. 20). Mehr von Südosten,<br />

von der Steinegg aus, zeichnete es 1795 ebenfalls sehr genau Jon. JAKOB BIEDER­<br />

MANN 5 (Abb. 67). Darnach lag der hohe, zweigeschossige Bau (mit Kapelle oben<br />

1 KtA,H6, 1, S. 27. - FISCH, ebenda, S. 45.<br />

2 FISCH, S. 45.<br />

3 SCHÄFER, Materialien 1811, S. 103.<br />

4 Protokoll des Großen Rates, 5. Okt. 1809 (KtA, Ba, 2) undvor allem KtA,H6, 1, S. 27. - Vgl.<br />

FISCH, Manuskript, S.45 (Irrtum inOrtundZeit der Ratsversammlung).<br />

5 BilddokumenteA4 und 10. Weniger exakt ist die Radierung von BIEDERMANN, vor allem auch<br />

jenevon MAYR und THOMANN (A7).<br />

Abb. 67. Herisau. Reformierte Kirche mit dem ehemaligen Beinhaus nordöstlich neben dem Chor,<br />

das biszu seinemAbbruch 181 o als Zeughausvon Appenzell Außerrhoden diente. Bleistiftzeichnung,<br />

1795 datiert, von Johann Jakob Biedermann, im Kunstmuseum Winterthur (Ausschnitt). - Text<br />

S.40, 75und oben.


FRIEDHOF<br />

95<br />

Abb. 68. Herisau. Reformierte Kirche mit dem 1835 geräumten Friedhof und den bis 1843 stehengebliebenen<br />

Friedhofmauern sowie mitden Häusernam Obstmarkt von Osten. Aquarellim Gemeindehaus.<br />

- Text S.43, 96und 141.<br />

und Gebeinkammer unten?) an der Nordostflanke des Chors parallel zur Kirchenachse,<br />

ein Rechteckbau mit dreiseitigem Chorabschluß unter hier abgewalmtem<br />

Satteldach, einer rundbogigenTür an der Südwand gegen Osten, zwei rundbogigen,<br />

gekuppelten Fenstern unmittelbar unter der Traufe und zwei Fensterchen übereinanderam<br />

Chorscheitel, eines in gleicher Höhe wie die südlichen, eines wenig über<br />

dem Erdboden, ebenfalls ein Hinweis auf einen Gruftraum. Die Friedhofmauer, bei<br />

MERIAN 1642 erstmals und, wenn auch schematisch, doch wenigstens mit den sonst<br />

nirgends vollständig zu sehenden, oben erwähnten Zweckbauten, der «Mezig» (den<br />

Metzgerbänken) und dem Spritzenhaus in der südlichen Flucht der Westmauer abgebildet,<br />

umfaßte nach J. U. SCHELLENBERGS Federzeichnung jedenfalls schon im<br />

18. Jahrhundert die östliche Böschung und griff über das Areal der modernen Straße<br />

in den heutigen Obstmarkt hinein. Zu diesem herab führte vom Kirchplatz laut zeitgenössischer<br />

Schilderung das «Kirchhofgäßle» zwischen «Tannenbaum»und dessen<br />

an der Kirchhofmauer gelegenem «Bauch- oder Waschhaus» 1 hindurch. Dessen in<br />

Aussicht gestellte Beseitigung durch den Besitzer Landmajor Scheuß und dazu eine von<br />

i FISCH, Manuskript, S. 131. Die Lokalisierung der Metzgerbänke «linksan der Kirche», in: Alte<br />

Urkunden, S. 173, steht in Widerspruch zuden sonstigen Angabenundden Ansichten.


9 6 HERISAU<br />

ihm versprochene Summe von 300 Gulden veranlaßte die Kirchhöream 14. Dezember<br />

1787 zum Beschluß, die «Mezger Bank» zu entfernen 1 . Der Beschluß wurde 1790<br />

ausgeführt 2 .In diesem Jahr erzwangen die Bauern auf dem Weg einer außerordentlichen<br />

Kirchhöre vom 7. Juli für alle Zeiten die Entfernung des Spritzenhauses gegen<br />

den Willen der Obrigkeit, die an Ort und Stelle, « das ist vornen an der Kirche, wo<br />

der Pfarrer hineingeht, an dem Platz im Kirchhof», bereits einen Neubau in Angriff<br />

genommen hatte, der «zu 30 Schuh länger und 24 breit abgebunden und zum aufrichten<br />

fertig war» und «bis vor das erste Seitenfenster an der Kirche gegen dem<br />

Oberdorf gekommen wäre.» Viele hatten sich sogar beim Landammann beklagt,<br />

daß «sie die Kirche nicht verbauen lassen, sondern ehender noch mehr Helle als<br />

Dünkle möchten», auch «sei der Kirchhof dem Mesmer schon lange zu klein gewesen.»<br />

3 . Der durch die Beseitigung der drei Gebäude gewonnene Platz wurde zum<br />

Obstmarkt geschlagen 4 , und man beschloß, daß er «zu allen Zeiten offen sein und<br />

bleiben solle. »5. Der Wegfall von Spritzenhaus und Metzgerbänken, von welch<br />

letztem die beiden Federzeichnungen von JOHANNES HÄDENER von 1789 und 1790<br />

einen Teil (samt einem Schinkenan einem Fleischhaken) sehen lassen, riefim gleichen<br />

Jahr der Errichtung eines neuen, bis 1906 bestehenden Vorzeichens (siehe S. 72) und<br />

der Ergänzung der Friedhofmauer in einer Höhe von «6 Schuh» mit einem Eisengeländer<br />

von «circa 2 Schuh» auf Kosten der Gemeinde 6 . Infolge der zunehmenden<br />

Platzknappheit wurde 1818 eine Kommission zur Erweiterung des Friedhofs eingesetzt<br />

7 und nach einer Erneuerung der nördlichen Mauerim Jahre 1832 auf Kirchhörebeschluß<br />

vom 7. Dezember 1834 hin 1835 die Begräbnisstätte nach dem Ebnet<br />

verlegt 8 . Den Anblick des geräumten Friedhofs hält ein zwischen 1835 und 1843<br />

entstandenes Aquarell fest (Abb. 68) 9 . 1843 wurde der Teil gegen den Obstmarkt<br />

ungefähr auf den heutigen Umfang abgetragen und der verbliebene Teil mit einer<br />

Stützmauer versehen 10 , 1853 im Zusammenhang mit der Heinrichsbadstraße auch<br />

die Straße vom Kirchplatz zum Obstmarkt angelegt 11 , wie sie auf einer zeitgenössischen<br />

Lithographie in ganzer Stattlichkeit zu sehen ist 12 .<br />

Neuer Friedhof Ebnet. Der erste in Außerrhoden, der nicht neben der Kirche, sondern<br />

«außer dem Dorf» angelegt ist 13 . Seine Anlage kostete 5244 Gulden 39 Kreuzer 14 .<br />

1 Alte Urkunden, S. 173. Fliegende Blätter, Fol. 36. - FISCH, Manuskript, S. 131.<br />

2 FISCH, ebenda: «Die Mezigkam unter das Wachthaus.»<br />

3 Die Zitate stammen aus der Schilderung bei FISCH, ebenda. Vgl. Alte Urkundenund Fliegende<br />

Blätter, ebenda.<br />

4 FISCH, ebenda, Punkt 3 des Protokolls.<br />

5 Alte Urkunden, S. 174. Fliegende Blätter, Fol. 36. Laut gleichen Quellen wurde das Spritzenhaus<br />

auf einem von Landmajor Scheuß und Hauptmann Ulrich Wetter geschenkten Platz im Oberdorf<br />

errichtet.<br />

6 Fliegende Blätter, Fol. 36. 7 EUGSTER, Herisau, S. 186.<br />

8 PrGdeV, 7. Dez. 1834. — Jahresrechnung der Gde 1835, S. 13. Vgl.AMB 1835, 3 _ 7*<br />

9 Bilddokument Gl.<br />

10 PrGdeV, 7.Mai 1843. Vgl. AMB 1835, S. 7, und 1836, S. 190-192. - Jahresrechnung der Gde<br />

1843, S. 13.<br />

11 PrGdeV, 1g.Juli 1853: AußerordentlicheKirchhöre genehmigt den Straßenbauvom Kirchenplatz<br />

bis zumWeiher. - Jahresrechnung der Gde 1853/54, S. 31.<br />

12 Bilddokument C3.<br />

13 AMB 1835, S. 7.<br />

14 Jahresrechnung der Gde 1835, S. 13. - EUGSTER, Herisau, S. 187.


Abb. 69. Herisau. Friedhofkapelle Ebnet von Osten, 1916/17 nach Plänen von Alfred Ramseyer in<br />

neubarocken, vom Jugendstil beeinflußten Formen erbaut. - Text unten.<br />

Einweihung am 4. Oktober 1835'. 1865 Vergrößerung 3 . 1876 Verlegung vom Südabhang<br />

an die Nordhalde 3 . Stattliche, 1916/17 nach Plänen von ALFRED RAMSEYER,<br />

Herisau, erbaute neubarocke, vom Jugendstil beeinflußte Friedhof kapeile 4 (Abb. 69).<br />

1970 Innenrenovation 5 .<br />

ÖFFENTLICHEPROFANBAUTEND E RGEMEINDE<br />

Ehemaliges Pfarrhaus. Oberdorfstraße 2 (Abb. 68, 70-73). GESCHICHTLICHES. 1416<br />

verkaufte der Kilchherr von Herisau, Johannes Kündigmann aus Konstanz, «das<br />

hus und die gezimberen», die auf der zur Leutkirche von Herisau gehörenden «Stähels<br />

Hofstatt» standen und die er von seinem Vorgänger Konrad Horwer um<br />

22 Pfund Pfennig erworben hatte, den «gmainen Underthanen ze Herisow und Jren<br />

Nachkommen» um 15 Pfund Pfennig Konstanzer Münze. Die übrigen sieben Pfund<br />

schenkte er diesen unter der Bedingung, daß besagtes Haus und Gezimmer dem<br />

Kirchherr oder Leutpriester als Wohnung dienten 6 . - Nach dem Dorfbrand von 1606<br />

1 7.Turmdokument unter angegebenemDatum (siehe Geschichte des Turmes).<br />

2 EUGSTER, Herisau, S. 187. 3 ROTAGH, Herisau,S.34.<br />

4 PrGdeV, 2. Mai 1915 (Urnenabstimmung). Vgl. Edikt der EvangelischenKirchgemeinde Herisau,<br />

3. April 1915,und PrKGdeV vom 15. April 1915 (KGdeA). - Projekt RAMSEYERS im KGdeA. - Jahresrechnung<br />

der Gde 1915, S. 58f., 80f.; 1916, S. 79 (Baubeginn Ende März); 1917, S. 33, 81. (Die im<br />

Rechnungsjahr fertig erstellte Abdankungskapelle ist im Laufe des Herbstes dem Betrieb übergeben<br />

worden. Gesamtkosten 86132 Fr. 20 Rp.) - Abb. in: ROTAGH, Herisau, S. 695.<br />

5 JahresrechnungderG d e 1970, S. 43. 6 A U B 343. - ZELLWEGER,Urk.224.<br />

7 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


9 8 HERISAU<br />

Abb. 70. Herisau. Der Platz von Norden mitdem Kirchenvorzeichen, den Metzgerbänken und dem<br />

Brunnen. Im Hintergrundvon linksnach rechts; das alte, 1606 wiedererbaute Pfarrhaus, das ebenfalls<br />

1606neuerbaute, 1827 abgebrocheneRathaus,Haus WetterNr. 12, Haus Nr. 11, Haus Nrn.9 und 10.<br />

Lavierte Federzeichnung von Johannes Hädener, 1789, im Historischen Museum Herisau. Vgl.<br />

Abb.86. - Text S.43, 97-103, 122 und 133-138.<br />

wurde der bestehende Bau nach der glaubwürdigen Nachricht des Chronisten GABRIEL<br />

WALSER von JAKOB MITTELHOLZER vielleicht unter Mithilfe von KASPAR GERMANN<br />

von St. Gallen neu erbaut 1 . Dieser schöne Bau ist mit sichtbarem Riegelwerk, mit<br />

gemaltem Brusttäfer und seitlichen Zierbrettern an den gekoppelten Fenstern des<br />

ersten Obergeschosses und jenen des gestelzten Quergiebels sowie mit einem rundbogigen<br />

Portal, das zum ebenerdigen Waaghaus führte 2 , von JOHANNES HÄDENER auf<br />

einer Federzeichnung 1789 festgehalten worden (Abb. 70). Die Fassade wurde<br />

offenbar derjenigen des anstoßenden, 1827 n e u erbauten Rathauses angeglichen und<br />

verputzt 3 , nachdem schon 1806 eine «gefällige Umwandlung» stattgefunden hatte 4 .<br />

Im 19. Jahrhundert Sitz des ersten Pfarrers bis 1906, als die «Friedeck» bezogen<br />

1 WALSER, S. 578. Die Anwesenheit von beidenin Herisauim Jahre 1606 ist durch die Inschrifttafel<br />

imKehlboden des Kirchturms bezeugt (Abb. 41).<br />

2 Die Kirchenrechnung vom 28. Dez. 1782führt nebstAusgaben für neue Fensterfür das Pfarrhaus<br />

solche für das «Waaghausthor» an.AMB 1826, S. 160: «Das Pfarrhaus, dessen Bodengeschoß als<br />

Waghaus dient, erhieltim Jahr 1806 eine sehr gefällige Umwandlung.»<br />

3 Die Ansichten des 19. Jahrhunderts, z.B. das Aquarell zwischen 1835 und 1843 mitdem geräumten<br />

Friedhof (Bilddokument GL), ferner dieLithographie um 1853von SCHLÄPFER, Herisau (Bilddokument<br />

C3), zeigen esin verputztem Zustand, übrigens auch ohne Erker.VordemBau des neuen Rathauses<br />

1827 hätte kein Anlaßzum Verputzen bestanden,da das alte Rathausauch ein Riegelbau war.<br />

4 AMB 1826, S. 160. Siehe Anm. 2.


ÖFFENTLICHE P ROFANBAUTEN<br />

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p;; • ,r ; • | ,<br />

Abb. 71. Herisau. D er Platz von Norden, zum Teil mit denselben Häusern wie auf Abb. 70 in der<br />

heutigen Gestalt, das ehemalige Rathaus (Historisches Museum), ein N eubau von 1827/28. - Text<br />

S-97-I03 u n d 133-138-<br />

wurde, des dritten und vierten Pfarrers von ig ig bis seither in Privatbesitz 3 ,<br />

igaö wurde die Fassade anläßlich einer Renovation mit Stukkaturen im Rokokostil<br />

und mit einem Erker an der Nordostecke versehen 3 .<br />

BESCHREIBUNG. An das ehemalige Rathaus anstoßender verputzter Riegelbau mit<br />

südseits unregelmäßigem, beim Treppenhaus des Rathauses einspringendem Grundriß,<br />

mit Satteldach in Traufstellung, mit dreifenstrigem frontalem Quergiebel unter<br />

Satteldach und mit dreiteiligen sowie paarweise gekoppelten Fensterreihen im ersten<br />

und zweiten Obergeschoß. Das Erdgeschoß ist durch modernen Umbau ganz<br />

verändert worden. Die Fenstereinteilung darüber sowie die Gestalt von Dach und<br />

Dacherker sind die ursprünglichen geblieben (Abb. 71-73).<br />

Pfarrhaus «Friedeck». Poststraße 14. Es wurde 1863 als Wohn- und Geschäftshaus<br />

für den Kaufmann Jakob Steiger-Meyer erbaut 4 und ist seit igog Eigentum der<br />

1 Laut PrKV, 8.März 1906, w urde in diesem Jahr der zweite Stock der «Friedeck» mietweise<br />

bezogen. Vgl. unten.<br />

2 Laut PrGdeV, 9. Dez. 1925, Verkauf beschlossen, laut Inschriftam Haus<br />

am 2.Jan. 1926 von<br />

Paul CLAVADETSGHER erworben, der als Maler die Stukkaturenanbrachte.Vgl.Renovation desRathauses.<br />

3 Siehe vorangehende Anmerkung.Umbau des Erdgeschosses spätestens 1926, jedenfallsvordemjenigen<br />

der Rathaushalle.<br />

4 EintragimHandänderungsregister.


100 HERISAU<br />

Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde'. 1913 Umgestaltung und «Riegelwerk<br />

auf 38 cm ausgemauert» 2 . 1964-1967 umfassende Renovation 3 . - Der ringsum verputzte<br />

Riegelbau auf verputztem Bruchsteinmauersockel ist ein gefälliger klassizistischer<br />

Bau mit schwach geneigtem Walmdach und mit nur leicht vorspringendem,<br />

axialsymmetrisch gestaltetem Mittelrisalit. Dieser hebt sich durch drei Fensterachsen,<br />

Portal mit Freitreppe und eine Veranda darüber von den zweiachsigen Flügeln ab.<br />

Horizontale Betonung durch Gurtgesims zwischen Erd- und erstem Obergeschoß,<br />

vor der Renovation auch Verzierung mit klassizistischen Fenstergiebeln und -stürzen,<br />

Konsolen und Kassetten am Traufgesims (Abb. 165).<br />

1 PrKV,5.Aug. 1909,undPrKGdeV, 14.N0V. 1909: Tauschvertragmit Kantonalbank.<br />

2 PrKGdeV,Beschlußvom 15.Juni 1913. - PrKV, 19.Juni 1913: VerputzderSüd-undOstseite<br />

vorgesehen. E dikt der Kirchenvorsteherschaftvom 26.Mai 1915: Detaillierte Abrechnung, Gesamtkosten:49068<br />

F r.08 Rp.<br />

3 Mitteilung des a usführenden Architekten WILLI KNELLWOLF: Bei d er Außenrenovation 1965<br />

wurdenauchdie bisdahin geschindelteNord-und Westseite verputzt, die hölzernen Ecklisenen, Konsolenund<br />

Kassetten a m Traufgesims entferntund die hölzernen Fenstereinfassungen durch steinerne<br />

ersetzt.<br />

Abb. 72. Herisau. Halle unterdem ehemaligen Rathaus (Historisches Museum) mit klassizistischer<br />

Eichensäule als Mittelstützsund mit denklassizistischen Eingängenehemalszum Pfarrhaus bzw.zum<br />

Rathaus.DienußbaumenenTürenmitRutenbündeln als SchlagleistenundmitRauten-und Schildfüllungen.<br />

- TextS. 102.


ÖFFENTLICHE P ROFANBAUTEN<br />

IOI<br />

Abb. 73. Herisau. Das alte, 1606 neu erbaute Pfarrhaus u m 1925/26 und das ehemalige, 1827/28 neu<br />

erbauteRathaus vorderUmgestaltungdes Erdgeschosses 1926 (vgl.Abb. 70und 71). - Text S.97-103.<br />

Ehemaliges Rathaus. Oberdorfstraße 2A. GESCHICHTE. Nach der Landteilung von<br />

1597 wurde außer in Trogen 1601 auch in Herisau ein Rathaus an der Stelle der<br />

ehemaligen Kaplanswohnung für die Ratsversammlungen sowohl des Landes Appenzell<br />

Außerrhoden als auch der Gemeinde offenbar auf deren Kosten mit Zuschüssen<br />

aus dem Landessäckel erbaut 1 . Der Rat von St. Gallen stiftete im gleichen Jahr eine<br />

Wappenscheibe in den Neubau 2 . Nach dem Dorfbrand von 1606 wurde durch JAKOB<br />

MITTELHOLZER wahrscheinlich unter Mitarbeit von KASPAR GERMANN gleichzeitig<br />

mit dem anstoßenden Pfarrhaus (siehe oben) der prächtige Riegelbau auf einem<br />

Mauersockel mit rundbogigen Durchgängen zu erdgeschossiger Halle und mit<br />

giebelständigem Satteldach errichtet 3 , wie ihn JOHANNES HÄDENER 1789 auf der<br />

schon genannten lavierten Federzeichnung genau festgehalten hat (Abb. 70) und 1826<br />

kurz vor dem Abbruch nochmals, wenn auch etwas freier in der Wiedergabe des Dekorativen,<br />

J. BAUR in einer Aufriß- und einer Maßzeichnung 4 . Darnach waren die<br />

Brusttäfer unter den Fensterreihen des ersten und zweiten Geschosses mit Arabesken<br />

bemalt, die untere Fensterreihe selbst durch die einander zugewendeten außerrhodischen<br />

Wappenbären unter dem Reichsadler und die darunterstehende Justitia<br />

unterbrochen, zwischen den Brusttäfern der zwei Dachgeschoßfenster eine 1764 von<br />

1 SCHÄFER, Materialien 1813, S. 237. Vgl. folgende Anmerkung.<br />

2 EUGSTER, Herisau, S. 11.<br />

3 Siehe diesbezügliche Anmerkungzumehemaligen Pfarrhaus, oben S. 98.<br />

4 Bilddokumente B6, a undb.


102 HERISAU<br />

LAURENZ Z ÜRCHER in Teufen verfertigte Uhr 1 und unter dem First eine Glocke angebracht.<br />

Noch i 8u war, wie SCHÄFER (Materialien 1811, S. 129) berichtet, der<br />

einstige Kirchenpatron Laurentius, das Rosteisen in den Händen haltend, an der<br />

Türe der kleinen Ratsstube abgemalt zu sehen (siehe Fahnen, S. 48). Nach Renovationen<br />

von 1766 (Bemalung beider Ratsstuben) und 1782/83 2 wurde wegen starker<br />

Baufälligkeit am 7. Mai 1826 der Abbruch des alten und der Bau eines neuen Rathauses<br />

beschlossen 3 , das nach dem Plan von Architekt STADLER, Zürich, was die<br />

Zimmermannsarbeiten betraf, von Meister JOHANNES A LDER von 1827/28 aufgeführt<br />

wurde 4 . Bis zum Bezug des neuen Gemeindehauses 1877 tagten darin Gemeinde-und<br />

Großrat 5 , und, wie schon im Vorgängerbau, befand sich bis 1913 im zweiten und<br />

dritten Obergeschoß eine Pfarrwohnung 6 . Der jetzige Zustand mit Neurokokostukkaturen<br />

ähnlich wie am anstoßenden Pfarrhaus und vor allem die Verkleidung der<br />

Sandsteinpfeiler an der ebenerdigen Halle, auf denen der Bau mittels horizontaler<br />

Gurtgesimse ruht, mit Rundbogen ähnlich wie am Rathaus, gehen auf die Renovation<br />

von 1926 zurück 7 . - Seit 1946 Historisches Museum von Herisau mit wertvollen<br />

Bild- und Sachdokumenten.<br />

BESCHREIBUNG (Abb. 71-73). An die Westflanke des ehemaligen Pfarrhauses,<br />

Nr. 2, anstoßender, viergeschossiger, an der nördlichen Hauptfront verputzter, sonst<br />

getäferter Riegelbau mit einem an der SO-Ecke ins Pfarrhaus einwinkelnden Treppenhaus,<br />

mit Walmdach und mit abgewalmter Lukarne, die drei gekuppelte, von<br />

Pflastern flankierte Rundbogenfenster aufweist. Der Bau ruht mittels Gurtgesimsen auf<br />

Sandsteinpfeilern, die durch die gemauerten Rundbogen von 1926 verdeckt sind, und<br />

auf einer dorischen Säule aus Eichenholz in der Mitte der Halle - ursprünglich waren<br />

es deren drei. An der östlichen Abschlußwand der Halle zwei rechteckige Portale mit<br />

zweiflügligen Nußbaumtüren, die geschnitzte Rutenbündel als Deckleisten sowie<br />

Rauten und klassizistische Schilde als Füllungen aufweisen.Im Schlußstein links das<br />

Baudatum «1828», rechts der Herisauer Wappenbär. Im Innern zum ehemaligen<br />

Großratssaal (jetzt Waffensaal) ebenfalls aus der Bauzeit zweiflüglige Nußbaumtüre<br />

mit klassizistischen Rauten- und Schildfüllungen. Im Schweizerischen Landesmuseum<br />

1 Alte Urkunden,S. 121 (Kosten: 100Gulden).Ebenda: «Ao 1764 wurden die zwey Uhrentaflen(!)<br />

am Rathausgemaltundmit f.40bezalt.» Vgl. Fliegende Blätter, Fol. 116.<br />

2 Kirchenrechnung 1766: «Bei Renovierung des Rathhauses beideStuben gemohlet,und neu gegeglaset,<br />

als auch andere Reparierungen.» Ebenda, 28.Dez. 1782 und 27.Dez. 1783.<br />

3 PrGdeV, 7.Mai 1826. In der vorausgehenden Martinikirchhöre hattemandie Renovation beschlossen.<br />

Die Baufälligkeitwar aber größer als erwartet, zudemwaren bereits 5000 Guldenan freiwilligen<br />

BeiträgenzueinemNeubauzusammengebrachtworden.<br />

4 AMB 1826, S. 160: « Das Rathhaus wird künftigesFrühjahr ganz niedergerissen undan dessen<br />

Stelle ein neues erbaut.» Vgl.AMB 1828, S.9. Nicht dagegen spricht derin Alte Urkunden, S. 271,<br />

mitgeteilte Kostenbetrag imJahr 1826 von 1880 Gulden 42 Kreuzer (für Planung?); denn 1827<br />

beläufter sich auf 14236 Gulden 3 Kreuzer, 1828 auf 6994 Gulden58 Kreuzer, total 23111 Gulden<br />

43 Kreuzer. - DieNamen ALDERSu nd STADLERS (eherHans Conrad alsJohannKaspar, sieheHBLS)<br />

sindin Fliegende Blätter, Fol. 41, mitgeteilt.<br />

5 A G II, S. 566f.<br />

6 PrGdeV, 27.Nov. 1825 un(:^ 7» Mai 1826, fernerAMB 1826, S. 160: «Wohnungdes zweiten Pfarrers.»<br />

- PrKV, 19.Juni 1913 (Aufgabeder Pfarrwohnungim Rathaus). - PrKGdeV, 15.Juni 1913<br />

(Erster Stock inder «Friedeck» steht bald zurVerfügung).<br />

7 Protokoll der Baukommission, 8. April, 30.Juni (Stukkaturen von PAUL CLAVADETSCHER),<br />

20. Juli, 9.Aug., 8.Sept. 1926 (nur eine Tragsäule soll belassen werden).


ÖFFENTLICHE P ROFANBAUTEN<br />

Abb. 74. Herisau. Gemeindehaus, 1876-1878in klassizistischem Stil durch BaumeisterJohannJakob<br />

Schäferund ZimmermeisterJohann Jakob MettlervonHerisauerbaut, 1919/20 im selben Stil umgestaltet.<br />

- Textunten.<br />

befindet sich aus dem Vorgängerbau eine Kranzkachel, die zum Ofen der großen Ratsstube<br />

gehörte und die außerrhodischen Wappenbären in Gegenstellung unter dem<br />

Reichsadler zeigt. SLM, Inv.-Nr. 8429. H. 28 cm, Br. 37,5 cm, u m 1606 1 (Abb. 2).<br />

Gemeindehaus. Poststraße 16. GESCHICHTE.ES wurde auf Beschluß der außerordentlichen<br />

Kirchhöre vom 21. März 1875 hin durch Baumeister JOHANN J AKOB SCHÄFER<br />

und Zimmermeister JOHANN JAKOB M ETTLER 1876-1878 gebaut, da das Rathaus für<br />

die Sitzungen der Landes- und Gemeindeobrigkeit nicht mehr genug Raum bot 2 .<br />

Aufnahme des bis dahin im Erdgeschoß des Kirchturms verwahrten Gemeindearchivs 3<br />

und der vorher im «Tannenbaum» (S. 176f.) untergebrachten Gemeindekanzlei 4 . Im<br />

1 FISCH, Manuskript, S. 135: «..welcheWapen bis auf diese Zeitzu Herisauan demRathausvon<br />

außen zu sehen war, und obena m Ofen in der großen Rathstube allda angebracht..»VomSLM<br />

1905 ausUrnäsch erworben.<br />

2 PrGdeV, 30. März 1875,und Edikt vom 13. März 1875. «Allgemeineund besondere Bedingungen,<br />

detaillierter Kostenvoranschlagund Bauverträge vom Gemeindehaus in Herisau, 1875»mit Verträgen<br />

vom 20. Dez. 1875 bis 25. Nov. 1876 (GdeA). - Offizielle Einweihung schon a m 6. Nov. 1877 lautRPr,<br />

9. Nov. 1877. «General=Rechnung über den Bau des Gemeindehauses in denJahren 1876, 1877 &<br />

1878.» in: Jahresrechnung derGde 1877/78, S. 53-59. Totalauslagen: 266057Fr. 11 Rp.<br />

3 Vgl. EUGSTER, Herisau, S. 10. 4 EUGSTER, Herisau, S. 14.


104 HERISAU<br />

Ratssaal tagte bis zum Neubau des Postgebäudes (1902) auch der Regierungsrat 1 ,<br />

bis zur Vollendung des Kantonalen Gebäudes 1914 der Kantonsrat 2 . 1878-1902 Sitz<br />

des Postamtes 3 . 1919/20 umfassende Renovation 4 .<br />

BESCHREIBUNG (Abb. 74). Stattlicher, im Keller- und Erdgeschoß ringsum mit<br />

Quadern verkleideter, in den beiden Obergeschossen verputzter klassizistischer Bau<br />

aus Bruchsteinmauerwerk mit geriegelten Trennwänden. An der fünfteiligen Hauptfassade<br />

halten die durch Sockel-, Gurt- und Traufgesirns betonten horizontalen<br />

Linien der vertikalen Gliederung durch geschoßweise übereinandergestellte toskanische<br />

Pilaster und dem mit Attika bekrönten Mittelrisalit das Gleichgewicht. In<br />

dessen Mittelachse rundbogiges Doppelportal mit Triumphbogenarchitektur, an der<br />

Ostseite einfaches Rundbogenportal mit Vorzeichen, ferner allseits rundbogige Fenstergewände<br />

am Erdgeschoß und rechteckige oben, die alle aus Sandstein gehauen<br />

sind. Zwischen zweitem und drittem Geschoß begleiten Steinrosetten ringsum die<br />

Fensterachsen. - Der Ratssaal im ersten Obergeschoß ist mit 1920 hergestellten<br />

Wappenscheiben von Appenzell A.Rh, (dazu Kopie einer Scheibe von 1542), der<br />

Gemeinde Herisau und von 32 Herisauer Geschlechtern ausgestattet 5. In der Hauptmannamtsstube<br />

schmiedeiserne Siegelpresse mit Messingzierden,H. 45,5 cm, Br. (von<br />

Pfeilerchen zu Pfeilerchen) 42 cm, auf dazugehörigem, gleichzeitig entstandenem<br />

Louis-XVI-Tischchen aus Nußbaumholz, 79 X 81 X 55 cm, vermutlich 1807 zusammen<br />

mit dem Gemeindesiegel angeschafft 6 .In den verschiedenen Amtszimmern alte<br />

Ansichten von Herisau (siehe Bilddokumente!).<br />

Schulhäuser. Kontinuierlicher Unterricht ist seit Mitte 16. Jahrhundert bezeugt.<br />

1623 g a h e s zwei Schulen, 1799 deren sechs 7 . Sie waren in Privathäusern untergebracht<br />

und wurden durch freiwillige Beiträge und das dem Lehrer persönlich<br />

entrichtete Schulgeld unterhalten 8 . Unentgeltlicher Unterricht in sogenannten<br />

Freischulen, d. h. von der Gemeinde unterhaltenen Schulen, wurde durch Kirchhörebeschluß<br />

vom 15. März 1834 eingeführt 9 . Bis 1870 entstanden 12 Schulbezirke 10 .<br />

Das erste eigentliche Schulhaus wurde 1829i m Smm noch mittels privater Beiträge<br />

und des Freischulgutes im Stil des damaligen Kleinbürgerhauses in verschindelter<br />

1 Protokoll des Regierungsrates, 20.Mai 1902 ( KtA,Ci, 43).<br />

2 A G II,S.566f.<br />

3 ROTACH, Herisau, S.472.<br />

4 GeschäftsordnungUGde Herisau, 4.Mai1919:mit Kostenvoranschlag von zirka 140000 Franken<br />

beschlossen. - PrGdeR, 11.Juni 1919, Vergebungder Arbeiten. - Jahresrechnung der Gde 1919,<br />

S. 32> 74 F -; ' 920, S. 30, 76.<br />

5 PrGdeRV, 18.Mai 1920, Glasmaler KÜBELI von St. Gallen hat die Geschlechterscheiben verfertigt.<br />

Sie werden zirka 6000Franken kosten. - Der Glasmaler LIEBERHERR von Frauenfeld arbeitet<br />

dieScheibender Gemeinde und desKantons für 1130Frankenaus. Ebenda, 15.Juni 1920:Diebeiden<br />

Scheiben sind eingetroffen. - Beschreibung: JAKOB SIGNER, Die WappenscheibenimGemeinderatssaalevonHerisau,<br />

SeparatabzugausderAppenzeller Zeitung, Herisau 1924.<br />

6 FISCH, Manuskript,S. 136: Siegelvon 1807.Vgl.JahresrechnungderGde 1835,S. 11; «Für eine<br />

Sigill=PresseindieGemeinds=Canzlei fl. 26kr.48».<br />

7 EUGSTER, Herisau, S.283^Vgl.A M B 1839, S. 154-158.<br />

8 EUGSTER, Herisau, S. 285.<br />

9 PrGdeV, 15.März 1834.<br />

10 EUGSTER, Herisau, S. 296.


ÖFFENTLICHE P ROFANBAUTEN 105<br />

Abb. 75. Herisau. Doppelschulhaus Emdwiese (Poststraße), 1841/42 in schlichtem klassizistischem Stil<br />

(Biedermeier) erbaut. - Text unten.<br />

Riegelkonstruktion von Baumeister JOHANNES ALDER im Kostenbetrag von 3472 Gulden<br />

12 Kreuzer gebaut 1 , 1832 unter ähnlichen finanziellen Voraussetzungen Ifang<br />

(Nr. 2447) von VALENTIN MATLER<br />

( =Mettler?) um 3311 Gulden 47 Kreuzer, Fabrik<br />

(Untere Fabrik, Nr. 11) von JOHANNES ALDER um 3280 Gulden 48 Kreuzer und Säge<br />

(Wilen) von ENOCH BREITENMOSERum 3122 Gulden 24 Kreuzer 2 . 1841/42 erstand,<br />

erstmals auf Gemeindekosten, das Doppelschulhaus Emdwiese (Poststraße 15) im<br />

Kostenbetrag von 8014 Gulden 8 Kreuzer 3 , ein zweigeschossiger verputzter Strickbau<br />

unter leicht geknicktem Walmdach mit breitem Quergiebelan Front und Rückseite.<br />

Der ausgewogene, klassizistisch instrumentierte Zweckbau vertritt, zwar nach<br />

Zeughaus (S. 118) und Kasino (S. 190) erbaut, eine konservativere Bauweise als jene,<br />

bestimmt aber als charakteristisches Beispiel der Zeit mit den übrigen klassizistischen<br />

Bauten das weitgehend einheitliche Gepräge der Emdwiese (Poststraße) im Geist des<br />

19. Jahrhunderts (Abb. 75). 1845 folgten im ehemaligen Schulbezirk Sangen das für<br />

3262 Gulden 21 Kreuzer erbaute Schulhaus im Moos (Schachen, Nr. 2571, seit dem<br />

Neubau 1948 Privathaus) 4 , in Anlage und Konstruktion jenem im Saum verwandt,<br />

1 Fliegende Blätter, Fol. 23. - AlteUrkunden, S.267^ Vgl.JahresrechnungderGde 1830, S. 7. -<br />

A m 11. März 1972 wurde das Schulhaus anlässlich einer Feuerwehrübung niedergebrannt, nachdem es<br />

durch Neubau ersetzt wordenwar (AZ, 13. März 1972).<br />

2 Kirchhörebeschluß, 11.März 1832 (PrGdeV). Die Kostenangaben laut Kirchenrechnung vom<br />

18.Nov. 1833 in: Alte Urkunden, S. 268f., und Fliegende Blätter, Fol. 23. Vgl. Jahresrechnung der<br />

Gde 1832, S. 7; 1833, S. 13.<br />

3 Kirchhörebeschluß, 2.Mai 1841 (PrGdeV). - Jahresrechnung der Gde 1841 und 1842,jeS. 11. -<br />

EUGSTER, Herisau, S. 297.<br />

4 Kirchhörebeschluß, 5.Mai 1844 (PrGdeV). - Jahresreehnung derGde 1844/45, S- 1 3> bzw. 1948,<br />

S. 28, 88 (Erlös aus altem Schulhaus).


io6<br />

HERISAU<br />

und das für 3146 Gulden erbaute in Ramsen 1 , das 1902/03 durch den jetzigen spätklassizistischen<br />

Bau (Nr. 2632) ersetzt wurde 2 .<br />

Einen ausgeprägt kubischen Baukörper mit Walmdach zeigt das gut proportionierte<br />

Schulhaus an der Bahn (Kasernenstraße 9), ein geschindelter Strickbau, der<br />

1849 für 10779 Gulden 51 Kreuzer errichtet worden ist 3 , ebenfalls dasjenige in der<br />

Mühle, das 1867 für 24331 Fr. 68 Rp. von Baumeister JOHANNES ALDER vonTobel in<br />

verputzter Riegelkonstruktion erbaut 4 und 1967 durch eine großzügige moderne<br />

Anlage an anderer Stelle ersetzt worden ist (heute Privathaus, Schwellbrunnerstraße<br />

2). Von 1857 datiert der Schulbau beim Waisenhaus (siehe S. 108). 1876-1878<br />

entstanden der spätklassizistische Steinbau Landhaus (Kasernenstraße 33) mit übergiebeltem<br />

Mittelrisalit und Seitenflügeln, eine Anlage, die ähnlich in Ramsen 1902/03<br />

wiederholt worden ist (siehe oben) 5 , und zu gleicher Zeit das 1967 abgebrochene<br />

Schulhaus an der Au (Degersheimerstraße) 6 , das, zwar ein verputzter Riegelbau,<br />

dem 1885 errichteten Neubau in der ohern Säge (Schulhausstraße 1) glich 7 , 1888 ein<br />

Neubau in der untern Fabrik (Nr. 4, Schulhaus Kreuzweg) 8 , beide gestrickte symmetrische<br />

Doppelschulhäuser unter Walmdach, 1897/98 ein zusätzliches im Saum<br />

(Nr. 2197) in Riegelkonstruktion und von ähnlicher Gestalt wie der ältere, nun verschwundene<br />

Bau 9 , 1905-1907 der Neubau in der untern Säge (Wilen) mit Turnhalle<br />

(Alpsteinstraße 9) 10 nach Plänen der Gebrüder PFISTER, Zürich 11 , 1910/11 der<br />

Neubau im Ifang nach Plänen des Gemeindebaumeisters ALFRED RAMSEYER 12 ,<br />

beide Bauten in neubarocken Formen, der erste mit Anklängen an den Jugendstil.<br />

1 Ebenda. - Vgl. EUGSTER, Herisau, S. agöf.<br />

2 Kirchhörebeschluß, 23.Febr. 1902 (PrGdeV). Kosten laut Hauptbuch (17.April 1902 bis<br />

31.Dez. 1903) total: 101795 Fr. 6 9 Rp. Ebenda, 31.Dez. 1903, Nettoerlös v om alten Schulhaus:<br />

13422 Fr.55 Rp. Vgl. Jahresrechnung der Gde 1903, S. 10.<br />

3 Kirchhörebeschluß, 6.Mai 1849 (PrGdeV). - EUGSTER, Herisau, S. 297. Vgl. Jahresrechnung<br />

derGde 1849/50und 1850/51, je S. 17.<br />

4 Kirchhörebeschluß, 3.Mai 1863 (! PrGdeV). - EUGSTER, Herisau, S. 297. - Baumeister JOHANNES<br />

ALDER ZU Tobel laut Protokollder Jahresrechnungen 1865/66. Vgl.JahresrechnungderGde 1865/66,<br />

S. 39; 1866/67, S.39-41; 1867/68, S.43.<br />

5 Kirchhörebeschluß, 3.Mai 1874 (PrGdeV). Totalkosten laut Kassa-Hauptbuch 1876/78:<br />

•35657 Fr.41Rp. Vgl.JahresrechnungderGde 1876/77und 1877/78,je S.39; 1878/79, S.43. - Einweihung<br />

laut ROTACH, Herisau, S. 355,am 16. Juli 1877.<br />

6 Kirchhörebeschluß, 3.Mai 1874 (PrGdeV). Kosten laut Kassa-Hauptbuch: 69750 Fr. 94Rp.<br />

Vgl.JahresrechnungderGde 1876/77, S. 37!".; 1877/78, S. 38; 1878/79, S.43.<br />

7 Kirchhörebeschluß, 16.Dez. 1883 (PrGdeV). Kosten laut Kassa-Hauptbuch: 78892 Fr. 88Rp.<br />

Vgl. JahresrechnungderGde 1884/85 und 1885/86, jeS. 15.<br />

8 Kirchhörebeschluß, i .Mai 1887 (PrGdeV). Kosten laut Kassa-Hauptbuch (Juni 1887 bis Okt.<br />

1888): 75815 Fr. 30Rp. Total laut ebenda, 1890: 80336 Fr. 40Rp.Vgl. Jahresrechnung der Gde<br />

1886/87, 1887/88und 1888/89,jeS. 15; 1889/90, S. 21: «Doppelschulhaus(bau) imTobel.»<br />

9 Kirchhörebeschluß,2.Mai 1897 (PrGdeV).KostenlautKassa-Hauptbuch (Juni 1897 bis 31. Dez.<br />

1898): 38944Fr. 30Rp. Vgl. Jahresrechnung derGde 1896/97, S. 26f.; 1898und 1899,jeS. 24!".<br />

10 Kirchhörebeschluß, 28.Febr. 1904 (PrGdeV). - JahresrechnungderGde 1904, S. 11, 62; 1905,<br />

S.8; 1906, S.9, 57; 1907, S.9. Totale Baukosten: 181985Fr. 42 Rp. - FürTurnhalleneubau:i6i52Fr.<br />

40Rp. Ebenda, S. 73: Schulhauseinweihungam 5.Mai 1907.<br />

11 Ebenda. - Protokoll der Baukommission, 23. Mai 1905und 19. März 1906.<br />

12 Kirchhörebeschluß, 3.April 1910 (PrGdeV). - Jahresrechnung der Gde 1910, S. 29, 72; 1911,<br />

S. 29, 71; 1912, S. 28. Gesamtkosten (mit Nachtrag): 113624 Fr. 51 Rp.


ÖFFENTLICHE P R O F A N BA UTE N IO7<br />

Abb. 76. Herisau. Ehemaliges Realschulhaus auf der Emdwiese (Poststraße), 1867/68 in spätklassizistischem<br />

Stil durch Baumeister Daniel Oertie erbaut. - Text unten.<br />

Ehemaliges Realschulhaus. Poststraße 12. GESCHICHTE. 1838 wurde durch private<br />

Mittel führender Männer eine Realschule gegründet, wobei ein 1809 errichtetes und<br />

seit 1813 durch Johann Jakob Fitzi betreutes und auf eigene Kosten geführtes<br />

Institut erweitert wurde 1 . 1846 wurde eine Mädchenrealschule gegründet 2 . 1840<br />

bis 1868 befand sich die Realschule in der von der Stiftungsgesellschaft erworbenen<br />

«Windegg» (S. 117) 3 . 1861 wurde die Schule von der Gemeinde übernommen 4 . Am<br />

24. März 1867 wurde der Bau auf der Emdwiese (Poststraße 12) beschlossen 5 und<br />

durch Baumeister D ANIEL OERTLE, Herisau, ausgeführt 6 , im Oktober 1868 eingeweiht<br />

7 . Die Gesamtkosten betrugen 102998 Fr. i7Rp. 8 . Nach Bezug des modernen<br />

Realschulhauses auf dem Ebnet 1953 wurde jenes als Primarschulhaus benützt 9 .<br />

1 963/64 Innen- und Außenrenovation 10 . - BESCHREIBUNG (Abb. 76). Dreigeschossiger,<br />

spätklassizistischer Bau in verputzter Riegelkonstruktion über gemauertem Erdgeschoß<br />

mit schwach geneigtem Walmdach und mit dreiachsigem Mittelrisalit, der<br />

1 AMB 1838, S. 37, 68f.; 1839, S. 6g. - EUGSTER, Herisau, S. 300-304.<br />

2 EUGSTER, Herisau, S. 302. 3 EUGSTER, Herisau, S. 301.<br />

4 Kirchhörebeschluß, I.Dez. 1861 (PrGdeV). 5 PrGdeV, 25.März 1867.<br />

6 Laut «GeneralRechnung überdenBau des Realschulhausesvon 1867-69»,in: «Protokollüber<br />

die Jahresrechnungen Herisau», S. 351-354. EbenfallsinJahresrechnungderGde 1868/69, S.58-6g.<br />

7 EUGSTER, Herisau, S. 304.<br />

8 Laut « General Rechnung...» (siehe vorletzte Anmerkung).<br />

g JahresrechnungderGde ig53, S. 57-63: «AbrechnungderEbnetüberbauung»durchdie Architektengemeinschaft<br />

HÄNNV & BRANTSCHEN, St. Gallen, HOHL & ROHNER, Herisau. - Gedenkschrift<br />

zur Einweihung des neuen Realschulhauses in Herisau, August ig53, Herisau ig53.<br />

10 Jahresrechnung der Gde ig63, S. 12; ig64, S. 12, 42. - Objekt-Kontoblatt des Gemeindebauamtes.


io8<br />

HERISAU<br />

durch Freitreppe, drei stichbogige Durchgänge zur Eingangshalle und den auf dem<br />

Traufgesims ruhenden Dreieckgiebel akzentuiert ist. Das über dem Erdgeschoß<br />

herumlaufende Gurtgesims war ursprünglich doppelt geführt, wie aus der Federzeichnung<br />

ADOLF HONEGGERS von der Emdwiese 1874 hervorgeht (Abb. 165).<br />

Waisenhaus. Jetzt Kinderheim, Ebnet, Nr. 10. GESCHICHTLICHES. Das erste Waisenhaus<br />

war von Leinwandhändler Hauptmann Laurenz Schäfer und Gesinnungsgenossen<br />

gestiftet undam 4. Februar 1769 1 in dem von Landammann Johannes Schüß<br />

1628 erbauten stattlichen Hof im Sangen 2 feierlich eröffnet worden. - Wegen zu<br />

großer Entfernung vom Dorf wurde das jetzige im untern Ebnetvom sanktgallischen<br />

Großrat Johann Konrad Schoch gestiftet 3 und 1816/17 durch Zimmermeister<br />

JOHANNES ALDER erbaut 4 , wie esu m 1830-1840 in einem Federaquarell festgehalten<br />

wurde und in dieser Gestalt äußerlich erhalten blieb 5 . 1857/58 wurde es durch ein<br />

Gebäude für Schule und Weberei, einen verputzten Riegelbau unter Walmdach,<br />

ergänzt 6 . Beide Gebäude zusammen hat ADOLF H ONEGGER auf einer lavierten Feder-<br />

1 SCHÄFER, Materialien 1811, S. 39-41 und 191-198. -AlteUrkunden, S. 1771".<br />

2 Wappenbuch, S. 279.Zum Hause selbst siehe S. 198.<br />

3 PrGdeV, 26.Nov. 1815 und 31. Dez. 1816. - Protokoll des Waisenamtes, 11. Dez. 1815 (Baubeschriebund<br />

Arbeitsverteilung),und Stiftungsurkunde vom 24.Januar 1816im GdeA. Vgl. Fliegende<br />

Blätter, Fol. 48, und EUOSTER, Herisau, S. 273-275.<br />

4 Laut «Verzeichnis der Ausgabenfürden neuenBau des WaisenhausesAo 1816No. 1.» (GdeA)<br />

dauerten die ArbeitenvomJanuar 1816 bisJanuar 1818. Vgl. Fliegende Blätter, Fol. 48.<br />

5 BilddokumentDi5,a.<br />

6 PrGdeV, 12.Dez. 1856. - Jahresrechnung der Gde 1856/57, S. 25; 1857/58, S. 25f.; 1858/59,<br />

S. 23. - Zimmermeister JOHANNES ALDER.<br />

Abb. 77. Herisau. Ehemaliges Waisenhausaufdem Ebnet (jetztKinderheim), 1816/17 durchZimmermeister<br />

Johannes Alder von Herisau erbaut. Federaquarell, vermutlich von JohannUlrich Fitzi, im<br />

Historischen Museum Herisau (Ausschnitt). - Textobenund S.45.


ÖFFENTLICHE P ROFANBAUTEN<br />

log<br />

Zeichnung 1874 abgebildet 1 . - BESCHREIBUNG (Abb. 77). Geschindelter Strickbau<br />

unter Satteldach in Traufstellung. Die Mittelachse der südseitigen Fassade ist durch<br />

doppelläufige Freitreppe, klassizistisches Fortal, Lisenen und dreieckigen Quergiebel<br />

betont. In der Mittelachse der Nordseite erhebt sich der über dem Traufgesims einspringende,<br />

haubenbewehrte, mit schöner Windrose und -fahne versehene Treppenturm.<br />

- Im Büro Porträt des Stifters J. K . Schoch (1756-1817), Öl auf Leinwand,<br />

77 X 61 cm, von Jon. JAKOB BRUNSGHWEILER u m 1816 2 .<br />

Bürgerheim. GESCHICHTE. Schon 1604 wurde das Spendhauptgut zu Lasten des<br />

Kirchengutes mit diesem vereinigt 3 . 1795 beschloß eine außerordentliche Kirchhöre<br />

den Ankauf eines Gutes auf dem Ebnet zur Einrichtung eines Armenhauses für zirka<br />

42-46 Personen, dem zur wirtschaftlichen Festigung 1 799 der weitläufige Gemeindeboden<br />

der Nordhalde einverleibt wurde 4 . - Der bestehende Bau wurde 1837/38<br />

westlich des darnach auf Abbruch versteigerten alten Armenhauses nach Plänen von<br />

FELIX WILHELM K UBLI durch Zimmermeister JOHANNES ALDER gegen die anfängliche<br />

Absicht, einen Riegelbau errichten zu lassen, als Strickbau ausgeführt 5 . Dieser auf<br />

einer Federzeichnung von ADOLF H ONEGGER 1874 festgehaltene Bau erhielt nicht die<br />

auf einem erhaltenen Projekt von K UBLI geplante Betonung der Mittelachse durch<br />

Lisenenund einen Dreieckgiebelaufdem Fenster des ersten Geschosses (sieheAbb. 79) 6 .<br />

1890 wurden die siebenachsigen Seitenflügel nordwärts um vier Fensterachsen verlängert<br />

7 . Glasveranda auf toskanischen Holzsäulen über dem Portal von 1915 8 . -<br />

BESCHREIBUNG (Abb. 78, 7 9). Einfacher, jedoch großzügiger klassizistischer, an Ost-<br />

West- und Südfront verputzter Strickbau von drei Wohngeschossen unter Walmdach<br />

mit ursprünglicher, ebenfalls abgewalmter, dreiachsiger Hauptlukarne in der Symmetrieachse<br />

über dem Portal.<br />

Schützenhäuser. GESCHICHTE. 1 646 wurde für das bereits bestehende Schützenwesen<br />

ein Schützenhaus (I) im Gries mit Wirtshaus und Keller erbaut 9 , ein Gebäude mit<br />

geriegelter Fassade, das auf einem Ölgemälde des Hist. Mus. St. Gallen 10 festgehalten<br />

1 Bilddokument Di5,b.<br />

2 Die Stadtbibliothek St. Gallen besitzt ein im VerzeichnisvonDoraF. Rittmeyerdem MalerJ.J.<br />

BRUNSCI-IWEILER zugeschriebenes, bis aufdie vereinfachte Staffage völlig übereinstimmendes Porträt,<br />

das aufdemgemalten Briefumschlagdie Bezeichnung trägt; «HerrenJoh. Con. Schoch St. Gallen.»<br />

Die Zuschreibungan BRUNSCHWEILER w urdevon andererHandnachgetragen.<br />

3 BAUMANN, S. 8 3.<br />

4 GdeA, Freiwillige Beiträgean Armenhaus 1794. - «Copir-Buch..», S. 55: Kaufbrief, 2. Febr. 1795,<br />

der «Heimath aufdem Ebnet». - SCHÄFER, Materialien 1811, S. 41-43.<br />

5 GdeA, Armenhaus-Bau-Commission-Protokoll 1836 «das neue Armenhaus betreffend.» -<br />

JahresrechnungderGde 1838, S. i8f., Baukosten: 31 296 Gulden 32 Kreuzer.Vgl.AMB 1837, S. 48.,<br />

und 1838, S. 169-171. - Vgl. EUOSTER, Herisau, S. 15 f.<br />

6 BilddokumentD i . - Plandokument 2 a.<br />

7 Beschluß der Bürgergemeindevom4.Mai 1890 (PrGdeV). - Jahresrechnung derGde 1889/90,<br />

S. 21; 1890/91, S. 23.<br />

8 «Umbau Bürgerasyl. Facaden-Skizze.» des Gemeindebaumeisters ALFRED RAMSEYER, datiert vom<br />

ic.Mai 1915im Hist. Mus. Herisau (Plandokument 2b). Erst jetzt wurdenan d er Südfront Jalousieläden<br />

angebracht.<br />

g EUGSTER, Herisau, S. 324f. (gestützt auf eine Schriftvon 1647 über das Schützenfest von 1646)<br />

und S. 328. - Vgl. SCHÄFER, Materialien 1812, S. 2o8f. - Zum Wirtebetrieb siehe Alte Urkunden,<br />

S. 146, gestützt auf Vogtei-Räteprotokoll, 2.Dez. 1647.<br />

10 BilddokumentD u , a .


I 10<br />

HERISAU<br />

ist (heute Goßauerstraße 18, siehe S. 155). Der «Scheibenböhel»am westseitigen<br />

Ebnet diente als Scheibenstand. Für die «Schützen von freyer Hand» wurde 1793<br />

ebenfalls im Gries, aber in geringerer Entfernung vom Scheibenstand ein neues<br />

Schützenhaus (II) gebaut, 1810 jedoch bereits durch ein größeres (III) im Kostenbetrag<br />

von 1533 Gulden 59 Kreuzer ersetzt 1 (heute Heilsarmeelokal, Goßauerstraße<br />

18 C, siehe S. 155).Im Zusammenhang mit dem Kasernenbau wurde 1866 das<br />

jetzige Schützenhaus (IV) im untern Ebnet (Schützenstraße 1632) im Kostenbetrag<br />

von 26988 Fr. 70 Rp. mit einem Scheibenstock am Rosenberg im Kostenbetrag von<br />

11 875 Fr. 82 Rp. vollendet 2 . Das Gebäude ist von ADOLF HONEGGER 1874 in lavierter<br />

Federzeichnung festgehalten worden (BilddokumentDu, b). - BESCHREIBUNG. Einfacher,<br />

symmetrischer, spätklassizistischer Zweckbau, eine über Mauersockel verputzte<br />

Riegelkonstruktion unter traufständigem Satteldach mit dreifenstrigem Quer-<br />

1 FISCH, Manuskript, S. 45. - Alte Urkunden, S. 282, geben gestützt auf Kirchenrechnung als<br />

Baujahr 1809 und die Summe von 1298 Gulden 1 Kreuzer an, wobei offenbar die restlichen Bauausgaben<br />

von 1810 übersehen wurden.<br />

2 JahresrechnungderGde 1865/66, S. 79. - EUGSTER, Herisau, S. 328.<br />

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| CJ Erster. ^toefe | { |<br />

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1 J I 11 1<br />

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I LJ 1<br />

Abb. 78. Herisau. Bürgerheim. Plan von Felix Wilhelm Kubli,u m 1836, i m Historischen M useum<br />

Herisau. - Text S. 39und 109.


ÖFFENTLICHE P ROFANBAUTEN<br />

I I I<br />

Abb. 79. Herisau. Bürgerheim, 1837/38 n ach Plänen von Felix Wilhelm Kublidurch Zimmermeister<br />

Johannes Alderin schlichter klassizistischer Gestalt erbaut.Vorder Erweiterung von 1890. Lavierte<br />

Federzeichnung von Adolf Honegger, 1874, im Historischen Museum Herisau. - Text S.43und 10G.<br />

giebelan der südseitigen Front.In der Schützenstube gute Porträts des Schützenvaters<br />

Peter Egger, datiert 1847, und des Schützen J. Kaspar Sturzenegger, datiert 1850,<br />

beideÖl auf Leinwand, 102 X 85 cm, und signiert: «J. Weiß Pinx.» (bzw. «Pinxit»).<br />

Hier ebenfalls Wanduhr mit bemaltem Holzzifferblatt, signiert: «Joh. Conrad Haas<br />

1812.»<br />

Einstiges Wachthaus und Sanitätsgebäude am Platz. GESCHICHTE. 1772 wurde für die<br />

Nachtwächter und «Runder», die bis dahin unter dem Vorzeichen der Kirche<br />

nächtigen mußten 1 , nordwestlich davon längs des Gäßleins ein kleines Wachthaus<br />

gebaut, dessen Front auf der lavierten Federzeichnung von JOHANNES HÄDENER I 790<br />

sichtbar ist und dessen gedrücktes Walmdach mit dem 1790 errichteten gewalmten<br />

Vorzeichen der Kirche korrespondierte, was noch die lavierte Federzeichnung von<br />

ADOLF HONEGGER von 1874 zeigt (Abb. 42,86) ^ 1889 wurde das Gebäude rückwärts<br />

verlängert und mit einem Satteldach versehen, infolge des 1909/10 errichteten<br />

Polizeigebäudes an der Kasernenstraße seiner Funktion enthoben und 1910 abgebrochen<br />

3 . Statt dessen wurde 1912 ein von Gemeindebaumeister ALFRED RAMSEYER<br />

entworfenes Sanitätsgebäude im Jugendstil fast an gleicher Stelle, nach Osten abgedreht,<br />

errichtet 4 , 1959 jedoch wieder entfernt 5 (siehe Abb. 43, 44).<br />

i Alte Urkunden, S. 97. 2 Bilddokumente B2und 7.<br />

3 P rGdeRV, 29. Juli 1889: Beschluß des Umbaus. - Jahresrechnung der Ode 1888/89, 45'<br />

PrGdeV, 5. Mai 1908. - Jahresrechnung derGde 1909, S. 10, 71; 1910, S. 30, 72 (im Frühjahr vollendet).<br />

Gesamtkosten: 174851 Fr. 78 Rp. - Laut Kontokorrent des Bauamtes (GdeA) Zahlungen<br />

fürden Abbruch des Wachthauses vom 14. Mai bis 30. Juni 1910. Vgl. Protokollder Baukommission,<br />

i.Juni 1910: Der Gemeindebaumeister ( =ALFRED RAMSEYER) legt eine Skizze vor betreffend Erstellung<br />

eines Gebäudesan Stelle des abgebrochenen Wachthausesneben der Kirche.<br />

4 G deRPr, 11. Dez. 1911, Beschlußfassung und Krediterteilungan Baukommission für Abortanlage<br />

in Verbindung mit einem Sanitätslokal. - Jahresrechnung der Gde 1911, S.72; 1912, S. 11, 77 («Aborthäuschen<br />

bei der Kirche»). Kosten: 9358 Fr.82Rp.<br />

5 PrKRKH, Beschlußfassung schonam3. Okt. 1957.<br />

-


112 H ERISAU<br />

1<br />

Abb. 80. Herisau. Obstmarktmitdem 1912-1914 erbauten neubarocken,vom Jugendstilbeeinflußten<br />

Kantonalen Bank- und Verwaltungsgebäude, mit der 1915 neu erbauten « Blume» und dem spätbarocken<br />

«Tannenbaum». - Text unten, S. 175-177.<br />

ÖFFENTLICHEPROFANBAUTEND E SKANTONS<br />

Kantonales Bank- und Verwaltungsgebäude am Obstmarkt. Oberdorfstraße 5 (Abb. 80).<br />

1912-1914 in neubarocken, vom Jugendstil mitgeprägten Formen durch die Architekten<br />

BOLLERT und HERTER errichtet 1 . Dreigeschossiges Steingebäude unter behäbigem,<br />

mit Lukarnen und Dachreiter besetztem Walmdach und in der Mittelachse<br />

der östlichen Schmalseite mit großem Erker unter geschweiftem Quergiebel versehen.<br />

Außenschmuck: Reliefs von OTTO M ÜNCH, Malerei von ERNST GEORG RÜEGG,<br />

Skulpturen der Steinbalustrade von WALTER METTLER 2 .Im gediegenen klassizistischen<br />

Kantonsratssaal eindrucksvolle Porträtgalerie der Landammänner von der Landteilung<br />

1597 bis heute 3 (Abb. 81). Im Regierungsratssaal und im anschließenden Sitzungszimmer,<br />

ferner in den Vestibüls des Treppenhauses wertvolle Wappenscheiben.<br />

1 Protokoll des Kantonsrates, KtA, B25, 10, 27.März 1911 (Beschluß). Ebenda, B25, 12, 17.März<br />

1914 (Ausschmückung mit Wappenscheibender20Gemeinden nachEntwürfen von RUDOLF MÜNGER,<br />

Bern). - Zu den Bauetappen: 36.-38. Geschäftsberichtder Appenzell-Außerrhodischen Kantonalbank<br />

in Herisau 1912, S. 6 (Baubeginn 15.Jan. 1912) bzw. 1913,S. 6 (Bezug derRäume durch die kantonale<br />

Verwaltungim Februar 1914) bzw. 1914, S. 6 (Totalkosten 1092873Fr.60Rp.). — Pläne im KtA,<br />

C12, 81. - Photographien im KtA, J3, 4. - Vgl. Schreibmappe, Buchdruckerei SCHLAPPER, 1913,<br />

S. 1-5, und 1914, S. 1-6.<br />

2 Vgl. S KL.<br />

3 Einzig d er stillstehende L andammann Joh. Conrad Oertly (eigentlich N r. 30), i n Trogen in<br />

Dubletten vorhanden, fehlt hier,während der andere ebenfalls nur stillstehendeJohannes Graf (Nr. 27)<br />

eingereiht wurde.


ÖFFENTLICHE P ROFANBAUTEN<br />

A. Porträtgalerie der Landammänner. GESCHICHTLICHES. 1 914 aus den in Herisau vorhandenen<br />

Bildern zusammengestellt und aus den bis dahin in Trogen vollständigen<br />

Beständen ergänzt 1 . Die mit Öl auf Leinwand gemalten Porträts wurden damals auf<br />

das Einheitsformat von zirka 87 X 71 cm gebracht, 1944 nochmals restauriert sowie<br />

auf Sperrholzplatten aufgezogen 2 . — Seit dem Landhandel wurde mit Beginn bei<br />

Landammann Adrian Wetter 1733 undzum letztenmal 1892 bei Jakob Sonderegger<br />

von Rehetobel offiziell je ein Porträt vom gleichen Maler für Herisau und Trogen<br />

bestellt (Originaldubletten), darnach nur noch eines für Herisau, das seit 1876 alleiniger<br />

Tagungsort des Kantonsrates ist 3 . Von 1782 an (stillstehender Landammann<br />

Johannes Graf) ist die Autorschaft sämtlicher Maler gesichert, und zwar, mit Ausnahme<br />

derjenigen LEONHARD TANNERS, die nur literarisch bezeugt ist, durch Signatur<br />

wenigstens an einem, meistens an beiden Bildern 4 . Früher können noch die Porträts<br />

von Landammann Adrian Wetter (Nr. 21) und Johannes Zellweger-Sulser (Nr. 23)<br />

mit Sicherheit dem MalerJOH. G EORG KOCH zugeschrieben werden. Bei den Landammännern<br />

vor 1733 handelt es sich in einigen Fällen u m offensichtliche posthume<br />

Kopien mit z.T. geringem authentischem Wert, z.T. um zweitrangige Dubletten<br />

gegenüber solchen im Kantonsarchiv oder in Trogen.<br />

Die Landammänner und ihre Maler. 1. Paulus Gartenhauser, von Gais, 1544 bis zirka<br />

1613. Ldm 1597-1611. «AETATIS SUAE 65... 1609» (Kopie). - 2. Sebastian Thörig,<br />

von Urnäsch, 1557-161 r. Ldm des ungeteilten Landes 1595-1597, von Außerrhoden<br />

I<br />

599- I 6 I I . «AETATIS SUAE 54. ANO 1611» (posthumes Porträt). - 3. Johannes Schüß,<br />

von Herisau, 1561 (laut Porträt) bis 1630. Ldm 1611-1630. «AETATIS SUAE6 8 ANO<br />

1629». _ 4- Konrad Zellweger, von Teufen, 1 559-1648. Ldm 1 613-1642. «AETATIS<br />

SUAE ANO 1640». - 5. Jost Hänzenberger, von Herisau, 1583 bis ? Ldm 1631-1635<br />

_<br />

(laut GOTTLIEB BÜCHLER an der Pest gestorben), «AETATIS SUAE 52. ANO 1635».<br />

6. Johannes Tanner, von Herisau, 1593 (laut Inschrift) bis 1665. Ldm 1 636-1660.<br />

«AETATIS SUAE 46. ANO 1639». - 7. Johanes Zellweger, von Teufen, 1591-1664.<br />

Ldm 1642-1646. Sohn von Nr.4. «ANNO 1642». - 8. Ulrich Schläpfer, von Trogen,<br />

1580 (laut Porträt) bis ? Ldm 1 646-1654. Unter ihm 1647 Einführung des Doppelregiments<br />

vor und hinter der Sitter. «AETATIS SUAE 6 1. ANO 1 641». - 9. Johannes<br />

Rechsteiner, von Gais, 1618-1666. Ldm 1654-1666. 1663 Gesandter zur Bundeserneuerung<br />

in Paris, «ETATIS 4 3. ANNO 1 663». - 10. Johannes Tanner, von Herisau,<br />

1627-1664. Ldm 1660-1664. «AETATIS37».-11. Ulrich Schmid, von Urnäsch, 1 626<br />

(laut Porträt) bis 1683. Ldm 1665-1683. «AETATIS 4 6. ANO 1672». - 12. Polley<br />

(Pelagius) Schläpfer, von Trogen, 1601 oder 1602 (laut Porträts) bis 1680. Ldm<br />

1666-1680. Bruder von Nr. 8. «AETATIS 64». - 13. Johann Conrad Zellweger, von<br />

Trogen, 1 631-1695 (laut Totenregister). Sohn von Nr. 4. Ldm 1683-1695. Landvogt<br />

im Rheintal 1680-1682. «AETATIS 64». - 14. Lorenz Tanner, von Herisau, 1631-1701.<br />

1 EUGEN STEINMANN, Die Porträtgalerie der Landammänner in Herisau und Trogen, A JB 196g,<br />

S. 33-81, worauf sich die folgenden Ausführungen stützen.<br />

2 Das Porträt vonLdm JakobBruderer (Nrn. 61 bzw. 62) wurdedirekt aufHolz gemalt.<br />

3 Die Dublette vonLdm Johannes SchefersPorträt (Nr. 29),nur in diesem 1914von Trogen hierher<br />

verbrachten Exemplarvorhanden, scheint in Herisau verlorengegangenzu sein. Ein eigenes, kleineres<br />

Porträt desselben Malers besitzt die Gemeinde Schwellbrunn (S. 247und Abb.235).<br />

4 Die Signatur beiLdm JohannesGraf (Nr. 27) muß sich wie bei der Dublette in Trogen aufder<br />

Rückseite befundenhaben.<br />

0 - Kunstdenkmäler LXI, AR I


HERISAU<br />

Ldm 1684-1701. Bruder von Nr. 10. «AO 1695. AETATIS64». - 15. Bartholome Sturzenegger,<br />

von Gais, 1650 (laut Porträt) bis 1710. Ldm 1698-1710. «1704. AETATIS 54»<br />

(wahrscheinlich späte Kopie). - 16. Johannes Gruber, von Herisau, 1656 (laut<br />

Originalporträt) bis 1710. Ldm 1701-1709. «1704. AETATIS 53» (späte Kopie). -<br />

17. Lorenz Tanner, von Herisau, 1668-1729. Sohn von Nr. 14. Ldm 1709-1729.<br />

«Pict: Ao:i7i2 Aetat; Suae 44.». - 18. Konrad Zellweger(-Tanner), von Trogen,<br />

1664-1741. L d m 1710-1732. «ANO 1712. AETAT.48». - 19. Laurenz Wetter, v on<br />

Herisau, 1654-1734. L d m 1729-1733. «1729. AETATIS 70» (späte Kopie). - 2 0. Michael<br />

Altherr, von Trogen, 1681-1735. L dm 1732-1735. «1732. Alt 51 Jahr» (späte<br />

Kopie). - 21. Adrian Wetter, von Herisau. 1694-1764. Sohn von Nr. 19. Ldm<br />

1 733-1756 (Abb. 8 2). M itSicherheit JOHANN GEORGKOCH zuschreibbar.Von jetzt<br />

an folgen sich sozusagen ununterbrochen übereinstimmende Dubletten («Originaldubletten»)<br />

in Herisau und Trogen. - 22. Jakob Gruber, von Gais, 1675 (laut Porträt)<br />

bis ? Ldm 1735-1745. «AETATIS 60 / 1735». - 23. Johannes Zellweger(-Sulser),<br />

von Trogen, 1695-1774. L dm 1745-1747 (laut Porträt 1746 erwählt). Mit Sicherheit<br />

JOHANN GEORG KOCH zuschreibbar (Abb. 83). - 24. Gebhard Zürcher, von Teufen,<br />

1701-1781. Ldm 1747-1781. «Alt 46:». - 25. Hans Ulrich Scheuß, von Herisau,<br />

1711-1775. Ldm 1756-1772. «AETATIS 45». - 26. Laurenz Wetter, von Herisau,<br />

1726-1793. SohnvonNr.21.L d m1772-1793. «A 0 1772. AETAS 45». (Wahlsprüche<br />

fehlen von jetzt an, ebenfalls das «Hr» [=Herr] vor dem Namen.) - 27. Johannes<br />

Graf, von Heiden, 1714-1787. Nur stillstehender Ldm 1781/82. «AETATIS 67». Von<br />

Jon. JACOB BRUNSCHWEILER, 1782. - 28. Hans Jakob Zuberbühler, von Speicher,<br />

1723-1803. Ldm 1782-1794. Signiert: «M.Herz...f». - 29. Johannes Schefer, von<br />

Schwellbrunn, 1738-1799. L dm 1793-1797. Signiert: «J. Weiß p . VI» ( =1795?). -<br />

30. Johann Konrad Oertly, vonTeufen, 1736-1809. Nur stillstehenderLdm 1797 bis<br />

1798. Nichtim offiziellen Verzeichnis und nicht in die Galerie des Kantonsratssaales<br />

aufgenommen (siehe Porträtgalerie in Trogen). - 31. Jakob Zellweger (-Wetter), von<br />

Trogen, 1723-1808. Sohn von Nr. 23. Ldm 1794-1797. Signiert: «Johann Mathias<br />

Abb. 81. Herisau. Kantonales Bank- u nd Verwaltungsgebäude. Der klassizistische Kantonsratssaal<br />

mit einem Teil der Landammännerporträts (Nrn.50-59 des Katalogs im Text S. 113-116).


ÖFFENTLICHE P ROFANBAUTEN I I 5<br />

Abb. 82 und 83. Herisau. Kantonales Bank- und Verwaltungsgebäude,Kantonsratssaal.Adrian Wetter<br />

von Herisau (1694-1764),Landammann von 1733 bis 1756,Bauherr der «Rose» (S. 127),und Johannes<br />

Zellweger-Sulser von Trogen (1695-1774), Landammann von 1745 bis 1747. Öl auf Leinwand von<br />

JohannGeorg Koch. - Text S.113fund 137f.<br />

Jehly 1794». - 32. Johannes Schmid, von Urnäsch, 1758-1822. Ldm 1799, 1802,<br />

1803-1822. «ABTAT 47». Signiert: «Brunschweiler pinxit 1806». - 33. Jakob Zellweger(-Zuberbühler),<br />

1770-1821. Ldm 1802, 1803-1818. Von Jon. JAKOB BRUN­<br />

SCHWEILER, 1806. - 34. Matthias Oertly, von Teufen, 1777-1837. Ldm 1818-1832.<br />

Signiert; «Johs. Weiß Pinxit 1822». - 35. Johann Konrad Frischknecht, von<br />

Schwellbrunn, 1767-1842. Ldm 1822-1826. Signiert: «Johs. Weiß Pinxit 1823». -<br />

36. Job. Jakob Nef, von Herisau, 1784-1855. Ldm 1826-1834 und 1840-1842.<br />

Signiert: «J. Weiß pin. 1830». - 37. Jakob Nagel, von Teufen, 1790-1841. Ldm<br />

1832-1839. Signiert: «Johs: Weiß pin 1834». - 38. Johann Jakob Schläpfer, von<br />

Herisau, 1789-1850. Ldm 1834-1840. Von LEONHARD TANNER. Von jetzt an fehlen,<br />

abgesehen von zwei neuzeitlichen Ausnahmen, die Wappen. - 39. Jakob Zellweger<br />

(-Hünerwadel), von Trogen, 1805-1873. Sohn von Nr. 33. Ldm 1839-1848. Von<br />

LEONHARD TANNER. - 40. Johann Heinrich Tanner, von Herisau, 1799-1875. Ldm<br />

1842-1850. Von LEONHARD TANNER. - 41. Johann Konrad Oertli, von Teufen,<br />

1816-1861. Ldm 1848-1853. Von LEONHARD TANNER. - 42. Joseph Frenner, von<br />

Urnäsch, 1815-1876. Ldm 1850-1860. Von LEONHARD TANNER. -43. Johann Jakob<br />

Sutter, von Bühler, 1812-1865. Ldm 1853-1864. Von LEONHARD TANNER. - 44.<br />

Johannes Roth, von Teufen, 1812-1870. Ldm 1860-1870. Von SEBASTIAN BUFF. -<br />

45. Adolf Friedrich Zürcher, von Teufen, in Herisau, 1820-1888. Ldm 1864-1867<br />

und 1871-1872. Von SEBASTIAN BUFF. - 46. Johannes Hohl, von Wolfhalden, in<br />

Herisau, 1813-1878. Ldm 1867-1871. Signiert; «S. Buff pinx. 1868». -47. Johann<br />

Ulrich Sutter, von Bühler, 1822-1882. Ldm 1871-1875. Signiert: «S. BufFfec. 1875».<br />

- 48. Arnold Roth, von Teufen, 1836-1904. Sohn von Nr. 44. Ldm 1872-1877. 1877<br />

Gesandter in Berlin. Signiert: «C. Brünner 1875». - 49. Johann Jakob Hohl, von


Il6<br />

HERISAU<br />

Heiden, in Herisau, 1834-1913. Ldm 1875-1880 und 1883-1886. Signiert: «S. Buff<br />

fec. 1876». - 50. Johann Konrad Sonderegger, von Heiden, 1834-1899.Ldm 1880 bis<br />

1883. Signiert: «Ed. Pfyffer 1880». - 51. Johann Jakob Sturzenegger, von Reute,<br />

1836-1893. L dm 1886-1889. Signiert: «O. Roederstein 1886.» - 52. Johannes<br />

Zuberbühler, von Gais, 1837-1904. Ldm 1889-1892 und 1895-1898. Signiert: «V.<br />

Tobler». - 53. Johann Jakob Sonderegger, von Rehetobel, 1838-1905.Ldm 1892 bis<br />

1895. Signiert: «Jda Baumann». Letzte offizielle Doppelanfertigung der Porträts. -<br />

54. Jakob Konrad Lutz, von Lutzenberg, 1841-1928. Ldm 1898-1901 und 1904 bis<br />

1907. Signiert: « M. von Hasz 1905» ( = MARGARETE GREULICH). - 55. Arthur<br />

Eugster, von Speicher, 1863-1922. Ldm 1901-1904 und 1907-1910. Signiert: «Jda<br />

Baumann». - 56. Johannes Baumann, von Herisau, 1874-1953. Ldm 1910-1913,<br />

1916-1919, 1921-1924, 1927-1930. Signiert: «Jda Baumann». - 57. Jakob Tobler,<br />

von Herisau, 1 854-1936.L d m1913-1916. «AETATIS SUAE 59».V o n HANS STURZEN­<br />

EGGER. - 58. Hans Ruckstuhl, von Herisau, 1868-1948. Ldm 1919-1921. Signiert:<br />

«Paul Tanner 1920». - 59. Gustav Altherr, von Speicher, 1870-1954. Ldm 1924 bis<br />

1927,1930-1933,1936-1939. Signiert: «PaulTanner 1927».-60. Walter Ackermann,<br />

von Herisau, 1890-1969. Ldm. 1933-1936, 1939-1942, 1945-1948. Signiert: «E.Sch.<br />

1951» (EMIL SGHMID, Heiden). - 6I. Alfred Hofstetter, von Gais, geb. 1898. Ldm<br />

1942-1945. Signiert: «Otto Wipf 1942». - 62. Jakob Bruderer, von Speicher, in<br />

Teufen, 1890-1966. Ldm 1948-1951, 1954-1956. Signiert: « Hans Zeller 1948». -<br />

63. Adolf Bodmer, von Wald, in Trogen, geb. 1903. Ldm 1951-1954, 1956-1959.<br />

Signiert: «E. Sch. 1951» ( = EMIL SGHMID, Heiden). - 64. Jakob Langenauer, von<br />

Rehetobel, geb. 1913. Ldm 1959-1962, 1965-1968. Signiert: «E.Sch. 1961». - 65.<br />

Hermann Kündig, von Stein, geb. 1905. Ldm 1962-1965. Signiert: «E.Sch. 1964». -<br />

66. Otto Bruderer, von Speicher, in Teufen, geb. 1921. Ldm 1968 bis ? Sohn von<br />

Nr. 62.V o n EMIL SGHMID, Heiden, 1970 (Nrn. 50-59 aufAbb. 81).<br />

B. Wappenscheiben. Im Regierungsratssaal. 1. Drei appenzellische Standesscheiben mit<br />

unbekanntem ursprünglichem Standort: a) «Das Landt Appenzell», dat. «1585»,<br />

31,5X23 cm. Aus ehemaliger Sammlung Eremitage, Petersburg, nach 1931 aus<br />

Kunsthandel erworben 1 (Abb. 14). Bannerträger allein mit federgeschmücktem silbernem<br />

Helm und Harnisch und schwarz-weiß gestreiften Beinkleidern in der Mitte<br />

zwischen blau, rot und violett getönter Säulenarchitektur. Auf der rechten Seite unter<br />

Reichsadlerund -kröne nur ein einziger Appenzeller Wappenbär, der nach heraldisch<br />

links schreitet. Oberbild links: Samson mit dem Löwen (Richter 14, 5-7) als Pendant<br />

zum rechtsseitigen Banner. - b) «Die Vsseren Roden deß Landts Appenzell», dat. «1608» 2 ,<br />

43 x 33 cm - i 948 aus Privatbesitz erworben 3 . Auch sonst übliche Komposition in<br />

reicher Farbskala mit vorherrschendem Blau und Rot: Wappenpyramide (zweimal<br />

Außerrhoder Bär in Gegenstellung unter Reichsadler und -kröne) zwischen behelmtem<br />

und geharnischtem Bannerträger und Hellebardier in Herrentracht mit Strau-<br />

1 PAUL BOESCH, Schweizerische Glasgemälde im Ausland. Die ehemalige Sammlung in der<br />

Eremitagein St. Petersburg,ZAK 1939, 4, S. 214, 219, Nr. 15 (Jahreszahl könnte auch 1595 gewesen<br />

sein).<br />

2 Letzte Ziffer undeutlich, wurde auch als 3 gelesen. - Vgl. BOESCH in: AJB 1950, S. 11 f.; 1952,<br />

S. 44, Anm. a,und 1955, S. 12 («1603»).<br />

3 Laut Staatsrechnung (Mitteilung Landesbuchhaltung). Vgl.AJB 1950, S. 12 (Sammlung Schloß<br />

Mauensee), und 1955, S. 12.


ÖFFENTLICHE PROFANBAUTEN I I ?<br />

ßenfedernbarett. Das Banner zwischen zwei ergänzten Oberbildern, links die Salbung<br />

Davids durch Samuel (I.Samuel 16, 13), rechts Esther vor Ahasver (Esther 5, 2). Die<br />

Scheibe scheint nach dem gleichen Riß wie jene von 1599 im Rathaus zu Trogen und<br />

eine entsprechende von 1601 im Hist. Mus. St. Gallen geschaffen zu sein, die von<br />

JOHANNES EGLI dem Zürcher Glasmaler CHRISTOPH MURER zugewiesen werden<br />

konnte 1 ,-c) «Das Land Appenzell der Vsseren Roden 1644», 34 X 22cm. Aus Sammlung<br />

Lord Sudley, 1942 erworben 3 . Ähnlicher Aufbau wie Scheibe von i6o8(b). Oberbild<br />

links ebenfalls entsprechend, rechts modern ergänzt (Kirche von Herisau). Farben:<br />

Außer jenen des Landes Gelb-, Blau- und Rottöne auf glasklarem Grund. - 2. Zwei<br />

Wappenscheiben aus dem alten Rathaus von Trogen (s.d.), um 1948 nach Herisau<br />

verbracht 3 : a) des Bürgermeisters Johannes Keller von Zürich, /6b/. - b) des Landammanns<br />

Jost Pfändler von Glarus, /6b/. Im Sitzungszimmer. Zwei ebenfalls aus dem alten Rathaus<br />

Trogen stammende, 1948 eingesetzte Stadtscheiben 4 : a) Biel, /6b/. - b) St. Gallen,<br />

/6^7(s.d.). Im Vestibül des ersten Obergeschosses'^ eine 1628 datierte Ratsscheibe von Hundwil<br />

und Trogen, die Landammann Johannes Schüß in sein neu erbautes Hausim Sangen<br />

gestiftet worden waren (s. d., S. 198 f.) (Abb. 180,181). Im Vestibül des zweiten Obergeschosses<br />

Ratsscheibe von Herisau, datiert 1609, signiert von JOSIAS MURER, ehemals im Rathaus<br />

Hundwil (S.383^ (Tafel 1).<br />

Windegg, Nr. 4 (vgl. S. 159). Im Plan von 1628 und im Merianprospekt von 1642<br />

eingezeichnetes, ursprünglich privates Bürgerhaus. Seit 1840 als Realschulgebäude<br />

im Besitz der Realschulgesellschaft 5 , seit 1868 in dem des Kantons u.a. als Sitz der<br />

Kanzlei, zuletzt des Steueramtes 6 . 1954 Fassadenrenovation mit Erneuerung der 1916<br />

angebrachten historischen Inschriften 7 , die nur auf Vermutung beruhten und anläßlich<br />

der Außenrenovation 1972 entfernt wurden. - Der giebelständige, getäferte<br />

Strickbau unter Satteldach besitzt an der südseitigen Hauptfront rundbogiges Sandsteinportal<br />

mit Knorpelwerkam Schlußstein und Buckeln an den Pilastern, wohl aus<br />

der Bauzeit Anfang 17. Jahrhundert. Klassizistische Haustüre 19. Jahrhundert.<br />

Ehemalige Zeughäuser. GESCHICHTLICHES. Wie Herisau nebst Trogen ein eigenes<br />

Rathaus besaß, so auch ein eigenes Zeughaus. Nach der Landteilung wurde zuerst<br />

das laut WALSER (S. 585) 1615 seiner ursprünglichen Funktion enthobene Beinhaus<br />

bei der Kirche bis zu dessen Abbruch im Januar 1810 als Zeughaus (/) verwendet<br />

(S. 93-95), im gleichen Jahr auf Kosten der Kirchhöre und, in Rücksicht auf die<br />

Vergrößerung, mit einem Beitrag von 110 Gulden aus dem Landessäckel bei der<br />

Seilerbahn hinter dem Obstmarkt in der Nähe des Exerzierhauses (siehe S. 119) ein<br />

neues {II) im Kostenbetrag von 3000 Gulden erbaut 8 . Anstelle des schon 1833 als bau-<br />

1 67. NblSG 1927, N r. 98, S.49f.<br />

2 A JB 1950, S. 13 (mit irrtümlicher Standortsangabe), und 1955, S. 13.<br />

3 Vgl. A JB 1950, S. 7.<br />

4 AJ B 1950, S. 7 f.<br />

5 Handänderungsprotokoll. - EUGSTER, Herisau, S. 301. - AZ,Nr. 291, 88. Jg., 9. Dez. 1915. AZ,<br />

Unterhaltungsblatt, 25. Jg., Nr. 34, 28. Aug. 1942.<br />

6 Handänderungsprotokoll. - AZ, ebenda.<br />

7 ArchivderKantonalen Bauverwaltung 57/10. Vgl.AZ, ebenda.<br />

8 KtA, H6, 1, S. 27f.: «Verabkomnisbrief der Gemeinde Herisau wegen der Hofstatt zu einem<br />

Zeughaus im Jahr 1809» (1. Dezember). - Fliegende Blätter, Fol. 41, Kirchhörebeschlußvom 26.Nov.<br />

1809. - FISCH, Manuskript, S. 45. Vgl.AMB 1826, S. 162, u nd 1833, S. 187.


118 HERISAU<br />

fällig und zu klein befundenen Gebäudes wurde 1836-1838 das der kantonalen Bauverwaltung<br />

seit 1919 als Werkstatt und Magazin dienende ^etighcim auf der Emdwiese<br />

(III), Poststraße 13, von Baumeister JOHANN KONRAD BISCHOFBERGER von Heiden<br />

nach Plänen des Architekten FELIX WILHELM KUBLI um 11 500 Gulden erbaut 1 . -<br />

BESCHREIBUNG (Abb. 84). In verputztem Bruchsteinmauerwerk errichteter, zweieinhalbgeschossiger,<br />

mit Walmdach versehener Bau von kubischer Geschlossenheit.<br />

Axialsymmetrische Gliederung der Fassade im Stil der florentinischen Renaissance<br />

durch monumentales Einfahrtstor toskanischer Ordnung am fensterlosen Erdgeschoß,<br />

das quadrierten Verputz aufweist, durch Rundbogenfenster mit Quadergewände,<br />

die auf Gurtgesims sitzen, durch quadratische Mezzaninfenster und durch gequaderten<br />

Eckverband. — Seitliche Anbauten aus neuerer Zeit, die 1919 jedoch bereits<br />

i Alles laut Bauvertrag (1835), wovon eine Abschrift (ohne Datum) im KtA, H6, 1. Danach soll<br />

der Bau bis spätestens Herbstmonat 1836 vollendet sein. - Ebenda Abänderungsvorschläge BISCHOF-<br />

BERGERS zuden Plänen KUBLIS vom 13.Jan. 1836 und Stellungnahme KUBLIS vom 13. April 1836. -<br />

Laut Zirkularschreiben vom I.Aug. 1835 (ebenda) hätte derBau gemäß Beschluß des Großen Rates<br />

vom 25.Juni 1835 den Baumeistern ENOCH BREITENMOSER von Herisau und AMBROS SCHLATTER von<br />

St. Gallen übertragen werden sollen, die aber die Bedingungen nicht akzeptierten. Ebenda Vertrag<br />

vom 9.Juli 1835 mit Johannes Schieß zur Rose betreffs Bodenabtretung. — AMB 1842, S. 42: «1837<br />

und 1838 kostete das neue Zeughaus in Herisau 12371 Gulden 29 Kreuzer». Das Zeughausan der Seilerbahn,<br />

das im Situationsplan des Sonnenhofes von 1840 vermerkt ist, wurdeam4. Nov. 1853 um<br />

3600 Franken vom Kantonan die Gemeinde abgetreten («Copir-Buch», S. 135).<br />

Abb. 84. Herisau. Ehemaliges Zeughaus (III) aufder Emdwiese (Poststraße), 1836-1838 nach Plänen<br />

von Felix Wilhelm Kubli durch Baumeister Johann Konrad Bischofberger von Heiden im Stil der<br />

florentinischen Renaissance erbaut. — Text S. 117—119.


ÖFFENTLICHE PROFANBAUTEN<br />

JLJÜLJyH<br />

Abb.85. Herisau. Kaserne, 1862-1866 durch Baumeister JohannJakob Schäferund Zimmermeister<br />

Johann Jakob Mettler von Herisau unterder Oberaufsichtvon Felix Wilhelm Kubli erbaut. Lavierte<br />

Federzeichnung von Adolf Honegger, 1874, im Historischen Museum Herisau. - TextS.43 und 1 igf.<br />

vorhanden waren 1 . - 1918/19 Neubau (IV) auf dem Ebnet auf Kantons- und Bundeskosten<br />

2 .<br />

Exerzierhaus und Kaserne. Kasernenstraße 45. GESCHICHTLICHES. Ein von Hauptmann<br />

Johann Martin Schirmer 1807 auf eigene Kosten errichtetes Exerziergebäude «am<br />

Neuenweg» wurde 1816 von der Landesobrigkeit u m 1800 Gulden gekauft 3 und<br />

laut Landesrechnung zwischen 14. März 1838 und 11. März 1839 um 645 Gulden<br />

wieder verkauft 4 . Der Bewerbung Herisaus um die Kaserne wurde von der Landsgemeinde<br />

am 27. April 1862 gegenüber jener Teufens knapp der Vorzug gegeben 5 .<br />

Der Bau wurde durch Kirchhörebeschluß vom 2. Februar und 4. Mai 1862 gutgeheißen<br />

6 , 1862-1866 aufgrund von Gutachten des Architekten und Obersten JOHANN<br />

KASPAR W OLF (1818-1891) und des Oberingenieurs JOHANN LUDWIG PESTALOZZI<br />

(1825-1867) von Zürich unter beständiger Oberaufsicht des Architekten FELIX<br />

WILHELM KUBLI durch die Herisauer Baumeister JOHANN JAKOB SCHÄFER, der Entwurf<br />

und Plan verfertigte sowie die Maurerarbeiten ausführte, und JOHANN JAKOB<br />

1 Briefe vom 2., 7. und 15. Aug. 1919, Archiv der Kantonalen Bauverwaltung 123/05. Darin auch<br />

Übernahme des Zeughauses durch Bauverwaltung erwähnt (15. Aug.).<br />

2 Jahresrechnung der Gde 1918, S. 75f., Bericht, daß Bundesrat am is.Juni 1918 Kredit u nd<br />

Baubewilligung erteilt hat. Ebenda 1919, S. 75, Bericht, daß Zeughaus im Laufe des Monats August<br />

in Betrieb genommen werden konnte. Baukosten zu Lasten von Bund und Kanton: 865000 Franken<br />

inkl. Maschinen und Mobiliar. - Vgl. ROTACH, Herisau, S. 395f.<br />

3 KtA,J3, 1. — Vgl. EUGSTER, Herisau^ S. 317.<br />

4 AMB 1839, S. 2.<br />

5 Protokoll der Casernen-Commission (GdeA),20.Mai 1862. - Staatskalender 1862. 6 PrGdeV.


120 HERISAU<br />

MRNJMM.- yimiwmw<br />

• li,'SJ't!-<br />

Abb.86. Herisau. Der Platz von Süden mit Haus Wetter (Nr. 10), HausNr. 7, «Rose» (Nr.6), Walserschem<br />

Doppelhaus (Nrn. 1 und 2), Wachthaus und reformierterKirche samt Vorzeichenund Metzgerbänken.<br />

Lavierte Federzeichnung vonJohannesHädener, 1790,im Historischen Museum Herisau.<br />

Vgl. Abb. 70. - Text S.43, 96, 121-138.<br />

METTLER, was Zimmermanns- und Schreinerarbeit betraf, ausgeführt 1 und anläßlich<br />

der Einweihung am 22. Juni 1865 dem Kanton unentgeltlich überlassen 2 . Die Gesamtkosten<br />

einschließlich Schützenhaus, Scheibenstock und Ebnet-Nivellierung betrugen<br />

56075g Fr. 56 Rp. 3 - BESCHREIBUNG. Über hufeisenförmigem Grundriß<br />

in verputztem Bruchsteinmauerwerk errichteter, viergeschossiger Zweckbau mit<br />

Walmdach, mit sieben Fensterachsen am Mitteltrakt und mitje dreian den Seitenflügeln,<br />

die an der südseitigen Hauptfrontnur leicht, an der Rückseite dagegen mit<br />

drei Fensterachsen herausspringen und einen Hof bilden. Horizontale Gliederung<br />

durch ein Gurtgesims über dem Erdgeschoß, vertikale durch Lisenen. Frühe Abbildung<br />

auf einem Stahlstich von HEINRICH ZOLLINGER um 1870 und auf einer Federzeichnung<br />

von ADOLF HONEGGER 1874 4 (Abb. 85).<br />

Literatur. HANSJ . ALDER, Die Geschichte der Kaserne Herisau, Herisau 1965.<br />

1 Protokollder Casernen-Gommission, 20. Mai, 27. Juni, 8. Juli und 29. Aug. 1862, 16.und 24. März<br />

1863. - KUBLIS Bauaufsicht ist bis zur vorletzten Sitzung am 25. Mai 1866 wiederholt erwähnt. —<br />

Jahresrechnung der Gde 1861/62, S. I4f.; 1862/63, S. I4f., S. 48-55; 1863/64, S. 46-57; 1864/65,<br />

S. 48-73; 1865/66, S. 50-59. Ebenda, S. 60-79: «General=Rechnung über Kasernen=, Schützenhaus<br />

= , Scheibenstock=Bau und Ebnet=Nivellirung.»<br />

2 Amtsblatt 1866, S. 160.<br />

3 Jahresrechnung der Gde 1865/66, S. 81.<br />

4 Bilddokumente A40undD^.


BRUNNEN<br />

Abb.87. Hcrisau. Der Platzvon Süden, 1968, mitHaus Wetter (Nr. 10), «Rose» (Nr.6), Walserschem<br />

Doppclhaus (Nrn. 1 und 2) und reformierter Kirchc. - Text S. 123-138.<br />

Ehemaliger Pulverturm beim Brühl. Bis 1840 stand dieser, ein kleiner quadratischer<br />

Turm mit Zeltdach, beim Brühl, wie ihn beispielsweise die Ansicht Herisaus von<br />

J. G. MAYR um 1794 und eine solche von Jon. ULRICH FITZI (Abb. 24) zeigt. Dann<br />

wurde er abgebrochen und durch einen an Nordhalden ersetzt 1 .<br />

BRUNNEN<br />

Die früheste Erwähnung geschieht 1595 im Zusammenhang mit den «dorfer inert<br />

der fürschouw,welcher hus und hofstatt im dorfhand und den brunneschilling gend.» 1 .<br />

1640 besteht ein Brunnenamt 3 . Eine Brunnenordnung von 1706 zählt acht öffentliche<br />

Brunnen auf 4 , das «Bauamt-Büchlein» (nach 176g) deren zehn5, Die meisten<br />

1 EÜGSTER, Herisau, S. 317. - Jahresrechnung 1841/42 von App. A.Rh., S. 9 (AMB 1842): «Für<br />

das neue Pulvermagazinin Herisau... 1077 fl. 54 kr.» - Bauakkord mit Baumeister AMBROSIUS SCHLAT­<br />

TER, St.Gallen, s.April 1841. KtA,J3, 1 (25, 14). Vgl.AMB 1826, S. 162.<br />

2 AUB 3693.<br />

3 EUGSTER, Herisau, S. 257-259. - ROTACH, Herisau, S. 485-490: Geschichte der Dorferkorporation.<br />

4 ROTACH, ebenda, S. 486: Auf dem Platz, im vordem und hintern Gries (laut KfbrPr, Bd. R,<br />

Nr. 170, 26.Sept. 1771; «Bronnen bei der Schießhüten»), an der Schmiedgassc, im Oberdorf, im äußern<br />

Oberdorf,in der obern und untern Bachstraße.<br />

5 GdeA:Jeneram Platz ist nicht genannt. Jenerim hintern Gries wird «Schützenhaus Brunnen»<br />

genannt. Neu genannt werden:An der äußern Schmiedgasse, 1722 erstellt (vgl. KfbrPr, Bd.R, Nr. 253,<br />

15.März 1722). «In Barthlimers Schüssen Wys» ( = Emdwiese?), Abmachung von 1740. Am Eggele,<br />

1769 gekauft. Vgl. AMB 1843, S. 145: drei Brunnenan der Schmiedgasse. 1792 wird der Brunnen im<br />

Spittel erwähnt (KfbrPr,Bd. R,Nr. 138, 26.Okt. 1792).


122 HERISAU<br />

bestehen noch, doch in neuzeitlicher Gestalt, die höchstens in die zweite Hälfte<br />

19. Jahrhundert zurückreicht 1 . Nur vom Brunnen auf dem Platz ist die Gestalt des<br />

18. Jahrhunderts durch die Federzeichnungen von JOHANNES HÄDENER von 1789 und<br />

1 790 überliefert (Abb. 70, 86): An der der Kirche zugewendeten Schmalseite eines<br />

rechteckigen (wohl steinernen) Troges erhob sich die kandelaberförmige Brunnensäule,<br />

die den vollplastischen Herisauer Wappenbären trug. Der an seiner Stelle errichtete<br />

gußeiserne Brunnen von 1884 2 wurde 1921 durch den jetzigen ersetzt, der die von<br />

WALTER M ETTLER geschaffene Skulptur eines jungen Kriegers zur Erinnerung an die<br />

Grenzbesetzung von 1914 bis 1918 trägt 3 . An der Oberdorfstraße der 1961 von Bildhauer<br />

LORENZ BALMER geschaffene Walserbrunnen 4 .<br />

1 Brunnen auf Emdwiese (Poststraße), 1868 datiert.Ander äußern Schmiedgasse, 1877 datiert.<br />

Beide klassizistische Steinbmnnen. An der Bachstraße gußeiserner Neurenaissancebrunnen, 1896<br />

datiert. - Zum Walserbrunnenim Oberdorf siehe S. 175.<br />

2 Ansichtskarte in der Kantonsbibliothek. Vgl.Abb. 43.<br />

3 PrBK, 18.N0V. 1920und 29. Aug. 1921. - Jahresrechnungder Gde 1921, 8.31 (Kosten: 22029Fr.<br />

45 Rp.), S. 75 (Einweihungam 2.Okt. 1921). Vgl. Wappenbuch, S. 213.<br />

4 Laut Arbeitsrapport der Dorferkorporation wurde der Brunnenam 18. und 19. Aug. 1961 aufgestellt.<br />

DerBrunnen istzum Andenkenan den 1956in Herisau verstorbenenDichter ROBERT WALSER<br />

und seinen Bruder KARL, den Maler, geschaffen worden.- SieheAG II, S. 580-582.<br />

Abb. 88. Herisau. Walsersches Doppelhaus, Platz 1 u nd 2. Westfassade gegen die Goßauerstraße. -<br />

Text S. 123-127.


BÜRGERHÄUSER 123<br />

Abb. 8g. Herisau. Walsersches Doppelhaus, Platz 1 und 2, um 1779 für den Kaufmannund Kunstverleger<br />

Johannes Walser erbaut. - Text S. 123-127.<br />

BÜRGERHÄUSER I M FLECKEN<br />

A. Platz (vgl. Plan, Abb. 19, 42-45, yof., 86f. Zum Geschichtlichen siehe S. 51).<br />

Der fast quadratische Platz wird an der Ostseite von der Kirche, dem ältesten Gebäudeam<br />

Platz, beherrscht, an deren Südwestecke bis 1790 ein Spritzenhaus stand,<br />

an der Nordwestecke bis 1910 das Wachthaus, bis 1959 das Sanitätsgebäude (S. 111),<br />

jetzt nur noch das 1921 geschaffene Denkmal der Grenzbesetzung 1914-1918 (bzw.<br />

I 939 _I 945) i n Verbindung mit dem Brunnen, der früher in anderer Gestalt frei auf<br />

dem Platz stand (S. 121 f.). Die Nordseite wird von der dekorativen Fassade des Walserschen<br />

Doppelhauses begrenzt, die Westseite von einer geschlossenen Häuserreihe, in<br />

der die Rose an der Nordwestecke dominiert, die Südseite vom auffallenden Steinbau<br />

der Familie Wetter und einem angebauten Holzhaus, während das ehemalige Rathaus<br />

und das damit zusammengebaute ehemalige Pfarrhaus (S. 97-103), nach Süden zurückversetzt,<br />

den Platz nach Südosten etwas ausweiten. Beide wurden jedoch laut Häuserverzeichnissen<br />

nicht zum Platz, sondern zum Oberdorf gerechnet, was auch räumlich<br />

und optisch in Erscheinung tritt. An den vier Ecken des Platzes lassen die Häuserfianken<br />

eine schmale Passage für den Ausgang der alten, teils umbenannten, teils<br />

ihrer ursprünglichen Funktion enthobenen Straßenzüge offen, so daß der Platz in<br />

stadtähnlicher Geschlossenheit erscheint. Die Bauten datieren größtenteils aus dem<br />

18. Jahrhundert, erfuhren aber in den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts<br />

jene Umgestaltung, die sie noch heute kennzeichnet.<br />

Walsersches Doppelhaus. Platz Nrn. 1 und 2. GESCHICHTLICHES. ES wurde spätestens<br />

1779 für den Kaufmann und Kunstverleger JOHANNES WALSER (1739-1805), dessen<br />

Monogrammam schmiedeisernen Gartenportal, am Balkongeländer der Ostfassade<br />

und am Obcrlichtgittcr des Geschäftseinganges von Nr. 1 zu sehen ist, im Kosten-


124 HERISAU<br />

Abb. go. Herisau. Walsersches Doppelhaus. «177g» datierte Giebelstukkaturam westlichen Hausteil,<br />

Platz 2, mit einer Allegorie des Krieges. - Text S. 125.<br />

betrag von rund 70000 Gulden erbaut 1 . Den ursprünglichen Zustand mit zwei<br />

Eckerkern hat JOHANNES HÄDENER 1790 festgehalten (Abb. 86). Zwischen 1812 und<br />

1822 wurden der östliche Erker entfernt 2 , zwischen 1834 und 1842 das Hinterhaus<br />

von Nr. 1 angebaut 3 , zu Beginn des 20. Jahrhunderts die stichbogigen Parterrefenster<br />

(bei Nr. 1 bis zum Boden reichende Schaufenster) zu modernen Schaufenstern<br />

erweitert. 1928 und 1957 Renovation der Giebelstukkaturen. Letzte Außenrenovation<br />

1972/73 4 . - Zur Zeit des Bauherrn Walser war das Haus Sitz einer angesehenen<br />

Kunstanstalt mit Galerie im Saal des vierten Obergeschosses. Hier wurden in Zusammenarbeit<br />

mit namhaften Zeichnern (GABRIEL LUDWIG LORY Vater, SIMON DANIEL<br />

LAFOND, J OH. JAKOB BIEDERMANN), Radierern (KARL GOTTLIEB GUTTENBERG von<br />

Nürnberg, MATTHIAS GOTTFRIED EICHLER von Augsburg, LORIEUX von Paris) und<br />

Koloristen (G. L ORY Vater und Sohn, FRIEDR. WILHELM MORITZ, JOHANN JAKOB<br />

WETZEL) u.a. die im Moskauer Brand von 1812 größtenteils vernichteten Ansichten<br />

von Moskau und Petersburg nach Gemälden GIRARD DE LA BARTHES bzw. MAYERS<br />

geschaffen 5.<br />

1 DasDatum steht eingeritzt in der linken Wolkeder Giebelstukkatur vonNr. 2 mit der Allegorie<br />

des Krieges. Die Kosten in:AMB 183g, S. 13.<br />

2 Festgestellt aufgrundvon JOHANN JAKOB MOCKS Darstellung der Brandstätte von 1812 und eines<br />

Federaquarells von JOHANNULRICH FITZI, u m 1822 (Bilddokumente A15 u n d 31, a u n d b ).<br />

3 Erstmalsim Gebäudeverzeichnis von 1842, dagegen in jenemvon 1834 nicht vermerkt.<br />

4 In der Giebelstukkatur mit der Allegorie des Krieges rechts unter Lanzenschaft; « R. ig28»,<br />

darunter; « A.M. R.» ( = Initialen des damaligen Besitzers Albert Müller. Freundliche Mitteilung<br />

von Dr. Alfred Bollinger). - Rechnung des Architekten PAUL KÜCHLIN, datiert vom 16. Aug. 1957. -<br />

Letzte Renovation von HANS ULRICH HOHL, Architekt ETH/SIA, Herisau.<br />

5 WalserJohannesvon Herisau, Kaufmann der ersten Gilde in Moskau, in:AMB 183g, S. 12-16.<br />

Vgl.SKL III, S.423 (WALSER JOHANNES), undzuden einzelnen Künstlern.


BÜRGERHÄUSER 125<br />

Abb. 91. Herisau. Walsersches Doppelhaus. Giebelstukkaturam östlichen Hausteil, Platz 1, mit einer<br />

Allegorie des Friedens. - Text S. 125.<br />

BESCHREIBUNG (Abb. 17a, 86-96). Viergeschossiges, über gemauertem Kellergeschoß<br />

geriegeltes und ursprünglich verputztes (an der Front heute getäfertes) ehemaliges<br />

Handels- und Herrschaftshaus. Seine Zweiteiligkeit ist an der Hauptfront durch<br />

zwei reiche, an den Giebeln stuckierte, mit Allianzwappen 1 und schmiedeisernen<br />

Oberlichtgittern versehene Sandsteinportale, ein korbbogiges rechts, ein karniesbogiges<br />

links,und ihnen zugeordnete Dreieckgiebelam Walmdach betont. Die beiden stuckierten<br />

Giebelreliefs, Allegorien des Krieges (links) und des Friedens (rechts) oder kriegerischer<br />

und friedlicher Tugend, zeigen einerseits eine Frau, die in bühnenrömischer<br />

Kriegstracht auf Wolken zwischen Putten und Attributen des Krieges, u. a. Keule und<br />

Löwenfells der Herkules, thront, anderseits eine Frauim Friedensgewande, die in der<br />

Rechten einen Lorbeerkranz, in der Linken den Anker der Hoffnung hält, ebenfalls<br />

zwischen zwei Putten. Beide Allegorien sind von Akanthusvoluten und Lorbeergirlanden<br />

umrahmt. In den Wolken des Reliefs links die Jahreszahl «1779». Die<br />

den beiden Giebeln und Portalen entsprechenden mittleren Fensterachsen waren<br />

ursprünglich von kolossalen Pilastern flankiert, wie sie an Ost- und Westfassaden,<br />

die ebenfalls mit dreieckigen Frontgiebeln ausgestattet sind, in Verbindung mit Louis-<br />

XVI-Vasen und -Girlanden noch bestehen. Die Westseite ist zudem mit einem stukkierten<br />

Porträtkopf (Johannes Walser?) geschmückt. In der Mittelachse der Ostfassade<br />

rundbogiger Hauseingang mit Sandsteingewände und radial genuteter Nußbaumtüre.<br />

Auf deren Mitteloval messingener Türklopfer, eine groteske Löwenfratze,<br />

die von Schlange umringelten Klopfring im Rachen hält. Über dem Portal ein sandsteinerner,<br />

von Volutenkonsolen getragener Balkon mit reichem geschmiedetem<br />

Rokokogeländer, das als Emblem die verschlungenen Initialen « JW» des Bauherrn<br />

i NichtimAppenzellischen Wappenbuch. Vermutlich vonspätem Hausbesitzern.


126 HERISAU<br />

Abb.92und 93. Herisau. Walsersches Doppelhaus, Platz 1 und 2. Die beiden Frontportalemit sandsteinernen<br />

Gewänden, stuckierten Supraportenund geschmiedeten Oberlichtgittern.Der karniesbogige<br />

Eingang linksam westlichen, der korbbogige rechtsam östlichen Hausteil. —T ext S. 125.<br />

zeigt. Die stuckierten Giebel der Balkontüre und der Fenster darüber kontrastieren<br />

dazu mit Louis-XVI-Vasen und -Girlanden. In reinem Louis-XVI-Stil ist auch das<br />

zum Osteingang führende zweiflüglige Gartenportal geschmiedet und wie das Balkongeländer<br />

mit den verschlungenen Initialen « JW» des Johannes Walser versehen.<br />

Dem reichern Außenschmuck von Nr. 1 entspricht auch die reichere Innenausstattung,<br />

wodurch dieser Hausteil, der an den drei erwähnten Schmiedearbeiten mit dem<br />

symmetrisch verschlungenen Monogramm «JW» des Bauherrn versehen ist, als der<br />

eigentliche herrschaftliche Wohnsitz in Erscheinung tritt.An einem der beiden Keller<br />

mit Kreuzgratgewölben interessante klassizistisch instrumentierte Eisentüre. Im<br />

Treppenhaus eichenes Geländer mit vollplastischen, symmetrischen Balustern. Die<br />

Stube des ersten Obergeschosses weist schönes Nußbaumtäfer auf, diejenigeim zweiten<br />

Tapeten: mit Ölfarben auf Leinwand gemalte Genrebilder aus dem holländischen<br />

Dorf-, Fischer- und Bauernleben, sehr dekorativ wirkende, geschickte Arbeiten in<br />

vorwiegend warmen Brauntönen. Der heute unterteilte ehemalige Fest- und Ausstellungssaal<br />

im dritten Obergeschoß besitzt einen weißen klassizistischen Zylinderofen<br />

mit Palmettenfries und Deckenstukkaturen von vorzüglicher Qualität und im Unterschied<br />

zu den Außenstukkaturen in reinem Rokoko, jedoch aus der gleichen Zeit: Die drei<br />

Eckspiegel aus C-förmigen Rocaillen (der vierte verschwand mit dem Südosterker)


BÜRGERHÄUSER<br />

I27<br />

Abb.94und95. Herisau. Walsersches Doppelhaus, Platz 1 und 2. Ostfassade mit rundbogigemHauseingang<br />

und mit Balkon. I m Rokokostil geschmiedetes Balkongeländer mit den symmetrisch verschlungenen<br />

Initialen «JW» desBauherrnJohannes Walser. - Gartenportalinreinem Louis-XVI-Stil<br />

ebenfallsmitden symmetrisch verschlungenen Initialen desBauherrnin der ovalen Bekrönung. - Text<br />

S. 125 und 126.<br />

umrahmenje einen Putto auf Ruinen (Abb. 17a), die beiden Mittelspiegel aus geschweiften<br />

Profilstäben Symbole des Krieges (Helm, Waffen, Fahne) und des Friedens<br />

(in Lorbeer- und Blattkranz zwei Schalmeien und Trompete). Der gleiche Stukkateur<br />

(ANDREAS MOOSBRUGGER?) arbeitete offenbar auch im «Baumgarten» (Poststraße 5)<br />

und in der Schmiedgasse 62. Im Unterschied zum Hausteil Nr. 1 ist an Nr. 2, abgesehen<br />

vom repräsentativen Äußern, wozu auch die Nußbaumtüre am rückseitigen<br />

Treppenhaus gehört, dem tonnengewölbten Keller, der vielleicht schon dem Vorgängerbau<br />

angehörte, und einer Deckenstukkatur mit Hirtenattributen im ersten<br />

Obergeschoß, kaum etwas nennenswert.<br />

Haus zur Rose. Platz Nr. 6. GESCHICHTE. Die Vollendung des Baus 1737 (wie beim<br />

Haus Wetter, Platz Nr. 12, siehe unten) und der Bauherr, Landammann und Handelsherr<br />

Adrian Wetter (1694-1764), der das Haus anstelle desjenigen von Landammann<br />

Laurenz Wetter, seines Vaters, als Geschäfts- und Wohnhaus erbauen ließ 1 , sind<br />

I OTTO FREHNER, D as Hauszur Roseam Platz in Herisau. Ms., Herisau 1946 (Photokopie im<br />

KdmA), S.4-9.


128 HERISAU<br />

Abb.g6und 97. Herisau. Fratzenhafte Löwenköpfe aus Messing mit Schlangen als K lopfringenan<br />

radial genuteten Nußbaumtüren. Links:a m östlichen H auseingang des Walserschen Doppelhauses,<br />

Platz i und2, u m 1779, rechts: a m hintern Hauseingangder «Rose»,Platz6, u m 1737.-Text S. 125<br />

und 130.<br />

durch Datum und Allianzwappen Wetter-Kunkler 1 auf dem Kachelofen im ersten<br />

Obergeschoß, der sich ursprünglich im ehemaligen Festsaal befand, so gut wie<br />

gesichert. Zudem ist für dasselbe Jahr 1737 die Oberaufsicht von Baumeister JAKOB<br />

GRUBENMANN, Teufen, sowohl über diesen Bau als auch über denjenigen des Hauses<br />

Wetter, Platz Nr. 12, bezeugt 2 . Schon 1693/94 hatte Landammann Laurenz Wetter,<br />

der Begründer der Dynastie, die dahinterim Gries und in der Grub liegenden Grundstücke,<br />

die den spätem «Rosengarten» bildeten und gegen welche die Wirtschaftsgebäude<br />

lagen, erworben 3 . - Um 1820 ging die Liegenschaft in den Besitz der<br />

Familie «Schieß zur Rose» über, 1916 in den Otto Lobecks, der eine kostbare Musikinstrumentensammlung<br />

einrichtete (heute in der Sammlung alter Musikinstrumente<br />

des Hist. Mus. Basel) 4 . 1944 Renovation mit Umbau des Erdgeschosses (u.a. Ver-<br />

1 DORA FANNY RITTMEYER, Bausteine zur Geschichtedes Hauseszur «Rose»in Herisau, Unterhaltungsblattder<br />

AZ,27.Jg.,Nr. 20 (19.Mai 1944)..- FREHNER, a.a.O.,S. 11 f., 17. Dieses Kunklerwappen,<br />

in SchwarzeinvonzweiSternenüberhöhterwachsendersilbener Widder,fehlt i m Wappen­<br />

buchderStadt St. Gallen.<br />

2 KirchenlibellvonRehetobel (GdeARehetobel),S.30: I m Sommer 1737 gingderKirchen-und<br />

Ffarrhausanbau «etwasgemach, weilen sowolvonden Zimmerleuthen alsvondenMaureren einige<br />

auf Herisaugeschicktworden,allwoder BauMr: (Jacob) GrubenMann auch die 2 kostbarenGebäuder<br />

Herren Weterenzu gleicher Zeit unterHänden hatte, welches auch die Ursach,warumd(er) Bau-<br />

MeisterdenSommerdurch vil vonhier abwesendwar...»<br />

3 FREHNER, a.a.O.,S.4-9.<br />

4 Ebenda, S . 32,57 ff. - CLAUDE LAPAIRE, Museen und S ammlungen der Schweiz,Bern 1965,S. 44.


BÜRGERHÄUSER 129<br />

größerung und Umgestaltung der Fenster) 1 . 1972/73 Gesamtrenovation unter der<br />

Leitung von HANS U LRICH H OHL, Architekt ETH/SIA, Herisau. Dem Innenumbau<br />

mußten Stuckdecken geopfert werden. Die wertvollstewurde aber nur überdecktund<br />

überdies durch eine vorzügliche Kopieim ersten Obergeschoß ersetzt. Zudem wurden<br />

die Fenster des Erdgeschosses auf eine rechteckige Form zurückgeführt. Unter<br />

einigen Gipsdecken festgestellte Balken mit barocker Dekorationsmalerei erklären sich<br />

als wieder verwendetes Material eines ältern Baus. Sonst erhielt sich der ursprüngliche<br />

Zustand, wieihn die Ansichten des 18. Jahrhunderts bezeugen 2 , abgesehen von<br />

der entfernten Haubeam Treppenturm,vom klassizistischen, wohlum 1820 erneuerten<br />

Frontportal (Abb. 98) und der wohl auch damals entfernten Fassadenmalerei<br />

(oder Stukkaturen?) 3 , welche in illusionistischen Ziergiebeln und -gesimsen an<br />

1 FREHNER,a.a.O.,S.83. - Pläne des Architekturbüros ZIEGLER und BALMER, 1944, imKdmA.<br />

Damalswurdendie Eisenläden i m Parterreundder tonnengewölbteKorridorvom Frontportalzum<br />

Treppenhaus entfernt,an d erNordosteckeeineFußgängerpassage angebracht.<br />

2 Zeichnung von JOHANN ULRICH SCHELLENBERG, I 757, bzw. Radierungvon DAVID HERRLIBERGER,<br />

1758,und lavierteFederzeichnung von JOHANNES HÄDENER, I 790,der diedekorativeFassadenmalerei<br />

als einziger festhält (Abb. 20und 86).<br />

3 Solchewärenauch im 19.Jahrhundert kaum abgeschlagenworden (vgl. Kirche und Haus Nr. 1)<br />

im U nterschiedzu d erdamalseherverpönten Illusionsmalerei.<br />

—•<br />

Abb. 98. Herisau.Haus zurRose, Platz 6. Klassizistisches Frontportal,wohl u m 1820, vorderRenovation<br />

1972/73. - Text o ben.<br />

9 - Kunstdenkmäler LXI,AR


i30<br />

HERISAU<br />

Fenstern und Portal bestanden, wie sie gleichzeitig auch das Wetterhaus (Nr. 12)<br />

aufwies (Abb. 70, 86 und 87).<br />

BESCHREIBUNG. Viergeschossiger verputzter Riegelbau mit Mansardgiebeldach in<br />

Traufstellung, der an der Ost- und Nordflanke über zwei tonnengewölbten Kellern<br />

errichtet ist. Am rückseitigen Treppenturm zwei Hauseingänge, südseits zu ebener<br />

Erde ein rundbogiger mit strahlenförmig genuteter Nußbaumtüre zum ehemaligen<br />

Kontor und zum Keller, nordseits über Freitreppe mit zierlichem neugotischem Eisengeländer<br />

einer zum Treppenhaus. Dieser besitzt an rundbogigem Quadergewände<br />

aus Sandstein eine ebenfalls radial genutete Nußbaumtüre mit messingener Löwenfratze,<br />

die von Schlange umwundenen Ring als Klopferim Rachen hält (Abb. 97, wie<br />

bei Platz Nr. 1, Abb. 96, und «Krone» in Trogen). Über dem Eingang ein klassizistischer<br />

Lampenhalter mit Initiale «S» (Schieß) von zirka 1820. - Inneres (Abb. 99-101).<br />

In der getäferten Stube des ersten Obergeschosses neben viertürigem, mit Nußbaumwurzelmaser<br />

furniertem Wandschrank des 18.Jahrhunderts der hierbei versetzte und<br />

deshalb verkleinerte Kastenofen aus blaubemalten weißen Kacheln mit zweifach,<br />

ursprünglich wohl dreifach getrepptem Aufsatz, im baßgeigenförmigen Frontispiz<br />

datiert und mit dem Allianzwappen des Adrian Wetter und der Elisabeth<br />

Kunkler versehen. Der drei Kacheln breite und zwei Kacheln tiefe Unterkörper ruht<br />

Abb. 99. Herisau. Haus zur Rose, Platz 6 . Blau auf Weiß bemalter Kastenkachelofen, unter d em<br />

Allianzwappen Wetter-Kunkler i m zwiebeiförmigen Frontispiz «1737» datiert. Vermutlich Steckborner<br />

Arbeit. - Text oben.


BÜRGERHÄUSER<br />

Abb.loo. Herisau.Haus zur Rose, Platz6. Deckenstukkatur mit Bandelwerk im Regencestil,u m 1737,<br />

imehemaligen Festsaal und Musikzimmer des dritten Obergeschosses, 1972/73 überdeckt und durch<br />

Kopieim ersten Obergeschoß ersetzt. - Text unten.<br />

mit sechs balusterförmigen Kachelfüßen, wovon die beiden äußersten vorn übereck<br />

gestellt sind, auf verkröpftem Untersatz. In den Füllkacheln des Unterkörpers wechseln<br />

genrehafte Jäger-, Fischer-und Bauernszenen mit Burg-und Schloßlandschaften.<br />

Die Lisenen und Friese enthalten in den von üppigem Blattwerk umrankten Medaillons<br />

vorwiegend Burglandschaften, zuoberst in der Mitte einen springenden Hasen,<br />

während das Gurtgesims über den Balusterfüßen symmetrisches Blatt- und Bandelwerk<br />

aufweist. Vermutlich Steckborner Arbeit aus der MEYER-Werkstatt und vielleicht<br />

von R UDOLF KUHN von Rieden bemalt 1 . Die Stukkaturen in reinem Regencestil<br />

gehören mit den gleichzeitig entstandenen im Wetterhaus (Platz Nr. 12) zu den ganz<br />

wenigen Vertretern der Epoche in Appenzell Außerrhoden 2 . Sie beschränkten sich<br />

auf einen Raumim Parterre (1972 beseitigt) undim zweiten Obergeschoß (1972/73<br />

renoviert und davon außerdem Kopie i m ersten Obergeschoß angebracht), das<br />

Vestibül des ersten Obergeschosses, das Treppenhaus im Mansardengeschoß (1972<br />

an beiden Orten beseitigt) und aufden ehemaligen (Musikzimmer)im dritten<br />

Obergeschoß,wo sie die kunstvollste Ausgestaltung erfuhren (1972/73 überdeckt und<br />

durch sehr gute Kopie i m ersten Obergeschoß ersetzt). A n dessen Spiegeldecke<br />

1 Vgl. KARL FREI, Bemalte Steckborner Keramik des 18. Jahrhunderts, in:MAGZ, Bd. 31, Heft 1<br />

(Zürich 1932), S.27-30 und Tf.II,4. - Kdm ThurgauI, S. 293f. und Abb.230, z um Aufbau, und<br />

HI, S. 302undAbb. 251, 252, zur Bemalung.<br />

2 Ebensolche in Trogen, DorfplatzNr.5, viertes Geschoßund im ehem.HausZuberbühler, Speicher,<br />

von 1747.


132 HERISAU<br />

schuf ein unbekannter (Wessobrunner?) Meister ein System, in dem zwei ineinandergesetzte<br />

gebrochene Ovale aus Profilstäben in ihren gemeinsamen Längs- und Querachsen<br />

von Bandelwerk, Blumenketten, -körbchen und Blattranken durchbrochen<br />

sind (Abb. 100). - Regencestukkaturen aus der gleichen Werkstatt zieren auch das<br />

Spiegelgewölbe in einem Gartenhäuschen des «Rosengarten» (seit 1944 zu Schmiedgasse<br />

12 gehörig): Ein von Bandelwerk umspielter Mittelspiegel aus geschweiften<br />

Profilstäben ist in den abgerundeten Ecken der Hohlkehle von Muscheln, in den<br />

Achsen von Medaillons und Blattwerk und dazwischen von gerahmten Restfeldern<br />

begleitet. An der Westseite ist der Garten von einer schönen (unvollständig erhaltenen)<br />

Steinbalustrade aus der Bauzeit abgeschlossen.<br />

Platz Nr. 7. Das Kaufmannshaus wurde, wie die Ansicht MERIANS von 1642 und<br />

vor allem jene Jon. ULRICH SCHELLENBERGS von 1757 zeigt, um 1780 1 anstelle eines<br />

bedeutend niedereren Hauses als verputzter Strickbau mit traufständigem Mansardgiebeldach<br />

und mit auffallend großem konkav-konvex geschweiftem Frontgiebel an<br />

die «Rose» (Nr. 6) angebaut, wie ihn JOHANNES HÄDENER 1790 zusammen mit dieser<br />

I AußerdenBilddokumentenvon 1757 (A4) und 1790 (B2) läßt FISCH, Manuskript, S. 138, darauf<br />

schließen: «..in denen 1780 a 1795 Jahren bautemansehr viele neueHäuser ...Aufdem Plaz sind<br />

theils neu aufgeführt, und theils neu renoviert worden.» Siehe Abb. 20.<br />

Abb. 101. Herisau. Haus zur Rose, Platz 6 . Vierteiliger Wandschrank, wohl 18. Jahrhundert, m it<br />

Nußbaumwurzelmaser furniert, im ersten Obergeschoß vor der Renovation 1972/73. - Text S. 130.


BÜRGERHÄUSER 133<br />

Abb. 102 und 103. Herisau. H aus Wetter, Platz 12. Porträts des Landammanns Laurenz Wetter<br />

(1694-1734), Besitzer u nd Bewohner des Vorgängerbaus der «Rose», Platz 6, u nd seiner Gattin<br />

Barbara, geborene Ziegler, bezeichnet: «1695 aet. 25». - Text S. 127 und 137.<br />

und dem Walserschen Doppelhaus gezeichnet hat (Abb. 86). Zeugen aus dieser<br />

Zeit sind außen das stichbogige und leicht geschwungene Portalgewände aus Sandstein<br />

(mit klassizistischer Nußbaumtüre u m 1820), ähnliche Portal- und Fenstergewände<br />

samt Nußbaumtüre und Eisenladenam rückseitigen Parterre, innen an der<br />

Ostflanke der Keller mit zwei von korbbogiger Gurte unterteilten Kreuzgratgewölben,<br />

zu dem eine schwere zweiflüglige Eisentüre in stichbogigem Gewände führt, und<br />

ähnliche Gewölbe auf der Westseite, im großzügigen Treppenhaus das hölzerne<br />

(klassizistisch bemalte) Treppengeländer mit flach geschnitzten, jedoch vollplastisch<br />

wirkenden Balustern wie in mehreren Häusern von Herisau 1 . Der Frontgiebel verschwand<br />

wohl im Zuge der klassizistischen Neugestaltung des Platzesum 1820-1830.<br />

Die jetzige nüchterne Gestalt mit geradem,um ein Stockwerk erhöhtem Traufgesims<br />

hat die Fassadeum 1870 zusammen mit dem Hecht (Platz Nr. 8) erhalten 2 , der damals<br />

um zwei Stockwerke erhöht und in gleiche Höhe geführt wurde und dessen Eingang<br />

1917 die heutige neubarocke Gestalt erhielt 3 .<br />

Apotheke zur «Eiche». Platz Nrn. 9 und 10. Im Keller des 1960 modernisierten<br />

Steinbaus, der 1888 anstelle von zwei schön gruppierten Holzhäusern (Abb. 104)<br />

1 Soim 1780 datierten Haus Schmiedgasse 62, indemu m 1780 gebauten «Baumgarten» (Poststraße<br />

5), Zum Regenbogen (Goßauerstraße 4).<br />

2 EinanonymesFederaquarellder erstenHälfte des 19. Jahrhunderts (Bilddokument B3) zeigt ein<br />

traufständiges Satteldach mit kleinem dreieckigem Quergiebel.<br />

3 Mitteilungvon Aline Frischknecht, jetziger Besitzerin, die denUmbau 1917 miterlebte.


I 34<br />

HERISAU<br />

Abb. 104. Herisau.Häusergruppe an derEckeSchmiedgasse-Platz. Diebeiden im Vordergrund rechtwinklig<br />

aneinanderstoßenden Giebelhäuser standen ander Stelle d er 1888 erbauten Apotheke zur<br />

«Eiche», Platz g und 10. Dahinter rechts der «Hecht», Platz 8. Photographie einer verschollenen<br />

Federzeichnung im Historischen MuseumHerisau. - TextS. 44 und 133.<br />

errichtet wurde 1 , sind an der ganzen Süd- und Ostfront die gegen 2 m hohen, 1,8 bis<br />

2,2 m dicken, aus mächtigen und schön behauenen, teils über 1 m langen Sandsteinblöcken<br />

sorgfältig gefügten Fundament- und Kellermauern eines sehr alten Baues<br />

(14./15. Jahrhundert?) zu sehen, deren Verlauf der jetzige Bau auch an der abgeschrägten<br />

Südostecke folgt, während der unmittelbare Vorläuferbau hier scheinbar<br />

einen Gegenwinkel gebildet hat. Diean den Kirchturm erinnernde megalithische<br />

Mauer dürfte einem gewichtigen Gebäude (klösterlicher Meierhofoder Amtsgebäude ?)<br />

angehört haben.<br />

Platz Nr. 11. Wohl um 1820-1830 im Stil des damals neu erbauten Rathauses<br />

(S. 101 f.) aus einem getäferten giebelständigen, vermutlich 1606 errichteten Holzhaus<br />

mit Satteldach und mit kräftigem Klebedach über den Fensterwagen in das bestehende<br />

umgebaut, ohnedaß die Riegelkonstruktion des nach oben geschoßweise immer<br />

weiter herauskragenden Baukörpers, von Fensterstöcken und Dach abgesehen, wesentlich<br />

verändert worden wäre (vgl. lavierte Federzeichnung von JOHANNES H ÄDE-<br />

NER, 1789, Abb. 70, mit Abb. 71).<br />

Haus Wetter. Platz Nr. 12. GESCHICHTE. Wie bei der zu gleicher Zeit für Adrian<br />

Wetter erbauten «Rose» (siehe S. 128), dem eigentlichen Stammsitz der Landammänner,<br />

ist die Vollendung dieses Hauses 1737 durch das Datum in der Deckenstukkatur<br />

des Vestibülsim dritten Obergeschoß ziemlich gesichert, zudem wie dort für dasselbe<br />

Jahr die oberste Bauleitung durch Baumeister JAKOB GRUBENMANN von Teufen. Das<br />

dazugehörige Grundstück hatte der Erbauer, Handelsherr Johann Laurenz Wetter,<br />

Bruder des genannten Adrian, am 17.Januar 1732 gekauft 3 . Die barocke Gestalt<br />

1 OTTO FREHNER, DasHaus zur «Rose»am Platzin Herisau.Ms. 1946, S. 57,und Mitteilung des<br />

Besitzers Joachim Meyer, der denUmbau veranlaßte, bei welchem die Mauern, die a uf sandigem<br />

Grund stehen, teils freigelegtwurden.<br />

2 FREHNER, a.a.O., S. 10.


BÜRGERHÄUSER 135<br />

der Fassade aus der Bauzeit, wie sie JOHANNES HÄDENER I 78g gezeichnet hat (Abb. 70),<br />

fiel dem klassizistischen Umbau von ungefähr 1820-1830, der das heutige Aussehen<br />

bestimmt, weitgehend zum Opfer: ein mit liegendem Löwen bekrönter Segmentgiebel<br />

über einem Fassadengemälde, das den über Wetter (!)-wölken thronenden und<br />

Blitze schleudernden Jupiter zusammen mit einer Nymphe, die eine Amphora ausgießt<br />

(Hyade), darstellte, eine allegorische Anspielung auf den Namen des Besitzers,<br />

ferner illusionistisch gemalte (wohl nicht stuckierte) Ziergiebel und -gesimse wie<br />

ehedem auch bei der «Rose» und dekorativ bemalte Läden an den Obergeschossen.<br />

BESCHREIBUNG (Abb. 71,105-111). Der komplexe, mit Eckquadern gefaßte und verputzte<br />

Steinbau besteht aus fast quadratischem Vorderhaus mit Kontorräumen und<br />

herrschaftlichen Wohnungen unddem südseits angefügten Hinterhaus für die einstige<br />

Dienerschaft, das im Parterre durch öffentlichen Durchgang vom Hauptgebäude getrennt<br />

ist und zu dem von jedem Geschoß des Herrenhauses ein schmaler Korridor<br />

führt (Plan, Abb. 105). Das dem Platz zugekehrte Hauptgebäude mit dreifenstriger<br />

klassizistischer Lukarne (wie bei beiden benachbarten Häusern) auf traufständigem<br />

Satteldach hatam Äußern die beiden ursprünglichen Sandsteinportale an Front und<br />

Rückseite bewahrt, zudem die geschmiedeten Eisenläden mit Zierlaub an den Fenstern<br />

des Parterres. Beim Frontportal wird ein rechteckiges Quadergewände durch eine vorgeblendete<br />

Zierarchitektur bekrönt: im gesprengten Volutengiebel ruht eine Kartusche<br />

mit dem AllianzwappenWetter-Kunz 1 aufverkröpftem Kranzgesims, das in der<br />

Mitte von einem Löwenkopf, seitlichje von kleinem Putto mittels konsolartiger Gebälki<br />

FREHNER, a.a.O., S. 10. Johann Laurenz Wetter hatte sicham2.April 1728 mit Anna Maria<br />

Kunzvon Emmishofen vermählt.<br />

Abb. 105. Herisau. Haus Wetter, Platz 12, 1737 unter derLeitung von BaumeisterJakob Grubenmann<br />

fürden KaufmannJohann Laurenz Wetter erbaut. Grundriß des Erdgeschosses. Maßstab 1:250. -<br />

Textoben.


136 HERISAU<br />

stücke getragen wird. Über den zwei einfachen Dreifeldertüren selbst verschließt ein<br />

schmiedeisernes Regeneegitter das rechteckige Oberlicht. - Das rückseitige Portal<br />

besteht aus rundbogigem Quadergewände mit plastischem Löwenkopf im Schlußstein<br />

und entsprechender, strahlenförmig genuteter Nußbaumtüre. - Der gegenüberliegende<br />

Eingang zum Hinterhaus besitzt eine schlichte Rundbogenarchitektur mit<br />

einfachem Regeneegitter im durchbrochenen Bogenfeld. - Aus späterer Zeit stammt<br />

das fünfteilige, schmiedeiserne Rokokogeländer auf dem ostseitigen Balkon zwischen<br />

Vorder- und Hinterhaus, das mit Rocaillen besetztes, symmetrisches Voluten- und<br />

Bandelwerk aufweist. - Inneres. Von dem in der Nordsüdachse liegenden kreuzgewölbten<br />

Eingangskorridor führt westseits, etwas nach Süden verschoben, das tonnengewölbte,<br />

in den Zwischenböden kreuzgewölbte Treppenhaus zu Keller und<br />

Obergeschossen, wo es jeweils in ein Vestibül der nördlich und südlich anschließenden<br />

Zimmer bzw. Kellerräume mündet. Diese bestehen ausje drei Jochen mit Kreuzgratgewölben.<br />

Im Eingangskorridor selbst ist der entsprechende Vestibülraum zugunsten<br />

des Kontornebenzimmers auf eine rundbogige Nische reduziert. In dem<br />

darin eingesetzten schmiedeisernen Regeneegitter flankieren zwei Löwen das symmetrisch<br />

verschlungene Monogramm «J W» des Bauherrn (ähnlich wieam Walserschen<br />

Doppelhaus, S. 123). Die Gewölbe des Eingangskorridors, des nordöstlich gelegenen<br />

Abb. 106. Herisau.Haus Wetter, Platz 12. Gequadertes Sandsteinportalan derFrontgegenden Platz<br />

mitdem Allianzwappen Wetter-Kunzimgesprengten Volutengiebel und mit geschmiedetem Oberlichtgitterim<br />

Regencestil, 1737. - Text S. 135 f..


BÜRGERHÄUSER 137<br />

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Abb. 107. Herisau. Haus Wetter, Platz 12. Deckenstukkatur im Regencestil von einem unbekannten<br />

Wessobrunner (?) Stukkateurim Vestibüldesdritten Obergeschossesmit Allegoriedes Lebensund des<br />

Todes. Die Jahreszahl «1737», im Gegensinn des Uhrzeigers ( und auch umgekehrt) entsprechend<br />

den Sinnbildern der vier Jahreszeiten bzw. Lebensalter lesbar. - Text unten.<br />

Kontors und seines Nebenzimmers, ferner die Spiegeldecken der drei Obergeschosse<br />

einschließlich einzelner Zimmer des Hinterhauses, vor allem im dritten Obergeschoß<br />

(ehemalige Gästezimmer?), sind mit Regencestukkaturen in wechselnden Figurationen<br />

und Kompositionen von Gitter-, Blatt- und Bandelwerk verziert, wobei gewöhnlich<br />

ein runder, ovaler oder vierpaßförmiger Spiegel aus Profilstäben das Ziergerüst bildet.<br />

Figürliche Motive finden sich im Kontor, wo Brief und Brieftauben, Tintenfaß mit<br />

Gänsekielen und Bücher und, über alles wachend, das Auge Gottes im Symbol der<br />

Heiligsten Dreifaltigkeit dargestellt sind, am reichsten aber im Vestibül zum ehemaligen<br />

Festsaal im dritten Obergeschoß (in diesem selbst wären die Stukkaturen unter der<br />

tiefer gesetzten und unterteilten Decke vielleicht noch zu finden). Hier wird ein<br />

kleiner konkav-konvex geschweifter Mittelspiegel mit der Allegorie des Lebens und<br />

des Todes (ein zwischen einer Blumenvase einerseits und Totenkopf, Totengebeinen<br />

sowie Lebensbuch anderseits sitzender Putto mit Sanduhr und Griffel in den Händen)<br />

von einem entsprechenden Bandelwerkrahmen umspannt. In diesen sind zwischen<br />

Gitterwerk die auf die Allegorie bezogenen Rundmedaillons einer Jünglings- und<br />

einer Mädchenbüste, in dessen Ecken die einzelnen Ziffern der Jahreszahl 1737<br />

gesetzt und in der Reihenfolge der vier Jahreszeiten zu lesen, die in den Ecken der<br />

Spiegeldecke durch entsprechende Vegetationsbilder und einen dazu passenden Vogel<br />

dargestellt sind (Abb. 107). Unter den zahlreichen mit Öl auf Leinwand gemalten<br />

Porträts (Abb. i02f., Höf.) der Familien Wetter befinden sich u.a.: 1. Jene des Landammanns<br />

Laurenz Wetter und seiner Gattin Barbara Ziegler,je 82 X 63 cm, letzteres<br />

1695 datiert. - 2. Des Landammanns Adrian Wetter, 82 X 64 cm, und seiner Gattin<br />

Elsbeth Kunkler(?), 82,5 X 64 cm, ersteres signiert und datiert: «J. G. Koch pinx.


138 HERISAU<br />

Abb. 108 u nd 109. Herisau. H aus Wetter, Platz 12. Deckenstukkaturen i m Regencestil, 1737, in<br />

Wohnräumen des zweiten Obergeschosses m it charakteristischem Bändel- und Gitterwerk an geschweiftenund<br />

verkröpften Profilrahmen. - Text S. 137.<br />

1746» (vgl. die offiziellen Landammannporträts, S. 114, Abb. 82). - 3. Des Bauherrn<br />

Johann Laurenz Wetterund seiner GattinAnna Maria Kunz, 82 X 64 bzw. 64,5 cm,<br />

offensichtlich auch von JOHANN GEORG KOCH gemalt wie das von diesem signierte<br />

und 1735 datierte Porträt der Schwiegermutter des Bauherrn, Anna Maria Kunz,<br />

80,5 x 64 cm («aetatis 51.1735 pinxit Koch») I . - 4. Des Statthalters Johann Ulrich<br />

Wetter und seiner Gattin Anna Catharina Schieß, 76 X 60,5 cm, wohl beide vom<br />

gleichen Maler, doch nur letzteres signiert: «T. Low fecit 1788». - 5. Derer vier<br />

Söhne, 121 X 74 cm, signiert: «T v. Braz 1784» ( = Low) 3 . - 6. Des Statthalters<br />

Johannes Wetter, Sohn von Nr. 4, und seiner Gattin Johanna Elisabeth Schieß,<br />

72 X 56 cm, beide signiert und datiert: «Joh. Weiß pinx. 1828». - 7. Desselben<br />

Statthalters, 18 X 28 cm, gleich signiert und datiert.<br />

B. Obstmarkt<br />

GESCHICHTLICHES ZU MARKT UND MARKTPLÄTZEN. 1537 wird ein Markt erstmals<br />

als bestehende Einrichtung im Zusammenhang mit dem Leinwandhandel erwähnt,<br />

wobei es sich, aus dem Zusammenhang zu schließen, um einen Wochenmarkt gehandelt<br />

haben dürfte 3 . In den Landrechnungen ist schon 1533 von Kaufhäusern die<br />

Rede. Am 23. August 1554 eröffnete der Gesandte von Appenzell an der Tagsatzung,<br />

seine Obern hätten ein köstliches neues Kauf- und Gesellenhaus zu Herisau erbaut und<br />

bäten jedes der XII Orteum Wappen und Fenster (E.A.) 4 . 1562 ist erstmals von den<br />

Jahrmärkten «wie vormals gebraucht» die Rede, die bis dahin offenbar auf demim<br />

1 Die Identität desBauherrnund seiner Gattin istnur sehr wahrscheinlich,die der Schwiegermutter<br />

durch ein anderes Porträt gesichert. - Laut DORA FANNY RITTMEYER, Familie Wetter in Herisau,<br />

Photoalbum mit Text, 1955, im Besitz vonMaxWetter, Herisau, Dublette in Photokopieim K dmA.<br />

2 Zu FRANZ THOMAS LOW aus Braz (17^6-1800), Bruder des FRANZ ANTON (17^8-1892), siehe<br />

ZAK,Bd. 7 (1945), S. 65f.<br />

3 AUB 2027, 2030, analogzu 3410 ausdem Jahr 1578. - Vgl. BODMER, Textilgewerbe, S. 10.<br />

4 Eidgenössische Abschiede, in:AJB 1952, 80. Heft, S. 47.


BÜRGERHÄUSER 139<br />

Oberdorf gelegenen Toracker abgehalten worden sind, von jetztan jedenfalls abwechslungsweise<br />

auch auf dem Kilchenacker, dem heutigen Obstmarkt 1 , von 1712 an nur<br />

noch auf diesem allein, wo am Michaelstag auch der alljährliche, seit 1792 monatliche<br />

2 Viehmarkt «nach uralter Kömmlichkeit und bis dato üblichem Gebrauch.,<br />

daselbst möge gehalten werden» 3 . Vom Kilchenacker ist 1562 ausdrücklich vermerkt,<br />

er stoße auf zwei Seiten an die Landstraße, d. h. wohl an Oberdorf- und Bachstraße,<br />

doch kann die Oberdorfstraße allein gemeint sein, die west- und südseits an diesem<br />

vorbeistrich. 1736 wurde dieser Platz zur Förderung der «Wochen-Jahrmärkte» und<br />

«zur bequemern Stellung eines Bauschopfs (= Werkhaus, 1836 abgebrochen), eines<br />

gemeinen Sechthauses ( = Schauhaus, 1790 abgebrochen) und einer Teuchelrose»<br />

(1837 zugefüllt) durch AnkaufJ. G. Oberteufers Wiese erweitert 4 . Bis zur Erbauung<br />

des Baumgartens (S. 187), 1780, beliebte besonders auch der gleichnamige Platz für den<br />

Viehmarkt des Frühlingsjahrmarktes 5 . Nach der Errichtung des ersten Armenhauses<br />

von 1795 wurde der Viehmarkt auf das Ebnet verlegt, 1814 auch der Kälbermarkt,<br />

der sich «vorher zu allen Zeiten in der hinern Schmidgaß» befunden hatte 6 . Von einem<br />

I Alte Urkunden, S. 1. — Fliegende Blätter, Fol. 29. 2 EUGSTER, Herisau, S. 376.<br />

3 AlteUrkunden, S. 1 f. - Fliegende Blätter, Fol. 2gf., mit Randbemerkungvon 1838; «betreffend<br />

den Vieh - oder jetzigen Obstmarkt».<br />

4 Alte Urkunden, S. 2f. (hier in Anmerkung von 1838 die Abbruchsdaten). - Fliegende Blätter,<br />

Fol. 12.<br />

5 FISCH, Manuskript, S. 44. 6 FISCH, Manuskript, S. 44.<br />

Abb. 110 und m . Herisau. Haus Wetter, Platz 12. Porträts des Bauherrn Johann Laurenz Wetter<br />

(1696-1745) und seiner GattinAnnaMaria, geborenerKunz aus Emmishofen.Ol auf Leinwand, sehr<br />

wahrscheinlich von Johann Georg Koch. - Text S. 134und 138.


140 HERISAU<br />

Abb. 112. Herisau.DerObstmarktmit der reformierten Kirche von Südosten.In derMitteim Hintergrund<br />

dasHaus «Zum Felsen», das 1911 der Neuanlageder Bahnhofstraße weichen mußte. Lavierte<br />

FederzeichnungvonW. Caspar, 1887, i m Historischen Museum Herisau. - Text S.43, 141 und 144.<br />

um 1815 «neu errichteten Vieh- und Kälbermarkt hinter der Kirche neben dem<br />

Werkhaus» weiß EUGSTER (Herisau, S. 376) zu berichten. Der Marktplatz war dort<br />

nach dem Brand der Bachstraße von 1812 gegen diese hin vergrößert worden 1 . Seit<br />

der Verlegung des Viehmarkts nach dem Ebnet diente der Platz südöstlich der Kirche<br />

vorwiegend als Obstmarkt und erhielt davon seinen Namen 2 . In neuester Zeit<br />

dehnte sich dieser bei hoher Frequenz östlich der Kasernenstraße entlang aus, während<br />

die Warenstände auf der Gasse zwischen Kirchplatz und Obstmarkt aufgestellt<br />

wurden 3 . Der in einer Urkunde von 1578 erstmals ausdrücklich erwähnte Wergund<br />

Garnhandel^ fand 1670 laut Marktverordnung dieses Datums in der ebenerdigen<br />

Rathaushalle statt, der Werghandel von nun an bei gutem Wetter davor, sonst<br />

zwischen den Bögen, damit bessere Sicht dem Betrug vorbeuge 5 . 1756 wird auch<br />

ein «altes Kornhaus nächst der Schmalzwaage» erwähnt 6 . Seit dem 19. Jahrhundert<br />

vollzog sich der Butter- und Käsemarkt in der Rathaushalle 7 . Eine «Metzg», eine Art<br />

Fleischhalle, befand sich bis 1790 beim westlichen Kirchenvorzeichenam Platz (S. 96),<br />

wurde aber als störendes Element empfunden und versetzt. Von diesem Beispiel<br />

1 Alte Urkunden, S. 108.<br />

2 Für die gleichen Häuserwirdim ersten offiziellen Häuserverzeichnis von 1800 noch «AmViehmarkt»,im<br />

zweiten von 1822 «AmObstmarkt» angegeben. - FISCH, Manuskript, S.44: «..derViehmarkt,wo<br />

nun der Obstmarkt ist» (um 1814). Vgl. AlteUrkunden, S. 3 (Randbemerkungvon 1838):<br />

«Ankauf des sogenannten Glasers Wisli ( = die 1736 gekaufte Wiese Oberteufers),zum Gebrauch des<br />

Wochen-und Jahrmarktes, welchernun als Obstmarktgebrauchtwird.» Vgl.oben Fliegende Blätter,<br />

Fol. 29. Ferner «Gopir-Buch», S. 48f., 1825/26: «Viehmarkt (dato Obstmarkt)».<br />

3 ROTACH, Herisau, S. 315. 4 AUB 3410.<br />

5 EUGSTER, Herisau, S. 375. - Vgl. ROTACH, Herisau, S. 560. 6 EUGSTER, Herisau, S. 376.<br />

7 Ebenda. - ROTACH, Herisau, S. 515.


BURGERHAUSER<br />

Abb. 113. Herisau.Die Brandstätte an der Bachstraße nach dem 1.J anuar 1812 mitKirche und Flecken<br />

von Norden. Im Vordergrund links die drei von der Feuersbrunst verschont gebliebenen Häuser<br />

«Reblaube» (Nr. 13), « Am Bach» (Nr. 10) u nd «Taube» (Nr. 6). Aquatintaradierung von Johann<br />

Jakob Mock (1776-1824) von Herisau. Historisches Museum Herisau. - Text S.41, 84und 142-144.<br />

abgesehen, gibt es keine Hinweise dafür, daß der Kirchplatzje dem Markt gedient<br />

hätte. Bis in die Gegenwart wich dieser bei Platzmangel auf andere Straßen und<br />

Plätze aus, der Jahrmarkt mit den Ständen auf die Poststraße, mit den Buden auf<br />

das Ebnet. Darin scheint sich eine uralte Regel zu bestätigen, daß Kirchplätze vor<br />

Marktlärm bewahrt werden, wie auchan Marktplätzen höchst selten Kirchen errichtet<br />

worden sind 1 .<br />

Die Gestalt des Obstmarktes im ig.120. Jahrhundert. Von seinem Aussehen im 19. Jahrhundert<br />

zeugen etliche Zeichnungen und Aquarelle (Abb. 68, 112, Bilddokumente<br />

Gi-8). Aus früherer Zeit fehlen solche. Der einstige «Kilchenacker», was sowohl<br />

kircheneigenes Gelände als auch Friedhof bedeuten kann, erstreckt sich südöstlich<br />

der Kirche gegen die Oberdorfstraße («Landstraße») 3 hin. Was der Friedhof bis zu<br />

seiner Entfernung 1835 dem Obstmarkt an Gelände entzog (S. 96), belegt seit 1853<br />

die Straße vom Platz zum Heinrichsbad (S. 190) und seit 1880/81 die südöstlich der<br />

Kirche davon abzweigende alte, 1911 völlig neu angelegte Bahnhofstraße (S. 52).<br />

An der Südwest- und Südseite wird der Platz von einer Reihe von Häusern eingefaßt,<br />

die, abgesehen von dem 1912-1914 errichteten Kantonalen Gebäude (S. 112), mit ihren<br />

Fassaden auf die Oberdorfstraße blicken, wozu sie immer gezählt haben. Dieser<br />

Monumentalbau aber, der an die Stelle von zwei Bürgerhäusern gesetzt und durch<br />

den 1915 angefügten Neubau der «Blume» (S. 175) mit dem «Tannenbaum» (S. 176)<br />

1 JULIUS BAUM, Die schöne deutsche Stadt, Süddeutschland, München 1912, S. 81.<br />

2 Alte Urkunden, S. 1, u nd Fliegende Blätter, Fol. 29: «..der stoßt an zwey sitten an die Landstraß..»,<br />

auf der einen Seite alsoan die Oberdorfstraße, aufder andern eventuell an die Bachstraße.


142 HERISAU<br />

verbunden wurde, beherrscht mit seiner Fassade den Platz, der dadurch den einstigen<br />

dörflichen Charakter eingebüßt hat (Abb. 80). Nach Osten wird dieser durch<br />

eineim Plan von 1818 eingezeichnete Häuserreihe von der Oberdorfstraße bis zudem<br />

schon 1709 erwähnten Neuweg 1 gesäumt, welche Reihe von der Heinrichsbad-, der<br />

heutigen Kasernenstraße, durchschnitten wird. Von der im 19. Jahrhundert aufgestellten<br />

meteorologischen Säule hat sich im Historischen Museum die klassizistische<br />

vierseitige Uhr erhalten (Höhe mit Eisengehäuse und Sockel 79 cm).<br />

Häuser am Obstmarkt und Neuweg. Obstmarkt Nr. /. Klassizistisches Wirtshausschild,<br />

um 1800, an der Ostseite. - Nr. 7 (siehe Oberdorfstraße 27 und 29). - Waaghaus,<br />

1912/13 von Gemeindebaumeister ALFRED RAMSEYER in klassizistischem Stil erbaut,<br />

1972 abgerissen 2 (Abb.34)Neuweg Nr. 2. Im klassizistischen Oberlichtgitter «1827»<br />

datiertes und mit verschlungenem Monogramm «J Z » des Bauherrn Johannes Zähner<br />

versehenes Fabrikantenhaus, ein getäferter Strickbau unter traufständigem Satteldach<br />

mit dreieckigem Frontgiebel. Im Treppenhaus reizendes klassizistisches Treppengeländer<br />

mit gesägten Balustern aus der Bauzeit.<br />

C. Die vier alten «Landstraßen»<br />

I. Bachstraße md Buchenstraße. GESCHICHTLICHES ZU den Straßen. Der 1578 erstmals<br />

erwähnte Fahrweg nach St. Gallen führte, wie der Plan von 1628 (Abb. 22) für das<br />

Dorfgebiet zeigt, vom Kirchplatz in die Senkung des Brühlbachs, beim Gasthaus zur<br />

Taube über diesen hinweg, dann unmittelbar hinter den Häusern der frühern Neugasse,<br />

des jetzigen obern Teils der Bachstraße, durch den Hohlweg empor zum<br />

Kreuzbühl und Grat des Moosbergs und wieder hinunter durch den Mauchler nach<br />

dem Bild und Kräzern 3 . Ihr steiler Aufstieg von dem bereits überdeckten Brühlbach<br />

zur Kirche hinauf wird aufJOH. J AKOB MOCKS Zeichnung von der Brandstätte 1812<br />

besonders deutlich (Abb. 113) 4 .<br />

Eine erste Verbesserung der Verkehrsbedingungen brachte wenigstens für die<br />

Anstößer der Bau der Neugasse, die 1758 bei DAVID HERRLIBERGER erstmals ausdrücklich<br />

erwähnt und, schon ganz von Häusern gesäumt, abgebildet ist 5. 1759 wurde<br />

das Verbindungsstück von deren oberm Ende bis zur Wiedereinmündung in den<br />

alten Fahrweg beim «Adler», die heutige Buchenstraße, in Angriff genommen 6 . Ihre<br />

1 «Copir-Buch», S. 48.<br />

2 Jahresrechnung der Gde 1912, S. 78: Erstellung des «Waghäuschens mit Gemüsestand» noch<br />

nicht vollendet. Vgl. ebenda, 1914, S. 76.Zum Abbruch sieheAZ,9.Mai 1972, Nr. 108, S. 3.<br />

3 AUB3458. - SCHÄFER, Materialien 1812, S. 217-220. (Die Ansicht, es handle sichu m einen<br />

Römerweg, ist natürlich irrig.)<br />

4 JOH. JAKOB MOCKhat die Brandstätte einmal zur Winterszeit gezeichnet, wovon Hegiim gleichen<br />

Jahr die bekannte Radierung in Aquatinta verfertigte, die 2 Gulden24Kreuzer kostete (SCHÄFER,<br />

ebenda, S. 244, Anm.), und vom gleichen Standort zweimal bei beginnendem Frühling. Ein Blatt,<br />

in Aquarell-Gouache ausgeführt, besitzt das Hist. Mus. Herisau, das andere,in gleicher Technik, das<br />

Hist. Mus. St. Gallen. Bilddokumente A15, a-c.<br />

5 JOH. ULRICH SCHELLENBERG stellte die Zeichnung dazu 1757 her, doch fehlt aufdem Blatt im<br />

Kunstmuseum Winterthur diese bei HERRLIBERGER noch angesetzte Partie,für die ein separates Blatt<br />

existiert haben dürfte,oderdannüberhaupt eine zweite, umfangreichere Zeichnung.<br />

6 «Copir-Buch», S.51: Kaufvertrag, 20.Juli 1759, mitdem «Adlerwirth» betreffend Boden «zur<br />

einrichtung einer landstraßeab Buchen, so gegen denNeuGaß, sonnenhalb in fleken weiset..» Vgl.<br />

Alte Urkunden, S. 207.


BÜRGERHÄUSER 143<br />

Abb. 114. Herisau. Östliche Partie der Bachstraße, früher Neugasse genannt (im Unterschied zu der<br />

einst hinter der Häuserreihe durch laufenden ältern Bachstraße), mit gestrickten Holzgiebelhäusern<br />

des 17./18. Jahrhunderts. Nr. 37 im Vordergrund mit traufständigem Mansardgiebeldach und kielbogigem<br />

Quergiebel von einer Umgestaltung nach 1794. - Text S. i42f.und 144-146.<br />

Fortsetzung über Nordhalden (Schützenstraße) nachdem Mauchler anstatt über den<br />

Kreuzbühl bedeutete im Jahre 1777 eine erneute Erleichterung 1 , vor allem als 1786<br />

unter Umgehung der Neugasse und Bachstraße die Buchenstraßeam Weiher vorbei<br />

direkt mit der Oberdorfstraße verbunden wurde 3 . Infolgedessen verlor die Bachstraße,<br />

an welcher nach der örtlichen Überlieferung auch die ältesten Gasthäuser<br />

Herisaus, die «Taube» (Nr. 6) am Bach und der verschwundene «Engel»am obern<br />

Ende, standen 3 , bereits ihre Bedeutung als einziger Fahrweg nach St.Gallen. Durch<br />

die Straßenbauten des 19. und 20. Jahrhunderts wurde sie dem Durchgangsverkehr<br />

völlig entzogen, und die 1911 angelegte neue Bahnhofstraße unterbrach mit ihren<br />

Geschäftsgebäuden auch sichtbar die einstige Verkehrsader. Wegen des Brühlbachwassers<br />

hatten sich an der Straße von alters her Handwerker, vor allem Gerber, die<br />

1437 erstmals erwähnt werden, ferner Bleicher, Appretierer und Metzger niedergelassen<br />

4 , und der reich fließende Brunnen am Bach war besonders geschätzt 5 . Am<br />

i Alte Urkunden, S. 210-212.<br />

A AlteUrkunden, S. 216. - Vgl. SCHÄFER, Materialien 1812, S. 219,und EUGSTER, Herisau, S. 33OF.<br />

3 SCHÄFER, Materialien 1812, S. 218.<br />

4 Ebendaund Materialien 1813, S. 11g. 5 Ebenda, 1812, S. 219.


144 HERISAU<br />

i.Januar 1812 vernichtete ein Brand beide Häuserreihen, insgesamt 24 Firste, zwischen<br />

Platz und «Reblaube» (Nr. 12) bzw. «Taube» (Nr. 6), die, weil sie frei<br />

standen, im Unterschied zu den zusammengebauten gestrickten Holzhäusern gerettet<br />

werden konnten 1 .<br />

Die Häuser der untern und obern Bachstraße. Die älteste Partie hat sich untenam Bach<br />

erhalten (untere Bachstraße). Hier gruppieren sich u m den Brunnen (S. 143) auf<br />

kleinem Platz Holzhäuser in reizender Ungezwungenheit und mannigfaltigen Dachund<br />

Giebelformen. Drei davon, die sowohl auf dem Plan von 1628 als auch auf dem<br />

Merianprospekt von 1642 eingezeichnet sind, überdauerten den Brand von 1812<br />

(vgl. MOCKS Radierung, Abb. 1 13), die im 19. Jahrhundert hauptsächlich nur in der<br />

Befensterung veränderte «Taube» (Nr. 6), die «Reblaube» (Nr. 13), ein getäferter<br />

Strickbau jenseits des Bachs, und, von der «Taube» einst unmittelbar durch den<br />

offnen Bach getrennt (vgl. MERIAN), das Haus «Am Bach» (Nr. 10), ein «um 1617»<br />

errichteter Strickbau, u m den das Anschlußstück von der alten Bachstraße zur<br />

«Neugasse» in S-förmiger Kurve herumgeführt werden mußte 2 . Die heutige Gestalt<br />

und Ausstattung eines Kaufmannshauses 3 mit südseitigem schmalem Trakt in Traufstellung,<br />

nordseitigem breiterm in Giebelstellung mit ebenfalls ausgebildeter getäferter<br />

Fassade und mit dem ostseits stehenden Treppenturm dürfte das Haus unter<br />

Benutzung der ursprünglichen Anlageum 1780-1790 erhalten haben. In dieser Zeit<br />

entstand jedenfalls das tonnengewölbte, mit Walmdach versehene kleine Waschhaus<br />

(Assek.-Nr. 1427) neben dem Brunnen, dessen Eisentüre und -laden mit Louis-XVI-<br />

Beschlägen in datierbaren Häusern Herisaus ihresgleichen haben 4 . Die übrigen, gegenüberliegenden<br />

Häuser Nrn.5-n (ohne das spätere 11A, «Weißes Schäfli») wurden<br />

nach ihrer Einäscherung von 1812 anOrtund Stelle wieder aufgebaut, darunter die<br />

ehemalige «Sonne» (Nr. 7), ein verputzter Riegelbau unter Walmdach mit Frontgiebel<br />

und strahlenförmig genuteter Nußbaumtüre am hintern Eingang. Die restlichen<br />

wieder aufgebauten Häuseran der obern Bachstraße mußten samt dieser wieder<br />

verschwinden, das Haus «Zum Felsen», ein stattlicher verputzter Riegelbau, 1911<br />

vor der neuen Bahnhofstraße, weitere drei vor dem neuesten GeschäftsbauJ. G. Nef &<br />

Co. AG von 1964 und 1966 (Abb. 112).<br />

Die Häuser der ehemaligen Neugasse (heutige Bachstraße gegen die Buchenstraße).<br />

Dieser 1812 gänzlich verschonte Teil gehört neben der äußern Schmiedgasse zu den<br />

malerischsten Partien des Fleckens. Hier reihen sich der leichten Straßenkrümmung<br />

folgend aufder nördlichen Seite drei eng aneinandergerückte Gruppen von gestrickten,<br />

an den Fassaden getäferten Holzhäusern mit Reihenfenstern (Fensterwagen) in<br />

reizvollem Wechselspiel der Dach- und Giebelformen: Aus dem Plan von 1628 zu<br />

1 Ebenda, S. 1215-258: «Das Brandunglück in Herisauam 1.Jänner 1812», insbesondere S. 239-250.<br />

- S. 250:Der Platz längsdem Kirchhof «oben an der Bachstraße» wurde nichtmehr verbaut. - S. 256:<br />

Fünf, jetzt freistehende Häuser wurden noch im Laufe des Sommers 1812 wieder errichtet. - Vgl.<br />

FISCH, Manuskript, S. 21-24.<br />

2 Name undDatuminFraktur aus neuester Zeitam Giebel der Nordfront.<br />

3 Laut Häuserverzeichnis von 1800 und 1822.<br />

4 Walsersches Doppelhaus,um 1779 (S. 126),und «Baumgarten»,um 1780 (S. 189). Die vermutete<br />

Bauzeit entspricht auchderdurch die wirtschaftliche Hochblüte bedingten regen Bautätigkeit. Ferner<br />

spricht dafür das Treppengeländer im Wohnhaus mit aus Tannenholz gesägten, asymmetrisch geschweiften<br />

Balustern.


BÜRGERHÄUSER 1 45<br />

Abb. 115 und 116. Herisau. Östliche Partie der Bachstraße, früher Neugasse genannt (vgl. Abb. 114).<br />

Links: zwei Doppelhäuser, Nrn. 27 und 29 sowie 31 u nd 33, je unter gemeinsamem Satteldach in<br />

Giebelstellung, rechts: Doppelhaus, Nrn. 15 und 17, unter gemeinsamem Satteldach in Traufstellung<br />

mitje einem kielbogigen Quergiebelan jedem Hausteil, letztes Viertel 18. Jahrhundert. - Text unten.<br />

schließen, standen sie teilweise längst vor der Neugasse an ihrer Stelle; im Plan von<br />

1818 waren sie jedenfalls lückenlos vorhanden. Ihre heutige Gestalt dürften sie<br />

hauptsächlich der zweiten Hälfte des 18., ihre schlichte Fassadenverkleidung mit<br />

gestemmtem Täfer sogar dem 19. Jahrhundert verdanken. Es handelt sich ausschließlich<br />

um Doppelhäuser, a) Erste Gruppe: Doppelhaus, Nrn. 15 und ly (Abb. 116).<br />

Fabrikantenhaus 1 um 1780-1790, mit zwei kielbogigen Frontgiebeln am traufständigen<br />

Satteldach, ostseits mit erstem Geschoß herauskragend und auf Holzsäule<br />

abgestützt, westseitiger Teil (Nr. 15) rückseits mit Treppenturm, an der rechteckigen<br />

Fronttüre mit klassizistischem Oberlichtgitter und im Innern mit barockem Treppengeländer<br />

aus gesägten Balustern versehen. - b) Zweite Gruppe; Doppelhaus, Nrn. ig<br />

und 21. Handwerkerhaus mit drei gleichen Satteldächern in Giebelstellung, von der<br />

Straße zurückversetzt und weniger hoch. Sein sonnengebräuntes Täfer kontrastiert<br />

mit dem hellbemalten von Nrn. 15 und 17. Im Plan von 1628 angegeben, vermutlich<br />

ältestes Haus dieser Straße. An der Außentreppe zur westlichen Türe beidseits schmiedeisernes<br />

Geländer, 18. Jahrhundert (?) (Abb. 118). ~c) Dritte Gruppe: Nrn. 23-3J (nur<br />

die ungeraden Zahlen). Jeweils ein Doppelhaus, das ohne Brandmauern an ein<br />

anderes angebaut ist. Nrn. 23 und 25 mit Kreuzfirst, wobei das giebelständige Satteldach,<br />

ostseits heruntergeschleppt, an Nr. 27 stößt. Die folgenden zwei Doppelhäuser<br />

stehen,je unter gemeinsamem giebelständigem Satteldach mit verbindendem Querdach<br />

und in einer Flucht mit Nrn. 35 und 37 wieder näher an der Straße. Letztere<br />

greifen ineinander, Nr. 35 unter asymmetrischem Satteldach in Giebelstellung, Nr. 37<br />

mit kielbogigem Frontgiebel und vergipster Hohlkehle am traufständigen Mansardi<br />

Laut Häuserverzeichnis von 1800 und 1822.<br />

10 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


146 HERISAU<br />

Abb. 117. Herisau. Buchenstraße 10, 12, 14, 16. Gruppe von gestrickten undan der Front getäferten<br />

Holzgiebelhäusern, die die Häuserfluchtder Bachstraße (Abb. 114) ostwärts wie ein Kulissenpendant<br />

ergänzen, Ende 18. oder Anfang 19. Jahrhundert. - Text S. I47f.<br />

giebeldach. Diese Dachform geht auf eine Umgestaltung an bereits bestehendem<br />

Haus nach 1794 zurück 1 (Abb. 114).<br />

Häuser der Buchenstraße und Sonnenhof. Aus dem Plan von 1628 geht hervor, daß<br />

einzelne den Westrand säumende Häuser längst vor dem Bau der Straße an der<br />

westlich von ihr emporsteigenden alten Bachstraße standen, was sich ungeachtet ihrer<br />

spätem Um- und Neubauten an der ungezwungenen Anordnung der betreffenden<br />

Häuserreihe bemerkbar macht, wie etwa am «Schlößli» (Nr. 21, siehe unten). Im<br />

Unterschied dazu wurde die fast lückenlos geschlossene und in einer Flucht liegende<br />

Reihe aufder östlichen Seite, wie sie dann der Plan von 1818 zeigt, mehr oder weniger<br />

in einem Zuge von 1780 bis 1795 gebaut mit Ausnahme des «Adler» (Nr. 34) 2 , der,<br />

ebenfalls schon im Plan von 1628 als Gebäude vermerkt,an der Fortsetzung der alten<br />

Bachstraße,am Kreuzweg, lag und, im Jahre 1800 neu gebaut 3 , die Reihe beschließt.<br />

1 DasHaus ist im Plan von 1628 eingezeichnet. Laut Alte Urkunden, S. 209, existierte das Haus<br />

jedenfalls ausdrücklich schon 1759 (das gleiche giltfür Nrn. 23 und 25). DieRadierungvon HEINRICH<br />

THOMANN nach der Zeichnung vonJ. G. MAYR, um 1794, Bilddokument A7, zeigt das Haus mit<br />

geradem Satteldachan Süd-und Ostseite, das einen Kehrfirst bildet.<br />

2 FISCH, Manuskript, S. 138: «besonders in denen 1780—1794 Jahren bauteman sehr viele neue<br />

Häuser zwischen derNeugaß und Buchen, rechts hinauf standvor dieser Zeitnur ein Haus,das Wirtshauszum<br />

Adler genannt, es war in bemeldter Zwischenzeit viel zu verdienen. Handelund Gewerbe<br />

hatten den erwünschten Erfolg.»<br />

3 Das Häuserverzeichnis von 1800 läßt hier eine Lücke, weil das Haus offenbar gerade abgerissen<br />

war; das Verzeichnis von 1822 führt es wieder auf.


BÜRGERHÄUSER 147<br />

Abb. 118. Herisau. Östliche Partie der Bachstraße, früher Neugasse genannt (vgl. Abb. 114). Rechts:<br />

Doppelhaus, Nrn. ig und 21, mit drei gleichgewichtigen giebelständigen Satteldächern, ly./iS.Jahrhundert,<br />

links: Doppelhaus, Nrn. 15 und 17 (siehe Abb. 116). - Text S. 145.<br />

Von diesem Neubau zeugen einam Schopf eingemauerter Backstein mit der Jahreszahl<br />

«1800» und den Initialen «H.Z.» (Hans Zürcher) zwischen zweimaligem<br />

Wappen des betreffenden 1 , ferner die klassizistischen Volutenprofile am Sturz der<br />

Sandsteingewände des Parterres. In dieser Reihe von Bürgerhäusern hebt sich das<br />

Fabrikantenhaus «Zum Steinhof» (Nr. 22) 2 durch vornehmeres Gepräge ab. Mit<br />

dem ehemaligen Fabrikantenhaus Nr. 24 («Schmiedstube») zusammengebaut und<br />

wie dieses, mit giebelständigem Satteldach der Straße zugewandt, ein Strickbau,<br />

weist es auchan der frei stehenden Südseite einen First mit gebrochenem Giebel auf,<br />

ferner ringsum vergipste Traufhohlkehlen und Eckpilaster, eine zweiflüglige nußbaumene<br />

Haustüre mit geschnitzten und eingelegten Louis-XVI-Ornamenten, einen<br />

entsprechenden reichen Lampenarm an der Südfront, als Besonderheit kupfergetriebene<br />

Blattranken u m die beiden Wassersammler des Dachkännels, schließlich<br />

zuoberst im Treppenhaus eine Abschlußbalustrade im Louis-XVI-Stil. Bauzeit wohl<br />

um 1 795. Bemerkenswert ist auch diezu dieser Straßenseite in einem Winkel stehende<br />

Reihe von getäferten Strickbauten Nrn. 10, 12, 14, 16 am Beginn der alten Buchenstraße.<br />

Mit ihren pittoresken Giebeln und Fassaden wirken sie wie ein Kulissenpendant<br />

zu den Häusern der Bachstraße (Neugasse), deren Flucht sie nach Osten fortsetzen.<br />

Nr. 10 kragt dabei ostseits mit dem ersten Geschoß heraus, das auf balusterförmiger<br />

1 Wappenbuch, Tf.XXXII,4. Der Besitzer im Verzeichnis von 1822 heißt: «Johannes Zürcher<br />

Gastwirth und Zoller.»<br />

2 Laut Häuserverzeichnis von 1800 und 1822 (damalige Nr. 103).


148 HERISAU<br />

Holzsäule abgestützt ist, ähnlich wie Bachstraße Nr. 17 (Abb. 117). Das stattlichste<br />

Gebäude der ganzen Straße ist das oben erwähnte ehemalige Bad und Gasthaus<br />

«Schlößli», Nr. 21, auf der linken Straßenseite, zu dem Nr. 19 als Dependence und<br />

Nr. 23 als Stall gehörte 1 , ein 1780-1795 errichteter verputzter Strickbau mit jonischen<br />

Eckpilastern und kielbogig geschweiftem und gebrochenem Frontgiebel am<br />

fensterlosen Mansardwalmdach. An seiner Stelle hatte ein schon im Plan von 1628<br />

eingetragener Bau gestanden. Auch die übrigen Häuser dieser linken Seite, ausgenommen<br />

Nr. 25, gehören zum Straßenbild des 18. Jahrhunderts. Das Doppelhaus,<br />

Nrn. 9 und 11, und vielleicht auch das damit zusammengebaute Nr. 13 («Tempel»),<br />

die von der Bachstraße (Neugasse), zu der sie früher gehörten, zur Buchenstraße<br />

überleiten, sind im Plan von 1628 bereits vermerkt.<br />

Zur heutigen Buchenstraße gehört auch der 1767 von der Oberdorfstraße zum<br />

Einlenker Bachstraße-Buchenstraße erstellte Verbindungsweg ab der Kaserneni<br />

Häuserverzeichnis von 1800; «Hs Conrad Stark, Badwirthzum Schlößli.» - Im Verzeichnis von<br />

1822 bereits Fabrikantenhaus. Vgl.AMB 1826, S. 166.<br />

Abb. 119. Herisau. «Sonnenhof», um 1810 erbautes Fabrikantenhaus südlich des Zusammenlaufs<br />

Bachstraße-Buchenstraße. Radierung auf einer Kaufverschreibungvon 1840 in Privatbesitz Herisau<br />

undinder Schweizerischen Landesbibliothek Bern. — Text S.44und 149 f.


BÜRGERHÄUSER<br />

14g<br />

Abb. 120 u nd 121. Herisau. Bürgerhäuser an der Goßauerstraße (ehemalige Griesstraße, v.l.n.r.):<br />

«ZumFeigenbaum» (Nr. 6) und «Zum Regenbogen» (Nr. 4), um 1780 errichtete Strickbauten mit<br />

rund- bzw. kielbogigem Quergiebelan traufständigem Satteldach. Anschließend das 1969 abgebrochene<br />

«Hörnli» (Nr. 2). - «Harmonie» (Nr. 17), vermutlich 1786 erbaut, ein getäferter Strickbau mit je<br />

einem mehrfach geschweiften Giebel gegen Vorplatzund Straße. - Text S.I52f.und I54f.<br />

Straße. Abgesehen von zwei im Plan von 1628 vermerkten Häusern (Nrn. 5 und 8)<br />

in der Nähe des ehemaligen Weihers lag hier um 1800 offenes Land 1 . Der westlich<br />

davon liegende Sonnenhof wurde erstum 1810 erbaut 3 . Das vornehme Bürgerhaus ist<br />

ein mit Einzelfenstern versehener, getäferter Strickbau, an dem drei selbständige<br />

Wohntrakte unter traufständigem Satteldach in axialsymmetrischer Anordnung<br />

zusammengefaßt sind, durch je dreieckigen Frontgiebel und Eingang aber ihre<br />

Selbständigkeit bekunden. Nach Süden breitete sich ein großzügiger, von Alleen<br />

gesäumter Park bisan den Saum der spätem Kasernenstraße aus, dann freies Gelände<br />

bis zur Oberdorfstraße. Jon. JAKOBMOCK hat die an eine Schloßanlage erinnernde<br />

Perspektive 1812 in einer reizenden Zeichnung verewigt 3 , und ein Verkaufsprospekt<br />

1 Die kurz nach 1800 neuerbauten «Häuser an derneuen Straßebeim Weyer» (FISCH, Manuskript,<br />

S. 139) lagen ander Strecke zwischen Kasernenstraße-Oberdorfstraße (vgl. Planvon 1818, Abbas).<br />

2 FISCH, Manuskript, S. 139: Einam 1.April I8II(!) gefaßter Beschluß betreffenddie Zugehörigkeit<br />

zumFlecken hattezur Folge,daß auch dasJohannesRamsauers (gleichnamigem) Sohn gehörige<br />

neuerbauteHauszum Sonnenhof zwischen der NeugaßunddemWeiherzu jenem gerechnet wurde.<br />

Vgl. entsprechenden Eintrag im Handänderungsregister vom 24.N0V. 1937, ferner die folgende AnmerkungzuJon.<br />

JAKOB MOCKS Radierungvon 1812. - Dasvon EUGSTER, Herisau, S. 16, angegebene<br />

Baudatum 1813 stimmt also nicht. Im Häuserverzeichnis von 1822 Nrn.89A, B,C.<br />

3 SCHÄFER, Materialien 1812(1), S. 219, Anm., bespricht die Zeichnung von Jon. JAKOB MOCK<br />

(Bilddokument D12, a) «mitdem großen GebäudeHrn. J. Ramsauers». Abb. in: ROTACH, Herisau,<br />

S- 35 (vermutlich Ausschnitt des verschollenen Originals).


150 HERISAU<br />

von 1840 zeigt die bereits bewachsene Anlage und den Gesamtgrundriß 1 (Abb. 119).<br />

Aus der Bauzeit erhielten sich im südöstlichen Parterrezimmer des Mitteltrakts<br />

(Nr. 3) ein weißer, zylindrischer, mit Pfeifen- und Palmettenfriesen verzierter Kachelofen,<br />

in der getäferten südwestlichen Stube des Parterres von Nr. 1 ein solcher in<br />

Kastenform mit Fries aus Palmetten und Lotosblüten 2 , in diesem Hausteil auch<br />

klassizistisches Treppengeländer mit gesägten Balustern.<br />

II. Goßauerstraße (ehemalige Gries- bzw. Spittelstraße) und Windegg. Vom Platz durch<br />

das Griesund den Spittel bis zum Einlenker in den Kreuzweg nimmt sie ihren uralten<br />

Verlauf. Abgesehen von den üblichen Verbesserungen wurde dieser nur im ehemaligen<br />

Vordorf verändert, indem 1798 die mühsame Krümmung vom Tobel nach der<br />

Stelz 3 und 1840-1842 jenevom Einlenker am Kreuzweg bis zum Tobelacker abge-<br />

1 Bilddokument Dia,b. Zusammenmitder «im Jänner 1840» datierten, vom damaligen Besitzer<br />

Jonas Steiger unterzeichneten Verkaufsausschreibung, die eine ausführliche Beschreibung umfaßt,<br />

befindet sich die offenbar eigens dafür, wohl 1839 hergestellte Radierung im Besitz der Familie von<br />

Dr. Heinrich Reutlinger sei., Sonnenhof, Nr. 3.<br />

2 Ein weißer Zylinderofen mit neuromanischen Palmettenranken, wohl zweite Hälfte 19. Jahrhundert,<br />

befindet sich im südöstlichen Parterrezimmer, ein Kastenofen mit Jugendstilmotiven, Anfang<br />

20. Jahrhundert, im ersten Obergeschoß von Hausteil Nr. 1.<br />

3 EUGSTER, Herisau, S. 33. Die gegenseitigen Abmachungen mit Abt Beda Angehrn von St. Gallen,<br />

19.Aug. 1785, im «Copir-Buch», S. I2f.<br />

Abb. 122 u nd 123. Herisau. Goßauerstraße (ehemalige Griesstraße). Spätbarocke bzw. klassizistische<br />

Sandsteinportale. Links;am «Regenbogen» (Nr. 4) mit Rokokogitter im Oberlichtund klassizistischen<br />

Nußbaumtüren, um 1780, rechts: an der Rückseite des «Pfauen» (Nr. 10), i m Schlußstein «1787»<br />

datiert, mit Louis-XVI-Gitter im Oberlicht und zweiflügligen Eichentüren. - Text S. 152!". und 154.


BÜRGERHÄUSER<br />

kürzt wurde 1 . Die Tobelackerstraße entspricht hier der alten Landstraße. Abbildung<br />

auf Radierung von JOHANNES SCHIESS, u m 1830, und auf Bleistiftzeichnung von<br />

KONRAD CORRADI,um 1850 2 (Abb. 127).<br />

Die ehemalige Griesstraße {Goßauerstraße 1-25) 3 . Die enge, leicht gekrümmte Straße<br />

bewahrte bis heute trotz einzelnen Verunstaltungen ihren altertümlichen kleinstädtischen<br />

Charakter aus dem 17./18. Jahrhundert. In der fast geschlossenen rechten<br />

Reihe mehrheitlich getäferter Holzhäuser mit giebelständigen Satteldächern dominieren<br />

zu Beginn verputzte Fabrikanten- oder Handelshäuser mit segmentförmigen<br />

oder doppeltkonkaven Frontgiebeln aus dem letzten Viertel 18. Jahrhundert, während<br />

aus der linken Reihe mehrheitlich frei stehender Häuser nur ein solches ehemaliges<br />

Fabrikantenhaus der Spätbarockzeit, die «Harmonie», hervorragt. In den Hintergrund<br />

seines geräumigen Vorplatzes schiebt sich auf der Südseite wie eine Märchenkulisse<br />

eine hintere Reihe zwar verwahrloster, in der Abfolge ihrer Giebel jedoch<br />

sehr reizvoller Holzhäuser, die wie die meisten Häuser im Gries - so heißt das Viertel<br />

an der ehemaligen Griesstraße noch heute - höchstens ins späte 17. Jahrhundert<br />

1 AMB 1843, S. 185-188. Finanziert wurde die von Baumeister Hirzel von Abtwil ausgeführte<br />

Korrektion durchJoh. Ulrich Schießzum Pfauen (s.d.).<br />

2 Bilddokumente A22und 35. Vgl. auchA36.<br />

3 Laut Häuserverzeichnis von 1800 und 1822.Neue Bezeichnung erst seit Häuserverzeichnis von<br />

1943-<br />

Abb. 124. Herisau. Goßauerstraße 1 («Alpenrose»). Rundbogiges Portal, erste Hälfte 18. Jahrhundert,<br />

mit gequadertem Sandsteingewände, nußbaumener Sechsfeldertüreund mit stichbogigen Flurfenstern<br />

an einem ehemaligen Fabrikantenhaus,einemim 18.Jahrhundert umgestalteten Strickbau,der imPlan<br />

von 1628 (Abb. 22) eingetragen ist (vgl. Abb. 106). —T ext S. 152.


152 HERISAU<br />

zurückreichen, da sie im Plan von 1628 fehlen (Abb. 22) und nicht vor dem ersten<br />

Drittel des 18. Jahrhunderts urkundlich genannt werden (siehe unten). Damals war<br />

das sandige Gelände, wovon sich «Gries» herleitet 1 , nur dünn besiedelt. Ähnliches<br />

gilt von der südöstlich anschließenden Windegg (S. 159).<br />

Die Bürgerhäuser. Nr. / («Alpenrose»). Ehemaliges Kaufmannshaus 2 . Getäferter<br />

Strickbau unter symmetrischem Kreuzgiebeldach mit rückseitigem Treppenturm.<br />

Der gemauerte Parterresockel mit rundbogigem Quadergewände und zwei stichbogigen<br />

Fenstern (Abb. 124) und die verlegte Kellertreppe verraten neben anderm<br />

einen Umbau des Hauses des 17. Jahrhunderts 3 wohl in der ersten Hälfte 18. Jahrhundert.<br />

Aus dieser Zeit stammen auch die nußbaumene Haustüre, wahrscheinlich<br />

auch das stichbogige Türgewände mit schmiedeiserner Türe und das zweijochige<br />

Kreuzgratgewölbe des Kellers 4 , ferner das Waschhäuschen mit drei schmiedeisernen<br />

Läden. - Z urn Regenbogen, Nr. 4 (Abb. 120). Für den angesehenen Arzt, Landeshauptmann<br />

und Statthalter Johann Jakob Zuberbühler (1719-1781)5, um 1780<br />

erbaut. Über gemauertem Keller- und Parterresockel mit Kreuzgrat- und Tonnengewölben<br />

erhebt sich der an der Fassade flach getäferte Strickbau mit Frontgiebel in<br />

Form eines gedrückten Kielbogensam traufständigen Satteldach, das karniesförmiges<br />

1 SONDEREGGER, O rts-undFlurnamen,S. 163, 317 (ersteNennung 1637).<br />

2 LautHäuserverzeichnisvon 1800und 1822.<br />

3 DasHaus istim Planvon 162Bund i m MER1AN-Prospekt von 1642 eingezeichnet.<br />

4 Ähnliche i m WalserschenDoppelhaus, u m 1779 (S.126),«Baumgarten»,u m 1780 (S.189),und<br />

Schmiedgasse62, u m 1780 (S. 169).<br />

5 LautHauschronik i m Besitz des derzeitigen HauseigentümersAntonWehinger. - ZuJoh.Jakob<br />

Zuberbühler siehe EUGSTER, Herisau,S.215.- GOTTLIEB BÜCHLER, DieFamilieZuberbühler, Nr. 4 1.<br />

Abb. 125. H erisau. Goßauerstraße (ehemalige Spittelstraße). Gruppe traditioneller Holzgiebelhäuser<br />

des 17.Jahrhunderts, Nrn. 26,26A (WirtschaftzumAnker) und 26B,1971abgerissen. Bleistiftzeichnung<br />

vonCarlRechsteiner, 1971, i m Historischen MuseumHerisau. - TextS. I56f.


BÜRGERHÄUSER<br />

'53<br />

Abb. 126. Herisau. Im Spittel. Reihe gestrickter Holzgiebelhäuser (v.l.n.r.: Goßauerstraße 48, Spittel 1,<br />

3, 5, 7, 9), mit der das Walmdachhaus, Spittel 6 (Freihof), einen Vorplatz einfaßt. Gestalt und Ausstattung<br />

hauptsächlich vom letzten Viertel 18. Jahrhundert. — Text S. 158.<br />

Gesims aufweist. Über den Einzelfenstern der drei Obergeschosse sind durchlaufende<br />

Wasserschläge mit Hohlkehlen angebracht, zwischen erstem und zweitem Obergeschoß<br />

ein schmiedeiserner Lampenhalter. Das Frontportal zeigt eine für die Bauzeit<br />

typische Gestalt: ein Sandsteingewände mit verkröpftem Stichbogen und mit Schlußstein,<br />

über dem das Gurtgesims des Parterresockels herausspringt. Im entsprechenden<br />

Oberlicht geschmiedetes Rokokogitter. Die zwei nußbaumenen Dreifeldertüren<br />

weisen als Mittelfüllung ein aufgestelltes Oval mit Messingbeschlägen im Rokokostil<br />

auf (Abb. 122). Ein ähnliches, nur viel einfacheres Portal mit Eichentüre ist am rückseitigen<br />

(ursprünglich mit welscher Haube bedeckten) Treppenturm angebracht.<br />

Im Treppenhaus vorzügliches Nußbaumgeländer mit asymmetrischen, flach geschnitzten,<br />

durch Illusion jedoch vollplastisch wirkenden Balustern wie in andern<br />

um 1780 erbauten Häusern inHerisauan einem der drei korbbogigen Kellereingänge<br />

mit Kämpfern und Schlußstein zweiflüglige Eisentüre mit Rokokobeschlägen. Zu<br />

den Wohnzimmern im ersten Obergeschoß führen drei schöne nußbaumene Fünffeldertüren<br />

mit liegender ovaler Mittelfüllung.<br />

Zum Feigenbaum, Nr. 6 (Abb. 120). Mit Nr. 4 zusammengebauter, ungefähr gleichzeitig<br />

errichteter, ähnlicher Bau, jedoch mit nur zwei Obergeschossen kleiner, auch<br />

ohne durchgezogene Wasserschläge, dafür verputztund mit segmentförmigem Frontgiebel<br />

an traufständigem, lukarnenbesetztem Satteldach. Aus der Bauzeit erhielten<br />

sich am rückseitigen Treppenturm der Eingang mit radial genuteter Nußbaumtüre<br />

und schmiedeisernem Oberlichtgitter, die zweiflüglige Eisentüre mit Rokokobeschlägen<br />

(wie in Nr. 4) am korbbogigen schlichten Eingang zu den drei kreuzgrätigen<br />

Gewölbejochen des Kellers, das bemalte Treppengeländer mit vollplastischen asymmetrischen<br />

Balustern und geschweiften Pfosten vom ersten zum dritten Obergeschoß.<br />

Wohl nach 1800 entstand die einfache klassizistische Stuckdecke im ersten Oberi<br />

«Baumgarten» (S. 189) u nd Schmiedgasse 62 (S. 169).


154 HERISAU<br />

geschoß. - Zum Nußbmm, Nr. 7. Als Bau im Plan von 1628 vermerkt, dessen Lage<br />

in dem mit traufständiger Fassade ostsüdostwärts blickenden getäferten Strickbau des<br />

17./18. Jahrhunderts zum Ausdruck kommt. - ^ur Palm 6 , Nr. 8. Anstelle des frühern<br />

«Sternen», wohl unter Wiederverwendung von dessen tonnengewölbtem Keller,<br />

um 1830 errichteter verputzter Riegelbau mit gestelztem Frontgiebel an traufständigem<br />

Satteldach 1 . - Zum Pfauen, Nr. 10 (Abb. 123). Im Schlußstein des rückseitigen<br />

Portalgewändes 1787 datiertes Kaufmannshaus, Wohnsitz des bedeutenden Kaufmanns<br />

und Säckelmeisters Johann Ulrich Schieß (1785-1849) 2 . der das Haus als<br />

gleichzeitiger Besitzer des «Sternen» (vgl. Nr. 8) zwischen 1800 und 1822 erwarb 3 .<br />

Der verputzte Riegelbau mit Mansardwalmdach, zweimal eingeschweiftem Quergiebel<br />

an der Front und einem einfachem an der Rückseite wurde anstelle eines<br />

altern, im Plan von 1628 eingezeichneten Baus errichtet 4 . Am umgebauten Parterre<br />

erhielt sich aus der Bauzeit das rückseitige datierte Portal mit schönem Louis-XVI-<br />

Gitterim stichbogigen Oberlicht unter gerade schließendem Sturz und mit ziselierten<br />

Rokokobeschlägen an der zweiflügligen Eichentüre, im Innern das eichene Treppengeländer<br />

mit asymmetrisch gesägten Balustern und geschnitzten Pfosten, außerdem<br />

die zweiflüglige Eisentüre mit Louis-XVI-Beschlägen (wieim «Baumgarten», S. 189)<br />

am rechteckigen Türgewände des dreijochigen, mit Kreuzgratgewölben versehenen<br />

Kellers. Drei Zimmer des zweiten Obergeschosses weisen ziemlich reiche, z.T. figürliche<br />

Deckenstukkaturen auf (Tierdarstellungen im südseitigen Mittelzimmer, aufeinander<br />

nicht klar beziehbare Symbole der Gerechtigkeit, der Arzneikunst?, der<br />

bäuerlichen Arbeit oder des Sommers?, des Winters oder des Todes?), etwas spröde<br />

und schablonenhafte Arbeit, wohl Neurokoko aus der Zeit von Louis-Philippe und<br />

von Joh. Ulrich Schieß in Auftrag gegeben. - Gegenüber an der Straße die zum<br />

Haus gehörige Remise mit schmiedeisernen Louis-XVI-Gittern an den Fenstern. -<br />

Harmonie, Nr. 17 (Abb. 121). Wohl 1786 (am Ostgiebel falsches Datum in römischen<br />

Ziffern aufgemalt oder ursprüngliches Datum unter Auslassung der Ziffer L verfälscht)<br />

anstelle eines ähnlich großen, im Plan von 1628 verzeichneten Hauses laut<br />

symmetrisch verschlungenem Monogramm «DZL» im Oberlichtgitter des korbbogigen<br />

Hauptportals für einen Daniel Zölper erbautes Fabrikantenhaus 5 , ein über<br />

gemauertem Hochparterresockel getäferter Strickbau von nochmals vier Geschossen<br />

mit symmetrisch gruppierten Reihenfenstern an der ostsüdostseitigen, dem Vorplatz<br />

zugekehrten Hauptfassade und mit erneuerten, aus Louis-XVI-Ornamenten bestehenden<br />

Grisaillemalereien an der fast fensterlosen nordseitigen Straßenfront. Spuren<br />

ursprünglicher dekorativer Bemalung auch an den Schlagläden des Hochparterres.<br />

Die beiden mehrfach geschweiften, rangmäßig differenzierten Giebel mit vergipsten<br />

Hohlkehlen bilden einen Kreuzfirst. Zweiflüglige Nußbaumtüren mit geschweiften<br />

1 I m Häuserverzeichnisvon 1800und 1822: «z. Sternen»,injenem von 1842: «zurPalme» (jenes<br />

von 1834 gibt keine Häusernamen an). Besitzer war noch 1822 der bekannte Landeshauptmann und<br />

Säckelmeister J oh. Ulrich Schieß, der i m «Pfauen» (Nr. 10) residierte, Bruder des Präsidenten<br />

Johannes Schieß «zur Rose»und des Obersten JohannJakob Schieß, 1822 Besitzer von Platz Nr.2.<br />

Die drei zählten z u den bedeutendsten Handelsleuten der Ostschweiz ihrer Zeit. - Vgl. EUGSTER,<br />

Herisau, S. 221, 362.<br />

2 Siehe vorhergehende Anmerkung.<br />

3 Erhellt ausden betreffenden HäuserVerzeichnissen.<br />

4 Jener Bau war vom folgenden Haus (Nr. 12) getrennt, während jetzt beide zusammengebaut sind.<br />

5 Häuserverzeichnis von 1800: «Wittibund Daniel Zölper.»


BÜRGERHÄUSER<br />

I55<br />

Füllungen und messingenen Rokokobeschlägen und schmiedeiserne Oberlichtgitter<br />

am Front- und Hinterportal vervollständigen nebst Rokokostukkaturen im Nordoststübchen<br />

des Hochparterres den Eindruck eines spätbarocken Hauses aus der<br />

wirtschaftlichen Hochblüte der 1780er Jahre, das ein repräsentatives Beispiel für die<br />

Verbindung von einheimischer Holzbaukunst mit der internationalen Formensprache<br />

des Barocks darstellt. - Häuserreihe Mm. 11,13,15, iyA, 21, 23. Sie verläuft südseits von<br />

«Harmonie» und Nr. ig mehr oder weniger parallel zur Straße und wendet, nur<br />

zwischen Nrn. 15 und 17A durch schmalen Durchgang unterteilt, ihre getäferten<br />

Fassaden leicht nach Südosten dem «Rosengarten» (S. 128) zu. Davon bilden Nrn. 11, IJ<br />

und 15 («Im Gries») eine besonders reizvolle, auch mit einer ausgebildeten Nordfront<br />

auf den Platz vor der «Harmonie» schauende Gruppe ineinandergebauter Strickhäuser.<br />

Während sie aber von Süden gesehen durch ein mittleres kleines Satteldach,<br />

das über zwei seitliche große emporgehoben ist, als Dreiheit gekennzeichnet ist -<br />

Nr. 11 besitzt zudem drei wuchtige verschalte Klebedächer -, zeigt sich ihre in einer<br />

Flucht liegende Nordfassade in keck anmutender, völlig freier Abfolge von Giebel-<br />

Traufgesims-Giebel-Traufgesims von verschiedener Größe und unterschiedlicher<br />

Höhe. In dieser malerischen Erscheinungsform dürften die Häuser wahrscheinlich<br />

im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts erbaut worden sein, wofür in dieser Zeit abgeschlossene,<br />

sich auf den nördlichen Vorplatz beziehende Dienstbarkeitsverträge<br />

sprechen 1 . - Das Haus zur Hoffnung, Nr. 17A, ein mit Nrn. 21 und 23 zusammengebautes<br />

ehemaliges Fabrikantenhaus 3 , ist durch Kreuzgratgewölbe im Keller, gestelzten,<br />

doppelt geschweiften Frontgiebel an traufständigem Satteldach und mit vergipsten<br />

Hohlkehlen ausgestattet. Wohl Neubau um 1780 anstelle eines schon 1728<br />

bestehenden Hauses 3 . - Von der am «Pfauen» anschließenden alten Häuserreihe auf<br />

der rechten Straßenseite ist der große, giebelständige, getäferte Strickbau mit Satteldach,<br />

Mr. 12, im Plan von 1628 verzeichnet. Dessen westlicher, einst frei stehender Schindelschirm<br />

ist in dem 1731 erstmals bezeugten Mr. 14 noch sichtbar 4 . - Bei Mr. 18,<br />

einem über gemauertem Parterresockel nord- und westseits herauskragenden und<br />

verputzten Riegelbau mit zwei Klebedächern an der Nordseite, handelt es sich um<br />

das 1646 erbaute, 1793 ersetzte und um 1815 umgebaute Schützenhaus, den nachmaligen<br />

«Ochsen» (diesbezügliche Inschrift von 1832 im Estrich), bei 18Cum das<br />

1810 anstelle des kleinern zweiten von 1793 errichtete dritte ehemalige Schützenhaus<br />

5 (siehe auch Schützenhäuser, S. 109f.), während das Bürgerhaus j W . i m Stil<br />

1 KfbrPr, Bd.R, Nr. 186, a.Okt. 1728, ist aufjetziges Haus Nr. 15 bezogen, indirekt aber auchauf<br />

Nrn. 11 u nd 13, wie aus Besitzernamen, ebenda, und in KfbrPr, Bd. I (eins), Nr. 138, 12.Mai 1737,<br />

hervorgeht.<br />

2 Häuserverzeichnis, 1800 und 1822.<br />

3 KfbrPr, Bd.R, Nr. 193, 3. Febr. 1803, nimmt Bezug aufVertrag vom 2. Okt. 1728, ebenda, Nr. 186<br />

(siehe vorletzte Anmerkung).<br />

4 KfbrPr, Bd.R, Nr. 103, 31. Nov. 1731.<br />

5 Bei Nr. 137 des Häuserverzeichnisses von 1800, d em heutigen Nr. 18, steht: «Schützenhaus -<br />

Johannes Merz, Metzger». Besitzer des gewesenen Schützenhauses war also der Genannte. Dagegen<br />

hatte das damals gebrauchte Schützenhaus (jetzt Nr. 18C) nochim Verzeichnis von 1861, wo es erstmals<br />

ausdrücklich in einem Häuserverzeichnis genannt wird, als Gemeindebesitz keine Nummer, erst<br />

in jenem von 1872 erhielt es Nr. 137C (was dem neuen 18C entspricht), nachdem es infolge des 1866<br />

im Ebnet vollendeten Schützenhauses Privatbesitz geworden war. - Als «Ochsen» im Besitz von<br />

«Daniel Stricker, Metzger undWirth» ist Nr. 137 ( = N r. 18) im Verzeichnis von 1822 angegeben. -<br />

Laut EUGSTER, Herisau, S. 328, war das Haus 1815 von «Dachdecker Stricker» gekauft worden.


HERISAU<br />

miiwlBC'<br />

Abb. 127. Herisauvon Nordwesten mit der alten Landstraßezum Kreuzweg Richtung Goßau. Rechts<br />

im Tal der Glatt,im Vordergrund:Untere Fabrik,im Hintergrund:Mühle und Au. Bleistiftzeichnung,<br />

weiß gehöht, von Konrad Corradi,um 1850. Zentralbibliothek Zürich. - Text S.42 und 150!".<br />

der altern Holzhäuser bald nach 1800 erbaut wurde 1 . - Hotel Dreikönige, Nr. 25, im<br />

Plan von 1628 verzeichnetes Haus, ein über tonnengewölbtem Keller errichteter,<br />

getäferter Strickbau unter Satteldach in Traufstellung. Das an der nördlichen<br />

Schmalseite angefügte Türmchen mit gedrückter Haube und Ochsenaugen und das<br />

erhöhte hölzerne Vorzeichen toskanischer Ordnung, außerdem das schöne klassizistische<br />

Wirtshausschild verraten die Umgestaltung der 1790er Jahre.<br />

Ehemalige Spittelstraße (Goßauerstraße 26-64 und «Im Spittel» I-II 2 ). Abgesehen<br />

von der «Im Spittel» genannten Häusergruppe (siehe unten) ist das Bild dieses Teils<br />

der Goßauerstraße infolge abträglicher Um- und Neubauten des 19. und 20. Jahrhunderts<br />

uneinheitlich, obwohl die heutige Siedlungsdichte bis «zum alten Lindenhof»,<br />

Nr. 60, um 1800 laut Häuserverzeichnis beinahe schon erreicht war, während<br />

auf dem Plan von 1628 nur sieben beidseits der Straße zerstreut liegende Häuser<br />

gezählt werden können (Abb. 22). Eine geschlossene, ähnlich wie «Im Spittel» gruppierte,<br />

nur stärker zusammengerückte Anlage bildete das rechts von der Straße<br />

abgelegene und dieser zugewandte ehemalige Fabrikantenhaus «im Garten», Nr. 24,<br />

zusammen mit der bereits 1676 bestehenden, dreiteiligen und südwärts schauenden<br />

Holzhäusergruppe Nrn. 26, 26A {Wirtschaft zum A?iker), 26 und dem links der Straße<br />

stehenden, ostwärts gerichteten Doppelhaus zur Gerbe, Nrn. 31 und 33, von dem 1671<br />

ausdrücklich die Rede ist 4 . Die Gruppe 26-26B wurde vor ihrem Abbruch 1971<br />

1 Als Nr. 137A erstmals im Verzeichnis von 1822 im Besitz eines Fabrikanten erwähnt.<br />

2 Laut ältesten Häuserverzeichnissen von 1800 u nd 1822 Nrn. 139-164, von welcher Einteilung<br />

jenevon 1895 ungeachtet der neuen Numerierung abweicht.<br />

3 KfbrPr, Bd.R, Nr. 139, 2.März 1676. Ebenda, Nr. 143, Nachtrag vom 30.Juni 1750.<br />

4 Ebenda, Nr. 170, 26. Sept. 1671, undNr. 171, 2.März 1676.


BÜRGERHÄUSER<br />

Abb. 128. Herisauvon Südwesten mitderAlten Steiginder Mitteund m itder äußeren Schmiedgasse<br />

und der Hofegg rechts.Aquarell von Johannes Schieß (1799-1844)vonHerisau,um 1830. Historisches<br />

Museum Herisau. - Text S.41, 162 und 171.<br />

von CARL RECHSTEINER in einer Bleistiftzeichnung festgehalten (Abb. 125). Im Garten,<br />

Nr. 24, ist ein verputzter Riegelbau unter Walmdach mit seitlich konkav eingezogenem<br />

Frontgiebel und rückseitigem Haubenturm, welcher dem in den rechteckigen<br />

Grundriß einbezogenen Treppenhaus aufgesetzt ist. Dessen Windfahne trägt die in<br />

verschlungener Kursive ausgeführten Initialen «JW» (Johannes Walser?) oder<br />

«JhS» (Johannes Schieß?). Diese stehen aber in keiner Beziehung zu den bekannten<br />

Besitzern des Hauses, das 1792 nachweisbar dem Rittmeister Joh. Caspar Tanner<br />

gehörte 1 . Korbbogiges Türgewände a m Keller, ein solches aus Eichenholz am<br />

Hauseingang, schönes Louis-XVI-Gitter in dessen Oberlicht, auf Mäandern eine<br />

Mittelrosette zwischen aufgehängten Girlanden, kennzeichnen den Bau von zirka<br />

1790, der in manchem dem «Pfauen», Nr. 10 (S. 154), gleicht.Am gestrickten und<br />

getäferten Doppelhaus «zur Gerbe», Nrn. 31 und 33, verraten der korbbogige, einwärts<br />

versetzte Eingang in der Symmetrieachse des Gebäudes, die zweiflüglige<br />

Haustüre mit Rauten und klassizistischem Schild ähnlich wie an den Rathaustüren<br />

von 1828 (Abb. 72), ferner der gestelzte Frontgiebelam traufständigen Satteldach einen<br />

Umbau um 1820-1830. - Gleiche Türe auchan .Nr. 43, das mit Nr. 45 ein Doppelhaus<br />

unter symmetrischem Kreuzfirst bildet und auf die Häuserreihe « Im Spittel» bezogen<br />

ist (siehe unten). - An das Doppelhaus Nrn. 4g und 5/, ein gestricktes und veri<br />

KfbrPr, B d.R, N r. 138, 28. Okt. 1792. Das asymmetrische Monogramm unterscheidet sich vom<br />

völlig symmetrischenan dem ungefähr gleichzeitig erbauten Walserschen Doppelhaus am PlatzNrn. 1<br />

und 2 (S. i25f.), somit auch vonjenem desJohann Laurenz Wetterim Hausam PlatzNr. 12. Es dürfte<br />

sich also kaumu meinen der beiden handeln. E in Kaufmannnamens Johannes Walser besaß laut<br />

Häuserverzeichnis von 1800, N r. 152, das Haus Goßauerstraße 59, lautjenem von 1822, N r. 146,<br />

jenesim Spittel Nr. 3.


158 HERISAU<br />

putztes Fabrikantenhaus mit Mansardwalmdach von ungefähr 1780-1795stößt<br />

eine heimelige Gruppe von drei zusammengebauten, gestrickten und getäferten<br />

Kleinhäusern mit Satteldächern, Nrn. 53 und 55 in Giebelstellung, JVV. 57 in Traufstellung,<br />

jedoch mit Quergiebelan der Front und mit vergipster Hohlkehle versehen.<br />

- Zar Linde, Nr. 64. Fabrikantenhaus. An der Front getäferter, sonst geschindelter<br />

Strickbau mit segmentförmigem Quergiebel an traufständigem Satteldach ähnlich<br />

wie Goßauerstraße 4 und 6, um 1780-1795. Geburtshaus von Bundesrat Johannes<br />

Baumann (1874-1953).<br />

Im Spittel, Nrn. 1, 3, 5, 6, 7, 9 (einschließlich Goßauerstraße 48, dem ersten Haus der<br />

zusammengebauten Reihe, die mit dem entstellten Haus Nr. 11 schließt. Abb. 126).<br />

Die von der Goßauerstraße rechts abwinkelnde und nach Südosten blickende<br />

Häuserreihe umschließt zusammen mit dem Doppelhaus Nrn. 43 und 45 der<br />

Goßauerstraße aufder Südwestseite und dem diesem auf der Nordostseite zugewandten,<br />

frei stehenden ehemaligen Fabrikantenhaus Nr. 6 2 (Gasthaus Freihof) einen<br />

geräumigen Vorplatz mit Gärten und bietet in dieser ungezwungenen, doch sehr<br />

wirkungsvollen Gruppierung neben der Bachstraße und der äußeren Schmiedgasse<br />

das reinsteund besterhaltene Bild dörflicher Siedlung des 18. Jahrhunderts in Herisau.<br />

Sämtliche Häuser sind im Rodel von 1800 und im Plan von 1818 lückenlos verzeichnet,<br />

während in jenem von 1628 nur ein großes und ein davon getrenntes kleines<br />

Häuserrechteck eingetragen sind, die sich auf Nrn. 1 und 3 als Einheit und auf<br />

Nr. 7 zu beziehen scheinen (vgl. auch unten). Alle sind ausnahmslos gestrickt und<br />

mit Ausnahme von Nrn. 9 und 11, die Einzelfenster an verputzter Fassade aufweisen,<br />

an der Front getäfert und mit Reihenfenstern («Fensterwagen») versehen.<br />

Sie verdanken ihre Fassadengestaltung in der Hauptsache den zwei letzten Jahrzehnten<br />

des 18. Jahrhunderts. So jedenfalls ßfr.j («Im Spittel»), ein Fabrikantenhaus<br />

3 mit vergipsten Traufhohlkehlen am giebelständigen, seitlich konkav eingezogenen<br />

Satteldach (Mansardgiebeldach) und mit Schweifwerk an der nußbaumenen<br />

Haustüre, ferner Nr. 5, das ebenfalls mit vergipsten Traufhohlkehlen und<br />

wahrscheinlich auch gleichzeitig mit dem großen geriegelten, dreieckigen Quergiebel<br />

am altertümlicheren, traufständigen Satteldach versehen wurde, so daß ein Kreuzfirst<br />

entstand, wie ähnlich, nur ohne Traufhohlkehlen, auch bei Nr. 7 und, ohne<br />

Traufgesims, bei Nr. 1, während Goßauerstraße 48 mit einem schwach geneigten,<br />

giebelständigen Satteldach die einfachste Bedachung besitzt. Dessen klassizistische,<br />

nußbaumene Haustüre (wie bei Goßauerstraße 31, 33 und 43), stilistisch den<br />

Türen des Rathauses entsprechend, aus den 1820er Jahren. - Nr. g, um 1800 im<br />

Besitz eines Zinngießers HANS ULRICH SGHEUSS, wurde, wie ein auf der Ostseite von<br />

Nr. 7 verdecktes Fenster beweist, nach diesem erbaut und, aus der Nr. 3 ähnlichen<br />

Dachgiebelform, der Fenstereinteilung, dem Louis-XVI-Fenstergitter im Parterre<br />

und der nußbaumenen Türe mit Doppelschweifwerkfüllungen zu schließen, in den<br />

1780-1790er Jahren wenn nicht neu, so doch umgebaut. - Im Unterschied zu diesen<br />

aufeinander abgestimmten Dachformen zeigt Nr. 6 mit gestelzten und schwach geneigten<br />

Quergiebeln an Front und Rückseite des Walmdaches die Ende 18. Jahrhundert<br />

aufkommende klassizistische Gestaltung des Bürgerhauses.<br />

1 Häuserverzeichnis von 1800 und 1822, Nr. 156.<br />

2 Ebenda, 1822, Nr. 142. 3 Ebenda, 1800 und 1822, Nr. 146.


BÜRGERHÄUSER<br />

i59<br />

Windegg. Von den wenigen zu diesem, zwischen Goßauerstraße und Schmiedgasse<br />

liegenden Viertel verdienen die zwei ältesten Häuser erwähnt zu werden: Nr. 4, Sitz<br />

des kantonalen Steueramtes (siehe öffentliche Gebäude, S. 117) und das westlich<br />

davon stehende, in Größe und Stellung ihm angepaßte Nr. 5, ein ebenfalls getäferter,<br />

außerdem aber mit verschaltem Klebedach über vorkragendem zweitem Obergeschoß<br />

versehener Strickbau. Im Merianprospekt von 1642 ist er noch nicht eingezeichnet,<br />

dürfte aber noch im 17. Jahrhundert entstanden sein. Bemalung neuzeitlich.<br />

III. Schmiedgasse und Alte Steig. GESCHICHTLICHES ZU den Straßen. Der uralte Fahrweg<br />

vom Platz nach Waldstatt und weiter ins Toggenburg führte durch die Schmiedgasse<br />

und über die Hofegg, wo er jetzt in die Poststraße einmündet. Jener nach<br />

Schwellbrunn oder Degersheim zweigte oberhalb des «Rebstock» von der Schmiedgasse<br />

ab und führte die beschwerliche Steig hinab zur Mühle und über die Brücke<br />

der Glatt. Soweit ist der Verlaufder beiden Landstraßen aufden Plänen von 1628 und<br />

1818 (Abb. 22 und 23), einigermaßen auch auf dem Merianprospekt von 1642, zu<br />

verfolgen (vgl. S. 239). 1835 wurde die Alte Steig, eine Strecke von rund 455 m mit<br />

einem Gefälle von 18 bis 25%, durch den Bau der Neuen Steig dem Hauptverkehr<br />

entzogen 1 , 1836 auch die äußere Schmiedgasse durch die Vollendung der Straße<br />

über die Emdwiese (Poststraße) (S. 185). Die innere Schmiedgasse ist bis heute Verkehrsstraße<br />

in Richtung Schwellbrunn oder Degersheim geblieben. Ebenfalls 1835,<br />

fast gleichzeitig mit der Korrektion der Steigstraße, ließen die Anwohner in eigenem<br />

Interesse die «obere (innere) Schmiedgasse», die bis dahin an einer Stelle eine Breite<br />

von lo'/ä Fuß und ein Gefälle von 15% aufgewiesen hatte, durch die Baumeister<br />

AMBROSIUS SCHLATTER von St. Gallen und ENOCH BREITENMOSER von Herisau im<br />

Kostenbetrag von 4442 Gulden4 2Kreuzer verbessern, so daß die Steigung nirgends<br />

mehr 8% überstieg, im folgenden Jahr auch noch die äußere Schmiedgasse für<br />

483 Gulden 35 Kreuzer 2 , hier jedoch ohne den gewünschten verkehrspolitischen<br />

Erfolg. Eine abermalige Verbesserung erfuhr die Schmiedgasse 1 867 3 .<br />

GESCHICHTLICHES zur Besiedlung von Schmiedgasse und Steig. Bis 1628 hatte sich der<br />

Flecken beidseits der «obern» («innern») und der «untern» Schmiedgasse 4 in<br />

einer mehr oder weniger zusammenhängenden Reihe bis zur Abzweigung der Steig<br />

ausgedehnt. Auf der rechten Seite läßt sich die damalige Bausituation auch mit Hilfe<br />

des Plans von 1628 heute nur in geringem Maße wieder erkennen (Abb. 22). Nur<br />

Nrn. 2 und 4 und vielleicht auch Nr. 6 haben, aus dem Merianprospekt von 1642 zu<br />

schließen, Lage und Giebelstellung bis heute bewahrt (siehe auch S. i62f). Auf<br />

der linken Seite können dagegen sieben teils zusammengebaute Häuser festgestellt<br />

werden, die vom damaligen Gasthofzum Löwen (Poststraße 1) bis zum «Sandbühl»<br />

1 AMB 1843, S. 188. - Vgl. EUGSTER, Herisau, S. 334.<br />

2 AMB 1843, S. 145.<br />

3 Protokoll der Baukommission, 23. Mai 1867.<br />

4 AMB 1843, S. 147: «Korrektion...ander obern Schmiedgasse.» - FISCH, Manuskript (1813),<br />

S. 138: «anderuntern Schmiedgaß.» (vgl. untenzu Schmiedgasse 28). Ebenda, S.44: «der Kalbermarkt<br />

... in der innern Schmidgaß.» Das Häuserverzeichnis von 1800 und spätere sprechen ohne<br />

Unterschied nurvon der Schmiedgasse, dasvon 1822 auchvon der äußern Schmiedgasse, undzwar<br />

bereitsab Nr. 18 (damalsNr. aiy), also einschließlich deruntern Schmiedgasse, wobei Nr. 16 (damals<br />

Nr. 216) zurGrub gerechnet wurde.


i6o<br />

HERISAU<br />

(Poststraße 6A) reichten, wie sie Merian ungeachtet einiger Verzerrungen wohl<br />

ziemlich richtig wiedergegeben hat. Der 1654 ausdrücklich erwähnte «Löwen» 1<br />

richtete damals seinen frei stehenden Giebel ostwärts gegen das Rathaus. Seit 1737<br />

war er aber bereits mit dem Hinterhaus Wetter (Platz Nr. 12) zusammengebaut,<br />

wie der Plan von 1818 zu erkennen gibt. Ganz gründlich wurde sein Aussehen infolge<br />

des Straßenbaus über die Emdwiese (Poststraße) 1835/36 (S. 185) verändert, als zwei<br />

westseits mit ihm zusammengebaute Häuser für deren Durchgang Platz machen<br />

mußten 2 , er selbst mit Bezug auf die neue Straße, wenn nicht neu, so doch umgebaut<br />

wurde und gleichzeitig die südseitigen Anbauten erhielt 3 . In seiner neuen<br />

Stattlichkeit wurde er von SGHULTHESS, Zürich, lithographiert, 1874 von ADOLF<br />

HONEGGER gezeichnet 4 (Abb. 129). 1877/78 mußte das Hauptgebäude dem Neubau<br />

der Bank für Appenzell A.Rh, weichen und wurde in das Fabrikareal der Cilander<br />

1 Das erste Turmdokument (S. 57) wurde «geschriben vonmirJohannesMerz wirthzumLöwen<br />

in Herisau» im Jahre 1654.<br />

2 LautHandänderungsregister derGdeHerisau wurdenNrn. 195 und 196im Jahre 1835 zusammen<br />

von Lorenz Zuberbühler gekauft und abgebrochen. Eine Nr. 196 beigefügte Notiz lautet (im<br />

Widerspruchzum Plan von 1818): «stand hinterNr. 194u. 197 A.» — Nr. 195, laut Häuserverzeichnis<br />

von 1822 «z.Rößli» genannt,gab seinenNamen an dasdamaligeHaus Nr. 208 («z.Storch») ab,das<br />

seit d em Häuserverzeichnis v on 1842 fortan «z.Rößli» hieß (jetzt Schmiedgasse 4). -<br />

Herisau, S. 337, spricht von drei abgebrochenen Häusern.<br />

EÜGSTER,<br />

3 Diesesind erstmalsim Planvon LUDWIG MERZ von 1841 (TopographischeKarte Nr. 4) sichtbar<br />

und als «Mittelgebäude»und «Hintergebäude» vonNr. 194 («Wirthshaus z.Löwen») im Häuserverzeichnis<br />

von 1842 registriert.<br />

4 Bilddokumente D7, a undb.Außerdem eine Photographie von etwa 1870, aufgenommenvom<br />

Platz aus,im Hist. Mus. HerisauundKdmA.<br />

iiffliiüufkrurt<br />

Abb. 129. Herisau. Ehemaliges «Gasthaus zum Löwen»ander Schmiedgasse bzw. ander 1835/36<br />

angelegten Emdwies-, der spätemPoststraßemitdem bis 1877/78 erhaltenen Gebäudekomplexan der<br />

Stelle von Poststraße 1 und 3 («Löwen»). Lavierte Federzeichnung von Adolf Honegger, 1874, im<br />

Historischen MuseumHerisau. - TextS.44und 159-161.


BÜRGERHÄUSER<br />

l6l<br />

Abb. 130. Herisau. Obere oder innere Schmiedgasse. Sechsgeschossige, gestrickte Holzgiebelhäuser<br />

mit Reihenfenstern, erste Hälfte 17.Jahrhundert (v.r.n.L): «zur Tanne» (Nr. 8), «zur Blume»<br />

(Nr. 10), «Tanner 212» (Nr. 12), letzteresu m 1647. Gestemmtes Fronttäfer wohl 19.Jahrhundert,<br />

Erdgeschoßumbauten 20. Jahrhundert. - Text S. 159 und 162 f.<br />

(Nr. 17A) versetzt (S. 196) und die Hintergebäude durch einen Neubau, den heutigen<br />

«Löwen» (Poststraße 3), ersetzt 1 . Dagegen blieb die alte «Krone», ein Doppelhaus<br />

(jetzt Poststraße 2 und Schmiedgasse 1), dessen westliche Hälfte (Schmiedgasse 1)<br />

1800 neu erbaut worden war, an Ort und Stelle 2 .<br />

An der äußern Schmiedgasse standenum 1628 nur zwei Häuser, eines vorn links etwa<br />

an der Stelle von Nr. 37 (alte Schmiede?), ein anderes bereits an der Hofegg rechts<br />

etwa an der Stelle von Schmiedgasse 62, an der Steig ebenfalls nur zwei, beide auf<br />

der rechten Seite, eines ganz zuunterst und ein Doppelhaus zuoberst an der Stelle<br />

des alten, 1722 erstmals ausdrücklich genannten, 1955 abgebrochenen «Rebstock» 3 .<br />

1 Laut Handänderungsprotokoll derGdeHerisau wurdeHausNr. 1 der Poststraße 1878 von der<br />

Bankfür Appenzell A.Rh.erbaut, während der «Alte Löwen» in den Besitzder CilanderA G überging.<br />

Laut Supplementband zum Handänderungsregister I , S. 22 (GdeA), w urde der jetzige «Löwen»<br />

(Poststraße 3) «erbaut 1877/78 von der Löwenaktiengesellschaft.»<br />

2 Häuserverzeichnis von 1800 und 1822: « Nr. 197..zur Krone». In jenem von 1834 bereits als<br />

Nr. 197A und 197B in getrenntem Besitz. Bauvon 197Blaut Handänderungsregister im Jahre 1800.<br />

3 KfbrPr, Bd.R, N r. 253, 15.März 1722. - AZ,Unterhaltungsblatt, 38.Jg.,Nr. 19, 13.Mai 1955.<br />

Der «Rebstock» existierte bisetwa 1780 als einzigesHaus obenan der Steig (FISCH, Manuskript, S. I38F.).<br />

11 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


162 h e r i s a u<br />

Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts entstanden die meisten der noch vorhandenen<br />

Häuser. Vor allem wurden in der wirtschaftlichen Blütezeit von 1780 bis 1795 nach<br />

dem ausdrücklichen Zeugnis des Chronisten JOHANNES FISCH sowohl an der äußern<br />

Schmiedgasse gegen die Hofegg hin als auch an der Steig «mehrere Häuser neu<br />

erbauen.» 1 . Damit können an der äußern Schmiedgasse hauptsächlich nur die<br />

Häuser Nrn. 46-54 (der geraden Zahlen) gemeint sein, was auch aus dem Einzelbefund<br />

(siehe unten) hervorgeht; denn das ebenfalls um 1780 erbaute Fabrikantenhaus<br />

Nr. 62 (siehe unten S. 168) und die anschließenden Häuser wurden vor 1943 zur<br />

Hofegg (früher in die Rohrerschar) gezählt. Bei den genannten Neubauten an der<br />

Steig handelt es sich um die Häuser «untenam Rebstock, .rechts an der Steig», die<br />

1787 in die Feuerschau des Fleckens aufgenommen wurden, so daß «die Nachtwächter<br />

alle Stunden den Ruf untenam Rebstock thun» mußten, der vorher «nur<br />

bis zum Rebstock geschah.» 2 . In dieser Zeit des Wohlstandes wurden aber auch<br />

ältere Häuser der äußern Schmiedgasse verschönert, was an Haustüren und ihren<br />

Beschlägen, schmiedeisernen Treppengeländern, Lampenhaltern und Fenstergittern<br />

zum Ausdruck kommt. Abgesehen von einem 1842 erbauten Haus an der äußern<br />

Schmiedgasse (Nr. 60) hat sich die Bausituation seit Ende 18. Jahrhundert sowohl<br />

hier als auch an der Steigkaum mehr verändert, zumal seit 1835/36 beide Straßen als<br />

Verkehrswege stagnierten. Das veranschaulichen außer den Plänen von 1818 (Abb. 23)<br />

und 1841 von Südwesten aufgenommene Ansichten Herisaus; eine Radierung von<br />

HEINRICH THOMANN nach einer Zeichnung vonJ. G. MAYR um 1794 und vor allem<br />

ein Aquarell von JOHANNES SCHIESS im Historischen Museum von Herisau um 1830 3<br />

(Abb. 128). Den romantischen Zauber der Alten Steig, der durch den Abbruch des<br />

«Pfauen» (an der Stelle von Alte Steig Nr. 2) und des alten «Rebstock» (Neue<br />

Steig Nr. 2) zerstört worden ist, hat GOTTLIEB BION in einer Xylographieum 1860<br />

eingefangen 4 (Abb. 137).<br />

BESCHREIBUNG der obern und der untern Schmiedgasse^ (Abb. 130). Eine eindrucksvolle<br />

Gruppe zusammengebauter, gestrickter und getäferter Bürgerhäuser von sechs Geschossen<br />

unter giebelständigen Satteldächern sind trotz Modernisierung der Erdgeschosse<br />

die drei Häuser zur Tanne, Nr. 8, zur Blume, Nr. 10, mit Wirtshausschild<br />

vom Anfang 19. Jahrhundert, und Tanner 212, Nr. 12, geblieben, an die (aus deren<br />

Flucht nach vorn verschoben undum ein Stockwerk niedriger) dasum 1720 erbaute<br />

Haus an der Stelle von Nr. 14 angeschlossen war 6 . In der Art der nach oben leicht<br />

vorkragenden Geschosse gleichen sie sich und lassen ungefähr auf dieselbe, für Nr. 12<br />

überlieferte Bauzeit von 1647 schließen 7 . Ihre gemeinsame Flucht verläuft hinter<br />

der von Nr. 2, Nr. 4 («Rößli», mit klassizistischem Wirtshausschild) und Nr. 6, was<br />

i FISCH, Manuskript, S. 138. 2 FISCH, Manuskript, S. 139.<br />

3 BilddokumenteAy und ig.AußerdemeineanonymeAquatinta u m 1840 (mit 1836-1838 erbautemZeughausund<br />

1837/38 erbautem Casinoaufder Emdwiese), Bilddokument A21.<br />

4 Bilddokument D13, a, ebenfalls ALBERT WIGET, 1892, in einer Bleistiftzeichnung (D13, b). Der<br />

«Pfauen» wurde laut Visierbuch des Gde-Bauamtes 1933 abgebrochen. - AZ, Unterhaltungsblatt,<br />

i6.Jg.,Nr. 12, 24.März 1933.<br />

5 Siehe obenAnmerkungunter «Geschichtliches zur Besiedlung von Schmiedgasseund Steig».<br />

6 Photographie des 1935 abgebrochenen Hauses im Hist.Mus.Herisau (Reproduktion im KdmA).<br />

Dasdaraufangegebene Baudatum: 1720.<br />

7 «Erbaut 1647» ist im Giebel laut Mitteilung des Besitzers Hans Züst seit Menschengedenken<br />

aufgemalt und außerdem anläßlich einesWohnungsumbaus auf einem Strickbalken gesehen worden.


ü r g e r h ä u s e r 163<br />

beim Vergleich mit dem Plan von 1628 an eine beim Bau dieser Häuser vorgenommene<br />

Straßenverbreiterung denken läßt, während Nrn. 2, 4 und 6 mit dem wahrscheinlich<br />

nach dem Dorfbrand von 1606 wieder bezogenen, viel altern Standort die<br />

Straße einengen 1 . Zum Haus zur Tanne, Nr. 8, dessen klassizistische Nußbaumtüre<br />

mit ziselierten Rokokobeschlägen, von zirka 1780, bis zum Umbau von 1917 an dem<br />

mittels Freitreppe erreichbaren Eingang des Hochparterres angebracht war 2 , gehört<br />

das an der Hintergasse gegen den «Rosengarten» (S. 128) gelegene Barockhäuschen<br />

(«Alte Apotheke») 3 , das um 1780 vermutlich als Lust- und Gartenhaus erbaut<br />

worden ist (Abb. 132, 134), ein rechteckiger, verputzter Sandsteinquaderbau mit Mansardwalmdach<br />

und vier entsprechend eingeschweiften Quergiebeln, die einen Kreuzfirst<br />

bilden und deren Fenster, zwei an der Süd-, eines an der Ostfront, von kräftig<br />

profilierten Giebeln in Gestalt von gedrückten Vorhangbogen bekrönt sind. Am<br />

karniesbogigen, schön profilierten Sandsteintürgewände mit ohrenförmigen Verkröpfungen<br />

und Schlußstein (ähnlich Goßauerstraße 4) eine zweiflüglige Eisentüre,<br />

die durch gekreuzte Bänder verstärkt und mit Rokokobeschlägen verziert ist (wie<br />

Kellertüre von Goßauerstraße 4). Sie führt an der Südseite zu ebenerdigem kreuzgewölbtem<br />

Raum. Das Obergeschoß mit einfach stuckiertem Spiegelgewölbe ist durch<br />

eine stichbogige Türe auf gleicher Höhe von Westen her, ursprünglich über eine<br />

Freitreppe, die später in den geriegelten Erweiterungsbau einbezogen worden ist,<br />

zugänglich.<br />

Zum Rosengarten und seinem mit Regencestukkaturen von 1737 ausgestatteten<br />

Gartenhäuschen, die jetzt zu Nr. 12 gehören, ursprünglich aber zur «Rose», Platz<br />

Nr. 6, siehe S. 132. - Nrn. 16 und 18 (Abb. 131). Zusammengebaute, gestrickte und<br />

getäferte Kleinhäuser, die an der Hinterseite gegen Westen unter gemeinsamem<br />

traufständigem Satteldach stehen, an der Straßenfront jedoch mit getrennten Giebeln<br />

als Einzelhäuser in wirkungsvollem Kontrast in Erscheinung treten, Nr. 16 mit niedrigen<br />

Reihenfenstern und Flugdreiecken am asymmetrischen, giebelständigen Satteldach,<br />

Nr. 18 (vom modernisierten Parterre abgesehen) in der Neugestaltung der<br />

1820er Jahre mit vergipster Traufhohlkehle und Segmentgiebel am traufständigen<br />

Satteldach, Einzelfensternund zwei gekuppelten Rundbogenfenstern im Giebelfeld. -<br />

Haus Nr. 25. Spätbarocker Hauseingang an ehemaligem Fabrikantenhaus 4 (Abb. 133).<br />

Nußbaumene Neunfeldertüre mit reich geschweiften Füllungen (auch Kleeblatt und<br />

Herzform) und geflügelter Engelskopf als Träger der Gesimsverkröpfung am Schlußstein<br />

des leicht geschwungenen und gebrochenen Sandsteingewändes, das von zwei<br />

hochovalen Fenstern mit schmiedeisernen Gittern aus asymmetrisch gebrochenen<br />

Spiralen flankiert wird. Um 1780. - Haus zur Ilge, Nr. 28. Mit Nr. 30 («zum<br />

Vulkan») 5 ineinandergebautes und mit jenemim Plan von 1628 bereits registriertes,<br />

späteres Kauftnannshaus (Abb. 135). Das Datum «1761» an der Supraporte des<br />

1 Nr. 2,einverputzterRiegelbau und Nr. 4 («Rößli») eingetäferterStrickbau,beide unter Sattelclächern<br />

in Traufstellung, entsprechen mit einiger Sicherheit den beiden Häusern im Plan von 1628<br />

und im MERIAN-Prospektvon 1642. Die 1947an Nr. 4 aufgemalte Altersangabe ist fragwürdig.<br />

2 Belegt durch Photographie von zirka 1905 (ReproduktionimKdmA).Umbau 1917 laut Mitteilungdes<br />

Besitzers.<br />

3 Haus N r. 8 ist erst laut Häuserverzeichnisvon 1822 Apotheke, vorher Tuchladen.<br />

4 LautHäuserverzeichnisvon 1800und 1822.<br />

5 Erst laut Häuserverzeichnisvon 1921.Wohl Anspielungauf die einstige, u m 1780 abgebrochene<br />

SchmiedeinderNähe. SieheAnm. 1, S. 164.


164 h e r i s a u<br />

Abb. 131. Herisau. Untere Schmiedgasse. Aneinandergebaute, gestrickte und getäferte Holzhäuser,<br />

rechts:Nr. 16, ein Giebelhaus des 17./18. Jahrhundertsmit Flugdreiecken am Satteldach, links: Nr. 18,<br />

ein in den 1820er J ahren neugestaltetes H aus mit Segmentgiebel, Einzelfenstern und gekuppelten<br />

Estrichfensternan d er Front. - Text S. 159und 163.<br />

Eingangs markiert nur den Umbau des viel älter anmutenden, in verputztem Riegel<br />

ausgeführten, mit Treppentürmchen und zwei ungleichen Lukarnen besetzten Baus.<br />

Die eine kontrastiert mit kielbogigem Giebel zur andern, die gewöhnliches Satteldach<br />

aufweist, und sitzt, einen Verbindungsbau bekrönend, zwischen dem Walmdach<br />

des eigenen und dem Satteldach des Nachbarhauses, dessen abwinkelnder Flucht<br />

ihre Front folgt. Am Hauseingang mit zweiflügliger klassizistischer Nußbaumtüre<br />

reiche Supraporte (Abb. 136): über verkröpftem Oberlicht mit Gitter aus asymmetrischen<br />

Blattspiralen umschließt ein auf Kaffgesims ruhender Volutengiebel das von<br />

Lüsterweibchen unterfangene Wappen des Bauherrn Johann Jakob Zölper (nur<br />

noch im Oberwappen erhalten) I . An der Fassade neugotischer Lampenhalter, um<br />

1840. Spuren barocker Bemalung an Läden des Turmzimmers. Keller mit Tonnengewölbe,<br />

in das Stichkappen einschneiden, und mit vergitterten, verkröpften Ochsenaugen<br />

unter dem jetzigen Straßenniveau.<br />

BESCHREIBUNG der äußern Schmiedgasse z . Während die linke Straßenseite mit wenigen,<br />

teils auch modernen Bauten glücklicherweise nicht besonders ins Auge springt, wird<br />

es von der leicht einwärts gekrümmten rechten Seite in Bann gezogen, auf der sich<br />

1 Der Bauherr, der mitjenem, derum 1780 Schmiedgasse Nr. 62 erbauen ließ und eine Taufschüssel<br />

mit Plattein dieKirche stiftete, identisch sein dürfte, ist durchdieNotiz bei JOHANNES FISCH,<br />

Manuskript, S. 138, gesichert: « An der untern Schmiedgaß stand ein wüstes altes Schmidt Gebäu.<br />

Joh. Jakob Zölper MilitärHauptmann hatte dieses erkauft,abbrechen,und statt dessen ein feuerfestes<br />

Gewölbbauen lassen, auf welchemerein Garten anlegen ließ.» - Zum Zölperwappen sieheWappenbuch,<br />

Tf.XXXI,Nr. 9. - Die Initialen «RR» des jetzigen Besitzersim Wappenschild.<br />

2 Zum Gebrauch derBezeichnung siehe S. 159, Anm. 4,zuobererund unterer Schmiedgasse.


ü r g e r h ä u s e r 165<br />

Abb. 132. Herisau. Ehemals vermutlichzum «Rosengarten» gehöriges, spätbarockesLust- und Gartenhäuschen<br />

(«Alte Apotheke») nördlich hinter Schmiedgasse 8,u m 1780, mit Mansardwalmdach und<br />

geschweiftenTür-und Fenstergiebeln (vgl. Abb. 134). - Text S. 128 und 163.<br />

das Bild des 18. Jahrhunderts fast vollkommen erhalten hat 1 . Diese Häuser der<br />

ursprünglichen äußeren Schmiedgasse, zu der jene der ehemaligen Hofegg, Schmiedgasse<br />

60-72, nicht gehörten, gleichen im intimen Charakter der Handwerker- und Kleinfabrikantenhäuser<br />

denjenigen der Bachstraße (S. 144-146) und des Spitteis (S. 158),<br />

unterscheiden sich aber von jenen durch größere Anzahlund die Lage der demHang<br />

zugekehrten Fassaden. Auf den ersten Anblick eine geschlossene Reihe, bilden sie in<br />

Wirklichkeit zwei Reihen von je sechs zusammengebauten Häusern (Nrn. 56 und 58<br />

sind ein Doppelhaus unter gemeinsamem Satteldach), die durch das Einzelhaus<br />

Nr. 46 unterbrochen sind. Mit Ausnahme von Nr. 48 säumen lauter getäferte Strickbauten<br />

mit Reihenfenstern und Giebeln von unterschiedlicher Form und Grösse die<br />

Straße. In der ersten Reihe (Abb. 138) fällt das erste Haus Nr. 32 durch die Höhe von<br />

sechs Geschossen unter Satteldach mit Flugdreiecken und einen erkerartigen Anbau<br />

unter herabgeschlepptem Dach an der Nordwestecke auf. Mit ihm sind die Häuser<br />

Nrn. 36 und 38 so zusammengebaut, daß einzelne Geschosse sich gegenseitig überlagern.<br />

Ein 1772 datierter Schuldbrief von Nr. 38 bezieht sich wohl nicht so sehr auf<br />

einen Neubau, als vielmehr auf einen Umbau des mit Nrn. 36 und 32 gleichzeitig<br />

erbauten Hauses, ein Umbau, der in den spätbarocken Formen des Mansardgiebeldaches,<br />

des asymmetrischen schmiedeisernen Fenstergitters, des Glockenzugs und der<br />

i Nr. 42, im Häuserverzeichnis von 1800 registriert, dürfte seine jetzige Gestalt m it gestelztem<br />

Frontgiebelantraufständigem Satteldach einemUmbau bzw. einer Aufstockungu m 1830 verdanken,<br />

während das ähnlich aussehende Nr.44 u m diese Zeit erst gebaut worden zu sein scheint; denn es<br />

tauchtim Häuserverzeichnisvon 1834 erstmals auf,und z warmit Nr. 242 B, währendNr. 242A bzw.<br />

242 der beiden frühern Verzeichnisse sich a uf jetziges Nr. 37, eine damalige Schmiede, bezieht. -<br />

Nr. 44 ist die letzte noch bestehende Schmiedean d er Schmiedgasse.


l66<br />

h e r i s a u<br />

nußbaumenen Vierfeldertüre mit geschweiften Füllungen zum Ausdruck kommt.<br />

Das Einzelhaus Mr. -46 mit dreieckigem Frontgiebel an traufständigem Satteldach ist<br />

durch nußbaumene Haustüre mit Schweifwerkfüllungen, verkröpfte Ochsenaugen<br />

und entsprechende Eisenläden am Kellersockel und schwere geschmiedete Barocktüream<br />

korbbogigen Kellereingang als Bau wohl der zweiten Hälfte 18. Jahrhundert<br />

gekennzeichnet.<br />

Die zweite Reihe, Mm. 48,50,52,54,56,58 (Abb. 144). Die reizvollste Partie der ganzen<br />

Schmiedgasse überhaupt erhält ihre besondere Wirkung zum ersten durch den<br />

Kontrast des völlig symmetrisch gestalteten Mansardwalmdachhauses Nr. 48 und<br />

den mit asymmetrischen Reihenfenstern versehenen anschließenden Giebelhäusern,<br />

zum andern aber durch den ungezwungenen Rhythmus der verschiedenartigen<br />

Giebel selbst, die zusammen eine gegen die Mitte ansteigende, dann wieder fallende<br />

und im herabgeschleppten Satteldach und Windschirm von Nr. 58 ausklingende<br />

Linie beschreiben. Durch die rechtwinklig oder parallel zur Front gestellten Freitreppen<br />

erhalten die Häuser zudem einen plastischen Akzent. - Mr. 48 (Abb. 141).<br />

Zweigeschossiger Riegelbau mit lukarnenbesetztem Mansardwalmdach, Füllungstäfer<br />

an der Front und Leisten-Bretterschirm an der frei stehenden Flanke. An<br />

den Einzelfenstern dreifeldrige klassizistische Schlagläden. Zweiflüglige Haustüre<br />

aus Nußbaumholz mit kraftvollen Louis-XVI-Schnitzereien (betonte, von Perlstab<br />

gesäumte Mittelrosette über Draperie und im untern Feld Mäander) (Abb. 139).<br />

Lampenarmim gleichen Stil. Bau zwischen 1780 und 1795. - Mr. 50 (mit Nr. 52 nur<br />

Abb. 133und 134. Herisau. Spätbarocke Sandsteinportale,u m 1780. Links:anehemaligem Fabrikantenhaus,<br />

Schmiedgasse 25,mit neunfeldriger Nußbaumtüre, rechts:an der «Alten Apotheke» nördlich<br />

hinter Schmiedgasse 8 mit vielfeldrigen Eisentüren (vgl. Abb. 132). - Text S. 163.


ü r g e r h ä u s e r 167<br />

Abb. 135 und 136. Herisau. Untere Schmiedgasse. Haus «zur Ilge» (Nr. 28, rechts), ein verputzter<br />

Riegelbau wahrscheinlich des 17. Jahrhundertsinder Neugestaltungvon 1761 (kielbogiger Giebelder<br />

einen Lukarne; Erdgeschoß modern), undHaus «zum Vulkan» mit Fassadengestaltung im Stil der<br />

Neurenaissance, zweiteHälfteig. Jahrhundert. — Hauseingangder «Ilge»(Nr. 28) mitder Jahreszahl<br />

«1761» überdem verkröpften OberlichtundmitdemWappen Zölperimgesprengten Volutengiebel<br />

(Initialen des Wappenschildes neu). - Text S.i63f.<br />

durch Frontverschalung verbunden). Im Giebel «MDCGLXXIV» datiert 1 . Das nur an<br />

der Straßenfront (durch Einbau von Holzsegmenten) doppelt geschweifte Satteldach<br />

in Giebelstellung stößt hinten an ein zu ihm quergestelltes Pultdach. An der Fassade<br />

über dem Hochparterre schmiedeiserner Lampenarm mit vergoldetem Laub, aus<br />

der Bauzeit. - Nr. 52. Mit Mansardgiebeldach, radial genuteter Haustüre aus Nußbaumholz<br />

und symmetrischem schmiedeisernem Gitter im Flurfenster, aus der Bauzeitum<br />

1780 (Abb. 140). - jVr. 5^. Mit Nr. 56 bereits 1778 in Dienstbarkeitsvertrag<br />

erwähntes 3 Fabrikantenhaus 3 . Sowohl Giebel als auch Haustüren, die hier messingene<br />

Rokokobeschläge aufweisen, wie bei Nr. 52. Außerdem messingener Glockenzug.<br />

An der Fassade neben gußeiserner Gaslaterne schmiedeiserner Lampenarm<br />

aus der Bauzeit. In der Stube des ersten Obergeschosses an grüner Kachelwand<br />

ein auf gedrechselten Kandelaberfüßen ruhender zweiteiliger Kastenofen (Abb. 142),<br />

an dem grüne Füllkacheln von weißen, blaubemalten Lisenen und Gesimsen umrahmt<br />

sind. In den abgerundeten Ecklisenen sind zwischen Rokokodekor Phantasie-<br />

1 DasDatum sollnur aufgefrischt worden sein.<br />

2 KfbrPr,Bd.R, Nr. 296, 18. Okt. 1778, bezieht sich aufden zwischen beiden Häusern noch bestehenden<br />

Durchgang. - Das mit römischen Ziffern in denGiebel gemalteDatum 1785 ist nichtauthentisch.<br />

3 Laut Häuserverzeichnis von 1800, Nr. 248: «JohannesundHs Ulrich Ramsauer, Fabrikant.»


l68<br />

h e r i s a u<br />

landschaften, vor allem aber die Jahreszeiten dargestellt, allegorische Gestalten<br />

mit entsprechenden Attributen und «fruohlyng», «Sommir»,«herbst», «Winter»<br />

betitelt. Über dem Frühling steht das Datum «1778», darunter «Teüfen», unter<br />

dem Herbst in gemalter Kartusche über Zimmermannswerkzeugen die Signatur:<br />

«M.BA.» Dagegen sind die Friese nur mit Rocaillen verziert. - Nrn. 56 und 58. Ehemaliges<br />

Fabrikantenhaus 1 . Das Datum «1762» eines Dachziegels 2 trifft wahrscheinlich<br />

auch für den Bau des Doppelhauses selbst zu, zu dessen an die Flanken<br />

gerückten Eingängen einander symmetrisch zugeordnete Freitreppen mit schmiedeisernen<br />

Geländern aus unsymmetrisch gebrochenen Spiralen führen. An Nr. 58<br />

entsprechender Lampenhalter. Beide Haustüren sind radial genutet und übermalt<br />

und anstatt mit einem Mitteloval, wie bei Nrn. 52 und 54, mit übereck gestellten<br />

Mittelquadraten, jene von Nr. 56 zudem mit Rokokobeschlägen versehen. - Nr. 62<br />

[anderHofegg)^ (Abb. 145). Stattliches,um 1780 für Militärhauptmann und Kaufmann<br />

Johann Jakob Zölper (gest. 1785) 4 errichtetes und von einem Baumeister «j G B B»<br />

i Ebenda,Nr. 249,für beide Teile. 2 Der Ziegel wirdinNr.56aufbewahrt.<br />

3 Siehe, S. 159, Anm. 4 ,zu oberer, untererundäußerer Schmiedgasse.<br />

4 Datum «1780» auf eingebautem Schrank. Der Bauherr ist durch Monogramm und Wappen,<br />

entsprechend Wappenbuch,Tf. XXXI, Nr. 9, gesichert.Zu Joh.Jakob Zölper siehe auch S. 164 und<br />

S.Sgf.<br />

Abb. 137. Herisau. Alte Steig m it dem ehemaligen (1933 abgebrochenen) «Pfauen». Xylographie<br />

(Holzstich) von Gottlieb Bion,u m 1860. Historisches Museum Herisau. - Text S.44 und 162.


BÜRGERHÄUSER 169<br />

Abb. 138. Herisau. Äußere Schmiedgasse. Erste Reihe rechts (Nrn. 32-44 d er geraden Zahlen).<br />

Gestrickte undander Front getäferte Holzhäuser wohl hauptsächlich des 18. Jahrhunderts. - Text<br />

S.i6if.und 164-166.<br />

signiertes Doppelhaus 1 . Über gequadertem Sockel völlig symmetrischer, mit Einzelfenstern<br />

und Schlagläden versehener, gestrickter, am Giebelfeld jedoch geriegelter<br />

Putzbau von fünf Geschossen unter Mansardwalmdach, das an der Front infolge des<br />

riesigen kielbogig geschweiften und unten konkav eingezogenen Giebels nur schwach<br />

in Erscheinung tritt. Nur die an die Flanken gerückten klassizistischen Haustüren<br />

unter steinernen toskanischen Vorzeichen, die von je einem Flurfenster mit symmetrischem,<br />

schmiedeisernem Gitter flankiert sind, lassen auf die innere Zweiteilung<br />

schließen. Diese ist, abgesehen vom gemeinsamen (jetzt unterteilten) Mansardensaal<br />

(Fest- und Musiksaal?), auch in der fast übereinstimmenden Ausstattung durchgeführt,<br />

die im Südtrakt jedoch ein betont vornehmeres Gepräge hat. Dazu gehören:<br />

a) je ein Kellerjoch mit Kreuzgratgewölbe, zu demje ein rundbogiges Sandsteingewände<br />

mit beidseits herauskragenden Kämpfern und mit Schlußsteinen und eine<br />

Holztüre mit quadratischen, übereck gestellten Füllungen führt, b) in jedem Treppenhaus<br />

zierliche Geländer aus leicht geschweiften,im Nordtrakt vollplastischen, im<br />

Südtrakt jedoch durch Illusionsschnitzerei plastisch wirkenden Balustern 2 , mit<br />

Kandelabersäulchen vergitterte Abschlußtüren zum Keller- und ersten Obergeschoß,<br />

Vierfeldertüren mit geschweiften Füllungen zu den Wohnzimmern (im Nordtrakt<br />

nur eine solche als Durchgangstüre zum Südtrakt, sonst einfacher), alles aus Nuß-<br />

1 Im Estrich aufDachbrett gemalt.<br />

2 Wie im ebenfalls u m 1780 erbauten «Baumgarten», Poststraße 5, und im «Regenbogen»,<br />

Goßauerstraße 4 (S. 153, 189).


170 HERISAU<br />

baumholz, außer die Baluster der Treppenhäuser, die ursprünglich, wie noch im<br />

Estrich sichtbar, marmoriert waren, c) im ersten Obergeschoß je gleich getäferte<br />

«Gute Stube», in welche im Südtrakt ein dreitüriger,im eingelegten Zölper-Wappen<br />

«1780» datierter, nußbaumener Wandschrank (Abb. 143) eingebaut ist, dessen Füllungen<br />

dem Wandtäfer entsprechen, im Nordtrakt dagegen ein Wandbüfett mit Lavabo<br />

und zweitüriger Schrank, die hier wie das Täfer gestrichen sind, d) in den entsprechenden<br />

Zimmern des zweiten Obergeschosses mit Rokokostukkaturen reich verzierte<br />

Spiegeldecken. Jene des Südtrakts ist in der Mittelkartusche durch das Wappen des<br />

BauherrnJoh. Jakob Zölper ausgezeichnet, das überdem verschlungenen Monogramm<br />

«JJZL» angebracht ist, und bei aller Ähnlichkeit von Ziermotiven und Komposition<br />

prunkvoller als jene im Nordtrakt. Dem die Wappenkartusche rahmenden,<br />

vierpaßförmig geschweiften Mittelspiegel, der an den Scheiteln mit Rocaillen und<br />

Blütenzweigen besetzt ist, sind in den Zimmerecken große, aus C-förmigen Rocaillen<br />

zusammengesetzte und ebenfalls mit Blütenzweigen geschmückte Kartuschen zugeordnet,<br />

die unter sich durch Profilstäbe verbunden sind (Abb. 146). Im Nordtrakt<br />

sind einem gebrochenen Vierpaß neben kleinern C-förmigen Eckkartuschen auch<br />

solche in den Achsen zugeordnet und an den sie verbindenden Profilstäben Blumenketten<br />

aufgehängt. Nur einen aus Rocaillen und Akanthuslaub gebildeten Ovalspiegel<br />

und Rokokodekor in den abgerundeten Ecken des Rahmenprofils besitzt der<br />

Mansardensaal. In ihrer krautigen Fülle sind die Stukkaturen wie jene im Walser-<br />

Abb. 139 und 140. Herisau. Äußere Schmiedgasse. Klassizistische bzw. spätbarocke Hauseingänge.<br />

Links:an Nr. 48 (vgl. Abb. 141) mit zweiflügligerNußbaumtüre und mitLampenarm im Louis-XVI-<br />

Stil, zwischen 1780und 1795, rechts:an Nr. 52 (vgl.Abb. 144) mit radialgenuteterNußbaumtüre und<br />

symmetrisch geschmiedetem Spiralgitterim Flurfenster,u m 1780. - Text S. 166f.


BÜRGERHÄUSER 171<br />

Abb. 141. Herisau. Äußere Schmiedgasse 48 (rechts) und50 (links). Holzverkleideter Riegelbau mit<br />

lukarnenbesetztem Mansardwalmdach, zwischen 1780und 1795, bzw. getäferter Strickbaumit seitlich<br />

geschweiftem Giebel, 1774 datiert. - Text S. i6if.und 166f.<br />

sehen Doppelhaus, Platz Nr. i (S. I26f.), undim Haus zum Baumgarten, Poststraße 5<br />

(S. 189), dem gleichen, mit A ndreas Moosbrugger wahrscheinlich identischen<br />

Meister zuzuschreiben. - Der nördliche Anbau unter traufständigem Satteldach,<br />

eine mit Bretterschirm verkleidete Riegelkonstruktion, enthielt Remise und Stall.<br />

Beschreibung der Alten Steig. Die einstige Schönheit dieser Häusergruppe ist durch<br />

den Verlust des 1933 abgebrochenen «Pfauen» (jetzt «Florida», Alte Steig Nr. 2) und<br />

des 1955 entfernten alten «Rebstock» nur noch eine historische, durch Maler festgehaltene<br />

Erinnerung (siehe S. 162). Von letzterem befindet sich am neuen «Rebstock»<br />

(Neue Steig Nr. 2) ein prächtiges Wirtshausschild im Louis-XVI-Stil, an laubumranktem<br />

Halter aus Mäandern ein Löwenkopf als Träger des aus Reblaub bestehenden<br />

Kranzes, der einen Rebstock umschließt. Zwischen 1780 und 1795 (Abb. 147).<br />

Im Hist. Mus. Herisau eine « 1793» datierte Kachelkartusche vom Backofen mit<br />

Initialen «H.H.K.» (Herr Hans Küng) und «F.A.N.» (Frau Anna Nänni)'.<br />

IV. Oberdorfstraße und Steinegg. Geschichtliches zur Straße. Diese ehemalige Landstraße,<br />

die den Platz in südöstlicher Richtung verläßt und nach kurzer Strecke<br />

ostwärts schwenkt, verzweigt sich nach ungefähr 350 m. Geradeaus führte sie nach<br />

Moosberg (Heinrichsbad) und dann, mehr Saum- als Fahrweg, nach Sturzenegg<br />

I «Der


172 HERISAU<br />

und beim Kübel über die Brücke (S. 2i6f.) nach Stein oder Bruggen-St.Gallen. Die<br />

andere Route (Steinrieselnstraße) stieg rechts über die Steinegg empor und führte<br />

ebenfalls als Saumweg über das Lutzenland und die Brücke im Herisauer Tobel<br />

(S. 2 i5f.) nach Hundwil. - Eine zusätzliche Frequenz erfuhr die Straße durch die 1786<br />

angelegte Verbindung nach Buchen (S. 143), wodurch der Bachstraße ein Teil des<br />

Verkehrs entzogen wurde, ferner durch den 1827 durch IngenieurRichard L aNigca<br />

gebauten Anschluß vom neuen Heinrichsbad (S. 191) nach Winkeln-St. Gallen 1 .<br />

Beide Vorteile wurden ihr aber durch die 1853—1858 vom Obstmarkt nach Heinrichsbad<br />

gezogene jetzige Kasernenstraße (S. 190) wieder genommen, und infolge der 1861<br />

erstellten Straße nach Hundwil 2 , die bei der Mooshalde oberhalb Wilen von der<br />

Waldstatterstraße abzweigt und über die 1861 dem Verkehr eröffnete, 1925 in Beton<br />

neu erstellte Brücke des Hundwilertobels führt (S. 397), versank sie in das Dasein<br />

einer stillen Dorfstraße. Noch immer nimmt sie den uralten Verlauf, den der Plan<br />

von 1628 erstmals wiedergibt. Damals war sie viel dünner besiedelt als zu gleicher<br />

Zeit die Bachstraße und die Schmiedgasse (Abb. 22).<br />

Geschichtliches zur Besiedlung der Straße. Ganz zu Beginn auf der rechten Seite<br />

standen 1628 das nach dem Dorfbrand von 1606 wieder aufgebaute Rat- und das Pfarr-<br />

1 PrGdeV, 30.Nov. 1826. - AMB 1826, S. 204!". - Copir-Buch, S. 32, undFliegende Blätter, S.32<br />

(Vertragvom S.Dez. 1826 mit Besitzer des Heinrichsbades wegen Bau-und Unterhaltspflicht).<br />

2 EUGSTER,Herisau, S. 339. Siehe Hundwil, S. 362,397 (insbesonderezur Bauzeitder Hundwilertobelbrücke).<br />

Abb. 142. Herisau. Äußere Schmiedgasse 54. Grüner Kastenkachelofen m it weißen, blaubemalten<br />

Lisenenund Gesimsen, «1778» datiert und «M.BA.» signiert. - Text S. 167!".


BÜRGERHÄUSER 173<br />

Abb. 143. Herisau. Äußere Schmiedgasse 62 (ehemals an der Hofegg). Türfüllung mit Intarsien an<br />

nußbaumenem Wandschrank. Zwischen der Jahreszahl «1780» die Wappenembleme der Zölper<br />

(vgl. Abb. 136) und die in Gegenstellung symmetrisch angeordneten Initialen «JZ» des Bauherrn. —<br />

Text S. 170.<br />

haus, Nrn. 2 und 2 A (S. 97!". und 101), dahinter zwei ebenfalls zusammengebaute Häuser,<br />

die mit den 1640 urkundlich erwähnten, getäferten Riegelbauten Nr.4A (Restaurant<br />

zur Waage, 1972 abgebrochen) und Nr. 4B (Restaurant Rathaus)', 1719 und später<br />

«Sonne» genannt 2 , identisch und ziemlich sicher auch 1606 auf alten Fundamenten<br />

wieder aufgebaut worden sind 3 . Weiter südlich, wo die Straße nach Osten abzu-<br />

1 KfbrPr, Bd. S, Nr. 735, 4 .März 1640. Der damalige Besitzer des «hauses..im Oberdorf zu<br />

allernechst desherren predikantenhaus stehende»,Jost Hänzenberger, ist wahrscheinlichderSohn des<br />

gleichnamigen Landammanns (vgl. Wappenbuch, S. 110). Die Standortsbestimmung, die durch das<br />

u m 1800 verfaßte Protokoll auf «No. 5», das jetzige 4A, bezogen wird, paßt ebenso gut auf jetziges<br />

Nr.4, wie die des Nachbarhauses «oberhalb dem Rathaus» sowohl auf jetziges 4B, die ehemalige<br />

«Sonne», als auch auf4Apaßt. Auffallenderweise heißt der Besitzer des Nachbarhausesu m 1640<br />

JakobNiederer,und 1800 ist ein Hans JakobNiederer Besitzer von jetzigem 4A.<br />

2 KfbrPr, Bd.R, Nr. 10, 6. Juli 1719: «Jacob Schlumpff beiderSonnen..»Nochzu wiederholten<br />

Malenim 18. Jahrhundert: ebenda, Nrn. 11-21. Aufdem ersten Zeugnis beruht die nach 1893 (seit<br />

damals «No 18») aufden Giebel gemalte Inschrift. Als «Sonne» ist dasHaus auf einer Gouache mit<br />

Werbeszene (?) wohl des 18. Jahrhunderts abgebildet. Bilddokument B5.<br />

3 In Nr. 4A bestandder Kellersockel teilweise aus riesigen Blöcken.In Nr.4B stützt ein mächtiger<br />

Holzpfeiler mit unterbrochenen Eckfasenund Querrillenauf gewaltigem Kieselstein als Basis die Diele.


174 HERISAU<br />

biegen beginnt, standen bereits zwei zusammengebaute Häuser an der Stelle des<br />

«Anker», Nr. 16, 1689 als «Haus und Hofstatt» erwähnt 1 , und ein weiteres vielleicht<br />

auch, wo Nr. 16A («Zur alten Kanzlei») steht, ferner ein Haus an der Stelle<br />

von Nr. 18 und des dahinter liegenden Nr. 18A, außerdem noch sieben Einzelhäuser<br />

nahe beieinander am ostwärts gerichteten Straßenzug. — Von den übrigen Häusern<br />

südlich von Rat- und Pfarrhaus sind nur folgende zwei urkundlich noch für das<br />

17. Jahrhundert bezeugt: 1660 zusammen mit Nr. 12 («Frohburg»), einem verputzten<br />

Riegelbau auf Kellersockel aus mächtigen Muschelsandsteinquadern, Nr. IG 2 ,<br />

an dessen Stelle um 1767 der bestehende getäferte Strickbau errichtet worden ist 3 .<br />

Nr. 4, ein teils verputzter, teils getäferter Riegelbau, erscheint dagegen auf dem<br />

Merianprospekt von 1642 mit Nr. 4A und 4B als Dreiergruppe hinter Pfarr- und<br />

Rathaus. Das mit Nr. 4 zusammengebaute (früher getäferte) Riegelhaus Nr. 6<br />

(«zum Sternen») entstand vielleicht auch noch im 17. Jahrhundert, ist dagegen<br />

durch einen 1712 datierten Dachziegel erst für den Anfang des 18. Jahrhunderts<br />

nachgewiesen 4 . 1734 stand urkundlich nachweisbar auch Nr. 8 («zur Helvetia») 5,<br />

1 KfbrPr, Bd.R, Nr. 22, 4. April 1689.<br />

2 KfbrPr, Bd.R, Nr. 4. Ein Rechtsspruch vom2.März 1700 nimmt auf einen vom 22.Juni 1660<br />

Bezug.<br />

3 KfbrPr, Bd. R,Nr. 3, 31.Okt. 1767; «..das Tachwasser von meinem neuerbauten Haus..»<br />

4 Der Ziegel aufdem Dach ist von Nr. 4 aus sichtbar.<br />

5 KfbrPr, Bd.R, Nr. 1, 29.März 1734.<br />

Abb. 144. Herisau. Äußere Schmiedgasse 48-60 (vgl. Abb. 141). Die vier gestrickten und getäferten<br />

Giebelhäuserin der Mitte,zweite Hälfte 18.Jahrhundert: Nr. 50,mit seitlich geschweiftem Giebel, 1774<br />

datiert, Nr. 52,um 1780 (vgl. Abb. 140), Nr. 54,u m 1778, beide mit Mansardgiebeldächern, Nrn. 56<br />

und 58 wie Nr. 54 ein Doppelhaus unter gemeinsamemSatteldach,u m 1762. —Text S.i6if., 166-168.


BÜRGERHÄUSER '75<br />

Abb. 145. Herisau. Äußere Schmiedgasse 62 (ehemals an der Hofegg). Gestricktes u nd verputztes<br />

Doppelhaus mit Mansardwalmdach und großem geschweiftem, in Riegelkonstruktion ausgeführtem<br />

Frontgiebel,u m 1780für den Kaufmann J ohannJakob Zölper erbaut. - Text S. 161 f. und 168-171.<br />

ein getäferter Strickbau und, wie die beiden vorgenannten, unter Satteldach, 1756<br />

schließlich Nr. 14A 1 . Zusammen mit dem Eckhaus Nr. 14 («zum Eckstein») fassen<br />

Nrn. 6, 8 und 12 den kleinen Platz ein, auf dem der moderne, 1961 von Bildhauer<br />

Lorenz B almer geschaffene Walserbrunnen steht 2 .<br />

Zu Beginn der linken Straßenseite standen vier zusammengebaute Häuser, die das<br />

Areal des südlichen Teils des «Tannenbaum» Nr. 1 (S. 176^), der anschließenden,<br />

1915 neu erbauten «Blume», Nr. 3 3 , und des Verbindungsbaues des Kantonalen<br />

Gebäudes, Nr. 5 (S. 112-117), bedeckten, nach der Linkskurve ebenfalls sieben Häuser,<br />

1 KfbrPr,Bd. S, Nr. 752, 27.Nov. 1756: HansKonrad Baumann, Besitzer von 14A, übernimmt<br />

gegenüber den Besitzernder andern Haushälfte (Rechtsvorgängerin von 14B) das Servitut,nicht höher<br />

zu bauenund auf Begehren das Bauchhaus auf eigene Kosten zu entfernen. Der Erbe von 14B ist<br />

befugt, «auf Bauchhaus Hofstatt zu bauen», ist dagegen schuldig, gegen B aumann eine Mauer zu<br />

machen. (Diese Stellemuß mitdem später erbauten heutigenNr. 14B, «zum großen Haus»,in Beziehung<br />

gebracht werden, wie KfbrPr, Bd. S,Nr. 753, 24.Okt. i876[!] beweist.)<br />

2 Laut Arbeitsrapport der DorferkorporationwurdederBrunnenam 18./19.Aug. 1961 erstellt.<br />

3 Name undDatum am westseitigen Tordurchgang. Dieam 25. Nov. 1909 vom Kanton gekaufte<br />

ehemalige « Blume» (Photoim Hist. M us. Herisau undimKdmA) wurde 1915 abgebrochen.Am<br />

26. März 1915 beschloßder KantonsratdenNeubau (KtA, B25, 12, S. 475f.). Planungdurch Architekturbureau<br />

LOBECK UND FICHTNER (ROTACH, Herisau, S. 22).


176 HERISAU<br />

doch nur vier im Bereich der rechtsseitigen sieben, die andern drei erst im Brühl<br />

außerhalb der Abzweigung nach Steinrieseln. Bis zu dieser füllten sich, wie das<br />

Häuserverzeichnis von 1800 und der Plan von 1818 zu erkennen geben, die Lücken<br />

weitgehend noch im 18. Jahrhundert. Vom Brühl an ostwärts entstanden, von der<br />

alten Bleiche, Nr. 93, und ganz wenigen Häusern abgesehen, die meisten im 19. und<br />

20. Jahrhundert. - Zum eigentlichen Oberdorf zählten nach den ältesten Häuserverzeichnissen<br />

von 1800 und 1822 nur die Häuser bis ungefähr zur heutigen Nr. 45',<br />

dazu ein Teil des Sonnenfeldes und von Moosberg, Brühl und Bleiche gehörten dagegen<br />

zum Vordorf.<br />

Beschreibung einzelner Häuser. Tannenbaum, Nr. 1 (Abb. 68, 80). Der Name ist schon<br />

1767 bezeugt 2 . Der bestehende Bau wurde aber erst u m 1780 für Landmajor und<br />

Kaufmann Johannes Schieß (1729-1801) 3 anstelle von zwei kleinern Giebelhäusern<br />

errichtet, wie sie J o h . U l r i c h S chellenbergs Federzeichnung von 1757 (Abb. 20)<br />

bzw.Herrlibergers Radierung von 1758 zeigt, wovon das südliche im Plan von<br />

1628 eingezeichnet, das nördliche wahrscheinlich um 1714 erstellt worden ist 4 . Er<br />

1 Gemäß Numerierung von 1943. Die letzte Nummer dieser Dorfpartiewarim Verzeichnis von<br />

1800auchNr. 45,befand sich aber ungefähr beider heutigenNr. 27, weil eineandereReihenfolge galt.<br />

2 KfbrPr, Bd. II,Nr.531: «Hr Johannes Schieß, wohnhaft beimTannebaum.»<br />

3 GOTTLIEB BÜCHLER, Geschichte der Familien Scheuß, Trogen 1830, S.46f.<br />

4 Einim ostseitigen Hausflur eingemauerter Dachziegel trägt das Datum 1714 und die Initialen:<br />

«KG(?)ZS(?)».<br />

Abb. 146. Herisau. Äußere Schmiedgasse 62 (ehemalsan d er Hofegg). Eckkartusche der Deckenstukkaturen<br />

i m Rokokostil, von einem Vorarlberger Stukkateur (Andreas Moosbrugger?),u m 1780, i m<br />

zweiten Obergeschoß des Südtrakts. - Text S. 170.


BÜRGERHÄUSER 177<br />

Abb. 147. Herisau. Neue Steig 2 (ehemals Alte Steig). Geschmiedetes Wirtshausschildim Louis-XVl-<br />

Stil, zwischen 1780und 1795,vom ehemaligen, 1955 abgebrochenen «Rebstock» am Neubau gleichen<br />

Namens. - Text S. 161 f. und 171.<br />

ist ein über schiefwinkligem Grundriß errichteter, dreigeschossiger, ostseits geschindelter,<br />

sonst verputzter Strickbau über (modern umgebautem) gemauertem Parterresockel<br />

unter lukarnenbesetztem Mansardwalmdach mit kleinen dreieckigen Quergiebeln<br />

an dessen Nord- und Westflanke gegen die Straßen. Gegen die Oberdorfstraße<br />

sind noch das stichbogige Quadersteingewände des Portals und rechts davon<br />

ursprüngliche Parterre- und Kellerfenster mit Eisenläden erhalten, am ostseits gegen<br />

den Obstmarkt gelegenen Treppenturm mit Zwiebel auf doppelt geschweifter Haube<br />

ein schönes korbbogiges Louis-XVI-Portal (Abb. 148). Dessen zweiflüglige Nußbaumtüre<br />

weist als Mittelfüllungen liegende, mit Eichenlaub umkränzte Ovale auf, eine<br />

zierlich geschweifte Schlagleiste und fein ziselierte Messingbeschläge mit bekrönendem<br />

Kosakenkopf 1 , das geschmiedete Oberlichtgitter rosettenbesetzte Mäander.<br />

Korbbogige Eingänge führen auch zu den beiden südlich und südwestlich gelegenen,<br />

kreuzgewölbten einjochigen Kellern, ein rechteckiger Eingang zum nördlichen flachen<br />

Keller.An allen drei sind entsprechende zweiflüglige Eisentüren mit Louis-XVI-<br />

Beschlägen wie im «Baumgarten» (S. 188) angebracht, im ersten Obergeschoß,<br />

ebenfalls wie dort, eine Ofentüre mit Mittelrosette zwischen Diagonal- und Horizontalbändern.<br />

Vermutlich gleicher Baumeister und Kunstschmied wie dort. - Ehemaliges<br />

Pfarrhaus, Nr. 2 (siehe S. 97). - Ehemaliges Rathaus mit Historischem Museum, Nr. 2A<br />

(siehe S. 101). - Z urn §. ro ß en Haus, Nr. 14B 2 (Abb. 156). Aus der frühesten Ausstattung<br />

1 Die Handelsbeziehungen von Herisauer Kaufleuten - bekannt sind vor allem die des Johannes<br />

Walser - reichten bis nach Moskau und Petersburg. AMB 1839, S. 13. - BODMER, Textilgewerbe,<br />

S. 44, 62 f.<br />

2 Laut Häuserverzeichnis v on 1800 u nd 1822. Zum heutigen 14B als Rechtsnachfolgerin eines<br />

Hausteils, der offenbar imnördlichen Teil des heutigen 14Azu suchen ist, siehe S. 175, Anm. 1.<br />

12 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


178 HERISAU<br />

zu schließen, um 1780 erbautes Kaufmannshaus 1 . 1851-1888 Wohnsitz des Landammanns<br />

Dr. Ad. Friedrich Zürcher (1820-1888) I . Mit Reihenfenstern versehener,<br />

getäferter Strickbau unter Walmdach. Ein korbbogiges, gequadertes Türgewände und<br />

Eckquadern beleben den ebenfalls getäferten Parterresockel. Der Keller besitzt zwei<br />

Kreuzgratgewölbe, desgleichen der Nordwestraum des Erdgeschosses, dessen rundbogige<br />

Eisentüre Rokokobeschläge und ovale Lüftungsgitter mit Türchen aufweist.<br />

Ebenfalls aus der Bauzeit ein Treppengeländer mit illusionistisch geschnitzten Balustern<br />

3 vom zweiten zum dritten Obergeschoß. Auf einen Umbau wohl im ersten<br />

Drittel 19. Jahrhundert gehen dagegen zurück: die nußbaumene Haustüre, die<br />

anstelle eines Oberlichts schmiedeiserne Lorbeergirlande auf Holzgrund besitzt, das<br />

1 Häuserverzeichnis von 1800: «Wittib u nd J oh. Martin Schirmer z.großen Haus, K aufm.»<br />

Vgl.AMB 1842, S. 125-131. Der verstorbeneBauherr gleichenNamenshatte am 6. Febr. 1767 Boden<br />

für Garten, worauf nicht gebaut werden durfte, vom Nachbar A. Meyer gekauft (KfbrPr, Bd. II,<br />

Nr. 532). Vgl. dazu S. 175, Anm. 1, und S. 177, Anm. 2, zu Haus 14A.<br />

2 Laut Häuserverzeichnisvon 1884und 1888. Wappenbuch, S. 209.<br />

3 Wieinden u m1780 erbauten Häusern «Baumgarten» (S. 189) und Schmiedgasse 62 (S. 169).<br />

Abb. 148 und 149. Herisau. Oberdorfstraße. Korbbogige Sandsteinportale im Louis-XVI-Stil mit<br />

zweiflügligen Nußbaumtüren und geschmiedeten Oberlichtgittern. Links:am Treppenhausturm des<br />

«Tannenbaum» (Nr. 1) gegen den Obstmarkt (vgl. Abb.68 und 80), u m 1780, rechts: amHaus<br />

«ZumZebra» (Nr. 20) mit der Jahreszahl «1792» undder Initiale « M » des Bauherrnim Schlußstein.<br />

—T ext S. 177 und 180.


BÜRGERHÄUSER 1 79<br />

Abb. 150. Herisau. Oberdorfstraße 18A («hinter d er Linden»). Hauseingang m it radial genuteter<br />

Nußbaumtüreüber zweiarmiger Freitreppe,u m 1780.Im spätbarocken geschmiedeten Geländermit<br />

symmetrisch gebrochenen Spiralen die Initiale « M »des Bauherrn (vgl. A bb. 149). - Text S. 180.<br />

Treppengeländer 1 vom Erdgeschoß zum ersten Obergeschoß und dort in einer<br />

Stube schönes Ensemble von nußbaumenen Türen, zwei ebensolchen Wandschränken,<br />

wovon der eine mit zurückspringendem, verschließbarem Lavaboschrank<br />

kombiniert ist, von weißem, mit Pilastern gegliedertem Kastenkachelofen sowie weiß<br />

gestrichener Felderdecke. An den Türen und Schränken zudem das originale Beschlag<br />

(Abb. 157). In einem Nebenzimmer des gleichen Geschosses sowie auch im<br />

zweiten Obergeschoß je ein weißer Zylinderofen mit Kymation- und Girlandenfriesen<br />

(Abb. 159). -Z um Anker, Nr. i6 3 (Abb. 151). Derum 1780-1790 anstelle eines<br />

Vorgängerbaus (siehe S. 174) über schiefwinkligem Grundriß errichtete, getäferte<br />

Strickbau mit vier hufeisenförmigen Frontgiebeln an Walmdach und mit Reihenfenstern<br />

an der nach Süden gewendeten Hauptfassade steht wirkungsvoll im Hintergrund<br />

der ersten Straßengeraden vom Platz her. - ^ur alten Kanzlei, Nr. 16A. Um<br />

1780-1790 errichtetes Fabrikantenhaus 3 . Uber gemauertem Parterresockel getäferter<br />

Strickbau unter Satteldach in Traufstellung mit kleinem Dreieckgiebel an<br />

der südseitigen Front und Treppenturman der Nordseite.An der zweiflügligen Haustüre<br />

aus Nußbaumholz Rokokobeschläge, in deren rechteckigem Oberlicht schmiedeisernes<br />

Gitter aus symmetrisch gebrochenen Spiralen. Ebenfalls solche, jedoch mit<br />

1 Wie im 1827 datierten Haus am NeuwegNr. 2.<br />

2 So erstmalsimHäuserverzeichnis von 1888.In jenem von 1822: «zum Schiffle».<br />

3 Laut Häuserverzeichnisvon 1800. Die Hausbezeichnung ist aufdievordem Bau des Gemeindehauses<br />

von 1876-1878 hier zeitweilig eingemietete Gemeindekanzlei zurückzuführen.


i8o<br />

HERISAU<br />

reinen Louis-XVI-Formen kombiniert wie beim «Baumgarten» (S. 188), zeigen die<br />

fünf südseitigen Fenstergitter im Parterre. Im Innern reizendes neugotisches Treppengeländer<br />

aus Holz und im Garten Reste eines Eisengeländers in gleichem Stil,<br />

um 1830-1840. - Z ur Linden, Nr. 18 1 (Abb. i52f.). Zwei zusammengebaute, getäferte<br />

Strickhäuser. Das westliche unter giebelständigem Satteldach, einst Wirtschaft «zur<br />

Linde», als Haus im Plan von 1628 eingezeichnet, bildet zusammen mit dem östlichen<br />

turmartig erhöhten Gebäude unter Walmdach eine reizende Gruppe. Am Westeingang<br />

und im Innern klassizistische Vierfeldertüren aus Nußbaumholz mit geschnitzten<br />

Triglyphen und «Tropfen», Anfang 19. Jahrhundert. - Haus Nr. 18A<br />

(Abb. 150, 155). Das Haus «hinter der Linden» wurdeum 1780 für den Kaufmann<br />

und Amtsschreiber Johann Konrad Meyer neu oder umgebaut 3 , dessen Monogramm<br />

«M» am schmiedeisernen Geländer der Außentreppe in die symmetrisch gebrochenen,<br />

mit Sonnenblumen und Ranken besetzten Spiralen eingefügt ist. Von 1820 bis<br />

1851 war es im Besitz des Obersten und Kartographen JOHANN LUDWIG MERZ<br />

(1772-1851), darauf bis 1881 seines Sohnes LUDWIG (1817-1881), ebenfalls Kartograph<br />

und Landesbauherr 3 . - Stattlicher, getäferter Strickbau von fünf Geschossen<br />

unter symmetrischem Kreuzgiebeldach, mit Reihenfenstern und vergipsten Traufhohlkehlen.<br />

Strahlenförmig genutete Haustüre aus Nußbaumholz mit Rokokobeschlägen.<br />

Im Parterre und ersten Obergeschoß lassen altertümliche Türgewände mit gefasten<br />

Pfosten ältern Baukern vermuten, zumalan dieser Stelle bereits 1628 ein Haus stand.<br />

Am südlich vojn Haus gelegenen ehemaligen Waschhaus (Assek.-Nr. 174) 4 , einem<br />

Steinbau unter Walmdach, hat sich ein geschmiedeter Eisenladen mit perlschnurgesäumter<br />

Mittelrosette zwischen Diagonal- und Horizontalbändern aus der Bauzeit<br />

von 1780/81 erhalten 5 . - Z um Z e^ra i Nr- 20 (Abb. 149). Im Schlußstein des korbbogigen<br />

Hauptportals der Nordseite zwischen dem Baudatum «1792 » das Monogramm<br />

«M» des BauherrnJohann Konrad Meyer wie bei 18A, der das Haus an jenes damals<br />

noch ihm gehörende in ähnlicher Gestalt anbauen 6 , jedoch mit Einzelfenstern und<br />

nur Quergiebeln an traufständigem Satteldach versehen ließ. Der Bauzeit entspricht<br />

die Ausstattung im Louis-XVI-Stil: am Nordportal zweiflüglige Nußbaumtüre und<br />

reiches Oberlichtgitter mit Mittelrosette zwischen Mäandern und Girlanden, am<br />

Südeingang einfachere Nußbaumtüre mit Scheibenschnurgirlande (Abb. 154), im Innern<br />

schmiedeisernes (im Estrich entsprechend gesägtes) Treppengeländer,am korbbogigen<br />

Eingang zum teils tonnen-, teils kreuzgewölbten Keller zweiflüglige Eisentüre<br />

mit Beschlägen. - Nrn. 27, 2g, 31. Zusammengebaute Kleinbürgerhäuser von nur drei<br />

1 Laut Häuserverzeichnis von 1800und 1822.<br />

2 KfbrPr,Bd.R, Nr. 23, 16. April 1781: Vertrag des Joh. Konrad Meyer als Besitzer des bereits<br />

bestehendenHauses betreffs einesBrunnens vordem Haus. - Vgl. OTTO FREHNER, Chronik des Hauses<br />

Oberdorfstraße 18A, Herisau. Ms., 1953, S. 4, dessen Schlußfolgerung für die Bauzeit infolge Mißverständnisses<br />

eineraufNr. 20 («Zum Zebra») zu beziehenden Stelle in KfbrPr, Bd.R, Nr. 25, 3. Nov. 1794,<br />

unrichtig ist. Ebenda, ÜberschriftzuNrn. 23-28: «Oberdorfhinter der Linden».<br />

3 FREHNER, a.a.O., S. 11, 14. Ders., J ohann Ludwig Merz, Kaufmann, Oberst, Topograph,<br />

A K 1955. Ders., Appenzeller in sardinischen Diensten, Häädler Kalender 1954.<br />

4 KfbrPr, Bd.R, Nr. 26, 26.März 1797: Verkauf des Waschhausesan den gleichen Käufer, der<br />

am<br />

3. Nov. 1794 (Bd. R, N r. 25) bereits dasWohnhaus gekaufthatte.<br />

5 Vgl.Waschhausvon Bachstraße 10und Ofentüren im Baumgarten (S. 189).<br />

6 KfbrPr, Bd.R, Nr. 25, 3. Nov. 1794 (S. 18): «. .jedoch dem Hr. Verkäufer gegenseinem habenden<br />

neuen Haus o hne Schadenund Nachteil.» Vgl.Anm. 4.


BÜRGERHÄUSER 181<br />

Abb. 151 u nd 152. Herisau. Oberdorfstraße. Gestrickte und getäferte Holzhäuser mit mannigfaltigen<br />

Dachformen. Links: «Zum Anker» (Nr. 16), u m 1780-1790 anstelle eines Vorgängers erbaut, wirkungsvoller<br />

Abschluß einer Straßengeraden, rechts: «Zur Linden» (Nr. 18), zweizusammengebaute Häuser<br />

des 17./18. Jahrhunderts mit Sattel- bzw. Walmdach. Text S. 179 und 180.<br />

Geschossen in getäferter Strickkonstruktion, Nr. 27 und 29 unter gemeinsamem,<br />

giebelständigem Satteldach. In einer Reihe mit diesen steht das ehemals auch zum<br />

Oberdorf gerechnete Fabrikantenhaus am Obstmarkt Nr. 7 mit Reihenfenstern und<br />

Walmdach, das sowohl an der Schmalseite gegen die Straße als auch an der Hauptfassade<br />

gegen den Obstmarkt hin getäfert und durch einen kleinen Dreieckgiebel<br />

akzentuiert ist. A m Standort eines schon 1628 vermerkten Hauses dürfte es seine<br />

Gestalt, wie die klassizistische, mit Rautenfüllungen versehene Haustüre aus Nußbaumholz<br />

und das hölzerne Treppengeländer vermuten lassen, um 1820-1830<br />

erhalten haben 1 . - Weitere getäferte Holzhäuser, die meisten mit giebelständigem<br />

Satteldach versehen, stehen links und rechts der Straße ostwärts, die, wie der Plan<br />

von 1628 erkennen läßt, teilweise schon im 17. Jahrhundert bestanden. So JVr.jo, das<br />

Doppelhaus jVr. 34 und 36 mit südseitigem Doppelgiebel, Nrn. 33 und 35, letzteres im<br />

Giebel «A(nno) D(omini) 1706» datiert, schließlich die zusammengebauten Häuser<br />

JVr. 40 (in Traufstellung mit verschalter Hohlkehle), Nm. 42 und44. - An demum 1790<br />

erbauten, dem «Zebra» (Nr. 20) gleichenden Fabrikantenhaus Nr. 46 schöner schmiedeiserner<br />

Louis-XVI-Lampenhalter. - Brühlhof (Nr. 63). 1791 erbautes Fabrikantenhaus<br />

2 . Getäferter Strickbau mit Reihenfenstern und gestelztem Frontgiebel am<br />

traufständigen Satteldach. 1971 Abbruch des Wohnhauses samt dem reizvollen<br />

Gartenhaus, das westseits von jenem gestanden hatte. - Großer Brühlhof, Nr. 67. Um<br />

1 Ähnlich wie im 1827 datierten Haus am NeuwegNr. 2.<br />

2 KfbrPr, Bd. B, Nr. 147, 24.Jan. 1791: Verkauf eines ausgemarchten Stück Bodens «zumBauen<br />

bestimmt», wobei ausdrücklich «von demneu erbauenden Haus auf dise Hofstaath» die Rede ist.<br />

Ebenda, Nr. 148,am gleichen Tag: Auflage,42 Schuhvon Straße entferntzu bauen.


182 HERISAU<br />

1805 erbautes Fabrikantenhaus 1 , ähnlich wie ehemaliges Nr. 63, jedoch mit Einzelfenstern<br />

und breiterem, die Firsthöhe erreichendem Frontgiebel.Im ersten Obergeschoß<br />

weißer Zylinderofen aus der Bauzeit. - Alte Bleiche, Nr. 93 (Abb. 161). Laut Giebelinschrift<br />

von «MEISTER DEBUS FRIGHKNECHT» (so) «1666» für Landesstatthalter<br />

Bartholomäus Schieß, dessen Monogramm «BS» zwischen den Jahreszahlen steht,<br />

und dessen Bruder Johann Ulrich erbaut 2 . Behäbiger, allseits geschindelter Strickbau<br />

von fünf Geschossen unter giebelständigem Satteldach, an der nordseitigen<br />

Hauptfront mit verschalten Klebedächern über dem Hochparterre und den zwei<br />

folgenden Obergeschossen, gesägten Steckbrettern («Lätze») an den Reihenfenstern<br />

und mit korbbogigem Portal über zweiarmiger Freitreppe versehen. An dessen Supraporta<br />

dekorative, 1734 datierte Malerei, zwischen Rankenwerk eine Kartusche mit<br />

Sinnspruch in Fraktur; «Christe(so) Blut und Gerechtigkeit/Soll sein mein Schmuck<br />

u. Ehrenkleid / Harmit wil ich vor Gott bestehen / Wann ich in Flimmel werd<br />

eingehen.» (Aus gleicher Zeit wahrscheinlich auch die Türe selbst mit spätbarock<br />

geschweifter Füllung, nicht aber das Gewände mit Diamantbuckeln.) An der Süd-<br />

1 KfbrPr, Bd.E,Nr. 725, 12. Sept. 1805; Der Besitzer HansKonrad Meyer darfGartenmauerin<br />

Rücksicht aufdenNachbarn (im Haus Nr. 69) nicht bauen.<br />

2 Laut GOTTLIEB BÜCHLER, Geschichte der Familien Scheuß, Trogen 1830, S. i8f., 107. Vgl.<br />

Wappenbuch, S. 279.<br />

Abb. 153 und 154. Herisau. Oberdorfstraße. Schlichte klassizistische Hauseingänge. Links:am H aus<br />

«Zur Linden» (Nr. 18).An den von PerlstäbenumrahmtenFüllungenderNußbaumtüre Eckrosetten<br />

und Tropfen, im Flurfenster geschmiedetes Gitter, u m 1820. Rechts: am Haus «Zum Zebra» (Nr. 20),<br />

Hintertüre aus Nußbaumholz, 1792,mit Blattschnurgirlandeim Louis-XVI-Stilund mit neubarockem<br />

Gitter, 19./20.Jahrhundert. - Text S. 180.


BÜRGERHÄUSER 183<br />

Abb. 155. Herisau. Oberdorfstraße 18A, «hinter der Linden». Striokbau mit Kreuzfirst,u m 1780für<br />

denKaufmann JohannKonradMeyererbaut. i8ao-i88iim Besitz derKartographen OberstJohann<br />

LudwigMerzund seines Sohnes Ludwig. Links davon: «Zur alten Kanzlei» (Nr. 16A), rechts davon:<br />

«ZumZebra» (Nr.20). - Text S. 174 und 180.<br />

seite klassizistischer Balkon auf sechs toskanischen Säulen, 19. Jahrhundert. Im Stil<br />

angepaßtes Nebengebäude, u m 1930 1 . - jVr. ioj. Wirkungsvolle Dreiergruppe von<br />

drei verputzten Riegelbauten: eines zweigeschossigen, 1831 erbauten 2 Wohnhauses<br />

unter traufständigem Satteldach mit gestelztem Frontgiebel und je eines etwas<br />

spätem Anbaus in ähnlicher Dachstellung und -form, derzu beiden Seiten, nur etwas<br />

kleiner und von der Front zurückversetzt, angefügt ist, westseits der ehemalige Roßstall,<br />

ostseits eine Remise. An der Westseite des Wohnhauses ist der ursprüngliche,<br />

einst frei stehende Schindelschirm sichtbar. An dessen Südwestecke schirmt das<br />

herauskragende, auf hölzerner Säule abgestützte erste Obergeschoß den Hauseingang.<br />

Das Kleinmaßstäbliche der ganzen Anlage ist eine eher selten anzutreffende Verkörperung<br />

biedermeierschen Lebensstils. - Schlößli Steinegg, Steinegg Nr. 1. Die 1749<br />

erstmals urkundlich bezeugte Liegenschaft an der alten Landstraße, «die Steinrieseln<br />

genandt», ist sehr wahrscheinlich mit der im Plan von 1628 eingetragenen iden-<br />

1 Erstmals im Häuserverzeichnisvon 1931, fehltauf Abbildung in: ROTAOH, Herisau (1929),8.28.<br />

2 Eintrag im Handänderungsregister: «erbaut 1831». D ie beiden Anbauten erscheinen erst im<br />

Häuserverzeichnis von 1861, fehlen dagegenin jenem von 1834und 1842. Also zwischen 1842 und 1861<br />

erbaut.


184 HERISAU<br />

Abb. 156. Herisau. «Zum großen Haus», Oberdorfstraße 14B. Hauseingang mit korbbogigem, gequadertem<br />

Sandsteingewände, u m 1780, u nd klassizistischer Nußbaumtüre, erstes Drittel 19.Jahrhundert<br />

(Türgitterund Beschlag zweite Hälfte 19., Anfang 20. Jahrhundert). - Text S. lyyf.<br />

tisch 1 . Das bestehende Herrschaftshaus, als «Schlößlein» zum erstenmal 1800<br />

erwähnt 2 , wurde für Bartholome Tanner (1737-1825), Landvogt im Rheintal<br />

(1776-1778), wohl um 1778 erbaut 3 . Dieser vermutlichen Bauzeit entsprechen<br />

außer der wohlproportionierten klassizistischen Gesamterscheinung des zweigeschossigen,<br />

verputzten Riegelbaus mit Walmdach und nordseitigem Haubenturm<br />

auch die nußbaumenen Türen mit Schweifwerkfüllungen, davon zwei mit liegenden<br />

Mittelovalen. Die Initialen «IGIM» in einer südseitigen Lukarne weisen vielleicht<br />

hin auf den Zimmermann des schönen Dachstuhls. Im Hochparterre reizender zweigeschossiger<br />

Kachelofen in Kastenform (Abb. 158). Von den azurblauen Füllkacheln<br />

heben sich die Lisenen mit Rokokodekor, weißglasierte Reliefs auf türkisfarbenem<br />

Grund, wirkungsvoll ab. I n der zweiten Hälfte 18. Jahrhundert für ein Haus in<br />

Speicher gebaut, wurde er hier in neuester Zeit in veränderter Gestalt wieder aufgestellt<br />

4 . - Gemälde. Schlößli von SW, Öl auf Leinwand, 54 X 63 cm, signiert und<br />

datiert: «J.Ulrich 1843» (Abb. 160).-VonNO, Aquarell, 9,2 X 7cm, signiert: «J.M.<br />

Steiger-Zölper», zweite Hälfte 19. Jahrhundert. - Porträt des Landvogts Bartholome<br />

1 K fbrPr, Bd. S,Nr. 473, 10. Okt. 1749.<br />

2 Häuserverzeichnisvon 1800: «LaurenzTanner im Schlößlein». Dieserwar derSohn des Bartholome.<br />

Siehe Wappenbuch, S.350. Vgl. KfbrPr, Bd.F,Nr. 1015, 5.Juli 1809: «Schlößle».<br />

3 Der einzige quellenmäßige Hinweisauf B.Tanner als Bauherrnund Besitzer ist aufdemim Text<br />

weiter unten angeführtenPorträt des Landvogtszu finden. Vgl. dazu vorausgehende Anmerkung.<br />

4 Mitteilung des Besitzers, alt Regierungsrat Eugen Tanner-Burckhardt.


BÜRGERHÄUSER 185<br />

Abb. 157. Herisau. «Zum großen Haus», Oberdorfstraße 14B. Stube m it nußbaumenen Türen,<br />

Wandschränken und m it weißem Kastenkachelofen i n klassizistischem Stil und m it neugotischer<br />

Felderdecke, erstes Drittel 19. Jahrhundert. - Text S. 177-179.<br />

Tanner, Öl auf Leinwand, 73 X 58 cm, um 1778, auf dem Zettel in seiner Hand:<br />

«Dem hochgeachten Herrn Bartholome Tanner, regierender Landvogt des untern<br />

und obern Rheintal, Steinegg (!)». - Porträt seiner derzeitigen Gattin Katharina<br />

Scheuß (?), Öl auf Leinwand, 75 X 59 cm.<br />

D. Übrige Straßen<br />

Poststraße (Emdwiese). GESCHICHTLICHES. I m Zusammenhang mit einem zeitgemäßen<br />

Straßenprojekt nach Waldstatt, Schönengrund und ins Toggenburg wurde im<br />

Juli 1835 die Straße vom «Löwen» (S. isgf.) zu Beginn der Schmiedgasse über die<br />

Emdwiese nach Wilen in Angriff genommen und bis Juni 1836 im Kostenbetrag von<br />

20143 Gulden 1 Kreuzer vollendet 1 . Für die rund 6,5 m breite und überdies mit<br />

Seitengräben und zwei Trottoirs versehene Straße mußte die Häuserreihe der Schmiedgasse<br />

beim «Löwen» durchbrochen werden (siehe S. 160) ^ Abgesehen von einem<br />

unbedeutenden Teilan der Hofegg, wo die alte Straße nach der - nun lahmgelegten -<br />

äußern Schmiedgasse führte (S. 161 f.), war die ganze übrige Strecke völlig neu 3 .<br />

1838-1842 wurde die Straße bis zur Kantonsgrenze gegen das Toggenburg weiter-<br />

1 AMB 1843, S. 114-146. Als Bauunternehmer beteiligten sich «Loretz ausBünden,Ad.Näff von<br />

Altstätten undRuef von Dornbirn.»<br />

2 Ebenda, S. 145. Laut dessen mußten drei Häuser verschwinden. Aufgrundder Häuserverzeichnisse<br />

und auchder Plänevon 1818 und 1841 lassen sich abernur zwei beseitigte Häuser feststellen.<br />

3 AMB 1843, S. 145.


i86<br />

HERISAU<br />

Abb. 158und 159. Herisau. Bläulicher Kastenkachelofenmitweißen Rocaillenin Relief, zweiteHälfte<br />

18. Jahrhundert, aus SpeicherimSchlößchen Steinegg. - Weißer, klassizistischer Zylinderofen, erstes<br />

Drittel 19. Jahrhundert, i n Oberdorfstraße 14B, «Zum großen H aus». - TextS. 177und 184.<br />

geführt 1 . Auf der Emdwiese stand, abgesehen von wenigen zur Schmiedgasse, zum<br />

Oberdorf und zur Hofegg zählenden Häusern, kaum ein Gebäude. - BESCHREIBUNG.<br />

Der großzügigen Anlage entsprechend wurden in der Folge auch die Gebäude,<br />

hauptsächlich öffentliche, überwiegend in spätklassizistischem Stil und mit geräumigen<br />

Vorplätzen errichtet. Diese verleihen dem Straßenzug ein einheitliches Gepräge.<br />

Den durch das Postgebäude von 1902 2 noch nicht beeinträchtigten Anblick hat<br />

ADOLF HONEGGER 1874 von Westen Richtung Zentrum in einer Federzeichnung<br />

festgehalten 3 . An der Stelle des kurz darauf errichteten Gemeindehauses standen<br />

damals noch zwei hölzerne Giebelhäuser (Abb. 162).<br />

Nrn. 1-3. Siehe Geschichtliches zur Schmiedgasse, S. 159-161. - Z ur Lerche, Nr. 4<br />

(Abb. 163). 1767 ist an dieser Stelle ein Haus nachweisbar 4 . Aus den Quellen geht<br />

jedoch nicht hervor, ob es sich u m das jetzige Fabrikantenhaus 5 oder u m dessen<br />

i Ebenda, S. 173-177.<br />

2 Eintrag im Handänderungsregister. 3 Bilddokument D9.<br />

4 KfbrPr, Bd. R,Nr. 197, 24.Juli 1790, bezieht sich auf «Spruchbrief von Ao 1767» betreffs<br />

Wegrecht.<br />

5 Ebendaund Häuserverzeichnis von 1800: Einerder beiden Besitzer ist Johann Christoph Fisch,<br />

Kaufmann.


BÜRGERHÄUSER 187<br />

Abb. 160. Herisau. Schlößchen Steinegg von Südwesten,u m 1778für BartholomeTanner, gewesenen<br />

Landvogt im Rheintal, erbaut. Gemälde, Öl auf Leinwand, signiert und datiert: «J. Ulrich 1843».<br />

Privatbesitz Herisau. - Text S. 183-185.<br />

kleinern Vorgängerbau handelt, von dem im Keller zwei, einer ursprünglichen<br />

Außenwand angehörende Schartenfenster zeugen. Immerhin lassen die axialsymmetrische<br />

Gestaltung der gegen einen westseitigen Vorplatz gerichteten Fassade mit<br />

einwärts versetzter Haustüre (ähnlich wie beim Brühlhof, Oberdorfstraße 63, von<br />

1791), vier Reihen dicht beieinander sitzender Einzelfenster und Dreieckgiebel am<br />

traufständigen Satteldach und der ebenfalls in der Symmetrieachse stehende, mit<br />

gedrückter Haube besetzte Treppenturm an der Rückseite an Neubau von 1780 bis<br />

1790 denken. Die beiden nußbaumenen Haustüren mit Rautenfüllungen sowie das<br />

Füllungstäfer wenigstens der einstigen Rückseite dieses Strickbaus dürften anläßlich<br />

einer in Rücksicht auf die neue Straße vorgenommenen Renovation um 1836 verfertigt<br />

worden sein. Im Innern stammt aus der Bauzeit ein korbbogiges Türgewände<br />

aus Sandstein (ähnlich wie im «Baumgarten», siehe unten, jedoch mit Schlußstein<br />

versehen), das zu zweijochigem, kreuzgewölbtem Keller führt. - Zjim Baumgarten,<br />

Nr. 5. Für den Kaufmann Johann Christoph Fisch um 1780 in dem von ihm erworbenen<br />

«Baumgarten» erbautes, herrschaftliches Bürgerhaus 1 , das sich 1800 bereits<br />

i FISCH, Manuskript,S. 44: «Nachdem aber gedachter Besitzer (B. Schlumpf) seineWohnung samt<br />

denenUmgebungenan Christoph Fisch käuflich überlassen hatte,welcherein neues Haus dahin (Baumgarten)<br />

erbauen ließ...»Dazu KfbrPr, Bd.A,Nr. 313, 29.Juli 1780.


i88<br />

HERISAU<br />

Abb. 161. Herisau. Alte Bleiche, Oberdorfstraße 93, 1666 von Baumeister Debus Frischknecht für<br />

Landesstatthalter Bartholomäus Schieß und dessen Bruder Johann Ulrich erbaut. Strickbau mit<br />

verschalten Klebedächern, seitlichen Zierbrettern («Steckbrettern») anden Fenstern und mit Flugsparrendreiecken.<br />

- Text S. 175 f.und 182 f.<br />

im Besitz seines Sohnes, des angesehenen Kaufmanns, Chronisten und Landessäckelmeisters<br />

JOHANNES FISCH (1757-1819) befand 1 . -BESCHREIBUNG (Abb. 164-172). Das<br />

an drei Seiten vom ehemaligen Baumgarten umgebene Einzelhaus ist ein über gemauertem<br />

und gequadertem Erdgeschoß gestrickter, an der südöstlichen Hauptfront<br />

und an der südwestlichen Flanke geschindelter, sonst verputzter viergeschossiger Bau<br />

von kubischer Geschlossenheit mitje einem stichbogigen profilierten Sandsteinportal<br />

in der Symmetrieachse der Front und Rückseite, mit Kreuzstockfenstern, die hier in<br />

fünf Achsen angeordnet sind, mit einem Mansardwalmdach, das an drei Seiten von<br />

Lukarnen flankierte rundbogige Quergiebel aufweist, an dessen Nordwestflanke<br />

dagegen ein Treppenturm mit Zeltdach (ursprünglich mit Haube) angefügt ist. An<br />

beiden Portalen Oberlichtgitterim Louis-XVI-Stil und ebensolche zweiflüglige Nußbaumtüren,<br />

die geschnitzte liegende, lorbeerumkränzte Mittelovale aufweisen. Das<br />

größere Oberlichtgitter der Straßenfront besteht aus geschmiedeten Mäandern und<br />

Ranken, die mit getriebenen Lorbeergirlanden verhängt sind. Im kleinern, ähnlich<br />

gestalteten der Gartenfront sind zusätzlich die symmetrisch zu Monogramm verschlungenen<br />

Initialen «JCF» des Bauherrn Johann Christoph Fisch eingefügt. Im<br />

Schlußstein darüber entsprechend das Wappen der Familie Fisch 3 . Den Portalen<br />

angepaßt sind auch die Fenster des Erdgeschosses mit stichbogigen Sandsteingewänden<br />

und mit geschmiedeten Gittern im Louis-XVI-Stil, die eine Kombination von<br />

gebrochenen Spiralen und geometrischen Figuren zeigen. Die Stichbogenfenster der<br />

Obergeschosse sind mit Jalousieläden ausgestattet und teilweise von Gesimsen be-<br />

1 Häuserverzeichnis von 1800. Wappenbuch, S. 72,wo derVater irrtümlich Christian benannt ist.<br />

2 AnalogzuWappenbuch, Tf.VI, N r. 6.


BÜRGERHÄUSER<br />

Abb. 162. Herisau. Emdwiesstraße, heutige Poststraße, vordemBau des Gemeindehauses 1876-1878,<br />

mit dem heutigen, 1863 erbauten Pfarrhaus «Friedeck» und dem ehemaligen 1867/68 erbauten<br />

Realschulhaus links (vgl.Abb. 76), mit dem 1841/42 erbauten SchulhausEmdwiese vorn (vgl. Abb. 75)<br />

und mit dem 1837/38 erbauten Kasino hinten rechts. Lavierte Federzeichnungvon Adolf Honegger,<br />

1874, im Historischen Museum Herisau. - Text S.44und 185-190.<br />

krönt. Auf dem Treppenturm Windrose und -fahne, in der die drei Wappenfische zu<br />

dreieckigem Emblem vereinigt sind 1 . Die mit Portalvorhalle kombinierte, zweigeschossige<br />

Veranda an der Gartenfront in klassizistischem Stil, u m 1913. I m Innern<br />

tiefer, axialsymmetrisch angelegter, vierjochiger Keller mit Kreuzgratgewölben, zu<br />

dem eine symmetrische, zweiarmige Treppe und zwei korbbogige Eingänge führen.<br />

Deren Sandsteingewände sind ohne Schlußstein, jedoch durch Sockel und Kämpfer<br />

gegliedert, deren zweiflüglige Eisentüren mit Louis-XVI-Beschläg verziert. In dem<br />

die beiden Hauseingänge verbindenden Korridor des Erdgeschosses zwei gegenüberliegende<br />

geschmiedete, mit Louis-XVI-Beschläg und Rosetten verzierte Ofentüren<br />

an Sandsteingewänden, die mit erhaben gemeisselten Metopen, Draperien, Pfeifen<br />

und einem Wellenbandfries geschmückt sind. An den Spiegeldecken dieses Korridors<br />

und besonders der beiden ehemaligen Kontorzimmer reiche Rokokostukkaturen,<br />

wahrscheinlich, wie in der Kirche für 1782/83 nachweisbar, von ANDREAS M OOS-<br />

BRUGGER, dekorative Ziersysteme, in denen aus C-förmigen Rocaillen zusammengesetzte<br />

Eckkartuschen einem Mittelspiegel zugeordnet sind, der im südwestlichen<br />

Zimmer eine Phantasielandschaft enthält. I m Treppenhaus bis zum Estrich ein<br />

schönes nußbaumenes Treppengeländer mit im Rokokostil verzierten Pfosten und<br />

mit leicht geschweiften, asymmetrisch und illusionistisch geschnitzten Balustern, die<br />

vollplastisch wirken. In den Stuben des ersten Obergeschosses nußbaumene Wandschränke,<br />

von denen ein Teil ursprünglich als Attrappe für die eingefangene Kammerstiege<br />

diente. In einer Stube außerdem ein Kachelofen im Jugendstil, um 1913.<br />

i Analogzu Wappenbuch, Tf.VII, Nr. 1, jedoch in einem Dreieck angeordnet.


100 HERISAU<br />

Gemeindehaus, Nr. 6 (siehe S. 103f.). - Kasino, Nr. g. Am 24. Januar 1837 schloß die<br />

neu gegründete Kasinogesellschaft mit Baumeister und Ratsherr JOHANNES ALDER<br />

von Herisau einen Vertrag, wonach dieser den Bau nach Plänen von FELIX WILHELM<br />

KUBLI bis Oktober gleichen Jahres um elftausend Gulden ausführen sollte 1 . Er<br />

wurde jedoch erst 1838 vollendet 2 . ig38 wurde anläßlich der Erweiterung nach<br />

Süden und Umgestaltung des Innern auch das nordseitige Hauptportal verändert,<br />

das bis dahin, wie die Fenster des Hochparterres noch jetzt, rundbogiges Gewände<br />

mit konsolförmigem Schlußstein aufwies 3 . In dessen rechteckigem Oberlicht stehen<br />

jetzt die Baudaten «1838» und «ig38». Im übrigen handelt es sich um verputzten<br />

Riegelbau von nur zwei Geschossen und fünf Fensterachsen unter schwach geneigtem<br />

Walmdach. Er verrät ähnliche, der florentinischen Renaissance entlehnte Gestaltungsprinzipien,<br />

wie das benachbarte ehemalige Zeughaus, Nr. 13, wobei in der<br />

axialsymmetrischen Fassade die Horizontale durch Sockel, Gurt- und Traufgesims<br />

betont wird. - Ehemaliges Realschulhaus, Nr. 12 [sieht S. 10*] L)Ehemaliges Zeughaus,<br />

Nr. 13 (siehe S. iijL). - Pfarrhaus Friedeck,Nr. 14 (siehe S. ggf.).-jW. 22. Fabrikantenhaus,<br />

getäferter Strickbau unter schwach geneigtem Walmdach mit Reihenfenstern, in<br />

dieser Gestalt vermutlich um 1820-1830 4 . - Schulhaus Emdwiese, Nr. 15 (siehe S. 105).<br />

Kasernenstraße [ehemalige Heinrichsbadstraße). GESCHICHTLICHES. A m 6. März 1853<br />

genehmigte die Kirchhöre ein Straßenprojekt vom Kirchplatz über das Heinrichsbad<br />

und den Mauchler nach Winkeln anstelle einer Korrektion der alten Landstraße<br />

über Buchen, Nordhalden, Mauchler, die den Bestimmungen des 1851 von der<br />

Landsgemeinde genehmigten Straßengesetzes nicht mehr entsprach 5 . Die Ausführung<br />

erfolgte in drei Etappen:Am 10. Juli 1853 beschloß die Kirchhöre die Ausführung<br />

der Strecke vom Kirchplatz bis zum Weiher 6 , am 3. Juni 1855 die Fortsetzung<br />

bis zum Heinrichsbad 7 , a m 2g.November 1857 die neue, noch bestehende<br />

Verbindung von hier bis zur Straße unter dem Mauchler 8 , wodurch der 1827<br />

angelegte Fahrweg vom Heinrichsbad bis zum Zollhaus am Mauchler ausgeschaltet<br />

wurde 9 . - Der größte Teil der Häuser entstand im Anschluß an den Straßenbau,<br />

einige aber, wie jenean der 1786 angelegten Verbindungsstraße vom Oberdorf nach<br />

Buchen (S. 143), vorher.<br />

1 AMB 1837, S. 11-13. - Vgl. EUGSTER, Herisau, S.404^, der aber 1837 alsJahr d erVollendung<br />

annimmt.<br />

2 Datum im Oberlichtgitter.<br />

3 Photovon zirka 1937im Hist. Mus. HerisauundKdmA.<br />

4 Die spätklassizistische Gestalt mit Blendoculiim Fries unter dem Traufgesimskann aufUmgestaltung<br />

eines altern Baues beruhen. Anderseits unterscheidet erst das Häuserverzeichnis v on 1834<br />

zwischen (damaligen) Nrn. 502AundB.In jenemvon 1842 sind wiederum mehrere Häuser unter der<br />

einzigen N r. 502 zusammengefaßt. Infolgedessen können die Einträge im KfbrPr, Bd. B, Nr. 208,<br />

20.März 1792, und Bd. S, Nr. 552, 24.Sept. 1801 («Stücklein Boden hinter des Käufers Haus») nicht<br />

eindeutig bezogen werden.<br />

5 PrGdeV.DazuEdikt vom 25.Febr. 1853 (ebenda).<br />

6 PrGdeV.Ander Stelle des zugedeckten Weihers stehen heute die Häuser der Rosenaustraße.<br />

Zur Entstehung des Weihers, vielleicht nach der Feuersbrunst von 1559 zur Sammlungder Quellen<br />

und Bäche, siehe SCHÄFER, Materialien 1812, S. 217.<br />

7 PrGdeV.Dazu Edikt vom 25.Mai 1855.<br />

8 PrGdeV.Dazu Ediktvom 20. Nov. 1857.<br />

9 PrGdeV, 30.N0V. 1826. - AMB 1826, S. 204f. - Copir-Buch, S. 32,und Fliegende Blätter, S.32.


BÜRGERHÄUSER<br />

Abb. 163. Herisau. « Zur Lerche», Poststraße 4 (ehemals Emdwiesstraße).U m 1780 erbauter oder<br />

erweiterter Strickbau in Traufstellung mit Quergiebel und Kreuzstockfenstern an der Front, die von<br />

der erst 1835/36 angelegten Poststraße abgekehrt ist. - Text S. i86f.<br />

Einzelne Bauten. Schulhaus an der «Bahn», Nr. 9 (S. 106). - Schulhaus Landhaus, Nr. 33<br />

(S. 106). - Kaserne, Nr. 45 (S. 1 igf.). - Heinrichsbad, Nr. 91. - GESCHICHTLICHES. 1824<br />

eröffnete Heinrich Steiger aus Flawil (1776-1842), der sich vom armen Bleicherjungen<br />

zum großen Fabrikanten emporgearbeitet hatte 1 , an der Stelle des «Mineralbadhaus<br />

zu Moosberg» 2 , das im Schweizer Atlas von GABRIEL W ALSER 176g<br />

vermerkt ist 3 , das nach ihm benannte Heinrichsbad, das, mit eisenhaltiger Quelle<br />

versehen, dank seinen Molkenkuren bald große Berühmtheit erlangte (1826 Besuch<br />

des württembergischen Königspaares) 4 . 1826 wurde der Hauptflügel auf die von<br />

den meisten Abbildungen her bekannte Länge gebracht 5 , 1831 das Badehaus auf<br />

der Nordseite errichtet 6 . Im Zeichen eines neuen Aufschwungs, der seit 1873 unter<br />

der Leitung einer religiösen Gesellschaft einsetzte, wurde 1875 eine Neurenaissancekapelle<br />

gebaut 7 . Seit 1950 im Besitz der Gemeinde 8 , der es als Altersheim dient.<br />

1 AMB 1826, S. 166: 1824 Baubeginn. Die Lebensdaten auf lithographiertem Porträt («Gemalt<br />

v. J. Weiß—Gez.v. J. C . Scheuchzer») im Hist. Mus. Herisau. - EUGSTER, Herisau, S. 23.<br />

2 SCHÄFER, Materialien 1812, S. 217.<br />

3 Im Verlagder Homannischen Erbenin Nürnberg. Siehe topographische Karten, S. 18, Nr. 4 c.<br />

4 EUGSTER, Herisau, S. 23f. (mit der wichtigsten älteren Literatur).<br />

5 Alte Urkunden, S. 34: «1826 die Bade- u nd Kuranstalt erweitert.» - Zum Umfang der Erweiterung:<br />

PAUL SCHEITLIN, Das Heinrichsbad bei Herisau, Constanz 1828, S. 24. Vgl.AMB 1826,8.166.<br />

6 G. RÜSCH, Kuranstalten, S. 71, 75.<br />

7 RUDOLF BURKHARDT, Fünfzig Jahre Heinrichsbad, Herisau, 1923. Häuserverzeichnis von 1943.<br />

8 GeschäftsordnungderUGde, 15./16. April 1950.


iga<br />

HERISAU<br />

Abb. 164. Herisau. «Zum Baumgarten», Poststraße 5 (ehemals Emdwiesstraße), um 1780 für den<br />

Kaufmann Johann Christoph Fischerbaut.Aufriß der südöstlichen Hauptfront. M aßstab i:zirka 109.-<br />

Text S. 187-189.


BURGERHAUSER<br />

Abb. 165. Herisau. «Zum Baumgarten», Poststraße 5 (ehemals Emdwiesstraße),u m 1780 erbaut,um<br />

1800 im Besitz des Landessäckelmeistersund ChronistenJohannes Fisch. Teilweise verputzter Strickbau<br />

mit Mansardwalmdach, Südostfront. Klassizistische Veranda,um 1913. - Text S. 187-189.<br />

Die Quelle versiegte 1910 1 . 1967 Abbruch des Kurhauses, 1969 der Kapelle.<br />

Neubau 1969/70. - BESCHREIBUNG des ehemaligen Heinrichsbades (Abb. 173-175)- Der in<br />

seinen Dimensionen schloßartige Gebäudekomplex klassizistischer Prägung mitten<br />

in großen Parkanlagen gab Anlaß zu zahlreichen, vor allem durch Druckgraphik<br />

verbreiteten Darstellungen von JOHANNES SCHIESS, JOHANNES WEISS, JOH. BAPTIST<br />

ISENRING u. a., wovon einzelne die Anlage aus vier Himmelsrichtungen 2 , die meisten<br />

aber von S und besonders nach der Vergrößerung von 1826 zeigen, ferner zu einem<br />

kleinen maßgerechten Modell mit dem Zustand nach 1831 (Hist. Museum). - Ein<br />

dreigeschossiger, ostnordostwärts laufender Hauptflügel war durch Pilaster anfangs<br />

in drei, seit 1826 in neun Felder eingeteilt, wovon jedes über dem Erdgeschoß durch<br />

dreieckigen Ziergiebel betont war, und stand mit einem ungegliederten kurzen<br />

Flügel, der an der Ostseite südsüdostwärts abwinkelte, unter gemeinsamem, mit<br />

Dachreiter versehenem Walmdach. I m ostseitigen Erdgeschoß barg das Hauptgebäude<br />

eine nach Osten und Süden zur Einfahrt von Kutschen geöffnete Halle. -<br />

Noch erhalten ist die ehemalige Remise südöstlich, jenseits der Kasernenstraße mit<br />

hölzernen Portalarchitekturen ionischer Ordnung am mittleren Einfahrtstor, toskanischer<br />

an zwei (ursprünglich allen vier) Seitentüren. - Im Historischen Museum<br />

u.a. 1872 datiertes Glöcklein des ehemaligen Dachreiters, Dm. 39 cm, «GEGOSSEN<br />

1 ROTACH, Herisau, S. 26.<br />

2 So besonders JOHANNES WEISS und JOHANNES SCHIESS. Bilddokumente E 1-15.<br />

13 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


104 HERISAU<br />

VON JAKOB KELLER IN UNTERSTRASS», das ein früheres, aus der Schloßkapelle von<br />

Roggwil stammendes ersetzt hatte 1 , ebenfalls vom Dachreiter das Uhrwerk,<br />

84 X 80 X 53 cm, signiert und datiert: «Von uns gemacht, Niclaus u. Joh. Jakob<br />

Weyermann, Stadtuhrenmacher, in St. Gallen, 1827.»<br />

Alpsteinstraße {Wilen). Schulhaus Wilen, Nr. 9 (siehe Schulhäuser, S. 106). —Am Gasthaus<br />

zum Adler, Nr. 49, Wirtshausschild, um 1800. - Mr. §2. Fabrikantenhaus. Stattlicher<br />

getäferter Strickbau mit Reihenfenstern und mit Satteldach in Traufstellung.<br />

An der nord- und südseitigen Front je ein eingeschweifter Quergiebel und schmale<br />

verputzte Klebedächer, die um die Ecken herumgeführt sind. U m 1820-1830<br />

(Abb. 178). Im Innern aus der Bauzeit reizende klassizistische Treppengeländer und<br />

Schränke, die an den Türen Rautenfüllungen aufweisen, alle aus Weichholz und hell<br />

bemalt. Ein Schrank im Wohnzimmer ist mit dem Kammeraufstieg kombiniert. -<br />

An der von der Alpsteinstraße abzweigenden Nieschbergstraße 2 Fabrikantenhaus.<br />

Dreigeschossiger, getäferter Riegelbau im klassizistischen Gepräge der 1830er Jahre.<br />

Abgesehenvom Walmdach mit gestelztem Frontgiebel kommt diesesam Hauseingang<br />

mit Dreieckgiebel auf flankierenden Pilastern zum Ausdruck. Im Innern zierliches<br />

i H. GUSTAV SULZBERGER, Sammlung aller thurgauischen Glockeninschriften (Thurgauische Beiträge<br />

zur vaterländischen Geschichte, 12. Heft, Frauenfeld 1872), S.gi. Freundlicher Hinweis von<br />

Prof. Dr.Johannes Duft.<br />

Abb. 166und 167. Herisau. «Zum Baumgarten», Poststraße5. Klassizistische Portalemit zweiflügligen<br />

Nußbaumtürenund geschmiedeten OberlichtgitternimLouis-XVI-Stil,u m 1780. Links:an der südöstlichen<br />

Gartenfront mitdemWappen Fischim Schlußsteinund den Initialen «JCF» des Bauherrn<br />

im Oberlichtgitter, rechts:am Treppenhausturm der Rückseite gegen die Poststraße. - TextS. 188.


BÜRGERHÄUSER<br />

Abb. 168 und 169. Herisau. « Zum Baumgarten», Poststraße 5. Korridor gegen das Gartenportal<br />

(vgl. Abb. 166) mitRokokostukkaturen, wahrscheinlich vonAndreas Moosbrugger,und mitOfentüren<br />

im Louis-XVI-Stil, jeu m 1780. - Eine der beiden eisernen Ofentüren mit Sandsteingewände. -<br />

Text S. iBg.<br />

neugotisches Treppengeländer aus der Bauzeit. Das Datum «1830» im Sturz des<br />

einen Portals der Remise trifft vermutlich auch für das Wohnhaus zu.<br />

Cilanderstraße. Ehemaliges Fabrik- und Appreturgebäude (ohne Nummer) und<br />

ehemaliges «Tröcknehaus», Nr. 5, der Meyerschen Bleiche «in der neuen Fabrik».<br />

Das Wohn- und Geschäftshaus, der Vorgängerbau des noch bestehenden Fabrikgebäudes,<br />

wurde 1778 für den Kaufmann Ludwig Merz erbaut 1 . Seit 1800 Firma<br />

Meyer und Mittelholzer, seit 1886 Emanuel Meyer. 1917 Übergang in den Besitz<br />

der CilanderAG (ursprünglich Meyer und Tribelhorn) 2 . Im Laufe der Zeit waren<br />

um das Hauptgebäude herum zahlreiche weitere Gebäude für die Bleicherei und<br />

Färberei, u. a. auch das Tröcknehaus, erstellt worden, eine stattliche Gebäudegruppe,<br />

die noch mit dem ursprünglichen Geschäftshaus, einem behäbigen Mansardwalmdachhaus,<br />

durch ein Aquarell der ersten Hälfte 19. Jahrhundert festgehalten ist<br />

(Abb. 176). Das heutige Fabrikgebäude, offenbar ein Bau der zweiten Hälfte 19. Jahrhundert,<br />

steht an der Stelle des ursprünglichen Geschäftshauses südlich des Tröcknehauses<br />

und in rechtem Winkel dazu, ein langezogener, dreigeschossiger Bau, der über<br />

gemauertem Kellergeschoß eine teils verputzte, teils geschindelte Riegelkonstruktion<br />

aufweist, mit axialsymmetrischer Anordnung von Kreuzstockfenstern und Eingang<br />

und mit kleinem Uhrengiebelam schwach geneigten Walmdach. Zusammen mit den<br />

1 Eintragim Handänderungsregister.<br />

2 LautebendaHandänderung am 26.Mai 1800.Im Häuserverzeichnis von 1800, Nr. 632, das auf<br />

der Zählungvon 1798 beruht: «Joh.LudwigMerzinderneuen Fabrik.»Im Häuserverzeichnis von<br />

1895 Bezeichnungder zahlreichen Gebäude. - ROTACH, Herisau, S. 598.


ig6<br />

HERISAU<br />

übrigen Gebäuden ist es auf einer Radierung der zweiten Hälfte 19. Jahrhundert<br />

abgebildet 1 (Abb. 177). Das Tröcknehaus selbst, dem westseits des Fabrikgebäudes<br />

ein Tröckneturm mit Zeltdach entsprach, ist ein viergeschossiger, südwestseits geschindelter,<br />

sonst nur mit Brettern und Deckleisten verschalter, teils gestrickter, teils<br />

(an Nordwest- und Nordostwand) geriegelter Bau mit weitausladendem Walmdach,<br />

das über dem vierten Obergeschoß zusätzlich auf offener Balkenkonstruktion ruht.<br />

Dahinter dienen Wandluken sowohl der Durchlüftung des mit Tröcknungsrosten<br />

ausgestatteten Estrichs, der von prächtigem offenem Dachstuhl überspannt ist, als<br />

auch der Bedienung der unter den Dachvorsprüngen befestigten Tröcknungsroste.<br />

Im dritten Obergeschoß zierliches neugotisches Holzgeländer, um 1830-1840, ähnlich<br />

wie in Nieschbergstraße 2. - Nr. ijA. 1887/88 hierher versetzter ehemaliger<br />

«Löwen» in der Gestalt von 1835/36 (S. 159-161). Aus dieser Zeit die klassizistische<br />

zweiflüglige Haustüre aus Nußbaumholz an der Ostflanke (ursprüngliche Westseite<br />

gegen die Poststraße) mit Rauten- und Schildfüllungen.<br />

Schwellbrunnerstraße. Bauernhaus, Nr. 56 (Abb. 179). Das Baudatum «1783» auf<br />

einem Strickbalken im Giebelfeld. Darunter in Fraktur: «M. Ghristoff Fisch.»<br />

(Bauherr). Fünfgeschossiges, über gemauertem ehemaligem Webkeller gestricktes<br />

und an beiden Vollgeschossen getäfertes Wohngiebelhaus in Ostsüdoststellung mit<br />

asymmetrischer Anordnung der Reihenfenster (54- 4/4 + 3/4 mit seitlichen Luken/1),<br />

mit Haupteingangan der südwestlichen Flanke durch einen Schopfanbau, über den<br />

das Satteldach herabgeschleppt ist, und mit nordostseits in Traufstellung angefügtem<br />

i Photographie des Aquarells, dessenStandort nichtermitteltwerden konnte,im Hist. Mus. Herisau.<br />

Die Radierung, 11,6x19,3cm (Bild) b zw. 12,7x20,4 cm (Platte),im Gemeindehaus.<br />

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mmm<br />

'iwrv-r—iwj.<br />

Abb. 170. Herisau. «Zum Baumgarten», Poststraße 5. Stichbogige Fenstera m Erdgeschoß mit profilierten<br />

Sandsteingewänden, altertümlichen Schlagläden (mit Einschubleisten) und geschmiedeten<br />

Gitternim Louis-XVI-Stil, u m 1780. - TextS. 188.


BÜRGER-UNDBAUERNHÄUSER 197<br />

Abb. 171 und 172. Herisau. « Zum Baumgarten», Poststraße 5. Deckenstukkaturen im Rokokostil,<br />

wahrscheinlich von Andreas Moosbrugger,u m 1780. Links: Mittelspiegel, rechts: Eckkartusche mit<br />

C-förmigen Rocaillenim südöstlichen Parterrezimmer. - Text S. 189.<br />

Stadel. Die Reihenfenster der Firstkammer im dritten Obergeschoß, die zwei sie<br />

flankierenden Estrichluken und das Estrichfenster darüber sind mit Brusttäfer für<br />

Zugläden versehen und mit durchbrochenen seitlichen Zierbrettern («Steckbrettern»<br />

oder «Lätzen») im Barockstil geschmückt.An den Pfetten geschweifte Tragkonsolen.<br />

Dazu geschnitzte Flugsparrendreiecke. In der Wohnstube zwei reizende Eckhängeschränkchen,<br />

das eine aus Nußbaumholz, mit erhaben geschnitzten Türfüllungen,<br />

wohl von 1783, ein Wandschrank mit kannelierten Pflastern, ig. Jahrhundert, und<br />

Wandtäfer. Im Innern außerdem altertümliche Türgerichte aus Tannenholz mit<br />

gefasten Pfosten und kielbogig geschnitzten, eingehalsten Stürzen (von älterm Kernbau?).<br />

H Ö F E U N D W EILERD E RAUSSENBEZIRKE<br />

Ädelswil. Bauernhaus, Nr. 1147 (Assek.-Nr. 2422). Rechts an der Straßenach Schwellbrunn.<br />

Koord. 737460/247675. Viergeschossiger, ostsüdostwärts gerichteter Strickbau<br />

mit Webkeller und Tätschdach in Giebelstellung wohl des 16./17. Jahrhunderts.<br />

Reihenfenster in asymmetrischer Anordnung an der mit gestemmtem Täfer verkleideten,<br />

sonnengebräunten Front (zweimalje 2 + 6 + 3/3). An der Rückseite in gleicher<br />

Giebelstellung angebauter, erneuerter Stadel.<br />

Engelen. Südwestlich über der Sturzenegg sich erhebender Moränerücken mit<br />

einzelnen Gehöften. Bauernhaus, Nr. 2138. Koord. 741650/251020. Traditionelles,<br />

fünfgeschossiges Holzgiebelhaus in hervorragender Lage südsüdostwärts gerichtet mit<br />

langem westsüdwestseits angefügtem Stadel in Traufstellung. Die Strickkonstruktion<br />

ist im Innern sichtbar, das Ausstattung aus der zweiten Hälfte 18. oder vom Anfang<br />

ig. Jahrhundert aufweist: vom Erd- bis zum Dachgeschoß barockes Treppengeländer<br />

mit gesägten Tannenholzbalustern. Türen mit Schweifwerkfüllungen. Im Wohn-


198 HERISAU<br />

zimmer zweigeschossiger, zweiachsiger Wandschrank aus Kirschbaumholz mit drei<br />

Sockelschubladen und mit Louis-XVI-Beschlägen.<br />

Mösli. Zwischen Koord. 736000/737000 und 251 000/251 300. Bauernhaus, Nr. 1306<br />

(Assek.-Nr. 2653). Bis zur Fußpfette gestrickter, mit giebelständigem Tätschdach,<br />

Firstständer und -pfette versehener Wohnbau in Südoststellung, dessen Eingang an<br />

der Nordostseite nachträglich durch kleinen Anbau unter Kreuzfirst geschützt wurde.<br />

Mit diesem wurde erst in jüngster Zeit das ostseits ursprünglich frei stehende Ökonomiegebäude<br />

verbunden. Über dem Webkeller des Wohnhauses zwei volle getäferte<br />

Wohngeschosse mit Reihenfenstern in asymmetrischer Anordnung (3 + 4/2 + 3).<br />

-Bauernhaus, Nr. 1307 (Assek.-Nr. 2654). Ähnlich wie Nr. 1306, jedoch mit westseitigem<br />

Anbau unter K^reuzürst. - Doppeltes Bauernhaus, Nrn. 1262, 1263 (Assek.-Nr. 2663),<br />

gestrickt und getäfert, mit zwei ungleich hohen, aneinanderstoßenden Satteldächern<br />

in Giebelstellung und beidseits anschließenden Ökonomiegebäuden in Traufstellung.<br />

An der Nordseite alter Schindelschirm. 17./18. Jahrhundert.<br />

Moos. Doppeltes Bauernhaus, Nrn. 1231, 1232 (Assek.-Nr. 2574, 2575). Koord.<br />

736075/249425. Zwei giebelständige Wohngebäude in getäferter Strickkonstruktion<br />

mit verschalten Klebedächern, ein größeres älteres über gemauertem Webkeller und<br />

ein jüngerer Ergänzungsbau flankieren das dazwischenliegende traufständige Ökonomiegebäude.<br />

17./18. Jahrhundert.<br />

Schachen-Sangen. Ehemaliges Haus des Landammanns Johannes Schuß {1562-1630) im<br />

Sangen, Nr. 1631 (Assek.-Nr. 2755). Koord. 736800/249875. 1628 mit fünf gewölbten<br />

Kellern für den Weinhandel erbaut 1 . 1769-1817 als Waisenhaus benützt (s.d., S. 108).<br />

An die Stattlichkeit des einst fast doppelt so großen, heute unansehnlichen Bauernhauses<br />

erinnern nebst einem einzigen tonnengewölbten Keller nur noch hölzerne<br />

Türenund Türgewände mit Spätrenaissance-Instrumentierungan Haus- und Kellereingängen<br />

und reiche Intarsientüreim dritten Obergeschoß. Folgende 1628 gestiftete,<br />

1818 von JOH. ULRICH FITZI für Jon. CASPAR ZELLWEGERS sogenanntes Fahnenbuch<br />

noch an Ort und Stelle kopierte, in der Folge jedoch abgewanderte Wappenscheiben<br />

schmückten das Haus 2 : 1. Hauptleüt vnd Kleine Räth der Kirchhöri Hundwyl Ano-1628.<br />

42 X 33 cm. 1954 vom Kanton aus dem Kunsthandel erworben 3 , jetztim Kantonalen<br />

Bank- und Verwaltungsgebäude (S. 117, Abb. 180). Im Mittelbild zwischen Säulenarchitektur<br />

und von vierundzwanzig beschrifteten Stifterwappen umrahmt David,<br />

der dem Rachen des Löwen ein Lamm entreißt (1. Samuel 17). In Rollwerkkartusche<br />

darüber entsprechender Sinnspruch, darunter Stifterinschrift. Intensive Farben (vorwiegend<br />

Rot und Blau mit wenig Violett in der Architektur, Gelb, Blau, Violett und<br />

Grünim Mittelbild) und gut erhalten. - 2. Statthalter, Haubtlüt Klein vnd große Räth der<br />

Kilchhori Trogen Jn denn Vßeren Roden deß Landts Appenzell: 1628. 42 X 33 cm. Sie wurde<br />

1954 zusammen mit der vorangehenden erworben. Jetzt im Kantonalen Bank- und<br />

Verwaltungsgebäude (s.d., Abb. 181). Im Mittelbild zwischen Säulenarchitektur,<br />

1 GOTTLIEB BÜCHLER, Geschichte der Familien Scheuß, Trogen 1830, S. 13.<br />

2 Ms.,KtB Trogen.Die Kopien beschränken sich aufWappen und Inschriften.Standortund Datum<br />

der Kopie sind von JOH. CASPAR ZELLWEGER hinzugeschrieben. Vgl. Wappenbuch, S.XV, wo die<br />

Standesscheibeund der ehemalige Standort der Scheibenvon Trogen und Speicher nicht vermerkt sind.<br />

3 Staatsrechnung 1954 mit Beleg (Mitteilung der Landesbuchhaltung).


BÜRGER- UND BAUERNHÄUSER 199<br />

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Abb. 173. Herisau. Heinrichsbad. Ehemaliges, 1824 erbautes Kurhaus von Südwesten vor der Vergrößerung<br />

von 1826. Kolorierte Aquatintaradierung von Johannes Schieß (1799-1844) von Herisau,<br />

um 1825. Historisches Museum Herisau. - Text S.45 und 191-194.<br />

umrahmt von sechzehn benannten Stifterwappen und dem Trogener Wappen, das<br />

oben in der Mitte von zwei Putten gehalten wird, Darstellung der Kraftprobe an<br />

Rutenbündel und Einzelstab durch zwei Söhne am Sterbebett des Vaters (Scylurus<br />

und seine achtzig Söhne. NachPlutarch, Degarrulitate, 17, bzw. Regumetimperatorum<br />

apophthegmata, 174 E, bzw. M. Claudius Paradinus, Symbola heroica, Antwerpen<br />

1563, 116b) 1 . Im Sockel unter Stifterinschrift bildbezogener Sinnspruch. Farben<br />

gleich wie oben. Zahlreiche Notbleis. - 3. Die Vßeren Roden deß Landts Appen^äll. 1628.<br />

1944 im Schloßmuseum Berlin zerstört 2 . - 4. Herr Johannes Schuß Landtamen vnd<br />

Paner Herr der Vßeren Roden deß Landtes Appenzell. 1628. Unter dessen Wappen und Stifterinschrift:<br />

«Landtamen Hauptlüt Klein v. Groß Räth der Kilchhöri Herisauw Jn<br />

den Vßeren Roden deß Landts Appenzell.» Verschollen 3 . - 5. die Capitelsbruderen Jn<br />

den Vßeren Roden Deß Landts Appenzell. Anno 1628. 1944 im Schloßmuseum Berlin zerstört<br />

4 . - 6. Dem Hochgeachten Wysen Herren Landtaman Schuß diß thund verehren Pfarer<br />

Statthalter Houptlüt vnd Reth Der Gmeind Vrnäsch auch Wünschen stet Das Gott dem hus vnd<br />

bscher gäben Gnadfrid vnd glück samp langem Läben. Zwischen «16.. 28». Verschollen 5 . -<br />

7. Houptlüt Klein vnd Große Rath der Kilchhöri Z um Spicher Jn den Vßeren Roden deß Landts<br />

1 SieheARTHUR HENKELu n d ALBRECHT SCHÖNE, Emblemata, Stuttgart 1 967, Sp. I5I2F.<br />

2 A J B 1950, S.12,w o sie BOESCH HANS JAKOB NÜSCHELERzuschreibt. - Beschreibung in:HERMANN<br />

SCHMITZ, Die Glasgemälde im königlichen Kunstgewerbemuseum Berlin, Berlin 1913, Bd. I, S. 213,<br />

und Bd. II, S. 21, Tf. 62, Abb.Nr. 426. Zellwegers Fahnenbuch, Fol. 61.<br />

3 Zitiert nach Fahnenbuch, Fol. 62, wo26 beschrifteteWappen wiedergegeben sind.<br />

4 Dortiger Standort geht aus Wappenbuch, S. X V, a, hervor. Beschreibung in: H . SCHMITZ,<br />

a.a.O., Bd. I, S. 214, und Bd. II, S. 21, Tf. 62, Abb. Nr. 427. Fahnenbuch, Fol. 54.<br />

5 Textzitat nach Fahnenbuch, Fol. 63, wo25 beschrifteteWappen wiedergegeben sind.


200 HERISAU<br />

Abb. 174. Herisau. Heinrichsbad. Ehemaliges, 1824 erbautes, 1826 erweitertesund 1967 abgebrochenes<br />

Kurhaus mit der noch erhaltenen Remise von Süden. Aquatintaradierung von Johannes Schieß<br />

( i 799 _i 844) von Herisau, nach einer Zeichnung von Johannes Weiß (1789-1853) von Hundwil in<br />

Herisau,um 1830. Zentralbibliothek Zürich. — Text S.45 und 191-194.<br />

Appenzell. Anno 1628. Verschollen 1 . -8. Vermutlich wurde auch die 1628 datierte Scheibe<br />

der Kirchhöre Teufen/Bühler (im Gemeindehaus Teufen) hierher gestiftet.<br />

Schwänberg<br />

Ein größerer Weiler in der Nordwestecke der Gemeinde. Koord. 735950/250800.<br />

Er liegt auf einer durch mildes Klima ausgezeichneten Terrasseam Nordwestfuß des<br />

Rosenburghügels im Winkel zwischen den Schluchten des Wissenbachs und der<br />

Glatt. Durch Schwänberg führte bis ins 19. Jahrhundert eine alte Landstraße von<br />

Herisau oder Goßau ins Toggenburg und überquerte in der Schlucht westlich des<br />

Weilers auf einer noch bestehenden gedeckten Holzbrücke den Wissenbach (S. 220-223).<br />

Abseits vom heutigen Durchgangsverkehr hat sich in dieser Gegend ein Stück gehobener<br />

bäuerlicher Wohnkultur erhalten, die zusammen mit dem Riegelbau des sogenannten<br />

Rathauses eher mittelländisch als appenzellisch anmutet. - Zur geschichtlichen<br />

Bedeutung des 821 erstmals urkundlich genannten Ortes, mit dem die Ortsnamennennung<br />

des Appenzellerlandes überhaupt anhebt, siehe S. 3 und 23.<br />

Bauernhaus, Nr. 1326 (Assek.-Nr. 2679). Interessanter sechsgeschossiger, über gemauertem<br />

Webkellergeschoß gestrickter, an der südostwärts gerichteten Front teili<br />

Fahnenbuch, Fol. 65, wo außer dem Gemeindewappen zwölf beschriftete Stifterwappen festgehalten<br />

sind.


BÜRGER-UND BAUERNHÄUSER 201<br />

Abb. 175. Herisau. Heinrichsbad. Ehemaliges Kurhaus nach der Erweiterung von 1826, jedoch vor<br />

der Errichtung eines Badehauses 1831 an der Nordseite, samt Remise von Norden. Vom gleichen Zeichnerbzw.<br />

Radiererwie Abb. 174, ebenfalls um 1830. Zentralbibliothek Zürich.-Text S. 45 und 191-194.<br />

weise getäferter Holzgiebelbau mit südwestseits in Traufstellung angefügtem Stadel.<br />

Asymmetrische Anordnung der Reihenfenster im ersten Obergeschoß (3+4 + 6 + 3),<br />

symmetrische darüber (2 + 4 + 4 + 2/4 + 4/2/Zwillingsluke), dazu seitliche Estrichluken<br />

im vierten und fünften Obergeschoß. Der bestehende stattliche Bau, ein Doppelhaus,<br />

geht auf eine Erweiterung und Erhöhung von 1682 zurück. Das entsprechende<br />

Baudatum mit einem von den Initialen «H» und «E» flankierten, springenden<br />

Hirsch wohl des Elmerwappens 1 ist auf die Strickwand des Giebelfeldes gemalt.<br />

Von einem kleinern, altern Bau, der sich offenbar auf die nordöstliche Haushälfte<br />

beschränkte, zeugt jedoch die auf freigelegtem Strickbalken über den Fensterreihen<br />

des zweiten Obergeschosses eingeschnitzte Antiquainschrift: «DISES BVWWERCHS WARD<br />

MEISTER VRICH ZANER 1621.» Ein erst zum Teil abgedeckter vorausgehender Spruch<br />

lautet: (Alles macht?) «... GOTESGWALT JETZ NVW VND BALD ALT. » Auf dem gleichen<br />

Strickbalken zudem je einmal auf der linken und rechten Haushälfte: « WAN GOTT<br />

FÜR VNS IST, W ER WIL DAN WIDER VNS SEIN». An der Dachuntersicht Uberreste von<br />

mit Ochsenblutfarbe ausgeführter Dekorationsmalerei, große mit Rosetten besetzte<br />

Zweipässe, wohl von 1682. An einer Fensterreihe durchbrochene seitliche Zierbretter.<br />

Bürgerhaus, Nr. 1328 (Assek.-Nr. 2681) (Abb. 182-186). Von der Stattlichkeit<br />

eines noch u m die Mitte 19. Jahrhundert mit Walmdach versehenen, steinernen<br />

i AlsWappen Elmer ist nur jenesmit springendem Steinbockund Fuchs im sogenannten Rathaus,<br />

Nr. 1329, gesichert.


202 HERISAU<br />

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Abb. 176. Herisau. Ehemalige Meyersche Bleiche «in der neuenFabrik » (heute Besitz der Cilander AG)<br />

mit dem 1778 erbauten,in der zweiten Hälfte des 19. JahrhundertsdurchNeubau ersetzten Mansardwalmdachhaus,<br />

mitdem ebenfalls verschwundenen Tröckneturmim Hintergrund und mitdemnoch<br />

erhaltenen Tröcknehaus, Cilanderstraße 5. Photographie eines verschollenen Aquarellsim Historischen<br />

Museum Herisau. - Text S. 195 f.<br />

Herrschaftshauses, zu dem ein rundbogiger Eingang mit rautenförmig genuteter Türe<br />

an der Südostfront führte (Federzeichnung von] OH. JAKOB RIETMANN 1852, Abb. 186),<br />

zeugen die dicken Umfassungsmauern bis zur Traufhöhe, sandsteinerne Türgewände<br />

mit Hohlkehlen an der Nordwestseite und ebensolche Fenstergewände mit Volutenprofilenim<br />

Stil der Spätrenaissancean der Nordostwand des ersten und zweiten Obergeschosses,<br />

vor allem aber der die ganze Grundfläche des Hauses beanspruchende<br />

imposante Kelleraum. Dessen vier gedrückte Kreuzgratgewölbe setzen wandseits über<br />

Kehle und Rundstab an und stützen sich in der Raummitte auf die derb profilierte<br />

Kämpferplatte eines mächtigen Rundpfeilers ab. Der rundbogige Eingang an der<br />

Südwestseite zeigtam gefasten Sandsteingewände Spuren abgestoßenerVolutenprofile.<br />

Alle diese Merkmale samt den kielbogig geschnitzten Unterkanten der hölzernen<br />

Türstürze in den obern Wohngeschossen dieses ungewöhnlichen Baus weisen in die<br />

erste Hälfte 17. Jahrhundert 1 , ohne daß sich eine vornehme Schwänberger Familie<br />

wie die Zuberbühler oder Elmer damit in Verbindung bringen ließe. Nichts deutet<br />

auch direkt auf einen mittelalterlichen Bau, als welcher er schon angesprochen worden<br />

ist 2 . Die konchenartige Nische zu ebener Erde an der nordostseitigen Außenwand<br />

1 Gleiche Türstürze finden sich im sogenannten Rathaus, Nr. 1329, von 1627 (siehe unten im<br />

Text)und im ehemaligenHaus desLandammanns JohannesSchüß im Sangen von 1628 (siehe S. 198).<br />

2 Die Lichtöffnung, die formal ganz beziehungslos zwischen Parterreund erstem Obergeschoßin der<br />

Nordwestwand sitzt, ist vermutlich erst im 19. Jahrhundertzur Erhellung des Treppenhauses herausgebrochen<br />

(oder wieder geöffnet?)worden.Unklar ist auchdie Funktion der beiden genanntenTüren<br />

im erstenund zweiten Geschoßder Nordwestwand.Während die Sandsteingewändein der Flucht der<br />

Innenwand liegen, öffnen sich deren stichbogige Kammern nach außen in einen Holzanbau.


BÜRGER-UND BAUERNHÄUSER 203<br />

Abb. 177. Herisau. Ehemalige Meyersche Bleiche mit dem anstelle des ältern Geschäftshauses (vgl.<br />

Abb. 176) in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts errichteten Neubau und dem noch erhaltenen<br />

Tröcknehaus rechts, Cilanderstraße 5. Radierung, zweite Hälfte 19. Jahrhundert, im Gemeindehaus<br />

Herisau. - Text S. 195 f.<br />

mit fast ausgelöschter dekorativer Malerei (Vögel über Blattwerk) scheint zu einem<br />

Brunnen gehört zu haben.<br />

Sogenanntes Rathaus, Nr. 1329 (Assek.-Nr. 2683) (Abb. 186-192). GESCHICHTLICHES.<br />

Die Benennung des um 1627 für eine vornehme Schwänberger Familie Zuberbühler<br />

oder Elmer erbauten Bürgerhauses 1 als «Gerichtsgebäude» oder «Rathaus» scheint<br />

jung und auf einer Verknüpfung von Dingen und Tatsachen ganz verschiedener<br />

Epochen zu beruhen 2 , zumal ein Gericht der ehemaligen Freivogtei nach deren<br />

endgültigen Einverleibung ins appenzellische Hoheitsgebiet 1459 unbekannt ist 3 .<br />

Für die Bauzeit im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts spricht außer dem stilistischen<br />

Befund eine «1627» datierte, braun auf blaßgelb bemalte Bodenfliese, die zusammen<br />

mit drei ähnlich gemusterten (eine davon mit springendem Hirsch, dem Wappentier<br />

1 GOTTLIEB BÜCHLER, Das berühmt gewordene Geschlecht der sogenannten Scherrer Zuberbühler<br />

in und von Schwänberg. Ms., 1852, S. 3f., bemerkt, Landammann Joh. Jakob Zuberbühler (1723-1803)<br />

habe «das Hausmit einer rothgemahlter Riegelwand als das seinige Stammhaus bezeichnet..Hiebei<br />

hatder sehr gewissenhafte Geschichtsfreund.. Landammann J. J. N äf dies genannte große Riegelhaus<br />

der Familie Elimer zuschreiben wollen.» — Dievon JOH. JAKOB NÄF angeführtenGründe sind unseres<br />

Erachtens nicht, wie BÜCHLER es tut, von der Hand zu weisen. Vgl. ebenda, S. 6, wo BÜOHLER von<br />

einer Bodenplatte mit der Jahreszahl 1623und den Initialen «H.C.Z.» (HansConrad Zuberbühler)<br />

wissen will.<br />

2 G. BÜCHLER, ebenda, S.6, berichtet von der «Sage»,daßdasHaus demAmmanndes Gerichts<br />

der Vogtei Schwänberg als Rathaus gedient habe. Als erster hat SALOMON SCHLATTER, Schwänberg,<br />

AJB 191 I, S. 83, diese Möglichkeit aus baustilistischen Gründen entschieden abgelehnt. Man könnte<br />

also höchstens an einen Vorgängerbau denken.<br />

3 AUB 892.


204 HERISAU<br />

«L<br />

Abb. 178. Herisau. Alpsteinstraße 52 (Wilen). Fabrikantenhaus, Neu- oder Umbauum 1820-1830. -<br />

Text S. 194.<br />

der Elmer, eine andere mit Schachbrettmuster in Kreismedaillon) in dem tannengrün<br />

und braun gekachelten Boden des sogenannten Ratsaales im dritten Obergeschoß<br />

als spätere Lückenbüßer (?) verwendet worden sind. Der Boden selbst ist auf<br />

einer braunen Fliese mit weißer deutscher Kursivschrift von dem aus dem Elsaß<br />

nach St. Eiden eingewanderten Hafner HANS CASPAR KESSELBUR signiert und datiert:<br />

« Hans Gasper Kessel / bur Rinisch genant / ich hab den sali / gemacht mid miner /<br />

Hand anno -1 -ö ^o», darunter nochmals größer: «1 *6 *30 * » I . - BESCHREIBUNG.<br />

Der sechsgeschossige, steilgieblige und großdimensionierte Riegelbau, der noch einzige<br />

erhaltene dieser Art im Appenzellerland 2 , wendet sein ursprünglich rotes Balkennetz<br />

auf weißem Grund der alten Durchgangsstraße zu 3 . An der nordöstlichen Traufseite<br />

sitzt ein ebenfalls geriegelter, gestelzter Quergiebel mit Satteldach, an die südwestliche<br />

Elanke fügt sich der Stadel in Traufstellung. Die äußere Schönheit des Baus<br />

konzentriert sich auf die reichgegliederte, südostwärts gerichtete Straßenfront. Die<br />

beiden Fensterwagen des ersten Obergeschosses, ein acht- und ein vierteiliger, sind<br />

mit Brusttäfer, das Gliederung durch Blendarkaden aufweist, und mit seitlichen<br />

Zierbrettern im Renaissancestil geschmückt 4 , über diesem und dem nächsten Ober-<br />

1 Vgl. URSULA ISLER-HUNGERBÜHLER, Der Hafner Hans Caspar Kesselbur, in:ZAK, Bd. 15 (1954),<br />

Heft I, S. 25-32 und Tf. 7-10. - KESSELBUR wohnte in St.Fiden bei St.Gallen. - Die von SALOMON<br />

SCHLATTER, a.a.O., S. 81, wiedergegebene Lesart «Hans Müller Gesell/Jung H ans genannt» ist<br />

völlig unhaltbar.<br />

2 Ein ähnlicher Bauwar das 1606 erbauteund 1827/28 ersetzte alte Rathausund das noch bestehende,<br />

aber veränderte ehemalige Pfarrhausvon Herisau (S.97-103).<br />

3 BÜCHLER, a.a.O., S. 4 (siehe S. 203,Anm. 1) u nd 6.<br />

4 Brusttäfer und Steckbretter des längern Fensterwagens sind in neuester Zeit rekonstruiert worden,<br />

doch ist das frühere Vorhandensein durch die Zeichnung vonJ. J. RIETMANN, 1852 (Abb. 186, Bilddokument<br />

F), bezeugt.


BÜRGER- UND BAUERNHÄUSER<br />

Abb. 179. Herisau. Schwellbrunnerstraße 56. Bauernhaus, laut Inschrift im Giebelfeld «1783» für<br />

einen «M(eister) Christoff Fisch» erbaut. Für das 18. Jahrhundert charakteristische Gestaltung eines<br />

Giebelfeldes mit Brusttäferund seitlichen Zierbrettern («Steckbrettern») auf bloßer Strickwand sowie<br />

mit Flugsparrendreiecken. - Text S. 196f.<br />

geschoß zum Schutz der Fenster unverschalte Klebedächer befestigt, deren Pföstchen<br />

und Streben ebenso wie die Flugsparrendreiecke des Daches zepterförmige Profile<br />

zeigen. Zur asymmetrischen Anordnung der Reihenfenster am ersten Obergeschoß<br />

bilden die paarweise gekoppelten und symmetrisch angeordneten Fenster darüber<br />

(3X2/2X2/2/1) einen spannungsvollen Gegensatz. Am gemauerten Erdgeschoß<br />

rechts originales Portal mit hölzernem Gericht, an dem zwei Büge ausgefachte Eckzwickel<br />

ausscheiden und einen Rundbogen für die Zweifeldertüre aus Tannenholz<br />

bilden. Deren Umrahmung ist als Bogenarchitektur gestaltet, deren Füllungen mit<br />

übereck gestellten Quadraten besetzt 1 . Die drei Kreuzstockfenster links daneben<br />

wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts anstelle einer längsrechteckigen<br />

Webkellerluke angebracht 2 . Das Innere ist ebenfalls weitgehend im originalen Zustand<br />

erhalten. Außer dem erwähnten Saal, dessen sichtbare Riegelwände zusammen mit<br />

der tannenen, schön beschlagenen und bemalten Zweifeldertüre sowie mit dem<br />

Kachelboden eine farblich wirkungsvolle Einheit erzeugen, birgt das Hausim ersten<br />

Obergeschoß südwestseits eine mit Tannenholz getäferte, jetzt unterteilte Stube im<br />

Stil der Spätrenaissance, deren Ausstattung aus gleichem Holz, nämlich zwei von<br />

Pilastern gesäumte und von Gebälk bekrönte Türgerichte, die dazugehörigen Zweifeldertüren,<br />

eine Wandkutsche und ein Uhrengehäuse, mit aufgelegten Diamantbuckeln<br />

und mit Einlegearbeiten geschmückt ist (Abb. 188). Das südostseits daneben<br />

1 Einen ähnlichen Eingang besitzt das 1628 erbauteHaus des Landammanns Johannes Schüß im<br />

Sangen (S. 198).<br />

2 Vgl. RIETMANNSZeichnung (Abb. 1 86)mitAbb. i n:SALOMON SCHLATTER,Schwänberg,A J B 1911,<br />

S. 80f.


200 HERISAU<br />

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Abb. 180. Herisau. Ratsscheibe von Hundwilmit David als gutem Hirten, derdem Löwen ein Lamm<br />

entreißt, 1628 in das neue Haus des Landammanns Johannes Schüß im Sangen gestiftet, heute im<br />

Kantonalen Bank- und Verwaltungsgebäude. - Text S. 117 und 198.<br />

liegende Schlafzimmer wurde dagegen erst im letzten Viertel 17. Jahrhundert wohl<br />

zur Hochzeit des Ratsherrn und Chirurgen Hans Jakob Zuberbühler mit seiner<br />

zweiten, ihm 1682 angetrauten Gattin Katharina Elmer ausgemalt. Beide Wappen<br />

prangen über den Türen, das eine in Verbindung mit den Initialen «HI» (ligiert)<br />

«ZB», das andere mit «CE». Die getäferten Wände sind mit Bogenarchitekturen<br />

bemalt, die Felderdecke mit großblumigen Mustern, die Türfüllungen der beiden<br />

Zweifeldertüren je mit posierendem Putto 1 . Treppenhaus mit altertümlicher Blockstufentreppe<br />

und Geländer, das schlanke, kandelaberförmig geschnitzte Eckpfosten<br />

und gesägte barocke Baluster besitzt.<br />

Nr. 1332 (Assek.-Nr. 2690) (Abb. 193-196). Turmrumpf aus Bollensteinmauerwerk in<br />

wildem Verband und Tuffsteinwerkstücken und angebautes Doppelwohnhaus in üblicher<br />

Strickkonstruktion mit ehemaligem Webkeller. Als Besonderheit dagegen ein<br />

i Zum Familiengeschichtlichen siehe BÜOHLER, a.a.O.,S. iof. Vgl. Wappenbuch, S. 58 und Tf.IV,<br />

Nr. 8. - GOTTHEB BÜCHLER, Geschichte der Familien Scheuß, Trogen 1830, S. 24!".


BÜRGER-UND BAUERNHÄUSER 207<br />

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Abb. 181. Herisau. Ratsscheibe von Trogen mit der Allegorie: Eintracht macht stark (Söhne des<br />

Scylurus erproben ihre Kraftan Einzelstabund Stabbündel), 1628in das neue Haus desLandammanns<br />

Johannes Schüß im Sangen gestiftet, heuteim Kantonalen Bank- und Verwaltungsgebäude. — Text<br />

S. 117 und i98f.<br />

außergewöhnlich gut erhaltenes Ruten- oder Flechtwerkkamin. - i. Der Turm, fast quadratisch,<br />

besteht aus Keller-, Erd- und Obergeschoß, a) Das Kellergeschoß weist<br />

Katzenkopfpflästerung und ein NW-SO gerichtetes Tonnengewölbe aus Tuffstein in<br />

Schalungsverputz auf. In dieses schneidet südwestseits ein über ummauerte Außentreppe<br />

zugängliches, stichbogiges Türgewände aus Tuffstein mit Stichkappe ein, nordostseits<br />

ein entsprechendes größeres, das sehr früh zugemauert wurde, außerdem auf<br />

beiden Seitenje ein schartenförmiger Luftschlitz. In der nordöstlichen Schildwand<br />

Leuchternische. - b) Das Erdgeschoß, ebenfalls aufder Südwestseite durch stichbogiges<br />

Sandsteintürgewände zugänglich, ist mit einer die Kellertonne überkreuzenden Tonne<br />

überwölbt, in die auf der Nordwestseite ein kleineres Rechteckfenster mit Stichkappe<br />

einschneidet.In der nordöstlichen Schildwand ein großer spätgotischer Kreuzstock aus<br />

Sandstein mit Eisenläden und innenseitigen Fensterbänken. - c) Zum Obergeschoß<br />

führt auf der Südostseite ein ebenfalls stichbogiger Eingang mit (barocker?) Rahmenmalerei,<br />

der (ohne Außentreppe) vom Wohnhaus erreichbar ist. Je ein schartenförmiger<br />

Lichtschlitz mit gestufterKammer in der Nordwest- und Südwestmauer. Uber die


208 HERISAU<br />

Abb. 182. Herisau. Weiler Schwänberg. Bürgerhaus Nr. 1328, Steinbau, samt Keller vermutlich erste<br />

Hälfte 17.Jahrhundert. Querschnitt B-B (vgl. Abb. 183). Maßstab i:zirka 240. - Text S.201-203.<br />

SCHNITT A-A<br />

Abb. 183, 184und 185. Herisau. Weiler Schwänberg. Bürgerhaus Nr. 1328, Steinbau. Grundriß des<br />

gewölbten Kellers. - Querschnitt des gewölbten Kellers (vgl. Abb. 183). Maßstabje 1: zirka 240. -<br />

Querschnitt durch ein Fenstergewände mit Volutenprofil der Spätrenaissance, wohl erste Hälfte<br />

17. Jahrhundert. Maßstab 1: zirka 47. - Text S. 201-203.


BÜRGER-UNDBAUERNHÄUSER 209<br />

Abb. 186. Herisau. Weiler Schwänberg. Sogenanntes Rathaus, Nr. 1329, ein um 1627 errichteter<br />

Riegelbau (links) und Bürgerhaus Nr. 1328, ein Steinbau, vermutlich erste Hälfte 17. Jahrhundert<br />

(rechts, vgl.Abb. 182-185). Federzeichnung von Johann Jakob Rietmann, 1852, inder Stadtbibliothek<br />

Vadiana, St. Gallen. - Text S.46 und 201-206.<br />

pultförmig geneigte, offenbar abgenommene Mauerkrone ist das steiler verlaufende<br />

Satteldach des Wohnhauses herabgeschleppt. - 2. Wohnhaus. In der jetzigen Gestalt<br />

zur Hauptsache aus dem 17. Jahrhundert («1674» auf Einschubleiste einer Türe des<br />

zweiten Obergeschosses). - 3. Rutenkamin. Mit riesigem, trichterförmig zum Kamin<br />

sich verengendem Rauchfang besorgt es den Abzug von sechs in einem Küchenraum<br />

versammelten Feuerstellen. Dessen Rahmenwerk ist in den obern Geschossen von<br />

außen sichtbar. Wohl 17./18. Jahrhundert. - BAUGESCHICHTLIGHE FOLGERUNG: Spätgotischer<br />

Steinbau des 15. Jahrhunderts mit nicht eindeutig bestimmbarer Funktion<br />

(Zehntenturm?Speicher?)an den wohl schon vor dem jetzigen ein Wohnhaus<br />

angebaut war.<br />

Sturzenegg. In der Nordostecke der Gemeinde zwischen der Urnäschschlucht und<br />

dem Gübsensee Richtung Kübel abfallender Molasserücken, über dessen Osthang<br />

die alte «Landstraße» zur gedeckten, von HANS ULRICH GRUBENMANN 1780 erbauten<br />

Holzbrücke hinabführt (S. 216-218). Der Ortsname taucht in Urkunden des 13. Jahrhunderts<br />

im Zusammenhang mit St. Galler Lehen der Herren von Sturzenegg auf 2 ,<br />

deren Edelsitz in einem turmartigen Wohnhaus auf einer Geländekuppe beim<br />

Gübsensee vermutet wird 3 . Als «vorder» und «hindren Sturtzenegg»sindim 15. Jahr-<br />

1 Zu den wohnturmähnlichen Bauernhäusern Graubündens vgl. CHRISTOPH SIMONETT, DieBauernhäuser<br />

des Kantons Graubünden, Bd. I, Basel 1965, S. 59-62, 101-108.<br />

2 1275 stiftet Adalbert von Sturzenegg ein Jahrzeit in St. Laurenzen, St. Gallen (NAEF, Burgen,<br />

S. 359, gestützt auf Stadtarchiv St. Gallen, Bd. 509). - Vgl. ZELLWEGER, GAV, Bd. 1, S. 247. - UBSG<br />

1049, 2.Febr. 1286: «Johannede Sturzeneigge» als Zeuge. - AUB 42, 10.Juli 1303.<br />

3 FELDER, BurgenI,S. 29. - Vgl. EUGSTER, Herisau,S. 38.<br />

14 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


210 HERISAU<br />

hundert zwei solche Höfe ausdrücklich bezeugt 1 . 1525 befand sich in dieser Gegend<br />

ein Zentrum der Wiedertäuferbewegung 2 . - Wirtschaft zum Bären, Nr. 647. Koord.<br />

742100/251 150. Die urkundlich bis 1590 zurück verfolgbare Liegenschaft 3 ist seit<br />

Mitte 17. Jahrhundert als Wirtschaft zum Bären bekannt 4 . Hier wirteten nachweisbar<br />

seit 1669 bis in die Jahre nach 1820 Mitglieder der politisch einflußreichen Familie der<br />

sogenannten Rotscheußen, d.h. Schüß oder Schieß 5 , deren Stammvater Hauptmann<br />

1 AUB 898, 9. Juli 1459. Dazu vgl. AUB 389 («das Vorder Sturzenegg»), 934 («von des ainen.<br />

von des andern Sturtzneggs»). UBSG 3172: «gut genamt der Herren Sturzenegg». - Einkünfte aus<br />

Sturzenegg verzeichnet schon ein Rodel des 13./14. Jahrhunderts (UBSG, Bd. III, S. 820).<br />

2 Johannes Keßlers Sabbata, St. Gallen 1902, S. 147.<br />

3 KfbrPr, Bd. A/K, Nr. 8814, 21.Juni 1669, nimmt Bezug auf Brief vom St. Jörgentag 1590.<br />

Besitzer ist zur Zeit Landesbaumeister Jakob Schüß ( = GOTTLIEB BÜCHLER, Geschichte der Familien<br />

Scheuß, 2.Abt., Nr. 3: «Landsbauherr Jaggli Scheuß»). Ebenda, i6.0kt., 1684; Conrad Schüß<br />

( = G . BÜCHLER, a.a.O., Nr. 5: «Landshauptmann und Bauherr»).<br />

4 G. BÜCHLER, a.a.O., S. 104: «In der Mitte des 17. Jahrhunderts (besaß) Jaggli Scheuß ( = 2. Abt.,<br />

Nr. 3) den Bären.»<br />

5 Siehe Anm. 3. - G. BÜCHLER, ebenda, 2. Abt., Nr. 10a: Johannes Scheuß (1682-1758), «Bärenwirth<br />

in Sturzenegg u nd Fähndrich». Ebenda, Nr. 13: Dessen Sohn «Ratsherr Johannes Scheuß,<br />

Bärenwirth» entspricht dem Besitzer in KfbrPr, Bd. S, Nr. 457, 2. Juni 1786. Häuserverzeichnis von 1800,<br />

Nr. 360: «Johannes Scheuß, Weinschenk». Ebenda, 1822: «Hr.Joh. Jakob Scheuß, Weinschenk.»<br />

Abb. 187. Herisau. Weiler Schwänberg. Südostwärts gerichtete Front des sogenannten Rathauses,<br />

Nr. 1329, einum 1627 errichteter Riegelbau mit Brusttäfer und seitlichen Zierbrettern an den auf das<br />

erste Obergeschoß beschränkten Reihenfestern und mit offenen Klebedächern darüber. Einziges<br />

erhaltenes Beispiel dieser Art in Appenzell Außerrhoden. - Text S. 203-206.


BÜRGER-UNDBAUERNHÄUSER 211<br />

Abb. 188. Herisau. Weiler Schwänberg. Sogenanntes Rathaus, Nr. 1329. Stube im Stilder Spätrenaissance,<br />

u m 1627, mit Intarsienschmuckan Türen und Uhrengehäuse und mit Felderdecke ausTannenholz.<br />

- Text S. 205.<br />

Peter Schüß, ein Bruder des Landammanns Johannes, in der zweiten Häfte 16. Jahrhundert<br />

in der Sturzenegg ansäßig war 1 .-Beschreibung (Abb. 197). Der sonnengebräunte<br />

Strickbau von sechs Geschossen mit Webkeller, Mansardgiebeldach und mit<br />

an Nordostflanke angebautem, neuerem Stadel geht wohl auf Um-oder Neubau um<br />

1789 zurück, welches Datum auf das Wirtshausschild (im Hist. Mus. Herisau)<br />

gemalt ist. Die südostwärts gerichtete Front weist asymmetrische Anordnung der<br />

Reihenfenster auf (1 -f Haustüre + 8 + 3/4 + 4 + 2/5 + 5/6/2) und ist bis an die zwei<br />

obersten Geschosse hinauf mit gestemmtem Täfer verkleidet. Darüber heben sich<br />

aber die mit Mondglas- und Butzenscheiben versehenen Fensterwagen samt Brusttäfer<br />

und seitlichen Zierbrettern (Steckbretter oder «Lätze») im Rokokostil von<br />

der unverkleideten Strickwand dekorativ ab. In diese sind zu beiden Seiten der<br />

Fenster und im Giebeldreieck vierpaß- bzw. vasenförmige Estrichluken eingelassen<br />

(Abb. 198). Weitere Zierelemente bilden die Pfettenkonsolen mit barocken Wellenprofilen<br />

und entsprechend geformte Flugdreiecke oben und unten an den seitlichen<br />

Dacheinschweifungen. - Das hölzerne Wirtshausschild in Gestalt eines gestemmten<br />

Täferfeldes zeigt in der Füllung einen nach heraldisch links schreitenden Bären<br />

zwischen den Ziffern der Jahreszahl 17-89, auf dem obern und untern Schenkel des<br />

Rahmens die auf weißem Grund schwarz aufgemalte Frakturinschrift: «Alhier zum<br />

Beren / Johannes Schüß.»<br />

Tüfenau. Geschichtliches und Archäologisches. Auf der am Südostfuß des<br />

Rosenburgstocks gelegenen Terrasse an der Straße nach Degersheim standen im<br />

i G. BÜCHLER, ebenda, 2. Abt., Nr. 1, S.yif.


212 HERISAU<br />

14. Jahrhundert nachweisbar zwei Lehenshöfe des Klosters St. Gallen 1 . Aus einem<br />

bezogen u.a. die Ministerialen von Rosenburg Einkünfte 2 . 1463 wurden von den<br />

Herisauern alle diesbezüglichen Rechte der Abtei abgekauft 3 , die diese noch im<br />

15. Jahrhundert an nichtadelige Private verliehen hatte 4 . - Im 15. Jahrhundert lag<br />

hier eine Letzi 5 . - Die im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts unter dem ostseitigen<br />

Tennentor des Bauernhauses Degersheimerstraße 72 festgestellten Gewölbereste und<br />

die nach Westen verlaufenden Fundamente dürften einem dieser Höfe angehört<br />

1 UBSG, Bd. III, S. 791 (erste Hälfte 14. Jahrhundert): «de Tiufinouve de duobus pheodis, d e<br />

uno..., de alio..». Ebenda, S. 793: «deuna curia.» - AUB 41, 8. Jan. 1302.<br />

2 UBSG, Bd. III, S. 766 (Einkunftsrodel der Rorschacher, erste Hälfte 14. Jahrhundert). Ebenda,<br />

S. 794 (Einkunftsrodel des Küsters): «Itemde curia in Tufenouve ministri de Rosenburg.»<br />

3 AUB 953. Vgl. A UB 908, 909. 4 AUB 453, 617. Vgl. A UB 619.<br />

5 A UB 242, 14.N0V. 1405.-WALSER, S. 291 (5.Nov. 1428). - VON ARX II, S. 419 (im Jahre 1490).-<br />

Vgl. SONDEREGGER, Wehrwesen, S. 11, und ARNOLD NÜSCHELER, Die Letzinen inder Schweiz, MAGZ,<br />

Bd. 18, Heft 1, S. 21.<br />

Abb. 189. Herisau. Weiler Schwänberg. Sogenanntes Rathaus, Nr. 1329. Tannene Zweifeldertüre vom<br />

Schlafzimmer zur Stube mit Schloß und Beschläg aus der Bauzeitum 1627. Bemalung der Füllungen<br />

mit Puttenund der Supraporte mit Initialen und Wappen des Ratsherrn und Chirurgen HansJakob<br />

Zuberbühler,um 1682. - Text S.205f.


MÜHLEN 213<br />

Abb. 190, 191 und 192. Herisau. Weiler Schwänberg. Sogenanntes Rathaus, Nr. 1329. Blaßgelbe,<br />

braun bemalte Bodenfliesen im sogenannten Ratssaal (Festsaal?) des dritten Obergeschossesmit Hirsch<br />

(Wappen Elmer?), Jahreszahl «1627» unc lHerzblättern in Kreismedaillons. - Text S.203f.<br />

haben 1 . Die bestehenden Kellermauern weisen das gleiche Steinmaterial wie die<br />

Rosenburg, große Quadern aus Nagelfluh, auf. Die Annahme einer Kirche an dieser<br />

Stelle und in Tüfenau überhaupt durch JOH. CASPAR ZELLWEGER (GAV I, S. 215)<br />

und verschiedene Lokalhistoriker in seinem Gefolge beruht auf der falschen Wiedergabe<br />

von « curia » im betreffenden Einkünfterodel des 14. Jahrhunderts mit « ecclesia »<br />

durch das ältere St. Galler Urkundenbuch 2 und ist unhaltbar.<br />

MÜHLEN<br />

Bei der 1416 erstmals ausdrücklich erwähnten «Müle ze Herisow» 3 , mit der die<br />

bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts bezeugte «Widunmüli» identisch sein<br />

dürfte 4 , kann es sich nurum jene im Merianprospekt von 1642 abgebildete an der<br />

Glatt handeln, nach welcher das Quartier bei der Au noch heute «Mühle» heißt5.<br />

Am Glattbach standen auch fast alle übrigen Mühlen, sieben Korn- oder Mahlmühlen,<br />

zwei Papiermühlen und sechs von acht Sägemühlen, die 1826 in Betrieb<br />

waren 6 . Nämlich A. Mahlmühlen (von oben nach unten): 1. In Adelswil. - 2. und<br />

3. «Ob der Glatt» («Ober Müli»), eine davon 1778 erwähnt 7 . - 4. «In der Glatt»<br />

(«Glattmüli»), 1778 erwähnt 8 . - 5. Im Kunzenmoos, von 1768 an mehrmals er-<br />

1 ZELLWEGER, GAV, Bd. 1, S. 215, Anm. 47. - Die Identität des Hauses ist durch das Häuserverzeichnis<br />

von 1800 und 1822 gesichert: «Nro520 JohannesBodenmann zu Teufenau.»<br />

2 ZELLWEGER, Urk. 53, übersetzt «curia»zudem mit «Pfarre» und «Pfarrei» anstatt mit «Hof».<br />

Vgl. dazuAUB 41 und UBSG, Bd.HI, S. 794 mit Zellweger, Urk.99 (S. 189).<br />

3 ZELLWEGER,Urk.223 (AUB 3 41).<br />

4 UBSGHI, S. 793.<br />

5 Vgl. GOTTLIEB BÜOHLER, Geschichteder Familien Scheuß, S. 87: Ratsherr Jos.Scheuß, geb. 1625,<br />

«in der Mühleseßhaft.»- EUGSTER, Herisau, S. 25.<br />

6 AMB 1826, S. 163.<br />

7 Alte Urkunden, S. 213: Verschiedene Müller an der Glatt, nämlich «im Kunzenmoos, in der<br />

Glatt und in derobern Mühle», setzen sich «unter der Leitung desHerren JohannesSchochRathsherr<br />

und Besitzer der Mühleander Glatt»für d en Straßenbau «von der Mühle zunächst der Auw durch<br />

Schlößle, Schloß, Aspen und Einfang..nach Schwellbrunn» ein. - Laut JOH. JAKOB SCHLÄPFER,<br />

Chronicon der Gemeinde Waldstatt, Trogen 1839, S. 22, wurde die Obere Müli anstelle der «rothen<br />

Mühle»Ende 18. Jahrhundert erbaut.<br />

8 Alte Urkunden, a.a.O.


214<br />

1/<br />

15. Jahrhundert<br />

[ | 17. Jahrhundert<br />

0 5<br />

I. .i i I I I I I I<br />

llilllllliliiiil 15. Jahrhundert<br />

| | 17. Jahrhundert<br />

Abb.193, 194, 195und 196. Herisau. Weiler Schwänberg. SpätmitteIalterlicherTurmrumpf(Speicher?),<br />

15.Jahrhundert, mit angebautem Bauernhaus Nr. 1333, 17. Jahrhundert. Grundriß i m Erdgeschoß<br />

und Querschnitt Nordost-Südwest mit Rutenkamin (oben). Grundriß des KellergeschossesundQuerschnitt<br />

Südwest-Nordost (unten). Maßstab 1:250. - Text S.aoSf. und 209.<br />

1/<br />

15. Jahrhundert<br />

17. Jahrhundert


g e d e c k t e h o l z b r ü g k e n 215<br />

wähnt 1 . - 6. «In der Mühle» (siehe oben), wohl die älteste in Herisau. - 7. In der<br />

Teufe, 1698 von Gemeindehauptmann Daniel Scheuß erbaut 2 . - B. Papiermühlen:<br />

Zwei in der Teufe. Eine davon 1697 von Hauptmann Johann Konrad Scheuß<br />

erbaut 5 . - C. Sägemühlen: 1. « Ob der Glatt oder in der obern Mühle». — 2. «In der<br />

Glatt» (vgl. oben). - 3. Im Kunzenmoos. - 4. «In der Mühle». - 5. In der Teufe. -<br />

6. Zu Tobel. - Außerdem 7. «Auf der Säge»,am Sägebach (Wilen). - 8. In der obern<br />

Bleiche. - 1907 stellte die letzte Mahlmühle ihren Betrieb ein 4 . Dagegen existierten<br />

1929 noch vier Sägemühlen 5. - Abgesehen von der Andeutung im Merianprospekt<br />

fehlen bildliche Darstellungen der Mühlen, ebenfalls nennenswerte Bauten, abgesehen<br />

vom stattlichen Wohnhaus der Glattmüli, Nr. 1116 (Assek.-Nr. 2468). Koord.<br />

737475/248225. Heute noch «Wirtschaft zur Glattmühle» und Sägerei. Fünfgeschossiger,<br />

über gemauertem Erdgeschoß gestrickter und getäferter Holzgiebelbau<br />

des 17./18. Jahrhunderts in Südsüdoststellung. Er weist zwei ausgebildete Hauptfronten<br />

mit weit ausladenden, verschalten Klebedächern über den Reihenfenstern<br />

des ersten, zweiten und dritten Obergeschosses auf, eine weiß gemalte, die nordnordwestwärts<br />

der Strasse zugekehrt, und eine sonnengebräunte nach Südsüdosten, der<br />

eine neuere Holzveranda vorangestellt ist. Dem traufständigen Wohnanbau an der<br />

Ostnordostflanke, der mit dem Hauptgebäude mittels zweier durchlaufender Klebedächer<br />

optisch verklammert ist, fügen sich ein geriegelter und geschindelter Anbau<br />

mit Walmdach sowie die Sägerei an (Abb. 199).<br />

GEDECKTE H OLZBRÜCKEN<br />

i. Grubenmann-Brücke von iyy8im Herisauer Tobel. LAGE UND GESCHICHTLICHES. Uber<br />

die Urnäsch zwischen Herisau und Hundwil. Koord. 742050/248600. Übergang<br />

einer alten «Landstraße», die größtenteils als Saumpfad von der Oberdorfstraße<br />

(S. 171 f.), der Steinegg und vom Ghurzenberg her führte. Die Brücke selbst wurde<br />

laut Inschrift anstelle einer Vorgängerin von 1722, die 1778 durch Hochwasser weggerissen<br />

wurde, noch im gleichen Jahr durch Werkmeister H ANS ULRICH GRUBEN­<br />

MANN von Teufen erbaut. Der Brückenfuß auf der Hundwiler Seite wurde mit<br />

Quadersteinen von Meister LAURENZ EUGSTER von Teufen aufgemauert. Der Brückenbau<br />

kostete das Land 2773 Gulden 33 Kreuzer 6 . - 1852 Auslösung durch den Kanton<br />

an Hundwil und Herisau, das die Unterhaltspflicht gegen eine Entschädigung von<br />

550 Gulden auf Hundwil abwälzte 7 . - BESCHREIBUNG (Abb. 200-202, 208). Flöhe über<br />

der Urnäsch zirka 10 m, Spannweite 29 m. Die Brücke besteht aus fünfseitigem, zweibahnigem<br />

Stabpolygon als Sprengwerk, an dem mittels sechs Gebinden die Streckbalken<br />

mit der Fahrbahn aufgehängt sind. Die Konstruktion ist durch je acht Streben<br />

auf beiden Brückenhälften in Gegenstellung zueinander und durch (horizonta-<br />

1 KfbrPr, Bd. S, Nr. 683, 12.Mai 1768, ferner Nrn. 684-686.-Alte Urkunden, S. 213 (Anm. 7, S. 213).<br />

2 BÜCHLER, a.a.O., S. 24.<br />

3 BÜCHLER, a.a.O., S. 24f. Dieser war ein Brudervon Daniel. - Zur Papiermühle im Kübel, die auf<br />

dem Gemeindegebiet von Stein stand, siehe S. 434.<br />

4 ROTACH, Herisau, S. 549f- Die Papiermühlen existierten 1929 nicht mehr.<br />

5 ROTACH, Herisau, S. 549 f.<br />

6 Brückenbüchlein, S. 30-32, mit dem oben angegebenen Namen des Tobels, mit Maßangaben<br />

und detaillierter Abrechnung. - Vgl. EUGSTER, Herisau, S. 39. — KILLER, S.45-47.<br />

7 Amtsblatt 1852, I., S. 102 f.


2 l 6 HERISAU<br />

len) Brustriegelje an beiden Flanken über die drei mittleren Abschnitte hin versteift.<br />

Die Sparrengebinde des geschindelten Walmdachs sind mit den sechs Brückengebinden<br />

durch scherenförmig gekreuzte Streben, dazwischen durch Kehlbalken<br />

(«Hahnenbalken») verspannt und auf barock profilierte Stichbalken abgestützt.<br />

Zusätzliche Verstärkung des Dachs durch Windrispen.An der Südseite reicht der mit<br />

Luken versehene Wetterschirm bis zur Fußpfette des Dachs, auf der Nordseite nur<br />

bis zum Brustriegel. - Inschriften. Auf die Spannriegel der sechs Gebinde mit schwarzer<br />

Farbe in Fraktur aufgemalt lauten sie von O nach W: i. Vorderseite: «Die Brug<br />

war gehauen Jm Jahr Anno 1778.»- Rückseite; «Zu wüßen ist daß die Brug 2 3 schuh<br />

Länger ist dan die vor der stehete.» - 2. Vorderseite: «Dißer Zeit Hochgeehrter H:<br />

Seckel Meister und Lands bauherr Bartholome Witmer vom Stein.» - Rückseite:<br />

«Die vor der steheteJm Jahr 1722 wohl gebaute brug, Jstda weg geschwämt durch<br />

unerdenckliche Große wasser flutt.» - 3. Vorderseite: «Zu deißer Brug ist verordnet<br />

H. Hauptman Cunrath Müller von Hundwill.» - Rückseite: «Alle menschen die<br />

gehen auf das tieffe thall, Die dencken Fleißig an Gott so thun sie keinen fahl.» -<br />

4. Vorderseite: «Werk Meister Hanß Virich Gruberman von Teufen.» - Rückseite:<br />

«Aus der tieffe Ruf ich Zu dir Oher. Psalm 130.» - 5. Vorderseite: «Weg Meister<br />

Virich Früh vom Stein.» - Rückseite: «Richtet eüwer Handel und wandel Zu Gott,<br />

So wird er eüweren gleits man sein früh und spoth.» - 6. Vorderseite: «Alle die da<br />

gehen außund Ein, die sollen Gott befollen sein.» - Rückseite leer.<br />

2. Grubenmann-Brücke von IJSO im Kübel. LAGE UND GESCHICHTLICHES. Über die<br />

Urnäsch zwischen Herisau und Stein kurz vor deren Einmündung in die Sitter.<br />

Koord. 742500/251612. Übergang der alten «Landstraße», die ebenfalls größten-<br />

Abb. 197 und 198. Herisau. Wirtschaftzum Bären in der Sturzenegg, Nr. 647. Teilweise getäferter<br />

Strickbau mit Mansardgiebeldach.Um- oderNeubau u m 1789. - Detail des Giebelfeldes in ursprünglicher<br />

Gestalt mit Mondglas- und Butzenscheiben, Brusttäfer und gesägten seitlichen Zierbrettern<br />

(«Steckbrettern»)im Rokokostil aufder bloßen Strickwand (vgl. Abb. 179). - TextS. 209-211.


GEDECKTE H OLZBRÜCKEN 217<br />

Abb. 199. Herisau. Glattmüli (heute «Wirtschaft zur Glattmühle»),Nr. 1116. Nordnordwestfront des<br />

gestrickten Wohngiebelhauses m it verschalten Klebedächern über den Fensterreihen, ly./iS.Jahrhundert,<br />

mit spätem Erweiterungsbauten und mit Sägerei. - Text S.213 und 215.<br />

teils als Saumpfad von der Oberdorfstraße über die Sturzenegg hierher und weiter<br />

nach Stein oder nach St. Gallen führte'. Die Brücke wurde laut Inschrift 1780 anstelle<br />

einer erheblich kleinern Vorgängerin, die 1778 ebenfalls wie die Brücke im Herisauer<br />

Tobel durch ein Hochwasser weggerissen worden war, durch Werkmeister HANS<br />

ULRICH GRUBENMANN von Teufen erstellt. Sie kostete das Land 3712 Gulden 51 Kreuzer<br />

2 . 1856 Auslösung durch den Kanton an die Gemeinden Herisau und Stein, die<br />

sich im Unterhalt teilen 3 . - BESCHREIBUNG (Abb. 203-206). Höhe über dem Flußbett<br />

zirka 6,7 m, Spannweite 30 m. Fahrbahnbreite 2,8 m. Die Brücke ist wie jene im<br />

Herisauer Tobel mit einem fünfseitigen Stabpolygon konstruiert und unterscheidet<br />

sich sozusagen nur durch konstruktive Details wie Doppelung und Verzahnung der<br />

Streckbalken, eine zusätzliche Diagonal- und Horizontalverstrebung des Sprengwerks,<br />

Verstärkung der Dachfußpfette mittels verzahnter Balken, die sich über die<br />

beiden äußersten Gebinde beider Brückenhälften erstrecken, durch Firstpfette und<br />

durch barock profilierte Flugdreiecke anstatt Stichbalken. - Inschriften. Auf die<br />

Spannriegel der sechs Gebinde mit schwarzer Farbe in Fraktur aufgemalt von O<br />

nachW: 1. Vorderseite: «Die Brug war gehauenJm Jahr Anno 1780.» - Rückseite<br />

leer. - 2. Vorderseite: «Dißer Zeit Hauptmann und Landsbauw Herr Virich Meyer<br />

von Hundwil.» - 3. Vorderseite: «Werck Meister Hans Virich Gruberman von<br />

Teufen seines Alters 72 Jahr.» - Rückseite: «Anno 1778 Durch ein unerdencklichen<br />

Wasser guß, Nimt es 6 Deckte Brugen an deißem Nemlichen fluß. Auch damit<br />

3 Wuhr ville weg und alle samtliche Steg, vom urnäscher Berg und thall biß hie Här<br />

hein Weg.» - 4. Vorderseite: «Weg Meister Jacob RäfHer von Hundwil.» - Rück-<br />

1 Wegbüchlein, S.3: Verordnungvom 16.April 1714 betreffend «dieLandstraß im Kobel ...von<br />

der brückan». - Abschrift in «Copir-Buch», S. 41.<br />

2 Brückenbüchlein, S. 35-37, m it Maßangaben und detaillierter Abrechnung. - Vgl. KILLER,<br />

S. 47-50.<br />

3 Amtsblatt 1855/56, I., S. 164. - Vgl. EUGSTER, Herisau, S. 39.


2IÖ<br />

HERISAU<br />

H<br />

s<br />

ff<br />

Abb.200, 20i und 202. HerisauundHundwil. Gedeckte Holzbrücke überdie Urnäschim Herisauer<br />

Tobel, 177Ö von Baumeister Hans Ulrich Grubenmann von Teufen mit fünfseitigem Stabpolygon<br />

konstruiert. Grundriß von Fahrbahnund Dachstuhl, Längsschnitt, Querschnitte. Maßstab 1:250. -<br />

Text S.2i5f.und 397.


g e d e c k t e h o l z b r ü g k e n 219<br />

Abb. 203, 204 und 205. Herisau und Stein. Gedeckte Holzbrücke über die Urnäsch im Kübel, 1780<br />

von Baumeister Hans Ulrich Grubenmann von Teufen mit fünfseitigem Stabpolygon konstruiert.<br />

Grundriß von Fahrbahnund Dachstuhl, Längsschnitt, Querschnitte. Maßstab 1:250. - TextS. 2i6f.,<br />

220 und 436.


220 h e r i s a u<br />

seite: «Zu Wüßen ist das die Brug 20 schuh Länger ist dan die vor der stehete.» -<br />

5. Vorderseite: «Die Brug in deißem Tieffen tobel Wirt genant AlhierJM Kobel.» -<br />

Zu der benachbarten gedeckten Holzbrücke über die Sitter zwischen Stein und<br />

St. Gallen siehe Stein, S. 436.<br />

3. Schwänbergbrücke, 1782. L a g e u n d Gestalt. Über den Wissenbach zwischen<br />

Schwänberg und Egg in der heutigen Gemeinde Flawil, ehemals bis 1803 Gemeinde<br />

Oberglatt. Koord. 7 35425/250540. Schon in den Landrechnungen von Appenzell<br />

1 534" 1 53 7 erwähnter Ubergang der alten Landstraße von Herisau oder Goßau ins<br />

Toggenburg 1 . Diese führte von Ramsen bzw. Zellersmüli durch das Mösli und durch<br />

Schwänberg hierher und weiter ins Toggenburg. Das direkte Sträßchen von Schwendi-<br />

Ramsen nach Schwänberg wurde erst 1847 im Zusammenhang mit dem ungefähr<br />

gleichzeitig vollendeten Straßenneubau von Herisau nach Degersheim angelegt 3 .<br />

Die Brücke selbst wurde laut Inschrift anstelle einer Vorgängerin von 1615 durch<br />

Werkmeister Johannes K n e l l w o l f von Herisau erbaut und der Brückenfuß auch<br />

1 A G I , S. 414.<br />

2 EUGSTER, Herisau, S. 335. - Zur Degersheimerstraße (Strecke Wolfenswil-Talmüli und Au-<br />

Ramsen) siehe Jahresrechnung derGde 1842, 1844/45, I 845/46, 1846/47,je S. 9.<br />

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Abb. 206. Herisauund Stein. Gedeckte Holzbrückeüberdie Urnäsch im Kübel, 1780 von Baumeister<br />

Hans Ulrich Grubenmann von Teufen erbaut (vgl. Abb.203-205). Blick zum östlichen Ausgang mit<br />

einerder historischen Inschriften und mitbarock profilierten Stichbalken. - Text S. 2i6f.,220und 436.


g e d e c k t e h o l z b r ü g k e n 221<br />

Abb. 207 und 208. Herisau. Weiler Schwänberg. Gedeckte Holzbrücke über den Wissenbach, 1782<br />

von Baumeister Johannes Knellwolfvon Herisau erbaut (vgl. Abb. 209-211 )• - HerisauundHundwil.<br />

Gedeckte Holzbrücke über die Urnäsch im Herisauer Tobel, 1778 von Hans Ulrich Grubenmann<br />

erbaut (vgl. Abb.200-202). Beide Brücken mit historischen Inschriften.-Text S.2i5f., 22of., 223, 397.<br />

auf der Toggenburger Seite durch Meister LAURENZ EUGSTER von Teufen neu aufgemauert.<br />

Das Kostenbetreffnis für Appenzell Außerrhoden für die Hälfte der Brücke<br />

belief sich auf 1027 Gulden 22 Kreuzer 1 . 1853 Auslösung durch die beiden Kantone<br />

Appenzell Außerrhoden und St. Gallen an die Gemeinden Herisau und FlawiP. -<br />

BESCHREIBUNG (Abb. 207,209-211). Höhe über demWissenbach rund 23m, Spannweite<br />

21,82 m. Die im Nagelfluhfelsen verankerte Brücke ist erheblich kürzer als die beiden<br />

oben beschriebenen GRUBENMANN-Brücken, dafür etwas breiter, jedoch in der gleichen<br />

Art mit fünfseitigem, allerdings dreibahnigem Stabpolygon und sechs Gebinden<br />

konstruiert. Bis in Einzelheiten gleicht sie besonders der Brücke im Herisauer Tobel<br />

(Fehlen der Firstpfette, barock profilierte Stichbalken als Auflager der Zwischensparrengebinde<br />

anstelle von Flugdreiecken). Von beiden Brücken unterscheidet sie<br />

sich freilich durch den Verzicht auf die oberseitigen Diagonalstreben. Zum Ausgleich<br />

dafür sindje eine dritte Balkenbahn des Stabpolygons, die die Fahrbahn unterschneidet,<br />

und eine entsprechende unterseitige Strebe a m Brückenfuß angebracht. Die<br />

Verstärkung beider Streckbalken durchje einen Balken zwischen drittem und viertem<br />

Gebinde von O scheint nachträglich notwendig geworden zu sein. Diese Anlage<br />

bedingte schließlich eine unterschiedliche Lage der Hölzer zur Befestigung des Wetterschirms<br />

aus Brettern und Leisten. Die Kopfbüge der über beide Brückenausgänge<br />

1 Brückenbüchlein, S.syf., mit Maßangaben und detaillierter Abrechnung.<br />

2 Amtsblatt 1856/57, I., S.34^, 4gf., 182. - Zu Oberglatt und Flawil siehe HBLS.


222 h e r i s a u<br />

Abb. 20g, 21 o und 211. Herisau. WeilerSchwänberg.Gedeckte Holzbrücke über den Wissenbach, 1782<br />

von Baumeister Johannes Knellwolfmit fünfseitigem Stabpolygon konstruiert. Grundriß von Fahrbahn<br />

und Dachstuhl, Längsschnitt, Querschnitte. Maßstab 1:200. Text S. 200, 220 f.und 223.


u r g e n 223<br />

hinausgeführten Dachfußpfetten sind dekorativ geschweift. - Inschriften. Auf die<br />

Spannriegel der Gebinde in Fraktur schwarz aufgemalt lauten sie auf der Herisauer<br />

Seite und diesem Ort zugekehrt von O nach W: 1. «Die Brugg Warr gehauenJm<br />

Jahr Anno 1782.» - 2. «Dißer Zeit Lands Fänderich und bau Herr Virich Meyer<br />

von Flundwil.» - 3. «Werck Meister Johannes Knelwolf von Herisau.» - Auf der<br />

Flawiler Seite entsprechend von W nachO: 1. «Diße vor der stehete Alte brugg war<br />

gebaueenJm Jahr Anno 1615.» - 2. «Dißer Zeit Pfleger und Bau Herr Johanneß<br />

Bauman von Oberglatt.» - 3. «Der brugg fuß auf dißer seitten auch Neu auf gemuret<br />

von M: Laurenz Aügster von Teufen.» - 4. «Decker M: Joseph Stüdly und<br />

Johanneß Gähwiller.»<br />

4. Abgegangene Brücke bei Unterer Fabrik. Über die Glatt bei Firma Kempf & Co.<br />

Koord. 738300/250525. Vermutlich Privatbau. 1920/21 Abbruchim Zusammenhang<br />

mit Glattkorrektion- Alte Photographie 2 zeigt eine Konstruktion mit dreibahnigem<br />

Stabpolygon ähnlich wie bei der Schwänbergbrücke, jedoch mit geschindeltem Wetterschirm<br />

und mit Ziegeldach.<br />

GESCHICHTE<br />

DIE B URGEN: U RSTEIN, R OSENBERG, R OSENBURG<br />

A. Allgemeines zum Geschlecht der Ursteiner sowie der Rorschacher bzw. Rosenberger und<br />

Rosenburger<br />

Das Dienstmannengeschlecht derer von Rorschach tritt mit Rudolf und Eglolf von<br />

Rorschach 1176 in die Geschichte ein 3 . Von diesem scheinen sich schon früh jene<br />

von Rosenberg und Rosenburg verzweigt zu haben. Jedenfalls ist mit dem 1222 verstorbenen<br />

und gleichzeitig erwähnten Eglolf von Rosenberg, für den dessen Bruder (!)<br />

Rudolf von Rorschach 1225 ein Jahrzeit stiftete, urkundlich erstmals ein Rosenberger<br />

faßbar 4 . Von nunan sind auch in den Quellen des 13. und 14. Jahrhunderts<br />

die «von Rosenberg» und die «von Rosenburg» immer klar und deutlich voneinander<br />

nach ihren Sitzen bei Herisau unterschieden 5. Die Verbindung der Rosenburg mit<br />

dem Stammesgeschlecht scheint zwar enger geblieben zu sein; denn ganz gelegentlich<br />

heißen deren Besitzer auch Ritter von Rorschach 6 . Allen Linien gemeinsam,<br />

wozu auch die Rosenberger von Bernang und Zuckenriet gehören 7 , ist der Rosen-<br />

1 Mitteilungvon Ing. Heinrich Kempf.Vgl. Jahresrechnung derGde 1920, S. 78; 1921, S. 76.<br />

2 Photographieim Archiv des Kantonalen Bauamtes, Herisau,und imKdmA.<br />

3 Reg. Episc. Gonst. 1038: Zeugen «Egilolf,Rod.de Rorscach.»<br />

4 UBSG853, 856 (AUB 20). DieseTatsachen sprechen im Unterschiedzum Wappen (Rosenstrauch<br />

auf Dreiberg) eherfür Rorschach als Ursprungsort alsfür Rosenberg. - Vgl. ROTACH, Herisau, S. 133.<br />

5 UBSG,AnhangzuBd. III,Nr. 37, S. 716 (um 1270): «Egilolve von Rosinberc und..Egilolve<br />

von Rosinburc.»UBSG 1079, 5.März 1293: «praesentibus Eglolfoet Rudolfoet Eglolfofratribusde<br />

Rosenberg.. Rudolfo de Rosenburg.» UBSG 1086, 31. Aug. 1294: «...da ze gegene waren herre Rudolf<br />

von Rorschach unde R(udolf) sin bruoder von Rosenburch.» UBSG, Anhangzu Bd. I II, Nr. 70,<br />

S. 793 (erste Hälfte 14. Jahrhundert). Ebenda,Nr. 90, S.832 (nicht datiert): «In anniversario Rudolfi<br />

militisde Rorschach.. Egilolfi de Rosinberc fratris sui.. Egilolfide Rosinburch.. Egilolfide Rosinberc..»<br />

- AUB 85 (UBSG 1468), J.Jan. 1350.<br />

6 KUCHIMEISTER, cap. 38 (MVG,N.F.8,i88i,S. isof.): «ainer von Roschach,des Rosenburg was.»<br />

Ebenda, cap. 40, S. 161 f. - AUB 8 5 (UBSG 1468), 7.Jan. 1350. Vgl. UBSG, Anhang zu Bd. HI,<br />

Nr. 59, S. 753 (Rodel des 12./13. Jahrhunderts); «E(gilolfus) deRorsahe» erhält Abgaben ausumliegenden<br />

Höfen.<br />

7 FELDER I , S . 2 4, 3 3 f. Vgl. A U B 159, 10.Nov. 1400.


224 h e r i s a u<br />

Abb.2i2 und 213. Herisau. Burgruine Rosenburg (Ramsenburg) von Südosten und Burgruine Rosenberg<br />

von Nordwesten (?). Federzeichnungen von Johann Jakob Rietmann, 1845 bzw. 1861, in der<br />

Stadtbibliothek Vadiana, St.Gallen (Ausschnitte). - Text S.46f., 223f., 226-228und 230-232.<br />

Strauch (z.T. auf Dreiberg) im Wappen 1 und die ausschließliche Benennung mit<br />

Eglolf und Rudolf selbst bei mehreren Brüdern 2 , was eine genealogische Klärung<br />

verunmöglicht. Mit den Rorschachern stand auch das nur spärlich bezeugte Geschlecht<br />

derer von Urstein in verwandtschaftlicher Beziehung; denn die im zweiten<br />

St. Galler Totenbuch (cod. 453) erwähnte «Berthade Urstein» 3 , ist neben einem gleichenorts<br />

aufgeführten «Rudolfusde Urstein laicus» die einzige bekannt gewordene<br />

Person des Geschlechts und offenkundig mit jener Mutter Berta gleichzusetzen, für die<br />

der oben genannte Rudolf von Rorschach 1225 ein Jahrzeit stiftete 4 . Jedenfalls<br />

befand sich die Burg Urstein um 1275 im Besitz eines Rorschachers (siehe unten).<br />

B. Die drei Sitze Urstein, Rosenberg, Rosenburg<br />

i. Urstein [an der Ostgrenze von Herisau). Nur einmalige Erwähnung in KUGHIMEISTERS<br />

um 1335 verfaßten Chronik im Zusammenhang mit derum 1275 erfolgten Zerstörung<br />

im Kampf zwischen Rudolf von Rorschach als Burgherrnund Ulrich von Ramswag<br />

um die von zwei Gegenäbten verliehenen Lehen 5 . - Mit einleuchtenden Gründen<br />

wurde die Burg neuerdings mit jenem 1080 im Investiturstreit vom königstreuen Abt<br />

Ulrich II. von Eppenstein 6 zum Schutz der sanktgallischen Gebiete erbauten «Ra-<br />

1 Wappenbuch, S. 426 und Tf.XXXV,Nr. 6. - NAEF, Burgen, S. 312 (Siegel ohne Dreiberg im<br />

Wappen). - F. WILLI, Geschichte der Stadt Rorschach und des Rorschacher Amtes, Rorschach 1947,<br />

S. 86. - Die Wappenrolle von Zürich, hrsg. von WALTHER MERZ und FRIEDRICH HEGI. Zürich 1930,<br />

Textbd., S. 71, Tafelbd.IX, S. 155.<br />

2 UBSG 1077, 5.Juni 1277. U BSG 1079, s.März 1293 (oben zitiert). U BSG 1097 (AUB 34),<br />

4. Mai 1296.<br />

3 MVG,N.F. 9 (1884), S. 412 (21.Sept.) bzw. 404 (3.Aug.).<br />

4 UBSG 856 (AUB 20).<br />

5 KUCHIMEISTER, cap. 38 (MVG,N.F. 8, 1881, S. 150-152). - Vgl. VADIANS kleinere Chronik der<br />

Äbte, hrsg.von ERNST GÖTZINGER, Bd.I,S. 250.<br />

6 RAINALD FISCHER in;AG I, S.83-85. - Continuatio cas. Sancti Galli,cap. 25,MVG, N.F. 7 (1879).


BURGEN 225<br />

690<br />

13.Jh.. vermutlich älter<br />

| | 13. Jh., vermutlich jünger<br />

Abb. 214. Herisau. Burgruine Urstein. Situationsplan mit den 1971-1973 ausgegrabenen Mauerresten<br />

(vgl. Abb. 215). Maßstab 1: zirka 769. - Text S.223f., 226 und 228-230.<br />

Abb. 215. Herisau. Burgruine Urstein. Zwei 1971 und 1972 ausgegrabene Mauerzüge von Südwesten.<br />

Links: Außenseite der vermutlich jüngerenMauer aus behauenen Sandsteinquadern mit Saumschlag,<br />

13. Jahrhundert, rechts: Außenseite der vermutlich älteren Mauer aus sorgfältiger behauenen Sandsteinquadern<br />

mit Saumschlag, 13. Jahrhundert, wahrscheinlich von einem Bergfried. - Text S. 223f.,<br />

226und 228-230.<br />

15 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


226 h e r i s a u<br />

chinstein» gleichgesetzt, das bisher im innerrhodischen Schwende gesucht worden<br />

ist 1 . Seit 1971 in Ausgrabung begriffen (siehe S. 229).<br />

2. Rosenberg (nördlich von Herisau). Indirekt erstmals 1222 (siehe oben), direkt<br />

ebenfalls in KUCHIMEISTERS um 1335 verfaßten Chronik im Zusammenhang mit dem<br />

von 70 Rittern besuchten Fest, das Abt Berchtold von Falkenstein (1244-1272) an<br />

Weihnachten 1271 «ze Rosenberg» veranstaltete 2 , erwähnt. 1403 im Freiheitskrieg<br />

durch die Appenzeller verbrannt 3 . 1415 schenkte Rudolfvon Rosenberg von Zuckenriet<br />

seine Hälfte und alle seine Rechte «des burgstals, burgsäßes und der vesti genant<br />

Rosenberg» dem Heiliggeistspital zu St.Gallen 4 . Fast gleichzeitig wurde offenbar<br />

der entsprechende Anteil seiner beiden Schwestern Margaret und Ursula an die<br />

Herisauer verkauft 5 . 1461 befindet sich die Burgstelle wieder im Besitz des Klosters<br />

I Ebenda, Exkurs, S. I26f. 2 KUCHIMEISTER, cap. 33 mitAnm. 178. Vgl. cap. 30 mit Anm. 151.<br />

3 Reimchronik, Verse 1273-1276. 4 AUB 337 (UBSG 2648), 2. Juli 1415.<br />

5 AUB 593 (ZELLWEGER, Urk. 206), 11.Dez. 1430, wonach «vor Ziten ... die von Herisow von<br />

Cunraten dem Payrer und fro Ursula von Rosenberg siner frowen erkauffet hettin das Burgstall das<br />

gemür und Burghalden der Vesti Rosenberg..», nimmt offenbar Bezug auf eine verlorene Urkunde,<br />

die vermutlich etwa gleichzeitig mitAUB 335, g. April 1415, und 338, 25. Juli 1415, ausgestellt wurde.<br />

//<br />

Abb. 216. Herisau. Burgruine Rosenberg. Palasartiger Wohnturm, vermutlich 13. Jahrhundert (vgl.<br />

Abb.213 und 220). Situationsplan im Maßstab i:zirka 870. - Text S.223f., 226f. und 23of.


u r g e n 227<br />

13. Jh.<br />

Abb.217. Herisau. Ruine Rosenburg (Ramsenburg). Bergfried und Hofmauer mit Gebäude (vgl.<br />

Abb.212, 218 und 219). SituationsplanimMaßstab i:zirka 870. - Text S.223f., 227f.und23if.<br />

St.Gallen 1 . 1805 wurde «der vordere Herisauer Burgstock ... als Eigentum des<br />

ehemaligen Stiftes St.Gallen» vom neuen Kanton «an Privaten in Herisau» verkauft<br />

2 . Heute im Besitz der Bürgergemeinde. - Ausgrabungen, Funde (siehe unten)<br />

und Sicherung des Gemäuers 1936 3 .<br />

3. Rosenburg (westlich von Herisau, in neuerer Zeit auch Ramsenburg genannt) 4 .<br />

Indirekt erstmalsum 1270 («Egilolve von Rosenburc»), direkt als «bürg Rosenburg»<br />

im Besitz eines Rudolf von Rorschach in KUCHIMEISTERS Chronik um 1335 im Zusammenhang<br />

mit der Zerstörung Ursteins u m 1275 ( v gl- oben) erwähnt. Mit ihr war<br />

um diese Zeit und noch bis 1396 das Meieramt von Herisau verbunden 5 . Daraus<br />

und aus umliegenden Höfen, namentlich ausje einem in Teufenau (siehe S. 211 f.),<br />

bezogen die Ritter («ministri de Rosenburg») Einkünfte 6 . Um 1350 scheint die<br />

1 AUB927 (ZELLWEGER, Urk. 389), 24.Juni 1461: V on der Ablösung ausgenommen sind u.a.<br />

«das Burgstall und die Burghaid zu Rosenberg.»<br />

2 NAEF, Burgen, S.314 (zitiert Kantonsblatt St.Gallen). - Vgl. PAUL SCHEITLIN, Das Heinrichsbad<br />

bei Herisau, St.Gallen 1828, S. 155: «Der Boden und die Burg ist Privateigenthum.»<br />

3 Tagebuchder Ausgrabung. Ms.von WALTER SCHLAFFER in: Nachlaß Dr. Gottlieb Felder (Korrespondenz,<br />

Photos und Pläne) im Hist. Mus. St. Gallen. - GOTTLIEB FELDER, V on der Burgruine<br />

Rosenberg bei Herisau,AK 1938.<br />

4 «Ramsenburg» tauchtim ig. Jahrhundert auf, z.B. aufeinem Plan von PAUL IMMLER, 1863.<br />

5 UBSG, Anhangzu Bd. III, Nr. 37, S. 715. KUCHIMEISTER, cap. 38und 40.<br />

6 UBSG, Anhang zu Bd. III,Nr. 70, S. 793; «Item de curiainTüffenouve ministride Rosenburg.»<br />

Nr. 59, S. 753 (i2./i3.Jh.): «E(gilolfus) de Rorsahe» und «milites decuria» beziehen Abgaben aus<br />

den Höfen Wcggenwil, Baldenwüund Wolfertswil.-AUB 112 (Bellschwendi).AUB 139 (Ramsen).


228 h e r i s a u<br />

Burg, aus der Chronik des JOHANNES VON WINTERTHUR ZU schließen, nur noch ein<br />

von einem Bauern verwalteter Gutsbetrieb gewesen zu sein 1 , der sich nach einer gleichzeitigen<br />

Urkunde im Besitz zweier gleichnamiger (!) Brüder Rudolf von Rorschach<br />

befand, der eine Kilchherr zu Herisau, der andere zu Rorschach, während auf der<br />

Rosenberg deren Vetter, Eglolf von Rosenberg, residierte 2 . 1403 ebenfalls wie die<br />

Rosenberg durch die Appenzeller verbrannt 3 . 1466 im Besitz der Abtei 4 . Am<br />

i i.Februar 1809 wurde die «Rosenburg», «der bei Ramsen liegende Burgstock»<br />

aus dem Liquidationsgut der aufgehobenen Abtei vom neuen Kanton St. Gallen um<br />

440 Gulden an die Gemeinde Herisau verkauft 5 . - 1937 Ausgrabung und spärliche<br />

Funde 6 .<br />

BESCHREIBUNG<br />

1. Urstein. Koord. 742350/249950 (Abb.2i4und 215). A m Westrand des wilden<br />

Urnäschtobels auf einem abschüssigen und durch beständige Abrutsche geschmälerten<br />

Geländesporn zwischen der Urnäsch und dem in sie einmündenden Stößelbach,<br />

etwas mehr als ein Kilometer nördlich der Stelle, wo das Rachentobel mit dem<br />

1 MonumentaGermaniae Historica,neue Reihe,Bd. 3, Berlin 1924,8.343^Imjahre 1344 wurden<br />

zwei den Rosenburgern feindliche Gielen und ihr Knecht beim Versuch, den bäuerlichen Burgwart<br />

von dessen Herren abtrünnig zu machen, von diesem daselbst ermordet, die beiden Ritter in den<br />

Burggemächern,derKnecht i m Stall(!). - Vgl. TRAUGOTT SCHIESS, a.a.O.,S. 14g.<br />

2 AUB 85 (UBSG 1468), 7.Jan. 1350.<br />

3 Reimchronik, Vers 1287 mit Kommentar.<br />

4 AUB 1014, mit (S. 51g) anschließenden Vorschlägen der Parteien.<br />

5 «Copir-Buch», S. 45: «Überlassungs-Jnstrument betreffend die Rosenburg ob Herisau v om<br />

i i.Februar 1809.», wonach diesean der Versteigerungvom 18.Jan. öffentlich erstanden wordenwar.<br />

Vgl. R Pr, 2.Jan. 1809 (genaue Ortsbezeichnung), 6., 13., ig., 30.Jan. 1809 («Rosenburg»). -<br />

FISCH, Manuskript, S. 211. — Fliegende Blätter, Fol. ig.<br />

6 Tagebuch der Ausgrabung. Ms.im Hist. Mus. St.Gallen (Nachlaß Dr.G. Felder). - GOTTLIEB<br />

FELDER und FRITZ SAXER, N eue heimatkundliche Streifzüge, St.Gallen ig38, S. 30-34. - Vgl.J. U.<br />

MENG, Rosenbergund Rosenburg, Herisau ig38.<br />

Abb.218. Herisau. Ruine Rosenburg (Ramsenburg). Längsschnitt West-Ost. Photographie eines verschollenen<br />

Ausgrabungsplanes von ig37 mit den beiden Sodbrunnen. Maßstab 1:zirka 345. —T ext<br />

S.40, 223f., 227f.und 231 f.


u r g e n 229<br />

Sonderbach in das Herisauer Tobel einmündet. Bis 1971 war nur noch der Standort<br />

der scheinbar fast restlos verschwundenen Burg bekannt, der mit den drei aufeinanderfolgenden<br />

Geländekuppen und den sie trennenden Einschnitten (Halsgräben?)<br />

schon im 19. Jahrhundert aufgefallen war 1 . Die im Juli 1971 unter der Leitung von<br />

FRANZISKA KNOLL-HEITZ und CASPER MEYER begonnenen und seither wiederholten<br />

Ausgrabungen haben bis jetzt Mauerteile einer ansehnlichen Burganlage aus mindestens<br />

zwei verschiedenen Zeitabschnitten zutage gefördert, die durch Fundgegenstände,<br />

vor allem Becherkacheln von Öfen und durch Scherben, einigermaßen datiert<br />

werden können 2 . A n Mauern der offenbar größtenteils in das Urnäschtobel abgerutschten<br />

Burg sind nordöstlich der dritten, am tiefsten gelegenen Geländekuppe<br />

und des Halsgrabens, der diese von den beiden höher gelegenen Kuppen trennt,<br />

folgende zwei, in der Struktur unterschiedliche Überreste freigelegt worden: a) Ein<br />

Mauerzug aus größeren, schön behauenen Sandsteinquadern mit Saum- oder Kantenschlag.<br />

Er verläuft in einer Mauerstärke von etwa zwei Meter zirka sechs Meter<br />

südwärts und winkelt dann nach Osten ab. Der Saumschlag erlaubt kaum eine<br />

Datierung vor das 13. Jahrhundert. Vermutlich Überreste eines Bergfrieds. - b) Die<br />

südliche und westliche Flanke eines durch die Funde als Wohngebäude erkennbaren<br />

Bauwerks von 220 bis 230 cm Mauerstärke aus roh behauenen Sandsteinen. Es<br />

fügt sich dem Nordabschluß des unter a beschriebenen Mauerzugs ohne Verband an.<br />

Seine Südflanke bildet mit diesem - wohl ältern Mauerzug - einen rechten Winkel.<br />

Die Länge der beiden rechtwinklig verbundenen Mauerschenkel ist infolge Absturzes<br />

der nordöstlichen Gebäudehälfte unbestimmt. - c) Funde vor allem im Wohngebäude,<br />

teilweise auch im Winkel (Hof?) zwischen diesem und der langen Quadermauer:<br />

außer Knochen, Werkzeugen (Beil), Hausgeräten (Fragmente eines Kessels, Lämpchen,<br />

Aufhängehaken mit Kette), einem bronzenen Schmuckstück, Gefäßscherben,<br />

die mit Vorsicht ins 13./14. Jahrhundert datiert werden können, besonders die Überreste<br />

zweier, verschiedenen Grabungsschichten angehörenden Lehmöfen mit Becherkacheln.<br />

Die mit Brandschutt durchsetzten Schichten ließen erkennen, daß jeder mit<br />

einem solchen Ofen versehenen Wohnperiode eine Brandschatzung vorausging und<br />

eine folgte. - Somit drängt sich die Schlußfolgerung auf, daß die von KUCHIMEISTER<br />

berichtete Zerstörung zwischen 1274 und 1277 nur eine Episode bedeutete und die<br />

endgültige Zerstörung viel später, vermutlich wie bei der Rosenberg und der Rosenburg<br />

ebenfalls zur Zeit des Freiheitskrieges (1401-1429) stattgefunden hat.<br />

2. Rosenberg (Abb. 213, 216 und 220 f.). Nördlich des Fleckens auf bewaldeter Nagelfluhkuppe,<br />

874 m ü. M., in einer die alte Verbindung St. Gallen -Herisau beherrschenden<br />

Lage. Koord. 739150/251 130. Westlich von der eigentlichen Burg erhebt<br />

sich ein durch Halsgraben von ihr getrenntes Plateau von gleicher Höhe, das gegen<br />

Westen durch einen zweiten Halsgraben geschützt ist (Reste hier vermuteter Ökonomiegebäude<br />

wurden aber nicht entdeckt). Die Burg selbst hat ihr Aussehen seit der<br />

frühesten bekannten Abbildung in HERRLIBERGERS Topographie von 1758 kaum<br />

1 Bilddokument G 3. — GEROLD VON KNONAU ( M V G ,N .F . 8 , 1881, S . 151, A n m .247) stellte<br />

«dreinacheinander folgende, stets tiefer liegende, durchGräben getrennte Terassen» fest. — GOTTLIEB<br />

FELDER (Burgen I, 1907, S. 45) sah noch «ein zirka 1 m hohes Mauersätzlein.»<br />

2 Archäologischer Forschungsberichtvon FRANZISKA KNOLL in: NbSG 112 (1972), S.84F. Die Ausgrabung<br />

wurde dank derInitiative von KARL DIEM, JOSEFANDREATTAu n d JÜRGENBALMER,Herisau,<br />

in Angriff genommen. Vgl. AZ, Ö.Juli, 15.Okt. 1971, 17.Juli 1972 und 21.Juli 1973.AK 1974.


230 h e r i s a u<br />

Abb.219. Herisau. Ruine Rosenburg (Ramsenburg). Flugaufnahme von Südosten. Bergfried mit<br />

Hocheinstieg, 13. Jahrhundert. Hofmauer mit Eingang an der Westseite u nd mit Gebäude in der<br />

Nordostecke, 13./14.Jahrhundert (vgl. Abb.212, 217 und 218). - Text S.223f., 227f. und 23if.<br />

wesentlich verändert 1 , wie auch Zeichnungen des 19. Jahrhunderts dartun 2 . Von<br />

einem gewaltigen palasartigen Wohnturm vermutlich des 13. Jahrhunderts ist sozusagen<br />

nur der bruchsteinerne Kern einer Umfassungsmauer geblieben. Mit ig m bis<br />

22 m Seitenlänge, 7 m bis 9 m Höhe an der fensterlosen Westflanke und 2,35 m bis<br />

3,2 m Stärke am Fuß umschließt sie einen nahezu rechteckigen Raum, dessen nur<br />

meterhohe, schwächere Südflanke leicht ausknickt. An der Nord- und Ostflanke,<br />

gegen die Nordostkante gerückt,je ein Schartenfenster in ungefähr 3 m Höhe.An der<br />

Südmauer gegen Osten verschoben Reste eines rund 2 m weiten, offenkundig spätem<br />

Eingangs mit plattenbelegter Schwelle. Quadratische Löcher im Nagelfluhfelsen<br />

beidseits davor scheinen der Verankerung eines Vorbaus gedient zu haben. Nach<br />

Lage und Art wohl von einem später eingebauten Stall oder Schafgehege. Dafür<br />

sprechen vor allem zwei an der Stelle gefundene Türscharniere mit kurzen, schwalbenschwanzförmigen<br />

Flügeln, die Jüngern Datums (15./16.Jahrhundert?) sind 3 .<br />

Vielleicht aus derselben Zeit das im Innern gegen die Südostecke gelegene Zisternenloch<br />

von nur 1,6 m Tiefe und 1,2 m Durchmesser. — Funde (im Hist. Mus. Herisau):<br />

Ausguß eines Tonaquamaniles in Form eines Knabenkopfs von archaischem Ausdruck,<br />

H. 8,3 cm, 13./14. Jahrhundert (Abb. 22i). Drei verschiedene unglasierte Ofenbecherkacheln.<br />

Außerdem Beschläge, Nägel, Haken, Schlüssel, Schlösser, Ringe,<br />

1 Bd. II, S. 470; von SW. Fehlt in JOH. ULRICH SCHELLENBERGS Federzeichnung von 1757.<br />

2 Plandokument 3a. Bilddokumente Gl.<br />

3 Vgl. HENRI CLOUZOT,L e ferforge, Paris 1 953, S.44f. - OTFRIED KASTNER, Handgeschmiedet,<br />

Linz 1967, S. 112, 115.


BURGEN 231<br />

Abb. 220. Herisau. Burgruine Rosenberg. Flugaufnahme von Ostnordosten. Bruchsteinerner Kern der<br />

Umfassungsmauer eines palasartigen Wohnturms, vermutlich 13. Jahrhundert (vgl. Abb. 213und 216). -<br />

Text S.223f., 226 f. und 229-231.<br />

Messer, Bohrer, Spitzeisen, Armbrustbolzen, Pfeil- und Lanzenspitzen, Fußangeln,<br />

Gürtelschnalle, alles aus Eisen.<br />

3. Rosenburg (Abb. 212, 217-219). Westlich von Herisau auf einer Nagelfluhkuppe,<br />

912 m ü. M. Koord. 737080/250213.An altem Durchgang ins Toggenburg, über den<br />

Höfen Teufenau, Ramsen, Schwänberg u.a. gelegen. Ihr Aussehen im 19.Jahrhundert<br />

ist durch Zeichnungen festgehalten 1 . Die von tiefem Graben umzogene Anlage<br />

besteht aus einem gut erhaltenen, fast quadratischen Bergfried, einem schiefwinkligen<br />

mauerumfriedeten Hofan der Ostflanke und einem in dessen Nordostecke geschmiegten<br />

viereckigen Gebäude. - a) Bergfried, mit 9,7 X 9,9 m Grundfläche und 2,2 bis<br />

2,9 m Mauerstärke, weist den für die Zeit vor 1200 nicht bekannten Kanten- oder<br />

Saumschlag auf. An der Hofseite in 4,4 m Höhe Hocheinstieg, der unter der Schwelle<br />

ursprüngliche Balkenlöcher einer Tragkonstruktion aufweist. Dessen stichbogiger<br />

Kammer istan der Außenseite ein rundbogiges Sandsteingewände mit Rundstabprofil,<br />

wohl 13. Jahrhundert, vorgeblendet. In gleicher Höhean der Westfront Lichtschlitz,<br />

ein zweiter (zusammengestürzter) an der Nordfront im Geschoß darüber, das an der<br />

nördlichen Innenwand durch kräftigen Mauereinsprung gekennzeichnet ist. Einer<br />

Unterteilung des fensterlosen ersten und zweiten Geschosses dienten Kragsteine. Als<br />

Besonderheit im Innern ein 9 m tiefer Sodbrunnen von zirka 1,8 m Durchmesser. -<br />

I Ein Plan von PAUL IMMLER v om Juli 1863 imSLM (Plandokument 4a) zeigt umfangreichere<br />

Mauern. Im übrigen siehe BilddokumenteG2.Zu deren Ergänzung sind anzufügen zwei Zeichnungen,<br />

Bleistift mit Feder, 14 X 19,5 cm, betitelt; «Ruineder Rosenburg bei Herisauvon Westen 1885.» und:<br />

«RuineRosenburg bei Herisau von Osten 1885.», in; «Schlösser, BurgenundRuinender Ostschweiz<br />

nachder Natur gezeichnet von P. Staub.», Bd. 7, Nr. 215 (Besitz des Schweizerischen Burgenvereins).


232 h e r i s a u<br />

b) Hof. Unregelmäßiges Viereck, dessen Mauerumfriedung bei einer Stärke von nur<br />

115 bis 135 cm (160 cm einzig beim Hoftor) Seitenlängen zwischen rund 19 und 25 m<br />

und Höhen bis zu 2,5 m aufweist. In der Westmauer südlich des Bergfrieds ein Hoftor<br />

von 1,7 m Weite mit plattenbelegter Schwelle, im stichbogigen Abschluß rekontruiert.<br />

In der Ostmauer Schartenfenster und Abflußkanal.In der Nordwestecke des<br />

Hofs ein 18,6 m tiefer Sodbrunnen von rund 2,3 m Durchmesser, aus dem Fundstücke<br />

geborgen wurden (siehe unten). - c) Gebäude. In die spitzwinklige Nordostecke<br />

geschmiegt und infolgedessen selbst ein unregelmäßiges Viereck von durchschnittlich<br />

6 m Breite und 1 o m Länge wird seine längere Nord- und kürzere Ostflanke von der<br />

Hofmauer selbst gebildet, mit der die nur 80-100 cm starke Süd- und Westmauer<br />

fugenlos verbunden ist.An der westlichen Schmalseite ein Eingang mit rundbogigem<br />

Tuffsteingewände und stichbogiger Kammer,im obern Abschluß ebenfalls, aufgrund<br />

gefundener Segmente, rekonstruiert. Dazu führt im rechten Winkel von der Hofmitte<br />

her ein in eine Mauer eingefangener Korridor mit rechteckigem Fensterchen gegen<br />

Westen. Das Erdgeschoß des Gebäudes selbst besitztje einen schartenförmigen Lichtoder<br />

Luftschlitz an der nördlichen Außenwand (!) und gegen Westen direkt in den<br />

Hof zwischen Korridor- und Hofmauer. - d) Funde (im Hist. Mus. Herisau): Ziselierter<br />

Rittersporn aus vergoldeter Bronze. Aus dem Sodbrunnen des Hofs hölzerne<br />

Dauben und Böden von Schöpfeimern, Ziehketten, eine davon mit Bügel und Reif 1 .<br />

- e) Datierung und Schlußfolgerungen. Für die Bauzeit des Bergfrieds im 13. Jahrhundert<br />

sprechen Kantenschlag, spätromanisches Rundstabprofil a m Hocheinstieg, erste<br />

Nennung der Burg Ende 13. Jahrhundert. - Für einen nachträglichen Anbau der<br />

Hofmauer und des mit ihr homogenen Gebäudes (Stall?), wofür auch ein zweiter,<br />

bequem zugänglicher Sodbrunnen angelegt wurde, spricht der wenig wehrhafte<br />

Charakter der Anlage (vgl. oben Gutsbetrieb im 14. Jahrhundert).<br />

I Tagebuch der Ausgrabungen. - Vgl. J. U . MENG, Rosenberg und Rosenburg, Herisau 1938,<br />

Abb. S. 13 f.<br />

Abb. 221. Herisau. Burgruine Rosenberg. Knabenkopf mit archaischem Ausdruck. Ausguß eines<br />

Aquamaniles, eines Gießgefäßeszum Händewaschen, aus gebranntem Ton, 13./14. Jahrhundert. Fund<br />

von 1936. Historisches Museum Herisau. - Text S.23of.


SCHWELLBRUNN<br />

233<br />

KIRCHLICHE U ND P OLITISCHE V ERHÄLTNISSE<br />

1. Bis zur Gemeindegründung 1649. «Schwellbrunnen», erstmals 1268 zusammen mit<br />

Rötschwil, Höggund Beldschwendi als Lehen des Gotteshauses St. Gallen erwähnt I ,<br />

war nur einer unter zahlreichen, im heutigen Gemeindegebiet liegenden, z.T. schon<br />

in frühern Urkunden genannten Höfe, die bis zur Lostrennung 1649 zur uralten und<br />

ausgedehnten Kirchhöre und somit auch zur Rhode Herisau (s.d.) gehörten. So<br />

Ädelswil (Aedelineswilare), z.T. auch auf Herisauer und Waldstatter Boden gelegen<br />

und bereits 909 anläßlich von zwei Schenkungenan das Kloster St. Gallen 2 , Gägelhof<br />

(Gägilmar), Kappelen, Landersberg u m 1200 3 , Sonder 1225 4 und Tüfi (Dufin)<br />

1227 5 bezeugt. Zur Freivogtei des Obern Thurgaus, die 1279 von Rudolf von Habsburg<br />

an Hans Ulrich von Ramschwag verpfändet wurde, gehörten namentlich Gägelhof<br />

und Erzenberg (Werzenberg) 6 , außerdem die Höfe Nord, Sonder, Ghör, Risi,<br />

Landersberg und Kappelen, die aber als Teile dieser Freivogtei ausdrücklich erst<br />

1398 anläßlich des Erwerbs von den Ramschwagern durch das Kloster St. Gallen<br />

aufgezählt sind 7 , und nochmals, als die Herisauer 1463 die Zinsen dieser Güter vom<br />

Kloster ablösten 8 . Die von GOTTLIEB BÜCHLER, Schwellbrunn, S. 3, behauptete<br />

Zugehörigkeit zur «Pfarrei Tüfenau» gehört ebenso wie die Existenz einer solchen<br />

Pfarrei in den Bereich einer wohl im 19. Jahrhundert entstandenen Legende (siehe<br />

Tüfenau, S. 2i2f.). Kappelen («Capella» im Einkunftsrodel von 1200) deutet auf<br />

eine abgegangene mittelalterliche, noch in der Dorftradition des 19. Jahrhunderts<br />

bekannte Kapelle hin 9 . Doch ist das erstmals von SCHÄFER, Materialien 1813, S. 170,<br />

mitgeteilte und durch die Literatur übernommene St.-Anna-Patrozinium nicht verbürgt<br />

10 . Auf Kapelle oder Bildstock weist auch der Flurname Bild 11 .<br />

2. Seit der Gemeindegründung 164g. Die durch Vertrag vom 7.Februar 1649 von<br />

Herisau infolge Kirchenbaus abgetrennte und neu gegründete Gemeinde (Kirchhöre)<br />

12 ist nach der Hofstatt benannt, worauf 1648 die erste, noch bestehende Kirche<br />

(S. 240f.) und in der Folge das Dorf entstand: eine typische, im Zusammenhang mit<br />

i AUB 29. 2 AUB 13, 14. 3 UBSG, Bd. III, S. 753, 755 (Einkunftsrodel).<br />

4 AUB 20. 5 AUB 21: Gehörtzu einem gefreiten Bezirkum Peterzell. 6 AUB 30.<br />

7 AUB 156. 8 AUB 953.<br />

9 BÜCHLER, Schwellbrunn, S.4: «..sie standan der Blatten links bei seits des jetzigen Wohnhauses<br />

aufKappelen... Deren Überrestevon Gemäuer durchMr Konr. Schoch erst im Jahr 174g bei seinem<br />

neuen Hausbau beseitigt und dazu verbraucht worden..Des Verfassers Vater wußte jene Stelle noch<br />

sehr gut zu erzeigen,wo besagte Kapelle gestanden war.»<br />

10 So übernommen von: BÜCHLER, Schwellbrunn, S. 4. — EUGSTER, Herisau, S. 140. - NÜSCHELER,<br />

Gotteshäuser II, 1, S. 147. - GAUDY II, S. 88. - Zum Problem siehe Herisau, St.-Anna-Kaplaneiund<br />

-Pfründe, S. 31, Baugeschichteder Kirche, S. 68,und vor allem St.-Anna-Altarund St.-Anna-Kapelle,<br />

S. 86 f.<br />

11 BÜCHLER, Schwellbrunn, S. 5. - Gemeindegeschichte I, S. 326.<br />

12 «Überkomnuß Brieff beider Kirchen Herisouw vnd Schwelbronen», 7. Febr. 1649, GdeA<br />

Schwellbrunn. - Abschrift in: Alte Urkunden, S. 4-8. - Kirchenlibell, Fol. 22: Erste Kirchhöreversammlungvom<br />

Sonntagnachder Landsgemeinde bestellte denHauptmannund je fünf Räte aus der obern<br />

und untern Schar, die ungefähr gleichviel Haushaltungen zählte.


234 s c h w e l l b r u n n<br />

einem Kirchenbau in neu gegründeter Gemeinde gewachsene Siedlung. Die Einwohner<br />

des neuen Gemeindegebietes, die teils der bisherigen Jesperger-, teils der bisherigen<br />

Rutzenschar angehörten 1 , waren von jetzt an entsprechend in die obere und untere<br />

Schar eingeteilt 2 . Ihre Zahl wuchs seit 1667 von 1012 auf 2436 im Jahre 1794 3 ,<br />

dann Rückgang auf 2195 bis zum Jahre 1842 4 , auf 1212 bis 1970 5 . Die Häuserzahl<br />

betrug im Jahre 1798 dreihundertfünfunddreißig 6 . Die reformierte Gemeinde<br />

bildete bis zur Trennung von Kirche und Staat durch die neue,am 29. April 1877 in<br />

Kraft getretene Kantonsverfassung eine kirchliche und politische Verwaltungseinheit<br />

(Kirchhöre). Die nun gegründete Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde, Nutznießerin<br />

der im Besitz der Politischen Einwohnergemeinde verbleibenden kirchlichen<br />

Gebäude, schloß sich 1878 der neu konstituierten Evangelisch-reformierten Landeskirche<br />

von Appenzell A.Rh. an. - Vgl. S. 9-11.<br />

WIRTSCHAFTLICHE VERHÄLTNISSE<br />

Entsprechend der allgemeinen Entwicklung in Außerrhoden nahm die mehrheitlich<br />

bäuerliche Bevölkerung a m Aufschwung von Textilgewerbe und -handel im<br />

16. Jahrhundert vor allem durch Spinnen von Flachs, im 17. und 18. Jahrhundert<br />

vorwiegend durch Leinwand- bzw. Baumwollweberei teil, wobei sich einzelne zu<br />

Fabrikanten und Handelsleuten emporschwangen. Hochblüte in den 1780-1790er<br />

Jahren 7 . Sozusagen Stillstand der Handweberei u m 1860 und Aufkommen der<br />

Handmaschinenstickerei 8 . Seit etwa 1880 Entwicklung zum Luftkurort 9 .<br />

Quellen. GdeA: «ÜberkomnußBrieff beider Kirchen Herisouw vnd Schwellbronen», 7. Febr. 1649<br />

(Pergamenturkunde mit Landessiegel, außerdem zeitgenössische Kopie). — «Kirchhöri-Protokoll der<br />

appenzell-außerrhodischen Gemeinde Schwellbrunnen von 1649 an» (von 1649 bis 1803nur fragmentarisch),<br />

enthält auch Abschrift von neun Turmknopfschriften von 1690 bis 1877. Zitiert: Kirchhöriprotokoll.<br />

- Jahresrechnungen der Gde (gedruckt), 16.Nov. 1840ff. - Protokoll der Kirchenvorsteherschaft<br />

Schwellbrunn, i877ff. - Historisches Museum Herisau: Kirchenlibell, 1652 von Leonhard Fuchs,<br />

erstem Pfarrer von Schwellbrunn, verfaßt, in einer Abschrift Friedrich Schefers, 1747. - KtA Herisau:<br />

Ms. 59, Schreibbuch des Johannes Rutz von Schwellbrunn, 1756.<br />

Literatur. GOTTLIEB BÜOHLER, Versuch für eine Geschichte für die Gemeinde Schwellbrunn. Ms.,<br />

Okt. 1848, im GdeA. Wichtig als Ersatz für verlorene Quellen seit 1648. Zitiert: BÜCHLER, Schwellbrunn.<br />

- « Gemeindegeschichte von Schwellbrunn », 3 Bde. Ms., Eigentum des « Leseverein Dorf».<br />

Von Bd. III Doppel im GdeA. Zitiert: Gemeindegeschichte I, II, III. Bd. I enthält Kopie von 1877<br />

von GOTTLIEB BÜCHLERS «Der Sammler historischer Ereignisse oder Beiträge zur Gemeindegeschichte<br />

für Schwellbrunn, Herisau, Neujahr 1848», z.T. abgedruckt in: AJB 1886, S. 1-17, mit dem Titel: «Zur<br />

1 «Überkomnuß Brielf..»,am Anfang. - Kirchenlibell, Fol. 4.<br />

2 Vgl. Kirchenlibell, Fol. 4 mit Fol. 22. Ebenda, Fol. 10, 12.<br />

3 SCHÄFER, Materialien 1810, S. 71-73.<br />

4 SCHÄFER, Materialien 1810, S. 74: im Jahre 1805: 2240. - AMB 1843, S. 64. - Vgl. BÜCHLER,<br />

Schwellbrunn, S. 128. — Gemeindegeschichte I, S. 358. - H. SCHMID, Schwellbrunn, S. 126.<br />

5 Statistische Quellenwerke der Schweiz, Heft 467, Bern 1971, S. 45.<br />

6 BÜCHLER, Schwellbrunn, S. 128, bzw. Gemeindegeschichte I, S. 358. — Vgl.H. SCHMID, Schwellbrunn,<br />

S. 56.<br />

7 G. BÜCHLER, Schwellbrunn, S. 126-129, bzw. Gemeindegeschichte I, S. 40-45. - Vgl. BODMER,<br />

Textilgewerbe, S. 3-5, 10 (Spinnerei), 21 f. (Baumwollverarbeitung seit dem 18. Jahrhundert).<br />

8 Gemeindegeschichte I, S. 366. — Turmknopfschrift XI, i.Sept. 1877 (Kirchhöriprotokoll,<br />

S. 101).<br />

9 Gemeindegeschichte III, S. 3of.


geschichte 235<br />

Abb. 222, 223 und 224. Schwellbrunn. Ältestes Gemeindesiegel, zweite Hälfte 18. Jahrhundert. —<br />

Gemeindesiegel, 19.Jahrhundert. - Kanzleisiegel, erste Hälfte 19. Jahrhundert. - Text unten.<br />

Geschichte der Gemeinde Schwellbrunn vorund nach der Reformation bis zum Kirchenbauim Jahr<br />

1648.» Außerdem in Bd. I: «Weiteres gemeindegeschichtliches und geographisches Material, gesammelt<br />

vonJ.M. Tanner», bis 1880. Bd.III: Fortsetzungvon 1880 bis Gegenwart. Bd. II: «Supplement»,<br />

nicht von Belang. - (OTTO FREHNER), Die Gemeinde Schwellbrunn, 1648-1948. Ms. o.J., im GdeA. -<br />

H . SCHMID, Schwellbrunn,Herisau 1949. - EUGSTER, Herisau,S. 102-105, 335f.<br />

Bilddokumente. 1. Dorf von SO, aufgenommen von JOH. ULRICH FITZI (1798-1855): a) Federzeichnung,<br />

zirka 20 X 62 cm, bezeichnet: «J. U. Fitzi. Mai 1821, SCHWELLBRUNN.». Gemeindehaus Schwellbrunn<br />

(Abb. 227). - b) «SCHWELLBRUNN» (Buchstaben mit Gitterverzierung), Federzeichnung,<br />

35 53j5 cm > u m 1822. Privatbesitz Zollikon. - c) Federaquarell, 21,7 X 46,8 cm, mit Bleistift kursiv<br />

bezeichnet: «Ansicht von Schwellbrunn 1828». Hist. Mus. St.Gallen, Nr. 12732. — d) Federaquarell,<br />

26,2 X 63,4 cm, datiertund signiert: «J. U. Fitzi im Speicher 1838». Privatbesitz Heiden. - e) Federaquarell,<br />

36,6 X 53,3 cm. KtB Trogen. - 2. Dorf von S, aufgenommen von Jon. ULRICH FITZI, Federzeichnung,<br />

20,8 X 51,5 cm, bezeichnet: «Schwellbrunn d 2 October 1829» (kursiv). Sammlung Ernst<br />

Rutz, Gümligen BE. - 3. «Schulhaus zur Linde, Schwellbrunn, gezeichnet von LehrerJ. K. Schieß,<br />

Lehrer daselbst Nov. 1852-Oct. 1857», Federaquarell, 30,2 X 38,4cm. Hist. Mus. Herisau (Abb. 238).<br />

Siegel und Wappen. Lange Zeit besaß die neu gegründete Gemeinde kein eigenes Siegel, und auch<br />

nach dessen Anschaffung wurden Urkunden gelegentlich noch mit dem Herisauer Gemeindesiegel<br />

von 1664 versehen 1 . Ein gemeindeeigenes Siegel konnte erstmals auf dem Zettelauszug («Zedel») Nr.<br />

D411 vom 14. Mai 1769 (GdeA) festgestellt werden 2 . 1. Ältestes Gemeindesiegel. Zweite Hälfte^.Jahrhundert<br />

(Abb. 222). Oval, 31 X 27mm. Wappen mit heraldisch nach rechts auf Felshang und daraus<br />

sprudelndem Quell zuschreitendem Bären. Als Umrahmung Louis-XVI-Kranzund Antiquaumschrift:<br />

«sie. DER GEMEIND SCHWELL BRUNNEN». - 2. Gemeindesie gel. 19. Jahrhundert (Abb. 223). Oval, 33 X 27mm.<br />

Das Wappen ist n un zusätzlich mit einem Tännchen auf dem Felsen versehen. Antiquaumschrift:<br />

«SIEGEL DER GEMEINDE SCHWELLBRUNNA. AR.» ( A R istligiert).Abdruck in der Sammlung des Kantonsarchivs.<br />

Mit einem laut BÜCHLER, Schwellbrunn, S. 96, im Jahre 1796 angeschafften Siegel ist das<br />

beschriebene aus der Schreibweise «A.AR.» zu schließen kaum identisch (vgl. Siegel von Waldstatt). -<br />

3. Kanzleisiegel, a) Erste Hälfte 19. Jahrhundert (Abb. 224). Oval, 29 X 26mm. Wappen ähnlich wie<br />

bei Nr. 2 mit einem Tännchen. Antiquaumschrift: «CANZLEY SCHWELLBRUNN. APP LL VR. ». Abdruck in<br />

derSammlung des Kantonsarchivs. Die Petschaften der Siegel 1, 2 und 3 a sind verschollen. - b) Zweite<br />

Hälfte 19. oder Anfang 20. Jahrhundert. Oval, 30 X 28 mm. Ähnlich wie das Ältere. Antiquaumschrift:<br />

«KANZLEI SCHWELLBRUNN. APP. AR.». Messingpetschaft im Gemeindearchiv. — 4. Neuestes Kanzleisiegel<br />

und Gemeindewappen sind ohne Bär und Tännchen3.<br />

i So noch gleichzeitig mit dem Auftauchen des Schwellbrunner Siegels 1769 aufeiner Landrechtsurkunde,<br />

ferner 1782 auf einem Schuldzettel (GdeA). 2 Siegel des erloschenen Zettelsim KdmA.<br />

3 Vgl. JAKOB SIGNER, Die Wappen der Gemeinden des Kantons Appenzell A.Rh., AHS 1916,<br />

30. Jg., Heft Nr. 2, S. 85-89; Heft Nr. 3, S. 129 und Tf.VI.


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O)<br />

Abb. 225. Schwellbrunn. Übersichtsplan. Maßstab 1: zirka 3300. Typisches Straßendorf, das auf einem HügelrückenimAnschlußandie<br />

1648 erbaute Kirchevom 17. bis zum 19. Jahrhundert zur Hauptsache in zwei Häuserzeilen in nordöstlicher und südwestlicher Richtung<br />

entstand. - Text S. 236-257.


l a g e u n d g e s t a l t 237<br />

Abb. 226. Schwellbrunn. Flugaufnahme von Süden, 16. Mai 1949.Am Hang östlich des Dorfes die 1843<br />

angelegte Landstraße Richtung Herisau, darüberder ältere Straßenzug. - Text S. 236-240.<br />

Das Dorf. GESCHICHTLICHES ZUR ENTSTEHUNG. Vor dem Kirchenbau von 1648<br />

existierte kein Dorf, sondern höchstens ein kleiner Weiler, zu dem jedenfalls ein<br />

Wirtshaus gehörte. In der langen Spenderliste für den Kirchenbau von 1648 ist im<br />

Unterschied zu spätem Verzeichnissen nie von «Dorf» und unter den zahlreichen<br />

Höfen als Wohnsitzen nur ein einziges Mal von «Schwellbrunnen» die Rede 1 .<br />

Außerdem bezeichnete BÜCHLER 2 Hans Alder, Förderer des Kirchenbaus 3 , als «Wirth<br />

zu Schwellbrunn», der «eines von den drei damals gestandenen Häusern besaß.» 4 . Als<br />

man am 26. September 1647 die Hofstatt für Kirche, Turm, Friedhof, Pfarrhaus und<br />

Brunnen aussteckte, wurden «zugleich fünf Haushofstattenzu nächst vor der Kilchen<br />

erkaufft, die hernach auch mit derselbigen aufgebauwen worden» 5 . Die gebotene<br />

Distanz ringsum die Kirche zu deren Schutz vor Feuer betrug für jedes Haus mit<br />

«Fürherdstatt» vierzig Schritte 6 , eine Vorschrift, die mit dem Pfarrhausneubau von<br />

1709 durchbrochen wurde. Eines dieser Häuser hat sich anscheinend in dem etwa<br />

vierzig Schritte entfernten, mit Tätschdach versehenen Kleinhaus Nr. 4 ostseits der<br />

Kirche erhalten, zwei weitere standen an der Stelle des Doppelhauses Nr. 5 (S. 249).<br />

Hier in der Umgebung des Brunnens und des Pfarrgartens, wo offenbar das ursprüngliche<br />

Pfarrhaus gestanden hatte, ist der Kern der Dorfsiedlung zu suchen.<br />

BESCHREIBUNG (Abb. 225-227). Mit 966m ü.M. (LK) das höchstgelegene Appenzeller<br />

Dorf. Auf schmalem, von S W nach NO verlaufendem, nordostwärts leicht<br />

ansteigendem Hügelrücken säumen die südost- bis ostwärts gerichteten gestrickten<br />

i Kirchenlibell, Fol. 10-14. 2 BÜGIILER, Schwellbrunn, S.8. 3 Kirchenlibell, Fol.3.<br />

4 GOTTLIEB BÜCHLER, Das Geschlecht der Alder in Schwellbrunn. Ms., 1854, Nr. 5 (Geraeindebibliothek<br />

Herisau, Nr. 5001/16).<br />

5 Kirchenlibell, Fol. 6, 6 Kirchenlibell, Fol. 22.


238 s g h w e l l b r u n n<br />

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Abb. 227. Schwellbrunn. Das langgezogene Dorf von Südosten. Federzeichnung von Johann Ulrich<br />

Fitzi, 1821. Gemeindehaus Schwellbrunn. - Text S.235, 236-257.<br />

und an der Front getäferten Holzgiebelhäuser des 17./18. Jahrhunderts weithin beide<br />

Seiten der gewundenen Dorfstraße, wobei jene der südöstlichen Reihe mit der Front<br />

von der Straße abgekehrt sind. Nur die in der Mitte des Straßendorfes gelegene<br />

Kirche mit Pfarrhaus und zwei weitern nordostseits anschließenden Häusern sowie<br />

der südwestlichste Teil des Dorfes bilden eine einzige Zeile auf der Nordwestseite<br />

der Straße und genießen eine völlig freie Sicht nach Süden und Osten. Die Häuser<br />

besitzen mehrheitlich schlichte Satteldächer in Giebelstellung, nur ausnahmsweise<br />

ein Mansardgiebel-, ein Mansardwalm- oder ein gewöhnliches Walmdach, und sind<br />

bisweilen zu Zweier- und Dreiergruppen zusammengebaut, einzelne mit traufständigen<br />

Anbauten versehen, fast ausnahmslos alle mit Reihenfenstern, die in einigen<br />

Fällen durch weitausladende verschalte Klebedächer geschützt sind.Im wesentlichen<br />

hat sich das Dorfbild des 17./18. und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts fast unverändert<br />

erhalten. Eine besonders reizvolle Perspektive bilden die Häuser in der Egg<br />

vom «Ochsen», Nr. 59, südwärts hinab zu Nr. 67 (Abb. 248).<br />

Gemeinde. Die ausgedehnte Gemeinde grenzt im Osten an Waldstatt, im Süden an<br />

Urnäsch und Schönengrund, im Westen an die sanktgallischen Gemeinden Mogelsberg<br />

und Degersheim, im Norden an Herisau. Gegen diese Gemeinde wurde die<br />

Grenze aufgrund eines Entscheides vom 17. April 1658 am 20. März 1659 neu ausgemarcht<br />

1 . - Im Gemeindegebiet bilden hohe Hügelzüge, die von den tiefen Tälern<br />

der in Dorfnähe entspringenden und nordwärts fließenden Glatt und des Wissenbachs<br />

durchfurcht sind, eine eindrücklich gegliederte voralpine Landschaft, in der von den<br />

zerstreut liegenden Höfen und Weilern über Höhen und Tiefen hinweg der Blick<br />

stets von neuem auf das zentrale Dorf und seinen Kirchturm freigegeben wird.<br />

I ZELLWEGER, Urkunden von 1650-1699, A GLVIII.


STRASSEN U ND V ERKEHR 239<br />

STRASSEN U ND VERKEHR<br />

Straßen und Wege sind bis heute die einzigen Verkehrsverbindungen geblieben.<br />

1. Bis zum iy.ji8. Jahrhundert folgten sie den Höfen (die eingeklammertenOrte liegen,<br />

abgesehen von Vollhofstatt, das zu Waldstatt gehört, in der Gemeinde Herisau):<br />

1. In OW-Richtung von Herisau ins Toggenburg über: a) (Hueb-Brugg-Schmidhusen-Ifang)-EggeIi-Rötschwil-Rüti-<br />

Kappelen-Löchli-Bild-Äschenwies-Nord - Erzenberg-Gägelhof.<br />

- b) (Steigmüli-Böhl-Nieschberg-Vollhofstatt)-Gallisnögel-<br />

Zwotannen-Högg-Stein. - 2. In NS-Richtung von der Elawiler Egg mit Verzweigung<br />

in Talmüli: a) über (Baldenwil-Nünegg)-March Dietenberg-Rüti-Rötschwil-<br />

'Qu.thenstig-Schwellhmnn und weiter nach Waldstatt. - b) über Bruggenmoos-Untere<br />

Müli-Ruchacker-Oberes Nord (hier Vereinigung mit ia). Von diesem Weg Abzweigung<br />

hinter Schwendiwald nach Niederfeld-Kappelen-Rötschwil (Querverbindung<br />

zu 2 a nach Schwellbrunn) I . Vgl. LK.<br />

2. Straßen seitdem Kirchenbau 1648. Deren Anlage wurde maßgeblich durch die mit dem<br />

Kirchenbau beginnende Entstehung des Dorfes bestimmt. Etwa seit jener Zeit<br />

führte eine «Hauptlandstraße» von Herisau durch das Kirchdorf ins Toggenburg 2 .<br />

Den Anstoß zu einem eigentlichen Straßenbau gab aber erst 1789 die Planung einer als<br />

Konkurrenz gefürchteten Straße Herisau-Waldstatt-Eisigli-Schönengrund (S.271).<br />

Infolgedessen 1789/90 Bau der Strecke von der Grenze Schönengrunds und der Tüfi<br />

bis über den Risiwald hinaus gegen das Dorf 3 . Jedoch Bauverzögerung an der restlichen<br />

Strecke und nur teilweise Ausführung infolge Streits zwischen oberer Schar,<br />

welche die Straße durchs Dorf und den «schon über 40 Jahre als Straße» gebrauch-<br />

1 BÜCHLER, Schwellbrunn, S. 108-111.<br />

2 Kirchenlibell, Fol. 23. — Turmknopfschrift VI, 16. Aug. 1790, im Kirchhöriprotokoll, S. 95.<br />

3 Ebenda, S. 95-97. - BÜOHLER, Schwellbrunn, S. 110-115.


240 s c h w e l l b r u n n<br />

ten Landersberg, und der untern Schar, welche diese über die Schwarze Gasse, das<br />

Unterholz und Eggeli nach Herisau hinabführen wollte, ferner infolge Revolutionswirren<br />

1 , bis 1843 anstelle der bereits veralteten Projekte im Einvernehmen mit Herisau<br />

die jetzige Straße durch Hohrain zur Obern Müli (Ädelswil) nach Plänen von Ing.<br />

H. HARTMANN, St. Gallen, ausgeführt 2 und 1860 bis 1868 auch auf Herisauer Boden<br />

korrigiert wurde 3 . Weitere Straßenbauten; 1830 durch Sägenbach-Bruggenmoos 4 ,<br />

1863-1865 durch jetzige Straße nach Degersheim ersetzt 5 . - 1831 über Sitz nach<br />

Dicken 6 , 1896/97 durch jetzigen Straßenzug Risi(«Hirschen»)-Dicken ersetzt 7 . -<br />

1860 über Glattberg zum Brisig («Traube») 8 . - 1861 Korrektion von Risi («Hirschen»)<br />

nach Tüfi (vgl. oben) 9 . - 1899 Sommertal-Rötschwil-Eggeli 10 und weitere<br />

Gemeindestraßen in der Folgezeit 11 .<br />

KIRCHE<br />

BAUGESCHICHTE, I. Kirchengründung 1648. Der vor allem durch Landammann<br />

Johannes Tanner von Herisau 1647 angeregte Entschluß zum Kirchenbau «in dissen<br />

Bergen» entsprang einem alten Bedürfnis. Dank Vermittlung des Landshauptmanns<br />

Konrad Meyer von Herisau und Hans Schüß von Schwänberg, «Kirchhöri-Hauptmann»<br />

zu Herisau, einigten sich die Angehörigen der Jesperger (obern) und diejenigen<br />

der Rutzen (untern) Schar auf Schwellbrunn als Baugelände, nachdem jene<br />

Geren, diese Buebenstig dafür beansprucht hatten. Am 26. September 1647 wurde<br />

die gestiftete Hofstatt «zur Kirchen, Thurm, Kilchhoff, Pfarrhaus und Brunnen» ausgesteckt<br />

12 . Die Oberaufsicht führten je drei aus jeder Schar gewählte «Baumeister»' 3 .<br />

Grundsteinlegung am 13. April 14 , erste Predigt (Einweihung) am 22. Oktober 1648 15 .<br />

Als Maurermeister waren GEORG SCHÄRPE und HANS SINGER aus dem Lechtal tätig l6 ,<br />

1 BÜCHLER, Schwellbrunn, S. 115-123. (Beide Scharen bauen auf eigne Faust an ihrem Projekt<br />

weiter.) Alte Urkunden, S. 218-222 (u.a. 1803/04 Ausbau der Strecke Herisau-Schwellbrunn über<br />

Landersberg). Ebenda, S. 213 (Korrektion von 1778). Vgl. «Straßenkorrektion durch obere & untere<br />

Schar. 1830» (GdeA). - AMB 1825, S. 116.<br />

2 GdeA, Nr. 109 (Voranschlag von H. HARTMANN, 12.Aug. 1836). — Kirchhöriprotokoll, 7. Juli<br />

1839. - AMB 1839, S. 83, 97, u nd 1843, S. 105 f.<br />

3 EUGSTER, Herisau,S.337.<br />

4 Kirchhöriprotokoll, 2.Mai und 13. Juni 1830. - «Straßenkorrektion durch obere & untere Schar.<br />

1830» (GdeA). Vgl. «Unterschaarstraße betreffend. 1831» (GdeA).<br />

5 GdeA, Nr. icg (Akten zum Straßenbau). - Kirchhöriprotokoll, 14.Juniund 18.Okt. 1863 (teils<br />

nach Plan von JEMING, teils vonR. DARDIER).<br />

6 H . SCHMID, Schwellbrunn,S. 8 9.<br />

7 GdeA,Nr. 107 (Bauvertrag, 19. März 1896. - Kollaudation 26. Juli 1897. - Kassabuch. - Protokoll<br />

der Straßenbaukommission, 10. Febr. 1896 bis 15. Febr. 1898, nimmt Bezug auf nicht ausgeführtes<br />

Projekt von 1875 und diesbezüglichen Kirchhörebeschluß vom 8. Mai 1876).<br />

8 GdeA, Nr. 109 (Projektvon Ing.R . DARDIER, 22.M a i1860. - Akkordmit FRANCESCO ROSATTO,<br />

28. Mai 1861).<br />

9 GdeA, Nr. 109 (Akkord mit F. ROSATTO, 2. Juli 1861).<br />

10 Kirchhöriprotokoll, 12. Febr. 1899.<br />

11 GdeA,Nr. 108 (1900, Untere Müli-Hof), Nr. 110 (1904, Rippistalstraße). - Gemeindegeschichte<br />

III, S. 22f.; Straßenwesen von 1880-1920. - Vgl.H. SCHMID, Schwellbrunn, S. 90.<br />

12 Kirchenlibell, Fol. 1-5.<br />

13 Kirchenlibell, Fol. 4f. (zuerst vier, dann sechs «Baumeister»).<br />

14 Kirchenlibell, Fol. 7. 15 Kirchenlibell, Fol. 20.<br />

16 Kirchenlibell, Fol. 2, 6.


k i r c h e<br />

24I<br />

• 1877/78<br />

Abb. 228. Schwellbrunn. Grundriß der Kirche. Maßstab 1:zirka 263. - Text S.243.<br />

die 1644/45 die evangelische Stadtkirche zu Frauenfeld erbaut hatten 1 , als Zimmerwerkmeister<br />

H ANS FRISCHKNECHT «der Wagner» und HANS HÖSCHER (HEUSCHER),<br />

zwei der sechs Bauherrn 2 . Gesamtkosten von 1647 bis 1651 einschließlich Glocken<br />

und Uhr von Meister LEONHARD RUCH von Leutkirch und Pfarrhaus 8469 Gulden<br />

und 153 Pfund Schilling 3 , wozu Kirchgenossen, Gemeinden und Land von Appenzell<br />

Außerrhoden, ferner Gemeinden und geistliche Kapitel der ganzen Schweiz bis<br />

nach Genf beisteuerten 4 . Erst 1679 Einzug einer flachen, mit Sternen bemalten<br />

Decke («Himmel») 5 .<br />

2. Renovationendes Turms von ißgo bis iSgs^ und igyi. Bedeutendste 1763 durch Werkmeister<br />

HANS ULRICH GRUBENMANN von Teufen: Errichtung eines neuen Helms samt<br />

neuen vergoldeten Knöpfen und Fahnen um 300 Gulden und eines neuen Glockenstuhls,<br />

der «elf Schuh höher in das Holzwerk außen »gesetzt wurde,um 100 Gulden 7 .<br />

- 1877 wurden das «Riegelwerk im Glockenhaus ausgemauert» ( = «das Holzwerk<br />

1 Kirchenlibell, Fol. 2 (nur SCHARPF betreffend). - Kdm Thurgau I, S. 131. (Die Maurermeister<br />

SCHARPF und SINGER arbeiten unter der Aufsicht von vier Bauherren.Zum auffallend ähnlichen Projekt<br />

siehe Beschreibung.) GEORG SCHARPF war 1652am Kirchenbau in Heiden, HANS SINGERa n jenem<br />

in Wolfhalden tätig (s.d.).<br />

2 Kirchenlibell, Fol. 5f., 12. - Vgl. Pfarrhaus, S. 246.<br />

3 Kirchenlibell, Fol. 18, ao.<br />

4 Kirchenlibell, Fol. 10-18.<br />

5 Kirchenlibell, Fol. 18: «doch verzog es sich mit Ausbauw.» - BÜCHLER, Schwellbrunn, S. 92, 95.<br />

6 Laut Turmknopfschriften I-V und VII-IX (Abschriften im Kirchhöriprotokoll, S. 89-95,<br />

97-102): 1690 (I), 1739 (II), 1763 (III), 1774 (IV), 1790 (V), 1805 (VII), 1840 (VIII), 1877 (IX).<br />

Ferner laut Kirchhöriprotokoll, 7. Juli 1892, Reparatur an Helm und Mauerwerk. Abgesehen von 1840<br />

und 1892 wurden u.a. jedesmal Knöpfeund Fahnen neu vergoldet.<br />

7 TurmknopfschriftIII (a.a.O.).<br />

16 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


242 s c h w e l l b r u n n<br />

Abb. 229 und 230. Schwellbrunn. Die 1648 erbaute Kircheund das 1709 neu erbaute Pfarrhausvon<br />

Ostnordosten. - Die Kirche von Südsüdwestennach der Außenrenovationvon 1971 mit dem Pfarrhaus<br />

undHausNr. 3 i m Hintergrund. - Text S. 240-243, 246f.und 249.<br />

außen»?), der Archivraum vergrößert, der Helm mit Blechschindeln gedeckt 1 . -<br />

1971 Entfernung der Eckquadrierung und der Balkongeländer an den Schallfenstern.<br />

3. Kirchenrenovationen seit 1806. a) 1806 wurde der hölzerne Himmel durch stichbogige<br />

Gipstonne, der «Vorschopf» durch « ein auf Säulen ruhendes, schönes<br />

Vorzeichen» ersetzt 2 . - b) 1877/78 3 ; Verlängerung der Kirche gegen Westen u m<br />

15 Schuh. Dabei wurden Süd- und Westmauer von Grund auf erneuert und der<br />

Boden 3 Fuß tiefer gelegt. Ganz neuer Dachstuhl und neue Fenster (je vier an Nordund<br />

Südseite statt drei an der Süd- und einem Rundfenster an der Nordseite), neue<br />

Empore (an West- und Nordseite) 4 . - c) Innenrenovation 1949 durch Architekt<br />

JOHANNES WALDBURGER, Herisau 5 ; Verkleinerung der zwei ursprünglichen ost-<br />

1 TurmknopfschriftIX.Vgl. übernächste Anmerkung.<br />

2 BÜCHLER, Schwellbrunn,S. 95. - Vgl.Federzeichnung 1821 von Jon. ULRICH FITZI (Abb. 227).<br />

3 Kirchhöriprotokoll: Der Beschluß der außerordentlichenKirchhöre vom 16.Juli 1876 hebt jenen<br />

der ordentlichenvom 8. Mai gleichen Jahresaufund beschließt von drei Vorlagen: a) kleinere Renovation<br />

(Beschluß des 8. Mai), b) Erweiterung unddaher RenovationnachPlanund dazugehörigem<br />

Baubeschreib, c) gänzlicher Neubau,die zweite. Vgl. folgende Anmerkung.<br />

4 Gemeindegeschichte I, S. 34of.,und II, S. 16. - TurmknopfschriftIX (a.a.O.). — Bericht der<br />

Kirchenbaukommission beim Einweihungsbankett, 3. Febr. 1878.<br />

5 Schlußabrechnung über die Kircheninnenrenovation 1949 in: Jahresrechnung über die öffentlichen<br />

Verwaltungen der Gemeinde Schwellbrunn, 1. Jan. bis 31. Dez. 1949, S. 46. — Protokollfür die<br />

Kirchenvorsteherschaft in Schwellbrunn, Sitzungen betr. Innenrenovation der Kirche, 23. Okt. 1948<br />

bis 3i.Dez. 1949 (Renovation beendigt). Einweihung 28. Aug. 1949. - Gemeindegeschichte III, S. 50.


k i r c h e 243<br />

seitigen Rundbogenfenster auf Rechteckfenster, Ersetzung der stichbogigen Gipstonne<br />

durch flache Felderdecke aus Holz. Entfernung der nordseitigen Empore.<br />

- d) 1971 Außenrenovation unter der Leitung des Architekturbüros MAX ROHNER,<br />

Herisau I .<br />

BAUBESGHREIBUNG (Abb. 225-230). Lage und Außeres. Frei in der Mitte des<br />

Straßendorfes und mit diesem auf Hügelkamm gelegener, schlichter nordostwärts<br />

gerichteter Rechteckbau unter Satteldach mit nordostseits in der Achse errichtetem<br />

Turm, dessen Südwestflanke mit der nordöstlichen Kirchenwand bündig in einer<br />

Flucht liegt. An dieser ursprünglichen Disposition wurden 1877/78 durch Verlängerung<br />

nach SW die Maßverhältnisse, ferner Lage und Anzahl der Fenster verändert.<br />

Seither außer je einem ursprünglichen, 1949 veränderten Rundbogenfenster zu<br />

beiden Seiten des Turms in der Nordostwand je vier gleich große, symmetrisch<br />

verteilte Rundbogenfenster an beiden Längswänden. Verbindungshalle zum neuen<br />

Gemeindehaus beim Westeingang von 1 949Den Anblick von S O vor 1877 mit<br />

dem Vorzeichen von 1806 hat JOH. U LRICH FITZI zwischen 1820 und 1840 einige<br />

Male gezeichnet 3 . - Der saalförmige Innenraum ist nur durch zwei Sandsteinstufen<br />

in Chor und Schilf geteilt und (seit 1949 nur noch) mit einer Westempore für die<br />

Orgel versehen. Der sechsgeschossige, bis 1971 mit Eckquadrierung versehene Turm<br />

weist nachgotischen Helm mit Wimpergen über rundbogigen Schallfenstern und<br />

Zifferblättern auf.<br />

BAUGESCHICHTLIGHE WÜRDIGUNG. Die auffallende Ähnlichkeit der ganzen Anlage<br />

mit jener der kurz zuvor ebenfalls von den Maurermeistern G EORG SCHARPF und<br />

HANS SINGER erbauten ehemaligen evangelischen Stadtkirche von Frauenfeld läßt<br />

vor allem an eine Vermittlung des Baugedankens durch besagte Meister denken 4 .<br />

Die Idee dieser besonders durch rechteckigen Predigtsaal gekennzeichneten «protestantischen<br />

Normalkirche» scheint aber, wie die 1649 erschienene Schrift «Kirchen<br />

Gebäw» des Ulmers JOSEPH FURTTENBACH d.J. beweist, bereits verbreitet gewesen<br />

zu sein 5 .<br />

Ausstattung der Kirche<br />

Abendmahlstischchen, Nußbaumholz, H. 71 cm, Platte 104x77 cm, 1648 durch<br />

JOGLI HÖSCHER (HEUSCHER) verfertigt und «zum Gebrauch des heiligen Abenmohles<br />

verordnet.» 6 . Platte mit Schiefereinlage 7 und spärlichen Intarsien, auf vier gedrechselten,<br />

gespreizten Kandelaberfüßen, die durch tannene Stege verstrebt sind. —<br />

Tauf stein. Den ersten hatte das toggenburgische Kappel 1648 u m siebzig Gulden<br />

«hauwen» lassen und gestiftet 8 . 1877/78 wurde er durch den bestehenden samt<br />

1 AZ, 7.Nov. 1970, Nr. 262, und 20.Aug. 1971, Nr. 193. AZ, 5.Nov. 1971, Nr. 259: Bericht von<br />

MAX ROHNER, Architekt ETH/SIA.AZ, 14. Dez. 1971. JahresrechnungderGde 1971, S. 35, Gesamtkosten:<br />

272757 Fr.80Rp.<br />

2 Gemeindegeschichte III, S. 50. 3 Bilddokumente 1 a-e. Ebenfalls von S (Bilddokument 2).<br />

4 Kdm Thurgau I, S. 130-132 und Abb. 93.<br />

5 Vgl. GEORG GERMANN, Der protestantische Kirchenbau in der Schweiz, Zürich 1963, S. 49!". und<br />

Abb. 19.<br />

6 Kirchenlibell, Fol. 12.<br />

7 Kirchenlibell, Fol. 12: «..mit einer steinernen Tafel».<br />

8 Kirchenlibell, Fol. 16.


244 s c h w e l l b r u n n<br />

Kupferbecken ersetzt: neugotische Arbeit der Gebrüder PFISTER in Rorschach aus<br />

schwarzem Marmor in achtkantiger Kelchform und mit Fischblasenmaßwerk 1 . -<br />

Kanzel und Gestühl. 1768 stiftete Jeremias M OCK auf Geren eine durch seinen Sohn<br />

JOHANNES verfertigte und mit «goldverzierten Bibelsprüchen» geschmückte, harthölzerne<br />

KanzeP, die offenbar eine frühere ersetzte. 1877/78 neue Kanzel und<br />

Bestuhlung, wiederum 1949 3 . - Orgel. Erste 1898 von Firma KUHN, Männedorf 4 ,<br />

die bestehende 1968 von der gleichen Firma 5 .<br />

Tauf- und Abendmahlsgefässe<br />

Abendmahlsgefäße. 1. Kelchbecher, Silber, vergoldet,H. 17,9 cm. Beschau Straßburg<br />

war früher sichtbar 6 .Am unterseitigen Fußrand in Antiqua: «POCVLO-HOC-EVCHA-<br />

RIST • ECCL • SCHWELBRVN ABBATISC • DONANT • M • LEONH • FVCHS • ET • CATH • TREWIN •<br />

CONIVG-1648.» 7 (Abb. 234). Hutförmig gewölbter Fuß, Buckelknauf, Becher mit<br />

Lederwerk und Pflanzen auf Mattgrund verziert, auf oberm Rand graviertes Blattwerk.<br />

Im Ornament Hauszeichen «AR». - 2. Ähnlicher Kelchbecher, FI. 18,3 cm,<br />

ohne Beschau. Datiert «1690». Unterseitig am Fuß Stifterinschrift in Fraktur: «H.<br />

Jacob Schläpfer Landsfendr. Fr. Barbara Frischknechtin verehrt disen B zum gebr.<br />

1 Bericht der Kirchenbaukommission, 3.Febr. 1878, S. 15, 19 (ohne Seitenzahlen). - Turmknopfschrift<br />

I X. - Er kostete laut «Rekapitulation der Kirchenrenovations-Rechnung 1873-1879» samt<br />

Kessel, der 15 Franken kostete, und einschließlich der Gratifikation 765 Franken.<br />

2 BÜOHLER, Schwellbrunn, S. 94F.<br />

3 Bericht der Kirchenbaukommission, 3.Febr. 1878, S. 15 (Kirchenbänke), S. 19 (Kanzel). -<br />

Turmknopfschrift I X (Kirchhöriprotokoll, S. 100). - Gemeindegeschichte I, S. 340, und III, S. 50.<br />

4 Verhandlungen der Kirchen-Vorsteherschaft Schwellbrunn, 14. Febr. 1899: Beschluß der Kirchgemeindeversammlung,<br />

12.Febr. Ebenda, 27.Okt. 1899: Einweihung auf 12.Nov. festgesetzt. —<br />

Gemeindegeschichte III, S. 4.<br />

5 Kirchenrechnungund Gemeinderechnung 1968.<br />

6 RITTMEYER u n d STEINMANN, S. 3 I .<br />

7 Stiftungdes ersten Pfarrers Leonhard Fuchs, die auch im Kirchenlibell, Fol. 20, vermerkt ist.<br />

Abb.231und 232. Schwellbrunn. Glockenförmige AbendmahlskanneausZinn, 17./18.Jahrhundert. -<br />

Taufkanne aus Zinn, von F.Cane, Appenzell, Anfang 19.Jahrhundert. - Text S.245.


KIRCHE 245<br />

Abb. 233und 234. Schwellbrunn.HölzernerAbendmahlskelch, 19. Jahrhundert. SchweizerischesLandesmuseum<br />

in Zürich. - Silbervergoldeter Abendmahlskelch, Straßburger Arbeit, 1648 datiert. -<br />

Text S. 244 f.<br />

des H . Abendm; der gern: Schwelbron.» - 3. Zwei neue, den alten angeglichene<br />

Becher «Jezler 800/52976»,um i900(?), ersetzten je einen von 1 720 und I735 1 - -<br />

4. Vier Glockenkannen, Zinn, H. 32,5cm (Abb. 231). Marken «G» von St. Gallen und<br />

«IG» von einem GLINZ oder GMÜNDER (BOSSARD II, S. 149, Nr. 2 82). Bodenrosette<br />

mit dem St. Galler Bären zwischen «I» und «G». - Im Schweizerischen Landesmuseum:<br />

Hölzerner Abendmahlsbecher, H.2 4 cm, 19. Jahrhundert. Inv.-Nr. 12555 (Abb. 233).<br />

Taufgefäß. Zinnkanne, H. (mit Griff) 21,3 cm. Meisterwappen des F. GANE,<br />

Appenzell, Anfang 19. Jahrhundert (BOSSARD I, Nr. 324, und II, S. 162). Gedrungene,<br />

stark gebauchte Form 2 (Abb. 232).<br />

Glocken<br />

Ehemaliges Geläute von drei Glocken 1648. GESCHICHTE. 1648 wurden PETER FÜSSLI<br />

(VIII.) von Zürich für drei Glocken zu 36 Zentner 33 Pfund, 15 Zentner 34 Pfund<br />

und 7 Zentner 52 Pfund ohne Fuhrlohn, der 30 Gulden betrug, 2139 Gulden bezahlt,<br />

dem Uhrenmachermeister LEONHARD R UCH von Leutkirch «Fürdrey GlockenHälm,<br />

auch übrig Eisenwerckh zum Hängen der Glockhen.. Jtem für die SchlagUhr»,<br />

die, 3 Zentner schwer, allein 60 Gulden kostete, insgesamt 343 Gulden 20 Kreuzer 3 .<br />

BESCHREIBUNG. Laut NÜSCHELER 4 : I. Große Glocke.Am Schlagkranz in Fraktur;<br />

«Zur Gemeinde Gottes rufe ich Jedermann; Ihr sondt (hieß wohl ) zum<br />

Heren Christo gahn.»An der Flanke über einem Blumenkranz die vier Evangelistensymbole,<br />

darunter die Wappen von siebenum den Kirchenbau verdienten Männern<br />

1 Laut DORA FANNY RITTMEYER vom Pfarrer u m 1929 mitgeteilt.<br />

2 RITTMEYER und STEINMANN, S. 24!"., 32. - CARL RUSCH, IGfr 14 (1968), S. 16-18, 26f.<br />

3 Kirchenlibell, Fol. 19.<br />

4 NÜSCHELER, Glocken, S. 40-42 (in d en historischen Angaben fehlerhaftund auchin der Lesart<br />

der Inschriften, die Nüscheler nicht selbst gesehen hat, zweifelhaft).


246 s c h w e l l b r u n n<br />

Abb. 235, 236und 237. Schwellbrunn. Landammann Johannes Schefer (1738-1799). - Landammann<br />

Johann Konrad Frischknecht (1767-1842). - DekanJohann Ulrich Schieß (1767-1817). Ölgemälde<br />

von Johannes Weiß von Hundwil (1789-1853), datiert 1820 (posthum) bzw. 1823bzw. 1822 (posthum).<br />

Gemeindehaus Schwellbrunn. - Text S.247f.<br />

mit den entsprechenden Namen: «Johannes Tanner, Landammannund Bannerherr.<br />

Konrad Meier, Landshauptmann, des Raths. Gallus Schläpfer, Seckelmeister. Hans<br />

Hächer (hieß wohl


ÖFFENTLICHE P ROFANBAUTEN 247<br />

der Wohnstube eingerichtet 1 . Renovationen 1828 und 1935 2 . - BESCHREIBUNG.<br />

Fünfgeschossiger, über gemauertem, durch Eckquadern und Sandsteingewände gegliedertem<br />

Erdgeschoß getäferter Strickbau mit Satteldach in Giebelstellung und mit<br />

Klebedächern über den Reihenfenstern von drei Obergeschossen. Die nußbaumene<br />

Haustüre mit Rechteckfüllungen wohl von 1828 (Abb. 225-227 und 229f.).<br />

Gemeindehaus. Drei Porträts, Öl auf Leinwand, der zwei von Schwellbrunn gebürtigen<br />

und daselbst wohnhaften Landammänner und eines hier wirkenden Pfarrers,<br />

je in gemaltem Oval: 1. Johannes Schefer (1738-1799). 48 X 38,5 cm, signiert und<br />

datiert: «Joh.s Weiß pinx. 1820.» Rechts oben unter dem Familienwappen in<br />

Fraktur: «Hr Johannes Schefer Landammann 1793.» Posthumes Gemälde nach dem<br />

einzigen erhaltenen offiziellen Porträt im Kantonsratssaal Herisau (S. 114) 3 . -<br />

2. Joh. Konrad Frischknecht (1767-1842). 48,5 X 38,5 cm, signiert und datiert: «Joh.s<br />

Weiß pinx. 1823.» Rechts oben unter dem Familienwappen in lateinischer Kursive:<br />

«Joh. Conrad Frischknecht Geb. den 23. 9 br 1767 Landammann 1822.» Gleichzeitig<br />

mit den beiden Originaldubletten im Kantonsratssaal Herisau (S. 115) und<br />

Obergerichtssaal Trogen angefertigtes Gemälde 4 . - 3. Joh. Ulrich Schieß (1776-1817<br />

1 BÜCHLER, Schwellbrunn, S. 95.<br />

2 BÜCHLER, Schwellbrunn, S. 32, bzw. Gemeindegeschichte I, S. 297. - Protokollfür die Kirchenvorsteherschaft<br />

in Schwellbrunn, 3. Aprilund 10. Sept. 1935 (also weder 1826 noch 1937).<br />

3 EUGEN STEINMANN, Die Porträtgalerie der Landammänner in Herisau und Trogen ATB 1969,<br />

S. 68f. (Tabelle, Nr. 29).<br />

4 Ebenda, S. 70 (Tabelle, Nr. 35).<br />

Abb.238. Schwellbrunn. «SchulhauszurLinde»(Rank, Nr.83). U m 1780-1790 als Fabrikantenhaus<br />

erbaut, dann Wirtschaft zur Linde, seit 1849 Schulhaus. Federaquarell von Johann Konrad Schieß, u m<br />

1857. Historisches MuseumHerisau. - Text S.235 un< i 2 4^-


248 s c h w e l l b r u n n<br />

Pfarrer in Schwellbrunn). 48 X 39 cm, signiert und datiert: «Joh.s Weiß pinx. 1822».<br />

Links oben Familienwappen mit Inschrift in lateinischer Kursive: «Herr Decanus<br />

Joh. Ulrich Schieß 1815.» Also posthum gemalte Kopie eines frühern Gemäldes<br />

(Abb. 235-237).<br />

Schulhaus zur Linde. Assek.-Nr. 83. Während die beiden ersten Schulhäuser der<br />

Gemeinde, das 1840/41 im Sägenbach (Assek.-Nr. 517) 1 und das 1842/43 in der<br />

Unterrisi (Assek.-Nr. 349) 2 erbaute, architektonisch bedeutunglos sind, handelt es<br />

sich bei diesem a m Westende des Dorfes stehenden Bau u m ein etwa 1780-1790<br />

erbautes, später in eine Wirtschaft zur Linde verwandeltes Fabrikantenhaus, das<br />

seit 1849 als Schulhaus bzw. Lehrerwohnung dient 3 . Der schöne getäferte Strickbau<br />

mit Walmdach, kielbogig geschweiftem Quergiebel an der Front, Reihenfenstern in<br />

den obern Geschossen und Einzelfenstern im Parterre unterscheidet sich von den<br />

typischen Schulhausbauten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, (vgl. Herisau,<br />

S. 105f.). Mit der südwestseits angebauten Remise, die zwei große korbbogige Einfahrtstore<br />

und im Obergeschoß einen «Tanzsaal» besaß, an deren Stelle jedoch ein<br />

moderner Anbau errichtet worden ist, wurde das freundliche Gebäude um 1857 von<br />

Lehrer J. K . SCHIESS in einem Federaquarell verewigt 4 (Abb. 238).<br />

1 Klrchhöriprotokoll, S. 818: Beschlußvom i6.Sept. 1840. - AMB 1841, S. 115, 176.<br />

2 Klrchhöriprotokoll, S. 19: Beschlußvom 26.Juni 1842. - AMB 1844, S. 30.<br />

3 Kirchhöriprotokoll, 15. April 1849; Ankauf der «Gebäulichkeiten u. Liegenschaften der Linde<br />

zurEkdahier. .zum behuf eines Schulhausesfür den Dorfbezirk für fl. 3400samt 5 Louis d'orTrinkgeld..»<br />

beschlossen. Vgl. Gemeindegeschichte I, S. 340.<br />

4 Bilddokument 3.<br />

Iiliiü 11<br />

• mii.H<br />

Abb.239. Schwellbrunn. Dorfpartie nordöstlich der Kirchemitden HäusernNrn.4-6und 8-12 von<br />

Südsüdwesten. Fast ausnahmslos gestrickte Holzhäuser des 17. bis 19. Jahrhundertsin Giebel-undTraufstellung.<br />

- Text S. 236-238und 249.


ü r g e r h ä u s e r 249<br />

Abb. 240. Schwellbrunn. Dorfpartie nordöstlich der Kirche mit den Häusern Nrn.g-iaund 14 von<br />

Ostnordosten. Gestrickte Holzbauten des 17./18. Jahrhunderts in Giebel-und Traufstellung. Nr. 10, der<br />

gestelzte Quergiebel anNr. 11 u nd die Fronttäfer aus dem 19. Jahrhundert. - TextS. 236f., 249-251.<br />

EINZELNEBÜRGERHÄUSER •<br />

Zu Konstruktion und Gestaltim allgemeinen siehe Dorf, Lage und Gestalt, S. 237 f.<br />

A. Von der Kirche nach Nordosten (Abb. 225-227, 229!"., 239 und 240).<br />

Nr.3. In Gestaltund Größe dem Pfarrhaus ähnlich und wohl gleichzeitig,um 1709,<br />

oder kurz darnach erbaut. Wie dort einwärts versetzter Hauseingang und klassizistische<br />

Türe,um 1830 2 . Schmiedeiserner, barocker Lampenhalter mit getriebenem<br />

Laub, zweite Hälfte 18. Jahrhundert. Zu tonnengewölbtem Keller führt rundbogiges<br />

Sandsteingewände und mit barockem Laub beschlagene Eisentüre. - Nr. 4. Kleinhaus<br />

mit Tätschdach in Giebelstellung, im Kern wahrscheinlich von 1648 3 . - Nr. 5.<br />

Fabrikantenhaus. Laut chronikartiger Dachstuhlinschrift des damaligen Besitzers<br />

Johannes Signer wurde das Doppelhaus mit Walmdach 1874 auf noch sichtbaren<br />

Fundamenten von zwei, wohl 1648 errichteten Vorgängerbauten teils als Strick-, teils<br />

als Riegelbau errichtet 4 . - Nr. 14 (Abb. 240). Interessantes, am alten Straßenzug<br />

1 Bei den angegebenen Nummernhandelt es sichu m die der Assekuranz.<br />

2 Vgl. Pfarrhaus, S.246f., außerdem Abb. 227,wo nochdas korbbogige Türgewändezu sehen ist.<br />

3 Das nächste der laut Kirchenlibell, Fol. 22, 1648 im vorgeschriebenen minimalen Abstand von<br />

40Schritt erbautenfünf Häuser.<br />

4 Vgl. vorausgehende Anmerkung. - Inschriftmitschwarzer Farbein lateinischer Kursive aufBalken.<br />

Es folgtnurein aufdas Haus bezogener Auszug: «Im Jahr 1874.. April 20 alter Hausfirst weg..<br />

April 23 Firstwein..April 25 ohne Regen unter Dach..Hausbesitzer Johannes Signer & Anna Baumann.Anno<br />

1875im Spätherbst 2 Stiklokale gemacht... Geschrieben vonJohannes Signer Dorfer.»


250 s g h w e l l b r u n n<br />

über Geren-Landersberg gelegenes fünfgeschossiges Bürgerhaus des 17./! 8. Jahrhunderts<br />

mit Satteldach in Giebelstellung, das 1790 an der Nordostseite einen malerischen<br />

Anbau in verputzter Strickkonstruktion mit herauskragendem Obergeschoß,<br />

traufständigem Mansardgiebeldach und vergipsten Traufhohlkehlen erhielt. Dessen<br />

einzige Lukarne mit kielbogigem Giebel und ebenfalls vergipster Traufhohlkehle<br />

schwebt gleichsam über der Straße. Von einem weitern Umbau stammt der in der<br />

Symmetrieachse des Hauptgebäudes angelegte klassizistische Hauseingang und das<br />

entsprechend mit klassizistischen Rauten verzierte Fronttäfer. Auf die geschmiedeten<br />

Gitter der beiden Hausflurfensterchen verteilt die Jahreszahl «18-43» unc l die<br />

Initialen «JH-B» des Johannes Büchler 1 (Abb. 241). I m zweiten Obergeschoß des<br />

Anbaus «1790» datierte und mit den Initialen « IH (verbunden) SH (verbunden)<br />

FAIN» des Johannes Schweizer und der Frau Anna Judith Näf verzierte nußbaumene<br />

Vierfeldertüre 2 . Ferner in dessen Mansardengeschoß und im ersten<br />

Obergeschoß des Altbaus je mit ähnlichen Rokoko- und Louis-XVI-Motiven in<br />

Flachschnitzerei reichverzierte, «1809» datierte Türe aus Nußbaumholz mit z.T.<br />

verbundenen Initialen «H *IH (ligiert) SCH *F *ALB *B» des Johannes Schweizer<br />

und der mit ihm 1808 vermählten dritten Frau Elisabeth Preisig (Anna Lisabeth?<br />

1 Laut Pfandprotokoll, Nrn. 5 und 6 (GdeA), Besitzervom 2. Dez. 1828-1868. - GOTTLIEB BÜCHLER,<br />

Geschichte der Familie Büchler in Schwellbrunn, 1849. M s. Nr. 5001/55 bzw. XI, 63/1, Gemeindebibliothek<br />

Herisau: « No. 42 Johannes Büchler Fabrikant i n der Dorfschaft Schwellbrunn.. besitzt<br />

nun eines der schönsten und solidesten Häuserinder Dorfschaft,gegen Herisau gelegen.»<br />

2 Auflösung wie bei den Türen von 1809 (siehe unten) a nhand der Hausorgelinschrift und des<br />

Eheregisters: ErsteEhe desJohannes Schweizer am 6. Dez. 1782 mit A.J. Näf, zweite am 24. Febr. 1801<br />

mitAnna Knöpfler, dritteam 24.Mai 1808 mit Elisabeth Preisig. Vgl. S. 254,Anm. 1.<br />

Abb. 241. Schwellbrunn. H ausNr. 14. Klassizistischer Hauseingang, i n d en Flurfenstergittern 1843<br />

datiert. DasHaus selbst 17./18. Jahrhundert (vgl.Abb.240und 246). - Text oben.


BÜRGERHÄUSER 25 1<br />

Brisig)Außerdem auf der ersten in Vierpaß «CD» und «V, R » 2 , auf der zweiten<br />

als Embleme Bär, Hand, Fuß, Trommel und Trompete (Abb. 253f.). In diesem Haus<br />

stand die «1811» datierte Hausorgel des genannten «H.Johannes Schweizer» und<br />

der «F.Elisabeth Preisig», jetzt Schweizerisches Landesmuseum, Inv.-Nr. 20848,<br />

Abb. 243-245. Braun marmoriertes Gehäuse in Gestalteines zweigeschossigen Schranks<br />

mit geschweiftem Kranz und Genremalereien in vorwiegend hellblauen Farben:<br />

Außen Staffagelandschaften, zwei ovale, von Wellenbändern umrahmte oben und<br />

zwei rechteckige, von Mäandern umrahmte unten, an der Innenseite der Türchen<br />

zwei Biedermeierinterieursje mit reizvollem Familienkonzert, das von ovalem Lorbeerkranz,<br />

den ein Putto hält, umrahmt ist 3 . - Sonnenberg, Nr. 16. Unter diesem<br />

Namen um 1780-1790 gebautes, ursprüngliches Fabrikantenhaus, dessen Name auf<br />

die spätere Wirtschaft und heutige Pension überging 4 . Sechsgeschossig, mit drei<br />

verschalten Klebedächern, Mansardgiebeldach und mit nordnordostseits in Traufstellung<br />

angebautemStadel.Fabrikantenhaus. Schräg gegenüber von Nr. 14,<br />

rechtsam alten Straßenzug gelegener, viergeschossiger, an der ostsüdöstlichen Front<br />

getäferter Strickbau mit Reihenfenstern und Walmdach. An dessen Stelle ist auf der<br />

Federzeichnung von J OHANN ULRICH FITZI 1829 noch ein Giebelhaus zu sehen 5 .<br />

1 Bei der zweiten Türe steht nur «SH» anstatt «SGH».<br />

2 Heißt vielleicht Conseiller ( = Ratsherr) Der VßerenRhoden,waserlaut GemeindegeschichteI,<br />

S. 362, 1802/03 war.<br />

3 ASA,N. F., Bd. 39, Heft 2, S. 143 undAbb.9.<br />

4 Gemeindegeschichte I, S. 321. Bauzeit laut Aussage der etwa siebzigjährigen Enkelin des Bauherrn,<br />

Frau Schnee-Diem,u m 1947. Mitteilung von Frau Alder, Inhaberin.<br />

5 Bilddokument 2.<br />

Abb.242. Schwellbrunn. H ausNr.31. Klassizistischer Hauseingang, i n d en Flurfenstergittern 1851<br />

datiert. Das Walmdachhaus selbst ein Umbau eines ältern Giebelhauses. - TextS. 251 f.


252 s c h w e l l b r u n n<br />

Anläßlich eines Umbaus dieses ältern Hauses wohl des 18. Jahrhunderts wurden 1851<br />

die entsprechend datierten Hauseingänge und wahrscheinlich auch das Walmdach<br />

sowie am gemauerten Erdgeschoß die Kreuzstockfenster angebracht. Am Haupteingang<br />

(Abb. 242), der ähnlich wie bei Nr. 14 axialsymmetrisch angelegtund mit der<br />

getäferten Front der neuen Straße von 1843 zugewandt ist, sind Jahreszahl «18-51»<br />

und Initialen «JH(verschlungen)-Z» des Gemeindehauptmanns Johannes Zülli<br />

ebenfalls wie bei Nr. 14 verteilt auf die beiden geschmiedeten Gitter der rundbogigen<br />

Flurfensterchen zu beiden Seiten der dreiteiligen Haustüre angebracht, beim hintern<br />

Eingang im Türgitter selbst 1 . - Z ur Palme, Nr. 37 (alte Nr. 20). Fünfgeschossiges<br />

Fabrikantenhaus von ungefähr 1780-1790 mit Mansardgiebeldach. Der nordostseitige<br />

Treppenturm, jetzt mit Zeltdach, war einst mit Haube bekrönt 2 . An der südost-<br />

1 Laut Pfandbriefprotokoll N rn. 5 u nd 6 (GdeA) Besitzervom23.Jan. 1843 bis 30.Juli 1877.War<br />

laut Gemeindegeschichte I, S. 360, 363, GemeindehauptmannundGroßrat.<br />

2 Zeichnungen vonJon. ULRICH FITZI, Bilddokumente 1 a-e und 2 (Abb. 227).<br />

Abb. 243. Schwellbrunn. 1811 datierte Hausorgel des Johannes Schweizer und seiner Frau Elisabeth<br />

Preisig ausdem Haus Nr. 14, mit geschlossenen Flügeln. Schweizerisches Landesmuseumin Zürich. -<br />

Text S.251.


ü r g e r h ä u s e r 253<br />

Abb. 244 und 245. Schwellbrunn. 1811 datierte Hausorgel aus Nr. 14 (vgl. Abb. 243). Innenseite der<br />

Flügel mit der Darstellung von Familienkonzerten in der Kostümierung der Empirezeit. Schweizerisches<br />

Landesmuseum in Zürich. - Text S.251.<br />

seitigen, getäferten Hauptfront eine nußbaumene Türe mit zwei Schweifwerkfüllungen<br />

obenund einem großen achtstrahligen Stern unten (Abb. 252) sowie symmetrisch<br />

angelegte Reihenfenster. Die Nordwestseite gegen die Straße ist ebenfalls als Fassade,<br />

jedoch mit Einzelfenstern und Füllungstäfer wohl des ig. Jahrhunderts gestaltet.<br />

Spätbarockes, karniesbogiges Portalgewände (in Kunststein erneuert). I m dritten<br />

Obergeschoß weiß glasierter, blau gemusterter Kachelofen wohl des 19. Jahrhunderts.<br />

- Nr. 40. Im ersten Obergeschoß teilweise verdeckte Frakturinschrift: «Deißes Haus<br />

w(urde erbauwen?) Ano 1774... Quartier Hauptmann... Gopey (?) Schreiber<br />

Jacob Zeller.» Mit Nr. 41 zusammengebautes und wie jenes ein viergeschossiges<br />

Kleinhaus mit Satteldach in Giebelstellung. Am einjochigen Keller mit Kreuzgratgewölbe<br />

zwei beschlagene Eisentüren.<br />

B. Von der Kirche gegen Südwesten (Abb. 225-227, 247-250)<br />

Bären, Nr. 54. Von der Umgestaltung eines ältern Hauses zeugt der Hauseingang:<br />

Im karniesbogigen Sturz des hölzernen Gewändes (vgl. Nr. 37) Datum «1794» und<br />

in dessen «Schlußstein» das 4förmige Zeichen eines Textilkaufmanns(?) zwischen<br />

den Initialen «H-SGH» (die zwei letzten Buchstaben verschlungen. Siehe Tabelle<br />

V, 1). Nußbaumene Haustüre mit Schweifwerkfüllungen, wovon die unterste in<br />

Herzform und die mittlere die ganze Türbreite überspannen. Ganz ähnliche Türe<br />

an Schmiedgasse 25, Herisau (S. 163). Im dritten Obergeschoß Überreste eines<br />

«Lustsaales» mit Barockmalerei an der Decke und Rokokomalerei an den Wänden,


254 s c h w e l l b r u n n<br />

erste und zweite Hälfte 18. Jahrhundert (1794?). - Ochsen, Nr. 59. Drei gleiche geschmiedete,<br />

mit kleinen und großen Rosetten symmetrisch besetzte Läden am gemauertenErdgeschoß,<br />

Ende 18., Anfang 19. Jahrhundert.-7W.6'/. Schmiede (Abb. 248).<br />

Älteres Giebelhaus bildet mit ostseitigem Anbau unter traufständigem Mansardgiebeldach<br />

von 1780 bis 1790, dem das Satteldach des ersteren auf dieser Seite durch<br />

entsprechende Einschweifung angeglichen ist, einen pittoresken Baukörper. An der<br />

Fassade ein neubarocker Lampenarm und ein mit getriebenen Blumen verziertes<br />

Handwerkerschild. In der Wohnstube ein grüner Kastenkachelofen mit verkröpften<br />

Zweipaßfüllungen, an Kranzkachel signiert und datiert: «17 HV.N 59», außerdem<br />

ein kirschbaumenes Büfett mit Uhrenschrank und Kredenz.In einer Füllung der mittleren<br />

Schranktüre die Initialen: «H IHB SHF F AL SHF» (teilweise ligiert: Schefer)<br />

1 und das Datum: «1803». - Nrn. 62-64 (Abb. 248). Noch völlig unverändertes,<br />

an Nr. 61 angebautes Einfamilien- und Doppelhaus mit sonnengebräuntem Täfer je<br />

unter gleich hohem, giebelständigem Satteldach und mit Webkellern versehen. -<br />

- Nr. 68. An der Front geschmiedeter Laternenhalter mit getriebenen Rocaillen. Im<br />

Innern Kellertüre mit herzförmiger Füllung wie an der Haustüre von Nr. 54. Aus<br />

diesem Haus in Privatbesitz weiß glasierter, blau bemalter Kachelofen mit grünen<br />

i Auflösung in: Herr Johann Bartholome Schefer, Frau Anna Lisabeth Schefer (gestützt auf<br />

Familienregister imGdeA).<br />

Abb. 246 und 247. Schwellbrunn. Haus Nr. 14. Gestricktes Holzgiebelhaus, 17./18. Jahrhundert. Wohnanbau<br />

mit traufständigem Mansardgiebeldach und kielbogiger Lukarne,u m 1790, Fronttäfer wahrscheinlich<br />

u m 1843 (vgl.Abb. 240 und 241). - Haus Nr. 72, 1797 erbaut,mit symmetrischer Gliederung<br />

der Front durch Portal, kielbogigen Frontgiebel und Einzelfenster. Rechts davon H aus Nr. 71. -<br />

Text S. 249-251 und255^


ü r g e r h ä u s e r 255<br />

Abb. 248. Schwellbmnn. In ihrer Ursprünglichkeitguterhaltene, wohl schönsteDorfpartie südwestlich<br />

der Kirche miti gestrickten Holzgiebelhäusern des 17./18. Jahrhunderts (Nrn. 61-65und 67). - Text<br />

S. 236-238und 254f.<br />

Füllkacheln, in Kastenform auf gedrechselten Füßen und mit «Kunst» versehen,<br />

Rokoko,um 1780. - Nr. yi (Abb. 247). Doppelhaus aus zwei dreigeschossigen Kleinhäusern<br />

mitje eigenem giebelständigem Satteldach. Dieses istam westseits stehenden<br />

Jüngern Haus, das symmetrisch angelegte Reihenfenster und einwärts versetzten<br />

Eingang aufweist, leicht konkav eingezogen. Wohl um 1780-1790an das ältere Haus,<br />

das Webkeller besitzt, angebaut. - Nr. 72. Fabrikantenhaus (Abb. 247, 259). 1797 vom<br />

reichen Fabrikanten undKaufmann Johannes Alder, Bauherr von Nr. 101 (S. 256f.),<br />

für seinen Sohn Hans Jakob, den spätem Gemeindeschreiber und Rittmeister,<br />

erbaut 1 . In jüngster Zeit bis 1968 Sitz der Post. Dreigeschossiger, über gemauertem,<br />

durch Gurtgesims betontem Erdgeschoß errichteter Strickbau unter Mansardwalmdach<br />

mit kleinem kielbogigem Frontgiebel. Axialsymmetrische Anlage von Einzelfenstern<br />

und Eingang. Dieser besteht aus einem äußern, korbbogigen Sandsteingewände<br />

mit Schlußstein, das durch darüber schwingendes, verkröpftes Gurtgesims<br />

und einen Blattstab plastisch betont ist, und aus einem ähnlichen innern Gewände<br />

I GOTTLIEB BÜCHLER, Das Geschlecht der Alderin Schwellbrunn. Ms., 1854 (Gemeindebibliothek<br />

Herisau,Nr. 5001/16),Nr. 33.Er wurde nach seiner Verehelichung 1796mit Anna BarbaraSchweizer<br />

«vom Vater in ein neuesfürdie Handlung bestimmtes, m it großen Unkosten aufgeführtes schönes<br />

Haus eingeführt..»


2 5 6 s c h w e l l b r u n n<br />

Abb. 24g. Schwellbrunn. Dorfpartie südwestlichderKirche mit gestrickten Holzhäusern des 17./18.Jahrhunderts<br />

(Nrn.65,67und68). - TextS.236-238und254.<br />

aus Holz, das mit dem äußern durch ein Kämpfergesims verbunden und an dem<br />

dieTüre befestigt ist. Hierim «Schlußstein» des geraden Sturzes die vom Merkurstab<br />

getrennte Jahreszahl «17-97». Darüber in der Mittelrosette des korbbogigen, aus<br />

Mäandern gebildeten und mit getriebenen Akanthusblättern belegten Oberlichtgitters<br />

dreimal das Kleeblatt des Alderwappens 1 . In den vier Parterrefenstern<br />

Louis-XVI-Gitter. Im Innern einjochiger Keller mit Kreuzgratgewölbe, Treppengeländer<br />

mit vollplastischen, bemalten Balustern und nußbaumenem Handlauf. Im<br />

Parterreraum schöner Wandtresor mit Louis-XVI-Beschlägen. - Nr. 75. Einzelhaus<br />

mit Mansardwalmdach a m ostseitigen Anbau. - Frohsinn, Nr. 77. Traufständiges<br />

Satteldach mit Quergiebel. Reiches Wirtshausschild mit vergoldetem und bemaltem<br />

Laub sowie Rocaillen,um 1780-1790 (Abb. 250). - Kreuz, Nr. 79. Ehemaliges Wohnhaus<br />

des Landammanns Johann Konrad Frischknecht 2 ; es beschließt die Häuserreihe<br />

nach Westen und ist an Nr. 77 mit entsprechender Giebelflucht angebaut, westseits<br />

jedoch abgewalmt. Wirtshausschild mit Rocaillen und Mäandern, Übergang vom<br />

Rokoko zum Klassizismus,um 1790-1800 (Abb. 250). - Nr. 101. Fabrikantenhaus des<br />

reichen Fabrikanten, Kaufmanns und Quartierhauptmanns Johannes Alder, der<br />

1813 in Armut starb 3 . In der Firstkammer auf originalem Zettel in deutscher Kursive:<br />

«Alder hat dieses Haus erbauen lassen Ano 1784. Baumeister war Johannes<br />

1 Wappenbuch,Tf. I, 12.<br />

2 GemeindegeschichteI,S.360. Siehe Porträt (Abb. 236).<br />

3 GOTTLIEB BÜCHLER, DasGeschlechtder Alder inSchwellbrunn,a.a.O.,Nr.26.


a u e r n h ä u s e r 257<br />

Abb. 250. Schwellbrunn. Dorfpartie südwestlichder Kirche: die Gasthäuser «Frohsinn» (Nr. 77, rechts)<br />

und «Kreuz»(Nr. 79, links) je miteinem gestelzten Quergiebel am traufständigen Satteldachundmit<br />

einem Wirtshausschildim Rokoko- bzw. Übergangsstilvom Rokoko zum Klassizismus, u m 1780-1790. -<br />

Text S. 236-238und 256.<br />

Himmelberger.» 1 Der auffallende, siebengeschossige Strickbau mit kielbogig geschwungenem<br />

Mansardgiebeldach zeigt seine Stattlichkeit besonders an der noch<br />

ursprünglichen ostseitigen Hauptfassade mit sonnengebräuntem Täfer, barocken<br />

Flugsparrendreiecken und Butzenscheiben an der Firstkammer. Der nordseitige,<br />

heute mit Zeltdach versehene Treppenturm war einst mit spätbarocker Haube<br />

bekrönt 2 . An der Südflanke alter Schindelschirm und Eingang zum Keller mit sternförmig<br />

genuteter Türe (Abb. 251). I m Innern einjochiger, kreuzgewölbter Keller,<br />

dessen Eingang korbbogiges Sandsteingewände aufweist. Ein « J. B. » signierter,<br />

«1888» datierter Backofen ist noch in Betrieb.<br />

BAUERNHÄUSER<br />

In alphabetischer Reihenfolge. Bei den beschriebenen Bauten handelt es sich um<br />

den traditionellen Typ mit über gemauertem Webkeller gestricktem, teils getäfertem,<br />

teils geschindeltem Wohngiebelhaus und mit auf einer Seite in Traufstellung angefügtem<br />

Stadel, der aus gestricktem Stall und in der Regel aus geriegelter, verschalter<br />

Scheune besteht. Die an manchen Wohngiebelhäusern über den Fensterreihen vor-<br />

1 Laut Gemeindegeschichte I, S. 361, war HIMMELBERGER 1792 Ratsherr und wohnte «außer der<br />

Kirche».<br />

2 ZeichnungenvonJon. ULRICH FITZI, Bilddokumente 1 a-eund 2 (Abb.227).<br />

17 - Kunstdenkmäler LXI AR I


258 s c h w e l l b r u n n<br />

handenen unverschalten Klebedächer sind für das appenzellische Hinterland charakteristisch.<br />

Bei diesen ruht ein Bretter- oder Schindeldach auf eineran der Strickwand<br />

des Hauses befestigten hölzernen Tragkonstruktion, die aus einer senkrechten Wandstütze,<br />

aus dem das Dächlein tragenden Sparren, aus einem die Wandstütze und den<br />

Sparren unten verstrebenden Bug sowie einer zusätzlichen Mittelstrebe besteht, die<br />

den Bug auch mit der Hauswand versteift und gewöhnlich in einem Zierknauf endet.<br />

Mit solchen Klebedächern ist meistens auch der ursprüngliche Zustand der Fronttäferung<br />

verbunden, dieim Unterschied zu jener des 19. Jahrhunderts über den vollen<br />

Wohngeschossen die Strickwand in Erscheinung treten läßt und sich hier auf die<br />

Brüstung der Fenster (Brusttäfer) und die seitlichen Zierbretter («Steckbretter»)<br />

beschränkt. Diese Gesichtspunkte bestimmten auch die im folgenden getroffene<br />

Auswahl.<br />

Hintere Au. Assek.-Nr. 562. Koord. 734560/245825. Im Giebelfeld das auf die rot<br />

gefärbte Strickwand mit schwarzer Farbe aufgemalte Baudatum und die nur noch<br />

teilweise lesbare Antiquainschrift des Baumeisters oder Bauherrn: «.16.85 J / MEISTER<br />

SAL.O.MON / FRISH.KNECHT./ HANS. TRIBEL.HORN / IN<br />

RV.HER. DES. RATS». Fünfgeschossiges,<br />

ostwärts gerichtetes Wohngiebelhaus mit im Dachstuhl deutlich erkenn-<br />

Abb. 251 und 252. Schwellbrunn.Haus Nr. 101. Gemalte Kellertüre, wohl 1784, ander Südfront des<br />

gleichzeitig erbauten Fabrikantenhauses. — Haus zurPalme (Nr.37). SpätbarockeHaustüreausNußbaumholz,<br />

u m 1780-1790,an der vonder Straße abgewandten Hauptfront. - TextS.252f. und256f.


a u e r n h ä u s e r 259<br />

barem späterm Anbau des nordseitigen Stadels in Traufstellung. Das erste und das<br />

zweite Obergeschoß über dem Webkeller ist mit gestemmtem Täfer verkleidet, der<br />

Fensterwagen im dritten Obergeschoß mit Brusttäfer und seitlichen Zierbrettern<br />

(«Steckbrettern») versehen. A m Dachvorsprung schöne Flugsparrendreiecke mit<br />

herzblattförmig endenden Pföstchen und Stichbalken, im Giebel ein aus einem<br />

Kehlbalken und zwei Pföstchen gebildetes Doppeldreieck. An der Dachuntersicht<br />

Spuren von Bemalung: Mit Sternen besetzte Zweipässe, unter dem First zwei Drudenfüße.<br />

I m Innern zahlreiche Türgerichte mit hohen Schwellen, eingehalsten<br />

Stürzen, deren Unterkante kielbogig ausgeschnitten ist, und mit Pfosten, deren<br />

Fase in Blattprofil endet. Auf einer bemaltenTüre zweimal die Initialen «M.M. M.»,<br />

einmal in Verbindung mit «IHT (verbunden) H».<br />

Vorder Au. Assek.-Nr. 487. Koord. 735350/247560 (Abb. 255, 256). Auf der Strickwand<br />

des Giebelfeldes eingeschnitzt das Baudatum «1737» und die Namen des Baumeisters,<br />

d.h. des Bauherrn, und des Werkmeisters teils in Antiqua, teils in Fraktur:<br />

«BM Jeremias Mockh / W MHanß Virich Jeger». Nach der Hofüberlieferung<br />

jüngerer Bau als das nordwestlich von ihm stehende schlichte Bauernhaus. Mit<br />

Webkeller fünfgeschossiges, südostwärts gerichtetes, sonnengebräuntes Wohngiebel-<br />

Abb. 253und 254. Schwellbrunn.Haus Nr. 14 (vgl.Abb. 240 und 246). Geschnitzte, 1809 datierteZimmertüren<br />

aus Nußbaumholz mit Rokoko-und Louis-XVI-Motiven sowie mitden Initialen des BauherrnJohannes<br />

Schweizerund seiner Frau Elisabeth Preisig. - Text S. 249-251.


200 s c h w e l l b r u n n<br />

haus, dem südwestseits ein kurzer traufständiger Wohnbau mit verschalter Traufhohlkehle<br />

und renaissancemäßig instrumentierter Haustüre angefügt ist und im<br />

Anschluß daran der ebenfalls traufständige Stadel mit tiefer liegendem First. Die<br />

Front des Wohngiebelhauses weist eine für die Bauzeit auffallende symmetrische<br />

Anordnung der Reihenfenster (2x5/2x3/5/2) auf und ist über den beiden vollen<br />

Wohngeschossen mit offenen Klebedächern ausgestattet, deren Mittelstreben in<br />

herzförmigen Profilen enden. Einzigartig ist im ganzen Inventar von Appenzell<br />

Außerrhoden die Verkleidung mit Brusttäfer und seitlichen Zierbrettern in allen<br />

Geschossen von der Wohnstube bis zum Estrich (sonst meistens nur noch an den<br />

Dachgeschossen oder vom zweiten Obergeschoß an) einschließlich der seitlichen<br />

Estrichfensterchen und des Hausflurfensters am Wohnanbau. Interessant und für die<br />

Datierung ähnlicher Häuser zur Vorsicht mahnend ist die Stilverspätung an den<br />

seitlichen Zierbrettern mit den aus Rollwerk herauswachsenden Obelisken, die mit<br />

m<br />

0<br />

11111111111<br />

5<br />

J<br />

Abb. 255. Schwellbrunn. VorderAu Nr. 487. Bauernhaus, 1737 erbaut. Aufrißder Fassade. Maßstab<br />

1; zirka 91. In der alle Wohngeschosse umfassenden Gestaltung der Front mit seitlichen Zierbrettern<br />

(«Steckbrettern») und mit unverschalten Klebedächern ein Einzelfall in Appenzell Außerrhoden. -<br />

Text S.259!'.


a u e r n h ä u s e r 261<br />

I<br />

mim<br />

i mH' IjHHH<br />

Abb. 256. Schwellbrunn.VorderAu Nr.487. Bauernhaus (vgl. Abb. 255). Laut Inschrift im Giebelfeld<br />

1 737 v o n WerkmeisterHans UlrichJeger für den «Baumeister»(Bauherrn) JeremiasMock erbaut.In<br />

den seitlichen Zierbrettern mit Obeliskenund groteskenhaften Vögelnder Spätrenaissancekommt eine<br />

Stilverspätung von etwa hundert Jahrenzum Ausdruck. - Text S.259f.<br />

ihrer Spitze einen grotesken Vogelkopf berühren, eigentlich im 17. Jahrhundert<br />

beheimatete Motive der Spätrenaissance. Im Innern Türgerichte mit geschnitzten<br />

eingehalsten Stürzen.<br />

Brisig. Assek.-Nr. 213 (alte «No. 108»). Koord. 737975/ 2 455 2 5 ( Abb - 2 57)- A n<br />

der alten Landstraße Waldstatt-Schönengrund gelegenes ehemaliges Gasthaus (alte<br />

«Traube»?), das auf einer Türeim Parterre «1647» datiert ist. Der viergeschossige<br />

giebelständige Hauptbau, an den sich südwestseits der Stadel in Traufstellung anschließt,<br />

ist nordostseits durch ebenfalls traufständigen, zwei Vollgeschosse umfassenden<br />

ehemaligen Gasttrakt erweitert. Beide Wohnbauten sind über dem mit behauenen<br />

Sandsteinquadern verkleideten Kellergeschoß gestrickt, an der Front getäfert und<br />

durch behäbig ausladendes, verschaltes und mit Brettchen abgedecktes Klebedach<br />

über den Reihenfenstern des Hochparterres zur Einheit verbunden. Noch bis vor<br />

kurzem war das Dach nur mit Schindeln gedeckt und die obern drei Fensterreihen<br />

mit Butzenscheiben versehen (Photographie von zirka 1930), jetzt noch die obersten<br />

zwei und die Firstkammerfensteran der Nordostfront, die, wie auch große Teile der<br />

nordwestlichen Rückseite, einen alten Schindelschirm besitzt.<br />

Dietenberg. Bauernhaus 17./18. Jahrhundert. Assek.-Nr. 457. Koord. 735775/248075<br />

(Abb. 258). Schöner, nur unter den Fensterreihen des Hochparterres mit Brusttäfer<br />

für Zugläden verkleideter, sonst bis zum Giebel offener Strickbau, dessen obere zwei-


262 s c h w e l l b r u n n<br />

Abb. 257. Schwellbrunn. Brisig,Nr. 213. Bauernhaus,um 1647 erbaut, mit traufständigem Wohnanbau,<br />

dermitdem Giebelhaus durch ein verschaltes Klebedach verklammert ist.An einem Teilder Reihenfenster<br />

noch originale Mondglasscheiben, a n den übrigen anstatt sechsteilige neuere Sprosseneinteilung.<br />

- Text S.261.<br />

und dreiteilige Fensterreihen mit Schlagläden versehen sind. Einen besondern Reiz<br />

erhält die sonnengebräunte südostwärts gerichtete Giebelfront durch ein unverschaltes,<br />

mit Brettchen und Leistchen abgedecktes Klebedach, dessen Streben, ebenso wie<br />

die Flugdreiecke, barock profiliert sind ähnlich wie an den 1749 bzw. 1737 erbauten<br />

Bauernhäusern in Kappelen, Assek.-Nr.479, undVorderAu, Assek.-Nr.487 (S.259f.).<br />

Im Innern hohe Türschwellen und eingehalste Stürze mit an der Unterkante ausgeschnittenen<br />

Kielbogen wie im sogenannten Rathaus von Schwänberg (S. 203).<br />

Stehender Dachstuhl. An der Nordostseite in Traufstellung angebauter Stadel. An<br />

Nordost- und Nordwestflanke alter Schindelschirm.<br />

Kappelen. Assek.-Nr. 479. Koord. 735275/247266. Ein lautBÜGHLER, Schwellbrunn,<br />

S. 4, im Jahre 1749 erbautes Haus, wozu auch Mauerüberreste der angeblich<br />

daneben gestandenen Kapelle (S. 233) gedient hätten. Fünfgeschossiges, über gemauertem<br />

Webkeller gestricktes, sonnengebräuntes Wohngiebelhaus in Südoststellung<br />

mit Reihenfenstern (4 + 2/3 + 2/3/Estrichluke). Der untere Teil der Fassade ist<br />

teilweise getäfert, darüber bis auf das Brusttäfer der Firstkammerfenster unverkleidet.<br />

Deren seitliche Zierbretter («Steckbretter») sind wie beim nahe gelegenen Bauernhaus,<br />

Assek.-Nr. 487, in der VorderAu (S. 259f.) mit Rollwerk-, Obelisken- und Vogelkopfmotiv<br />

geschmückt und für die alpine Stilverspätung bezeichnend. Stadel an der<br />

Süd Westseite in Traufstellung.


a u e r n h ä u s e r 263<br />

Abb. 258. Schwellbrunn. Dietenberg, Nr. 457. Bauernhaus. Gestricktes, nuram untersten Wohngeschoß<br />

getäfertes, mit einem unverschalten Klebedach und mit Zugläden versehenes Wohngiebelhaus<br />

des 17./18. Jahrhunderts. O ben an der bloßen Strickwand altertümliche geleimte Schlagläden mit<br />

Einschubleisten. - Text S.26if.<br />

Nord. Assek.-Nr. 612. Koord. 245675/246950. Bis zum First gestricktes, südostwärts<br />

gerichtetes Wohngiebelhaus mit schwach geneigtem Satteldach und mit unverschaltem<br />

Klebedach an der getäferten, sonnengebräunten Front. 17./! 8. Jahrhundert.<br />

Vorder Sonder. Assek.-Nr. 617. Koord. 734375/247560. Das Baudatum 1617 war<br />

laut Besitzer 1924 im Haus unter einem Brett festgestellt worden. Mit ehemaligem<br />

Webkeller fünfgeschossiges, ostsüdostwärts gerichtetes Wohngiebelhaus mit symmetrischem,<br />

schwach geneigtem Satteldach und Wetterschirmen zu beiden Seiten. Die<br />

auf Symmetrie angelegte sonnengebräunte Fassade, die über dem getäferten ersten<br />

Obergeschoß (Flochparterre) die Strickwand zeigt, ist geformt durch zwei seitliche<br />

Türen zum Hochparterre und die Reihenfenster (4 + 4/2 + 2 + 2 + 2/2+2/2),<br />

wovon jene des ersten Obergeschosses die üblichen Aufzugsläden, jene am zweiten<br />

und dritten Obergeschoß jalousielose Schlagläden besitzen. Die großen Kellerfenster<br />

von 1930. Dachstuhl mit mächtiger Firstpfette. Bis 1943 war das Dach noch ganz<br />

mit Schindeln bedeckt, die nordnordöstliche Hälfte noch bis 1963. An der westnordwestlichen<br />

Rückseite Schindelschirm, an den Flanken Bretterschirme. Das Haus<br />

besaß früher ein Rutenkamin. Südsüdwestlich vom Wohnhaus getrennt liegt der<br />

traufständige Stadel. - Als Typ steht das Hausam Übergang vom viergeschossigen,<br />

giebelständigenTätschdachhaus des 16.Jahrhunderts zum fünf-oder sechsgeschossigen<br />

Giebelhaus mit steilerm Satteldach des 17. und 1 S.Jahrhunderts (vgl. Abb. 258, 283).


264 s c h w e l l b r u n n<br />

MÜHLEN<br />

Das Kirchenlibell von 1652 vermerkt drei «in der untern Schar» liegende Mühlen:<br />

«in der Mülli», «in der Meyer Mülli», «in der Mülli an der Äschenwis» 1 . Heute<br />

sind vier, teils noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Wasserrädern<br />

betriebene Mühlen bekannt: Am Wissenbach in der ehemaligen untern Schar die<br />

um 1900 abgebrannte Obere Müli und die Untere Müli (Assek.-Nr. 505), heute Wirtschaft<br />

und Sägerei, das stattliche Wohngiebelhaus traditioneller Art mit drei schindelgedeckten<br />

und verschalten Klebedächern versehen, 17./i 8. Jahrhundert. Am<br />

Murbach die stillgelegte, als Bau heute unansehnliche Brisigmüli (Assek.-Nr. 216).<br />

An einem Zulauf des Tüfenbachs an der Grenze von Schönengrund das Müleli<br />

(Assek.-Nr. 328), Sägerei, einst auch Wirtschaft, wegen der reizvollen Gruppierung<br />

der einzelnen Gebäude nennenswert.<br />

I Kirchenlibell, Fol. iof. - BÜCHLER, Schwellbrunn, S. 8, 15. «Mr.Hs. Höscher in der Mühle»,<br />

stehtim Widerspruchzum Kirchenlibell, Fol. 12, wonach der WerkmeisterHans Höscherinder obern<br />

Schar wohntund zudem von seinem Bruder Jogli, dem Stifter des Abendmahlstischchens, zu unterscheiden<br />

ist, während BÜCHLER, a.a.O., S. 12, eine Verwechslung unterläuft. Vermutlich handelt es<br />

sich bei der Mühleander Äschenwiesum die «Obere Müli».<br />

Abb. 259. Schwellbrunn. HausNr. 72 (vgl.Abb. 247). Korbbogiges Portal, 1797 datiert, mit Sandsteingewände<br />

an der Front und Holzgewände anden Türen. - Text S.255f.


WALDSTATT<br />

265<br />

KIRCHLICHE U ND POLITISCHE VERHÄLTNISSE<br />

A. Bis zur Gemeindegründung von iyig bis lysi bildete das Gebiet einen Teil der uralten<br />

Kirchhöre bzw. Rhode Herisau (S. 23-37). ~ Historisch unhaltbar ist die behauptete<br />

Zugehörigkeit der links des Wiler- oder Sägebachs liegenden Gebiete zu einer legendären<br />

«Kirche zu Teufenau» (siehe S.213). Erste Erwähnung von «Ober Walstatt»<br />

in der Teilungsurkunde der Brüder Eglolf und Rudolf von Rorschach 1374 1 , von<br />

«Wallstatt» selbst in der Verkaufsurkunde von Konrad Paier 1415 2 . Einzelne im<br />

spätem Gemeindegebiet liegende Höfe erscheinen schon früher. So das teilweise auf<br />

Herisauer und Schwellbrunner Gebiet liegende Ädelswil 90g in zwei Schenkungen an<br />

das Kloster St. Gallen 3 , Mooshalden («Moshaltun») in einem Einkunftsrodel des<br />

Klosters St. Gallen u m 1200 4 , Geißhalden («Geizhaitun» und «Gaishaltun») in<br />

einem solchen des 14.Jahrhunderts 5 . Die erwähnten Höfe scheinen zur Vogtei<br />

Herisau gehört zu haben. Jedenfalls sind im Unterschied zu zahlreichen Höfen in<br />

der Gemeinde Schwellbrunn (S. 233) keine Rechtsame der Freivogtei des Obern Thurgaus<br />

auf Waldstatter Boden verbürgt 6 .<br />

B. Seit der Gemeindegründung von 171g bis ijsi. Die Abtrennung von der Kirchhöre<br />

(= Gemeinde) Herisau erfolgte wie in Schwellbrunn im Zusammenhang mit einem<br />

geplanten Kirchenbau, ging aber im Unterschied zu dort dem Kirchenbau von 1720<br />

voraus.Am 12. November 1719 ermächtigte der zu Herisau versammelte Kleine Rat<br />

die Ratsherren Baschon Steiger und David Zuberbühler, das Gesuch für einen<br />

Kirchenbau im Namen «ihrer Gegensgenossen aus der Wahlstatt» dem Großen Rat<br />

vorzubringen 7 . Nachdem am 18.November die Teilung des Kirchen- und Armenguts<br />

mit den Herren Vorgesetzten von Herisau abgesprochen worden war 8 , erteilte<br />

der zu Trogen versammelte GroßeRat am 24. November die Erlaubnis zum Kirchenbau<br />

mit dem Versprechen, 500 Gulden beizusteuern 9 . In der Auslösungsurkunde<br />

vom 9. Dezember erhielt die neue Gemeinde den Namen «Waldstatt» und eine<br />

Auslösungssumme von 900 Gulden 10 . Eine Urkunde vom 8. Mai 1721 legte schließlich<br />

u.a. die Gemeindegrenzen fest 11 .<br />

C. i8yy Trennung von Kirche und Staat, d. h. Auflösung der Kirchhöre, die bis anhin<br />

eine politische und kirchliche Einheit evangelischen Bekenntnisses gebildet hatte, in<br />

i AUB 112. 2 AUB 338. 3 AUB 13, 14.<br />

4 UBSG, Bd. III, S. 753. 5 UBSG, Bd.III, S. 729f.<br />

6 Wohlim Anschluß anv. ARX I, S. 502, nehmen dies an: SOHLÄPFER, Chronicon, S. 18, 68, und<br />

SCHMIEDHEINI, Kirche von Waldstatt, S. 3.<br />

7 Protokoll des Kleinen Rates in Herisau (KtA, Altes Archiv, 6, 16).<br />

8 SCHLAFFER, Chronicon, S. 5. - Protokoll des Großen Rates (siehe folgende Anmerkung).<br />

9 Protokoll des Großen Rates (KtA, Altes Archiv, 4, 1, Fol. 363 r. und v. —Z um Datum vgl.<br />

SCHLAPPER, Chronicon, S. 5.<br />

IG SOHLÄPFER, Chronicon, S. 5; Materialien, Anfang (Wiedergabe von Punkt III-V). - Vgl. SCHMIED­<br />

HEINI, Kirche von Waldstatt, S. 7. - Originalurkunde verschollen.<br />

11 Originalurkunde in der Gemeindekanzlei. Vgl. Fliegende Blätter, Fol. 75.


266 w a l d s t a t t<br />

Politische Einwohnergemeinde und Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde aufgrund<br />

der neuen Kantonsverfassung von 1876 mit den für ganz Appenzell Außerrhoden<br />

gültigen Rechtsfolgen. - Vgl. Einleitung, S. 11. - 1908 Neuregelung der<br />

Eigentumsverhältnisse aufgrund des Kirchenartikels in der neuen Kantonsverfassung<br />

durch Vertrag vom 6. Dezember, kraft dessen Pfarrhaus und kirchliche Geräte in<br />

den Besitz der Kirchgemeinde übergingen 1 . Seit 1911 römisch-katholische Pfarrei<br />

Urnäsch-Hundwil-Waldstatt. - Siehe Urnäsch, S. 294.<br />

WIRTSCHAFTLICHE V ERHÄLTNISSE U ND B EVÖLKERUNGSZAHL<br />

Neben althergebrachter Viehzucht entwickelten sich wie im übrigen Appenzellerland<br />

vor allem im 18. Jahrhundert Textilgewerbe und-handel, die in den 1780-1790er Jahren<br />

mit Musselingeweben ihre höchste Blüte erlebten und gegen das Jahrhundertende<br />

in der Gemeinde um 400 Webstühle beschäftigten 3 . - Im 19. Jahrhundert wurde<br />

Waldstatt zum Kurort, nachdem Ratsherr Josua Keßler schon 1791/92 in Unterwaldstatt<br />

an den 1772 bzw. 1790 entdeckten Quellen im Torfgrund ein Bad eingerichtet<br />

hatte 3 .<br />

Im Zusammenhang mit dieser Entwicklung stieg die Bevölkerungszahl in den Jahren<br />

1734-1805 von 632 auf 1034 4 , ging jedoch infolge der Hungersnot im Jahre 1817 und<br />

Wirtschaftskrisen bis 1834 auf 922 zurück 5 . 1842-1970 wieder Zunahme mit gelegentlichen<br />

Rückschlägen von 970 auf 1508. Absoluter Höhepunkt 1910 mit 1555<br />

1 PrKV, 9.Nov. 1908 (Vertragsentwurf). 6.Dez. 1908 (Genehmigung durch außerordentliche<br />

Kirchhöre).<br />

2 SCHLAFFER, Chronicon, S. 12, 14!". Vgl. ebenda, S. 69-71, 195.<br />

3 SCHLAFFER, Chronicon, S. 193 f. - G. RÜSCH, Kuranstalten, S. 33-37.<br />

4 SCHÄFER, Materialien 1810, S. 71-75.<br />

5 Ergebnisse der Zählungen bei der HausbesuchungimKanton Appenzell Außerrhoden imjahre<br />

1834, Trogen 1834.<br />

Abb. 260. Waldstatt. Das Dorf von Südsüdwesten mit der 1720/21 erbauten reformierten Kirche.<br />

Federzeichnung von Johann Ulrich Fitzi, um 1822. Privatbesitz Zollikon. - Text S. 267, 269^, 275<br />

und 284.


geschichte 267<br />

Abb. 261, 262 u nd 263. Waldstatt. Ältestes Gemeindesiegel, 1804. - Jüngeres Gemeindesiegel, vor<br />

iSsg. - Kanzleisiegel,um 1804. - Text S.268.<br />

Einwohnern 1 . Wohnhäuser standen im Jahre 1842 in der ganzen Gemeinde 157,<br />

in allem um 300 Gebäude 2 .<br />

Quellen. GdeA: Festsetzung der Gemeindegrenzen. S.Mai 1721 (Pergamenturkunde mit Landessiegel).<br />

— Kirchhöreprotokolle ab 1721: 1721-1786 in «Altes Kirch- u. Schuldbuch» vorn und hinten,<br />

1851-1893 in «Kirchhöri-ProtokollBand 2.». - Jahresrechnungen der Gde (gedruckt), 1 i.Nov. 1856ff.<br />

- KGdeA: Protokoll der Kirchenvorsteherschaft,ab 9.Jan. 1878, einschließlich Protokoll der Kirchgemeindeversammlungen.<br />

- JON. JAKOB MOCKS Beschreibung des Kirchenbaus 1720/21. Ms.um 1721<br />

(wurdeum 1967 verbrannt). - KtA: Protokolle des Großen Rats und des Kleinen Rats.<br />

Literatur. JOH. JAK. SCHLÄPFER, Chronicon der Gemeinde Waldstatt, Trogen 1839. Zitiert; SCHLÄP-<br />

FER, Chronicon. Ders., Materialien zu einer Gemeinde-Chronik. Ms., Waldstatt 1807 bzw. 1821 und<br />

später (Ergänzung zu Chronicon, das mit demJahr 1820 endet), Besitz Frau Hulda Schaerer-Keßler<br />

und Frl. Hermine Keßler, Waldstatt. - B. SCHMIEDHEINI, Geschichtliches über die Kirche von Waldstatt.<br />

Denkblätter zur Erinnerung an die Einweihung hiesiger Kircheam 8. März 1874. Enthält auszugsweise<br />

JOH. JAKOB MOCKS Beschreibung des Kirchenbaus 1720/21. Zitiert: SCHMIEDHEINI, Kirche<br />

von Waldstatt. - Schulhauseinweihung Waldstatt Sommer 1957, Herisau 1957. — HANS EUGSTER-<br />

KÜNDIG, Die Geschichte der Gemeinde Waldstatt, 1720-1970, Herisau 1970.<br />

Bilddokumente. 1. Dorf von S, Federzeichnungen von JOH. ULRICH FITZI (1798-1855): a) «Waldstadt»<br />

(kursiv im Bild links unten), 20,9 X 52,5 cm; links oben, ebenfalls kursiv: «JM Aprill 1821.<br />

Ao 1825, 947 Einw:». Sammlung Ernst Rutz, Gümligen BE. - b) «WALDSTADT» (Buchstaben mit<br />

Gitterverzierung), 34,8 X 53,2 cm. Kopie des Zeichners nach a, um 1822 (in zusammengehöriger<br />

Reihe außerrhodischer Dorfbilder, wovon eines 1822 datiert ist). Privatbesitz Zollikon (Abb. 260). -<br />

2. Kirche und Haus vonNNO, betitelt: «Parthie in Wallstadt», Aquarell mitTempera, 15,2 X 17,7cm,<br />

signiert und datiert: «v. Heinr. Klonke», «Aufgenommen d. 24. Aug. 1830». KtB Trogen. - 2a. FabrikantenhausNr.<br />

196 des Hs. Ulr. Schlaepfer, Lithographie, 9,2 X 12,8m, signiert: «Lith. A.W. Fehrenbach,<br />

Zürich.», betitelt: «WALDSTATT»,u m 1841. Besitz der Nachkommen (Abb. 279). - 3. Kirche mit<br />

Dorfpartie von SSO, Photographie, 1860/61. Privatbesitz Waldstatt (Abb. 266). - 4. Dorfvon S, Aquarell<br />

mit Deckweißund Farbstift, 43 X 21,6cm, signiert und datiert: «Gez.vonJ.J. Heuscherim Moßberg<br />

1866.» SammlungA. Bernoulli, Basel 3. - 5. Haus mit traufständigem Tätschdach in Steblen, Außere<br />

Waldstatt, Radierung in: EUGSTER, Herisau, S. 398, nach Zeichnung von Ratsherr STEIGER-ZÖLPER. -<br />

6. Kirche mit Hinterdorf von S, Öl und Silberbronze auf Papier, 39 X 25,3 cm, datiert und signiert:<br />

«1874 Gemacht von Johs. Zülle in Waldstatt.» Sammlung Dr. Syz, Züricht. - 7. Weitere alte Bilder<br />

und Photographien in: HANS EUGSTER-KÜNDIG, Die Geschichte der Gemeinde Waldstatt, 1720-1970.<br />

1 AMB 1843, S. 71. - Statistische Quellenwerke der Schweiz, Heft 467, Bern 1971, S. 45.<br />

2 AMB 1843, S. 72. - Vgl. SCHLÄPFER, Chronicon, S. 11.<br />

3 RUDOLF HANHART, Appenzeller Bauernmalerei, Teufen 1959, Abb. 80, S. 113.<br />

4 Ebenda, Abb. 62, S. 96.


268 w a l d s t a t t<br />

Siegel und Wappen (Abb. 261-263). Bis zur Anschaffung eines eigenen Siegels 1804 wurde mit dem<br />

Herisauer Gemeindesiegel von 1664 gesiegelt 1 (Abb. 26). 1. Ältestes Gemeindesiegel, 1804 2 . Oval,<br />

30 X 26 mm. Wappen: Von einem nach heraldisch rechts schreitenden Bären gehaltener und von<br />

Blumen- und Fruchtgehängen geschmückter Ovalschild, indem auf Waldgrund runder Haubenturm<br />

und Giebelhaus zwischen Tannen stehen. In Antiqua unten horizontal: «GEMEINDE WALDSTAT».<br />

UMSCHRIFT: «CANTON=APPENZELL*».Signatur« B » der Petschaftsstecher JOH. CASPARundHs. JACOB<br />

BRUPBACHER von Wädenswil bei der linken Bärenpranke 3. Abdrücke im Schweizerischen Landesmuseumund<br />

in Waldstatter Privatbesitz. - 2. Gemeindesiegel, vor 18394. Oval, 32 X 28mm. Ähnliches<br />

Wappen wie bei Nr. 1, Bärund Stadt jedoch realistischer unddurch Perlstabumrandung getrennt von<br />

Antiquaumschrift: «sie. DER GEMEINDE WALDSTATT* APPENZELL.A.R.*». Erstes Gemeindesiegel<br />

Außerrhodens mit «AR» statt «VR»5. Abdruck in der Sammlung des Kantonsarchivs. - 3. Ältestes<br />

Kanzleisiegel, um 1804. Oval, 28 X 25 mm. Wie Nr. 1 und ebenfalls mit dem «B» der BRUPBACHER<br />

signiert. Abgesehen vom Format einziger Unterschied in der Beschriftung: «CANZLEY» anstatt «GE­<br />

MEINDE». Vermutlich 1804 mit Nr. 1 angeschafft. Abdruck in der Sammlung des Kantonsarchivs. -<br />

1 Soauf Zettel vom 21. Febr. 1795 im GdeA.<br />

2 SCHLÄPFER, Chronicon, S. 267, mit Wiedergabe der Inschriften. Ebenda, S. 299, Anm. 185:<br />

Kosten «4Nthlr» (neue Taler).<br />

3 PETER ZIEGLER, Die Petschaftstecherund Graveure Brupbacher von Wädenswil, o.O.und o. J.,<br />

S. 7: VaterJoh. Casparund Sohn Hs. Jakob reisenam 17.Juni 1802 nach mehreren Wochen Aufenthalt<br />

in St. Gallen von dort über Herisau, Schwellbrunn, Schönengrund usw. nach Hause (natürlich<br />

mit Aufträgen).<br />

4 Geht aus dem 1839 gedruckten Chronicon von Jon. JAKOB SCHLÄPFER, S. IG, Anm. 6, hervor,<br />

wonach Waldstatt als erste außerrhodische Gemeinde «AR stattVR in ihrem Siegel» führt.<br />

5 SCHLÄPFER, Chronicon,S. 10,Anm. 6.<br />

Abb. 264. Waldstatt. Übersichtsplan. Maßstab i: zirka 4200. Das Dorf entstand im Anschluß an den<br />

Kirchenbau 1720/21 aus einem kleinen Weiler besondersan beiden bei Haus Nr. 240 sich verzweigenden<br />

Armen der alten Landstraße nach Urnäschund ins Toggenburg hauptsächlichim 18. und 19.Jahrhundert.<br />

- TextS. 269-272,274-276und 281-288.


l a g e u n dv e r k e h r 269<br />

Abb.265. Waldstatt. Flugaufnahme von Südwesten, 31. Juli 1957. Die alte Dorf- und Landstraße<br />

überquert bei der Kirche die gerade, das Dorf durchschneidende neue, 1839-1841 angelegte Landstraße<br />

ins Toggenburg, die an der Osteinfahrt zum Dorf von Häusern des 19. Jahrhunderts gesäumt<br />

ist. - Text S. 269-272, 274-276und 281-288.<br />

4. Neuestes Kanzleisiegel. Seit ungefähr 1914. Wappen ohne Bär,nur Kirche zwischen Tannenim Schild 1 .<br />

- 5. Siegel des Gemeindehauptmanns. Oval, 27 X 23 mm. Wappen ähnlich jenem von Nr. 2. Antiquaumschrift:<br />

«GEMEINDE HAUPTMANN IN WALDSTATT CANT.APP. A. R. ». ^.Jahrhundert,nach Nr. 2. Sammlung<br />

des Kantonsarchivs. - 6. Pfarramtssiegel. Oval. Heilige Schrift auf Tisch an Leuchter gelehnt.<br />

Daneben Hirtenstab. Antiquaumschrift: «PFARRAMT DER GEMEINDE WALDSTATT. KANTON APPENZELL<br />

V.R.» Ende 1813um zwei neue Taler angeschafft 3 . - Alle Petschaften außer Nr. 4 sind verschollen.<br />

Fahnen. Schützenfähnchen 1850. Seidentaft,H. 64cm, Br. 68cm. Rot-weiss geviertet, inder Mitte eingenähtes<br />

Medaillon aus Leinwand und bemalt: Einerseits ein Appenzeller Milizsoldat, anderseits Inschrift:<br />

«Nr. 1, Stich Baad Waldstadt den 30. April 1850.» 1942 in der Privatsammlung von Oberst<br />

Pelet, Lausanne. Bruckner, Fahnenbuch, Nr. 35.<br />

LAGE U ND V ERKEHR<br />

Das Dorf (Abb. 264, 265) liegt mit der Kirche, bis zu deren Bau 1720 nur ein<br />

Weiler von wenigen Häusern 3 , 820 m ü.M. (LK) in einer muldenartigen Senke<br />

des Molassehügellandes am Fuße von Geißhalden und südseits vom Höhenrücken<br />

Oberwaldstatts begrenzt, jedoch mit freier Sicht auf das Alpsteingebirgeim S und die<br />

Dörfer Hundwil, Stein und Teufen im O. Hier verzweigt sich die Landstraße nach<br />

1 Auf Vorschlag von JAKOB SIGNER, Die Wappen der Gemeinden des Kantons Appenzell A.Rh.,<br />

AHS 1916, 30. Jg., HeftNr. 2, S. 85-89; HeftNr. 3, S. 129 und Tf.VI.<br />

2 SCHLAFFER, Chronicon, S. 299, mit Beschreibung in Anm. 185. Ovalform und Antiquainschrift<br />

sind aufgrund der Analogie auch zu andern Pfarramtssiegeln (Herisau, Speicher) angenommen, da<br />

bis jetzt keine Abdrücke gefunden werden konnten.<br />

3 SCHLAFFER, Chronicon, S. 16: Es gab «schon früher eine Schule, ein Back- und Wirthshaus und<br />

eine 1711 erbaute Schmiede usw. daselbst; auch waren nebst den meisten Handwerkern ein Arzt,<br />

Maler usw. zu finden.»


270 w a l d s t a t t<br />

Schönengrund-Toggenburg und Urnäsch. An den beiden noch sichtbaren Zügen<br />

der alten Straße erstand im Anschluß an den Kirchenbau das Dorf hauptsächlich an<br />

dem nach Horschwendi Richtung Schönengrund emporsteigenden Arm, an dem<br />

auch die Kirche liegt. Zeichnungen von Jon. U LRICH FITZI, 1821 bzw. um 1822 von S<br />

aufgenommen (Abb. 260) I , zeigt ein gut zwanzig Giebelhäuser zählendes Straßendorf<br />

von eindrücklicher Einheitlichkeit. Die Mehrzahl der Häuser gruppierte sich<br />

an der Ostseite der Kirche gegen die Straßenverzweigung hinab, während westlich von<br />

ihr nur etwa sechs die rechte Straßenseite nach Horschwendi säumten. So lag die<br />

Kirche zur Linken dieser Straße samt südseits vorgelagertem Friedhof in einem südwärts<br />

und westwärts völlig offenen, unverbauten Gelände.<br />

Eine bedeutende Veränderung des Dorfbildes wurde durch die jetzige, 1838-1842<br />

neu angelegte Straße von Herisau über Waldstatt und Schönengrund ins Toggenburg<br />

eingeleitet 2 , indem diese, von Mooshalden bis Kirchplatz 1839 3 , von hier nach<br />

Horschwendi 1841 vollendet 4 , die bei der östlichen Dorfeinfahrt einmal gewonnene<br />

Höhe behauptend, Dorf und alte Landstraße an der Nordseite der Kirche diagonal<br />

durchschnitt (Abb. 264^) 5 . Im übrigen setzt sich die ausgedehnte Gemeinde aus typischen<br />

alemannischen Streusiedelungen zusammen, wie das Dorf vor dem Kirchenbau<br />

eine war, und umfaßt folgende sieben alte Bezirke: 1. Dorfund Umgebung. - 2. Unterwaldstatt.<br />

- 3. Oberwaldstatt. - 4. Horschwendi. - 5. Geißhalden und Mooshalden.<br />

1 Bilddokumente i a und b.<br />

2 AMB 1843, S. 173-177: Nach Plänen vonH. HARTMANN und FREI von Knonau durch HIRZEL<br />

von Abtwilund RUEF aus Vorarlbergvon Mooshalden bis Eisigeli, durch BERTHER und Louisvon hier<br />

bis Kantonsgrenze ausgeführt.<br />

3 AMB 1840, S. i5f. 4 AMB 1841, S. 128. 5 Vgl. Bilddokument4.<br />

Abb. 266. Waldstatt. Die 1720/21 erbaute reformierte Kirche von Südsüdosten i m ursprünglichen<br />

Zustand, vor der Umgestaltung von 1874, und gestrickte Giebelhäuser des 18. Jahrhunderts. Photographie<br />

von 1860/61. - Text S.267und 272-276.


LAGE U ND V ERKEHR 271<br />

Abb. 267 und 268. Waldstatt. Reformierte Kirche von Südsüdostenim Zustand von 1874 bis 1934 mit<br />

sozusagenneu erbautem Langhaus, schwach geneigtem Satteldachund mit erhöhtem, umgestaltetem<br />

Turm. - Von Nordwesten, 1973, in der Gestalt von 1934/35 mit verlängertem Schiff, Vorhalle u nd<br />

steilerm Satteldach (vgl. Abb.266). - Text S.273f. und 276f.<br />

- 6. und 7. Äußere Waldstatt 1 . - Waldstatt ist als einzige außerrhodische Gemeinde<br />

ausschließlich von außerrhodischen Gemeinden umgeben.Im O grenzt sie, durch die<br />

Urnäsch getrennt, an Hundwil, im S, durch den Murbach getrennt, an Urnäsch,<br />

im W an Schwellbrunn und im N an Herisau.<br />

Die wichtigste Verkehrsverbindung war von jeher die durch Waldstatt führende<br />

Straße von St.Gallen ins Toggenburg, hier als «Landstraße unter Geißhalden und<br />

Horschwendi durch» erstmals 1672 erwähnt 2 . Zum Ausdruck kommt ihre besondere<br />

Bedeutung schon vor der Neuanlage von 1838 bis 1842 in der 1787 durch den<br />

Fürstabt von St. Gallen erfolgten Anerkennung der Strecke «von Liechtensteig und<br />

St. Peterzell auf St. Gallen als eine allgemeine Landstraße» 3 und in ihrer schrittweisen<br />

Verbesserung von 1789 bis 1806 vor allem auf Betreiben von Herisauer<br />

Kaufleuten und Gewerbetreibenden 4 , ferner in der Tatsache, daß seit 1. Juni 1839<br />

auf ihr als erster Appenzeller Straße täglich ein Posteilwagen zwischen St. Gallen<br />

und Uznach verkehrte 5 .<br />

Als einzige Verbindung mit Hundwil über das Hundwilertobel diente bis ins<br />

19. Jahrhundert der Auensteg (siehe Hundwil, S. 398f.). Zu diesem hinab führte auf<br />

Waldstatter Seite noch 1839 ein «550 Schritte langer Fußpfad, größtenteils in<br />

Gestalt einer Treppe» 6 . Eine weitere Verbindung schuf weiter flußabwärts die<br />

'839/40 von ENNOCH BREITENMOSER erbaute Holzbrücke, wohin bis zur Eröffnung der<br />

1 SCHLAFFER, Chronicon, S. 16-24.<br />

2 Spruchbrief, 7. Mai 1672. Originalurkunde in der Gemeindekanzlei. - Vgl. SCHLÄFFER, Chronicon,<br />

S. 76: 1726 Kauf und Einrichtung eines Fahrweges.<br />

3 «Copir-Buch..» (GdeA Herisau), S. 15. - Alte Urkunden, S. 2i7f.<br />

4 Ebenda, S. 2i6f., 222-224. - Vgl. SCHLÄFFER, Chronicon, S. 15, 196.<br />

5 HEINRICH DIEM, Das appenzellische Straßen- und Postwesen,AJB 1910, S. 102.<br />

6 SCHLÄFFER, Chronicon,S. 6.


272 w a l d s t a t t<br />

Mittellandstraße 1861 beidseits nur ein Fußweg führte. Vgl. Karte von Johannes<br />

Eschmann (1808-1852) von 1840 bis 1846. - Siehe Hundwil, S. 362,397!".<br />

Nach Urnäsch führte der uralteWeg nochim zweiten Viertel des ig. Jahrhunderts<br />

über eine 1801 von Baumeister J ohannes S t a r k von Waldstatt erbaute gedeckte<br />

Holzbrücke im Murbachtobel, durch die eine kleinere Vorgängerin von 1727 ersetzt<br />

wurde 1 . - 1875 erhielt die Gemeinde durch die Eröffnung der Appenzeller Bahn auf<br />

der Strecke Winkeln-Herisau-Waldstatt-Urnäsch eine Eisenbahnverbindung Richtung<br />

St. Gallen oder Zürich. Das Stationsgebäude unten am Südrand des Dorfes,<br />

ein schlichter Holzbau unter traufständigem Satteldach, wurde 1925 durch den<br />

bestehenden Steinbau in neubarockem Stil mit Walmdach und mit rundem, haubenbesetztem<br />

Treppenturm an der südseitigen Front ersetzt 2 (auf Abb.265).<br />

K I R C H E<br />

Baugeschichtliches, i. Bau lysojsi. Am 24. November 1719 erlaubte der Große<br />

Rat den Kirchenbau unter der Bedingung, «nicht einen zu kostbaren, sondern bescheidenen<br />

Bau» zu errichten, und die Bildung einer eigenen Kirchhöre, d.h.<br />

Gemeinde (S. 265). Baubeginn am 28. April 1720. Grundsteinlegungam 4. Mai in<br />

Gegenwart der beiden Landammänner Laurenz Tanner und Konrad Zellweger, der<br />

beiden Statthalter und des Landsfähnrichs Konrad Scheuß als obrigkeitlichen Bauherrn.<br />

Bis 12. August war der Bau unter Dach 3 und auch der Turm samt Knopfund<br />

Fahnen hergestellt 4 . Am 14. Oktober Einsetzung der Kirchenfenster durch Meister<br />

Hs.U l r i c h Frischknecht und Daniel Mock 5 . Einweihung am 30.Oktober 6 . Die<br />

innere und äußere Vollendung dauerte jedoch bis 16. Juli 1721 7 . Der «Kirchhimmel»<br />

wurde von Meister H a n s Himmeli vollendet und von Hs. Ludwig M e r z bemalt,<br />

zusammenum 500 Gulden 8 . In diesem Jahr wurde auch die eiserne Kirchenuhr des<br />

Hs. K o n r a d Rheiner von Appenzell eingebaut 9 . Gesamtkosten mit Einschluß des<br />

Pfarrhauses 4062 Gulden 10 , nachdem «unerwartet viele Frondienste geleistet» worden,<br />

sogar von Herisauern und Schwellbrunnern 11 . Das Land steuerte 500 Gulden<br />

bei (S. 265). Außerdem Beisteuern der außerrhodischen Gemeinden mit Herisau an<br />

der Spitze und von zahlreichen evangelischen Städten der Eidgenossenschaft einschließlich<br />

Mühlhausen, Genf und Neuenburg, wo überall mit Erlaubnis und Emp-<br />

1 SCHLÄPFER, Ghronicon, S. 6, 77. - Siehe auchUrnäsch, S. 32G.<br />

2 OTTO FREHNER, AUS Vergangenheitund Gegenwartder Appenzeller-Bahn,AZ,21. April 1933. —<br />

Abbildung des alten Bahnhofs in: HANS EUGSTER-KÜNDIG, D ie Geschichte der Gemeinde Waldstatt<br />

1720-1970, S. 79.<br />

3 SCHLÄPFER, Chronicon, S.41 f. 4 SCHLÄPFER, Materialien, Fol.3r.<br />

5 SCHLÄPFER, Materialien, Fol.3r. 6 SCHLÄPFER, Chronicon, S.42.<br />

7 SCHLÄPFER, Chronicon, S.42.<br />

8 SCHMIEDHEINI, Kirche von Waldstatt, S. 11. - SCHLÄPFER, Materialien, hinten: «Kirchbau-<br />

Auslag. 2.für den Kirchenhimmel fl. 150.-».<br />

9 SCHMIEDHEINI, a. a. O.,S. I I . - SCHLÄPFER, Chronicon, S. 42: « eiserneThurmuhr für 62 fl. 12 kr.<br />

in Akkord gegeben.» SCHLÄPFER, Materialien, S.6: «Ao 1721 imMärz ist dieUhr von gutem Eisen<br />

verfertigt, im Thurm aufgestellt, auchmit 4 Zeigernu. gemahlten Tafelnversehen worden.»<br />

10 SCHLÄPFER, Materialien, S. 6, gegen Schluß; «Kirchbau-Auslag». Vgl. SCHLÄPFER, Chronicon,<br />

S. 42.<br />

11 SCHLÄPFER, Chronicon, S.41.


k i r c h e 273<br />

| | 1934/35<br />

Abb. 269. Waldstatt. Grundriß derKirche in der heutigen Gestalt. Maßstab 1: zirka 183. - Text S.274.<br />

fehlung des Großen Rates auch für Schönengrund gesammelt wurde 1 . Dieses hatte<br />

gleichzeitig die Erlaubnis zum Kirchenbau erhalten. Nun wetteiferten beide Gemeinden<br />

miteinander, den Bau möglichst rasch zu vollenden, so daß beide Grundsteinlegung<br />

und Einweihung am selben Tag feierten 2 (vgl. S. 337-339)-<br />

2. Umbauten und Renovationen, a) Bis 1874-. 1765 wurde durch Meister JOHANNES<br />

KNELLWOLF von Herisau im Kostenbetrag von über 800 Gulden u.a. der Turm<br />

«14 Schuh höher gemacht» und «auf 120 Fuß» gebracht 3 . 1766 neue Frauenempore<br />

(«nüe Wiber Porkirche») von demselben J . KNELLWOLF und vom Bauherrn JOHANNES<br />

SCHLÄPFER erstellt 4 . 1793 Stiftung von fünf neuen Kirchenfenstern 5 . 1806 Turmrenovation<br />

6 .-b) 1874-. Sozusagen Neubau mit gleichem Grundriß unter Verwendung<br />

des Turms, der nochmals etwa 2,5 m erhöht und mit neuem Helm und Glockenstuhl<br />

für die neuen Glocken (S. 280) versehen wurde, ferner unter Verwendung der östlichen,<br />

mit der Turmmauer im Verband stehenden Schmalseite des Kirchengebäudes, das<br />

mit tiefer gesetztem First ein schwächer geneigtes, westseits abgewalmtes Dach erhielt,<br />

1 Protokoll des Großen Rates, 20.Juni 1720 (Ermächtigung). Ebenda, 20.N0V. 1720 (Verzeichnis<br />

der Steuern).<br />

2 Ebenda, 20.Juni 1720. - SCHLÄPFER, Chronicon, S. 365 mit Anm. 234: In Waldstatt Grundsteinlegungam<br />

Vormittag, in Schönengrundam Nachmittag.<br />

3 Kirchhöreprotokoll,Mai 1765 («Altes Kirch-u. Schuldbuch», S. 169). - SCHLÄPFER, Chronicon,<br />

S. 134 mit Anm. 80.<br />

4 KirchhöreprotokollNov. 1765undMai 1766 (a.a.O.). Hs.Jakob Mettler stiftete diese als Entgelt<br />

für erteiltes «Gemeinderecht».<br />

5 Kirchhöreprotokoll, Frühling 1793 (in «Protocol d e Waldstadtt»): «H. GopeySchreiber Hs.<br />

Heinrich Alder..hat 5 Stuck neue Fenster versprochen zu geben in die Kilchen..» - Vgl. SCHMIED­<br />

HEINI, Kirchevon Waldstatt, S. 14. - SCHLÄPFER, Chronicon, S. 196. Siehe Beschreibung S. 275f.<br />

6 SCHLÄPFER, Chronicon, S. 271: NeuerHelm,neue Zeittafeln, Vergoldung aller fünf Knöpfe.<br />

18 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


274 waldstatt<br />

wie eine Photographie von 1901 zeigt. Projekt und Ausführung von SEBASTIAN STURZEN-<br />

EGGER, Herisau. Maurerarbeiten von Baumeister JOH. J AK. SCHÄFER, Herisau.<br />

Anfertigung von einem großen und vier kleinen Turmknöpfen durch Kupferschmied<br />

KOLLER, Herisau; Vergoldung durch Gürtler SCHMID, St. Gallen. Turmuhr von<br />

«Großuhrenmacher» HUGELSHOFER, St. Gallen 1 . Gesamtkosten 65660 Fr. 75 Rp. 2 .<br />

- c) 1934I35: Innen- und Außenrenovation der Kirche nach einem Projekt von<br />

ULRICH W ALT, Herisau, im Gesamtkostenbetrag von 99245 Fr. 70 Rp. 3 : u.a. Verlängerung<br />

nach W u m die Tiefe der jetzigen Vorhalle, Wiederherstellung des Satteldaches<br />

mit ursprünglicher Firsthöhe. Entfernung der Nordempore, Einzug einer<br />

tiefer sitzenden gewölbten Gipsdecke, neue Fensterverglasung 4 . - d) igßSj^g Turmrenovation:<br />

Kupferdach 5 .<br />

BAUBESGHREIBUNG (Abb. 260, 264-270). 1. Bau von lyso bis 1874. Sein Grundriß war<br />

abgesehen von der Verlängerung von 1934/35 na ch W der gleiche wie heute: Ein<br />

rechteckiger Saal, der sich an den ostseits in der Symmetrieachse errichteten Turm<br />

anschmiegte.<br />

1 SCHMIEDHEINI, Kirchevon Waldstatt, S. 14-17.<br />

2 «Gemeinde-Rechnung Waldstatt,vom 1.November 1873 bis 31.Oktober 1874 nebst Rechnung<br />

über die Kirchen-, Thurm- und Friedhof-Renovation, Geläute etc. umfassend den Zeitraum vom<br />

April 1873 bis EndeOktober 1874», Trogen 1874, S. 31-33.<br />

3 Geschäftsordnung betreffend die außerordentliche Urnenabstimmung in Waldstatt über die<br />

Kirchenrenovation, 8.und9. Sept. 1934, S.af. - PrKV, 18.Mai 1934 bis 17.Juli 1935.<br />

4 Ebenda, 17.Juli 1935. - JahresrechnungderGde 1934und 1935. - Die Fenster signiertunddatiert:<br />

«GLASMALEREI ED. BOSS, BERN. I935.»<br />

5 JahresrechnungderGde 1958und 1959.<br />

Abb. 270. Waldstatt. Reformierte Kirche. D as Innere in der Gestalt und mit der Ausstattung von<br />

1874 bis 1934. - Text S.275f.und 277.


kirche 275<br />

Abb. 271. Waldstatt. Reformierte Kirche. Glockenförmige Abendmahlskannen aus Zinn, die beiden<br />

rechtsum 1720, diejenige links mitdem Datum 1757. - Text S.278.<br />

Der Gesamteindruck des Äußern von SSW ist 1821 von JOH. ULRICH FITZI in einer<br />

Federzeichnung festgehalten worden 1 . Darnach überstieg der gedrungene, quadergesäumte<br />

Turm mit seinen rundbogigen Schallfenstern kaum den First des geraden<br />

steilen Satteldaches der ebenfalls mit Eckquadern versehenen Kirche und trug über<br />

eingeschweiften Uhrengiebeln einen achteckigen Helm. Vor dem Westeingang der<br />

Kirche war in ganzer Frontbreite ein geschlossenes Vorzeichen mit Pultdach erstellt,<br />

dessen Oberkante die Trauflinie des Baus erreichte, der in seiner Geschlossenheit<br />

und Strenge südwärts durch die geschweifte Haube eines zweiten Vorzeichens<br />

gemildert wurde. Dieses stand von O her zwischen dem ersten und zweiten der drei<br />

rundbogigen Fenster, außer denen nochmals drei, zwei zu beiden Seiten des Turms<br />

an der Ostwand und ein weiteres diesen benachbart an der Nordwand durch ein<br />

1830 durchH. KLONKE vonNNO aufgenommenes Aquarell und eine 1860 von SSO<br />

aufgenommene Photographie bezeugt sind 2 (Abb. 266).<br />

Raumwirkung des Innern und Anordnung der Ausstattung entsprachen, aus den<br />

geschichtlichen Zeugnissen unddem Baubefund zu schließen, annähernd dem Zustand<br />

von 1874 bis 1934, wie er durch eine Photographie von 1901 wiedergegeben ist 3 :<br />

Ein Rechtecksaal, der durch eine Stufe nur andeutungsweise in Schiff und Chor<br />

unterteilt war, trug eine Kastendecke, deren zweimalige Brechung an der stehengebliebenen<br />

Ostwand im Kirchenestrich mit Verputz und Bemalung von 1874 zu<br />

sehen ist. Diesen «Kirchhimmel» beschrieb Pfarrer Joh. Jakob Mock in der Einweihungspredigt<br />

von 1720 als «Täfelwerk, welches mit seinen behörigen Farben ausgemahlet<br />

und mit Sonne, Mond und Sternen gezieret ist» 4 . Die Kanzel war wie<br />

heute in der Symmetrieachse der Chorwand, nur in größerer Höhe und vom Turm<br />

her durch eine stichbogige Türe zugänglich, angebracht und verlieh zusammen mit<br />

den zwei zu ebener Erde symmetrisch angelegten stichbogigen Turmeingängen und<br />

1 Bilddokumenti a bzw. 1 b,u m 1822 (Abb. 260).<br />

2 Bilddokumente 2 und 3. - JOH. JAKOB HEUSCHERS Aquarell von 1866, Bilddokument 4, gibt<br />

die südseitige Partie der Ostwand ungenau ohne Fenster wieder.<br />

3 Privatbesitz Waldstatt. Reproduktion imKdmA (Abb. 270).<br />

4 SCHMIEDHEINI, KirchevonWaldstatt, S.24. - DieDeckemußte demzufolge zu dieser Zeitinder<br />

Hauptsache fertig sein. Vgl. Baugeschichte.


276 waldstatt<br />

dem davor in der Mitte stehenden Taufstein dem Raum einen besondern Schwerpunkt.<br />

Eine gewisse Spannung verliehen ihm immerhin die bis zur Chorwand geführte<br />

Nordempore, wohl die 1766 eingebaute «Wiber Porkirche», und die unsymmetrische<br />

Anordnung der Nord- und Südfenster.<br />

2. Baugestalt seit 1874 bzw. I934I35- Durch die in der Baugeschichte erwähnte<br />

Erhöhung des Turms 1874 und die Verlängerung des Schiffs 1934/35, ferner die<br />

gleichzeitige Ersetzung der Kastendecke durch eine tiefer ansetzende korbbogige<br />

Gipstonne wurden die Proportionen erheblich verändert. Von außen kommt die<br />

Turmerhöhung u.a. auch in der unregelmäßigen Abfolge des obersten Lichtschlitzes<br />

zum Ausdruck.Im Innern ist dort die frühere Glockenstube erkennbar.Im Kirchenraum<br />

haben außerdem die symmetrische Anlage vonje vier Fenstern an Nord- und<br />

Südwand 1874 und die Entfernung der Nordempore 1934/35 z u vollendeter, jedoch<br />

spannungsloser Symmetrie geführt, in die sich auch die Orgel auf der Westempore<br />

und das signierte und 1935 datierte Gipsrelief «Bergpredigt» an der Ghorwand von<br />

IDA SCHAER-KRAUSE einordnen. Von dieser Bildhauerin wurden gleichzeitig auch die<br />

Sandsteinreliefs «Taufe» und «Verlorener Sohn» in den Lünetten über der offenen<br />

Westvorhalle geschaffen 1 . Im Estrich sind an der Ostwand Giebel und Verlauf der<br />

Kastendecke von 1874 sichtbar.<br />

i PrKV, 19. Sept. 1934und 7. April 1935. Zusammen mit Reliefim Innern erwähnt.<br />

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Abb. 272. Waldstatt. Das 1720 erbaute Pfarrhaus (Nr. 189, rechts) mit Quadersockel, vermutlich von<br />

1746, undmit Fronttäfer des 19. Jahrhunderts. Das Täfer weist eine geschoßweise Gliederung durch<br />

toskanische Pilaster auf, die teilweise mit klassizistischen Rauten belegt sind. - Text S.28if.


kirche 277<br />

Abb.Q73. Waldstatt. Bürgerhaus Nr. 192. Als Fabrikantmhaus an der Stelle eines 1521 datierten<br />

Vorgängerbausim 18.Jahrhundert (spätestens 1793) erbaut.Von zirka 1830 bis 1944 Gasthaus zum<br />

Löwen. Gestalt des Erdgeschossesum 1793. Geschoßweise durch Pilaster gegliedertes Fassadentäfer,<br />

wohl 1830er Jahre. - Text 8.283!'.<br />

WÜRDIGUNG. Sowohl in der ursprünglichen Anlage als auch in der Umgestaltung<br />

von 1874 ist die Kirche derjenigen von Schwellbrunn nah verwandt und vertritt<br />

neben jener eine verspätete Ausprägung des im 17. Jahrhundert entstandenen Typs<br />

der «protestantischen Normalkirche» (siehe S. 243).<br />

Ausstattung<br />

A. Ehemalige: Kanzel. Erste 1720 von «Mr. Hans Himmely trefflich gearbeitet» 1 '<br />

Zweite 1 874 von Meister SEBASTIAN STURZENEGGER, Herisau 2 . - Taufstein. Erster 1720<br />

von «Mr. Johannes Frehner trefflich gearbeitet»^. Zweiter 1874 von der Tonwarenfabrik<br />

ZIEGLER, SchafFhausen 4 . - Gestühl. Vorletzte Erneuerung 1 874 5 (Abb.270). -<br />

Orgel. Erste mit 12 Registern und teilweise vergoldetem Gehäuse 1889 von MAX<br />

KLINGLER, Rorschach, auf Westempore erbaut 6 . 1964 neue von Firma (Friedrich)<br />

GÖLL & Co. AG, Luzern 7 .<br />

B. Bestehende: 1934/35 bis auf Orgel vollständig erneuert, erweckt ziemlich einheitlichen,<br />

durch Schlichtheit und moderne Sachlichkeit bestimmten Eindruck 8 .<br />

1 SCHLÄPFER, Materialien, Fol. 3r.<br />

2 SCHMIEDHEINI, Kirchevon Waldstatt, S. 16.<br />

3 SCHLÄPFER, a.a.O.<br />

4 SCHMIEDHEINI, a.a.O., S. 17.<br />

5 SCHMIEDHEINI, a.a.O., S. 14.<br />

6 PrKV, 5. Sept. 1888 bis 10. Dez. 1889, insbesondere 24.Mai und 18. Nov. 1889. - Kirchhöreprotokoll,<br />

7. April 1889. - VorherHarmonium laut ebenda, 4.Mai 1873. - 1934/35 nurUmbau laut<br />

ebenda, 19. Sept. 1934.<br />

7 Firmenschildander Orgel.<br />

8 Geschäftsordnung..außerordentl. Urnenabstimmung, 8. und 9. Sept. 1934, S. 4. — Jahresrechnung<br />

der G de 1935, S. 2 7 f.


278 waldstatt<br />

Kirchliche Gefäße<br />

Abendmahlsgefäße. 1. Zwei silbervergoldete «Kelchbecher», der eine mit Stifterinschrift<br />

«HR SEBASTIAN NIEDERER & JACOB SCHOCK 1720» 1 , der andere mit «HR<br />

JACOB SCHLÄPFERS SELIGE WITTIB & KINDER 1755» 2 , wurden durch zwei mit Marke<br />

«H. FRIES» nach 1874 ersetzt und deren Inschriften auf diese übertragen 5 . - 2. Silbervergoldeter<br />

Kelch, H. 28 cm, Neurokoko, 1904 (?) 4 , und zwei «w R SCHMID 925 s»<br />

signierte von 1959'. - 3. Ovaler Brotteller, Silber, 22,5 X 30,3 cm. Marke « H.FRIES».<br />

Stifterinschrift in Antiqua: « DER GEMEINDE WALDSTATT GEWIDMET VON IHRER BÜR­<br />

GERIN / FRAU PFARRER KESSLER GEB. SCHLAEPFER 1875». Dazu ein Spruch in lateinischer<br />

Kursive. — 4. Zwei zinnerne Glockenkannen, H. 32,5 cm. Marken «G» =<br />

St.Gallen und verschlungenes «HIS» des HANS JAKOB SCHIRMER (1657-1727)<br />

(BOSSARD I, Nr. 269, und II, S. 148). In der Bodenrosette Bär zwischen «I» und «S»,<br />

vielleicht von dessen Vater JOACHIM SCHIRMER (gest. 1697) (BOSSARD I, Nr. 329,<br />

und II, S. 147). Übereinstimmung bis auf untere Zierwülste und Schildgravierung,<br />

die ein z.T. verschlungenes « W ST» (= Waldstatt) in Blattkranz bei der einen,<br />

Kirche und Haus ( = Waldstatt?) bei der andern zeigt, bei der «WST» auf Deckel<br />

und Schulter eingraviert ist. Eine davon wurde 1720 von Pfarrer Joh. Jakob Mock<br />

gestiftet, die andere wohl gleichzeitig angeschafft 6 (Abb. 271). - 5. Zinnerne Glockenkanne,H<br />

. 32,5 cm. Marken «G» und «AH» des ABRAHAM oder ADRIAN H ILLER<br />

(1719-1798 bzw. 1735-1818) (BOSSARD I, Nr. 278, und II, S. 151). Bodenrosette mit<br />

dem St.Galler Bären zwischen «S» und «G» und mit verbundenem «HH» eines<br />

HEINRICH HILLER (BOSSARD II, S. 151). Ähnlich wie die zwei andern und ebenfalls<br />

aufdem Deckel mit «W ST» bezeichnet; auf stärker geschweiftem Schild das Datum<br />

«1757» und die «HS» des Stifters, Ratsherrn Hans Jakob Schläpfer 7 (Abb. 271).<br />

Taufgefäße. 1720 stiftete «Mstr. Kupferschmied Zuberbühler den Kessel zum<br />

Taufwasser» 8 , der nicht mehr vorhanden ist. — Taufkanne mit Schale, Silber,<br />

1 SCHLÄPFER, Materialien, Fol. 3V.: «Ein vergoldeter Kelch h aben Hr. Seb. Niederer u. Jac.<br />

Schoch v. Herisau geschenkt.»Von Schläpferirrtümlich unter «1721» aufgeführt.<br />

2 «Altes Kirch- u. Schuldbuch», S. 168; «Ao 1755an der MartiniKirchöri ist annach einen Kelch-<br />

Becherzum heiligen Abendmalzumanderen ermereth worden, welches des Jacob Schläpfers seligen<br />

Erben...denen Kirchsgenossenzu einem Vermächtnis vererth haben..» — Vgl. SCHLÄPFER, Chronicon,<br />

S. 112, Anm. 65: «Hauptmann Schläpfer einen silbernen und vergoldeten Kelch zum Nachtmahlsgebrauche<br />

alsVermächtnis hinterließ, welches Geschenk u m so größernWert hatte, alsman bisdahin<br />

nur einen Kelch besaß.»<br />

3 1874 laut SCHMIEDHEINI, Kirche von Waldstatt, S. aof., noch vorhanden.O b dagegen dieim<br />

PrKV, 19.Jan. und 22.Febr. 1904, anläßlich derAnschaffung «eines dritten Bechers»zum Vergleich<br />

herangezogenen «alten» die ursprünglichen waren oder bereitsderen Ersatz, ist unklar,da diese «nach<br />

Höhe und Becherinhaltganz gleich» waren, während 1874der frühere von 1720 als «der kleine Abendmahlskelch»<br />

bezeichnet wurde.<br />

4 PrKV, ig.Jan., 22. und 24.Febr. 1904.<br />

5 Kirchenrechnung 1959: 831 Fr. - PrKV, 10. März 1959.<br />

6 SCHLÄPFER, Materialien, Fol. 3 V.: «Hr Pfr.Mock (hat) eine Kanten geschenkt».Von Schläpfer<br />

zusammenmit dem obenerwähnten, 1720 datierten Kelch irrtümlich unter «1721»aufgeführt.<br />

7 «Altes Kirch-u. Schuldbuch», S. 168, im Anschluß an Kelchvergabung von 1755: «NBzum<br />

obigen KelchBecherhatHs.Jacob SchläpferdesRathsannach eine 2mäßige Ganten hinzu vererth.»<br />

8 SCHLÄPFER, Materialien, Fol. 3 V. - V om Datum gilt, was vonKelchund Zinnkannein vorletzter<br />

Anmerkung.Mr. JOHANN JAKOB ZUBERBÜHLER von Herisau stiftete auch das noch vorhandene kupferneTaufbecken<br />

indie gleichzeitig erbaute KircheinSchönengrund (siehe S. 342f.).


kirche 279<br />

H. 28 cm bzw. 4,8 cm, Dm. 23,6 cm. Zeichen «H.FRIES». Widmung in lateinischer<br />

Kursive auf dem Bauch eingraviert: «Erinnerung an J. U. Keßler v. Waldstatt<br />

Pfarrer daselbst von 1813 6. Sept - 1870 isJuni / geb. 11.Febr. 1792 gest. 15.Juni<br />

1870.» Auf der Rückseite: «Der Gemeinde Waldstatt gewidmet von seiner Wittwe<br />

und Töchtern.» Im Boden der Schale entsprechend Bittgebet. Neurokoko.<br />

Glocken<br />

Ehemaliges Geläute von drei Glocken lyso bzw. 174g. GESCHICHTE.Am 27. August 1720<br />

wurde der Turm mit zwei von PETER II. ERNST in Lindau gegossenen, 11 und 5,16<br />

(alten) Zentner schweren Glocken versehen', 1749 eine dritte von 24 (alten) Zentner<br />

von SCHALCH, Schaffhausen, um 1500 Gulden auf ein Jahr Probezeit gekauft, jedoch<br />

nicht behalten, weil an der Krone Schäden auftraten, darauf von der Gemeinde<br />

Stein für die neue Kirche bedeutend wohlfeiler übernommen 3 . An deren Stelle<br />

goß PETER ERNST in Lindau eine 20,3 (alte) Zentner schwere, an welche die Gemeinde<br />

1000 Gulden und der Initiant, Gemeindehauptmann Jakob Schläpfer, den<br />

fehlenden Restbetrag von über 400 Gulden bezahlte 3 . - Inschriften der alten Glocken<br />

laut JOH. JAKOB SCHLÄPFERS Ghronicon der Gemeinde Waldstatt, S. 1 isf., die wohl<br />

in Kapitalbuchstaben zu denken sind: 1. Große Glocke: «Diese Glocke haben übernohmen<br />

verfertigen zu lassen Herrn Jakob Schläpfer, Hs. Jakob Schläpfer jünger<br />

und Johannes Schläpfer jünger. - Durch das Feuer bin ich geflossen/Peter Ernst in<br />

Lindau hat mich gegossen! 1749. - Ldsf. Keßler, Hptm Joh. Keßler, Hptm.<br />

Ul. Knöpfel, Hr. Gallus Schläpfer und Ul. Zuberbühler. - Hr. D. Wägelin v.<br />

St.Gallen d. 30. Ap. d.J. zum Pfr. dieser Gemeinde erwählt.» - 2. Zweite Glocke:<br />

1 SCHLÄPFER, Materialien, Fol. 3V. Vgl. Chronicon, S. 42.<br />

2 SCHLÄPFER, Chronicon, S. 111.<br />

3 SCHLÄPFER, Chronicon, S. 112.<br />

Abb. 274 und 275. Waldstatt. Korbbogige Portale. Links; am Bürgerhaus Nr. 192 (vgl. Abb. 273)<br />

im Louis-XVI-Stil mit ziseliertem Beschläg anden Nußbaumtüren (Gitter neubarock, 19./20.Jahrhundert),<br />

rechts:am Pfarrhaus (vgl. Abb. 272) mit radial genuteter Nußbaumtüre und mit verkröpftem,<br />

dreipaßförmigen Flurfenster, wohl von 1746. - Text S.28if.und 283 f.


28o<br />

waldstatt<br />

Abb. 276. Waldstatt. Stube im Bürgerhaus Nr. 192 mit 1793 datiertem Ensemblevon Büfett,Wandschrank,<br />

UhrgehäuseundTüren aus Kirschbaumholz. - Text 8.2831".<br />

«Ich ruf der Gemeind' zur Kirchenpflicht / Ihr Herz sey stäts zu Gott gericht! -<br />

Peter Ernst in Lindau 1720. J .J. Mock 1 Pfr. dieser Gemeinde. Conrad Scheuß<br />

oberkeitl. Bauherr.» - 3. Dritte Glocke: «Mein eherner Mund und eiserne Zung /<br />

Zur Kirche rüffet Alt und Jung! - P. Ernst in Lindau 1720. / Nieder zur Tief aus<br />

der Höhe ruffet die heilige Stimme / Daß sich zur Höh' aus der Tiefe schwing' des<br />

Menschen Gemüth!»<br />

Bestehendes Geläute von vier Glocken i8yj. Am B.Dezember 1873 Guß des bestehenden<br />

Geläutes um 13169 Fr. go Rp., dessen Gesamtkosten ohne Glockenstuhl, den Mr.<br />

SEBASTIAN STURZENEGGER von Herisau schuf 1 , 14952 Fr. 95 Rp. betrugen 2 . Alle<br />

vier mit Antiquainschriften. Am Schlagkranz: «GEGOSSEN VON JAKOB KELLER IN<br />

ZÜRICH ANNO 1873». An den Flanken Mahnsprüche und Bitten 3 . A m Hals neugotischer<br />

Bogenfries, über dem Schlagkranz entsprechende Blattbordüre, an den<br />

Kronenbügeln Masken. Ton: D-Fis-A-D. Dm. 146 cm, 116 cm, 95 cm, 71 cm.<br />

Gewicht: 41,04, 20, 11,62, 4,81 Zentner 4 .<br />

1 SCHMIEDHEINI, Kirche von Waldstatt, S. 16.<br />

2 SCHMIEDHEINI, Kirche von Waldstatt, S. 17-20. - «Rechnung über Anschaffung eines neuen<br />

Kirchengeläutes» in: «Gemeinde-Rechnung Waldstatt» 1873/74, S. 25-27. - Vgl. NÜSOHELER,<br />

Glocken, S. 53F.<br />

3 Wortlaut siehe SCHMIEDHEINI, a.a.O., S. 18.<br />

4 Tonartund Gewicht laut SCHMIEDHEINI, a.a.O., S. I7F.


ÖFFENTLICHE P ROFANBAUTEN 281<br />

Abb.277. Waldstatt. Bauernhaus Nr. 205 (vgl. Abb.280). Grüner Kastenkachelofen mit Zweipaßfüllungen,<br />

von Hafnermeister Hans Georg Grob, Herisau, signiert und 1765 datiert. - Text S.286f.<br />

ÖFFENTLICHEPROFANBAUTEN<br />

Pfarrhaus. Assek.-Nr. 189 (Abb. 272). GESCHICHTE. E S wurde 1720 zusammen mit<br />

der Kirche erbaut 1 . Erst 1766 Ausmarchung des Kirchplatzes und des Pfarrhausareals,<br />

wobei «der Boden ob und nebend, auch aller Boden vor dem Pfarhus, samt<br />

dem Garten bis an des Hr. Hs. Jacob Signers Landstraß.. dem Pfarhus und der<br />

ganzen Gemeind zu gehörig sein sola.» 2 . - Renovationen 1746 («mit Quadersteinen<br />

belegt»), 1793 3 , 1806 4 , außen 1959/60 unter Mitwirkung des Heimatschutzes 5 .<br />

BESCHREIBUNG. Der Bau liegt von der alten Landstraße abgerückt unmittelbar an<br />

der neuen von 1839. Fünfgeschossiger, über gemauertem, mit Sandsteinquadern<br />

verkleidetem Erdgeschoß teils getäferter, teils geschindelter Strickbau mit einem<br />

giebelständigen, seitlich leicht geknickten Satteldach, dessen Traufgesims beidseits<br />

in die Giebelfront hineingeführt ist. Fassade im Stil eines einheimischen Bürger- und<br />

Fabrikantenhauses: Das gestemmte, mit Ecklisenen und Pilastern zwischen den<br />

Fensterwagen geschossweise gegliederte und durch schmale Klebedächer über allen<br />

vier Fensterreihen horizontal stark betonte Täfer, das auch an den Traufseiten ein<br />

bzw. zwei Fenster breit weitergeführt ist, entstand, wie die Rautenauflagen der<br />

I SCIILÄPFER, Chronicon, S. 42. 2 «Altes Kirch-u. Schuldbuch», S. 183.<br />

3 SCHLÄPFER, Chronicon, S. 106, 196.<br />

4 SCHLAFFER, Materialien, ungefähr Mitte: «Die Kirche ist neulich trefiich renovirt,... desgleichen<br />

das Pfarrhaus.» (1806). Vgl. SCHLÄPFER, Chronicon, S. 271.<br />

5 PrKV, 21. Mai 1959 bis 12.Dez. i960,wo Hausausgang noch nicht fertig.


282 waldstatt<br />

Ecklisenen erkennen lassen, in der ersten Hälfte des ig. Jahi - hunderts, frühestens 1806,<br />

das korbbogige Sandsteingewände und die radial genutete Nußbaumtüre mit<br />

barockem Beschläg a m Hauseingang dagegen wie auch ein Zwei- und Dreipaßfensterchen<br />

links davon wahrscheinlich wie die Quaderung selbst 1746 (Abb. 275).<br />

Schulhäuser. Ein erstes 1827 erbautes kleines Schulhaus 1 wurde 1867/68 durch das<br />

jüngst modernisierte Doppelschulhaus unter dem ehemaligen Friedhof, Nr. 262,<br />

einen geschindelten Strickbau mit Walmdach, südseitigem Quergiebel und rückseitigem,<br />

abgewalmtem Treppenhausrisalit, ersetzt 2 , 1887 in gleicher Konstruktion<br />

und ähnlicher spätklassizistischer Bauart das zweite Schulhaus im Hinterdorf, Nr. 204,<br />

gebaut 3 , ein dreigeschossiger kubischer Bau mit vier Fensterachsen an der von Eckpilastern<br />

gesäumten Front. 1972 wurde dieses Schulhaus der sechsteiligen Fenster<br />

und des bisherigen Schindelschirmes beraubt. Das 1901 erbaute Realschulhaus, jetzt<br />

Gemeindehaus, Nr. 182, ebenfalls ein geschindelter Strickbau, jedoch mit Quergiebel<br />

an traufständigem Satteldach, wurde 1957 durch modernen Neubau nach Plänen<br />

von Architekt FRITZ ENGLER, Wattwil, ersetzt 4 .<br />

1 Schulhauseinweihung Waldstatt, Sommer 1957, S. 8, 11. - Vgl. SCHLÄPFER, Chronicon, S. 44,<br />

Anm. 25.<br />

2 Kirchhöreprotokoll, 6.Mai 1866 und 10. Febr. 1867. - Laut Rechnungen über die Gemeinde-<br />

Verwaltungen 1866/67 und 1867/68,je S. 19, von Baumeister SEBASTIAN STURZENEGGER, der große<br />

Akontozahlungen erhielt. Vgl. Schulhauseinweihung Waldstatt, Sommer 1957, S. 11 f. - Abb. in;<br />

HANS EUGSTER-KÜNDIG, Die GeschichtederGemeinde Waldstatt 1720-1970, S. 111.<br />

3 Kirchhöreprotokoll, i.Mai 1887. - Jahresrechnung Waldstatt 1887 und 1888: Baumeister<br />

J.J. EHRBAR erhält als Akkordsumme 22750 Fr. - Vgl. Schulhauseinweihung Waldstatt, Sommer<br />

1957, S. 12.<br />

4 Ebenda, S. 13!"., 28.<br />

Abb.278. Waldstatt. Schön gestaffelte Gruppe kleiner, gestrickter Holzgiebelhäuser, Nrn. 199-201,<br />

mit gestemmtem Täferan der Front,an der alten Landstraßeim Hinterdorf. - Text S.285.


ürger­ und bauernhäuser 283<br />

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Abb. 279. Waldstatt. Fabrikantenhaus.U m 1840 erbauter Vorgänger des 1868 erbauten FabrikantenhausesNr.<br />

196an der alten Landstraße im Hinterdorf (vgl. Abb. 265). LithographievonA. W. Fehrenbach,um<br />

1841, in Privatbesitz Waldstatt. - Text S.267 und 284!.<br />

BÜRGER-U N D BAUERNHÄUSER<br />

1. Dorf und Umgebung. Die Häuser in der Reihenfolge der Hausnummern 1 .<br />

Der ursprüngliche Dorfkern an der alten Straßenverzweigung, der das frühere<br />

Unterdorf, das frühere Oberdorf um Kirche und Pfarrhaus und das noch immer so<br />

bezeichnete Hinterdorf längs der alten Straße Richtung Horschwendi umfaßt 2 , ist<br />

am typischen Stil einheimischer, teils getäferter, teils geschindelter Strickhäuser vorwiegend<br />

des 18. Jahrhunderts wohl erkennbar, doch wirkt das ehemals einheitliche<br />

und geschlossene Bild, in das sich auch die spätklassizistischen Bauten des 19. Jahrhunderts<br />

noch organisch eingliederten, heute infolge beziehungslosen Bauens zerrissen,<br />

und auch viele einzelne Häuser mit schön getäferten Fronten sind in ihren Erdgeschossen<br />

durch rücksichtslose Erneuerungen entstellt.<br />

Nr. igs. Fabrikantenhaus (Abb. 273, 274). Seit zirka 1830 bis i.Mai 1944 Gasthaus<br />

zum Löwen. Hier «unter Geißhalden» wohnte und versammelte Ratsherr Jakob<br />

Keßler 1719 die Gegendsgenossen zur Planung des Kirchenbaus 3 . - Der sechsgeschossige,<br />

über quaderverkleidetem Erdgeschoß errichtete Strickbau mit giebelständigem<br />

Satteldach und ostseitigem Quergiebel wurde in dieser Größe vielleicht erstum<br />

1793 (Datumin der Stube, s.u.) erbaut, hatte aber einen kleinern Vorgängerbau von<br />

1521, zu dem der ostwärts liegende, tonnengewölbte Keller gehörte, wie zwei gefangene,<br />

ursprünglich nach S und W ins Freie mündende, stichbogige Fenster mit geschmiegten<br />

Kammern beweisen. Nochim ersten Drittel des 19. Jahrhunderts waran einem Überrest<br />

jenes Baues, vielleicht auf einem wiederverwendeten Strickbalken, «die Jahres-<br />

1 Bei den angegebenen Hausnummern handelt es sich immerum die der Assekuranz,da die alten<br />

Nummern außer Gebrauch sind.<br />

2 Bezeichnung nach SCHLÄPFER, Chronicon, S. i6f., derdagegen das heute gebräuchliche «Hinterdorf»<br />

noch nicht nennt.<br />

3 SCHLÄPFER, Chronicon, S. 5.


284 waldstatt<br />

Abb. 280. Waldstatt. BauernhausNr. 205an der alten Landstraßeim Hinterdorf, um 1765 erbaut und<br />

über den Reihenfenstern mit verschalten Klebedächern versehen. Dachausbau, besonders seitlicher<br />

Wohnanbau wohl später. - Text S. 286f.<br />

zahl MDXXI eingegraben» 1 . Von einem Um-oder Neubau um 1793 stammt jedenfalls<br />

ein so datiertes Büffet aus Kirschbaumholz mit Uhrschrank in der Stube (Abb. 276)<br />

und der 1931 in Kunststein erneuerte Hauseingang im Louis-XVI-Stil, dessen<br />

nußbaumene Türe außen fein ziselierte Messingbeschläge in gleichem Stil, innen<br />

schmiedeiserne in verspätetem Barock aufweist. Das Fassadentäfer jedoch, geschoßweise<br />

durch Pilaster gegliedert, die Rauten, Herzen und Sterne als Zierauflagen<br />

tragen, wahrscheinlich aus dem zweiten Drittel ig. Jahrhundert; aus der beginnenden<br />

Gasthauszeit ebenfalls das im Haus aufbewahrte Wirtshausschild.<br />

Nr. ig6. Fabrikantenhaus. Der Vorgänger des bestehenden Steinbaus von 1868 an<br />

der alten Straße nach Horschwendi wurdeum 1840 für den bedeutenden Musselinfabrikanten,<br />

Gemeindehauptmann und Oberrichter Hs. Ulrich Schlaepfer (1800 bis<br />

1865) 2 in spätklassizistischem Stil wahrscheinlich als Strickbau und bereits über dem<br />

tonnengewölbten Keller eines ältern Hauses erbaut. Eine nach 1841 geschaffene<br />

Lithographie von A.W. FEHRENBACH 3 , deren Zuverlässigkeit durch eine Photographie<br />

von 1860/61 4 verbürgt ist, zeigt im Hintergrund der alten und der neuen<br />

Straße von 1841 sowie des dazwischenliegenden Gartens das schön proportionierte,<br />

getäferte Herrschaftshaus mit vier Vollgeschossen, einem Dachgeschoß mit Walmdach<br />

und Quergiebel. Von den 22 Fensterachsen der Front waren die mittleren acht durch<br />

1 SCHLÄPFER, Ghronicon,S. 16. NeuesteDaten laut Mitteilungen der BesitzerFrau Hulda Schaerer-<br />

Keßlerund Frl.H. Keßler. Der bei SCHLÄPFER, Ghronicon, S. 77,für das Jahr 1727 bezeugte «Jakob<br />

Schläpfer bei der Kirche, Löwenwirth» führte seine Wirtschaft demnach in einem andern Gebäude.<br />

2 Vgl.Wappenbuch, S. 294. - Der typische einheimische Vorgängerbau ist aufder Federzeichnung<br />

von JOH. ULRICH FITZI, 1821, als viertes Haus links von der Kirche an der alten Straße abgebildet<br />

Bilddokument i a bzw. 1 b,um 1822 (Abb. 260).<br />

3 Bilddokument 2a . 4 Bilddokument 3.


ürger- und bauernhäuser 285<br />

Abb. 281 und 282. Waldstatt. Reihe gestrickter und an der Front getäferter Holzgiebelhäuser des<br />

18. Jahrhundertsander alten Landstraße im Dorfkern. Links: Nr. 234, Wirtschaft zur Harmonie mit<br />

1828 datiertem Fassadentäfer, das durch ionische Pilaster gegliedert ist, rechts: Nrn. 235 und 236,<br />

ehemaliges Fabrikantenhaus mit traufständigem Wohnanbau bzw. Haus mit Webkellerfenstern. -<br />

Text S. 287.<br />

den schwach geneigten Quergiebel und gliedernde Lisenen zusammengefaßt. Zu<br />

beiden Seiten dieses Scheinrisalits war je ein Eingang mit stark betonten Stürzen<br />

angebracht, westseits eine Roßstallung angebaut (Abb. 27g). Der steinerne Neubau<br />

von 1868 wurde durch Emanuel Schlaepfer, Sohn Hs. Ulrichs, veranlaßt 1 und unter<br />

Verwendung der bisherigen Fundamente und des Dachstuhls in gleichem Umfang<br />

und ähnlicher Gesamterscheinung, jedoch mit nur vier, dafür höheren Geschossen<br />

ausgeführt und die Fassade mit nur einem, axialsymmetrisch angelegten Portal und<br />

sieben Fensterachsen im Stil der Neurenaissance gestaltet (aufAbb. 265).<br />

Nrn. igg, 200, 201 (Abb. 278). Reizende Gruppe von drei kleinen, südsüdostwärts<br />

blickenden Wohngiebelhäusern traditioneller Art, die beiden ersten mit sonnengebräunten<br />

Fronten und mit ostseits geknicktem, herabgeschlepptem Satteldach<br />

sowie Wetterschirmen an beiden Flanken.<br />

Nr. 205. Bauernhaus (Abb. 277, 280). Aufgrund des datierten Ofens zuschließen, spätestens<br />

1765 «hinter dem Dorf» 2 erbautes Haus. Durch Stattlichkeit und Größe<br />

auffallender, sonnengebräunter Bau in vorzüglichem Erhaltungszustand. Das fünfgeschossige,<br />

über gemauertem Erdgeschoß gestrickte Wohngiebelhaus mit steilem<br />

Satteldach, Quergiebel an der östlichen Traufseite und westseits in Traufstellung<br />

angefügtem Stadel besitzt an der Front über den Reihenfenstern des ersten und zweiten<br />

Obergeschosses ( 2+5 + 4/2+4 + 3) weit ausladende verschalte Klebedächer<br />

1 Mitteilungen von Frl. Hanna Gujer, Enkelin des Emanuel Schläpfer, Waldstatt.<br />

2 In einer im Haus aufbewahrten und von dessen einstigem Besitzer hergestellten Abschrift eines<br />

Landbuchs steht: «Geschrieben von mir..Hans Ulrich Prisig in der Wallstadt hinter dem darf Anno<br />

1794.»


286 waldstatt<br />

Abb. 283. Unterwaldstatt. Bauernhaus Nr. 333, auf der Strickwand des Giebelfeldes 1601 datiert. Mit<br />

schwach geneigtem Satteldach undfünf Geschossen typenmäßigam Übergang vom viergeschossigen<br />

Tätschdachhaus des 16. Jahrhundertszum fünf- oder sechsgeschossigen Giebelhaus mit steilem Satteldach<br />

des 17. und 18. Jahrhunderts. - Text S.288f.<br />

und bis zur Firstkammer gestemmtes Täfer, an den übrigen Seiten noch vollständigen<br />

Schindelschirm, an der Rückseite «Abwürfe» mit barock geschweiften Seitenbrettern.<br />

Die Fenster des gemauerten, weiß getünchten Erdgeschosses 19. Jahrhundert. I m<br />

Innern ursprüngliche Türgerichte mit eingehalsten, geschnitzten Stürzen. Zwei gleich<br />

hohe, grüne Kastenkachelöfen auf hölzernen Kandelaberfüßen mit Kacheln, die verkröpfte<br />

Zweipaßfüllungen aufweisen. Der kleinere in der östlichen Haushälfte ist vier<br />

Kacheln hoch, fünf lang, drei breit und in einer Kartusche zwischen Blumenranken<br />

von Meister HANS GEORG GROB, Herisau, signiert und datiert: «M: HG:Anno 1765» 1 ,<br />

der größere in der westlichen Haushälfte sieben Kacheln lang und vier breit, mit<br />

einer «Kunst» (aus Kacheln gefügter Ofensitz) versehen und vom gleichen Hafner.<br />

Beide Öfen sind noch jetzt an ein Rutenkamin angeschlossen. Weitere Ausstattungsgegenstände:<br />

a) Nußbaumtisch mit Schiefereinlage, 76X125X114 cm, auf zwei<br />

Kartuschen der Mittelschublade verteilt und unter die Besitzerinitialen «MHB»<br />

(Meister Hans Brisig) und «FLBW» (Frau Lisbet Wetter?) gesetzt die Jahreszahl<br />

«1778». - b) Hölzerne Milchmaße. Davon zwei, ein Ganz- und ein Halbmaß, je mit<br />

den beiden Daten einer amtlichen Eichung «1762 VR» und «VR 1823», ein weiteres<br />

Halbmaß allein mit «VR 1 823».<br />

Nr. 232. Bürgerhaus. An auserwählter Stelle ostseits der Kirche und vermutlich<br />

gleichzeitig mit dieser erbaut. Der fünfgeschossige, über gemauertem Erdgeschoß<br />

gestrickte Holzgiebelbau wendet die getäferte Front südostwärts, besitzt jedochan der<br />

Nordostseite einen vor 1821 errichteten Anbau unter traufständigem Satteldach, an<br />

I Im Katalog desSLM: GROB HANS GEORG, Herisau, 1744 als Geselle in Heimberg, Kt. Bern, erwähnt.


ürger- und bauernhäuser 287<br />

Abb. 284. Oberwaldstatt. Bauernhaus Nr. 363. Gestricktes Wohngiebelhaus des 16./17. Jahrhunderts<br />

(vgl. Abb. 283) mit verschalten Klebedächem wohl des 18. Jahrhunderts. Der abgebildete, in Traufstellung<br />

angebaute Stadel mit auffallend schwach geneigtem Satteldach wurde 1939/40 durch einen<br />

neuen ersetzt. - Text S.288.<br />

der Südwestseite einen zwischen 1821 und 1860 in der Flucht der ursprünglichen<br />

Traufseite und in ihrer ganzen Breite aufgesetzten Giebel in Riegelkonstruktion,<br />

der mit den andern Dachgiebeln einen Kreuzfirst bildet 1 . Der Keller mit rundbogigem,<br />

gefastem Türgewände, einem Kreuzgratgewölbe zwischen zwei Resttonnen<br />

und mit zwei Fensterchen, wovon nun das nordostseitige mit rechteckigem,<br />

gefastem Gewände und stichbogiger, geschmiegter Kammer in den Anbau mündet,<br />

ferner ein Türgericht mit eingehalstem, doppelt geschweiftem Sturz im Estrich aus<br />

der ersten Bauzeit, vermutlich um 1720 (Abb. 266, 268).<br />

Nrn. 2^4,<br />

2 35-> 2 3^- 1 drei gestrickten Holzgiebelhäuser bilden eine unversehrte<br />

Gruppe an der alten Straße zum einstigen Unterdorf. Das erste Haus, Wirtschaft<br />

zur Harmonie (Abb. 281), ein viergeschossiger Kleinbau mit Kreuzfirst, besitzt<br />

schönes Fassadentäfer, das durch schmale, verschalte Klebedächer über allen Fensterreihen<br />

horizontal unterteilt, durch drei ionische Pilaster im Hauptgeschoß gegliedert<br />

und im Kapitell der beiden Eckpilaster «1828» datiert sowie mit den verschlungenen<br />

Initialen «JFI/TR» gezeichnet ist 2 . - Das zweite, ein ehemaliges<br />

Fabrikantenhaus, später angeblich ein Gasthaus, überragt mit dem Giebel des fünfgeschossigen<br />

Hauptbaus die beiden Nachbarhäuser. Mit diesem ist ostnordostseits ein<br />

Anbau in Traufstellung optisch zur Einheit verbunden durch: Sandsteinquaderung<br />

am Erdgeschoß, Gurtgesims, fortlaufende Fensterreihen und schmale durchgezogene<br />

Klebedächer (Abb. 282). Tonnengewölbter Keller des 17./18. Jahrhunderts.<br />

i Vgl. Federzeichnungen von Jon. ULRICH FITZI, Bilddokumente i (Abb. 260), und Photo von<br />

1860/61, Bilddokument 3 (Abb.266). 2 Vermutlich eines Johannes Tanner.


288 waldstatt<br />

Nr. 240. Gasthaus zum Schäfle, in der Vergabelung der alten Landstraße im ehemaligen<br />

Unterdorf. In Größe und Gesamterscheinung sowie in der Schlichtheit des<br />

gestemmten Fronttäfers ähnlich wie Nr. 232. Ost- und Westgiebel ebenfalls 19. Jahrhundert<br />

wie auch das einfache klassizistische Wirtshausschild.<br />

jVV. 253. Gasthaus zum Sternen. An der Straße nach Urnäsch. Schlichtes, aber<br />

charaktervolles Haus. Der fünfgeschossige Hauptbau mit steilem Satteldach in<br />

Giebelstellung istan der Nordostseite mit langem, gleich hohem Anbau unter traufständigem<br />

Satteldach auf ähnliche Weise wie Nr. 235 durch Reihenfenster, einfaches<br />

gestemmtes Täfer und Klebedächer zur Einheit verbunden. Einen zusätzlichen<br />

Akzent bekommt der Hauptbau durch die in seiner Symmetrieachse angelegte<br />

zweiarmige Freitreppe aus Stein und das klassizistische Wirtshausschild des 19. Jahrhunderts.<br />

2. Oberwaldstatt<br />

Nr. sgi. Bauernhaus in der Rüti. Koord. 739200/246300. Laut örtlicher Überlieferung<br />

ehemals ein Gasthaus. In Größe und Gestalt eines Fabrikantenhauses des<br />

letzten Viertels 18. Jahrhundert als Strickbau über gemauertem Webkeller erbautes<br />

fünfgeschossiges Mansardgiebelhaus mit einfachem Quergiebel gegen Nordosten und<br />

später in Traufstellung angebautem Stadel sowie Sticklokal auf der Süd Westseite.<br />

Die südostwärts gerichtete, getäferte Front des Wohngebäudes mit zwei weit ausladenden<br />

verschalten Klebedächern.Am nordostseitigen Hauseingang geschmiedeter<br />

Türklopfer im Regencestil. Im Innern ebenfalls gegen Nordosten tonnengewölbter<br />

Keller mit rundbogigem Sandsteintürgewände.<br />

Nr. 363. Bauernhaus. Koord. 739150/245700 (Abb. 284). Mit nur drei Wohngeschossen<br />

über Webkeller und mit schwach geneigtem, giebelständigem Satteldach<br />

in Südoststellung errichteter Strickbau des 16./17. Jahrhunderts. Die Breitenlagerung<br />

der fast symmetrischen, getäferten Fassade wird über den Fensterreihen (3 + 5 + 2 +<br />

Haustüre/2 + 5 + 2/Luke + 4 + Luke) durch je ein weit ausladendes verschaltes und<br />

schindelgedecktes Klebedach wohl des 18. Jahrhunderts betont. Die Funktion des<br />

nordostseitigen Wetterschirms ist an der Südwestseite vom vorspringenden traufständigen<br />

Stadel übernommen; der bestehende wurde erst 1939/40 anstelle eines<br />

viel niedrigeren, der mit ebenfalls schwach geneigtem Dach harmonisch angegliedert<br />

war, erbaut. Schindelschirmam Wohnhaus vollständig. Als Typ steht dieses zwischen<br />

giebelständigem Tätschdachhaus mit getrenntem Stadel unddem steilgiebligen Haus<br />

des 18. Jahrhunderts mit angebautem Stadel und ist, von Frontverschalung und<br />

angebautem Stadel abgesehen, dem 1617 datierten Bauernhaus im Vorder Sonder,<br />

Schwellbrunn, Nr. 617, vergleichbar (S. 263).<br />

3. Unterwaldstalt<br />

Nr. 333. Bauernhaus. Koord. 740000/246260 (Abb. 283). Auf einem Strickbalkenim<br />

Giebelfeld das Baudatum und der Name des Bauherrn «MEISTER HANS PUFF 1 601»,<br />

anläßlich Außenrenovation 1968/69 wieder sichtbar gemacht. Der über gemauertem<br />

Webkeller viergeschossige Strickbau mit Reihenfenstern (3 + 6 + 4/3 + 5 + 3/<br />

Luke + 4 + Luke/Estrichluke), mit schwach geneigtem nordostseits über Haustüre<br />

und Flur herabgeschlepptem Satteldach in südostwärts gerichteter Giebelstellung<br />

und mit südwestseits in Traufstellung angebautem Stadel erfuhr in den 1780-1790er<br />

Jahren unter dem Besitzer, Ratsherr, Gemeindeschreiber und Landsfähnrich Hans


mühlen 289<br />

Heinrich Alder, der 1793 als Stifter von fünf Kirchenfenstern von sich reden machte<br />

(S. 273), eine Renovation. Davon zeugt außer dem barocken Hauseingang mit geschweiftem<br />

hölzernem Sturzan der Südwestecke in der Firstkammer des dritten Obergeschosses<br />

eine Decken- und Balkenmaler er. Zwei durch den Deckenbalken getrennte,<br />

ovale Rokokomedaillons umfangen einerseits die Heiliggeisttaube, anderseits einen<br />

von posaunenblasenden Putten gehaltenen Schild mit den von 4förmigem Leinwandhändler(?)-Zeichen<br />

bekrönten (siehe Tabelle, V, 2), verschlungenen Initialen<br />

«J HA» entsprechend der Balkeninschrift in Fraktur: «Hans Heinrich Alder und (?)<br />

Gathrinn Schochin.» 1 . Aus dieser Zeit stammt vielleicht auch das Fassadentäfer.<br />

Zum ursprünglichen Bau gehören wuchtige Türgerichte mit hohen Schwellen und<br />

eingehalsten, von durchlaufenden Strickbalken gebildeten Stürzen, ferner der<br />

Dachstuhl mit auffallend starker Firstpfette.<br />

Nr. 343. Bad und Nr. 346 alte Brauerei. Das 1791/92 von Josua Keßler gegründete<br />

Bad (S. 266) wurde 1836 von Bierbrauer Johann Jakob Knöpfler erworben. Dieser<br />

renovierte das «älteste Gebäude» und erbaute dahinter eine Brauerei 2 . Davon zeugt<br />

über wappengeschmücktem (Hirsch?) Schlußstein des sandsteinernen Torbogens<br />

ein Kragstein mit den Initialen «IHIK 1837».<br />

MÜHLEN<br />

i. Im Dorfbezirk am Bach unter dem Böhl stand an der Stelle derim zweiten Viertel<br />

des 19. Jahrhunderts durch Hs. Ulrich Schläpfer gegründeten Fabrik (vgl. Fabrikantenhaus<br />

Nr. 196) «lange vor dem Kirchenbaue eine Mahl-, Säge- und Flachsmühle»!. _<br />

2. Drei standen am Murbach: a) In Oberwaldstatt die Kernenmüli, als «Mühle im<br />

Tobel» 1679 in Spruch- und Fahrbrief erwähnt 4 . Keine nennenswerten Überreste. -<br />

b) In Unterwaldstatt bei den Gütern «Unter dem Wald» die sogenannte Untere<br />

Mühle, die 1589 anstelle der 1588 am Mühlbach in Sulzbrunnen, Gde Urnäsch<br />

(S. 324), abgebrannten erbaut 5 und irgendwann im spätem 19. Jahrhundert einRaub<br />

der Flammen wurde 6 . - c) Eine dritte ohne nähere Bezeichnung wurde mit den<br />

zwei andern 1763 durch den Murbach stark beschädigt 7 . Es dürfte sich um die im<br />

Auerloch gestandene Mühle gehandelt haben. - 3. An der Glatt in Ädelswil im<br />

Bezirk Geißhalden stand bis Anfang 18. Jahrhundert eine Mahl- und Flachsmühle,<br />

rote Mühle genannt, statt deren Ende 18. Jahrhundert die Obere Müli, Gde Herisau<br />

(S. 213), erbaut wurde 8 .<br />

1 GOTTLIEB BÜCHLER, Die Geschichte der Geschlechter der Alder in den hintersitterschen Gemeinden,<br />

1852. Ms. inder Gemeindebibliothek Herisau, Nr. 5001/4, S. 44-46, bzw. Nr. 136.<br />

2 G. RÜSCH, Kuranstalten, S. 84. - Vgl.J.J. LEUTHY, Der Begleiter auf der Schweiz, Zürich 1840.<br />

3 SCHLÄPFER, Chronicon, S. 17, 132: «eine kleine Mühle unter dem Dorfe.» - Mitteilung von<br />

Frl. Hanna Gujer, Urenkelin des Erbauers der Fabrik.<br />

4 «Kernenmüli» als Ortsbezeichnung noch geläufig. Vgl. Spezialkarte von Herisau, Bern 1929,<br />

in: ROTACH, Herisau, Beilage. - Spruchbrief von 167g in der Erneuerung vom 10. Aug. 1687 in der<br />

Gemeindekanzlei. - Vgl. SCHLÄPFER, Chronicon, S. 19.<br />

5 SCHLÄPFER, Chronicon, S. 18. Vgl. ebenda, S. 77.<br />

6 J . JAKOB, Bausteine zur Heimatgeschichte von Urnäsch, 1955, Ms. im GdeA Urnäsch, S. ifii,<br />

ohne Zeitangabe.<br />

7 SCHLÄPFER, Chronicon, S. 132.<br />

8 SCHLÄPFER, Chronicon, S. 22.<br />

ig - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


200 urnäsch<br />

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Abb. 285. Urnäsch. Fahne mitdem Appenzeller bzw. Urnäscher(?) Bären und dem Apostel Philippus<br />

Vermutlich eine ehemalige Rhodsfahne,um 1400. Gemeindehaus Urnäsch. - Text S.agyf.


DIEALTEKIRCHHÖRE U N D RHODE<br />

URNÄSCH<br />

M I TD E RHEUTIGENGEMEINDE<br />

SCHÖNENGRUND


202<br />

URNÄSCH<br />

POLITISCHE U ND KIRCHLICHE V ERHÄLTNISSE<br />

A. Bis zur Pfarreigründung 14.17. «Urnäschen», nach dem Ende des 9. Jahrhunderts<br />

auftauchenden ligurisch-romanischen Flußnamen Urnasca benannt 1 , erscheint als<br />

Ortsbezeichnung einer alemannischen Bevölkerung erstmals in einer Urkunde von<br />

1344 2 . Damals gehörte es zusammen mit Appenzell, Hundwil und Teufen nebst<br />

einigen sanktgallischen Orten zur Reichsvogtei St. Gallen und seinem Hochgericht 3 .<br />

Als Bestandteil der abtsanktgallischen Grundherrschaft war es u m diese Zeit mit<br />

Hundwil zu einem Amt unter der Verwaltung eines einheimischen Ammanns vereinigt,<br />

der die niedere Gerichtsbarkeit ausübte und die fälligen Abgaben und Dienstleistungen<br />

im Namen des Abtes einforderte 4 . Jedenfalls siegelt in einer Urkunde von<br />

1373 für die betreffenden Landleute «Walther der Waibel, Ammann zu Hundwil<br />

und Urnäsch.» 5 . Doch bildete Urnäsch innerhalb dieser genossenschaftlichen Selbstverwaltung<br />

eine von Hundwil getrennte eigene Rhode, einen militärischen und<br />

verwaltungsmäßigen Unterbezirk, der sich mit der 1417 gegründeten Pfarrei, d.h.<br />

Kirchhöre, umfangmäßig deckte 6 . Einfach als «lendlyn» bezeichnet, schließt es<br />

sich im Verein mit den drei Ländlein Appenzell, Hundwil und Teufen 1377 dem<br />

Schwäbischen Städtebund an 7 , 1401 mit weitern appenzellischen Gemeinden und<br />

Rhoden dem Bündnis mit der Stadt St.Gallen 8 . In dieser Urkunde wird es wie in<br />

jener unmittelbar nach Hundwil genannt, fehlt aber als einziger Ort in der Siegelformel,<br />

vermutlich infolge der erwähnten Zugehörigkeit zu Hundwil, während die<br />

andern Gemeinden ohne eigenes Siegel, Teufen, Speicher und Gais, sich ausdrücklich<br />

unter das Siegel der Länder Appenzell, Hundwil und Trogen banden.<br />

Kirchlich gehörte die Rhode bis 1417 jedoch zur Kirchhöre Herisau. Vermutlich<br />

hatte es im frühern Mittelalter auch politisch und verwaltungsmäßig zu deren ausgedehnten,<br />

bis an den Alpstein reichenden Mark gehört (S. 23, 28). Früher als<br />

Urnäsch selbst sind in dieser Gemeinde bezeugt: Schon 831 Färchen («Farrichun»)<br />

1268 Grund, Osterbüel, Schwarzenberg zusammen mit Schönengrund, das sich<br />

später zu Dorfund Gemeinde entwickelte, und zusammen mit der in dieser Gemeinde<br />

liegenden Wolfetschwendi 10 .<br />

1 SONDEREGGER, Orts- und Flurnamen, S. 14-17, 481 f. Ders., Siedlungsgeschichte, S. 26, 59<br />

(Quelle:Notkeri Vita s.Galli, Lib. IIIc).<br />

2 AUB 73. - SONDEREGGER, Siedlungsgeschichte, 26f.: Alemannische Besiedlung des Hinterlandes<br />

vom 8. bis 10. Jh.<br />

3 AUB 73f., 78, 371 (Bd. I, S. 207). Vgl.AUB 69-72, ferner 75 (Plural «die Vogteien»). - ZELL-<br />

WEGER, G A I ,S.214.<br />

4 A G I, S. 63-67 (Karte), 81, 124-127. - ZELLWEGER, GA I, S. 206, 229!".<br />

5 AUB 109. Vgl. 118 und i6o(!).AUB 372 (Klageschrift).<br />

6 Erstmals ist die Rhode ausdrücklich in der Stiftungsurkunde von 1417,AUB 347, als bestehende<br />

Institution erwähnt. - Vgl. BAUMANN, S. 7. - Zu Begriff und Entstehung P. RAINALD FISCHER in:<br />

SZG 13 (1963) undAG I, S. loof.<br />

7 AUB 118. 8 AUB 161.<br />

g AUB 2. 10 A UB 29.


geschichte 293<br />

Abb. 286. Urnäsch. DasDorf von Südosten. FederzeichnungvonJohann Ulrich Fitzi,um 1822. Privatbesitz<br />

Zollikon. - Text S. 296, 298f., 3o6f., 327.<br />

B. Von der Pfarreigründung 1417 bis zur Reformation 1525. Nachdem die «kilch ze<br />

Urnäschen kurtzlichen von nüwen dingen gebuwen und gemacht» worden war 1 ,<br />

nämlich laut GABRIEL WALSERS Chronik, S. 114, bereits 1414 (vgl. ehemalige Glocke<br />

von 1414, S. 3o8f.), und zwar als Filialkirche, wurde diese kraft Stiftungsbrief vom<br />

5. Oktober 1417, den Abt Heinrich III. von St. Gallen als «patron und lehenherr»<br />

zusammen mit den Angehörigen der «rod zu Urnäschen» ausstellte, undim Einverständnis<br />

mit Bischof Otto III. von Konstanz zur Pfarrkirche mit eigenem Friedhof,<br />

Turm («Wendelstein») und Taufstein erhoben und von der Mutterkirche Herisau<br />

unter dem Vorbehalt der Zehnten und einer jährlichen Abgabe an den dortigen<br />

Pfarrherrn abgelöst 3 . Das erste, 1432 bezeugte Patrozinium war jenes des hl. Abtes<br />

Antonius 3 , später infolge eines nicht näher bekannten Wechsels noch vor 1518 jenes<br />

der Apostel Philippus und Jakobus 4 . Erster Pfarrer war vermutlich Hans Hächelstump,<br />

genannt Widmer, der 1422 die Pfarrei aufgab 5 . Seit 1479 ist eine Frühmesserpfründe<br />

bekannt 6 . Von einer Kapelle, die auf Chapeliwies im Hagtobel südlich vom<br />

heutigen Schulhaus Mettlen bald nach der Pfarrkirche erbaut worden und infolge<br />

der Reformation abgegangen sei, berichtet die Chronik Pfarrer KÜNZLERS um I840 7 .<br />

1 AUB 346, 23. Aug. 1417.<br />

2 AUB 347, 348.<br />

3 AUB 618.<br />

4 AUB 1694, Ablaßbrief des päpstlichen Nuntius Antonius Pucci, 24. Juli 1518.<br />

5 EbAFr,LA 75, Fol. 176. Auf diesen folgt Johannes Schorantz, der 1424 von Petrus Jännini aus<br />

Leuk abgelöst wird. Vgl.AG I , S. 50.<br />

6 Investiturprotokolle, S. 192: «1479 III 26 indutiaeadprimariam ecclesiae parochialis in Vrnescho..».<br />

7 Gegen Ende, ohne Seitenzahl. - LautJ. JAKOB, S. 394, ist «Chapeliwees» noch 1955 bekannt.


294 urnäsch<br />

C. Seit der Reformation 1525. Mit den übrigen äußern Rhoden, ausgenommen Herisau,<br />

trat Urnäsch sogleich nach der entscheidenden Landsgemeinde, wahrscheinlich<br />

vom 30. April 1525 1 , wonach die Kirchhören über Annahme oder Ablehnung der<br />

neuen Lehre entscheiden sollten, zur Reformation über 2 . Infolgedessen ging die<br />

Kollatur, die Einsetzung des Pfarrers, und der Besitz der kirchlichen Gebäude de<br />

facto auf die Kirchhöre über, die von nunan die politische und kirchliche Gemeinde<br />

bedeutete 3 . 1532 bis 1543 wirkte Walter Klarer von Hundwil (1499-1567), Verfasser<br />

einer kurzen Geschichte der Reformation im Appenzellerland, als Pfarrer 4 . -<br />

1602 wurden der große und zwei kleine Altäre aus der Kirche entfernt 5 , 1613 auf<br />

Beschluß eines Zweifachen Landrates die Kreuze auf dem Friedhof beseitigt und die<br />

übrigen als päpstlich empfundenen Gebräuche und Zeremonien abgeschafft 6 , 1615<br />

das Beinhaus seiner Funktion enthoben 7 .<br />

Nach der Landteilung von 1597 gehörte die Gemeinde als eine der sechs äußern<br />

Rhoden zum Land Appenzell Außerrhoden. 1720 infolge Kirchenbaus Gründung<br />

und Loslösung der Gemeinde Schönengrund (S. 331 f.). 1877 Trennung der Kirchhöre<br />

in Politische Einwohnergemeinde und Evangelisch-reformierte Kirchgemeinde aufgrund<br />

deram 29. April 1877 in Kraft getretenen Kantonsverfassung von 1876 durch<br />

Annahme eines neuen Gemeindereglements am 6. Mai 1877 und der Ordnung für<br />

die Evangelisch-reformierte Landeskirche von Appenzell A. Rh. a m 23. September<br />

1877 8 . Infolgedessen wurde die Kirchgemeinde Nutznießerin der im Besitz der<br />

Einwohnergemeinde verbleibenden kirchlichen Gebäude, jedoch Eigentümerin der<br />

kirchlichen Geräte. - Vgl. Einleitung, S. 11. - Seit 1911 existiert eine als Missionsstation<br />

gegründete römisch-katholische Pfarrei Urnäsch-Hundwil-Waldstatt mit einer<br />

1911/12 erbauten schlichten Kirche in Zürchersmühle, die mit dem Pfarrhaus<br />

zusammengebaut ist 9 .<br />

WIRTSCHAFTLICHE V ERHÄLTNISSE U ND B EVÖLKERUNGSZAHL<br />

Bedeutende Alp- und Viehwirtschaft und ersprießlicher Holz- und Kohlenhandel beruhten<br />

auf den vielen kostbaren Gemeindeweiden und -wäldern, wie sie sonst keine der<br />

Gemeinden des Landes besaß. Noch im 19. Jahrhundert war der Absatz von Käse,<br />

Butter, Molken, Vieh, Holz, Kohlen und auch Salpeter beträchtlich 10 . Der Verkauf<br />

von Holzrechten im vordem und hintern Roßfall ist seit dem 15. Jahrhundert<br />

1 Zum neu ermitteltenDatum sieheP. RAINALD FISCHER, Studienzur GeschichtederReformation<br />

imLande Appenzell, Innerrhoder Geschichsfreund,9. Heft (1962), S. 3-26.<br />

2 WALSER,S. 437.<br />

3 Zu dem nie zustande gekommenen Rechtsvergleich zwischen Außerrhoden unddem Abt von<br />

St. Gallen,dem ursprünglichen Kollatorund LehensherrderKirche, siehe kirchliche Verhältnissevon<br />

AppenzellA.Rh., S. 9.<br />

4 WALSER,S. 39OF. Vgl.A U B 1945. 5 WALSER, S. 437,575.<br />

6 WALSER,S. 437,584. 7 WALSER, S. 585.<br />

8 Kirchhöreprotokoll. Vgl. ebenda, 5.Mai 1878: Abänderung des Reglements vom 6.Mai 1877<br />

betreffend Wahl und Besoldung des Pfarrers.<br />

9 Jahresbericht über die Inländische Mission der katholischen Schweiz, 1911, S. 51 f. («Im Spätherbst<br />

1911 wurde der Bau eines Kirchleins mit Pfarrhaus begonnen... von Gebrüder Scheiwiller<br />

ausgeführt.») Ebenda, 1912, S. 39f. (Einweihungam 7. Juli 1912). Ebenda, 1913, S. 39f. (Altäre).<br />

10 SCHÄFER, Materialien 1812, S. i49f. - Vgl. JAKOB, S. 186, 207f., 226.S., 254: 1738 erhält B.die<br />

Erlaubnis, Kohlenschopfzu bauen. - TANNER-Chronik, S. 46: 1778 Kohlhütte hinterder hintern Mühle.


geschichte 295<br />

urkundlich bezeugt 1 , und das Schlagen von «Stöcken» im Gemeindebannwald,<br />

woran auch jeder «Kilchgenoß» Anteil hatte, war noch im 18. Jahrhundert alljährlicher<br />

Hauptgegenstand der Martinikirchhöre z . Damit im Zusammenhang waren<br />

noch 1826 neun Sägemühlen in Betrieb (S. 321 f.) und achtzehn Zimmerleute, darunter<br />

sechs Schreiner, tätig 3 . Schon 1515 ist die Herstellung von Leinwandtuch bezeugt 4 .<br />

Seit Mitte 18. Jahrhundert blühte die Musselinweberei, die 1826 noch 672 Weber<br />

beschäftigte, dazu die Handstickerei 5 . Zur Förderung von Handel und Gewerbe<br />

waren drei Jahrmärkte eingeführt worden, der erste 1592 anstelle der bisherigen<br />

Chilbi 6 , zwei weitere 1726 7 . Von regem Handel und Verkehr zeugen auch ein<br />

«Übermaß» von 13 Gasthäusern, sogenannten Schildwirtschaften, und 12 Schenken,<br />

sogenannten Reifwirtschaften, zu Beginn des 19. Jahrhunderts 8 , die in der Folge<br />

noch zunahmen 9 und seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dem Kurwesen<br />

dienen. Bereits 1555 hatte es 18 Wirte gegeben (AG I, S. 420).<br />

Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung ging im 18. Jahrhundert wie in den übrigen<br />

Gemeinden ein starker Bevölkerungs- und damit auch Häuserzuwachs Hand in Hand.<br />

Jener erreichte gegen Ende des 18. Jahrhunderts mit 2798 Einwohnern einen Höhepunkt,<br />

der nur in den Jahren 1880-1920 überstiegen wurde und 1910 mit 3259 Einwohnern<br />

den absoluten Höhepunkt erklomm. 1970 noch 2313 Einwohner 10 . - Die<br />

erste Häusernumerierung von 1798 ergab 417 Häuser ", die Zählung von 1842 432 I2 .<br />

Quellen. GdeA: Verschiedene Akten. - Kirchhöreprotokolle, erhalten von 1714 bis 1755, lückenlos<br />

als Bde. I-III seit 1833!!". - Jahresrechnungen über die Gemeindeverwaltungen in Urnäsch i839ff.<br />

(zitiert: Jahresrechnungen Urnäsch). - Protokoll der Straßenkommission der Gemeinde Urnäsch,<br />

1852-1890 (enthältauch Protokolle anderer Baukommissionen). —Chronik von Urnäsch, 1594-1755,<br />

Ms. (laut S. 75, 77) von CHRISTOFFEL FRENNER, Kirchhöreschreiber (zitiert: FREHNER-Chronik). -<br />

KGdeA:<br />

Protokolle der Kirchenvorsteherschaft, 9.Jan. 1878ff. - «Protokoll der Kirchenbau-Commission<br />

1865/68.» - «Protokolleder Baukommissionfür die Renovationder Kirche Urnäsch, 1941-1942.»<br />

- KtA: Altes Archiv,39,1: «VerzeichnisvonUrkunden, die Ao 1637in Urnäschen sichvorgefunden.»-<br />

Ms. 39, «Beschreibung der Feuersbrunst in UrnäschAo 1641» (Tagebuch mit Ein-und Ausgaben des<br />

Landesstatthalters ULRICH DIETZI über den Wiederaufbau bisJanuar 1644 (zitiert:TagebuchU. DIET-<br />

ZI). — Ms. 38, «Verzeichnis der Feuer- & Brandunglücke im Kanton Appenzell von d en ältesten<br />

Zeiten bis 1840.» - Bauamtsarchiv: Brückenverzeichnis, um 1798,mit Nachträgen des 19. Jahrhunderts.<br />

1 AUB618 (29.Juni 1432) u nd 685 (30.Juni 1436).<br />

2 Kirchhöreprotokoll. - JAKOB, S. 221, zitiert Kirchhöreprotokoll, 8. Juli 1688: «Hinter den hernachgenannten<br />

Lochen mag ein jeder Kilchgenoß des Jahres acht Stöck houwen.» Vgl. KtA, Altes<br />

Archiv, 39, 1, N r. 1 (Anno 1539) u nd Nr. 106 (17.Jh.): Verbot,im Kirchhöriwald gehauenes Holz<br />

außerhalb der Gemeindezu verkaufen oderzu verwenden.<br />

3 KÜNZLER-Chronik, Beilage «ErgebnisderAo 1826 gehaltenen Hausbesuchunginder Gemeinde<br />

Urnäsch».<br />

4 BODMER, Textilgewerbe, S. 5.<br />

5 Ebenda. - JAKOB, S. 319-321.<br />

6 WALSER, S. 541. - SCHÄFER, Materialien 1812, S. 151, 155, 159-161.<br />

7 Kirchhöreprotokoll, 23. Jan. 1726. Vgl. ebenda, 14.N0V. 1742.<br />

8 SCHÄFER, Materialien, a.a.O., S. 150.<br />

9 KÜNZLER-Chronik, a.a.O. (Hausbesuchung 1826): 11 Schildwirte, 16 Schenkhäuser.<br />

1 0 1 535 lautAG 1,8.415^, bei 448 Männern etwa dasVier- oder Fünffache an Einwohnern.-SCHÄFER,<br />

Materialien 1810, S. 71-74:Von 1667 bis 1794 Zuwachsvon 1172 auf 2798 Seelen; 1805 noch 2524. -<br />

1826, nach der Hungersnot von 1817, laut KÜNZLER-Chronik, a.a.O.; 2183. - Bis 1842 lautAMB<br />

1843, S. 60, Anstieg auf 2503. - Von 1850 bis 1970 siehe Statistische Quellenwerke der Schweiz,<br />

Heft 467, Bern, 1971 S. 45.<br />

11 SCHÄFER, Materialien 1810, S. 74. 12 A MB 1843, S. 61.


296 urnäsch<br />

- Privatbesitz: Hermann Sproß, Urnäsch: «Urnäscher Gemeinde-Chronik von Pfr. Künzler bis 1840»<br />

(zitiert: KÜNZLER-Chronik). - «Chronik oder Gemeindebeschreibung..gewiedmet von Johannes<br />

Tanner, Schullehrer in Urnäsch. 1816» (Nachträge bis 1870. Zitiert: TANNER-Chronik). - Werner<br />

Nef, Urnäsch: Brücken- und Wegbüchlein, verfaßt seit 1793 von ULRICH MEYER, Landessäckelmeister<br />

und Landesbauherr. Enthält Angaben des Wegbüchleins von 1655 und Nachträge bis 1802.<br />

Einzige Quelle nicht mehr existierender Brückeninschriften des 18.Jahrhunderts (zitiert: Brückenbüchleinvon<br />

1793).<br />

Literatur. A. ZEHENDER undH. SPROSS, AUS der Geschichte der Kirchgemeinde Urnäsch, Urnäsch<br />

1942. - (J. JAKOB), Bausteine zur Heimatgeschichte von Urnäsch. 1955. Ms. im GdeA. (zitiert:<br />

JAKOB). - SCHÄFER, Materialien 1812, S. 147-168. - G. RÜSGH, Der Kanton Appenzell, S. 236-238.<br />

Bilddokumente. 1. «Urnäsch», Dorf von SO, mit Legende, lavierte Federzeichnung, 18,3 X 34,8 cm,<br />

signiertund datiert: «Dessinepar Jean Künzler 1816». Gemeindehaus. — 2. Kirche, Pfarr- und Rathaus<br />

sowie Krone von NO, Federaquarell, 15 X 17,5 cm, signiert und datiert: «Dessine par Jean Künzler,<br />

den 6 octobre 1821.» Privatbesitz Urnäsch (Abb. 295). - 3. Dorf von SO, jeweils vom gleichen Standpunkt,<br />

nur mit verschiedenem Bildausschnitt aufgenommen von Jon. ULRICH FITZI (1798-1855):<br />

a) «Urnäschen» (kursiv im Bild unten rechts), Federzeichnung, 20,8 X 52,4 cm, oben links datiert:<br />

«Aprill 1821: Einw: 1930». Sammlung Ernst Rutz, Gümligen BE. — b) «URNAESCHEN» (Buchstaben<br />

mit Gitterverzierung), Federzeichnung, 34,8 X 53,3 cm,um 1822 (in Reihe zusammengehöriger Dorfbilder,<br />

wovon eines 1822 datiert ist). Privatbesitz Zollikon (Abb. 286). - c) «Urnäschen» (Fraktur),<br />

Federaquarell, 19,5 X 26,4 cm. KtB Trogen, Nr. 8. - d) Federaquarell, 26 X 45,3 cm (Bild = Blattgröße).<br />

Ratsstube Urnäsch. - e) «URNAESCHEN», 37 X 61,5cm (Signatur nicht authentisch), datiert:<br />

«1838», mit größtem Blickfeld unter den genannten Firzi-Bildern. Privatbesitz Urnäsch. —f ) «Urnaschen»<br />

(Fraktur), Öl auf Holz, 30 X 48,7 cm, auf Rückseite signiert und datiert: «Urnäschen gem.<br />

J.U1. Fitzi im Speicher 1843» (Ortsnamen in deutscher, persönliche Namen in lateinischer Kursive).<br />

Privatbesitz St. Gallen. - 4. Dorf von NW(!), Federzeichnung, 21 X 54,8 cm, unten rechtsim Bild mit<br />

lateinischer Kursive signiert und datiert: «Urnäschen d 5 ten Mai 1830.J.U. Fitzi.» Sammlung Ernst<br />

Rutz, Gümligen BE. — 5. Dorfvon SO, Federaquarell, 44,5 X 67,5 cm, anonym, zwischen 1867 (Turmerhöhung)<br />

und 1881 (Umgestaltung des Pfarrhauses). Privatbesitz Urnäsch. - 6. Umgebung von Urnäsch<br />

von N W, betitelt: «Aufgenommen im Bindlehn» u nd mit ausführlicher Legende versehen,<br />

Federaquarell, 23 X 34 cm, von Jon. ULRICH FITZI. Datum «1838» nicht authentisch. Privatbesitz<br />

Urnäsch. - 7. «Roßfall», Öl auf Leinwand, 31,5 X 46,5 cm, signiertund datiert: «J. B. Jsenring 1837»,<br />

Privatbesitz Herisau (Abb. 308). - 8. Hintere Mühle mit gedeckter Holzbrücke von N, Bleistiftzeichnung,<br />

weiß gehöht, 15,4 X 20 cm, signiert und datiert: «J. J. Rietmann. 1867». Vadiana, St.Gallen<br />

(Abb. 304). - 9. Zürchersmühle von SO, Bleistiftzeichnung, weiß gehöht, 15,2 X 20,2 cm, signiert und<br />

datiert: «J. J. Rietm. 1867». Vadiana, St. Gallen (Abb. 303). - 10. Dorf von SW, Bleistiftzeichnung,<br />

weiß gehöht, 15,2 X20cm, signiertund datiert: «J.J. Rietm. 1867». Vadiana, St. Gallen. - 11. Häuser<br />

am Dorfplatz (Nrn. 82, 160, 162), Ö l auf Karton, 31 X 38 cm, laut zeitgenössischer Anschrift von<br />

JOHANNES MÜLLER in Stein 1880. Privatbesitz Urnäsch. - 12. Verschiedene alte Photographien, u.a.:<br />

a) Kirche, Pfarr-und Rathaus vorUmbau 1881. - b) DorfvonSO vor 1885 undum 1900. - c) Hintereggbrücke,<br />

1910 abgebrochen. - d) Wieden- und Ghronbachbrücke vor ihrem Abbruchum 1900<br />

bzw. 1920 (Abb. 305, 307). - e) Kircheninneres vor 1941 (Abb. 293). - f) Haus Nr. 162 und «z.<br />

alten Bären» mit Dorfbrunnen vor 1927 (Abb. 296).<br />

Plandokumente. Risse und Schnitte der Kirche 1:50, gezeichnet von ULRICH WALT, Architekt,<br />

Januar 1941. Im KGdeA.<br />

Siegel und Wappen. In der Bündnisurkunde von 1401 scheint Hundwil für dasihm amts-und verwaltungsmäßig<br />

angegliederte Urnäsch gesiegelt zu haben (vgl. S.292). Für die selbständige Rhode und<br />

Kirchhöre siegelten vom 15. bis 17. Jahrhundert Landammännerundandere mit persönlichem Siegel 1 .<br />

Im 17. Jahrhundert offenbar Anschaffung eines Gemeinde- oder Kirchhöresiegels. — 1. Ältestes Gemeindesiegel<br />

(Abb. 288). Dm. 31 mm. Wappen: Hinter Wellenband aufrecht nach heraldisch rechts schreii<br />

Bis zur Landteilung 1597 siehe AUB, allenthalben, entsprechend Register, besonders Nr. 347,<br />

5.Okt. 1417: «wan wir den dehain gemain insigel nit hant..». - Ähnlich Nr. 2028, 5.Juli 1537. -<br />

Nrn. 346 und 1830 (Landammänner) und 1879 (andere). - Nach der Landteilung: Urkunden im<br />

GdeA: A, Nr. 27, St.-Jörgen-Tag 1599: Ldm. Sebastian Thörig siegelt bei Holzverkauf durch Kirchhöre.<br />

Dessen ihm hinterlassenes Siegel drückt Hptm. Ulrich Dietzi auf Urkunde vom 7. Juli 1637<br />

(Kopie, Nr. 31). - Urkunde A, Nr. 30, 18. Juni 1617: Siegel des Landweibels Jost Jakob.


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geschichte 297<br />

Ü^4<br />

Abb. 287 und 288. Urnäsch. Fragment eines Psalters, 10. Jahrhundert, wahrscheinlich ausder Schreibschule<br />

des Klosters St. Gallen. Gemeindearchiv Urnäsch. - Ältestes Gemeindesiegel (Kirchhöresiegel),<br />

17. Jahrhundert. - Text S. 296f. und 312.<br />

tender Bär. Antiquaumschrift: «isrüER-KIRGH-HORI-zv* VRNASCHEN:», von Zierschnörkel gefolgt.<br />

Blattstabumrandung. Erstmals, jedoch mit nur fragmentarischer und undeutlicher Umschrift aufUrkunde<br />

von 1689 feststellbar 1 , vollständig erst auf entsiegeltem Zettel von 1809 2 . - 2. Gemeindesiegel<br />

ig. Jahrhundert (kaum vor 1839)3. Dm. 31 mm. Wappenbär ohne Wellenband in Perlstabumrandung.<br />

Umschrift teilweise in Antiqua: «S.G.DER GEMEINDE URNÄSCH Appenzell A.R.» Abdruck inder Sammlung<br />

des Kantonsarchivs. - 3. Neuestes Wappen: Bär vor Wellenstrom4.<br />

Urnäscher Fahne, um 1400 (Abb. 285). Im Gemeinderatssaal. Öl und Tempera (Mischtechnik) auf<br />

Leinwand. Unregelmäßiges Rechteck.H. 95-97cm, Br. 68-70 cm. Auf beiden Seiten gleiche Darstellung,<br />

jedoch entsprechend seitenverkehrt. Der rot bewehrte Appenzeller bzw. Urnäscher Bär (?ohne<br />

Wellenstrom. Vgl. Siegel,Wappen) schreitet auf den Apostel Philippus zu. Dieser steht fast frontal mit<br />

nur leicht abgewandtem Haupt in violettem Rock und rotem, grün gefüttertem Mantel auf grünem<br />

Boden, umfängtmitdemdem Bären zugekehrten Arm ein naturfarbenes, beide Figuren überragendes<br />

Kreuz und hält in der andern Hand das Evangelienbuch 5. Auffallend ist der Gegensatz zwischen<br />

1 GdeA, Nr. 33C, 8.Nov. 1689: Im Text als «der Kilchhöry Urnäschen eigen Insigell» erwähnt.<br />

2 Pfandprotokoll, Bd. 2, Nr. 415, 18. Jan. 1809. Stimmt überein mit Nr. 402, 17. Juni 1807, ferner<br />

mit Bd. 1, Nr. 127, 23.Jan. 1773, u nd Nr. 6 9, 28. Mai 1773.<br />

3 Das Waldstatter Siegel Nr. 2 (S. 268) war als erstes des Landes noch vor 1839 «A.R.»anstatt<br />

mit «V.R.» versehen.<br />

4 Der auf allen Vieren überdem Flußband schreitende Bär, ein Vorschlag von JAKOB SIGNER in:<br />

ASH, 30.Jg. (1916), Heft 2, S. 126, wurde nicht in den Amtsbereich der Gemeinde übernommen,<br />

jedoch aufdem Brunnen des Dorfplatzes 1928 angebracht, ferner schon 1915 fürdie Wappenscheibe<br />

im Kantonsratssaal zu Herisau verwendet.<br />

5 ^8^* JOSEPH BRAUN, Trachtund Attribute der Heiligen in der deutschen Kunst, München 1943,<br />

Sp. 6 06-608.


298 urnäsgh<br />

heraldisch flächenhaft gemaltem Tier u nd dem durch Licht u nd Schatten plastisch modulierten<br />

Gewanddes Apostels,dem eine Skulptur als Modell gedienthaben könnte. Währenddie Idealisierung<br />

des Gesichts, der seitlichen Haar-und Bartlocken, der langfingrigen Händeund auswärts gedrehten<br />

Füße noch ganz aus dem Geist des 14. Jahrhunderts gestaltet ist, weisen die großgerundeten Faltenröhren<br />

des den Körper großzügig umflutenden Gewandes und auch die relative Standfestigkeit der<br />

eher gedrungenen Figur in die Zeit des «weichen Stils» zwischen 1380 und 1420. - Eine Beziehung<br />

zum Kirchenbau von 1414 drängt sich auf, obwohl für die erste Zeit das Antonius- und erst 1518<br />

erstmals das Philippus- und Jakobus-Patrozinium bezeugt ist (S. 293). Vielleicht diente die Fahne<br />

schon vor dem Kirchenbau als sogenannte Rhodsfahne 1 . Jedenfalls enthält sie eine der frühesten<br />

Darstellungen des Appenzeller bzw. Urnäscher Wappenbären. - 1602 wurde sie mitden drei Altären<br />

und andern aus der katholischen Zeit herrührenden «Verzierungen u nd Geräthschaften» aus der<br />

Kirche entfernt,aber trotz offiziellemundprivatem Angebot aus Innerrhoden, dafürdie holzreiche<br />

Alp Fluh z u geben, nicht veräußert u nd bis i n die Gegenwart in der «Treschkammer», d.h. im<br />

Turmarchiv, aufbewahrt 2 . 1949 Restaurierung durch HENRI BOISSONNAS, Zürich3.<br />

1 Vgl.AG I , S. Gyf. undAbb.nach S. 208.<br />

2 SCHÄFER, Materialien 1810,S.224, inÜbereinstimmungmit Jon. JAKOB SOHLAEPFER, Materialien<br />

z u einer Gemeinde-Chronik Waldstatt, Waldstatt 1821. Ms., ohne Seitenzahl, der Bild auch<br />

beschreibt als «St.Antonius ein auf ein 40 Zoll hohes u. 27 Zoll breites Stück Leinwand gemahltes,<br />

28 Zoll hohes Bild, mit einem 30 1 / 2 Zollhohen Creutz, neben dem ein 28 Zollhoher Bär steht, welches<br />

ein Urnäscher aus den italienischen Feldzügen..» usw. Die ikonographische Verwechslung beruht<br />

vermutlich auf dem Kreuz, das beim Abt und Einsiedler Antonius T-Form besitzt, möglicherweise<br />

auch aufdem Wissenum das einstige Antonius-Patrozinium.<br />

3 Rätenprotokoll, Bd. 28, 13.Okt. 1949. Vgl. ebenda, 27.April, 5.Mai, i.Juni, 5.Okt. 1949.<br />

LAGE U ND GESTALT<br />

i. Dorf (Abb.286, 289^). 832 m ü.M. (LK). Es lehnt sich in breiter Talmulde auf<br />

der linken Seite der Urnäschan den Südfuß des sanft ansteigenden, grasbewachsenen<br />

Tüfenbergs. Offenbar entwickelte es sich nach 1417 im Anschluß an den Kirchenbau<br />

aus einem Hof oder Weiler mitten unter den in der ausgedehnten Rhode nach alemannischer<br />

Siedlungsart zerstreut liegenden Höfen, ähnlich wie es bei den Jüngern<br />

Dörfern von Appenzell Außerrhoden auch geschah. Das Dorfbild, wie es bis Ende<br />

des 19. Jahrhunderts erhalten blieb, läßt sich, von SO gesehen, auf Zeichnungen von<br />

JOH. U LRICH FITZI aus den zwanziger und dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts<br />

(Abb. 286. Bilddokumente 3 a-f) und, fast aus der gleichen Richtung, aber mehr aus<br />

der Vogelperspektive, auf einem anonymen Federaquarell aus der Zeit nach der<br />

Kirchturmveränderung von 1866/67 (Bilddokument 5) erkennen.<br />

Die nordostwärts gerichtete Kirche (S. 302-307) blickte bis zum Bau des neuen<br />

Pfarrhauses von 1957 mit freier Sicht südostwärts über die steile Böschung der wildbachähnlichen<br />

Urnäsch hinweg, war hier undan der Nordostflanke vom ehemaligen,<br />

bis 1893 baumlosen Friedhofgelände umgeben,an welches nordostseits das ehemalige<br />

Pfarr- und Rathaus (S.310) anschließt. An der Nordwestseite der Kirche liegt der längsrechteckige,<br />

von ihr selbst und an drei Seiten von Häusern gesäumte Dorfplatz<br />

(S. 312-316).Um diesen Kern gruppiert sich der Rest des Dorfes, zur Hauptsache<br />

an den beiden alten, vom Platz auslaufenden Straßen in Nordostrichtung nach<br />

Waldstatt und Herisau und in Südwestrichtung durch das Unterdorf zum Bezirk<br />

Grüenau und nach Schwägalp. Eine kürzere Zeile alter Häuser erhebt sich an der<br />

alten Gasse vom Dorfplatz Richtung Mettlen, die 1893/94 ohne Veränderung der<br />

baulichen Situation zur neuen Hauptstraße nach Tal-Grüenau und Schwägalp<br />

ausgebaut wurde, eine weitere längs dem alten Weg vom alten Bären Richtung SW


lage und gestalt t 299<br />

über den Tüfenberg nach Schönengrund und schließlich eine Gruppe, das Oberdorf,<br />

am Südhang hinter dem Dorfplatz. Ziemlich belanglos für die Entwicklung des<br />

Dorfbildes bis fast zur Gegenwart blieb die ostseits des Platzes von der Waldstatter<br />

Straße abzweigende Straße nach Chronbach und Innerrhoden, in deren Winkel das<br />

alte Gasthaus zur Krone (S. 316) steht.<br />

2. Gemeinde, a) Grenzen. Die Ostgrenze, die im nördlichen Abschnitt durch die<br />

Urnäsch und den zufließenden Wißbach gebildet wird, hat Urnäsch mit Hundwil<br />

gemeinsam, das sich vom Wißbach an südwärts mit einem schmalen Korridor<br />

zwischen die Gemeinde Urnäsch und Appenzell Innerrhoden zu seiner Besitzung<br />

Schwägalp durchschiebt. Grenzstreitigkeiten im südlichen Abschnitt wurden durch<br />

Schiedssprüche vom 4.November 1478 und S.Februar 1480 beigelegt. Dabei<br />

wurde u. a. die Schwägalp Hundwil zugesprochen 1 . - Im Süden und Südwesten<br />

bilden die nördlichen Ausläufer der Säntiskette und der Necker die Grenze gegen das<br />

sanktgallische Toggenburg 3 , im Nordosten gegen Schönengrurfd der Hochhamm<br />

und der Tüfenberg 3 ,im Norden gegen Waldstatt das Murbachtobel. - b) Weiler und<br />

Höfe. Noch bis ins 20. Jahrhundert hinein waren diese mit dem Dorf zusammen in<br />

12 Bezirke eingeteilt 4 . Sie liegen teils im Tal der Urnäsch, das sich hinter dem Dorf<br />

flußaufwärts zu geräumiger Mulde weitet und sich vor dem Roßfall wieder schluchtartig<br />

verengt, teils auf den von Seitenbächen der Urnäsch durchfurchten Anhöhen.<br />

Im Talkessel südlich des Dorfes sind der Bezirk Geren mit Tal und Grüenau am Brükkenübergang<br />

der Urnäsch, wo auch die Hintere Mühle stand, zu einem Straßendorf<br />

mit eigenem Schulhaus zusammengewachsen. Nördlich zwischen Dorf und Sulzbrunnen<br />

an der Waldstatter Grenze liegen an einem Urnäschübergang ^ürchersmühle<br />

mit der Furterbrücke und eine kurze Strecke weiter flußabwärts Saien mit der Saienbachbrücke,<br />

das mit Hinterberg zusammen einen Schulbezirk bildet, im Winkel des<br />

Zusammenflusses von Urnäsch und Wißbach Chronbach mit der Chronbachmühle<br />

und -brücke und mit dem 1893 hierher verlegten Friedhof. Südöstlich davon erhebt<br />

sich das hügelige Pärchen. Von den Höhensiedelungen sind aüßerdem besonders<br />

Schönau und Teil westwärtsam Paßübergang nach Hemberg mit gemeinsamer Schule<br />

in Schönau und die Letz im Teil zu erwähnen, die auf eine Grenzverstärkung des<br />

14./i5. Jahrhunderts hinweist 5 , ferner Eggli am Ubergang nach Schönengrund über<br />

den Tüfenberg.<br />

STRASSEN U ND V ERKEHR<br />

Von eigentlichen Fahrstraßen kann vor dem 19. Jahrhundert kaum gesprochen<br />

werden. Erst im 19. Jahrhundert erfolgte deren Verbesserung bzw. Neuanlage. 1. Die<br />

1 A U B 1148, 1161.<br />

2 Zur Erneuerung der mit Hoheitswappen geschmückten Grenzsteine in den Jahren 1539, 1672<br />

und 1812 siehe SCHÄFER, Materialien 1812, S. 175. - Stiftsarchiv, Ruhr. LXXXV, fasc. 36, 17. Nov. 1721<br />

(JAKOB, S. 236f.), nimmtBezugaufdatierte Grenzsteine von 1662 im Chräloch, von 1666 in Necker<br />

ander Egg, von 1670 auf Sattel, von 1672 auf Hofstetten. Ebenda, Rubr.LXXX, fasc. 36: Grenzscheidungsgeschäftvom<br />

24.Juli 1725 (Jakob, S. 242).<br />

3 Überdie Grenzregelung von 1722 und 1763 siehe Schönengrund, S. 331 f.<br />

4 TANNER-Ghronik, S. 7.Von dieserweicht das GeographischeLexikonder Schweiz (1910) ab.<br />

5 SONDEREGOER, Flurnamen, S.265^499. Ders., App. Wehrwesen, S. 10. - Zur Anlagevon Letzinenim<br />

14. Jahrhundert sieheA G I, S. 118.


300 , URNÄSCH<br />

S(<br />

alte Landstraße nach Waldstatt und dem einstigen Kirchdorf Herisau, ein nur sehr<br />

mühsam befahrbarer Saumpfad über die Saien- und Murbachtobelbrücke (S. 329f.),<br />

der bei jener noch 1832 durch ein Viehgatter versperrt war 1 , bekam 1853-1856 die<br />

heutige Richtung 2 . - 2. Die Straße nach Hundwil, die von der Waldstatter Straße<br />

bei Zürchersmühle über die Urnäschbrücke (S. 326 f.) abzweigte und bis zum Bau der<br />

Brücke im Hundwilertobel und neben dem Auensteg zwischen Waldstatt und Hundwil<br />

(S. 271 f., 397f.) der einzige Verkehrsweg dorthin war, wurde 1880 samt Brückeim<br />

Einvernehmen mit Hundwil neu angelegt 3 . - 3. Der nur im Winter mit Schlitten<br />

befahrbare Saumweg nach Gonten und Appenzell durch Wieden über die Urnäsch-<br />

1 JAKOB,S. 3 38.<br />

2 Protokoll der Straßenkommission, 12. April 1853 und 25.Jan. 1856. Insbesondere S. 26-28<br />

(Akkordbedingungen), S. 29-31 (Baubeschreibung nach Plan von Ing. NAEF), S. 249 (Übernahmebedingungen<br />

des Kantons). — Vgl. JAKOB, S. 339f. - Jahresrechnungen Urnäsch 1854-1856.<br />

3 Kirchhöreprotokoll, Bd. II, S. 58-61. - Protokoll der Straßenkommission, 18. März 1879 bis<br />

17. Okt. 1880: Kollaudation 28. Sept. 1880.<br />

—>W ALDSTATT<br />

UNTERDORF<br />

III'III I I I I I I I I I I<br />

Abb. 289. Urnäsch. Übersichtsplan. Maßstab 1: zirka 2500. Nördlich der spätmittelalterlichen Kirche<br />

der Platz mit hauptsächlich nach dem Dorfbrandvon 1641 wieder erbauten Häusern. - Text S.298f.,<br />

3 o 4f'., 310-317.


strassen und verkehr<br />

30i<br />

Abb. 290. Urnäsch. Fkigaufnahme von Südsüdwesten, 18. August 1954. Nördlich der KircheDorfplatz<br />

und Oberdorf, südwestlich davon das Unterdorfander S-förmigen Schlaufe der alten Landstraße. -<br />

Text S. 298f., 304f. und 310-317.<br />

brücke (S. 328) und durch Chronbach über die Wißbachbrücke (S. 328f.) wurde als<br />

Verbindung zu den Bädern Innerrhodens und für die Holz- und Kohlenausfuhr erst<br />

um 1800 auf Veranlassung der helvetischen Regierung für Wagen fahrbar gemacht 1 .<br />

- 4. Taleinwärts zum Roßfall verlief die Straße vom Dorfplatz südlich durch das<br />

Unterdorf hinab und längs der Urnäsch bis zum Brückenübergang in der Grüenau.<br />

1 893/94 Neuanlage vom Dorfplatz direkt in südwestlicher Richtung durch Mettlen,<br />

Geren und Tal nach Grüenau 2 . - 5. 1885-1887 Straßenanlage nach Schönau und<br />

Teil Richtung Hemberg^. - 6. Bau von Bezirksstraßen: a) auf den Tüfenberg<br />

Richtung Schönengrund anstelle des alten Kirchwegs 1883/84 4 . 1971 Übernahme durch<br />

den Kanton 5 . - b) Von Zürchersmühle nach Hinterberg und von Geren auf Langboden<br />

1911-1913 6 . - 1875 Eröffnung der Appenzeller Bahn auf der Strecke Winkeln-<br />

Herisau-Urnäsch^ 1886 auf der Strecke Urnäsch-Appenzell 8 .<br />

1 KÜNZLER-Chronik, Rubrik «Straßen». - SCHÄFER, Materialien 1812, S. 150. - 1840 Korrektion<br />

der Streckevom Dorfzur Wiedenbrücke,laut KÜNZLER-Chronik und Kirchhöreprotokoll, 8. Sept. 1839.<br />

2 Jahresrechnungen Urnäsch 1893/94. - Roßfallstraße schon 1879 erneuert, laut Protokoll d er<br />

Straßenkommission, 16.Mai 1879 (Kollaudation).<br />

3 Kirchhöreprotokoll, Bd. II, S. 110-117, 139-141. - Protokoll der Straßenkommission, 12.Jan.<br />

1885 (Baubeginn «nächstes Frühjahr»)und 7.Nov. 1887 (Baukosten 128893 Fr. 66 Rp.).<br />

4 Kirchhöreprotokoll,Bd.II, S. 1 r0-117.-Protokoll derStraßenkommission,6.Mai und 26.Juni 1884.<br />

5 AZ, 7.Dez. 1971, Nr. 286.<br />

6 Mandat betr. die ordentliche Gemeindeversammlung vom 7.Mai 1911. - Kirchhöreprotokoll,<br />

Bd. III, S. 238. - Jahresrechnungen Urnäsch 1911-1913.<br />

7 Kirchhöreprotokoll, Bd. I, S. 162. — Jakob, S. 348!. — AZ, 21. April 1933.<br />

8 Kirehhöreprotokoll, Bd. II, S. 148-157. - AZ, 21. April 1933.


302 u r n ä s c h<br />

REFORMIERTE KIRCHE<br />

BAUGESCHICHTLICHES, I. Von der Pfarreigründung i417 bis zum Brand von 1641. Entgegen<br />

dem formelhaften Wortlaut der Stiftungsurkunde vom 5. Oktober 1417 darf aufgrund<br />

des Baubefunds angenommen werden, daß zur Zeit der Pfarreigründung die «kurtzlichen<br />

und von nüwen dingen» erbaute Kirche bereits samt Turm in der heutigen<br />

Anlage des Grundrisses vorhanden war (siehe politische und kirchliche Verhältnisse,<br />

S. 293). Wenn der Glockeninschrift von 1642 (S. 309) und dem Chronisten GABRIEL<br />

WALSER, S. 114, Glauben geschenkt werden kann, ist sie als Filialkirche von Herisau<br />

schon 1414 errichtet worden.<br />

2. Wiederaufbau nach dem Dorf brand vom ig. Dezember 1641. Turmhelm, Glocken,<br />

Dachstuhl, Holzdecke und Mobiliar waren vernichtet. Dagegen wurden Turmschaft<br />

und Kirchenmauern beim unverzüglichen Wiederaufbau, der mit dem Kirchendachstuhlam<br />

28. Dezember begann, wieder verwendet. Als Bauherr («Buwmeister»)<br />

wurde in der Kirchhöre am Tag nach der Katastrophe Landesstatthalter Ulrich<br />

Dietzi, Besitzer der hintern Mühle zu Urnäsch, erwählt. Seinem Tage-, Ein- und<br />

Ausgabenbuch, dasvom ig. Dezember 1641 bis zum 15. Januar 1644 reicht, sind alle<br />

baugeschichtlichen Angaben dieser Zeit entnommen 1 , a) Kirche. Bereitsam 25. Dezember<br />

wurden von Ulrich Dietzi Turmhelm und Dachstuhl, dessen Gestalt er bestimmte,<br />

dem Meister MATTHÄUS BRÜL vergeben. Dieser begann am 28. Dezember<br />

mit vier andern, darunter J AKOB und M ICHAEL MOOSBRUGGER, und richtete «den<br />

hier vorgemachten tachstul»am 15./16.Februar auf 2 . In der zweiten Hälfte März<br />

wurde das Dach von ULI FREHNER und HANS LANGENAUER von Urnäsch, JAKOB<br />

HESS und K ONRAD WISS von Appenzell für insgesamt 43 Gulden 24 Kreuzer gedeckt 3 .<br />

Die Kirchenmauern wurden nur neu bestochen, womit Maurer der Familie SCHARPF<br />

aus dem Lechtal, darunter ein GEORG, anfangs Mai begannen 4 . Die Kirchenfenster,<br />

vier grosse, davonje eines zur Rechten und zur Linken im Ghorabschluß, und drei<br />

kleine, wurden teils von Meister GEORG K AUTER, Glaser von St. Gallen, teils von<br />

Meister DANIEL FAUSTER, Glaser zu Appenzell, bis zum 4.September eingesetzt 5 .<br />

Den Kirchenhimmel schuf Meister H ANS HEINRICH W EHRLI, «Tischmacher von Sirnach»<br />

1643, der schon das ganze Jahr zuvor in Kirche (und Rathaus) Schreinerarbeiten,<br />

offenbar Kanzelund Gestühl, ausgeführt hatte 6 . - b) Turm. Ende Mai 1642<br />

wurde der Schaft von Meister ANDREAS SCHEIDLI, «Maureruß dem Lechtal», selb<br />

zwölft, darunter H ANS SINGER als nächst bestbezahlter Arbeiter und nebst andern<br />

mehrere Mitglieder der Familien SCHEIDLI und SCHARPF, «über der alten Maur in<br />

die 24 schu» Höhe aufgeführt 7 . Den Helm richtete bis zum 16.Oktober Meister<br />

1 KtA, Altes Archiv. Ms. 39, betitelt: «Beschreibung der FeuersbrunstinUrnäschAo 1641». Die<br />

Autorschaft von ULRICH DIETZI f ür den i n Ichform geschriebenen Bericht ist durch die TANNER-<br />

Chronik, S. 11, und die KÜNZLER-Chronik, Rubrik «Kirche», bezeugt. Zitiert: TagebuchU. DIETZI.<br />

2 TagebuchU. DIETZI, S. gf., 12, 16, 19, 85f., 88. 3 TagebuchU. DIETZI, S. 20, 23, 79.<br />

4 TagebuchU . DIETZI, S.23, 81, 83, 86: BALTHASAR, JUNG BALTHASAR, OSWALD, GEORG, JUNG<br />

GEORG, HANSund ANDREAS SCHARPF.<br />

5 TagebuchU. DIETZI, S. I 6, 6 I , 7 I , 73: KAUTER schuf zweigroße und zwei kleine Fenster, FAUSTER<br />

zwei großeund ein kleines.<br />

6 TagebuchU. DIETZI, S. 26, 31 und 92fr. wiederholt. Als Gehilfe arbeitete mitihm (sein Sohn?)<br />

DIETHELM WEHRLI.<br />

7 TagebuchU . DIETZI,S. 27 und 92fr. wiederholt: GEORG, CHRISTEN, HANS und MARTIN SCHEIDLI.


e f o r m i e r t e k i r c h e<br />

3o3<br />

Matthäus B r ü l auf 1 , und a m 22. deckten ihn Dachdecker aus Magdenau 2 . Für<br />

Knopf und Helmstange, «alles mit Kupfer beschlagen», wurden Meister G allus<br />

G r ü b e l am 1. Dezember2 8Gulden20Kreuzer bezahlt, MeisterNiklaus Nabholz<br />

für die Fahnenstange neun Gulden 3 , Meister Johannes S itzöderli, Schmied und<br />

Schlosser zu Marbach im Rheintal, für die Erneuerung der verbrannten und verfallenen<br />

Uhr mit je einem Zeiger an beiden, von Meister F IansBaschonHersghi<br />

bemalten Zifferblättern 35 Gulden 4 .<br />

3. Weitere Umbauten und Renovationen. 1754 beschloß man die Flerstellung zweier<br />

weiterer Fenster im Chor5. - 1784 Anlage einer dritten Kirchentüre gegen den<br />

Kirchplatz. - 1822/23 Eindeckung der Kirche mit Ziegeln über dem alten Schindeldach<br />

6 . - 1849 Renovation des damals 107 Fuß hohen Turms, Anschaffung von drei<br />

eisernen Zifferblättern anstelle der zwei bis dahin nur aufgemalten und nun infolge<br />

des neuen Besenwurfs zerstörten, ferner erstmals Vergoldung der Knöpfe 7 . - 1866-<br />

1868 erste Totalrenovation^ aufgrund von Gutachten Felix Wilhelm Kublis 9 , nämlich<br />

1866/67 Turmerhöhung mit neuem Glockengeschoß und vierter Uhrentafel auf<br />

der Ostseite laut Akkord durch ZimmermeisterK o n r a d Frehner von Urnäsch als<br />

Übernehmer um7687Fr. 82 Rp. ausgeführt 10 . Aufschlußreich ist dabei die «neue<br />

Turmtreppe vom Boden über dem Archivgewölb(!) bis zum Helmanfang.» 1867/68<br />

äußere und innere Erneuerung der Kirche durch Baumeister Daniel Oertle,<br />

Herisau; Dabei wurden u.a. der Langhausboden in Rücksicht auf die Vergrößerung<br />

der Westempore tiefer gelegt, eine flache «Pflasterdecke» über Hohlkehlen anstelle<br />

der Holzdecke eingezogen und an der NW-Front zu den zwei vorhandenen Fenstern<br />

«um der Symmetrie willen noch zwei weitere» angebracht 11 . - 1941 \42Innenrenovation<br />

unter Leitung von ArchitektU l r i c hW a l t , Herisau 12 : Vermauerung des ursprünglichen<br />

Turmzugangs westseits im ersten Obergeschoß von der Empore her und<br />

Durchbrechung des gotischen Gewölbes im Turmerdgeschoß, wo ursprünglich die<br />

Sakristei, später das Archiv untergebracht war, zur Gewinnung eines Zugangs von<br />

jenem zum Glockengeschoß; leichte Verschiebung des Südportals nach dem Chor<br />

hin; Wiedereinzug einer flachen Holzdecke, Umgestaltung der Emporen und Er-<br />

1 TagebuchU. DIETZI, S. 30, 122.<br />

2 TagebuchU. DIETZI, S. 30, 122.<br />

3 TagebuchU. DIETZI, S. 16, 23, 31, 85, 124, 140. 4 TagebuchU. DIETZI, S. 126.<br />

5 Kirchhöreprotokoll, 1.Mai 1754. Es handelt sichum die beidenander südostwärts gerichteten<br />

Längswand der Kirche.<br />

6 KÜNZLER-Ghronik, Rubrik «Kirche», S. 3f.<br />

7 L aut Turmknopfinschrift, 21. Aug. 1849, in: Kirchhöreprotokoll, Bd. I, unter «Beilagen», mit<br />

Angabe derHandwerker. 103 Jahre früher warderKnopfzum letzten Male vom Turm herabgenommenworden.<br />

8 Kirchhöreprotokoll, 10.Dez. 1865. - «Protokollder Kirchenbau-Commissionvom 19.December<br />

1865 bis 7. Juli 1868.» - «Gassa-Buch Kirchenbau».<br />

9 Protokoll der Kirchenbau-Commission, S. 21 f., 34.<br />

10 Akkord vomJuni 1866 in: Protokoll der Kirchenbau-Commission, S. 48-56. Ebenda, S. 65f.,<br />

79-82, Erstellungsakkord mit NIKLAUS ERNE, Großuhrenmacher, Flawil, fürneue Turmuhr. BestehendeTurmuhr<br />

«1963 J.G. BAER, SUMISWALD.»<br />

11 Akkord mit DANIEL OERTLE in: Protokoll d er Kirchenbau-Commission, S. 109-114. Ebenda,<br />

S. 98f., 103, 131. Ebenda, S. 165, Totalkosten der Renovation ohne Friedhof: 45580 Fr. 10Rp.<br />

12 «Protokolle der Baukommission für die Renovation der Kirche Urnäsch. 1941-1942.» Totalausgaben<br />

lautJahresrechnung Urnäsch 1942, S.40: 99614 Fr.30Rp.


3 0 4<br />

u r n ä s g h<br />

Abb. 291. Urnäsch. Reformierte Kirchevon Westen,um 1414 erbautundnachdem Dorfbrand von<br />

1641 mitneuem Dachstuhl versehen. 1866-1868Turmerhöhungund Umgestaltungvon Glockenstube<br />

und Langhausim Stil der Neurenaissance. - Text S. 302-305, 306f..<br />

neuerung der Ausstattung (s.d.)'. - 'Bevorstehende Außenrenovation unter der Leitung<br />

vonMAX ROHNER, Architekt ETH/SIA, Herisau, unter der Mitwirkung der Eidgenössischen<br />

Kommission für Denkmalpflege und des appenzellischen Heimatschutzes<br />

mit weitgehender Berücksichtigung des historisch gewachsenen Zustandes (nur das<br />

Vorzeichen mit gußeisernen Säulen am Westportal soll in Rücksicht auf die Straßenkorrektion<br />

weichen).<br />

BAUBESCHREIBUNG, I. Lage und Grundriß (Abb^Sgf., 292). Die Kirche liegt an ihrem<br />

ursprünglichen Standort ziemlich genau in Nordostrichtungan die Urnäschböschung<br />

gerückt, indem sie hier mit der südöstlichen Längs- und der nordöstlichen Schmalseite<br />

an das ehemalige Friedhofgelände stößt und mit der nordwestlichen Längsseite<br />

den Dorfplatz bis zu dessen Ausfahrt zum Unterdorf begrenzt. Der Grundriß, der<br />

seine ursprüngliche Gestalt bewahrt hat, bildet ein langgezogenes, leicht verschobenes<br />

Viereck, in welchem keine Seite zur gegenüberliegenden parallel verläuft. In dieses<br />

ist an der Nordecke auch der quadratische Turm mit rund zwei Meter unterer Mauer-<br />

I Geht z.T. hervor aus dem Vergleichder Pläne von ULRICH WALTvom Jan. 1941 Kirchgemeindearchiv<br />

mit Angabe des Bestehenden, Abzubrechenden und Neuen und Photographien des Innern<br />

vor der Renovation. - Die Verlegung des Kirchturmeingangs war bedingt durch die Aufstellungder<br />

Orgel aufder Seitenempore. Vgl. auch BemerkungzuTurmtreppevon 1866.


e f o r m i e r t e k i r c h e 305<br />

stärke so einbezogen, daß er an der Nordostflanke mit dem geraden Ghorabschluß<br />

in einer Flucht liegt, gegen den Platz leicht herausspringt und im Kircheninnern<br />

einen querrechteckigen Chor ausscheidet. Dieser ist von dem rund dreieinhalb Meter<br />

einspringenden Turm gleichsam als Restraum übriggelassen und, ohne außen in<br />

Erscheinung zu treten, aus der Symmetrieachse an die südöstliche Längsmauer<br />

verschoben, die hier die gemeinsame Flucht von Chor und Schiff bildet.<br />

2. Außeres (Abb. 286, 291). Hinter der Erscheinungsform des schlichten, verputzten<br />

Baus verbirgt sich weitgehend das ursprüngliche Bauwerk aus der Zeit kurz vor 1417.<br />

Dessen Mauern wurden nach dem Dorfbrand 1642 nur ausgebessert und mit dem<br />

bestehenden steilen, Chor und Schiff zusammenfassenden Satteldach versehen. Heute<br />

ist das Außere mitgeprägt durch die 1867/68 im Geist der Neurenaissance (gekuppelte<br />

Fenster mit Scheitelkreis an der südwestlichen Giebelfront und Vorzeichen mit<br />

gußeisernen Säulen hier und gegen den Dorfplatz) durch Baumeister DANIEL O ERTLE<br />

durchgeführte Renovation. Dessen klassizistischer Forderung nach Symmetrie zuliebe<br />

wurden die Fenster gegen den Dorfplatzum zwei vermehrt und den vorhandenen<br />

Rundbogenfenstern in Gestalt und Größe angepaßt, wozu die zweiam nordöstlichen<br />

Ghorabschluß und die fünf an der südöstlichen Längsflanke gehörten. Ihre Rundbogen<br />

erhielten diese vermutlich schon 1642 (vgl. S. 302).<br />

3. Inneres. Der ursprüngliche saalartige Raumcharakter ist durch die Wiedereinsetzung<br />

einer flachen Balkendecke 1941/42 trotz vollständiger Neugestaltung weitgehend<br />

wiederhergestellt worden. Seine besondere Eigenart liegt in der Asymmetrie,<br />

die durch das starke Einspringen des Turms und die damit verbundene Verdrängung<br />

des Ghorraums an die Südostflanke, ferner durch die Seitenempore zwischen Turmeinsprung<br />

und rückseitiger Empore hervorgerufen wird. Die Seitenempore, ein für<br />

protestantische Kirchen seit dem 16. Jahrhundert typisches Bauglied, dürfte in<br />

rf<br />

0 5<br />

I I I I I I<br />

Abb. 292. Urnäsch. Reformierte Kirche. Grundriß. Maßstab 1:250. -TcxtS.304f.<br />

20- Kunstdenkmälcr LXI, AR I,


306 u r n ä s c h<br />

Urnäsch in Zusammenhang mit der im 18. Jahrhundert stark zunehmenden Bevölkerung<br />

nötig geworden sein 1 .<br />

4. Dachstuhl. Ein interessantes Werk des Zimmermeisters MATTHÄUS BRÜL von<br />

1642 (vgl. S. 302). Ohne Firstbalken sind die Sparren der einzelnen Gebinde durch<br />

ein Paar beidseits in der Fußpfette verankerter und unter dem First gekreuzter<br />

Streben gestützt. Diese sind ihrerseits wieder mit den Kehlbalken, die gleichzeitig<br />

die Funktion des Spannriegels oder Bundbalkens ausüben, überblattet und verspannt.<br />

Regelmäßig wechselt ein stärkeres Gebinde mit einem schwächern. Die stärkern sind<br />

gegenseitig über die schwächern hinweg mit doppelten Windstreben, sogenannten<br />

Andreaskreuzen, versteift, besitzen kräftigere Kehl- bzw. Bundbalken, ferner einen<br />

Bodenbalken, der mit dem Kehl- bzw. Bundbalken durch je eine zusätzliche Seitenstrebe<br />

verbunden und zugleich an diesem mittels zweier Hängepfosten in der Mitte<br />

aufgehängt ist. Die schwächern Gebinde weisen dagegen lediglich eine auf dem<br />

Dachboden abgestellte Mittelstütze des Kehl- bzw. Bundbalkens auf.<br />

5. Kirchturm mit ehemaliger Sakristei bzw. späterem Archiv. Ungegliederter, verputzter<br />

Schaft bis zum Gurtgesims des Glockengeschosses in Dachfirsthöhe aus der Zeit um<br />

1417 bzw. 1642. Die 1866 aufgesetzte Glockenstube mit gekuppelten Schallfenstern<br />

im Neurenaissancestil und bekrönt von vier Uhrengiebeln sowie sechseckigem<br />

Spitzhelm (Abb. 291). Anstelle der bestehenden Glockenstube saß bis 1866 auf dem<br />

I GEORG GERMANN, Der protestantische Kirchenbau in der Schweiz, Zürich 1963, S. 46-48. -<br />

Für Urnäsch ist eine «Empor-Kirchen» erstmalsfür das Jahr 1751 in der Frehner-Chronik, S. IOO,<br />

bezeugt.<br />

Abb. 293. Urnäsch. Reformierte Kirche. Das Innere mit der Ausstattung von 1867/68 bis 1941. -<br />

Text 8.303^,305^ und 307f.


e f o r m i e r t e k i r c h e<br />

3 0 7<br />

Abb. 294. Urnäsch. Reformierte Kirche. Glockenförmige Abendmahlskanne aus Zinn, 1728 datiert,<br />

von einem Herisauer ZinngießerHE. - Text S. 308.<br />

alten Schaft ein wimpergloser, sechsseitiger, zu 107 Fuß Höhe aufragender schlanker<br />

Helm, der optisch eine geschlossene Einheit mit dem Kirchendach bildete und aus<br />

diesem herauszuwachsen schien (Abb. 286). Aus dem im Kirchenestrich sichtbaren<br />

Mauerverband zu schließen, scheint die Aufmauerung von 1642 wenig über der<br />

Traufhöhe der Kirche mit kleinern Bollensteinen anzusetzen, die sich von den<br />

blockartigen darunter unterscheiden 1 . Das Erdgeschoß birgt die ehemalige Sakristei,<br />

das spätere Archiv (Baugeschichtliches, S. 303) mit Zugang auf der SW-Flanke vom<br />

Kirchenschiff her. Der stichbogigen Kammer des Eingangs entspricht auf der Nordostseite<br />

gegenüber eine solche des einzigen, ursprünglich rechteckigen Lichtschlitzes<br />

mit gestufter Sohlbank. Der kleine, fast quadratische Raum ist mit gotischem Kreuzgratgewölbe,<br />

das auf spitzbogigen Schildmauern ansetzt, überwölbt. Es wurde aber<br />

zugunsten eines Turmaufstiegs durchbrochen, als der ursprüngliche Turmeingang<br />

im ersten Obergeschoß von der Empore her im Zusammenhang mit der Aufstellung<br />

der Orgel 1941/42 verschlossen wurde.<br />

Ausstattung<br />

Ehemalige. 1. Erst 1602 wurden laut WALSER, S. 575, drei über die Reformation<br />

hinaus beibehaltene Altäre weggeschafft. - 2. Kanzel und mit Kupferkessel ausgei<br />

Im Widerspruchzu dieserAnnahme steht die Nachricht, wonach vondenMaurern der «Thurn<br />

über der alten Maurin die 24 schu ist uff gefüert worden». Diese Höhe liegt gerade ein wenig über<br />

der Dachtraufe. Anderseits ist bis 1866 keine Turmerhöhung mehr bekannt. Und doch reichte der<br />

Turmschaft schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts bis zu Dachfirsthöhe. Siehe Abb. 295.


3 o8 u r n ä s c h<br />

stattetes Taufbecken von 1642, offenbar beide aus Holz, weil von Meister M ICHAEL<br />

KEGEL beschlagen 1 und somit wohl Werke von Tischlermeister HANS HEINRICH<br />

WEHRLI (S. 302, 310), wurden 1867/68 durch klassizistische Werke ersetzt 2 . -<br />

3. Erste Orgel 1878 von Gebr. KLINGLER, Rorschach 3 . (Abb. 293)<br />

Bestehende von 1941/42, abgesehen von einem Teil der Bestuhlung auf der Empore<br />

mit frühbarock profilierten Wangen wohl des 17. Jahrhunderts, womit bis 1941/42<br />

die ganze Kirche ausgestattet war, und abgesehen von der Kanzel von 1867/68, die<br />

1941/42 mit den vier Evangelistensymbolen, Holzreliefs von OTTO MÜNCH, Zürich,<br />

geschmückt wurde 4 . - Orgel nach Disposition vonKARL M ATTHAEI vonO. M ETZLER<br />

& Co, Dietikon 5 .<br />

Abendmahlsgefäße<br />

Ehemalige. 1. Kleiner silberner Kelch mit Deckel, 1617 von Statthalter Ulrich<br />

Mettler gestiftet, bis 1696 einziger Abendmahlsbecher 6 . - 2. Größerer, silbervergoldeter<br />

Kelch mit Deckel, «fasset 3 Schoppen», 1696 von Gemeindehauptmann<br />

Johannes Scheuß und Gemeindeschreiber Gebhard Frehner gestiftet, Deckel von<br />

Kriegshauptmann Alder 7 . - Beide wurden um 1880 oder 1920 durch neue ersetzt.<br />

Vorhandene^. 1. Zwei silberne Kelche, Stempel «H. FRIES». Im Neurokokostil<br />

gepreßt,um 1880. - 2. Kelch, Silber, H. 16 cm. Zeichen «B». Zerbrechliche neugotische<br />

Form. - 3. Zwei Becher, Silber,H. 27,3 cm. Signiert «800 FS», datiert «1920».<br />

Hammerarbeit mit Stifterinschriften. - 4. Vier glockenförmige Weinkannen, Zinn,<br />

H.43 cm. Marke «HE/H». In der Bodenrosette Bär zwischen «I» und «E» eines<br />

vermutlichen HANS bzw. JOHANNES EUGSTER, Herisau 9 . Auf geradrandigem Schild:<br />

«V.R. VR.NESCH 1728» (Abb. 294, Tabelle III, i). - 5. Schale, Zinn, Dm. 21,5 cm,<br />

H. 6 cm. Englischzinnmarke, datiert 1774. Stifterinschrift: «VR 1795 W. Nef. » I0 . - 6.<br />

Kollektenschale, Zinn, Dm. 14 cm, H . 5 cm. Marke «G» = St. Gallen. Meistermarke<br />

unkenntlich. Inschrift: «VR 1795 URNAESGH» 11 .<br />

Glocken<br />

Ehemalige. 1. Geläute vor 1642. a) 1414 existierte laut Glockeninschrift von 1642<br />

mindestens eine Glocke (s. u.). - b) 1521 Guß einer 24 alte Zentner schweren Glocke<br />

1 Tagebuch U. DIETZI, S. 118, 16.Dez. 1642: «Kantzlen und Tauffstein bschlagen.» Ebenda,<br />

S. 132, 20.Mai 1643: «Vom touffkessel uß altemzmachen 1 fl. 12. kr.»<br />

2 Protokoll der Kirchenbau-Commission 1865-1868, S.98, 104, 135, 141.<br />

3 Kirchhöreprotokoll, 23.Sept. 1B77. - PrKV, 5.Febr. bis 4.Sept. 1878. - Protokoll der Orgelkommission,<br />

17.Juli 1877 bis I.Aug. 1878, in; Protokoll der Kirchenbau-Commission.<br />

4 Protokollefür die RenovationderKirche Urnäsch, 21. März 1942.<br />

5 Ebenda, Gesonderte Jahresrechnung. - Orgelgehäuse von Möbelschreiner ULRICH WALT,<br />

Gitlerfüllungenvon OTTO MÜNCH.<br />

6 TANNER-Chronik, S.II. — KüNZLER-Chronik, Rubrik «Kirchengeräthschaften».<br />

7 Ebenda. - TANNER-Chronik, S. 12. — GOTTLIEB BÜCHLER, Geschichte der Familien Scheußim<br />

LandeAppenzell-Außerrhoden, Trogen 1830, S. 21.<br />

8 RITTMEVER u n d STEINMANN, S. 29f.<br />

9 Vgl. BOSSARD I, Nr. 315, II,S. 162 und CARL RUSCH, IGfr14 (1968), S. 16, 3of.<br />

10 KÜNZLER-Chronik, a.a.O.: «zinnere Blattenzum ungesürten..»<br />

11 Ebenda: «zinnerne Schüsselzu OpferElage (Einlage) bei der Kommunion.»


e f o r m i e r t e k i r c h e 309<br />

durch H ANS FÜSSLI, Zürich, die 1562 von PETER VI. FÜSSLI in gleichem Gewicht<br />

umgegossen wurde 1 . In der Feuersbrunst von 1641 schmolzen alle. Das «verbrunnen<br />

Glockenzeug» wog 29,05 Zentner 2 . - 2. Geläute von 1642. Guß von vier Glocken, drei<br />

ganz neuen zu 12,09 bzw. 6,92 bzw. 4,18 Zentner am 17. Mai und einer großen zu<br />

20,8 alte Zentner am 17. August 1642 durch THEODOSIUS ERNST in Lindau, letztere<br />

aus dem «alten Glockenzeug», wovon an «lauter Metall» noch 26,15 alte Zentner<br />

angerechnet wurden 3 . Inschriften der beiden größten sowie die Wappen der ersten,<br />

sind durch eine Zeichnung Jon. ULRICH FITZIS von 1834 4 festgehalten, a) Männerglocke.<br />

In der Mitte: «HER VLRICH DIEZI DER ZEIT STATHALTER». Unten: «1414<br />

ALHIE MEIN ERSTER ANFANG WAR. 164I BIN ICH DVRCH BRVNST VERZERET GAR. 1642<br />

WAR ICH DVRCH FEIR VND KVNST GEFLOSSEN D ER GMEIND VRNESCH ZV EHREN GOSSEN<br />

MEIN MEISTER TEODOSIVS ERNST IN LINDAW IST GOT BEHIET Z V ALLER FRIST». D as<br />

Datum «1642» stand zwischen beiden vom Reichswappen bekrönten appenzellaußerrhodischen<br />

Wappenschilden. Außerdem befand sich das Wappen von Urnäsch,<br />

flankiert vom Alder- und Frehnerwappen darauf. Darunter jenes von Ulrich Dietzi. -<br />

b) Weiberglocke. Oben, in gotischer Minuskel: «theodosius ernst in lindaw hat mich<br />

gegossen», unten: «wan ihr hert lautes getohn, solt fleißig zuer kirchen gon, andechtig<br />

heren gottes wordt, zue ewerm hail hit hie vnd dort.»<br />

Bestehendes Geläute von 1866. Vertrag vom 14. Juni 1866 mit Glockengießer J AKOB<br />

KELLER, Zürich 5 . Vier Glocken mit Antiquainschriften und alle a m Schlagkranz<br />

signiert und datiert: «GEGOSSEN VON IAKOB KELLER IN ZURICH ANNO 1866.» An den<br />

Flanken Sprüche 6 . Tonart: G-E-G-C. Gewicht; 54, 27, 16, 7 alte Zentner 7 . -<br />

1. Dm. 164 cm. Rocaillenfries am Hals, a m Schlagkranz Eichenlaub. - 2. Dm.<br />

130,5 cm. Wellenranke aus Weinlaub am Hals. Eichenlaub am Schlagkranz. -<br />

3. Dm. 100 cm. Wellenranke aus Disteln und Blumen am Hals. - 4. Dm. 60 cm.<br />

Palmettenstab am Hals.<br />

Friedhof und ehemaliges Beinhaus<br />

Bis 1893 lag der Friedhof an der Nordost- und Südostflanke der Kirche (Abb. 286).<br />

Dann wurde er nach Ghronbach verlegt 8 . Die einzige Nachricht über ein Behlhaus<br />

bei der Kirche ist diejenige, daß 1615 die Totengebeine herausgenommen und im<br />

Kirchhof begraben worden seien wie in Herisau, Trogen, Hundwil und Gais 9 .<br />

1 NÜSCHELER, Glocken, S. 51.<br />

2 TagebuchU. DIETZI, S. I, 21, 117.<br />

3 Ebenda, S. 22f., 27-29, 117.- Das S. 117 laut WaagzettelderStadtLindau mitgeteilte Gewicht<br />

wird von der TANNER-Chronik, S. 12, alszugeringin Zweifel gezogen.<br />

4 I m Besitz von Johannes Fisch, alt Lehrer, Wiesendangen. Photokopien in:GdeA Urnäsch,KtB<br />

TrogenundKdmA,<br />

5 Protokoll der Kirchenbau-Commission, S.57-61.<br />

6 Wortlaut ebenda, S. 71 f.<br />

7 Ebenda, S. 57. Ebenda, S. 39f.: neuer Glockenstuhl 1866.<br />

8 TagebuchU. DIETZI, S. 136: Kirchhofmauer 1643. - «Protokollüberden Friedhofbau 1863/64<br />

Urnäsch.» (KGdeA) und Kirchhöreprotokoll, 13.Sept. 1863: Erweiterung. Ebenda, 11.Sept. 1892,<br />

Beschluß aufgrund des Mandatsvom 28. Aug.: Verlegung.<br />

9 WALSER,S. 585.


3 10 u r n ä s c h<br />

EHEMALIGES PFARR- UND RATHAUS<br />

Jetzt Gemeindehaus. Assek.-Nr. 2 (alte Nr. 1).<br />

GESCHICHTLICHES, I. Das erste Pfarrhaus von zirka 1417 stand vermutlich an der<br />

Stelle des spätem Pfarr- und Rat- und jetzigen Gemeindehauses. - 2. 1602 laut<br />

WALSER, S. 575, Errichtung eines Pfarr- und Rathauses durch die Gemeinde, wohl wie<br />

in Herisau mit einem Zuschuß aus dem Landessäckel, da es auch dem Kleinen Rat<br />

hinter der Sitter diente (vgl. S. 6f.). Im Juli 1604 erhielt Landammann Sebastian<br />

Thörig von den eidgenössischen Ständen für ein Fenster in das neue Rathaus zu<br />

Urnäsch 6 Pfund 8 Schilling (E.A., vgl.AJB 1952, S. 49). Im Dorfbrand vom 19. Dezember<br />

1641 wurde der Bau eingeäschert 1 . — 3. 1642/43 Neubau durch Zimmermeister<br />

MICHEL ALTHERR und andere, aucham Kirchenbau beteiligte Handwerker,<br />

besonders Meister HANS HEINRICH WEHRLI, Tischmacher von Sirnach, der mit<br />

seinem Gesellen ULRICH SCHMID und dem Gehilfen DIETHELM WEHRLI auch zur<br />

Ausstattung mit « 3 himlet betstaten, 2 tisch, buffet und sonst» beitrug 2 . Den Ofen<br />

mit Ofensteinen aus der Grub schuf Meister KONRAD NEUWILER 3 . - 4. 1881 Umbau<br />

1 Tagebuch U . DIETZI, S.I.<br />

2 TagebuchU. DIETZI, S. 16-147 (g.Febr. 1642 bis 15.Jan. 1644) allenthalben: MeisterM. ALT­<br />

HERR (S. 27,29);MeisterHS.HRCH.WEHRLI (S.26,31, 132, 1 42, 1 46); MeisterHANSHOFER,Maurer<br />

des «Bogen» (S. 132); MeisterA. SGHEIDLI, Maurer, mit andern aus dem Lechtal (S. 142); KASPAR<br />

BUSCHOR, Schlosser aus Götzis, macht «2 schloß und bhenck an die Stuben thüren» und «1 schloß<br />

an die hausthür» (S. 130); Meister MICHEL KEGEL, Schmied (S. 138, I46F.): Zwei Eisengitter u.a.;<br />

Meister ULR. FREHNER, Dachdecker; Schindelschirm (S. 134) und zusammen mit MeisterH. LANGEN­<br />

AUER Dach gedeckt (S. 144); Meister BARTHOLOME TENTZEL, Maler (S. 144). Vgl. die z.T. gleichen<br />

Namen bei Kirchen-undTurmbau.<br />

3 Tagebuch U . DIETZI,S.142.<br />

Abb. 295. Urnäsch. ReformierteKirche, ehemaliges Pfarr-undRathaus (heute Gemeindehaus,Nr. 2)<br />

inder Gestalt bis 1866 bzw. 1881 und GasthauszurKrone (Nr. 4, links) von Nordosten. Federaquarell<br />

von Jean Künzler, 1821. Privatbesitz Urnäsch. - Text S. 296, 3o6f., 3iof.und 316.


e h e m a l i g e s p f a r r -<br />

u n d r a t h a u s<br />

Abb. 296. Urnäsch. Westecke des Dorfplatzesmitden HäusernNrn. 82 (Zum alten Bären) rechts und<br />

162 in früherem Zustand u nd mit dem klassizistischen Dorfbrunnen der i8goer J ahre bis 1928.<br />

Photographie von 1927. - Text S. 296, 3i2f. und 3i5f.<br />

und Erhöhungum ein drittes Vollgeschoß zu bestehendem Bau mit Walmdach nach<br />

Plänen von Zimmermeister KONRAD (?) F REHNER 1 . 1950 Renovation des Ratssaales 2 .<br />

- 5. 1958 Bau eines neuen Pfarrhauses an der Ostecke der Kirche 3 . Seither dient das<br />

ehemalige ausschließlich als Gemeindehaus. Letzte Renovation 1960/61 4 .<br />

BESCHREIBUNG, I . ^ustand vor 1881 (Abb. 295). An der Nordostflanke des damaligen<br />

Friedhofgeländes gelegen und im Stil eines einheimischen Holzhauses ausgeführt, richtete<br />

der gestrickte Bau die getäferte Fassade und den Giebel des schwach geneigten<br />

Satteldaches wie die Kirche nordostwärts 5 . Über den zwei Vollgeschossen, wovon<br />

das obere den 28 Fuß langen und 18 Fuß tiefen Ratssaal barg, lagen zwei Firstkammern<br />

übereinander 6 . Im 18. Jahrhundert war die Fassade zudem mit Klebedächern<br />

geschützt 7 . - 2. Jetzige Gestalt von 1881. Spätklassizistisch mit drei Vollgeschossen,<br />

1 Protokoll d er Baukommission (in: Protokoll der Straßenkommission), 19. und 30.Dez. 1880,<br />

24. Märzund 26.Mai 1881.<br />

2 Jahresrechnung Urnäsch 1950, S. 19.<br />

3 Urnenabstimmung, 5./6. Okt. 1957. Jahresrechnung Urnäsch 1958.<br />

4 Ebenda, 1961. Erhöhung des ersten Obergeschosses. 5 Photographie vonNNO, um 1880.<br />

6 Laut Protokoll der Baukommission, 30. Dez. 1880 und 24. März 1881. Neuer Saal erhält 26Fuß<br />

Längeund 18 Fuß Tiefe.In d er Südeckedes dritten Obergeschosses gelegen, entfallenaufihn vierder<br />

sechs nordöstlichen und zwei der südöstlichen Fensterachsen.<br />

7 KÜNZLER-Chronik: Anläßlich von Renovationen von 1786, 1787 oder 1788 fielen «Vordächer»<br />

über den Fenstern weg, weitere Fenster wurdenander Front angebracht und diese getäfert.


312 u r n ä s c h<br />

wovon das oberste in der Ostecke den 1950 neugestalteten Ratssaal birgt, mit Walmdach<br />

und sechs regelmäßigen Fensterachsen an der Nordostfront. Modernisierung<br />

1960/61.<br />

Gemälde im Ratssaal. 1. Zur Urnäscher Fahne mit Bär und Apostel Philippus, um<br />

1400, siehe S. 297 f. - 2. Vier Landammannporträts, Öl auf Leinwand: a) Sebastian Thörig<br />

(1557-!611). 74X54,5 cm, signiert und datiert: «gemalt von J. J. Alder 1856».<br />

Etwas derbe Kopie eines verlorenen Originals. - Desgleichen b) Ulrich Schmid<br />

(1626-1683). 74 X 55 cm, signiert: «vonJ. J. Alder gemalt».Um 1856. - c) Johannes<br />

Schmid (1758-1822). 84x66 cm, signiert und datiert: «J. Brunschweiler Pinxit<br />

1804». Links vom Kopf Wahlspruch. Rechts durch Schmid-Wappen getrennt:<br />

«AETAT: - 46». Darunter in Fraktur: «Hr. Johannes Schmid Landamman. Erwählt<br />

den 27. Merz 1803.» Erste Originalfassung, wovon sich je eine signierte und 1806<br />

datierte Originaldublette im Obergerichtssaal zu Trogen und im Kantonsratssaal zu<br />

Herisau befindet (S. 115). - d) Joseph Frenner (1815-1876). 80 x 70 cm. Gemälde<br />

von LEOHNARD TANNER, St. Gallen, wie die entsprechenden Originaldubletten in<br />

Herisau und Trogen (S. 115) 1 . Posthume biographische Aufschriften. - 3. Urnäsch<br />

im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts, Federaquarell, 26 X 45,3 cm (Blatt = Bild),<br />

von Jon. ULRICH FITZI. Neu betitelt: «URNAESCHEN».<br />

Im Gemeindearchiv zwei Bruchstücke eines Psalteriums iuxta Hebraeos, 10. Jahrhundert<br />

(Abb. 287). Pergament. Jedes Bruchstück, zirka 21,7 X 36,5 cm bzw. 22 X 20 cm,<br />

besteht seinerseits aus zwei unvollständigen, beidseits beschriebenen Folien mit folgenden<br />

Psalmstellen: Ps. 34, 6-25. Ps. 40, 7-14; 41, 1-10; 67, 6-17.22-31.34-36;<br />

68, 1-7.10-21. Die Anfangsworte der Psalmen sind in spätkarolingischer Buchmajuskel,<br />

der übrige Text in entsprechender Minuskel, der jeweilige Anfangsbuchstabe<br />

mit roter Tinte, die übrigen Buchstaben mit schwarzbrauner Tinte geschrieben.<br />

Entstehung um 900 oder wahrscheinlicher im 10. Jahrhundert in der Schreibschule<br />

des Klosters St.Gallen 2 , möglicherweise nach der entsprechenden Vorlage des um<br />

850 geschriebenen Psalteriums Abt Hartmuts (Stiftsbibliothek, Codex 19) 3 . Die<br />

Fragmente wurden 1963 als Fütterung einer Postbotentasche im Gemeindearchiv<br />

Urnäsch entdeckt 4 .<br />

DORFPLATZ<br />

GESCHICHTLICHES. Wahrscheinlich entstand er im 15./16. Jahrhundert im Anschluß<br />

an den Kirchenbau. - Im Dorfbrand vom 19. Dezember 1641 waren laut Tagebuch<br />

des Augenzeugen Landesstatthalter ULRICH DIETZI nur zwölf (nicht siebzehn)<br />

Häuser eingeäschert worden 5. Trotz namentlicher Aufzählung der Feuergeschädigten<br />

1 EUGEN STEINMANN, Die Porträtgalerie der Landammänner in Herisau und Trogen,AJB 1969,<br />

S. 53 (Nr. 2), S. 58f. ( Nr. 11), S. Ggf. (Nr. 32), S. 72 (Nr. 42). - Alle vier Porträts wurden 1949 durch<br />

HENRI BOISSONNAS, Zürich, restauriert laut Rätenprotokoll, Bd. 28, 5. Okt. 1949.<br />

2 Laut Prof. Dr. Bernhard Bischoff, München, in einem Gutachten von 1963 (im GdeA).<br />

3 LautDr. P. Bonifatius Fischer, Beuron,in einem Gutachten von 1963 (im GdeA).<br />

4 Durch MARKUS MOSER, Verfasservon «Das St.Galler Postwesen». Bd. II. Geschichte der stadtsanktgallischen<br />

Post. I. Teil, Bern 1957.<br />

5 TagebuchU. DIETZI, S. I. - Abweichend davon FREHNER-Chronik, S. 2, und neuere Literatur<br />

seit SCHÄFER, Materialien 1812, S. 155.


dorfplatz 313<br />

und der Wirtshäuser zum Adler, zum Löwen und zum Rößli läßt sich der Standort<br />

der wenigsten ermitteln. Der Brand war in einer Schmiede oder einem daneben<br />

stehenden Haus des Unterdorfes ausgebrochen und hatte den benachbarten «Löwen»<br />

(Assek.-Nr. 69) mitzerstört. Jedenfalls griff das Feuer offenbar unter Föhneinfluß auf<br />

Kirchendach und Turmhelm und von dort auf das nordostseits gelegene Pfarr- und<br />

Rathaus über, das ähnlich wie in Herisau (S. 123) abseits vom Platz steht. Dank wirksamen<br />

Eingreifens eine Stunde nach Brandausbruch morgens vier Uhr blieben<br />

«beder Seit.. Häuser for der brunst erhalten» 1 . Dazu gehörten nach einer Dorfüberlieferung<br />

die jetzigen Gasthäuser zum alten Bären und zur Harmonie (Assek.-<br />

Nrn. 82 und 83). Der Wiederaufbau, der, sofern Holz zur Verfügung stand, im<br />

Februar in vollem Gang war 2 , dürfte sich weitgehend der alten Fundamenteum den<br />

gemeindeeigenen Platz ohne dessen Veränderung bedient haben, zumal auf Bestehendes<br />

wie Kirche (8.302) und verschriebenes Bodenrecht Rücksicht genommen werden<br />

mußte. - Hier «längs den Häusern auf dem geräumigen Marktplatz» wurden<br />

von jeher Chilbi und Jahrmärkte abgehalten 3 . Letzte Außenrenovation der Häuser<br />

Nrn. 76-82 mit aufeinander abgestimmter, lebhafter Bemalung 1968/69 durch<br />

ADALBERT FÄSSLER, Appenzell 4 .<br />

BESCHREIBUNG, I . Gesamtbild und Allgemeines (Abb. 289, 297, 298). Das nordostwärts<br />

gerichtete, in die Länge gezogene unregelmäßige Viereck ist allseits von Gebäuden<br />

umschlossen: auf der südöstlichen Längsseite von Kirche und Friedhof; gegenüber<br />

von acht eng aufgeschlossenen, teilweise zusammengebauten Häusern; an der nordöstlichen<br />

Schmalseite von einem Einzelhaus, der «Taube», die zwischen der Landstraße<br />

nach Waldstattund einer schmalen Gasse steht; auf der südwestlichen Schmalseite<br />

von zwei Häusern in der Vergabelung der altenund der neuen Landstraße. Das<br />

hier zur alten Straße ins Unterdorf abfallende Gelände zwischen diesen zwei Häusern<br />

und der Kirche wird an seiner Südostseite durch ein weiteres Haus, dasum Kirchenbreite<br />

zurückversetzt ist, gesäumt und so in den Platz einbezogen. Die getäferten<br />

Fassaden der mit Ausnahme von Nr. 162 gestrickten Holzhäuser des 17./18. Jahrhunderts<br />

sind mit ihren mannigfaltigen Dach- und Giebelformen dem Platz zugekehrt<br />

und lassen ihre lebhaften, aufeinander abgestimmten Farben spielen. Schwächer und<br />

stärker geneigte schlichte Giebel sind in der Mehrzahl. Ursprünglich giebellose,<br />

traufständige Satteldächer erhielten mit der Zeit einen kleinen Quergiebel, wie am<br />

Nebenhaus des «Ochsen», oder einen breiten und gestelzten in der Bauart des<br />

19. Jahrhunderts wie am «Engel» (Assek.-Nr. 81). Das barocke Mansardgiebeldach<br />

an der Drogerie (Assek.-Nr. 77) zeugt von einem Um- oder Neubau in der zweiten<br />

Hälfte des 18. Jahrhunderts, und das einzige Haus, das sich mit schwach geneigtem<br />

Walmdach und regelmäßigen Einzelfenstern an geschindelter Fassade nur mühsam<br />

ins Gesamtbild fügt, von einem solchen des 19. Jahrhunderts. Alle übrigen Häuser<br />

sind durch die üblichen Reihenfenster und manche durch darüber hinlaufende<br />

schmale Klebedächer horizontal betont. In den Parterres begegnen häufig Umbauten<br />

des 20. Jahrhunderts. Bei der nordwestlichen Längsreihe führt vom Platz her jeweils<br />

1 TagebuchU. DIETZI, S. I f. - Verzeichnis der Feuer- & Brandunglücke, a.a.O., 2. Teil, S. 3f.<br />

2 TagebuchU. DIETZI, S. 18, 20.<br />

3 SCHÄFER, Materialien 1812, S. 165. - Siehe auch wirtschaftliche Verhältnisse!<br />

4 Vgl. AZ, 26.Jan. igG8, go. Jg., Nr. 8; Mitwirkung des Heimatschutzes.


314 URNÄSCH<br />

illlli ilfr<br />

•i HK'l'i'l M'l 1 !'!'-!' I'l'l I<br />

Abb. 297. Urnäsch. Der langgezogene Dorfplatz, 1972, von Südwesten mitdennachdem Dorfbrand<br />

von 1641 i n Strickkonstruktion erbauten Holzhäusern und mit dem Dorfbrunnenvon 1938. - Text<br />

S. 312-316.<br />

ein ebenerdiger Zugang zu den in denHang eingelassenen Kellern. - Gegen die Südecke<br />

des Platzes gerückt steht in der Verzweigung der alten und neuen Straße der<br />

neubarocke Dorf brunnen von 1928. Er besteht wie sein klassizistischer Vorgänger aus<br />

den 1890er Jahren aus zwei Trögen, die entsprechend dem Niveauunterschied<br />

zwischen Platz und Unterdorfstraße zueinander stufenförmig und voneinander<br />

abgewendet angeordnet sind. Beim Vorgänger waren beide Brunnen mit ihren<br />

Säulen gleichmäßig südostwärts gerichtet (Abb. 296, 297).<br />

2. Die einzelnen Häuser 1 . Taube, Nr. 74.A m 3. Mai 1747 wird sie im Zusammenhang<br />

mit dem «Daubenwirth» erwähnt, den die Kirchhöri als einen der «unlandlichen»<br />

Vorsteher absetzte 2 . Bau mit schwach geneigtem Satteldach und symmetrischer<br />

Einteilung der Reihenfenster in den drei obersten von insgesamt fünf Geschossen<br />

jedoch wohl von 1642/43 (Abb. 297). - Nr. 75. Ist mit Nr. 76 zusammengebaut und<br />

hinter der «Taube» halb versteckt (Abb. 297). Charaktervoller fünfgeschossiger Bau,<br />

dessen steiles Satteldach im Vergleich zu den übrigen Dächern dieser Häuserreihe<br />

stark herabgeschleppt ist. - Nr. 77. A m Balkon der Rückseite neugotisches Eisengeländer,<br />

um 1840-1850. - Gasthaus zum Ochsen, Nr. 79. Es besteht aus zwei zusammengebauten,<br />

ursprünglich selbständigen Häusern, dem fünfgeschossigen Hauptgebäude<br />

unter giebelständigem, steilem Satteldach und einem viergeschossigen<br />

1 Anstelle der alten Hausnummern sind immer die Assekuranznummern angegeben.<br />

2 FREHNER-Chronik, S. 77.


dorfplatz<br />

S'S<br />

Abb.298. Urnäsch. Der langgezogene Dorfplatz, 1972, von Osten mit den Häusern Nrn.82 und 162<br />

in der Westecke (vgl. Abb.296). Verkleidung der Fassaden mit gestemmtem Täfer, wohl ^ .Jahrhundert.<br />

- Text S. 312-316.<br />

Nebengebäude unter schwach geneigtem, traufständigem Satteldach mit kleinem<br />

Quergiebel. Auch die Fensterreihen liegen in unterschiedlicher Höhe. Beide Häuser<br />

sind zusammengeschlossen mit den kleinern Nachbarbauten Nrn. 78 und 81 (Restaurant<br />

«Engel», Abb. 298). Im Hauptgebäude tonnengewölbter Keller mit stichbogigem<br />

Eingang, wohl 17. Jahrhundert.Im Parterre bemalte Diehle mit barocken,<br />

in rötlichen Tönen bemalten Ranken, 18. Jahrhundert. Wirtshausschild mit Rokokodekor<br />

neu. - Zßm alten Bären, Nr. 82. Fünfgeschossig mit verziertem Täfer von zirka<br />

1820-1830. Dieses ist in beiden Vollgeschossen durch kolossale Eckpilaster, außerdem<br />

geschoßweise durch Lisenen gegliedert. Auf beiden Architektursymbolen als Zierauflagen<br />

Rauten im Wechsel mit Diamantbuckeln, auf den Lisenen zudem Pfeifen.<br />

Am rückwärtigen Hauseingang radial genutete Nußbaumtüre um 1780-1790.<br />

Darüber ein teilweise verdecktes Baudatum des beginnenden 19. Jahrhunderts.<br />

Gestalt des gequaderten Parterres von zirka 1927. Früherer Zustand auf Gemälde<br />

des JOHANNES MÜLLER von Stein, 1880 1 , und auf alter Photographie (Abb. 296). -<br />

Nr. 162. Ehemals zum alten Schäfli. Das Haus begrenzt mit Nr. 160, mit dem es<br />

zusammengebaut ist, die südwestliche Schmalseite des Platzes. Im Zustand von 1880<br />

mit den Nrn. 82, 160 und dem damaligen Dorfbrunnen auf einem Gemälde des<br />

JOHANNES M ÜLLER von Stein 2 . Einziger Ständerbau am Platz.Am Dachstuhl gefaste<br />

1 Bilddokument 11. Außerdem alte Photographie des Hausbesitzers, Bilddokument i sf.<br />

2 Bilddokument 11.


3 l 6 u r n ä s g h<br />

Büge. Die drei obersten von insgesamt fünf Geschossen zeigen symmetrische Einteilung<br />

der Reihenfenster, das erste Obergeschoß eine durchlaufende Reihe, an der die<br />

asymmetrische Raumeinteilung nur an einer stärkern Fensterwandung zum Ausdruck<br />

kommt. Vermutlich Bau von 1642/43 1 . - Nr. 164 (Unterdorf). Ehemals «zur<br />

Traube». Das Haus schließt die südöstliche Erweiterung des Platzes zwischen Kirche<br />

und Nr. 162 gegen die Urnäsch. Fünfgeschossiges Gebäude mit giebelständigem<br />

Satteldach und traufständigem Anbau gegen die Kirche. Gliederung des Fronttäfers<br />

durch kolossale Eckpilaster und geschoßweise durch weitere Pilaster. Asymmetrische<br />

Fenstereinteilung. Auf der linken Seite spätklassizistischer Hauseingang mit rundbogigem<br />

Oberlicht und rechteckigen Flurfensterchen um, 1840/1850. Einfacher<br />

barocker Lampenarm rechts an der Fassade. Im Innern kreuzgewölbter Keller mit<br />

rundbogigem Eingang, der aus älterer Bollensteinmauer herausgebrochen ist.<br />

WEITEREBÜRGERHÄUSERDESDORFBEZIRKS<br />

Krone, Nr. 4. Fünfgeschossiger, über gemauertem Erdgeschoß gestrickter Bau mit<br />

symmetrischem, eher schwach geneigtem Giebeldach des 17./18. Jahrhunderts, der<br />

durch Modernisierung von Fenstern und Türen jedoch im Charakter verändert<br />

worden, in früherem Zustand mit Klebedächern aufFederaquarell vonJEAN KÜNZLER<br />

1816 dargestellt ist 2 . Im Innern schöner tonnengewölbter Keller wohl des 17.Jahrhunderts<br />

mit korbbogigem Türgewände aus Sandstein. Zu beiden Seiten der nordsüdwärts<br />

gerichteten Tonne je zwei rechteckige Fenster in stichbogigen Kammern,<br />

die sich nochmals zu einer hyperbolischen weiten. An der Südwand ein hochrechteckiges<br />

Fenster mit nur einfacher stichbogiger Kammer. - Nr. 3g (Gasse). Stattlicher<br />

fünfgeschossiger, über gemauertem Erdgeschoß gestrickter Bau mit giebelständigem<br />

Satteldach und traufständigem Anbau an der Südwestseite. Gliederung des Fronttäfers<br />

an den beiden Vollgeschossen durch drei korinthische, diese verklammernde<br />

Pilaster (Kolossalordnung). - Nr. 70. Schlichtes, jedoch gut erhaltenes Giebelhaus<br />

mit symmetrischem, schwach geneigtem Satteldach. - Nr. yi. Auf Strickbalken in<br />

vermutlich nicht ursprünglicher Lage des Estrichs groß eingeschnitzte Jahreszahl<br />

«1598» und «M»(eister..). Der Bau umfaßt über dem gemauerten Erdgeschoß zwei<br />

gestrickte Vollgeschosse mit unsymmetrisch angeordneten Reihenfenstern unter<br />

traufständigem Satteldach, dem wohl zu Beginn des ig. Jahrhunderts der gestelzte<br />

Quergiebel mit Reihenfenstern aufgesetzt wurde. - Harmonie, Nr. 83. In der gleichen<br />

Flucht mit dem alten Bären (Nr. 82) a m südwestlichen Dorfausgang nach Mettlen<br />

gelegener fünfgeschossiger und an der Front getäferter Giebelbau herkömmlicher<br />

Art. - Oberdorf-. Hirschen, Nr. 84. Fünfgeschossiger Giebelbau mit traufständigen<br />

Anbauten zu beiden Seiten unter Kreuzfirst. Diese, der spätklassizistische Hauseingang<br />

mit Pilastern und die Täferung der Fassade mit kolossalen Ecklisenen, gehen<br />

auf einen Umbau der ersten Hälfte 19. Jahrhundert zurück. - Nr. 87. Fünfgeschossiges,<br />

an der Front getäfertes Fabrikantenhaus mit gequadertem Sockel. Dem herkömmlichen<br />

Giebelhaus ist ein kurzer älterer Anbau auf der Südwest- und ein lang-<br />

1 Laut Besitzer befindet sichim Giebel unter dem Täfer das Baudatum, das sein Vater bei einer<br />

frühern Renovation feststellte; dasselbe ist aber nicht mehr erinnerlich.<br />

2 Bilddokument 2 (Abb. 295).


ürger- und bauernhäuser S 1 ?<br />

gezogenes Sticklokal aus der zweiten Hälfte des 19. oder vom Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

aufder Nordwestseite angefügt,welche Anbauten mit demWohnhaus einen Kreuzfirst<br />

bilden. - jVr. 8g mit traufständigem Satteldach und gestelztem Quergiebel des<br />

19. Jahrhunderts über drei ältern Vollgeschossen und Nr. go mit steilem giebelständigem<br />

Satteldach über fünf Geschossen stehen mit Nr. 87 in einer Flucht und<br />

parallel zur Längsreihe des Dorfplatzes. - Nr. 9^. Zusammen mit Nr. 95 ein Häuserpaar<br />

weiter obenam Hang hinter Nrn. 87-91 und parallel zu diesen.-Fabrikantenhaus.<br />

Fünfgeschossiger, über gemauertem Erdgeschoß gestrickter Giebelbau herkömmlicher<br />

Art mit alten traufständigen Anbauten zu beiden Seiten, die nur zwei bzw. drei<br />

Fensterachsen aufweisen. Am nordostseitigen Flügel zusätzlicher Anbau unter niedrigerem<br />

First, mit Fensterrahmen und Pilastern im Neurenaissancestil, aus dem letzten<br />

Viertel des 19. oder Anfang des 20. Jahrhunderts. Am Hauptgebäude des 17./18. Jahrhunderts<br />

barock profilierte Pfettenköpfe und radial genutete Haustüre. - Nr. gj.<br />

An der Südwestflanke vonNr. 94 allein stehender, viergeschossiger, über gemauertem<br />

Erdgeschoß gestrickter Bau wohl des 17. Jahrhunderts mit symmetrischem, schwach<br />

geneigtem Satteldach in Giebelstellung und mit asymmetrischer Anordnung der<br />

Reihenfenster. Gestemmtes Fronttäfer, 19. Jahrhundert. - Nr. 125 (in der Mettlen).<br />

Fünfgeschossiger Giebelbau mit Webkeller und ostseitigem Anbau unter dem herabgeschleppten,<br />

ursprünglich symmetrischen Satteldach. Fensterreihen asymmetrisch.<br />

Fronttäfer 19./20. Jahrhundert. Ost- und nordseits blieb der Schindelschirm erhalten.<br />

B Ü R G E R - U N D B A U E R N H Ä U S E R D E R A U S S E N B E Z I R K E<br />

In alphabetischer Reihenfolge: Bad. Koord. 739065/241575. Weherhäuslein<br />

(«Weberhöckli»), Nr. 565. Kleines Giebelhaus, das über dem Webkeller nur ein<br />

Voll- und ein Dachkammergeschoß in Strickkonstruktion umfaßt. Das ursprünglich<br />

symmetrische Giebeldach ist südwestwärts über einem schmalen Erweiterungsbau herabgeschleppt.<br />

Front mit sonnengebräuntem Täfer des 19. Jahrhunderts. Übrige<br />

Seiten mit Leistenbretterschirm. - Bindli. Koord. 738510/241300. Weberhäuslein,<br />

Nr. 507. Mit giebelständigem Tätschdach. 16./17. Jahrhundert(?). Uber Webkeller<br />

zwei volle gestrickte Wohngeschosse, dafürnur ganz niedriger Dachraum mit Firstfensterchen.<br />

Aus späterer Zeit südwestseitiger Anbau unter herabgeschlepptem Dach<br />

und Erweiterung des ursprünglich nur wenig tiefen Baus in der Flucht des Firstes<br />

rückwärts nachNW zur Gewinnung eines Werkraums, beides in Riegelkonstruktion.<br />

-Bauernhaus, Nr. 632 (Abb. 299, 300). Außerordentlich schöner und gut erhaltener,<br />

über gemauertem Webkeller gestrickter Bau von fünf Geschossen mit steilem, symmetrischem<br />

Satteldach in Giebelstellung und mit nordostseits unter niedrigerem First<br />

angebautem traufständigem Stadel. Asymmetrische Anordnung der Reihenfenster<br />

(3+5/2+4/6/2). Die zwei Vollgeschosse sind getäfert, die beiden «Fensterwagen»<br />

der Dachgeschosse mit groteskenhaft verzierten, gesägten Steckbrettern (seitliche<br />

Zierbretter mit Vogelmotiv) in verspätetem Renaissancestil und mit Brusttäfer<br />

ausgestattet. Dieses selbst ist an den untern Fenstern durch Blendarkaden, an den<br />

obern durch rautenförmige Auflagen ornamental belebt. Pfettenköpfe und Flugdreiecke<br />

enden in barock bewegten Wellenprofilen. An der nordwestlichen Rückseite<br />

des Wohnhauses ist der Schindelschirm, über beiden Gebäuden noch das<br />

Schindeldach erhalten. Die Entstehung im 18. Jahrhundert ist aufgrund vergleich-


gis<br />

urnäsch<br />

barer, datierter Bauernhäuser wahrscheinlich 1 . Im Innern noch ursprüngliche<br />

Türgerichte mit barock gefasten Pfosten, ferner gemalter, eintüriger Schrank mit<br />

Seitenschubladen, im Fries bezeichnet; «18 M. Hs. Conrad Altherr Anna Barbara<br />

Nef. 21.» - Ebni. Koord. 736650/241650. Bauernhaus, Nr. 696. Bau herkömmlicher<br />

Art, doch gut erhalten mit vollständigem Schindeldach und -schirm, ferner<br />

mit Abwürfen und geschweiften Seitenbrettern an den Fenstern der nordwestlichen<br />

Rückfront. - Eggli. Koord. 738050/242635. Bauernhaus, Nr. 843. Bau mit<br />

giebelständigem Tätschdach und in gleicher Giebelflucht dahinter errichtetem<br />

i Das «1755» datierte Bauernhaus Nr. 1017 in Zürchersmühle, das «1748» datierte Nr. 657,<br />

am Stein, vor allem das 1737 datierte BauernhausNr. 487 in VorderAu, Schwellbrunn.<br />

—<br />

0<br />

5<br />

Abb. 299. Urnäsch. Bindli, Nr.632. Bauernhaus. Aufriß der Fassade, Maßstab 1:zirka 80. Besonders<br />

für das 18. Jahrhundert charakteristische Gestaltung einer Fassade mit gestemmtem Täfer an den<br />

untern Wohngeschossen, mit Brusttäferund seitlichen Zierbrettern («Steckbrettern») auf der bloßen<br />

Strickwand des Giebelfeldesund mit Flugsparrendreiecken (vgl. Abb.300). - Text S.3i7f.


ürger- und bauernhäuser<br />

Abb.300. Urnäsch. Bindli, Nr.632. Bauernhaus (vgl. Abb.299).Vonder bloßen Strickwand des Giebelfeldes<br />

heben sich Brusttäfer mit Blendarkaden bzw. Rautenverzierungund seitliche Zierbretter mit<br />

renaissanceartigen Verzierungen dekorativ ab. Ähnliche Stilverspätung wieam 1737 datierten Bauernhaus<br />

Vorder Au, Schwellbrunn (Abb.255 und 256). - Text 8.317^<br />

Stadel, der durch einen spätem (?) Zwischentrakt mit dem Wohnhaus vereinigt ist.<br />

Dieses umfaßt zwei volle gestrickte Wohngeschosse über Webkeller und niedrigen<br />

Dachraum nebst einem Erweiterungsbau unter herabgeschlepptem Dach auf der<br />

Westseite. Ostseits zusätzlicher Stadel. - Eggrüti. Koord. 737585/241585. Bauernhaus,<br />

Nr. 674. Ehemals Wirtschaftam alten Weg nach Schönau. Auf einen Strickbalken<br />

des Giebelfeldes aufgemalt eine Zweipasskartusche mit dem Baudatum «1708» und<br />

den Initialen « BM ISF» 1 , wahrscheinlich des Bauherrn, der wie andernorts als<br />

«Baumeister» bezeichnet wurde. An der Unterseite der Firstpfette von kleinem Kreis<br />

begleitetes kursives «f» (Meisterzeichen?). Von der einst mit Brusttäfer und Steckbrettern<br />

reich belebten Fassade über dem Täfer der Vollgeschosse zeugt nur noch<br />

das Fragment eines renaissancemäßig geschweiften Steckbrettes an einem der<br />

«Fensterwagen».An der nordwestlichen Rückseite sind Schindelschirm und Abwürfe<br />

der Fenster, im Innern Türgerichte mit in Zierblättern endenden Fasprofilen und<br />

Rutenkamin erhalten. - Fetzer Ii oder Fetzeren. Koord. 736265/240770. Tätschdachhaus<br />

in Traufstellung, Nr. 719. An einem Nordwesthang gelegenes und nordwestwärts<br />

gerichtetes Bauernhaus. Unter gemeinsamem Dach schmaler zweigeschossiger Wohntrakt<br />

mit oben drei, unten zwei gekuppelten Fenstern und dreimal längerer Stadel.<br />

Zur Hauptsache in Strick-, die Südost- und Nordostflanke jedoch in Riegelkonstruktion.<br />

Verkleidung teils mit Schindeln, teils, an der Südostflanke, mit Leistenbretteri<br />

Baumeister Joseph Frehner?


320 urnäsch<br />

schirm. - Gasse. Koord. 739750/242725. Bauernhaus, Nr. 1068. Fünfgeschossiger, über<br />

ehemaligem Webkeller gestrickter Bau mit schwach geneigtem, symmetrischem Satteldach<br />

in Giebelstellung und südwestseits in Traufstellung angebautem Stadel. - Grueb.<br />

Koord. 739075/243125. ^weifnntiges Tälschdachhaus in Traufstellung, Nr. 383. Seltenes<br />

Beispiel dieser Art 1 . - Hinteregg. Koord. 739335/241950. Nr. 283. Einst stattliches,<br />

jetzt verwahrlostes Wohnhaus Meister Hans Ulrich Knoepfels, der 1807 die gedeckte<br />

Hintereggbrücke (S. 327) erbauen ließ. Der fünfgeschossige, über dem Webkeller<br />

gestrickte Giebelbau ist über den drei untern Fensterreihen (2 + 6 -fTüre mit<br />

Flurfenster/2+4 + 2/5) mit stark ausladenden, verschalten Klebedächern ausgestattet.<br />

Darüber gekuppelte Estrichfenster. In der Hohlkehle des obersten Klebedachs<br />

eine verblaßte, auf H.U. Knoepfel bezogene Frakturinschrift von 1790, die<br />

samt Sprüchen bei SCHLATTER, S. 23 wiedergegeben ist. - Hinterför. Koord. 739080/<br />

243850. Bauernhaus, Nr. 980. Mit giebelständigem Tätschdach der Hanglage entsprechend<br />

nordwestwärts gerichtet. Von dieser ungewöhnlichen Stellung erhielt es<br />

offenbar den Namen. Es besitzt über dem Webkeller zwei Vollgeschosse und eine<br />

Firstkammer. Der Stadel ist südwestseits in Traufstellung angebaut. - Letz. Koord.<br />

735460/241025. Nr. 75/. Haus des 17. Jahrhunderts, dessen Baudatum «16..» laut<br />

Besitzer unter dem Schindelschirm auf einem Balken eingeschnitzt ist. - Mittlerer<br />

Roßfall. Koord. 739275/238800. Bauernhaus im Schneggengaden, Nr. 411. An der<br />

Firstpfette des Gadens chronikartige «Ano 1800» datierte Frakturinschrift in einer<br />

Zeile, die anläßlich eines Umbaus durch «BauMeister Hs. Jakob Reichsteiner<br />

WerkMeister» und seine Gehilfen «m SH IV ST CSH» angebracht worden ist 2 . -<br />

Schönau. Koord. 737 120/241 600. Ehemaliges Schulhaus, Nr. 685. Bis zum Bau des neuen<br />

Schulhauses Nr. 678 im Jahre 1890/91 3 diente der gut erhaltene Strickbau im Stil<br />

eines einheimischen Wohngiebelhauses als Schulhaus dieses Bezirks. Im Webkeller<br />

lernten die Schüler weben. An der nordwestlichen Rückseite Schindelschirm, Abwürfe<br />

und geschweifte Seitenbretter. - Schwantelen. Koord. 738815/240600. Tätschdachhaus<br />

in Traufstellung, Nr. 369. Über Webkeller zweigeschossiger gestrickter Wohnbau<br />

mit symmetrischer Anlage der Fenster (2+2+2) im Obergeschoß und, infolge<br />

der Haustüre zur linken Seite, asymmetrischer (4 + 2) im Erdgeschoß. Bauart des<br />

16. Jahrhunderts. Täferung der Front 19. Jahrhundert. - Am Stein, unterhalb Büel.<br />

Koord. 738425/241525. Bauernhaus, Nr. 657. Auf der Strickwand des Giebelfeldes<br />

Baudatum «1748» und Inschrift des Besitzers und Bauherrs «Baumäster Hans<br />

conrath Erber / Ana Cathrina Reuthegger» samt der am Bau beteiligten Meister<br />

und ihrer Gesellen «MHf.MHi.Hvs.Hi.üf.Hvi» 4 . Fünfgeschossiges, über ehemaligem<br />

Webkeller gestricktes, an der südostwärts gerichteten Front teilweise getäfertes<br />

Wohngiebelhaus mit südwestseits in Traufstellung angebautem, vorspringendem<br />

Stadel. Schindeldach. An der Rückseite des Wohnhauses Schindelschirm. Fensterreihen<br />

asymmetrisch (Türe+ 4 +3 + 2 des Anbaus/1 + 4 + 3/4 mit einfachen seitlichen<br />

Zierbrettern/kreisrunde Estrichluke). - ^urchersmühle. Koord. 740150/243600.<br />

1 Zeichnung in:J. JAKOB, S. 275.<br />

2 Ebenda, S. 300.<br />

3 Kirchhöreprotokoll, Bd. II, S. 179-184. -<br />

7. April 1891.<br />

4 Vgl.J . JAKOB,S. 275.<br />

Protokoll der Straßenkommission, 3.Jan. 188G bis


m<br />

mühlen 321<br />

•••••<br />

Abb. 301. Urnäsch. Zürchersmühle. Bauernhaus Nr. 1017, am gequaderten Erdgeschoß 1755 datiert.<br />

Getäferter Strickbaumit verschalten Klebedächernüber den Reihenfenstern, mit Flugsparrendreiecken<br />

am Satteldach undmitin Traufstellung angebautem Stadel. Angebautes Wohnhaus Nr. 1019 in verputzter<br />

Riegelkonstruktion mit Stickereilokal, letztes Viertel 19. Jahrhundert, spätestens 1891. -<br />

Text S.32of.<br />

Bauernhaus, Nr. 1017 (Abb. 301). Datierte Inschrift bei der Südostecke auf einem<br />

Sandsteinquader des Kellergeschosses: «M.I.O.V.F.A.O. / SOL(I).D(E)O. GLORIA / ANO.<br />

i .7.55. >>1 . Fünfgeschossiger, über dem gequaderten Kellergeschoß gestrickter, an<br />

den Vollgeschossen der Front getäferter Wohnbau mit steilem symmetrischem<br />

Satteldach in Giebelstellung und südwestseits in Traufstellung angebautem Stadel<br />

unter niedrigerem First. Hauseingang seitlich zwischen Haus und Scheune. Völlig<br />

symmetrisch angeordnete Fensterreihen (3 + 5 + 3) in den beiden Vollgeschossen<br />

und 5 bzw. 3 in beiden Dachgeschossen.Am Kellergeschoß zwei Zweipaßfensterchen<br />

mit gerauteten Gittern. Uber den drei untern Wohngeschossen unverschalte Klebedächer.<br />

Am Dach barock profilierte Flugdreiecke. Im Innern zwei kreuzgewölbte,<br />

kommunizierende Kellerräume.Dem Stadel ist ein Wohnhaus, Nr. 1 o 19, in verputzter<br />

Riegelkonstruktion, mit Stickereilokal, spätestens 1891 2 , angefügt.<br />

MÜHLEN<br />

Laut Antwortenbuch von 1547-1567 gab es um jene Zeit bereits sechs Müller 3 .<br />

Zwei Mahlmühlen sind namentlich seit dem 16. Jahrhundert bezeugt, drei weitere<br />

Mühlen, davon zwei Sägemühlen seit dem 17. Jahrhundert (s.u.). 1826 existierten<br />

1 Vermutlich aufzulösen in: M(eister. Ein Wirt?) I(ohannes oder Jakob) 0(ertly?) V(nd) F(rau)<br />

A(nna 0(ertly?). Jedenfallshandelt es sichum Besitzerinitialen und nichtum die eines Zimmer- bzw.<br />

Werkmeisters. Der lateinische Wahlspruch bedeutet: Gott allein die Ehre.<br />

2 Erster Schuldbrief. 3 AG I , S. 420.<br />

21 — Kunstdenkmäler LXI AR I


322 urnäsch<br />

Abb. 302.Urnäsch. Zürchersmühle. Die ehemalige Mühle, Nr. 1010,von Süden. Das nach einem Brand<br />

1 786 neuerbaute sechsgeschossige Wohngebäudemit verschalten Klebedächern überden Reihenfensternundmit<br />

späterem Wohnanbauin Traufstellung (vgl. Abb.303). - Text S.324f.<br />

sechs Mahl-und neun Sägemühlen 1 . Davon gehörten einige wahrscheinlich Doppelbetrieben<br />

an. Die letzten Wasserräder wurden um die Mitte dieses Jahrhunderts<br />

beseitigt (s.u.). 1. Bindli. Koord. 738525/241275. Sägemühle am Nürigbach. Ein<br />

Wasserrad von zirka zehn Meter Durchmesser wurde 1947 entfernt. Die Wasserkammer<br />

ist teilweise noch vorhanden, die Sägerei noch im Betrieb. Im fünfgeschossigen<br />

Wohnhaus (Nr. 506), ehemaligeWirtschaftzumRößli, mit steilem, giebelständigem<br />

Satteldach, ein schöner zweiteiliger, tonnengewölbter Keller mit Eingangs- und Durchgangstüre.<br />

Deren rundbogige Sandsteingewände sind durch bossenförmige Sockel,<br />

Kämpfer und Schlußsteine gegliedert, letztere zudem durch eine Art Eckpalmetten<br />

ornamental belebt. Vermutlich zweite Hälfte 18. Jahrhundert 3 . - 2. Hintere Mühle.<br />

Sägemühle beim alten Urnäschübergang in der Grüenau (Koord. 738850/240850),<br />

1642 indirekt, 1655 direkt als «des H. Statthalter Diezis Mülli» bezeugt 3 , später<br />

einfach als Hintere Mühle bezeichnet 4 ,1867 samt der gedeckten Holzbrücke von Joh.<br />

1 Laut «Ergebnis derAo 1826 gehaltenen Hausbesuchung in der Gemeinde Urnäsch» (Beilage<br />

der KÜNZLER-Chronik).<br />

2 Ahnliche Schlußsteine mit stilisierten Eckpalmetten inder 1786 datierten Zürchersmühle. Siehe<br />

untenim Text.<br />

3 TagebuchU. DIETZI, S. 128: «Ich hab b i meiner Mülli gesegetan allerley thillenund höltzer..<br />

zum thurm.» - Wegbüchlein von 1655, zitiert imBrückenbüchlein von 1793, S. 1, m it Gegenüberstellung<br />

der altenund neuen Brücken- bzw. Mühlebezeichnung.<br />

4 Ebenda. - PREHNER-Chronik, S. 5, 109. - KÜNZLER-Chronik, Rubrik «Brucken».


mühlen 323<br />

Abb. 303. Urnäsch. Zürchersmühle. Das Wohngebäude der Mühlemitdem Wasser- und Mahlwerk<br />

im Zustand bis 1874von Südosten. Bleistiftzeichnung von Johann Jakob Rietmann, 1867. StadtbibliothekVadiana,<br />

St. Gallen. Text S. 296und 324!".<br />

JAKOB RIETMANN in Zeichnung festgehalten 1 (Abb. 304), wich um 1869 «größerem<br />

mechanischem Etablissement» 2 . - 3. Hof back. Koord. 739100/241800. Sägemühle.<br />

Früher auch Knochenstampfe und bis 1919 Bäckerei. 1668 und 1752 wurde sie als<br />

Jägersmühle bezeichnet 3 . 1677 und 1752 wurde die «Wassersäge» durch ein Hochwasser<br />

weggerissen 4 , das Wasserwerk schon im 19. Jahrhundert beseitigt. Erhalten<br />

ist ein fünfgeschossiges Wohnhaus (Nr. 554) herkömmlicher Art mit südwestseits<br />

angebautem Kuh-und Pferdestall und neuerem Anbau für Sägerei auf der Nordostseite.<br />

- 4. Müleli. Koord. 738660/241900. Säge- und wahrscheinlich auch Mahlmühle<br />

am Egglibach. Am 16. November 1604 wurde eine «vor langen Zeiten» getroffene<br />

Vereinbarung zwischen dem Mühlebesitzer Hans Staub und Hauptmann Hans<br />

Mettler, Besitzer des benachbarten Gutesam untern Tüfenberg, betreffs «Müli und<br />

stößelhus hinder der halten ald anderem thüffenberg.. wie sy sich des Wassers,<br />

blüwns und stampfens (von Flachs) verhalten sollend», erneuert 5 . Säge noch in<br />

Betrieb, mit Wasserrad bis zirka 1957 6 . Ein Mühlstein existiert noch. Erhalten ist<br />

1 Bilddokument 8.<br />

2 Kirchhöreprotokoll, 2.Mai 1869; Diesbezüglichem Baugesuch wird entsprochen.<br />

3 FREHNER-Chronik, S. 3F., I09F.<br />

4 Ebenda,S. 5, icgf. - TANNER-Chronik, S. 46: «Obere Mühle» bezieht sich aufgrund desZusammenhangs<br />

auf dieseund nicht aufdie Egglibachmühle,wie J.JAKOB, S. 399, annimmt.-Vgl. WALSER,<br />

S.657 (Anno 167g).<br />

5 GdeA, A Nr. 33. - Vgl.J. JAKOB, S. I77F. 6 Laut Besitzer.


324 urnäsch<br />

auch das ehemals schöne Wohnhaus (Nr. 650), ein fünfgeschossiger, über gemauertem<br />

Erdgeschoß gestrickter Wohnbau unter steilem, symmetrischem Satteldach in Giebelstellung<br />

mit südwestseits herauskragendem Obergeschoß unter Quergiebel. Darin<br />

tonnengewölbtes ehemaliges Orgelstübchen. A n dessen dreiteiligem Fensterwagen<br />

Abwurf und geschweifte Seitenbretter. - 5. Pfändlers- oder Chronbachmühle. Koord.<br />

740475/242800.Am Wißbach bei der Chronbachbrücke (S.328f.). NamewieMühle<br />

selbst sind erst im 19. Jahrhundert faßbar. Erhalten ist die schöne, «1860» datierte<br />

Scheune (Nr. 223). - 6. Sulzbrunnen. Koord. 739800/245500. Mahlmühle des Bartholome<br />

Früh am Mühl- oder Murbach. Sie brannte 1588 ab 1 und wurde auf der<br />

Waldstatter Seite wieder aufgebaut, wo sie als Untere Mühle bezeichnet wurde<br />

(S. 289). - 7. J?ürchersmühle. Koord. 740300/243745. Mahl- und Sägemühle. 1599 als des<br />

«Hans Stoben Mülly» erstmals bezeugt 2 , die mit der «StaubenMülli» des Wegbüchleins<br />

von 1655 und folglich mit «Laurenz Zürchers Mölj» im Brückenbüchlein<br />

von 1793 identisch ist 3 . Nach ihren Besitzern wechselte sie öfters den Namen und<br />

1 1573 als «müli in Sultzbrunnen» erstmals erwähnt (AUB 3194). - WALSER, S. 537. - KtA,<br />

Ms. 38, 1. Teil, S.2, und 2. Teil, S.3. - Vgl.AUB 3839!<br />

2 GdeA, B Nr. 5 (Kopie). - Vgl.J. JAKOB, S. 170-172. - Hans Staub war also Besitzer zweier<br />

Mühlen, dieserund des Müleli (Nr.4).<br />

3 Brückenbüchlein von 1793, S. 1, mit Gegenüberstellung der Namen von 1655.<br />

Abb. 304. Urnäsch.Grüenau.EhemaligeHintereMühle im Zustand bis 1869und ehemalige gedeckte<br />

Holzbrückeüber die Urnäsch, 1778 von Johannes Knellwolf, Herisau,erbaut, 1892 durchEisenbrücke<br />

ersetzt. BleistiftzeichnungvonJohannJakob Rietmann, 1867. Stadtbibliothek Vadiana, St.Gallen. -<br />

Text S. 296, 322f.und 327f.


ehemalige gedeckte holzbrücken<br />

Abb. 305. Urnäsch. Ehemalige Wiedenbrücke über die Urnäsch, 1806 von Meister Johannes Stark,<br />

Waldstatt,neu erbaut,u m 1900durch eine Eisenkonstruktion ersetzt. - Text S296und 328.<br />

hieß u.a.im 18. Jahrhundert Küpen- oder Oertlis Mühle 1 , gelegentlich auch einfach<br />

Furt- oder äußerste Mühle 2 . 1784 brannte die Mühle samt der benachbarten Holzbrücke<br />

ab. 1786 Neubau unter dem neuen Besitzer Meister Laurenz Zürcher. Später<br />

im Besitz des Johannes Früh («Frühmühle»), von 1839-1871 des Joh. Ulrich Zürcher,<br />

nach dem sie noch benannt ist 3 . Die Mühle südlich des Wohnhauses, noch 1867<br />

von JOH. J AKOB RIETMANN samt diesem von SO in Zeichnung festgehalten (Abb. 303),<br />

wurde 1874 durch Flochwasser außer Betrieb gesetzt und verlegt 4 . Das bestehende<br />

Wohnhaus (Nr. 1010), im Schlußstein des korbbogigen, sandsteinernen Türgewändes<br />

an der Nordwestfront «1786» datiert und mit den Initialen «MLZ» des Bauherrn<br />

Meister Laurenz Zürcher bezeichnet, ist ein behäbiger, sechsgeschossiger, über<br />

gemauertem Erdgeschoß gestrickter Wohnbau mit Satteldach in Giebelstellung und<br />

zwei FTauptfronten, die mit Reihenfenstern und verschalten Klebedächern horizontal<br />

betont sind (Abb. 302). Zwei Kellerräume mit Kreuzgrat- bzw. Tonnengewölbe und<br />

stichbogigen Eingängen, einer mit Schweifwerktüre aus Tannenholz versehen. -<br />

8. Weitere Sägemühlen: a) Untere Eggrüti, 1752 weggerissen5. - b) Unter der Letz 6 .<br />

EHEMALIGE G EDECKTE H OLZBRÜCKEN<br />

Vgl. Lage, S. 299, und Straßen, S. 300 f. - I m 19. Jahrhundert überquerten sechs von<br />

insgesamt neun die Urnäsch, je eine deren Zuflüsse Mur-, Saien- und Wißbach.<br />

Sechs gehörten dem Lande, zwei Privaten, eine den Alpgenossenschaften. Alle<br />

mußten seit der zweiten Häfte des 19. Jahrhunderts neuzeitlichen Konstruktionen weichen,<br />

1920 als letzte die Chronbachbrücke.<br />

1 FREHNER-Chronik, S.5, 27, 109.<br />

2 KÜNZLER-Chronik, Rubrik «Brucken».- Vgl. OTTO FREHNER imHäädler Kalender 1935^<br />

3 Brückenbüchlein von 1793, S. 13. - KÜNZLER-Chronik, a.a.O. — WALSER IV, S.59.<br />

4 Bilddokument 9. - J. JAKOB, S. 344. 5 TANNER-Chronik, S.46. 6 J. JAKOB, S. 399.


326 urnäsch<br />

A. Über die Urnäsch<br />

i. Furterbrücke bei ^ürchersmühle 1 . Sie stand an der Stelle der heutigen Steinbrücke<br />

am Übergang nach der Gemeinde Hundwil, auf deren Gebiet der rechte Brückenfuß<br />

steht. Laut Brückeninschrift von 1785 wurde 1724 eine altersschwache Brücke durch<br />

eine neue ersetzt, diese 1778 durch Hochwasser weggerissen, die neu erbaute 1784 samt<br />

Mühle ein Raub der Flammen und nun durch Werkmeister JOHANNES KNELLWOLF<br />

von Herisau eine neue erbaut 2 . Diese wurde 1852 vom Land zu halben Teilen an<br />

Urnäsch und Hundwil ausgelöst 3 , 1880 anläßlich des Straßenbaus durch eine Eisenkonstruktion<br />

ersetzt und auf Abbruch versteigert 4 . - 2. Heide- oder Ziegelbrücke. 1813<br />

ließ Meister Bartholomäus Schmid, Ziegler, die Brücke anstelle eines tiefer liegenden<br />

Stegs unterhalb von Kirche und Rathaus zur Ziegelei auf die Heide hinüber erstellen 5 .<br />

1 Bezeichnung laut KÜNZLER-Chronik, Rubrik «Brucken», S. 2f. - Entsprechend den jeweiligen<br />

Mühlebesitzernhieß sie laut Brückenbüchleinvon 1793, S. 1,im Jahre 1655: «Bruggbey des Stauben<br />

Müllj»,imJahre 1793: « In Laurenz Zürchers Mölj». - In der TANNER-Chronik, S. 147; «Ortlis<br />

Brug..beyder Mühlstatt.» Vgl. Zürchersmühle, S.324^<br />

2 Brückenbüchlein von 1793, S. 13, enthält eine sozusage vollständige und, wie der Vergleich<br />

mit noch bestehenden Brückeninschriften zeigt, paläographisch weitgehend getreue Wiedergabe der<br />

Inschriften, u nd zwar abgesehen von «Anno» i n gotischer Fraktur.<br />

3 Protokoll d er Straßenkommission, 31. Aug., 11.Sept. und 5.Nov. 1852. Amtsblatt 1852/53, I ,<br />

S. 102.<br />

4 Protokoll d er Strassenkommission, 22. Okt. 1879 bis 17.Okt. 1880, ferner S. 255f. - Kirchhöreprotokoll,<br />

7. Dez. 1879.<br />

5 KÜNZLER-Chronik, a.a.O., S. 5. - TANNER-Chronik, S. 147.<br />

Abb.306. Urnäsch. Ehemalige, 1842/43erbaute Chronbachbrücke überdenWißbach (vgl.Abb. 307).<br />

Maßstab 1: zirka 166. N ach einem Plan von 1906 im Kantonalen Bauamt, Herisau. - Text S.328f.


ehemalige gedeckte holzbrücken 327<br />

Abb. 307.Urnäsch. Ehemalige Chronbachbrücke über denWißbach, 1842/43mit dreiseitigem Sprengwerk<br />

undWalmdachneu erbaut, 1920 durch Steinbrücke ersetzt. - Text 8.296und 328!".<br />

Noch vor 1867 wurde sie ersetzt 1 . Als verschaltes, mit Satteldach versehenes Brücklein<br />

ist sie auf den Urnäscher Ansichten von JEAN KÜNZLER 1816 und von JOH. ULRICH<br />

FITZI zwischen 1820 und 1843 zu sehen (Abb. 286). - 3. Hintereggbrücke. Meister Hans<br />

Ulrich Knoepfel ließ diese 1807 ebenfalls aus eigenen Mitteln anstelle eines ältern<br />

Stegs vom Unterdorf zu seiner Liegenschaft Hinteregg erbauen 3 . 1910 wurde sie<br />

durch eine Eisenkonstruktion ersetzt 3 . Eine Photographie in der Gemeindekanzlei<br />

zeigt schönlinige, mit gewalmtem Schindeldach versehene Stabpolygonbrücke. Der<br />

fünfbogige untere Saum der Verschalung deutet auf ebensoviele Zwischenfelder<br />

von sechs Gebinden hin 4 . Brückenspruch in: SALOMON SGHLATTER, Das Appenzellerhaus<br />

und seine Schönheiten, S. 23. - 4. Hintermühle- oder Grüenaubrücke. Im Wegbüchlein<br />

von 1655 erwähnt 5 , 1677 6 und 1778 durch Hochwasser weggerissen,<br />

wurde sie laut Brückeninschrift von iyy8 durch «Werck Meister Johannes Knelwolf<br />

u. sein Sohn HI» (Hans Jakob) um «30 schuh länger als die vor der stehete» neu<br />

erbaut. Die Kosten betrugen 7019 Gulden 5 I / 2 Kreuzer 7 . 1852 Auslösung vom<br />

Land an Urnäsch 8 . Eine 1867 datierte Zeichnung von Jon. JAKOB RIETMANN zeigt<br />

sie mit Walmdach und dreifachen Bogensaum des Wetterschirms samt Mühle von<br />

1 1867 datierte Zeichnungvon JOH. JAKOB RIETMANN mit DorfvonSW (Bilddokument IG) zeigt<br />

bereits ein Steinbrücklein.<br />

2 KÜNZLER- und TANNER-Chronik, a .a.O .<br />

3 Kirchhöreprotokoll, i.Mai 1910 (Bd. II, S. 232f.): Gemeinde übernimmt Unterhalt. Vgl.<br />

Mandatvom 10. April 1910. - Jahresrechnungen Urnäsch 191 o, S. 25.<br />

4 Bilddokument 12 c. ReproduktionimKdmA.<br />

5 Enthaltenim Brückenbüchlein von 1793, S. 1.<br />

6 FREHNER-Chronik, S. 5.<br />

7 Brückenbüchlein von 1793, S. 2f. 8 Amtsblatt 1852/53, I., S. 102.


328 urnäsch<br />

N (Abb. 304) I . 1892 wurde sie durch eine Eisenkonstrukdon ersetzt 2 . - 5. Wiedenbrücke.<br />

Zwischen Dorf und Chronbach. Sie wurde 1778 weggeschwemmt und laut<br />

Brückeninschrift von iyyg in diesem Jahr durch «WerckMeister Johannes Knellwolf<br />

und sein Sohn von Herisau.. 116 schuh lang..und 38 schuh länger als die vor der<br />

stehet» neu erbaut. Kosten 2569 Gulden 28 Kreuzer 3 . Am 28. Januar 1806 wurde<br />

diese durch einen Sturm zerstört.Im gleichen Jahr erbaute Meister JOHANNES STARK<br />

von Waldstatt wieder eine um viele Schuh kürzere, dafür aber breitere 4 . Bei einer<br />

Länge von 96 Fuß 3 Zoll und einer Breite von 12 Fuß 5 war sie trotzdem noch die<br />

größte aller Urnäscher Brücken 6 . Sie war nach «System Grubenmann» mit einem<br />

siebenseitigen Stabpolygon zuje drei Balkenbahnen, die die Fahrbahn unterschnitten,<br />

konstruiert und besaß entsprechend acht diagonal verstrebte Gebinde, ferner<br />

gekreuzten Windverband und Walmdach 7 (Abb. 305). Um 1900 durch die bestehende<br />

Eisenkonstruktion ersetzt 8 .- d.Roßfallbrücke. 1689 erwähnt ein Rechtsspruch<br />

die «deckten Brugen» 9 , an deren Unterhalt die Alpgenossen beider Schwägalpen<br />

laut Spruch vom 18. Juli 1695 pro Kuh zwei Kreuzer zahlen mussten 10 . 1883 wurde<br />

sie infolge einer weiter oben beim Gasthaus erbauten Eisenbrücke dem Verkehr<br />

entzogen und, ohnehin baufällig, wohl bald abgebrochen 11 . Ihr Standort unterhalb<br />

des Gasthauses und ihr Aussehen wurden durch JOH. BAPTIST ISENRING auf einem<br />

Ölgemälde 1837 festgehalten 12 ; Sie bestand aus nur drei Gebinden unter Walmdach,<br />

die durch ie eine Diagonalstrebe versteift und nur bis zur Brüstung verschalt waren<br />

(Abb. 308).<br />

B. Uber andere Gewässer<br />

1. Müs- oder Chronbachbrücke 1^. Diese Holzbrücke führte, halb auf Urnäscher, halb<br />

auf Hundwiler Gebiet, an der Stelle der heutigen Steinbrücke bei Pfändlersmühle<br />

(S. 324) über den Wißbach nach Gonten-Appenzell. Als «Müß-Brugg gegen Stech-<br />

1 Bilddokument 8.<br />

2 Protokoll der Straßenkommission, 5.Nov. 1852 (AuslösunganGemeinde), 7.Mai 1885 ( «baufällig»).<br />

— Jahresrechnungen Urnäsch 1891/92, S. i4f. (Erlösder alten Holzbrücke Fr. 615.—).<br />

3 Brückenbüchlein von 1793, S.8f.<br />

4 JOH. JAKOB SGHLÄPFER, Chronicon der Gemeinde Waldstatt, Trogen 1839,<br />

KÜNZLER-Chronik, a.a.O., S.4. —Vgl. TANNER-Ghronik, S. 147.<br />

2 7 1 UN( I Anm. 166. -<br />

5 Laut Anhang von 1856 des Brückenverzeichnisses v on zirka 1793 im KtA: «Maßv. 1829».<br />

Vgl.Amtsblatt 1860/61, I., S. 101: «99 Fuß lang, io 3 / 10Fuß breitundiz 1^Fuß hoch. Sie istmitZiegeln<br />

gedeckt.»<br />

6 KÜNZLER-Chronik, a.a.O.<br />

7 Bilddokument 12d (Kantonales Bauamt). Reproduktionim K dmA.<br />

8 Mitteilung des KantonalenBauamtes.<br />

9 GdeA,Nr. 3 3 c, Urkundevom8. Okt. 1689.<br />

10 J. JAKOB, S. 225. Dazu gehören auch Leute aus Trogen, Herisau, Stein, Gais und Appenzell.<br />

Vgl. Spruchbrief, 2.Aug. 1711, GdeA, B Nr.20 ( J.Jakob, S. 229f.). L aut TANNER-Ghronik, S. 47,<br />

wurde die Brücke 1778 vom Hochwasser nicht weggerissen, allerdings nicht als einzige, wie TANNER<br />

behauptet, sondernauchdie Saienbrücke blieb verschont (s.d.).<br />

11 Protokoll der Straßenkommission, 5.Nov. 1882: «Mitteilung,., hölzerne Brücke beim Roßfall<br />

im Verfallunddie Genossenschaften beider Schwägalpen willens, eine eiserne Brücke anzubringen.»<br />

Ebenda, 23.Juniund 24.Juli 1883: «...alte hölzerne Brücke noch benützt..nebendemHause neue<br />

Brücke angebracht.» - Kirchhöreprotokoll, 22.Jan. 1883 (Bd. II, S. 104): Beteiligung der Gemeinde<br />

an den Kosten.<br />

12 Bilddokument 7. 13 KÜNZLER-Chronik, a.a.O., S.3: «Weißbruck».


ehemalige gedeckte holzbrücken 329<br />

lenegg» ist sie im Wegbüchlein von 1655 bzw. Brückenbüchlein von 1793 verzeichnet<br />

1 . Laut dort vermerkter Brückeninschrift von lysd war 1630 eine 53 Jahre alte<br />

Brücke durch URBAN KREZ erneuert und jetzt eine neue durch «Werck Meister<br />

Laurenz Starch, HV-EL und IH Starch, LE und Johannes FK und Johannes<br />

Kesler» erbaut worden 2 . 1842/43 Neubau 3 . 1920 Abbruch 4 . Planaufnahme des<br />

Kantonalen Bauamtes vom 1. November 1906 und alte Photographie in der Kantonsbibliothek<br />

5 zeigen eine mit Walmdach gedeckte Brücke von sechs Gebinden,<br />

wovon vier mittels Hängepfosten an dreiseitigem Sprengwerk ausje zwei Balkenbahnen<br />

aufgehängt und alle mit Kopfbügen und Horizontalriegel versteift sind.<br />

Fünf rechteckige LichtöfTnungen in der südseitigen Verschalung, vier unter der<br />

Traufe, die mittlere als Ausguck in Brüstungshöhe erhellten das Innere (Abb. 306,<br />

307). - 2. Murbach-, Mühlbach-, Möseren-, Rommers-oderRomeserbrücke 6 . Über den Murbach,<br />

an der Landstraße von Urnäsch nach Waldstatt. Im Wegbüchlein von 1655<br />

als «Rommers Brugg» 7 , im Brückenbüchlein von 1793 als «Brugg bey Bartholome<br />

Frühen Möllin gegen Wahlstatt und Urnäsch» verzeichnet. Laut darin abgezeichneter<br />

Brückeninschrift von 7727 wurde in diesem Jahr eine Brücke durch «Werck<br />

Meister Laurenz Starch:von Urnäsch / Mit gesellen.Hans Ulrich und Elias Starch:<br />

und Hans Jakob Starch, undLE und IHFK:» erbaut. Ihre Länge betrug 54 Schuh,<br />

ihre Bodenbreite 7 Schuh 3 Zoll, ihre Höhe «vom Boden bis unter BrustRigel<br />

9 Schuh und 3 Zoll, ihre Höhe über Wasser 19 Schuh» 8 . 1801 größerer Neubau<br />

24 Schuh über dem Wasser durch Werkmeister JOHANNES STARK von Waldstatt 9 ,<br />

welcher Bau 1838/39 zerstört wurde 10 . Zwischen 1840 und 1842 Neubau weiter oben<br />

am Tobel 11 . 1855/56 Bau einer «steinernen Brücke oder des Durchlasses mitDamm»<br />

und Auslösung vom Land an Urnäsch 12 . Auch heute nur noch Strassendamm mit<br />

Durchlass. - 3. Saienbrücke. Sie führte über den Saienbaeh Richtung Waldstatt an<br />

der Stelle, wo neben der neuesten Steinbrücke die 1855/56 erbaute, jedoch ausge-<br />

1 Brückenbüchlein von 1793, S. 1, 17.<br />

2 « HV» = HANS ULRICH. «EL» = ELIAS laut Inschriftan der Murbachbrücke (s.u.), wo auch<br />

LE(ONHARD?) und JOHANNES FK(FRISGHKNEGHT?) wieder begegnen. Vgl. auch Saienbrücke.<br />

3 Jahresrechnung 1841/42 u nd 1842/43 des Kantons AppenzellA.Rh., S. 9 bzw. S. 8 (AMB 1842,<br />

1843). - Laut Amtsblatt 1860/61, I., S. 101, war diese Brücke «7o 1 / 2 Fuß lang, i ^lz Fuß breit mit<br />

14 Fuß Höhe.» Sie warmit Schindeln gedeckt.<br />

4 Mitteilung des Kantonalen Bauamtes. - Vgl.J. JAKOB, S. 340.<br />

5 Bilddokument I2d. Reproduktion imKdmA Abb. 307.<br />

6 KÜNZLER-Chronik, a.a.O., S. 2: «Mauer oder Mühlbacher Bruck.» - Jahresrechnung 1841/42<br />

des Kt.App.A.Rh., S. 8f. (AMB 1842): «Möserenbrücke zwischen Urnäschen und Waldstadt». -<br />

Jon. JAKOB SCHLÄPFER, Chroniconder Gemeinde Waldstatt, Trogen 1839, S. 77: «Romsertobel». Vgl.<br />

auch folgende Anmerkungen.<br />

7 Brückenbüchlein von 1793, S. 1.<br />

8 Ebenda, S. 23. - Zu den Namen von Meister und Gesellen siehe auch oben unter Müs- oder<br />

Ghronbachbrücke.<br />

9 Ebenda, S. 23F. — Zu Meister JOHANNES STARK siehe auch unter Wiedenbrücke (S.328).<br />

10 Jahresrechnung 1838/39 des Kt.App.A.Rh., S. 6 (AMB 1839): «Kosten des Baus einer Nothbrückeim<br />

Romesertobel in Waldstadt..»<br />

11 Ebenda, 1840/41, S. 8: «A Conto Zahlungenfür die Mösernbrücke.. fl. 1654.-» Ebenda, 1841/42,<br />

S.9: «Schlußzahlungfür die Möserenbrücke fl. 535.44.» Ebenda, 1844, S.8: «Entschädigungan Müller<br />

Früh in Waldstadt, von der Höherlegung der Mösernbrücke herrührend.»<br />

12 Amtsblatt 1856/57, I., S. 137.


330 urnäsch<br />

diente steht 1 . Sie ist im Wegbüchlein von 1655 verzeichnet 2 . Laut Brückeninschrift von<br />

1740 wurde in diesem Jahr durch «Werck Meister Johannes und Laurenz Starck...<br />

mit gesellen ELST / LEFK / IM / IM / IT / DN» eine neue erbaut 3 . Um 1840 galt sie<br />

neben der Roßfallbrücke als die älteste 4 . Wie aus dem Brückenbüchlein von<br />

1793 hervorgeht, hatte auch sie die Katastrophe von 1778 überdauert.<br />

1 Amtsblatt 1856/57, S. 137. - Vgl. J. JAKOB, S. 340.<br />

2 Zitiert im Brückenbüchlein von 1793, S. 1: «Seyen=Brugg.»<br />

3 Ebenda, S. 21. Zu d enNamen siehe auch bei Murbach-undMüsbrücke (8.3281".).<br />

4 KÜNZLER-Chronik, a.a.O., S.4.<br />

Abb. 308. Urnäsch. Roßfallmit Gasthausund gedeckter Holzbrücke. Ölgemäldevon Johann Baptist<br />

Isenring, 1837. Privatbesitz Herisau. - Text S. 296 und 328.


SGHÖNENGRUND<br />

33 1<br />

POLITISCHE U ND K IRCHLICHE V ERHÄLTNISSE<br />

A. Bis zur Kirchen- und Gemeindegründung lyso. Politisch gehörte das heutige Gemeindegebiet<br />

unter dem Namen «Hinderham» oder «hinder dem Ham» zur Rhode<br />

Urnäsch, kirchlich mit dieser zusammen ursprünglich zu Herisau (S. 28 ff.), seit 1417<br />

zur neu gegründeten Kirchhöre Urnäsch (S. 292f.). Vor der Gemeindegründung<br />

beschränkte sich der Name Schönengrund auf ein Hofgut, von dem 1720 das<br />

Gelände für Kirche und Friedhof abgetrennt wurde. Als Hof- oder Gutsbezeichnung<br />

taucht er erstmals in einer Urkunde von 1268 auf 1 , gleichzeitig mit dem ebenfalls im<br />

heutigen Gemeindegebiet liegenden Wolfenschwendi. Damals belehnteAbt Berchtold<br />

von St. Gallen seinen Meier Ulrich in Hundwil mit dem Zehnten dieser Güter, den<br />

Ulrich dem Ritter Rudolf von Dürnten abgekauft hatte. 1483 wurden diese Zinsen<br />

von den Inhabern der betreffenden Güter, Einheimischen namens Thörig, Schedler<br />

und Schefer, abgelöst 2 .<br />

B. Kirchen- und Gemeindegründung lyso. Das Bedürfnis nach einer eigenen Kirche<br />

angesichts eines langen und beschwerlichen Kirchenwegs über den Tüfenberg nach<br />

Urnäsch wurde, ähnlich wie bei andern nachreformatorischen Kirchengründungen<br />

Außerrhodens, auch zum Anlaß der politischen Abtrennung von der alten Rhode.<br />

Im Unterschied zur fast gleichzeitigen Gemeindegründung von Waldstatt folgte<br />

diese jedoch dem Kirchenbau. Diesen leiteten die Hinterhamer gegen den Widerstand<br />

der vermöglichsten Urnäscher in die Wege, nachdem ihnen die Gemeindevorsteher<br />

schon am 22. Oktober 1718 die Unterstützung ihres Vorhabens bei der Kirchhöre<br />

zugesichert hatten 3 . Die obrigkeitliche Erlaubnis zu Kirchenbau und Gemeindegründung<br />

wurde zugleich mit der Zusicherung der üblichen Gratifikation von 500<br />

Gulden und des Patents zur gemeinsamen Kollekte mit Waldstatt in der ganzen reformierten<br />

Eidgenossenschaft durch den vom 22. bis 26. November 1719 zu Trogen<br />

versammelten Großen Rat nach geleisteter Bürgschaft, sonst keine andere Hilfe zu<br />

beanspruchen, erteilt 4 .<br />

Zum ersten Pfarrer wurde Konrad Rutz von Herisau bestellt 5 . Erst im folgenden<br />

Jahr, am 7.Mai 1721, wurde die erste Kirchhöreversammlung abgehalten und die<br />

Gemeindebehörde, ein regierender und stillstehender Gemeindehauptmann sowie<br />

vier Räte, gewählt 6 . Nur schrittweise erfolgte vor- und nachher die Ablösung «der<br />

neuen Gemeinde zum Schönengrund», wie sie nun hieß 7 , von der alten Gemeinde<br />

Urnäsch: am 7. November 1720 die Teilung des Kirchenguts, am 23. November 1721<br />

des Armenguts, am 28. Juli 1722 der Kirchhörebauhölzer 8 . Schließlich wurde am<br />

i AUB 29. Vgl.AUB 617. 2 AUB 1191. 3 GdeA Urnäsch, UrkundeNr. 2.<br />

4 KtA, Altes Archiv, 4, 1, Fol. sösf.: Protokoll des Großen Rateszu Trogen, 22. und folgende vier<br />

Tagedes Novembers 1719. Vgl. Kirchenlibell, S. I3f.<br />

5 Kirchenlibell, S.45 f. 6 Kirchenlibell, S.53 f.<br />

7 Laut Verabkomnisbrief, 29.Sept. 1722, GdeA Urnäsch, Nr.6.<br />

8 Ebenda. - Quittung, 10.Nov. 1722, GdeA Urnäsch, Nrn. 7 und 7q.Vgl. Kirchenlibell, S. 111,<br />

mit abweichendem Datum «18 ten Heumonat» anstatt «28».


332 s c h ö n e n g r u n d<br />

Abb. 309. Schönengrund.Das Dorfvon Osten mit der 1720 erbautenKirche linksund dasbenachbarte<br />

sanktgallischeWald mitFabrikantenhäusern rechts. Aquarell-GouachevonJohann Jakob Aschmann,<br />

u m 1800.ETH Zürich, graphische Sammlung. - Text S.334, 335f.und 342.<br />

22. November 1722 die zwischen der alten und neuen Gemeinde ausgemachte Bezirks-<br />

und Rhodsscheidung durch landesobrigkeitliche Urkunde und Siegel bestätigt I .<br />

Hinterher erfolgteam 6. November 1763 noch die Teilung des Teil- und Bruggerenwaldes<br />

2 und 1812 die Auslösung aus dem «Gemeinmerkh» (Allmend) Wieden 3 .<br />

C. /


geschichte 333<br />

••"li VL i<br />

Abb. 310. Schönengrund. Das Dorf von Norden mit dem Hochhamm im Hintergrund links und den<br />

Fabrikantenhäusern im sanktgallischen Wald (Gemeinde St. Peterzell) rechts. Aquarell-Gouache von<br />

Johann Jakob Aschmann,um 1800. ETH Zürich, graphische Sammlung. - Text S.334, 335f. und 342.<br />

häuser bewohnten 1 . — 1810-1820 war in Schönengrund eine Baumwollspinnerei in<br />

Betrieb 2 . Bevölkerungsmäßig immer an letzter Stelle der außerrhodischen Gemeinden,<br />

verzeichnete es im 18. Jahrhundert ebenfalls parallel zu den übrigen Gemeinden,<br />

wohl in Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Blüte, einen Zuwachs, der im Jahre<br />

1794 mit 656 Einwohnern einen Höhepunkt erreichte 3 . - 1805 gab es bei 630 Einwohnern<br />

105 numerierte Häuser 4 , 1842 bei 638 Einwohnern deren 112 5 . Den<br />

absoluten Höhepunkt erreichte die Einwohnerzahl 1870 mit 792 Personen. 1970<br />

wurden noch 384 gezählt 6 .<br />

Quellen. GdeA: Teilungsurkunde mit großem Landessiegel, 22.Nov. 1722. —«Lybeell oder sumarische<br />

Verzeichnus der neuen erbaueten Kirchen und Gottshus im Schönengrund genanth», datiert<br />

14. April 1725, verfaßt von HANS ULRICH METTLER, Kirchhöreschreiber von Urnäsch, in Schachtel<br />

Nr. 70 (zitiert: Kirchenlibell). - Turmknopfdokumente von 1720 bis 1858, Nrn. 1-7, in Schachtel<br />

Nr. 70. - Kirchhöreprotokolle bzw. Protokolle der Gemeindeversammlungen 1836ff. (Kiste Nr. 81). -<br />

Protokoll über Kirchturmbau und Geläuteanschaffung vom Jahr 1884 (Schachtel Nr. 64). - Jahresrechnung<br />

der Gemeinde (unter verschiedenen Titeln gedruckt) 1835ff. (Schachtel Nr. 18). - Protokoll<br />

der Kirchenvorsteherschaft 1877 ff (Schachtel Nr. 74). - Akten zum Orgelbau 1877, zu Kirchturmerhöhung<br />

und Glockenanschaffung 1884 (Schachtel Nr. 52), zu Renovation 1955 und Orgel 1956<br />

(Schachtel Nr. 74 und Kiste Nr. 79). - GdeA Urnäsch: Urkunden und Quittungen zur Gemeindeabtrennung.<br />

- Entwurf zum Kirchenlibell. - KtA: Altes Archiv, 4, 1, Protokolle des Großen Rates.<br />

1 SCHÄFER, Materialien 1812, S. 188: «DieNähe der stattlichen Meyer-und Scherer'schen Häuser<br />

(in Wald) und das Gedeihen älterer und ganz neuer Spinnmaschinen gibt dem Ort Ansehen und<br />

Gedeihen.»<br />

2 G. RÜSCH, Der Kanton Appenzell, S. 220. - AJB 1911, S. 35.<br />

3 SCHÄFER, Materialien 1810, S. 72f.:Im Jahre 1734 400 Seelen. 4 SCHÄFER, Materialien, S. 74.<br />

5 AMB 1843, S. 70. - Volkszählung, i.Dez. i960: 450 Einwohner, 122 Häuser.<br />

6 Statistische Quellenwerke der Schweiz, Heft 467, Bern 1971, S. 45.


334 schönenorund<br />

Literatur.<br />

JAKOB SAXER, Entstehungsgeschichte der Gemeinde. Ms., um 1884 (GdeA, Schachtel<br />

Nr. 70). - Chronik von Schönengrund, Materialien. Ms., Heft 1-14 von H. D. SCHLÄPFER, gest. 1918,<br />

Heft 15-29 von JOHANNES FISCH, Lehrer 1918-1920 (GdeA, Schachtel Nr. 70). - CHRISTIAN VETTERLI-<br />

HOFER, Schönengrund ist 250 Jahre alt, 1720-1970, Herisau 1970.<br />

Bilddokumente. 1. Dorf und Umgebung von JOHANN JAKOB ASCHMANN (1747-1809); a) «Prospect<br />

von Schön Grundim Canton Appenzell» (lateinische Kursive), vonN, Aquarell-Gouache, 38,7 X 67,4<br />

cm, signiert: «Zeichn. n.d.Nat. J.J. Aschmann»,um 1800. ETH, graphische Sammlung (Abb. 310). -<br />

b) Variante von gleichem Standpunkt (Reiter im Vordergrund), gleiche Technik, 28,5 X 50 cm, ohne<br />

Beschriftung und Signatur.In der Gemeindekanzlei. - c) Von O, 44,1 X 68 cm, sonst wie a. ETH, graphischeSammlung<br />

(Abb. 309). - 2.DorfvonSO, von JOHANNULRICH FITZI (1798-1855): a) «SCHOENEN-<br />

GRUND», Federzeichnung, 20,3 X 23,7 cm, datiert: «d 1 ten August 1821», mit Vermerk: «Häuser 117.<br />

Einw: 536 Ao 1824». Sammlung E. Rutz, Gümligen BE (Abb. 313). - b) Kopie des Malers, Federaquarell,<br />

33,8x48,6 cm, mit Widmung von 1821. Hist. Mus. St.Gallen. - c) Kopie von Jon. JAKOB<br />

KÄSTLI, Federzeichnung, 21,4X58,1 cm, signiert und datiert in deutscher Kursive: «Schönengrund<br />

d. 1. August 1821, v.J. U. Fitzi, kopiert v.J.J. Kästli Briefträger.» Privatbesitz Speicher. - 3. Kirche<br />

von SO, Federzeichnung auf Rückseite von 2 c.<br />

q p<br />

50 100<br />

Abb. 311. Schönengrund. Übersichtsplan. Maßstab i: zirka 3423. Das Dorf entstand im Anschluß an<br />

den Kirchenbau von 1720 aus einem einzelnen Hofnamens Schönengrund. - T ext S. 335^, 341 f. und 347f.


LAGE 335<br />

Abb. 312. Schönengrund. Flugaufnahme von Westnordwesten. 16.Mai 1949. Das a n der Straße<br />

Wald (links)-Hemberg (Toggenburg) aufgereihte Straßendorf. Die Straßenschlaufe östlich der Kirche<br />

führt über den Tüfenberg nach der Muttergemeinde Urnäsch. - Text S. 335-337, 341 f- und 347f.<br />

Siegel und Wappen. Bisum 1835 wurde die Mehrheit der Zettel mit dem Siegel der Muttergemeinde<br />

Urnäsch gesiegelt 1 . Schon vorher jedoch Anschaffung eines gemeindeeigenen Siegels ohne spezifisches<br />

Gemeindewappen (s.u.). Neues Wappen: ohne Bär ein Kranz auf rotem Grund 2 .<br />

1. Ältestes Gemeindesiegel. Anfang 19. Jahrhundert, vermutlich u m 18033. Oval, 2 6x22 mm. I n<br />

klassizistischem Lorbeerkranz nach heraldisch rechts schreitender Appenzeller Bär zwischen «V» und<br />

«R». Antiquaumschrift: «SIG: D. GEMEINDE SCHÖNENGRUND» (Abb. 326). - 2. Siegel des Gemeindehauptmanns.<br />

U m 18354. Oval,40x32 mm.Wappen wie beim Gemeindesiegel. Antiquaumschrift: «SIGILL<br />

DES GEMEINDEHAUPTMANNS VON SGHOENENGRUND.» Messingpetschaft noch in Gebrauch. Abdruck in<br />

der Sammlung des Kantonsarchivs.<br />

L A G E<br />

1. Dorf (Abb. 309-313). Es liegt 841 m ü.M. (LK) in dem das appenzellische<br />

Hinterland mit dem Toggenburg verbindenden,GW verlaufenden Quertal, bereits<br />

westlich der Wasserscheide der beiden Landschaften, links des Tüfenbachs zwischen<br />

den Höhen des Hochhamms aufder Südostseite und des Arnigs aufder Nordwestseite.<br />

Heute ist es mit dem sanktgallischen Dorf Wald zusammengewachsen. Bis zum<br />

Kirchenbau 1720 scheint an seiner Stelle kaum mehr als der Hof namens Schönengrund<br />

gestanden zu haben (s.o.). Das Dorf entstand wie die meisten Appenzeller<br />

Dörfer im Anschluß an den Kirchenbau. Das erhellt auch aus dem Kirchhörebeschluß<br />

vom 4. August 1734 betreffs die «bey und umb die Kirch zustehen und zusitzen»<br />

kommenden Häuser. Auf der Ost-, Süd- und Nordseite mußten diese siebzig Schuh,<br />

1 Durchgehend feststellbar auf entsiegelten Zetteln des 18. und 19. Jahrhunderts (GdeA, Schachteln<br />

Nrn. 54-56) bis 1834. So Nr. 462, 23. Juni 1834.<br />

2 Gemäss Vorschlag von JAKOB SIGNER in: AHS 1916, Heft 3, S. i26f.<br />

3 Laut FISCH, ChronikVII (um 1815), S. 7, wurden die meisten Gemeindesiegel «seit Ao. 1803 in<br />

Übung gesetzt.. .wegen Sieglung der Haymatscheine.» Abbildung in Bd. VI, S. 111. - Frühestes, bis<br />

jetzt festgestelltes Beispiel auf Heimatschein, 22. April 1811, im GdeA.<br />

4 Zettel Nr. 15g, 2. Juli 1836.


336 schönengrund<br />

Abb.313. Schönengrund. Das Dorf von Südosten zusammen mit den Fabrikantenhäusernim sanktgallischen<br />

Wald rechts hintenundmitdemHöhenzug des Arnigs. Federzeichnungvon Johann Ulrich<br />

Fitzi, 1821. Sammlung Ernst Rutz, Gümligen BE. - Text S. 334, 335f. und 342.<br />

auf der Westseite hundert Schuh von der Kirche entfernt erbaut werden 1 . Wie die<br />

Bevölkerungs- und Häuserstatistik (S. 333) zusammen mit den um 1800 entstandenen<br />

ältesten Dorfansichten desJOH, JAKOB ASCHMANN (Abb. 309,310) und den<br />

1821 entstandenen des Jon. ULRICH FITZI (Abb.313) zeigt 2 , erreichte das Dorf bis<br />

zum Ende des 18. Jahrhunderts vor allem dank dem blühenden Textilgewerbe in der<br />

zweiten Jahrhunderthälfte beinahe jene Größe und Gestalt, durch die sein Bild noch<br />

heute geprägt ist. Der Dorfkern mit der Kirche liegt abseits der Herisau mit dem<br />

Toggenburg verbindenden alten Landstraße, die 1789-1806 verbessert und 1838-1842<br />

neu angelegt wurde 3 . Mit dieser ist er verbunden durch die in Wald abzweigende und<br />

nach Hemberg weiterführende Dorfstraße, die 1863-1865 den Anforderungen des<br />

Straßengesetzes von 1851 entsprechend ausgebaut wurde 4 . Durch sie wurde das Bild<br />

des Straßendorfes in seiner Entstehung mitbestimmt. Die nachNO gerichtete Kirche<br />

steht auf freiem Platz ungefähr in der Mitte dieser zwei die Straße säumenden<br />

Häuserzeilen, die bei der Kirche als Dorf, gegen Wald als Unter- und gegen Hemberg<br />

als //wterefor/'bezeichnet werden. An der Südostseite der Kirche oberhalb des ehemaligen<br />

Friedhofgeländes gruppieren sich hintereinander gestaffelt die Häuser des<br />

Oberdorfes. Die der Kirche zunächst stehende Reihe von nur drei Häusern wendet<br />

jener ihre nordwestwärts gerichteten Giebelfronten zu (siehe auch S.348). Südwestseits<br />

des Oberdorfes liegt seit 1873 der Friedhof''.<br />

2. Gemeinde. Flächenmäßig mit 5,19 km 2 eine der kleinsten von Appenzell Außerrhoden<br />

stößt sie mit der langen Südost- und einer kurzen Ostflanke an die ehemalige<br />

Muttergemeinde Urnäsch, wobei die Grenzen über den First des Hochhamms und<br />

den Nordwesthang des Tüfenbergs verlaufen, wie sie im Teilungsvertrag von 1722<br />

1 Kirchenlibell, S. 124-126 (Nachtrag).<br />

2 Bilddokumente 1 a-cund 2 a -b. 3 Siehe Waldstatt, S.270 mit Anmerkungen.<br />

4 Kirchhöreprotokoll, 23. Febr. 1862. — Akkord, 7. April 1863, mitUnternehmer LUCCA DE LUCHI,<br />

Baubeschreibung von Ingenieur IRMINGER, Pläneundandere Aktenim GdeA, KisteNr. 79. — Jahresrechnung<br />

der Gemeinde 1864/65, S. 21-29: «Rechnungüber die in denJahren 1863, 1864 und 1865<br />

hier ausgeführten Straßenbauten.»<br />

5 Kirchhöreprotokoll, 23.Febr. 1873. - Jahresrechnung der Gemeinde 1872/73, S. i8f.


kirche 337<br />

festgelegt worden sind (s.o.). In der Nordostecke bildet der in den Tüfenbach<br />

fließende Fuchssteinbach die Grenze gegen Schwellbrunn, der Tüfenbach selbst die<br />

lange Nordwestgrenze gegen die toggenburgische Gemeinde St. Peterzell, zu der<br />

auch Wald gehört, und der in den Tüfenbach fließende Lehmbergbach die wiederum<br />

kürzere Südwestgrenze gegen das ebenfalls toggenburgische Hemberg. Die zahlreichen<br />

Einzelhäfe und wenigen Weiler liegen in typischer alemannischer Siedlungsweise<br />

zerstreut über die Hänge des Hochhamms und Tüfenbergs und die vom<br />

Sägen- und Syenbach durchfurchte Talsohle westlich des Dorfes.<br />

KIRCHE<br />

BAUGESCHICHTLIGHES. I. Bau von lysojsi. Siehe auch kirchliche und politische<br />

Verhältnisse, S.33if. - Der Platz für Kirche, Turm und Friedhof wurde durch eine<br />

von den Hinterhamern aufgestellte Kommission angesehener geistlicher und weltlicher<br />

Herren der alten Gemeinde Urnäsch und des Landes auf dem «Gut und<br />

Weidboden, so den Namen Schönengrund tragt» ausgewählt und von dessen Besitzer<br />

Jakob Alder, nachmaligem erstem regierendem Gemeindehauptmann, geschenkt<br />

1 . Die Bauerlaubnis wurde gleichzeitig mit jener für die Kirche Waldstatt<br />

durch den vom 22. bis 26.November 1719 zu Trogen versammelten Großen Rat<br />

erteilt 2 . Als Bauherren walteten der von der Landesobrigkeit ernannte Statthalter<br />

i Kirchenlibell, S. 10-13, 5^- 2 Siehe S, 331.<br />

| | Wahrscheinlich 1850<br />

Abb. 314. Schönengrund. Grundriß der 1720 erbauten, nordostwärts gerichteten Kirche. Maßstab<br />

1: zirka 217. - Text S. 341.<br />

22 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


338<br />

schönengrund<br />

Abb. 315 und 316. Schönengrund.Die 1730 erbauteKirche von Ostenmit dem dreiseitig geschlossenen<br />

Chor,mit dem 1884 erhöhtenTurm, der wiederummit einem traditionellen, nachgotischenHelm versehen<br />

wurde, und mitdem HolzgiebelhausNr. 38. - Die Kirche von Süden mitdem Vorzeichen von<br />

1955- - TextS. 337-342.<br />

Jakob Mettler von Urnäsch und die von den Hinterhamern darum ersuchten Pfarrei-<br />

Christoph Mittelholzer von Urnäsch und Philipp Schlang von Schwellbrunn 1 .<br />

Grundsteinlegung a m 4. Mai 1720, a m gleichen Tag wie in Waldstatt 2 , das mit<br />

Schönengrund in der Schnelligkeit des Bauens wetteiferte, in Gegenwart des regierenden<br />

Landammanns Laurenz Tanner von Herisau und des stillstehenden Landammanns<br />

Konrad Zellweger von Trogen und anderer Vertreter der Landesobrigkeit<br />

3 . - Die Ausführung des Baus oblag dem Maurermeister und Steinmetzen<br />

LAURENZ K OLLER von Teufen «sambt Knecht und Handlanger», dem Zimmer- und<br />

Schreinermeister DAVID JEGER von Urnäsch «samt übrigen Zimmerknechten»,<br />

dem «Mitzimmermeister» HANS ULRICH JEGER von Schwellbrunn und dem «Mitschreinermeister»<br />

JOHANNES HÖSCHER 4 . Doch ist für keinen der Genannten die<br />

Oberleitung über den Gesamtbau ausdrücklich bezeugt 5 . Von Meister Hs. U LRICH<br />

JEGER wurde die Turm- und die große Kirchentüre geschenkt und wahrscheinlich<br />

1 Kirchenlibell, S. 19f.<br />

2 Kirchenlibell, S. 20. - In Waldstatt vormittags, in Schönengrund nachmittags laut JOH. JAKOB<br />

SCHLÄPFER, Chronicon der Gemeinde Waldstatt, Trogen 1839, S. 65, Anm. 234.<br />

3 Kirchenlibell, S. 21.<br />

4 Kirchenlibell, S. 22f., 89-93 (samt den Namen der Gehilfen).<br />

5 Im Unterschied beispielsweise zu Gais, ReuteundTeufen,wo die Oberleitung des Kirchenbaus<br />

beimbetreffendenZimmermeisterHANSULRICH HALTINERbzw.JAKOB EUGSTER bzw.HANSULRICH<br />

GRUBENMANN lag.


Abb.317- Schönengrund. Kirche. Inneres gegen Gestühl und Empore von 1909 und mit der Orgel<br />

von 1956. - Text S. 342 und 343.<br />

auch geschaffen, von JAKOB SCHWEIZER von Schwellbrunn die kleine Kirchentüre 1 .<br />

Meister AUGUSTIN SCHMID, Uhrenmacher von Waldkirch, verfertigte die Turmuhr<br />

mit je einem Zeiger für beide Zeittafeln, die Meister JOHANNES HÖSGHER malte 2 . Bis<br />

zum 30. September 1720 war der Bau unter Dach und Fach und der von Kupferschmiedmeister<br />

HANS JAKOB ZUBERBÜHLER von Herisau geschaffene Knopf samt<br />

Fahne auf den Turm gesteckt 3 . - Einweihung am 30. Oktober 1720 wie in Waldstatt<br />

4 . Erst im folgenden Jahr 1721 wurde der Kirchenhimmel angebracht^ und<br />

die Kirche völlig ausgebaut 6 . Die Baukosten beliefen sich laut Abrechnung vom<br />

4. Juni 1725 auf 3085 Gulden 38 Kreuzer 7 . An Steuern flössen aus der neuen Gemeinde,<br />

den außerrhodischen Gemeinden und der evangelischen Eidgenossenschaft<br />

insgesamt 7507 Gulden 16 Kreuzer zu 8 . Hemberg und St. Peterzell hatten u.a. Holz<br />

geschenkt 9 .<br />

2. Umbauten und Renovationen, a) Aus der zweiten Hälfte des 18. und dem Anfang des<br />

ig. Jahrhunderts werden nur Reparaturen an Kirchendach, Turmhelm und -knöpfen<br />

1 Kirchenlibell, S.40f. Ebenda, S. 91, ist ein gleichnamiger «Maurerknecht» aufgezählt.<br />

2 Kirchenlibell, S. 42 f. 3 Kirchenlibell, S. 38f., 97.<br />

4 Kirchenlibell, S. 44. - Vgl. JOH. JAKOB SCHLÄPFER, Chronicon der Gemeinde Waldstatt, Trogen<br />

1839, S. 42, 365.<br />

5 Kirchenlibell, S. 44, 49f. 6 Kirchenlibell, S. 55.<br />

7 Kirchenlibell, S. 89, 105. - Vgl. SCHLÄPFER, a.a.O., S. 42, Anm. 23.<br />

8 Kirchenlibell, S. 88, 104. Laut ebenda, S. 86: Steuern aus der neuen Gemeinde: 3360 Gulden.<br />

9 Kirchenlibell, S. 11 f., 79f.


340 schönengrund<br />

gemeldet 1 . - b) 1821 wurden zu den insgesamt fünf ursprünglichen Fensteröffnungen<br />

zwei weitere an der nordwestlichen Längsseite, ferner ein unterdessen wieder entferntes<br />

an der südwestlichen Giebelseite angebracht 2 . - c) 1850 Innen- und Außenrenovation<br />

durch ENOCH BREITENMOSER von Herisau. Wahrscheinlich damals Verstärkung<br />

der südöstlichen Längsmauer durch die zwei keilförmigen Streben anläßlich<br />

der erstmaligen Eindeckung des Daches mit Ziegeln 3 . - d) 1884 Turmumbau durch<br />

Baumeister SEBASTIAN STURZENEGGER, Herisau; Erhöhung des alten Schaftes um<br />

10 Fuß, Errichtung einer neuen Glockenstube (samt Wimpergen aus Holz in blechverkleideter<br />

Strickkonstruktion) und eines neuen Helms mit fünf neuen Knöpfen<br />

(Kugeln) im Kostenbetrag von 13000 Fr. 4 . - e) 1909 Innen- und Außenrenovation<br />

1 Kirchendach gedeckt 1768, 1811 u nd 1821 (zugleich Erneuerung des südöstlichen Vorzeichensund<br />

Anbringung von drei Zeittafelnam Turm) laut Turmknopfdokumente 2 (26. Aug. 1769) bzw. 1 mit<br />

Nachtrag vom 30.Juni 1821 bzw. 5 (1821). - Knopf und Fahne erneuert: 1769, 1783 (zugleich Turmdeckung),<br />

1840 und 1858 laut Turmknopfdokumente 2 (s.o.) bzw. 3 (13.Mai 1783) bzw. 4 (17.Febr.<br />

1794) bzw. 6 (2. Aug. 1840) bzw. 7 (19. Aug. 1858).<br />

2 Turmknopfdokument6, «Nachtrag, 2. August 1840».<br />

3 Laut Turmknopfdokument 7 (19.Aug. 1858). Betreffs Mauerverstärkung nur erwähnt: «von<br />

außen auf der Mittagsseite eine Mauerfeder angebracht.» - Edikt GdeV, 2.Mai 1909, S. 4 (GdeA,<br />

Nr. 18) spricht von Anbringung dieser Pfeiler in jener Zeit.<br />

4 Kirchhöreprotokoll, 4.Mai 1884. - Protokoll überden Kirchturmbau, 17. April 1884 bis 15.Jan.<br />

1885, insbesondere 4.Juni 1884. Enthält auch Baubeschrieb und Vertrag mit SEB. STURZENEGGER,<br />

1 i.Juni 1884 (Originalvertrag in Schachtel Nr. 52). - Jahresrechnung der Gemeinde 1884, S. 20-23,<br />

und 1885, S. 20f.<br />

Abb. 318 und 319. Schönengrund. Klassizistische Kanzel von Meister Nüslin, Neßlau, 1826, mit neugotischem<br />

Ziergeländer am Schalldeckel. - Barocker Taufstein aus Sandstein von Meister Laurenz<br />

Koller, Teufen, 1720. - Text S. 342 f.


kirche 341<br />

i p p i l M<br />

mirt<br />

Abb. 320 und 321. Schönengrund. Kirche. Glockenförmige Abendmahlskanne aus Zinn, wahrscheinlich<br />

1720. - Große Glockevon 1884 bzw. 1885 (Neuguß) des Gießers Ulrich Sturzenegger, Herisau. -<br />

Text S.343und345-347.<br />

durch das Architekturbüro GURJEL & MOSER, St. Gallen, unter Mitwirkung von<br />

Architekt OTTO SGHAEFER, Herisau, als Begutachter: u.a. Verstärkung der Turmund<br />

Kirchenfundamente sowie der Dachkonstruktion. Neuanfertigung von Boden,<br />

Empore, Bestuhlung, Täfer und Fenstern im Gesamtkostenbetrag von 28482 Fr.<br />

78R p . - f) 1955 Außenrenovation durch Architekt JOHANNES WALDBURGER, Herisau,<br />

und die Baumeister E. GLOOR, Herisau, und K. HERMANN, Schönengrund: Ersetzung<br />

der hölzernen Glockenstube durch eine steinerne und Höhersetzung ihres Gurtgesimses<br />

um 70 cm. Neuaufmauerung des Westgiebels. Neuerstellung eines Vorzeichens<br />

an der südwestlichen Giebelseite und einer eichenen Kirchentüre, Erneuerung des<br />

südöstlichen Seiteneingangs mit Gewände und Vordach. Gesamtkosten 77415 Fr.<br />

75 Rp. 2 . - g) Innenarbeiten im Zusammenhang mit der Entfernung der Orgel<br />

aus dem Ghor: neuer Plattenbelag aufdem Ghorboden und Täfer an der Ghorwand 3 .<br />

BAUBESCHREIBUNG, I. Grundriß (Abb. 314). Nordostwärts gerichteter Saal mit<br />

dreiseitigem Ghorabschluß ohne Einzug und nordwestseits an den Ghor angebautem<br />

und nur von diesem her zugänglichem, annähernd quadratischem Turm.<br />

1 Edikt GdeV, 2.Mai 190g (GdeA, Nr. 18). — Kirchhöreprotokoll, 2.Mai 1909. - Jahresrechnung<br />

der Gemeinde 1909, S. i6f. - GdeA,Nr. 79 (Belege).<br />

2 GeschäftsordnungGdeV und Kirchhöreprotokoll, I.Mai 1955. - Baubericht,derBauabrechnung<br />

vom 31. Dez. 1955 beigefügt (GdeA,Nr. 79). - Kosten lautJahresrechnungder Gemeinde 1955, S. 10.<br />

3 GdeA,Nr.74 (Kirchgemeindeakten).


342 schönengrund<br />

2. Äußeres (Abb. 315, 316). Der harmonische, im Laufe der Zeit kaum veränderte<br />

verpuzte Steinbau steht unter einem steilen und beim Chorabschluß abgewalmten<br />

Satteldach und ist von einem schlanken, bis zum Glockengeschoß ungegliederten,<br />

mit Uhrengiebeln und Spitzhelm bekröntem Turm flankiert. Dessen<br />

Gestalt geht auf die Erhöhung des Schaftes um zehn Fuß und die Neuerrichtung<br />

von Glockenstube und Helm von 1884 bzw. deren Renovation von 1955 zurück,<br />

entspricht aber, von den Proportionen abgesehen, im großen ganzen dem ursprünglichen<br />

Aussehen von 1720, wie es auf den Dorfansichten von JOH. JAKOB ASCHMANN<br />

und JOH. ULRICH FITZI abgebildet ist 1 . Das schlichte Kirchengebäude selbst ist nur<br />

durch sieben stichbogige Fenster, drei an der südöstlichen, zwei an der gegenüberliegenden<br />

Längsseite und je eines an den zwei Schrägseiten des Chorabschlusses<br />

gegliedert, ferner durch die beiden rundbogigen Eingänge und deren Vorzeichen.<br />

Das Hauptportalan der südwestlichen Giebelfront weist ein mit Dreiviertelrundstab<br />

profiliertes Sandsteingewände und in dessen Schlußstein das originale Baudatum<br />

«1720» auf. Neue zweiflüglige Eichentüre und abgewalmtes Vorzeichen von 1955,<br />

ebenfalls Vorzeichen und Gewände des südostseitigen Nebeneingangs, dessen nußbaumene<br />

Vierfeldertüre jedoch zum ältern Bestand gehört. Die zwei keilförmigen<br />

Strebepfeiler an der südöstlichen Längsmauer sind eine Verstärkung wohl von 1850.<br />

3. Inneres. Der nur durch eine Stufe in Schiff und Chor unterteilte, sonst einheitliche<br />

Saal wirkt infolge der die beiden Teile zusammenfassenden, im Chorpolygon<br />

abgewalmten Kastendecke einheitlich und geräumig. Im übrigen erhält der Chor<br />

seine Akzente durch den zentralen Taufstein und die Kanzel auf der linken Seite,<br />

das Schiff durch die rückseitige Empore mit einer Orgel von 1956 (Abb. 317). Zum<br />

ursprünglichen Baubestand von 1720 zählt der stichbogige Turmeingang mit schön<br />

gefastem Sandsteingewände und nußbaumener Türe.<br />

Ausstattung<br />

1. Kanzel (Abb. 318). 1720 wurde von Meister JOHANNES KUNZ von Peterzell<br />

eine erste «samt aller zugehörd» geschaffen und geschenkt 2 . - 1826 wurde laut<br />

Chronik «von Meister Nüslin in Neßlau eine Kanzel für 183 Gulden hineingemacht»<br />

3 . Diese noch bestehende, hauptsächlich aus Nußbaumholz geschaffene<br />

Kanzel besitzt einen fünfeckigen Korb mit leichter Schweifung der Flanken und<br />

starker konvex-konkaver Wölbung des untern, mit Knopf endenden Fortsatzes. Horizontal<br />

ist der Korb durch ein kräftiges, verkröpftes Gesims an der Brüstung und<br />

durch zwei Leisten an der Bauchung unten gegliedert, vertikal durch fünf stark<br />

schwellende Pilaster. Der Schalldeckel ist neuneckig, mit klassizistischer Vase bekrönt<br />

und mit neugotischem Geländerchen aus Kreuzbogen gesäumt.<br />

2. Taufstein (Abb. 3 19). Er wurde 1720 durch Maurermeister LAURENZ KOLLER von<br />

Teufen geschaffen, wozu Kupferschmiedmeister JOHANN JAKOB ZUBERBÜHLER von<br />

Herisau das kupferne Taufwasserbecken verfertigte und schenkte 4 . - 1956 Renova­<br />

1 Bilddokumente 1-3 (Abb. 309, 310, 313).<br />

2 Kirchenlibell, S. 39.<br />

3 Turmknopfdokument6, «Nachtrag», Z.Aug. 1840.<br />

4 Kirchenlibell, S. sgf.


kirche 343<br />

tion, wobei der Fuß bis und mit dem dritten Wulst des Knaufs ersetzt wurde 1 . -<br />

Kelchförmig, aus ursprünglichem gelb getöntem, z.T. neuem grauem Sandstein,<br />

H. 94,5 cm, a m Becherrand «1720» datiert. Der quadratische Fuß geht mittels<br />

Eckblätter in achteckigen Schaft über. Ebenfalls achteckig sind der aus vier übereinandergelagerten<br />

Halbrundprofilen gebildete Knauf, das doppelt geschweifte und<br />

mit einem Zierwulst am geraden Oberteil versehene Becken und der nußbaumfurnierte<br />

Deckel, H. 9 cm. I m Innern des Sandsteinbeckens ist an zwei Rillen seines<br />

Randes das halbkugelförmige Kupferbecken von 1720 mit zwei horizontalen Eisenstäben<br />

aufgehängt.<br />

3. Gestühl von 1909 2 , neubarock (Abb. 317).<br />

4. Orgel, a) 1827 wurde von Privaten eine «Orgel» gestiftet^. - b) 1877 ließ die<br />

Gemeinde eine mit 10 klingenden Registern durch die Gebrüder MAXIMILIAN und<br />

TITUS KLINGLER, Rorschach, im Kostenbetrag von 3850 Fr. im Chor erstellen 4 .-<br />

c) 1956 wurde die bestehende Orgel von 14 Registern mit modern-sachlichem Prospekt<br />

durch die Orgelbaufirma THEODOR KUHNAG, MännedorfZH, aufder Empore<br />

errichtet 5 (Abb. 317).<br />

Kirchliche Gefäße<br />

Abendmahlsgefäße 6 . 1. Zwei Kelche, silbervergoldet, FI. 23,8 und 24 cm. Ohne<br />

Beschau- und Meisterzeichen und Inschriften. Einer wurde 1720 durch Johannes<br />

Alder gestiftet 7 . Barocke Form mit Birnknauf und hochgewölbtem Fuß, jedoch<br />

schlicht mit glatter, unverzierter Oberfläche. - 2. Drei zinnerne, glockenförmige<br />

Weinkannen mit Bajonettverschluß, fünf bzw. sechs bzw. vier Zierwülsten an den<br />

Schultern und je zwei über dem Boden sowie mit unbeschrifteten Zierschildern:<br />

a) H. 33,5 cm. Ohne Marken, jedoch Bodenrosette mit dem St. Galler Bären zwischen<br />

den Initialen «I» und « G » des JAKOB GLINZ von St. Gallen (1694-1747) (BOSSARD I,<br />

Nr. 331, und II, S. 149) 8 (Abb. 320). Es handelt sich offenbarum eine der beiden<br />

1720 von Barbara Schedler gestifteten Kannen 9 . - b) FI. 33 cm. Marke « G» =<br />

St. Gallen und «AH» des ABRAHAM oder ADRIAN HILLER (1719-1798 bzw. 1735 bis<br />

1 Laut Faktura von Ernst Gautschi, St.Margrethen SG, S.Aug. 1956 (GdeA, Nr. 79, unter Bauabrechnung<br />

über die Kirchenrenovation 1955!): Überarbeitung des alten Beckens, Erstellung eines<br />

neuen Sockels. Kosten 617 Fr.40 Rp. Vgl. GdeA, N r. 74: Diesbezügliches Schreiben von Architekt<br />

JOHANNES WALDBURGER v om 26. Juni 1956 an die Firma Gautschi und vom 15. Aug. 1956 an die<br />

Kirchenverwaltung (in Mappe «Orgelund Renovation von Kircheund Turm»).<br />

2 Edikt GdeV, S. 6, und Kirchhöreprotokoll, 2. Mai 1909.<br />

3 Laut Chronik, Heft 20, offenbar gestützt aufTurmknopfdokument 6, «Nachtrag», 2. Aug. 1840.<br />

4 Kirchhöreprotokoll, 3.Dez. 1876. — Vertrag, 3. und 5.Jan. 1877 (GdeA, Nr. 52). - Ansichtskarte<br />

in Orgelbauakten (GdeA, Nr. 79).<br />

5 Orgelbauakten, GdeA, Nrn. 74und 79. - Kosten laut Rechnungvom 14.Sept. 1956; 36630 Fr.<br />

6 Vgl. RITTMEYERu n d STEINMANN, S.24,34f.<br />

7 Kirchenlibell, S. 43: «einen vergülten, silbernen Kelch samt einem Blättlin.»<br />

8 Die drei noch im 17. Jahrhundert verstorbenen J. GMÜNDER, Vater, Sohn, Enkel, kommen als<br />

Hersteller im Hinblick auf die Stiftungszeitvon 1720 weniger in Frage. Allerdings ist die Möglichkeit<br />

einer frühern Herstellung nicht ausgeschlossen.<br />

9 Kirchenlibell, S. 43: «..von der Frau Bärbel Schedler des Meister Laurentz Höschers Ehefrau<br />

zwey Quart Kanten auch verehrt worden.»


344 schönengrund<br />

1818) (BOSSARD I, Nr. 278, und II, S. 151). Bodenrosette mit dem St.Galler Bären<br />

und ligiertem «HH» eines der drei HEINRICH H ILLER zwischen den Füßen (BOSSARD<br />

II, S. 151). Blumengravur um den Schnabelansatz. — c) H. 33 cm. Marken «H» =<br />

Herisau über den Meisterinitialen «HI» (ligiert) «-M» sehr wahrscheinlich des<br />

HANS JAKOB M ERZ (1735-1806) 1 in gekröntem, mit zwei Rosettchen besetztem,<br />

schildförmigem Stempel auf dem Ausgußdeckel (Tabelle III, 2). Bis jetzt einzige bekannte<br />

Arbeit des Herisauer Zinngießers. Schlanke Form. Ohne Bodenrosette -<br />

3. Brotteller, Zinn, Dm. 19 cm, H. 2,8 cm. Marke des F. CANE, Appenzell: «F» und<br />

«C» im Schildhaupt des Cane-Wappens. Anfang 19.Jahrhundert (BOSSARD I,<br />

Nr. 324, und II, S. 162) 2 . Kuchenblechform mit senkrechtem Rand und Bogensaum.<br />

- 4. Brotschüssel, Zinn, Dm. 14,5 cm, H. 3,3 cm. Dreimal Engelmarke mit «74»<br />

und den Initialen «IGK» des Jon. GEORG KLINGLING, Frankfurt 3 .<br />

Taufgefäße. 1. Glockenförmige Kanne, Zinn, H. 27 cm. Marken und Bodenrosette wie<br />

oben bei Weinkanne 2 b. Bajonettverschluß ohne Schloß. Fünf Zierwülste an der<br />

1 Wappenbuch, S. 210. - Vgl. CARL RUSCH, IGfr 14 (1968), S. i8f.<br />

2 RITTMEYERu n d STEINMANN, S.24. - CARL RUSCH, ICfr14 (1968),S. i6f.,26-28.<br />

3 RITTMEYERu n d STEINMANN, S. 2 8.<br />

Abb. 322. Schönengrund. Das 1720 erbaute Pfarrhaus (Nr. 2) mit giebelständigem Satteldach u nd<br />

Reihenfenstern links und der ebenfalls giebelständige Wohnanbau mit Einzelfenstern, wohl Anfang<br />

19.Jahrhundert (vgl. Abb.311). - Text S.347f.


kirche 345<br />

Abb.323. Schönengrund. Oberdorf,Nrn.47 («Löwen», rechts) und 50 (links), 18. Jahrhundert. Beide<br />

Holzgiebelhäuser mit Klebedächern, Nr.47zudem mit seitlichen Zierbrettern («Steckbrettern») und<br />

Brusttäferam gekuppelten Estrichfenster, beide von der sonst vorherrschenden Südoststellung abweichend,<br />

mit der Hauptfront nordwestwärts der Kirche zugewandt. - Text S. 335 f. und 348.<br />

Schulter und zwei über dem Fuß. Zierschild leer. - 2. Kupfernes Taufbecken von 1720<br />

im Taufstein (s.o. S. 342).<br />

Glocken<br />

Ehemaliges Geläute von drei Glocken. 1. Glocken von lyso. Am 27. Oktober 1720<br />

wurden zwei Glocken im Gewicht von 1100 bzw. 516 Pfund von PETER ERNST in<br />

Lindau vertragsgemäß gegossen und mit Versen, Wappen und Namen des Predigers<br />

und der Herren «Baumeister» (d.h. Bauherren) versehen 1 . Die Inschriften sind<br />

lückenhaft und z.T. im Widerspruch zu den Angaben des Kirchenlibells nur von<br />

ARNOLD NÜSCHELER überliefert 2 . Das Eisenwerk schuf Meister NIKLAUS ZIPFEL von<br />

Ravensburg 3 . - 2. Große Glocke von 174g. Ebenfalls von PETER ERNST in einem Gewicht<br />

von 1523 Pfundum 883 Gulden 30 Kreuzer gegossen. Gesamtkosten 1001 Gulden<br />

55 Kreuzer 4 . Die Inschriften enthielten die Namen von Pfarrer Schieß, Althauptmann<br />

Hans Frehner und Hauptmann Solenthaler 5 .<br />

Bestehendes Geläute von vier Glocken 1884-1886. GESCHICHTE. Durch Glockengießer<br />

ULRICH STURZENEGGER, Bruder des Baumeisters SEBASTIAN, wurden in Herisau nach<br />

1 Kirchenlibell, S.41 f., g4f.<br />

2 NÜSCHELER, Glocken, S. 39, der den Wortlautaber aus zweiter Handübernommen hatte.<br />

3 Kirchenlibell, S. 42, 95.<br />

4 Kirchenlibell, S. 143 (Nachtrag), mit Abrechnung: «trinkgelt dem Peter Ernst sim söhnle».<br />

Einziger Hinweis auf den Gießer. ~ Vgl.Jon. JAKOB SCHLÄPFER, Ghronicon von Waldstatt, S. 112,<br />

Anm. - Das Datum ist sowohl bei NÜSCHELER, a.a.O., als auch beiJ. SAXER, MS., falsch mitgeteilt.<br />

5 NÜSCHELER, a.a.O.Vgl. Kirchenlibell, S. 143.


34 6 schönengrund<br />

Abb. 324. Schönengrund. Ehemalige Dorfmühle (Nr. 16). Gestricktes u nd an der Front getäfertes<br />

Giebelhaus, 17./18. Jahrhundert, mit traufständigen Wohnanbauten auf beiden Seiten. Im Hintergrund<br />

rechts eines der Fabrikantenhäuserim sanktgallischen Wald. - Text S. 348.<br />

mißlungenem erstemGuß am 23. September 1884am 27. September die zwei kleinern<br />

Glocken in einem Gewicht von 1114 und 574 Pfund undam G.November die beiden<br />

größeren von 3832 Pfund und 1922 Pfund gegossen. Aufzug am 17., Einweihungam<br />

21. Dezember I . ImJuli 1885 zersprang die große Glocke.Am 8. Oktober goß STURZEN-<br />

EGGER eine neue schwerere im Gewicht von 4480 Pfund 2 . Auch die zweite Glocke<br />

wurde von ihm infolge Zerspringens ebenfalls neu und schwerer in einem Gewicht<br />

von 2212 Pfund gegossen 3 . Gesamtgewicht nun 8380 Pfund 4 . Die Kosten für die<br />

Glocken allein ohne Ausrüstung und Umtriebe betrugen 12570 Franken, für den<br />

eisernen Glockenstuhl, ebenfalls von STURZENEGGER, 1600 Franken 5 . - Die alten<br />

Glocken übernahm der Gießerzum Einschmelzen zu 2 Fr. 20 Rp. das Kilogramm 6 .<br />

BESCHREIBUNG: Tonart IL-Dis-Fis-H 7 . Sämtliche Inschriften in Antiqua. Jede<br />

Glockeam Schlagkranz signiert und datiert: «GEGOSSEN VON ULRICH STURZENEGGER<br />

IN HERISAU i884»(!) 8 (Abb. 321). Auf den Flanken Sprüche 9 über Blumenzierat;<br />

1 Kirchhöreprotokoll, 4. Mai 1884. - Protokoll überden Kirchturmbau undGe läute-Anschaffung<br />

vom Jahr 1884 (GdeA,Nr. 64). - Vertrag, 17.Juni 1884,und Expertise, 18. Dez. 1884 (GdeA,Nr. 52).<br />

2 Expertenbericht über Umguß, 16. Okt. 1885 (GdeA, Nr. 52). - Protokoll über Geläute-Anschaffung<br />

...1884, «Nachtrag».<br />

3 Ebenda. - Expertisenbericht, 8. Sept. 1886 (GdeA, Nr. 52).<br />

4 Protokoll über Geläute-Anschaffung...1884, «Überdie Gießungder Glocken».<br />

5 Jahresrechnung der Gemeinde 1884, S. 21; 1885, S. 21; 1886, S. 19.<br />

6 Laut Vertrag, 17.Juni 1884, PunktVI.<br />

7 Laut Expertenbericht, 18.Dez. 1884. 8 «IN» vor «HERISAU» fehlt bei der 3. und 4. Glocke.<br />

9 Protokoll über Geläute-Anschaffung. ..1884, Sitzung von 21. Aug. 1884: Der Wortlaut der von<br />

Pfarrer G. BIRNSTIEL verfaßten Bitt-, Mahn-und Sinnsprüche entspricht jeneman den Glocken.


pfarrhaus 347<br />

lEEtEIB<br />

fifi liiEii<br />

Abb.325. Schönengrund. Häusergruppe Nrn.43-46 («Spulergasse»), alle außer dem Zwischenbau<br />

Nr. 45mit Webkeller. - Text S. 335 f. und 348.<br />

gegenüber das Herisauer Wappen über Zierat. Außerdem von Glocke zu Glocke<br />

wechselnde Verzierungen: a) Männerglocke. Dm. 160 cm. Über dem Schlagkranz<br />

Weinlaubranke, am Hals neugotische Wellenranke aus stilisierten Buckelblättern. -<br />

b) Frauenglocke. Dm. 125 cm. Ranken ähnlich wie bei der Männerglocke. - c) Vesperglocke.<br />

Dm. 104 cm. Uber dem Schlagkranz Distelwellenranke mit Blumen, am<br />

Hals einfache, streng stilisierte Distelwellenranke. - d) Kinderglocke. Dm. 80 cm.<br />

Über dem Schlagkranz Lorbeerstab,am Hals reiche Wellenranke aus Distelblättern.<br />

PFARRHAUS<br />

Assek.-Nr. 189 (Abb. 322). GESCHICHTLICHES. Es wurde 1720 zusammen mit der<br />

Kirche und von den gleichen Handwerkergruppen aufdem ebenfalls vom nachmaligen<br />

Gemeindehauptmann Jakob Alder samt Garten geschenkten Grundstück erbaut 1<br />

und mit Brunnen versehen 2 . Die Möbel, wie Himmelbett («gutschen»), Büfett und<br />

Büchergestell, auch für die im Haus eingerichtete Schulstube, schufen JAKOB<br />

PREISIGund JEREMIAS HÖSCHER3. - 1783neuerOfen vonMeisterHs. JAKOB ZEHN-<br />

DER, Hafner in Lichtensteig, und einem Gesellen 4. - 1811 Einbau einer neuen<br />

Kammer durch Baumeister JOHANNES TOBLER, Schönengrund?.<br />

BESCHREIBUNG. Fünfgeschossiger, über gequadertem Erdgeschoß gestrickter und<br />

getäferter Giebelbau mit schlichtem Satteldach und mit schmalen Klebedächern<br />

2<br />

i Kirchenlibell, S. 49, 55, 58, 91,-93 f. Kirchenlibell, S. 99.<br />

3 Kirchenlibell, S. 101 f. Vgl. S. 93 (unter den Gehilfen der Zimmer-und Schreinermeister).<br />

4 Turmknopfdokument 3, 13. Mai 1783.<br />

5 Nachtrag, 30.Juni 1821, im Turmknopfdokument 1, 6.Aug. 1720, bzw. Kopievom 13.Mai 1783.


348 schönengrund<br />

über den Reihenfenstern. Nußbaumene klassizistische Haustüre u m 1820-1830.<br />

Giebelständiger Anbau mit Einzelfenstern, 19. Jahrhundert.<br />

BÜRGERHÄUSER<br />

Dorf bezirk. Vgl. Lage, S. 335 f. (Abb. 311, 312). Die über gemauertem Keller- oder<br />

Erdgeschoß durchwegs gestrickten und an der Front getäferten Holzgiebelhäuser<br />

des 18./19. Jahrhunderts beherrschen, zu kürzeren und längeren Reihen dicht aufgeschlossen<br />

oder gar zusammengebaut, noch heute das Dorfbild. Dessen Reiz liegt<br />

vorwiegend in der Beziehung der einzelnen Häuser und ihrer verschieden hohen,<br />

teils symmetrischen, teils asymmetrischen Satteldächer zueinander. Die stärkste<br />

Wirkung geht von den drei oberhalb der Kirche stehenden Häusern Nrn. 47 («Löwen»),<br />

50 und 51 des Oberdorfes aus, die mit jener und dem dazwischen freiliegenden<br />

ehemaligen Friedhofgelände zusammen ein reizvolles Dorfzentrum bilden<br />

(Abb. 323). Die Fassaden sind auf die Kirche bezogen und infolgedessen in Abweichung<br />

von der üblichen Südoststellung nordwestwärts gerichtet, jene von Nrn. 47<br />

und 50 außerdem als einzige im Dorf mit weit ausladenden verschalten Klebedächern<br />

versehen, Nr. 47 zudem mit Brusttäfer und seitlichen Zierbrettern an den Firstkammerfenstern<br />

in einer für die Bauzeit um 1757 charakteristischen Weise. Beide<br />

Häuser stehen in einer Flucht und kehren einander ihre traufständigen Anbauten<br />

von unterschiedlicher Firsthöhe zu. Nr. 51 dagegen, ein Bau mit symmetrischem<br />

Kreuzfirst und schmalen Klebedächern, ist von den beiden andern durch das Oberdorfsträßchen<br />

getrennt und aus ihrer Flucht nach vorn gerückt. — Eine weitere reizvolle<br />

Häusergruppe sind die Nrn. 43-46 (Abb. 325). Davon sind die drei letzten zusammengebaut,<br />

Nr. 44 mit Mansardgiebeldach versehen und alle außer dem viergeschossigen<br />

Zwischenbau Nr. 45 fünfgeschossig und mit Webkeller ausgestattet. Im übrigen ist<br />

Schlichtheit das allgemeine Merkmal der Dorfhäuser, unter denen stattliche Fabrikantenhäuser<br />

fehlen, Schlichtheit sowohl in der Gestaltung des Fronttäfers, das<br />

nirgends eine Gliederung durch Filaster aufweist, als auch in den schmucklosen<br />

Hauseingängen, die kaum eine reiche Innenausstattung erwarten lassen. Eine Ausnahme<br />

macht nur die ehemalige Mühle, Nr. 16 (Abb. 324). Sie gehört zu Schönengrund,<br />

obwohl sie durch den hier korrigierten Tüfenbach, der früher in einer<br />

Schlaufe an ihrer Nordseite vorbeifloß, von der Gemeinde scheinbar getrennt ist.<br />

Der fünfgeschossige Mittelbau unter giebelständigem Satteldach aus dem 17./18. Jahrhundert<br />

weist nordostseits einen dreigeschossigen, vermutlich altern und südwestseits<br />

einen zweigeschossigen, vermutlich jüngern Anbauje unter traufständigem Satteldach<br />

auf. Die ganze Fassade ist getäfert, durch Eckpilaster eingefaßt und durch<br />

schmale Klebedächer horizontal gegliedert, die a m Mittel- und Nordostbau ein<br />

Hohlkehlenprofil,am Südwestbau ein Karniesprofil besitzen. Auf eine Neugestaltung<br />

der ganzen Fassadeum 1820-1830, in der vermutlich der Westanbau entstand, weist<br />

der Haupteingang hin. Dessen mit Rautenauflagen verziertes Holzgewände mit<br />

Oberlicht zeigt im stichbogigen Sturz die durch ein Mühlrad getrennten Initialen<br />

«P» und «F» des damaligen Besitzers. Die vierfeldrige Türe mit zwei Rauten- und<br />

zwei Schildfüllungen ist auf eine gezimmerte Bohlentüre aufgedoppelt. - I m Innern<br />

des Erdgeschosses großer, barock profilierter Stützpfosten aus Holz mit entsprechendem<br />

Unterzug und geknickten Kopfbügen.


ürgerhäuser 349<br />

Außenbezirke. Bruggli. Bauernhaus, Nr. m . Koord. 735230/242000. Der Hanglage<br />

entsprechend nordwestwärts gerichtetes Wohngiebelhaus mit nordostseits angebautem<br />

Stadel. Das fünfgeschossige, über gemauertem Webkeller gestrickte Wohnhaus<br />

besitzt über den drei obern Fensterreihen interessante unverschalte und mit Schindeln<br />

gedeckte Klebedächer. Deren Wandstützen sind zugleich als Schienen für die Zugläden<br />

konstruiert. Diese übernehmen in versenktem Zustand die Funktion eines<br />

Brusttäfers.<br />

Abb. 326. Schönengrund. Ältestes Gemeindesiegel, vermutlich um 1803. Text S. 335


350 hundwil<br />

Abb. 327. Hundwil. Wappenscheibe der ganzen Kirchhöre Hundwil, d.h. der oberen (hinteren)<br />

und unteren (vorderen) Hundwiler Rhode, der heutigen Gemeinden Hundwil und Stein (vgl. Abb.<br />

329-33!), 1600 datiert. Pfarr- und ehemaliges Rathaus Hundwil. - Text S. 357 und 381 f.


D I E A L T E K I R C H H Ö R E<br />

H U N D W I L<br />

M I TD E R E H E M A L I G E N O B E R E N R H O D E ( H U N D W I L )<br />

U N D D E R U N T E R E N R H O D E ( S T E I N )


352<br />

HUNDWIL<br />

POLITISCHE V ERHÄLTNISSE<br />

921 erscheint «Huntwilare» erstmals in einer Urkunde anläßlich eines Tauschs<br />

zwischen dem Kloster St. Gallen und den zwei Brüdern Lando und Engilbert 1 und<br />

weist in der Bedeutung «Weiler eines Hunt oder Hunto» auf die etwa im 9. Jahrhundert<br />

erfolgte alemannische Besiedlung von Nordwesten her hin 2 . Doch haben auch<br />

Gotteshausleute von St.Gallen in diesem Gebiete gerodet 3 . Jedenfalls gelangte das<br />

Kloster durch Tausch oder Kauf allmählich in den Grundbesitz des ausgedehnten<br />

Gebietes, das vom Säntis im Süden bis zum Zusammenfluß des Wattbachs bzw. der<br />

Urnäsch mit der Sitter im Norden reichte 4 .<br />

Die klösterliche Verwaltung des Grundbesitzes lag, verbunden mit der niedern<br />

Gerichtsbarkeit, noch im 13. Jahrhundert in der Hand eines adeligen Dienstmannes,<br />

eines Meiers 5 . I m 14. Jahrhundert bildete dieser Verwaltungsbezirk ein Ami mit<br />

einem Ammann an der Spitze 6 . Diesen bestellte der Abt im Zusammenhang mit<br />

vorübergehenden Lockerungen in der Feudalherrschaft aus einheimischem Geschlecht.<br />

Als solcher ist 1371 erstmals «Walther der Waibel, amman ze Huntwile<br />

und ze Urnäsch» bezeugt 7 . Die Familie scheint, aus einer Urkunde des ^.Jahrhunderts<br />

zu schließen, ihren Sitz im Sonder in der heutigen Gemeinde Stein (S. 439)<br />

gehabt zu haben 8 . Zum Amte Hundwil gehörte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts,<br />

was Steuer- und Gerichtsverwaltung, jedoch nicht den kirchlichen Bereich<br />

betraf, auch die Rhode Urnäsch (S. 292) 9 . Einer besondern Gerichtsbarkeit unterstand<br />

die entlegene Schwägalp 10 .<br />

Innerhalb des Reichsverbandes gehörte das Amt mit den Ämtern von Appenzell,<br />

Teufen und einigen nichtappenzellischen zur Reichsvogtei St. Gallen 11 . Diese wurde<br />

1345 durch den Kaiser dem Abt von St. Gallen verpfändet 12 . Die Vereinigung von<br />

Grundherrschafts- und Hoheitsrechten über das Land in einer Person führte unter<br />

Abt Kuno von Stoffeln infolge Unterdrückung und Willkür zur Erhebung der<br />

Appenzeller im Freiheitskrieg von 1401 bis 1429. In diesem spielte Hundwil eine<br />

führende Rolle. I m Bündnisvertrag von 1401 mit der Stadt St. Gallen hängte es<br />

1 A U B 15.<br />

2 SONDEREGGER, Orts-und Flurnamen, S. 99-104. Ders., Siedlungsgeschichte, S. 26, 32.<br />

3 Vgl. AG I , S. 75.<br />

4 AUB 15.AUB 87: 1353 verkauft KonradWaibel, Sohn des Ulrich Waibel selig von Hundwil, die<br />

Schwägalpan das Kloster St. Gallen.<br />

5 AUB 29: 1268 «Ulrico, ministro nostrode Huntwila.» - UBSG 1095 und Bd.III, S. 735 (Kuchimeister),<br />

737 (Konrad als Dienstmann von Hundwil).<br />

6 UBSG 1198: 1312 ist erstmals ein «aman von Huntwille» bezeugt. - AUB 57: 1324 «ampt ze<br />

Huntwile ».<br />

7 AUB 107 bzw. 109. - UBSG 1497 (AUB 87): 1353waltet noch derRitter «Johans von Meldegge,<br />

Amman ze Huntwille» als Richter.<br />

8 AUB 1160: 1479 Ulrich Waibelim Sunder, Altammann.<br />

9 AUB 109 (s.o.), 372, S. 2iof. (Klageschrift).<br />

10 A UB 372, S. 211: GehörtzumHofamt St. Gallen.<br />

11 AUB 48 usw. 12 A UB 74.


geschichte 353<br />

Abb. 328. Hundwil. Das Dorf von Süden mit der mittelalterlichen Kirche in der Neugestaltung von<br />

1750, mit dem Pfarr- und Rathaus, das noch Klebedächer aufweist, und den übrigen, Kirche und<br />

Landsgemeindeplatz zugewandten Holzgiebelhäusern. Federaquarell von Johann Ulrich Fitzi,<br />

1831/22. Gemeindekanzlei Hundwil. - Text S. 356, 360 und 380.<br />

erstmals ein eigenes, je verschiedenes Siegel an die beiden Urkunden (S. 357) und<br />

wurde in der Aufzählung der appenzellischen Bündnispartner als erster nach Appenzell<br />

genannt 1 , wie schon in entsprechenden Aufzählungen des 14. und noch im<br />

ersten Viertel des 15. Jahrhunderts 2 . Das «lendlyn» Hundwil bestand wahrscheinlich<br />

seit demEnde der Freiheitskriege aus einer obern, ungefähr das heutige Gemeindegebiet,<br />

und einer untern, die heutige Gemeinde Stein umfassenden Rhode^. Beide<br />

wurden wohl ebenfalls seit jener Zeit durch eigene Hauptleute und Räte regiert,<br />

bildeten aber eine einzige Kirchhöre mit gemeinsamem Vermögen und später auch<br />

gemeinsamem Rathaus. - 1748/49 trennte sich die untere Rhode, anläßlich des<br />

Kirchenbaus zur unabhängigen Kirchhöre und Gemeinde Stein geworden, von der<br />

obern Rhode, der nunmehrigen Gemeinde Hundwil. Damals wurde der Buchberg,<br />

ein Teil des Sonders und des Hagtobels von der untern Rhode abgetrennt und der<br />

obern zugeteilt (siehe S. 401 f.).<br />

Nachdem hier seit den Freiheitskriegen gelegentlich außerordentliche Landsgemeinden<br />

stattgefunden hatten 4 , tagte a m 2. Juni 1597 jene historisch denkwürdige<br />

Landsgemeinde, an welcher die reformierten äußern Rhoden die Landteilung be-<br />

1 AUB 161, 162.<br />

2 Zum letztenmal in der äbtischen Klageschriftvon 1420/21 (AUB 272). Seit 1403 (AUB 192) tritt<br />

das Appenzellerland nach außen als Ganzes auf.<br />

3 AUB 2353: 1552 werden erstmals zwei Rhoden erwähnt.AUB 246g: 1556 erstmals vordere und<br />

hintere Rhod.AUB 3129: 1571 die obere Rhod.<br />

4 AG 1, S. 199. - WALTER SCHLÄPFER, Die Landsgemeinde von Appenzell Außerrhoden, Herisau<br />

1965, S. 6.<br />

23 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


354 hundwil<br />

schlossen 1 , am 2. Dezember gleichen Jahres jene, die Trogen mit knappem Mehr<br />

zum Haupt- und Gerichtsort von Appenzell Außerrhoden und Tagungsort der<br />

Landsgemeinde in den geraden Jahren bestimmte 2 . Hundwil wurde bald nach 1600,<br />

jedenfalls gemäß ausdrücklicher Bestimmung durch das Landbuch von 1615, im<br />

Wechsel mit Trogen regelmäßiger Tagungsort der Landsgemeinde in den ungeraden<br />

Jahren. Die erste nachweisbare Landsgemeinde nach 1597 in Hundwil war jene von<br />

1611 3 . Als Tagungsort eignete sich Hundwil unter den Gemeinden hinter der Sitter,<br />

die mit jenen vor der Sitter u m den politischen Vorrang rivalisierten, dank der<br />

zentraleren Lageam besten.<br />

KIRCHLICHE V ERHÄLTNISSE<br />

A. Bis zur Reformation. Für 1297 ist durch die erste urkundliche Erwähnung eines<br />

Geistlichen, des Vizeleutpriesters K(onrad) («G.viceplebanus in Huntwille»), die<br />

Existenz einer Kirche oder Kapelle erwiesen 4 . I m Zehntenrodel der Diözese Konstanz<br />

von 1275, der allerdings nur Abgaben von Pfarrkirchen verzeichnet, ist sie nicht<br />

erwähnt 5. Innerhalb des Bistums Konstanz gehörte sie zum Dekanat St. Gallen im Archidiakonat<br />

Thurgau 6 und ist im 14. und 15. Jahrhundert wie Gais als Filialkirche der<br />

St.-Laurenzen-Pfarrkirche in St. Gallen bezeugt 7 . Noch vor 1380 muß sie jedoch zur<br />

Pfarrkirche erhoben worden sein. In diesem Jahr verzichtete der Pfarrer von St. Laurenzen<br />

auf die Ab- und Einsetzung von Pfarrern in Hundwil zugunsten des Klosters 8 .<br />

Die auch von neuern Autoren übernommene Nachricht VADIANS, wonach die<br />

St.-Leonhards-Kirche in St. Gallen bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts Pfarrkirche<br />

von Hundwil gewesen sei, erklärt sich aus der Tatsache, daß Geistliche der zur<br />

Grosspfarrei St. Laurenzen gehörigen St.-Leonhards-Propstei dort als Pfarrer wirkten 9 .<br />

Nicht beweisbar ist eine dem Kirchenbau vorausgehende Zugehörigkeit zur<br />

1 KARL RITTER, Die Teilung des Landes Appenzell imJahre 1597, Trogen 1897, S. 70.<br />

2 WALTER SCHLÄPFER, a.a.O.,S. 8.<br />

3 WALTER SCHLÄPFER, a.a.O.,S. 11.<br />

4 UBSG 1100. - GABRIEL WALSERS Datierung des Kirchenbaus auf 1315 in der Appenzeller Chronik,<br />

S. 87, scheint auf der Kenntnis einer datierten Glocke zu beruhen analog seiner Datierung von<br />

Urnäsch und Gais (Erhebung zur Pfarrkirche).<br />

5 FDA, Bd. I (1865), S. 15-303.<br />

6 So laut «Liber marcarum» (1360-1370), FDA, Bd. 5 (1870), S. 72, 74f.<br />

7 Laut Einkünfterodel der St.-Laurenzen-Kirche von 1300 bis 1400, zitiert in: ZELLWEGER, GA I ,<br />

S. 216, Anm. 52: «Ecclesia S.Laurentii apud S.Gallum, cum filiabus Huntwil, Gaiß et..Capeila in<br />

Huntwil habet proprium plebanum.- AUB 372 (äbtische Klageschriftvon 1420/21), S. 210: «kilch<br />

ze Huntwil..ain tochter ist under sant Lorentzenkilchen zu Santgallen.» - Jahrzeitenbuch von<br />

St.Laurenzen (Stadtarchiv St.Gallen, Bd. 509) Fol. I4r, i4.April 1443; «Domini Ulrici Schindlers,<br />

plebani in Huntwil» (Mitteilung von Dr. PAUL STAERKLE).<br />

8 AUB 133. —I n «Liber marcarum» (1360-1370), FDA, Bd. 5 (1870), S. 74f.: «Ecclesia parochialis..<br />

Huntwil.»<br />

9 VADIAN, Chronik der Äbte des Klosters St.Gallen, hrsg. von ERNST GÖTZINGER, Bd. I, S. IN:<br />

«Sohat die pfarr zuHundweilan das gestift zu S. Lienhart... gehört, wie die jüngsten jarzeitbuecher<br />

daselbst beweisend,und viljar dadannen versechen worden ist.» Vgl. ebenda, S. 23of. - Ferner WALSER,<br />

S. 86f. - AUGUST NAEF, Chronik oder Denkwürdigkeiten der Stadt und Landschaft St. Gallen, Zürich<br />

und St. Gallen 1867, S. 565. - Die in der Zeitschriftfür Schweizerische Kirchengeschichte 55 (1961),<br />

S. 192, als Beweis angeführtenUrkunden enthalten allerdings keinen Hinweis. - Kdm St.Gallen II,<br />

S. 69, 152 f. - Vgl. ZELLWEGER, G A I ,S. 133.


geschichte 355<br />

Pfarrei Appenzell 1 oder Goßau 2 . Seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts standen<br />

dem Pfarrer zwei Geistliche mit eigenen Pfründen zur Seite. Schon vor 1479 existierte<br />

eine Frühmesserpfründe des bereits 1463 nachweisbaren Martinsaltars 3 und 1508 eine<br />

Kaplanei des 1482 bezeugten St.-Anna-Altars 4 . - Das Kirchenpatrozinium St. Peter und<br />

Paul ist durch den Ablaßbrief Kardinal Puccis von 1518 überliefert 5 .<br />

B. Seit der Reformation. Einführung der neuen Lehre wie in den übrigen äußern<br />

Rhoden durch Kirchhörebeschluß im Anschluß an den wahrscheinlich am 30. April<br />

1525 gefallenen Landsgemeindeentscheid, wonach die Kirchhöre über Annahme oder<br />

Ablehnung abstimmen sollte 6 . Wegbereiter dazu war der von Hundwil stammende<br />

und daselbst von 1522 bis 1530 als Pfarrer wirkende Walter Klarer (1499-1567),<br />

Verfasser einer kleinen Reformationschronik 7 . Die beim alten Glauben verharrenden<br />

Hundwiler auf Stechlenegg wurden bei der Landteilung 1597 zum innerrhodischen<br />

Territorium geschlagen 8 . Abgesehen von der 1748 erfolgten Ablösung der untern<br />

Rhode als selbständige Kirchhöre Stein, verlief die weitere Entwicklung parallel zu<br />

den übrigen außerrhodischen Kirchhören (siehe S. 11). Seit 1911 besteht eine<br />

römisch-katholische Pfarrei Urnäsch-Hundwil-Waldstatt mit einer 1911 /12 erbauten<br />

Kirche in Zürchersmühle (Siehe Urnäsch, S. 294).<br />

WIRTSCHAFTLICHE V ERHÄLTNISSE U ND BEVÖLKERUNGSZAHL<br />

Die überwiegend bäuerliche Bevölkerung betrieb Viehzucht, beteiligte sich aber<br />

auch rege an der im 17./18. Jahrhundert aufblühenden Leinwand- bzw. Musselinweberei.<br />

Die Herstellung von Leinwandtuch ist schon 1515 bezeugt 9 . Noch um<br />

1835 gab es viele Weber und «seit einiger Zeit auch Seidenknüpfler» 10 . Die Alpwirtschaft<br />

gewann dagegen trotz dem Besitz der bedeutenden Schwägalp erst in<br />

jüngster Zeit Bedeutung. Bis 1886 waren daselbst keine Hundwiler im Besitz von<br />

Alprechten 11 , sondern z.B. Leute aus Appenzell, Gais, Herisau, Trogen und Stein 12 .<br />

Seither werden von der Gemeinde am Oktoberjahrmarkt Alprechte vorwiegend an<br />

Hundwiler vergantet' 3 . Bis Mitte 19. Jahrhundert fanden vier Jahrmärkte statt' 4 . -<br />

1 WALSER, S. 8 6.<br />

2 PAUL STAERKLE, Geschichte von Goßau, Goßau 1961, S. 40.<br />

3 Investiturprotokolle, S. 410: 30.N0V. 1479 und i4.Febr. 1481 «..ad primariam altare S.Martini..».<br />

1463-1493 «altare S.Martini». —A GI, S. 312: Frühmesser Michael Kuhn legt um 1466<br />

«Elenchus sermonum»an.<br />

4 Registra subsidii caritativi von 1508, F DA, Bd. 35 (N.F. Bd. 8), S. 90: «capellania s.Anne.» —<br />

Investiturprotokolle, S. 410: Zwischen 1482 und 1493 mehrmals «altare S.Anne».<br />

5 AUB 1694.<br />

6 Zu dieser mit der traditionellen Datierungim Widerspruch stehenden neuen Datierung der entscheidenden<br />

Landsgemeinde u nd der darauffolgenden Kirchhöreversammlungen siehe S.g, Anm. 1.<br />

7 AUB 1739, 1754, 1854 (Teilnahme an der Berner Disputation 1528), 1882, 1945 (Pfarrer in<br />

Goßau), 2649 (Präsident der Synode), 2961 (Tod 1567). Vgl. auchAG I , S. 311, 324.<br />

8 AUB 4140 (Landteilungsbrief, Art. 4). 9 BODMER, Textilgewerbe, S. 5.<br />

10 G . RÜSCH, D er Kanton Appenzell, S. 206.<br />

11 RIETMANN, Fol. 27. - OTTO FREHNER, Das Alpbuchder Schwägalp, Herisau 1925.<br />

12 J . JAKOB, Bausteine zur Heimatgeschichte von Urnäsch, 1955. Ms., S. 225, Spruchbrief, ^.Juli<br />

1695.<br />

13 RIETMANN, Fol. 29. Laut Fol. 27waren 1937 von 22 Alprechten I3 1 / 2 im Besitz der Gemeinde.<br />

14 RIETMANN, Fol.5.


356 hundwil<br />

Die Bevölkerungszahl betrug 1535 in der obern (hintern) und in der untern (vordem)<br />

Rhode zusammen schätzungsweise das Vier- oder Fünffache der 551 verzeichneten<br />

Männer 1 .Von 1667 bis 1734 stieg sie laut Statistik von 1845 auf 3360 Seelen an und<br />

erreichte 1794 (nun ohne die abgetrennte untere Rhode Stein mit 1777 Einwohnern)<br />

bei 1910 Seelen einen später nie mehr erreichten Höhepunkt. Danach Rückgang, bis<br />

1805 auf 1649 2 , bis 1842 auf 1527 Einwohner 3 . In der zweiten Hälfte des 19. und zu<br />

Beginn des 20. Jahrhunderts nochmals Anstieg (1888 und 1910 Höhepunkte mit<br />

1642 bzw. 1626 Einwohnern), 1970 noch 1069 4 . - Bei der ersten Häuserzählung 1798<br />

gab es 270 5 , 1842 266 Häuser 6 , i960 279 bewohnte Gebäude 7 .<br />

Quellen. GdeA: Räteprotokolle, I746ff. - Protokoll der Gemeindeversammlungen, i86off. - Jahresrechnung<br />

der Gemeinde, 18570". — Protokoll der Kirchgemeindeversammlungen, iByyff. - Protokoll<br />

der Kirchenvorsteherschaft, 1877ff". — Protokoll der Kirchenbaukommission 1856-1858 (Nr. 84). —<br />

Akten und Protokolle zu Turmbau und Glockenanschaffung von 1894. - Protokoll der Straßenkommission,<br />

sechs Faszikel bzw. Bde., 1838-1872. - Jahresbericht und Rechnung der Gemeindestraßenkommission,<br />

185g ff. (lückenhaft). — Privatbesitz Hulda Knoepfel, Heimat, Hundwil: FünfTurmknopfdokumente<br />

von 1711 bis 1836, Kopien von JOH. BARTHOLOME THÄLER, Maler von Hundwilin Herisau,<br />

enthalten im Ms. «Geschichten wegen den Unruhen der französischen Revolution von Ao 1797 bis<br />

1809, hauptsächlich in bezug auf die Geschichte der Gemeinde Hundwil.» von JOH. ULRICH THÄLER,<br />

Maler in Hundwil (zitiert: TurmknopfdokumenteI-V).<br />

Literatur.<br />

JAKOB RIETMANN, Das Hundwiler Buch. Ms., Hundwil 1943 (Privatbesitz Hundwil.<br />

Zitiert: RIETMANN). - JAKOB RIETMANN u n d HANS FRISCHKNECHT, H undwil, hektographiertes Ms.,<br />

o.O.,o.J. ( u m1965. Zitiert: RIETMANNu n d FRISOHKNECHT). - HOWARD EUGSTER, Die Trennung der<br />

beiden Hundwiler Rhoden und der Kirchenbau zu Stein in den Jahren 1748 und 1749, AJB, dritte<br />

Folge, 4.Heft, Trogen 1891, S. 73-101.<br />

Bilddokumente. 1. Dorf von S, aufgenommen von JOHANN ULRICH FITZI (1798-1855): a) «Hundwyl»<br />

(lateinische Kursiveim Bild unten), Federzeichnung, 19,3 X48,6 cm, datiert: «Jm Hornung 1821 auf<br />

der Nasse» (deutsche Kursive). Sammlung Ernst Rutz, GümligenBE.-b) «HUNDWYL» (Buchstabenmit<br />

Gitterverzierung), Federzeichnung nach der Vorlage a, 35X53,5cm, 1821/22 (in Reihe zusammengehöriger<br />

Dorfbilder, wovon eines 1822 datiert ist). Privatbesitz Zollikon. - c) «Hundwyl» (Fraktur),<br />

Federaquarellnachder Vorlage a, 34,5 X 52,5 cm,um die gleiche Zeit. Gemeindekanzlei (Abb. 328). -<br />

2. Dorf von O, aufgenommen von JOH. ULRICH FITZI: a) Federzeichnung, 21,2 X 41,2 cm, rechts unten<br />

im Bild datiert: «Hundwyl d 3 October 1829». Sammlung Ernst Rutz, Gümligen BE (Abb. 334). -<br />

b) Mit Heimkehrer von der Landsgemeinde, Aquarell, 19,8x26,3 cm,um 1829. KtB Trogen, Nr. 7.<br />

Abb. in:AG II, S. 448,44g. - 3. Dorf vonSW und «Die außerordentliche Landsgemeinde inHundwyl<br />

Ctn. AppenzellV.R. gehaltenden 3 Merz 1833», Aquatintaradierung, 28,5 X 44,4cm (Bild), signiert:<br />

«J. U. Fitzi del. — C. Burckhardt sculp.» und: « Zu haben bei dem Herausgeber I. B. Isenring in<br />

St.Gallen.» Hist. Mus. St.Gallen, Nr. 12385 (Abb. 335). - 4. Landsgemeindeplatz mit Dorfpartie von<br />

SW, Vorstudie zum Landsgemeindebild, Bleistiftzeichnung, 23,5 X 75,4 cm, datiert; « Hundwyl d 4 Merz<br />

1833». Sammlung Ernst Rutz, Gümligen BE. - 5. Dorf von SW,Öl auf Leinwand, 63 X 7g cm, betitelt:<br />

« Merkwürdiger Auftritt in der Revolution, aufdem Gemeindeplatz in Hundweil. Den 31. MerzAnno<br />

I7g8.», von JOH. BARTHOLOME THÄLER (1806-1850) von Hundwil in Herisau (vgl. Quellen), zweites<br />

Viertel ig. Jahrhundert. Gemeindekanzlei (Abb. 355). - 6. Variante von Nr. 5, Öl auf Holz, 42,5 X<br />

71,1 cm, von unbekanntem Maler. Rathaus Trogen. Abb. in:AG II, S. 288, 28g. - 7. DorfmitLandsgemeinde<br />

von SW, Öl auf Leinwand, 36,5X46 cm, wahrscheinlich von JOH. BARTHOLOME THÄLER,<br />

zweites Viertel ig.Jahrhundert. Privatbesitz Heiden. - 8. «Das Innere von Hundwyl», von WSW,<br />

Aquatintaradierung, 7,3X10,5 cm. Randbild auf «Ansicht des Flekens Herisau», signiert: « J. B.<br />

Jsenring del. —J . Hausher sculp.»,um 1831 (SKL). Hist. Mus. St.Gallen, Nr. 6181. - 8a. Mühleund<br />

gedeckte Holzbrücke im Rachentobel von S, Bleistiftzeichnung, weiß gehöht, 21,5 X 15,4 cm, signiert:<br />

i AG I, S. 4i5f. 2 SCHÄFER, Materialien 1810, S. 71-74.<br />

3 AMB 1843, S. 66f. 4 Statistische Quellenwerke der Schweiz, Heft 467, Bern ig7i, S. 45.<br />

5 SCHÄFER, a.a.O.,S.74. 6 A M B 1843,S. 6 7.<br />

7 Statistische Quellenwerke der Schweiz, Heft 343, Bern 1963, S. 50.


geschichte 357<br />

Abb. 329, 330 und 331. Hundwil. Gemeindesiegel der zweiten Urkunde von 1401. Stadtbibliothek<br />

Vadiana, St. Gallen, Tr.XX,Nr. 15. - Gemeindesiegel von 1755. — Kanzleisiegel, Anfang 19.Jahrhundert.<br />

- Text S. 352 f. und unten.<br />

«Rietm.»( = JOH. JAK. RIETMANN), um 1866/67. Vadiana, St.Gallen (Abb. 372). - 9. Photographien<br />

der Kirche von außen und innen vor Turmneubau 1894 bzw. Renovation 1913, in: JAKOB RIETMANN,<br />

Das Hundwilerbuch, und in; KtB Trogen, Mappe 001 (Abb. 336, 347). - 10. Photographien der alten<br />

Glocken (Negative im Pfarrhaus) in: JAKOB RIETMANN, Das Hundwilerbuch,und im KdmA. -11. Photographien<br />

der Hundwilertobelbrücke, ebendaundZBZ (Abb. 374).<br />

Plandokumente. 1. «SITUATIONSPLAN des Straßenprojekts in & durch das Dorf Hundwyl». 1:1000.<br />

Feder mit verschiedenfarbiger Tuscheund aquarelliert, 42 X93,5 cm, von AD. NAEFF, Ing.,um 1858.<br />

Gemeindekanzlei, Nr. 17 (S. 360). - 2. Schnitte der Hundwilertobelbrücke vor deren Abbruch.<br />

1:50. Von ALBERT WIEDENKELLER, St.Gallen. I m Besitz des Zeichners (Lichtpausen im KdmA).<br />

Siegel und Wappen (Abb. 329-331). Vgl. Wappenscheiben. 1. Zwei Gemeindesiegel von 14.01. a)Dm. 44mm.<br />

Wappen: Aufrecht nach heraldisch links (!) schreitender Bär, an dessen Rücken Hund emporspringt.<br />

Die Entstehung erklärt sich aus volksetymologischer Deutung des Ortsnamens (S. 352) I . Umschrift<br />

mit gotischen Majuskeln in kreisrunder Umrandung: «+s' VNIVSITATIS TERE DE HVNTWILLE» (Abkürzungszeichen<br />

ergänzt). An Bundesurkunde vom 17.Januar 1401, Stadtbibliothek St.Gallen, Tr.XX,<br />

Nr. 14 (AUB 161). - b) Dm. 39mm. Wappen gleich, Tiere jedoch plumper als beim ersten Siegel.<br />

Umschrift ebenfalls in gotischen Majuskeln: « + s' VNIVERSITATIS TERRE•T• HVTWIL» (Abkürzungszeichen<br />

ergänzt). An der zweiten Bundesurkunde vom 17. Januar 1401, Stadtbibliothek St.Gallen,<br />

Tr. XX, Nr. 15 (AUB 162). - 2. Gemeindesiegel von 1755 2 . Dm. 33 mm. Das Wappen wie bei den zwei<br />

frühern Siegeln, die Tiere jedoch nach heraldisch rechts laufend und realistischer gestaltet, außerdem<br />

in ovalem Schild, der von neunzackiger Krone bekrönt, seitlich von Roll- und Gitterwerk des Rokokos<br />

gerahmt und unten von geflügeltem Engelskopf unterfangen ist. Auf umlaufendem Schriftband, das<br />

oben von der Krone unterbrochen ist, in Antiqua: «SIGILUM-DER-GEMEIND + HUND+WIL» mit angehängtem<br />

Zierschnörkel. Silberne Petschaft noch im Gebrauch. - 3. Kanzleisiegel, Anfang ig. Jahrhundert.<br />

Oval, 31X27 mm. Wappen abweichend vom frühern: Auf Boden aufrecht nach heraldisch rechts<br />

schreitender Bär hält mit der linken Pranke einen geschweiften Schild, in dem als Emblem ein Hund<br />

auf allen Vieren steht. Einam Schild steckender Lorbeerzweig dientder Symmetrie. Antiquaumschrift:<br />

«CANZLEI - DER - GEMEINDE - HUNDWIL.» Signatur «B» der Wädenswiler Petschaftsstecher JOH.<br />

CASPAR undHs. JAKOB BRUPBACHER aufdem Sockel zwischen den Bärenpranken 3. Anschaffung wohl<br />

1802 wie ebenso datierte Siegelpresse im «Altertumszimmer» des Pfarrhauses (S. 385). Auffallende<br />

stilistische Ähnlichkeit mit den von den BRUPBACHERN 1804 geschaffenen Siegeln von Waldstatt<br />

(S. 268) und demjenigen von Wald. Messingpetschaft erhalten. - 4. Gemeindesiegel von 1852. Dm. 23 mm.<br />

Ahnlich wie Kanzleisiegel mit entsprechendem Wappen. Antiquaumschrift: «GEMEINDE = HUNDWIL* ».<br />

Messingpetschaft mit dazugehöriger, «1852» datierter Presse aus Kirschbaumholz ist erhalten.<br />

1 SONDEREGGER, Orts- und Flurnamen, S. 102 f.<br />

2 FISCH, Chronik VI, S. 111, Nr. 15, und VII, S. 92.<br />

3 Vgl. PETER ZIEGLER, Die Petschaftstecher und Graveure Brupbacher von Wädenswil, o.O. und<br />

o.J., S.6f.


35 8 hundwil<br />

lage und gestalt<br />

i. Das Dorf und seine bauliche Entwicklung (Abb. 328, 332-337). Das Dorf liegt 788 m<br />

ü. M. (LK) auf der von der Hundwiler Höhi nachNW geneigten und zur Urnäschschlucht<br />

abstürzenden Terrasse, die im O und SW durch je ein in diese Schlucht<br />

mündendes kleineres Tobel, jenes des Sonder- und jenes des Fitzibachs, begrenzt<br />

ist 1 . Von Herisau abgesehen, ist Hundwil das älteste Kirchdorf von Appenzell<br />

Außerrhoden. Sein Kern ist als Weiler eines Hunt oder Hunte schon 921 bezeugt<br />

i Nurder obere Teil der Urnäschschlucht heißt heute Hundwilertobel (LK).<br />

HERISAU<br />

LANDS-<br />

GEMEINDE<br />

PLATZ<br />

0 50<br />

Abb. 332. Hundwil. Übersichtsplan, Maßstab 1: zirka 2800. Das Dorf entstand im Anschluß an die<br />

im 13. Jahrhundert erbaute Kirche. Neben dem zwischen Kirche und «Krone» (Nr. 7) gelegenen<br />

Dorf- und Brunnenplatz erhielt die Siedlung seit Beginn des 17.Jahrhunderts einen neuen Schwerpunktim<br />

Landsgemeindeplatz. - Text S. 358-360, 362^-366und 380-388.


lage und gestalt 359<br />

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5fl 81<br />

Abb. 333. Hundwil. Flugaufnahme von Nordnordosten, 24. April 1949, mit den die Landsgemeinde<br />

verlassenden Volksscharen (vgl. Abb. 332). - Text S. 358-360, 362 f., 366 und 380-388.<br />

(siehe S. 352) und somit offenbar älter als die spätestens Ende des 13. Jahrhunderts<br />

erbaute Kirche. Dieser Kern ist wohl nordostseits der Kirche um den alten Dorfund<br />

Brunnenplatz beim Gasthaus zur Krone, dem ältesten des Orts, zu suchen. Hier<br />

erreichen und verlassen die alten Verkehrswege das Dorf, wovon sich drei bereits<br />

nordseits unter ihm vereinigen, nämlich die ehemalige «Landstraße» von Appenzell<br />

und der untern Hundwiler Rhode (Stein) her durch den Sonder, jene von St. Gallen<br />

und Zweibrüggen her durch die westliche untere Rhode (Stein) und über den Sonderbach<br />

im Rachentobel und jene von Herisau her über den Churzenberg und das<br />

Herisauer Tobel. Eine vierte alte Landstraße bildet vom Platz in südwestlicher<br />

Richtung südseits an der Kirche vorbei deren Fortsetzung nach Urnäsch. Siehe<br />

Straßen und Verkehr, S. 362 f., sowie Brücken, S. 397-400. Vom Platz westwärts zieht<br />

sich an der Nordseite der Kirche vorbei die alte Dorfstraße, die heute auf eine Strecke<br />

weit zum Bestandteil der 1860/61 durch das Dorf angelegten Mittellandstraße, der<br />

neuen Landstraße, geworden ist. Vermutlich ist der Ursprung der die alte Dorfstraße<br />

westwärts säumenden Holzgiebelhäuser sowie von Haus Nr. 2 ostseits der<br />

Kirche älter als derjenige der Häuser, die die Straße südöstlich und südlich der<br />

Kirche Richtung Urnäsch säumen. Mit Ausnahme von Haus Nr. 2, das nächst der<br />

Kirche steht und seine Front südwärts wendet, verbinden die ersten ebenfalls in<br />

einer Vorzugsstellung die begehrte traditionelle Südsüdostrichtung ihrer Fassaden<br />

mit dem Blick auf Kirche, Straße und Landsgemeindeplatz.Um diesen zu genießen,<br />

mußten die zweiten die Südsüdoststellung zugunsten einer Nordnordwest- oder<br />

Weststellung preisgeben.


360 h u n d w i l<br />

Das bestehende Dorfbild erhält sein besonderes Gepräge durch den westseits der<br />

Kirche liegenden Lands gemeindeplatz und die seine Westseite säumenden, ostwärts auf<br />

ihn und die Kirche gerichteten Holzgiebelhäuser. Dieser verdankt Entstehung und<br />

Gestalt der Erwählung des Dorfes zum Landsgemeindeort nach der Landteilung von<br />

1597 (s.o.). Gelegentliche außerordentliche Landsgemeinden in Hundwil zur Zeit<br />

des ungeteilten Landes werden kaum einen besondern Einfluß auf die Gestaltung des<br />

Platzes ausgeübt haben. Im 17./18. Jahrhundert wurde er durch die Bautätigkeit an<br />

seinem Westsaum vermutlich in das Gesamtbild des Dorfes einbezogen, in dem die<br />

Kirche als Schwerpunkt aus der Mitte ostwärts gerückt erscheint. - Die weitgehende<br />

Einheitlichkeit des Dorfbildes beruht im Zentrum um Kirche und Landsgemeindeplatz<br />

auf dem traditionellen Stil der über gemauertem Keller- oder Erdgeschoß<br />

gestrickten Holzgiebelhäuser des 17./18. Jahrhunderts mit Reihenfenstern und einer<br />

Fassadentäferung, die zur Hauptsache erstim 19. Jahrhundert bis zum Giebel hinaufgeführt<br />

worden ist. Manche dieser Häuser dürften in der Zeit vom 17. bis ^.Jahrhundert<br />

jedoch nur aus ältern Häusern umgebaut und vergrößert worden sein, ein<br />

Vorgang, der für gestrickte Häuser in Appenzell Außerrhoden (besonders in Speicher)<br />

vielfach bezeugt ist. Der Häuserzuwachs in dieser Zeit kann aus dem gleichzeitigen<br />

Bevölkerungszuwachs ermessen werden. Von 1667 bis 1794 verdoppelte sich<br />

die Bevölkerung der Gemeinde vor allem dank dem aufblühenden Textilgewerbe 1 .<br />

Um 1835 standen von insgesamt rund 270 Häusern der Gemeinde 28 im Dorf 3 . Das<br />

Dutzend seither dazugebauter Häuser an den neuen Straßen nach Herisau und<br />

Urnäschim letzten Drittel des 19. undim 20. Jahrhundert hat das alte Dorfbild kaum<br />

beeinträchtigt. Der 1860/61 durch das Dorf angelegten Mittellandstraße von Stein<br />

Richtung Herisau mußten nur zwei alte Wohnhäuser weichen, das eine am Westausgang<br />

des Dorfes zwischen «Löwen» (Nr. 22) und Haus Nr. 17, das andere am<br />

Osteingang zum Dorf nordöstlich von Haus Nr. 2 erst nachträglich, ebenso zwei<br />

Remisen am Kronenplatz 3 . Das noch geschlossene Dorfbild mit den drei letztgenannten<br />

Gebäuden ist von der Ostseite her 1829 v o m Maler JOH. ULRICH FITZI festgehalten<br />

worden 4 (Abb. 334). Eine auffallende Veränderung erfuhr das Dorfbild durch den<br />

Bau des überdimensionierten Kirchturms 1894, ferner durch die Umgestaltung der<br />

malerischen Kirchhofmauern 1835 und deren Abbruch 1885 (siehe S. 364, 379 f.).<br />

Das verdeutlichen Dorfansichten von S und SW aus dem ersten Drittel des 19.Jahrhunderts<br />

5 . (Abb. 328). Bekannt ist die durch eine Radierung von CASPAR BURGKHARDT<br />

verbreitete Darstellung der Landsgemeinde 1833 von JOH. ULRICH FITZI 6 (Abb. 335).<br />

2. Gemeinde, a) Grenzen. Bis zur Abtrennung der untern Rhode als selbständige<br />

Gemeinde Stein 1748 bildete das ganze Gebiet einen langen und schmalen Korridor,<br />

der das Appenzellerland in Nordsüdrichtung entzweiteilte. Mit seinem kleinern<br />

nördlichen Abschnitt, der heutigen Gemeinde Stein, lag es zwischen der Sitter und<br />

1 Einwohnerzahl laut SCHÄFER, Materialien 1810, S. 71-74. Siehe oben, S. 356.<br />

2 Laut ebenda, S. 74, standen 1798 in Hundwil (ohne Stein) 270 Häuser, 1842 lautAMB 1843,<br />

S. 67, 266. - 28Häuserim Dorf lautG. RUSCH, DerKanton Appenzell, S. 206.<br />

3 Laut JAKOB RIETMANN, Fol. 56, wurden das 1861 nebendem «Löwen» abgebrochene Hausim<br />

Moos, von den beiden Remisen die eine aufder Nasse, die andere in der Bleichi als Scheunen wieder<br />

aufgebaut. Siehe Plandokument 1.<br />

4 Bilddokument 2. Vgl. Plandokument 1. 5 Bilddokumente 1 und 3-8. 6 Bilddokument 3.


l a g e u n d g e s t a l t<br />

3 61<br />

Abb. 334. Hundwil. Das Dorfvon Osten.Im Hintergrund ganz links das traufständige Tätschdachhaus<br />

(«Heidenhaus») Tobel, Nr. 72 (vgl. Abb. 370), rechts vom Dorf die Bleichi (Nr. 85, vgl. Abb.<br />

366). Federzeichnung von Johann Ulrich Fitzi, 1829. Sammlung Ernst Rutz, Gümligen BE. - Text<br />

S. 356, 360, 362, 391 f. und 395.<br />

der in sie fließenden Urnäsch. Diese bildeten hier die Grenze gegen Innerrhoden,<br />

Teufen und sanktgallisches Gebiet bzw. gegen Herisau. Der gut dreimal größere<br />

Südabschnitt, die ehemalige obere Rhode und heutige Gemeinde Hundwil, ist seit<br />

1748 durch eine vom Sonderbach südöstlich zur Sitter verlaufende Grenzlinie von<br />

der Gemeinde Stein getrennt. Mit der ganzen Ostgrenze, die vom Buechbach über<br />

die Hundwiler Höhi, dann Bergkämmen und Bachläufen entlang südwärts zum Säntis<br />

verläuft, stößt dieser Abschnitt an Innerrhoden, mit der Westgrenze, die bis etwas<br />

über die Mitte ihres Laufes hinauf von der Urnäsch gebildet wird, an Herisau,<br />

Waldstatt und Urnäsch, von welcher Gemeinde sie allerdings größtenteils durch<br />

Bergrücken geschieden ist. Kurz wie die ursprüngliche Nordgrenze verläuft auch die<br />

Südgrenze gegen das Toggenburg vom Säntis über dessen westliche Ausläufer. -<br />

b) Einteilung. Das Dorf Hundwil liegt seit der Rhodsscheidung von 1748 im nördlichen<br />

Zipfel der Gemeinde. So liegen die meisten der zahlreichen Einzelhöfe und die<br />

ganz wenigen Weiler südwärts von diesem über die Abhänge und Mulden zerstreut<br />

vor allem bis zum Westlauf des Wißbaches und der südwärts von ihm sich erhebenden<br />

Lauftegg. Alte Flurnamen wie Äschen, Auen, Läbel, Pfand, Stun und Stechlenegg<br />

bezeichnen zum Teil größere, von mehreren Einzelhöfen besiedelte Bezirke 1 . Ganz<br />

im Süden der Gemeinde liegt zu Füßen des Säntis die Schwägalp. 1480 wurde sie in<br />

einem Grenzstreit mit Urnäsch Hundwil zugesprochen 2 und ist mit diesem nur durch<br />

einen schmalen, gebirgigen Korridor verbunden, während der Zugang zu ihr über<br />

Urnäsch erfolgt.<br />

I SONDEREGOER, Orts- und Flurnamen, gemäß Register. 2 AUB 1161.


362 hundwil<br />

strassen und verkehr<br />

Abgesehen von der 1933-1935 erbauten Schwebebahn Schwägalp-Säntis blieben<br />

die Straßen bis heute die einzigen Verkehrsverbindungen.<br />

A. Alte «Landstraßen». Als solche ausdrücklich erwähnt oder indirekt durch die<br />

vom Lande unterhaltenen Brücken bezeugt, waren sie bis zu den Straßenbauten in<br />

der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehr Saum- als eigentliche Fahrwege. -<br />

1. Drei uralte Routen verlassen ostseits von «Krone» (Nr. 7) und «Rosenegg» (Nr. 5)<br />

gemeinsam den alten Dorf- und Brunnenplatz zuerst in nördlicher Richtung,um sich<br />

kurz unter dem Dorf zu trennen: a) Südostwärts durch den Sonder nach Appenzell<br />

und jedenfalls nach der Gründung von Kirche und Dorf Stein 1749 auch über die<br />

Langenegg in die untere Rhode 1 . - b) Nordostwärts durch die westliche untere<br />

Rhode nach St. Gallen, dort als «Straß gen Huntwil» 1460 erstmals bezeugt 2 , oder<br />

nach dem appenzellischen Mittelland (siehe Stein, S. 410). Diese Route führte noch bis<br />

nach Mitte des 19. Jahrhunderts über eine 1724 erbaute gedeckte Holzbrücke des<br />

Sonderbachs im Rachentobel kurz vor dessen Einmündung in die Urnäsch und an der<br />

«Nordmühle» vorbei (siehe Brücken, S. 399 f.,und Mühlen, S. 396) 3 . - c) Nordwestwärts<br />

nach Herisau (S. 171 f.) über die Urnäsch auf der gedeckten Holzbrücke von<br />

HANS ULRICH GRUBENMANN im «Herisauer Tobel» 4 (S. 2i5f.). - 2. £wei Routen verlassen<br />

gemeinsam den Dorfplatz in südwestlicher Richtung, die sich in der Gegend<br />

von Örtlismüli verzweigen 5; z) Nach C/rnärcA über die Urnäschbrücke (Furterbrücke)<br />

bei Zürchersmühle (S. 326). In ihrem Verlauf deckt sie sich teilweise mit der neuen<br />

Straße von 1867/68, teilweise wird sie von ihr überschnitten. - b) Nach Waldstatt<br />

durch den Bezirk Auen und über den Auensteg (S. 398f.) 6 .<br />

B. Neue Landstraßen. 1. Mittellandstraße (von Waldstatt bis Rheineck). 1859-1862<br />

Bau der Strecke von der Hundwilertobelbrücke (S. 397f.) an der Westgrenze zu<br />

Waldstatt bis zur Ostgrenze gegen Stein im Hagtobel. Sie verband die drei Nachbardörfer<br />

in völlig neuem Verlauf, der, abgesehen vom neuen Brückenübergang im<br />

Hundwilertobel, dem heutigen entspricht 7 . - 2. Richtung Appenzell von Ghronbach<br />

bis Gonten im südlichen Gemeindebezirk Stechlenegg, 1860/61 8 . - 3. Richtung<br />

Urnäsch bis Zürchersmühle, nach Plänen von Ingenieur EUGSTER von St. Fiden,<br />

i Vgl. Bilddokument 2 (Abb. 334) undLK. 2 UBSG6421.<br />

3 Verabkomnisbrief, 2. März 1776 (Wegbüchlein, S. 25-27): «Landstraßim Rachtertobel» muß<br />

von den «jeweiligen Besitzern der Mühle im Rachtertobel» instandgehalten werden «ausgenommen<br />

die Brugg».<br />

4 So bezeichnetim Wegbüchlein, S. 29. In Hundwil als Alttobelbrücke bezeichnet.<br />

5 Zum Verlaufvom Platz zwischen Nr. 2 und Nr. 30 ob der Kirchehin siehe Plandokument 1 und<br />

Bilddokument 2. Ein Verbindungssträßchen von der Dorfstraße zur Straße nachUrnäsch führte,wie<br />

noch heute, zwischen KircheundHaus Nr. 2 hindurch. - Vgl. RIETMANN, Fol. 83.<br />

6 Ein zweiter Übergangim Auerloch, ein 1740 erbauter Fußsteig, hing laut J. J . SCHLÄPFER,<br />

Chronicon der Gemeinde Waldstatt, S. 6,mit derErbauung derMühle zusammen. - Laut AMB 1838,<br />

S. 153, führte ein Steg in der Umgebungder geplanten Hundwilertobelbrücke über die Urnäsch.<br />

7 Straßenprogrammim Edikt vom 2I.Jan. 1B56 gemäßdem neuen Straßengesetz vom 27.April<br />

1851. - Vierter bis siebter Jahresbericht und Rechnung der Gemeindestraßenkommission, 1859 bis<br />

1862. — Protokoll der Straßenkommission 1856-1861 und 1861/62. — Amtsblatt 1861/62, I., S. 83f.,<br />

102-104.<br />

8 Ebenda.


kirche 363<br />

1867/68- 4. Richtung Appenzell vom Dorf durch den Sonder, 1871 2 . Abzweigung<br />

von der Mittellandstraße beim Bezirk Schöni. - 5. Lehnenstraße. Verbindung Zürchersmühle-Chronbach<br />

auf dem rechtsseitigen Urnäschufer, 1888 erbaut 3 .<br />

KIRCHE<br />

BAUGESCHIGHTLIGHES. Direkte baugeschichtliche Nachrichten fehlen über den<br />

spätromanischen Bau (s.u.). Er dürfte aber im Laufe des 13. Jahrhunderts erstellt<br />

worden sein. 1297 existierte er offenbar. Für dieses Jahr ist ein Vizeleutpriester<br />

C(ondrad) in Hundwil bezeugt, der für den Propst im Kloster St.Gallen eine Urkunde<br />

unterzeichnete. Siehe S. 354. Abgesehen von einer beiläufigen Erwähnung<br />

der Empore («bar kilchen») 1556 4 beginnen Berichte überhaupt erst 1711 mit<br />

den im Turmknopf aufbewahrten, vom Maler Jon. BARTHOLOME THÄLER 1836<br />

kopierten Dokumenten über Renovationen und Umbauten von 1693 bis 1836 5 . Unter<br />

diesen kommt der Umgestaltung von /750 große Bedeutung zu; denn der «berühmte<br />

und kunsterfahrene» Baumeister JOHANN ULRICH GRUBENMANN von Teufen und<br />

dessen Bruder JOHANN JAKOB schufen neuen Kirchendachstuhl, «gewölbten Kirchenhimmel»<br />

und neue Bestuhlung, erhöhten den Turmstockum fünf Schuh, mauerten<br />

die Glockenstube mit gehauenen Steinen auf und errichteten einen neuen Helm samt<br />

Wimpergen über vier Zeittafeln 6 . Die Vorschlägean die Kirchhöre hatten außerdem<br />

verlangt: Erhöhung der beiden Emporen («Borkirchen und Wiberborkirch»), Steinplattenbelag<br />

in Mittelgang und Chor, Vergrößerung aller Fenster bis an die zwei<br />

im Chor, und man solle die «kleinkirchen zum koor füren nehmen und größer<br />

und weiter, das unter koor lassen abgehen.» 7 . Zur Deutung siehe Beschreibung,<br />

S. 375f.-Die vorausgegangenen und nachfolgenden Renovationen von 1693, 1711,<br />

1775, 1804 und 1836 beschränkten sich mehr oder weniger auf die übliche Instandstellung<br />

von Turmhelm, -knöpf und -fahne. 1804 erhielten Kirche und Turm auch<br />

neuen Bestich, derTurm drei neue Uhrentafeln 8 . - Renovation 1856-1858. Nach Plänen<br />

von Zimmer- und Baumeister DANIEL OERTLI, Herisau. Maurerarbeiten von Baumeister<br />

Jon. JAKOB SGHEFER, Herisau. Unter anderm wurde der bemalte, hölzerne<br />

Kirchenhimmel von 1750 durch ein Gipsgewölbe ersetzt, an der östlichen Chorwand<br />

ein verwittertes spätgotisches Maßwerk erneuert, das Türgericht an der Südseite<br />

erhöht, die Frauenempore an der Nordflanke entfernt, an deren Stelle eine Harmoniumstribüne<br />

angebracht, die Empore der Westseite unten mit einer Gipsdecke ver-<br />

1 «Generalabrechnungüberden Bauder Straßevom Dorf bis Zürchersmühle indenJahren 1867<br />

und 1868» in «Dreizehnter Jahresbericht u nd Rechnung über das Straßenwesen der Gemeinde<br />

Hundwil 1868». — Protokoll der Straßenkommission, 2.Nov. 1863 bis 10.Jan. 1869.<br />

2 Protokoll der Straßenkommission, 19. April 1869 bis 19. Okt. 1872. Am 13.Juli 1871 liegt die<br />

Straße zur Kollaudation bereit.<br />

3 Jahresrechnung der Gemeinde 1888, S. 2of. 4 AUB 2469.<br />

5 Turmknopfdokumente I-V. Aus Wortlautund Zusammenstellungzu schließen ist die Reparatur<br />

von 1693 erst anläßlichder Turmknopföffnung von 1711 verzeichnet worden.Zum 1856-1858 wieder<br />

entfernten Kirchenhimmel siehe entsprechende Anmerkung unten.<br />

6 TurmknopfdokumentII.Vier Zeit- oderUhrentafeln sind inden Vorschlägenan die Kirchhöre<br />

enthalten. SieheAnm. 7.<br />

7 RIETMANN, Fol. 74. Die Quelle konnte nicht mehr ausfindiggemacht werden.<br />

8 Turmknopfdokument I undIII-V.


364 hundwil<br />

sehen, eine neue Bestuhlung angeschafft 1 . - Turmneubau ißg^ zusammen mit Anschaffung<br />

eines neuen Geläutes. Nach Plänen von Architekt AUGUST HARDEGGER durch<br />

die Gebrüder OERTLY, Baugeschäft, St. Gallen, Zimmermeister ROBERT WALD­<br />

BURGER, Teufen, u.a. 2 . Zudem Außenrenovation der Kirche 3 . - Innenrenovation igiS-<br />

Umgestaltung des Kirchenraums, wie er sich bis heute darbietet, nach Plänen von<br />

Architekt AUGUST HARDEGGER, indem die Kanzel von der ostseitigen Chorwand an<br />

die Nordwand in die Achse des bemalten romanischen Fensters versetzt wurde, wo<br />

bis dahin die Harmoniumstribüne gestanden hatte, und die neue Orgel auf klassizistischem<br />

Säulenpodest toskanischer Ordnung in die beherrschende Stellung der<br />

Chorostwand gerückt sowie mittels klassizistischer Galerie mit der Kanzel verbunden<br />

wurde. Außerdem Neuverputz und Bemalung der Decke 4 . - Außenrenovation von<br />

Kirchen- und Turmmauern 1935 5 . - Außenrenovation von Kirche und Turm igysjyj.<br />

Unter der Oberaufsicht der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege, vertreten<br />

durch Professor Dr. h. c. ALBERT KNOEPFLI und Architekt WALTER PIETZ, der<br />

Mitwirkung des appenzellischen Heimatschutzes und unter der Leitung des Architekturbüros<br />

MAX ROHNER, Architekt ETH/SIA, Herisau: vor allem Neuverputz der<br />

Mauern und Sichtbarmachung von drei der zum Vorschein gekommenen romanischen<br />

Fenster, nämlich je eines an Ost-, Süd- und Nordwand (dasjenige an der<br />

Ostwand ist mit dem 1913 an der Innenwand entdeckten identisch). Reparatur des<br />

spätgotischen Portalgewändes, wobei die Sockelpartien ersetzt wurden. Spuren eines<br />

weitern romanischen Rundbogenfensters und eines rundbogigen romanischen Portalgewändes<br />

an der Südfront, ferner je ein vermutlich ebenfalls romanisches Rechteckfenster<br />

nord- und südseits über der Westempore, das fast die Traufhöhe erreicht,<br />

sind in Plänen festgehalten worden (vgl. Abb. 338). An dem aus Sandsteinquadern<br />

gefügten Gewände des romanischen Rundbogenfensters an der Ostwand wurden<br />

zudem (jetzt wieder zugedeckte) Versatz- oder Steinmetzzeichen festgestellt<br />

(Tabelle, IV, 21-27). Die zum Teil mit Tuffsteinen erstellten Gewände der andern<br />

1 Protokoll der Kirchenbaukommission 1856-1858 (GdeA, Nr. 84). - Vgl. RIETMANN, Fol. 74. -<br />

Zwei Fragmente des entfernten Kirchenhimmels von 1750, offenbar zwei Mittelstücke, das eine mit<br />

aufgemalten Gesetzestafeln, das andere, «1750» datiert, mit dem Evangeliumsbuch, befinden sich in<br />

der Altertumskammer des Pfarrhauses (s.d.).<br />

2 PrGdeV, 8. Okt. 1893. - Protokollder Baukommission, 13.Okt. 1893 bis 17. Dez. 1895. - Verträge<br />

vom 10. März 1894 mit OERTLYund WALDBURGER, ferner mit Steinhauerund Granitlieferant MICHELE<br />

ANTONINI, C rescianobzw. Wassen,u n d v o m21.Aug. 1894mit SpenglermeisterG . SPRING, FLAWIL,<br />

anderen Akten und Verträge im GdeA, III, 26 und 28. - Jahresrechnung der Gemeinde 1894/95,<br />

S. 17: Gesamtkostenfür Turm ohneUhr und Geläute 54068 Fr. 11 Rp. — Mehrere Pläneund Skizzen<br />

von AUGUST HARDEGGER.<br />

3 Vertrag mit Gebr. OERTLY, St. Gallen, vom 10. Sept. 1894im GdeA, III, 28.<br />

4 PrKV, 9.Jan. 1913 bis 18. Dez. 1913. - Jahresrechnung der Gemeinde 1913, S. 40-43: Totalausgaben<br />

für Orgelbauund Kirchenrenovation 32716 Fr. 85 Rp.<br />

5 Rechnung vom 5. Okt. 1935 des Baugeschäfts ERNST BAI, Waldstatt. - Jahresrechnung der Gemeinde<br />

1935, S. 14.<br />

Abb. 335, 336 und 337. Hundwil. Kirche mit Landsgemeindeplatz und Pfarrhaus von Südwesten.<br />

Rechts oben: mit der 1750 vonJakobund Hans Ulrich Grubenmann neu gestalteten Kircheundmit<br />

Klebedächern a m Pfarrhaus. Aquatintaradierung von Caspar Burckhardt nach einer Zeichnung<br />

von Johann Ulrich Fitzi um 1833. (Ausschnitt). - Rechts mitte: mit der Kirche nach der Renovation<br />

von 1856 bis 1858. Photographie,um 1890. - Rechts unten:mit dem 1894 nach Plänen von<br />

August Hardegger neu erbauten T urm vor der Renovation von 1972/73. - Text S. 357, 358-360,<br />

366 f., 3 71 f. und 380.


kirche 3 6 5<br />

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366 hundwil<br />

Fenster wiesen einen grauen, mit weißen Strichen quadrierten Verputz auf. Eine<br />

Baunaht, die auf eine Verlängerung nach Westen hingedeutet hätte, zeigte sich<br />

dagegen an dem ziemlich einheitlich aus Bollen- und Bruchsteinen gefügten und mit<br />

Kalkmörtel gebundenen Mauerwerk nirgends 1 .<br />

BESCHREIBUNG, I. Lage und Grundriß, vgl. Lage des Dorfes, S. 359 f. Ziemlich genau<br />

ostwärts gerichtet liegt die Kirche im östlichen Teil des Dorfes, auf der Nord-, Ostund<br />

Südseite von Häusern umringt, mit der Westfront jedoch dem Landsgemeindeplatz<br />

und den diesen westseits flankierenden Häusern zugewandt. Sie bildet einen<br />

langgezogenen, fast rechteckigen Grundriß, der sich westwärts ein wenig weitet<br />

(Abb. 338). Der gerade geschlossene Chor tritt außen in keiner Weise in Erscheinung.<br />

Der quadratische Turm von 1894 ist an dessen Nordseite so angefügt, daß seine<br />

Ostwand kaum merklich über die des Chors hinausspringt.<br />

i Vgl.AZ, 10. Nov. 1971, Nr. 263,und 29.März 1972, Nr. 75. - Berichtund Antrag des Gemeinderates,<br />

28.Febr. 1972. - Geschäftsordnung für die Urnenabstimmung vom 9. April 1972.-AZ, lo.April<br />

1972, Nr. 83, und S.Juli 1972, Nr. 158.<br />

s<br />

0<br />

1 1 1 1 1 I<br />

5<br />

Abb. 338. Hundwil. Kirche. Grundriß. Maßstab i: zirka 208. Spätromanischer Rechteckbau, spätestens<br />

Ende 13.Jahrhundert,undTurm von 1894. Zwischenden spätgotischen Maßwerkfensternder<br />

Ost- und den Rundbogenfenstern von 1750 an der Nord- und Südwand die 1913 bzw. 1972 festgestellten<br />

ursprünglichen Rundbogenfenster (vgl. Abb. 339-342). - Text S. 363-376.


kirche 3 6 7<br />

2. Äußeres (Abb. 333, 336f.). Der schlichte, mit Eckquadern eingefaßte, verputzte<br />

Bau liegt unter einem eher schwach geneigten Satteldach, das dem geraden Chorabschluß<br />

entsprechend auch auf der Ostseite einen Giebel bildet, und wird in seinen<br />

Flächen nur durch West- und Südeingang, deren Vorzeichen und die Fenster aufgelockert.<br />

Dazu gesellt sich seit 1972 je ein als Nische sichtbar gemachtes romanisches<br />

Fenster an der Ost-, Süd- und Nordwand. - a) Eingänge. Seinen Hauptakzent erhält<br />

der Bau durch das rundbogige Westportal mit spätgotischem Sandsteingewände wahrscheinlich<br />

aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts 1 (Abb. 345, 346). In ihm sind ein<br />

gefaster Dreikantstab mit seitlicher Kehlung, ein Birn- und ein Rundstab im Wechsel<br />

mit Hohlkehlen einwärts gestuft. Birn- und Rundstab wachsen aus gedrehten Sockeln<br />

heraus. Dreikant- und Birnstab verzweigen sich oben beim Bogenansatz so, daß ein<br />

entsprechender Profilstab in gerader Richtung weiterläuftund an den nächst äußern<br />

Bogenlauf stößt, ohne diesen zu durchdringen. Die bisherige, aus zwei Flügeln zu je<br />

zwei Feldern bestehende rot gestrichene Holztüre ist klassizistisch von 1856 bis 1858.<br />

Aus der gleichen Zeit das Vorzeichen mit Walmdach auf vier mit neugotischem Blendmaßwerk<br />

verzierten Holzstützen. Sein Vorgänger hatte ein Pultdach getragen.<br />

Wenig in Erscheinung tritt der Südeingang. Das rundbogige, im obern Teil gefaste<br />

Sandsteingewände, das in der Gestalt jenem des Turmeingangs im Innern genau<br />

entspricht, von 1750. Neue Türe von 1972/73. - b) Fenster. Zu den verdeckten spätromanischen<br />

Fenstern siehe unten. Die Westfassade ist vom Portal abgesehen im<br />

Giebelfeld durch zwei Rundbogenfensterchen und einen Okulus von 1856 bis 1858<br />

anstelle von zwei horizontal liegenden, verkröpften Zweipaßfenstern von 1750<br />

akzentuiert, die Chorostwand links und rechts durch zwei einsprossige spätgotische<br />

Spitzbogenfenster mit Fischblasenmaßwerk, wahrscheinlich Anfang 16. Jahrhundert<br />

(Abb. 344), denen ein verkröpftes Vierpaßfenster von 1750 im Chorscheitel und ein<br />

entsprechendes kleineres im Giebel zugeordnet ist. Zwischen beiden Maßwerkfenstern<br />

ein als Nische markiertes, spätromanisches Rundbogenfenster, das als einziges<br />

von diesen ein Sandsteingewände, und zwar eines mit sechs verschiedenen<br />

(wieder vermauerten) Versatz- oder Steinmetzzeichen besitzt (Tabelle, IV, 27).<br />

Große Rundbogenfenster von 1750 beleben die Längswände, drei nord-, vier südseits.<br />

An der Südflanke von O her zwischen dem zweiten und dritten Fenster, an der<br />

Nordflanke zwischen dem ersten und zweiten sowie einander ungefähr gegenüber<br />

je ein weiteres spätromanisches Fenster, das seit 1972 als Nische sichtbar ist. Südseits<br />

in der Mitte zwischenje zwei Fenstern war bis 1856-1858 eine Sonnenuhr sichtbar.<br />

3. Inneres (Abb. 348). Der einheitliche rechteckige Raum, der durch zwei Stufen<br />

kaum merklich in Schiff und Chor unterteilt ist, wird durch ein durchgehendes<br />

fünfseitiges Gipsgewölbe von 1856 bis 1858 zusammengefaßt, das auf einem ringsum<br />

laufenden Gesims ruht, und wird beherrscht durch die nach Plänen von AUGUST<br />

HARDEGGER 1913 im Chor errichtete Architektur. Diese besteht aus einem neubarokken<br />

Orgelprospekt, der durch einen klassizistischen Säulenaufbau toskanischer Ordnung<br />

emporgehoben, beidseits von klassizistisch-biedermeierlichen Galerien flankiert<br />

und auf der linken Seite zudem mittels der verlängerten Galerie mit der barocken<br />

i Die den Kirchenpflegern und den KirchgenossenvonHundwil durch Hans Wirtam ig. Febr. 1483<br />

erteilte Erlaubnis in seinen drei Steinbrüchen Steine zu brechen (AUB 1186), bezieht sich nicht notwendig<br />

aufdie fragliche Renovation.


368 hundwil<br />

Kanzel verbunden ist. Rechts von der Kanzel auf gleicher Höhe die Turmtüre in<br />

rundbogigem, gefastem Sandsteingewände von 1750, das beim Turmneubau von 1894<br />

beibehalten wurde, darunter im Erdgeschoß der Eingang zum Archiv mit rundbogiger<br />

Eisentüre vermutlich von 1856 bis 1858. Der rückwärtige Raum wird von der<br />

gleichzeitig errichteten anspruchslosen Empore ausgefüllt.<br />

Zwei spätromanische Fenstergewände des 13. Jahrhunderts mit gotischer Malerei um 1400.<br />

a) In der nördlichen Längsmauer hinter der Kanzelrückwand (Abb. 338-341). Lichte Höhe<br />

und Breite des noch sichtbaren Fensters betragen 126 bzw. 28 cm, des nach innen und<br />

außen geschrägten Gewändes 159 bzw. 75 cm, die Tiefe der innern Gewändehälfte<br />

50 cm, d.h. die Hälfte der Mauerstärke. Die äußere Gewändehälfte ist mit sehr altem<br />

Mauerwerk aus Bruchsteinen und Kalkmörtel verschlossen, das nicht zum bestehenden,<br />

das Fenster verdeckenden Turm von 1894 gehört. Auch durch dessen Vorgänger<br />

war das Fenster bereits verdeckt und seiner Funktion beraubt worden (s.u.). Auf den<br />

innern Leibungsflächen zwei gemalte Heiligengestalten auf regelmäßig mit Tupfen-<br />

Abb. 339. Hundwil. Kirche. Spätromanisches Rundbogenfenster mit doppelter, geschrägter Leibung<br />

in derNordwand hinterder Kanzel (vgl. Abb. 338). Aufriß, Horizontal-und Vertikalschnitt. Maßstab<br />

1: zirka 33. - Text oben.


kirche 3 6 9<br />

Abb. 340und 341. Gotische Malerei im «weichen Stil» in der Leibung des spätromanischen Fensters<br />

hinter der Kanzel (vgl. Abb. 339),um 1400: ein hl. Bischof links und die hl. Katharina von Alexandrien<br />

mitdemRad in der Hand rechts. - Text S. 368-370.<br />

rosetten gemustertem Grund. In den Farben überwiegen Grün und Ocker, zu denen<br />

sich Weiß, Gelb, Rot und Schwarz gesellen. Beide Heilige, links ein Bischof, rechts<br />

Katharina von Alexandrien, sind mit grünen (!) Nimben um die goldblonden Haare<br />

ausgezeichnet. Der Bischof ist mit weißer Tunika, grüner Dalmatika, ockerfarbener<br />

Kasel und schwarzen Schuhen bekleidet und trägt, ohne individuelles Attribut, nur<br />

einen goldenen gotischen Krummstab in der Linken, ein grünes Buch in der Rechten<br />

und eine schlanke weiße, goldverbrämte Mitra auf quellenden Haarlocken. Es<br />

handelt sich vielleichtum den hl. Martin, entsprechend dem ehemaligen Martinsaltar,<br />

vielleicht um Nikolaus von Myra, einen neben der hl. Katharina besonders häufig<br />

verehrten Heiligen. Die Heilige ist mit rötlicher Tunika und grünem Mantel, der die<br />

Tunika fast ganz verdeckt, bekleidet. I m oben zusammengefaßten Haar, das in<br />

zopfähnlichem Gekringel über den Rücken hinabfällt, trägt sie eine goldene Krone<br />

mit Dreipaßzacken, in der Rechten ein schwarzes Schwert mit goldenem Knauf, in<br />

der Linken ihr kennzeichnendes Attribut, in der Art früher Darstellungen in Schulterhöhe<br />

ein kleines gelbes Rad. Die Datierung wird infolge des schlechten Erhaltungszustandes<br />

erschwert, besonders wegen der ausgelöschten Gesichter und des nur noch<br />

24 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


37° hundwil<br />

teilweise erkennbaren Faltenwurfs. An der Kasel des Bischofs sichtbare Schüssel- und<br />

vorwiegend Lanzettfalten weisen, wie auch die Schlankheit der Figuren überhaupt,<br />

rückwärts ins mittlere und frühe 14. Jahrhundert, die hohe, schlanke Mitra dagegen<br />

und eine großgerundete Falte unten am Mantel der hl. Katharina vorwärts in die<br />

Zeit des sogenannten weichen Stils zwischen 1380 und 1420. In die Zeit des 14. und<br />

des beginnenden 15. Jahrhunderts passen schließlich die steil abfallenden Schultern<br />

der beiden Figuren. So ist eine Entstehung zu Beginn des 15. Jahrhunderts<br />

denkbar. Aufschlußreichfür die Datierung ist der stilistische Vergleich mit der Grabplatte<br />

des 1417 verstorbenen Robert Hallum, Erzbischofs von Salisbury, im Münster<br />

von Konstanz (ALBERT KNOEPFLI, Kunstgeschichte des Bodenseeraumes II, Abb. 291).<br />

Eine Beziehung zu den von drei Malern ab 1417 während des Konzils geschaffenen<br />

Wandmalereien in der ehemaligen Augustinereremitenkirche zu Konstanz läßt sich<br />

indessen nicht herstellen. - b) Spätromanisches Fenster in der Mitte der Chorostwand. Ungefähr<br />

gleich groß wie das oben beschriebene, jedoch tiefer, zwischen den beiden<br />

spätgotischen Fenstern und auf gleicher Sohlbankhöhe mit ihnen gelegen, wurde es<br />

1913 mit der ganzen innern Ostwand bloßgelegt und photographiert (Abb. 342), in<br />

der Folge durch die Orgelarchitektur verdeckt. Es sitzt in einer Bollensteinmauer,<br />

die sich auf die ganze Chorbreite erstreckt und auch nach oben keine Naht erkennen<br />

läßt. Die Leibung zeigt Reste einer dekorativen Bemalung mit schönliniger Wellen-<br />

Abb. 342. Hundwil. Kirche. Spätromanisches Rundbogenfenster mit Sandsteingewände, dessen<br />

Leibung mit einer feinlinigen Wellenranke bemalt ist, in der aus Bollensteinen gefügten Chorostwand.<br />

Anläßlich der Innenrenovation 1913 photographiert. - Text oben.


kirche 37 1<br />

Abb. 343. Hundwil. Kirche. Sogenannter Schalltopf aus gebranntem Ton, vermutlich ^.Jahrhundert,<br />

1913 aus der Südwand geborgen. Unbekannter Privatbesitz. Photographie des Schweizerischen<br />

Landesmuseums, Zürich. - Text S. 373.<br />

ranke aus akanthusartig gefiederten Palmetten. Frühgotisch, letztes Viertel 13. Jahrhundert?<br />

4. Dachstuhl von 1750 des JAKOB WZ^HANS ULRICH GRUBENMANN. Vgl. Zeichnung von<br />

Arch. J. MEIER, Wetzikon, in: RIETMANN, Fol. 92. Interessante Konstruktion von<br />

Sparrengebinden. Diese sind ohne Firstpfette in einem Abstand von 112 cm durch<br />

zwei Zwischenpfetten und die üblichen Windrispen gegenseitig versteift, in sich<br />

selbst zudem durch zwei anstatt einen Kehlbalken in einem Höhenabstand von rund<br />

135 cm, außerdem durch zwei vertikale Strebenpaare verstärkt. Das eine davon ist<br />

kreuzweise verblattet und verstrebt unterhalb des obern Kehlbalkens nochmals das<br />

Sparrenpaar, indem es auch am untern Kehlbalken durch Uberblattung befestigt<br />

ist. Das andere Paar dient der zusätzlichen Versteifung der beiden Kehlbalken und<br />

der gekreuzten Streben in der Weise, daß aufjeder Seite eine Strebe vom Traufgesims<br />

her längs den Sparren, jedoch stärker einwärts geneigt in jeweiliger Uberblattung<br />

der Kehlbalken und Strebenarme bis über den obern Kehlbalken emporsteigt,<br />

ohne sich mit dem Pendant zu treffen. - Verschiedene Einschnitte im Gebälk lassen<br />

auf Verwendung älterer Teile schließen.<br />

5. Turm, a) Der 18g4 abgebrochene, von JAKOB und HANS ULRICH GRUBENMANN /750<br />

erhöhte und umgestaltete Turm des 14.Jahrhunderts (Abb. 328, 334-336). Er trat mit<br />

der einheitlichen Gestaltung von 1750 in Erscheinung und glich fast vollkommen<br />

dem ein Jahr zuvor von JAKOB GRUBENMANN in Stein errichteten Kirchturm.


372 hundwil<br />

o<br />

5 CM<br />

Abb. 344 und 345. Hundwil. Die beiden spätgotischen Maßwerke an der Chorostwand mit Fischblasen-<br />

u nd Kleeblattmotiven. Maßstab 1: zirka 43. - Horizontalschnitt des spätgotischen Sandsteingewändes<br />

am Westportal mit Viertel-und Halbrundstäben. Maßstab 1: zirka 2,6. - Text S. 367,<br />

und 3 74 f.<br />

Mit Eckquadern gesäumt, rundbogigen, gekuppelten Schallfenstern versehen, sonst<br />

jedoch ungegliedert, trug er über vier Uhrengiebeln in nachgotischer Manier wie<br />

viele GRUBENMANN-Türme einen schlanken, achtseitigen Spitzhelm. Das Aussehen<br />

vor 1750 ist unbekannt. Im Erdgeschoß befand sich wie noch heute das Archiv mit<br />

Zugang vom Chor her. Der Turmeingang lag ebenfalls wie noch heute im ersten<br />

Geschoß vom Chor her und wurde mittels einer Holztreppe erreicht. - b) Turm von<br />

i8g4. Neugotischer, in sich gut proportionierter Kolossalbau mit großzügiger Geschoßeinteilung<br />

und hohem, von steilen Wimpergen und Spitzhelm bekröntem<br />

Glockengeschoß, das von je einem großen zweisprossigen, spitzbogigen Maßwerkfenster<br />

aufgelockert ist. Der Turm setzt einen markanten Akzent in Dorfbild und<br />

Landschaft, nimmt aber zu wenig Rücksicht auf das Größenverhältnis der Kirche<br />

selbst. Im Erdgeschoß Archivraum. Die Zugänge vom Chor her wurden vom alten<br />

Turm übernommen, zudem ein ebenerdiger Turmeingang von außen auf der Westseite<br />

angelegt. Darüber ist «Anno 1894» eingemeißelt (Abb. 3 33,337)-<br />

6. Weitere archäologische Feststellungen anläßlich der Innenrenovation iffiß 1 - 1. Die Beschreibung<br />

des Mauerwerks, das fast durchwegs aus sehr grobem Material, Bolleni<br />

RIETMANN, Fol. 92, gestützt auf mündliche Angaben des Augenzeugen alt Oberrichter J.Berweger.


kirche 373<br />

steinen («Rollsteinen»), bestanden habe, wurde anläßlich der Außenrenovation 1972<br />

bestätigt (zahlreiche Photographien im KdmA). - 2. Beim Abdecken des Fußbodens<br />

stieß man auf keine andern Fundamente. - 3. Spuren von alten Malereien kamen unter<br />

dem Verputz fast überall, besonders auf der Empore, zum Vorschein. - 4. In der<br />

Südmauer von halber Höhe an aufwärts und ohne Regelmäßigkeit auf sie verteilt<br />

wurden unter dem Verputz mindestens zehn sogenannte Schalltöpfe aufgedeckt und<br />

entfernt, Tongefäße, die mit der Öffnung gegen das Kircheninnere liegend und verschlossen<br />

eingemauert waren. Ein Exemplar besitzt die Sammlung der Kantonsschule<br />

Trogen, ein zweites befindet sich in unbekanntem Privatbesitz (Abb. 343).<br />

Für diese eigentümliche Erscheinung hat WERNER STÖGKLI neuestens in einer umfassenden<br />

Untersuchung Parallelen in ganz Europa vom 11. bis 17., die zahlreichsten<br />

jedoch aus dem 13. und 14. Jahrhundert festgestellt. Sie sind fast durchwegs in der<br />

gleichen Art und Weise in der obern Mauerhälfte und auch in den Gewölben besonders<br />

von Stifts- und Klosterkirchen eingelassen. Mit diesen Schalltöpfen scheint eine<br />

akustische Verbesserung der Kirchen mindestens beabsichtigt gewesen zu sein. Das<br />

geht aus den schon im 15. Jahrhundert geäußerten Zweifeln an deren Wirksamkeit<br />

hervor'. Ihr Vorkommen in Räumen, für die die Akustik belanglos war, läßt aber<br />

auch an eine beabsichtigte Entfeuchtung denken. - Zu den archäologischen Feststellungen<br />

anläßlich der Außenrenovation 1972 siehe oben, S. 364, 366.<br />

I WERNER STÖGKLI, Tongefäße in mittelalterlichen Kirchen, in «Keramik in der Kirche des<br />

Augustiner-Ghorherrenstiftes in Kleinlützel SO», Lizentiatsarbeit, vorgelegt der Philosophischen<br />

Fakultät I der Universität Zürich. Ms., 1969. ExemplarimSLM.<br />

Abb. 346. Hundwil. Kirche. Westportal mit spätgotischem Sandsteingewände, wohl Anfang 1 G.Jahrhundert<br />

(vgl. Abb. 345), vor der Renovation 1972/73,undmitder klassizistischen, bemalten Holztüre<br />

von 1856 bis 1858. - Text S. 367 und 374 f.


374 hundwil<br />

BAUGESCHICHTLICHE SCHLUSSFOLGERUNGEN UND DIE EINZELNEN BAUETAPPEN, I . Der<br />

turmlose spätromanische Bau des 13. Jahrhunderts (siehe oben, S. 354, 363). Dieser Bau ist<br />

erhalten im Mauerwerk der vier Kirchenwände über langgezogenem, fast rechteckigem<br />

Grundriß bis zur Trauf- und scheinbar bis zur Giebelhöhe. Das zeigt sich<br />

sowohl an der Einheitlichkeit des nahtlosen Mauerwerks ringsum als auchan den zum<br />

Teil wieder sichtbar gemachten romanischen Fenstern auf drei Seiten. Dasjenige in<br />

der Mitte der Ostwand schließt die vermutete ursprüngliche Existenz einer Apsis aus,<br />

dasjenige an der Nordfront hinter der bestehenden Kanzelrückwand auch das<br />

ursprüngliche Vorhandensein eines Turms jedenfalls an dieser Stelle; denn es mündete<br />

schon beim Vorgängerturm auf dessen Westmauer, die hier stückweise stehen<br />

gelassen worden ist, wurde also durch die nachträgliche Errichtung eines Turms seiner<br />

Funktion beraubt. Bei der gegebenen Bausituation (romanische Fenster auch auf der<br />

Ost- und Südseite) kommt ein an anderer Stelle angebauter ursprünglicher Turm<br />

ebenso wenig in Frage wie hier. Ein frei stehender Turm ist wenig wahrscheinlich,<br />

ebenfalls bei den bescheidenen ländlichen Verhältnissen ein zweimaliger Turmbau an<br />

verschiedener Stelle. Vielleicht bestand ein Dachreiter.<br />

2. Turmbau des 14.115. Jahrhunderts. Spätester Bautermin ist das Datum der ältesten<br />

bekannten Glocke von 1452, frühester vielleicht die Ausmalung des auf die westliche<br />

Turmmauer mündenden spätromanischen Fensters. Nach dem Turmbau und der<br />

damit verbundenen Vermauerung der äußern Fensterhälfte wäre diese bedeutungsvolle<br />

Malerei mit zwei Heiligen kaum mehr sinnvoll gewesen, die aus stilistischen<br />

Gründen um 1400 datiert werden kann. Siehe oben, S. 369 f.<br />

3. Spätgotische Neugestaltung, wahrscheinlich Anfang des 16. Jahrhunderts. Davon sind<br />

erhalten; a) Zwei einsprossige Spitzbogenfenster mit Fischblasenmaßwerk in der Chor-<br />

Abb. 347. Hundwil. Kirche. Das Innere gegen die Chorostwandim Zustand von 1858 bis 1913. Alte<br />

Photographie. - Text S. 357, 363 f.und 376.


kirche 375<br />

i<br />

aL\<br />

m<br />

Abb. 348. Hundwil. Kirche. Das Innere gegen die Chorostwand seit der Innenrenovation von 1913<br />

(vgl. Abb. 347) mit dem nach Plänen von Architekt August Hardegger auf einer klassizistischen<br />

Tribüne errichteten Orgelprospekt. - Text S. 364, 367f. und 376.<br />

ostwand, die wahrscheinlich zwei spätromanische ersetzten. Bis zur Vergrößerung<br />

bzw. Neuanlage der Fenster im Schiff im Jahre 1750 besaßen ziemlich sicher auch<br />

jene eine spitzbogige Form. - b) Das Sandsteingewände des Westeingangs. Die<br />

Datierung ins beginnende 16. Jahrhundert beruht neben stilistischen Gründen (z.B.<br />

Rundbogen des Portals) auf der Tatsache, daß den Appenzellem aus den sogenannten<br />

Pavierzügen reiche Geldmittel zuflössen, die in Appenzell und Herisau sogar zu<br />

Kirchenneubauten führten.<br />

4. Umbauten seit 1750. Sie sind dokumentiert durch Archivalien (siehe Baugeschichte,<br />

S. 363f.) und Bildquellen. Der 1750 abgegangene «unter Kor» deutet vielleicht auf<br />

eine vorher durch Stufen bewirkte Zweiteilung des Chors und die «Kleinkirche», die<br />

damals erweitert und vergrößert und nach vorn in den Chor genommen werden


hundwil<br />

sollte, auf eine frühere, vermutlich nur in der Bestuhlung sichtbare Einteilung des<br />

Innern.<br />

Ausstattung<br />

Zu den vorreformatorischen Altären des hl. Martin und der hl. Anna siehe kirchliche<br />

Verhältnisse, S. 355. Nachrichten über die Ausstattung vor 1750 fehlen übrigens. -<br />

Barocker Taufstein von 1750 (Abb. 350). 1856-1858 repariert 1 . Sandstein, H. 85 cm.<br />

Dm. 71 cm. Gedrungene, achtseitige Kelchform mit ausgewogenen Proportionen. Ein<br />

Karnies leitet vom Fuß zum Schaft über. Der zum Becken gehörige Klappdeckel<br />

aus gestrichenem Holz, H. 11 cm. Dm. 99 cm, ist wie ein Kranzgesims profiliert. -<br />

Barocke Kanzel von 1750 (Abb. 349). Ebenfalls 1856-1858 repariert 2 . Holz und holzfarbig<br />

gestrichen. Der fünfseitige, gerade Korb weist kräftige Sockelprofile und<br />

einen trichterförmigen Fortsatz auf. Der ebenfalls fünfseitige Schalldeckel ist mit<br />

fünf S-förmigen Voluten bekrönt, die einen Obelisken tragen.Im ganzen eine schlichte<br />

Schreinerarbeit. - Gestühl, 1856 bis 1858. - Orgel. 1838 wurde eine Hausorgel mit<br />

sechs Registern auf Kosten einer privaten Gesellschaft angeschafft und aufgestellt 3 .<br />

Als erste Kirchenorgel ist die bestehende, 1913 durch die Firma THEODOR K UHN,<br />

Männedorf, ausgeführt worden. Neubarocker Orgelprospekt nach Entwurf von<br />

Architekt AUGUST HARDEGGER 4 (Abb. 348).<br />

Kirchliche Gefäße<br />

Abendmahlsgefäße1. Spätgotischer Kelch des 16. Jahrhunderts (Abb. 353). H. 17,5 cm.<br />

Ohne Zeichen. Schräg ansteigende, silbervergoldete Kuppa, kupfervergoldeter Fuß<br />

und Knauf. Dem kreisrunden Fuß ist ein erhabener Sechspaß einbeschrieben, der<br />

sich nach oben zu einem sechskantigen Schaft verjüngt. Der eigentliche Schaft besteht<br />

aus zwei dünnen gedrehten Teilen, zwischen denen der kissenförmige, sechsteilige<br />

Knauf sitzt. Der Kelch wurde von DORA FANNY RITTMEYER «um 1570» datiert. -<br />

2. Kelch von i6jo (Abb. 354). Silbervergoldet, H. 17,8 cm. Beschauzeichen «G» und<br />

Meisterzeichen «NR» (ligiert) desNATHANAEL REUTINER (1630-1684) von St. Gallen<br />

(NblSG 1930, Abb. Nr. 3; S. 23, Nr. 10; S. 35, Nr. 68). An der Kuppa Stifterinschrift<br />

in Antiqua: « HERR LANDSHAUPTMAN JOHANNES RAENFLER AETATIS 72 Ao 1670.» Die<br />

Form ist derjenigen des spätgotischen Kelchs angeglichen, der kreisrunde Fuß<br />

jedoch ohne Sechsteilung, dagegen in frühbarockem Stil karniesförmig gewölbt. -<br />

3. /^vuei neugotische Kelche mit Deckel, Silber, 36 cm. Marke «Walcher» (ISAAK WAL­<br />

CHER aus Glarus in Zürich, 1810-1874), der eine mit Hundwiler Wappen und Inschrift<br />

«ANNO DOMINI 1871», der andere mit einem Stifterwappen versehen. - 4. Drei<br />

glockenförmige Weinkannen (Abb. 351). Zinn,H. 35,5 cm. Numeriert I, II, III. Marke:<br />

Von Hauszeichen bekröntes, ligiertes «HH» des HEINRICH HILLER, St. Gallen<br />

(BOSSARD I, Nr. 275, und II, S. 151), ohne Stadtmarke. Die Bodenrosette stellt eine<br />

Blume dar. Auf dem schräggstellten Schild eingraviert: «Kirch Hund Will:». Die<br />

Flanken sind mit sechs Wülsten oben und zwei unten verziert. Um den Ausguß<br />

1 Protokoll der Kirchenbaukommission 1856-1858, S. 2.<br />

2 Protokoll der Kirchbaukommission 1856/58. 3 AMB 1838, S. 14g.<br />

4 PrKV, 9.Mai 1913. - Jahresrechnungder Gemeinde 1913, S. 4of.:An THEODOR KUHN, Männedorf,<br />

laut Vertrag 10450 Fr.<br />

5 RITTMEYERu n d STEINMAHN, S.32f.


kirche 377<br />

Abb. 349 und 350. Hundwil. Kirche. Schlichte barocke Holzkanzel von 1750 mitder klassizistischen<br />

Balustrade von 1913. Rechts die rundbogigen Türenvon 1750 zu Turmarchivund Turm. - Barocker<br />

Taufstein von 1750 aus Sandstein in Gestalt eines achtseitigen Kelchs mit hölzernem Deckel (vgl.<br />

Abb. 348). - Text S. 367f. und 376.<br />

Gravuren. Schloß von III erneuert. - 5. J^imteller. Dm. 31,2 cm, H. 2,4 cm. Wappenmarke<br />

des G. CANE, Appenzell (BOSSARD I, Nr. 323, und II, S. 162). Auf dem Rande<br />

Antiquainschrift: « GEMEINDE HUNDWEIL I8 25 ». - 6. Zinnsehale. Dm. 17,2 cm, H. 4,1 cm.<br />

Auf der Außenseite des Bodens eine Engelmarke mit dem Namen des Zinngießers<br />

«Johannes Bosch» von Rheineck, ebenso die Antiquaumschrift: «GEMEIND HVNDWIL<br />

1825.» _ 7- Brotteller. Silber, Dm. 2 8 cm. Marke «WALCHER». Eingravierte Widmungsinschrift:<br />

«Geschenk unseres Mitbürgers J. Jacques Koller in Paris Weihnachten<br />

1871».<br />

Taufkessel. Kupfer, innen verzinnt. Dm. 24 cm, H. 13 cm. Henkel aus Messing.<br />

Gute Handarbeit, i8. Jahrhundert(?).<br />

Glocken<br />

A. Ehemaliges Geläute von vier Glocken des 15. und des ersten Viertels des 16. Jahrhunderts.<br />

Die drei größern, mit jeweils einem Datum und einer Inschrift versehenen Glocken<br />

wurden 1 894 eingeschmolzen. Ihr Gewicht betrug zusammen 2696,5 kg 1 . Ihr Aussehen<br />

ist durch Photographien bekannt 2 . Die Inschriften waren um 1834 vom Maler<br />

1 Jahresrechnung der Gemeinde 1894/95, S- i4'- : Erlös aus den drei alten Glocken im Gesamtgewicht<br />

von kg ä 1 Fr. 80 Rp. beträgt 4853 Fr. 70 Rp.<br />

2 Bilddokumente 10.


378 hundwil<br />

c<br />

Abb. 351 und 352. Hundwil. Kirche bzw. Pfarrhaus. Glockenförmige Weinkanne aus Zinn. Links:<br />

zum Gebrauch des Abendmahls, rechts:um 1825, z u profanem Gebrauch in der Ratsstube. - Text<br />

S. 376 f. und 381.<br />

Jon. ULRICH FITZI paläographisch getreu kopiert worden 1 . Die kleinste der vier<br />

Glocken hängt, gesprungen und des Dienstes enthoben, noch im Turm (s.u.).<br />

Männerglocke von 1522. Halsumschrift in gotischer Minuskel, jedes Wort durch einen<br />

Zierschnörkel getrennt, zwischen zwei Paaren von dünnen Zierleisten: « + o • rex •<br />

glorie • christe • veni • nobis • cum • pace • anno • domini • m • ccccc • xxii + ». Auf der<br />

Flanke in Hochrelief kleine auf Konsole stehende Figur der Maria mitdem Jesuskind.<br />

Über dem Schlagkranz drei Zierleisten, sonst schmucklos. - 2. Frauenglocke von 1452.<br />

Sie stimmte in der Gestalt und im Wortlauf der Halsumschrift mit der größern<br />

Glocke überein, wich dagegen ab im Datum «..m" • cccc~ • Iii" + », in den Zierzeichen<br />

zwischen den einzelnen Wörtern, ganz wenig auch im Typ der gotischen<br />

Minuskel und besaß kein Flankenrelief. - 3. Vesperglocke von 1506. In Gestalt und<br />

Schmuck unterschied sie sich leicht von den beiden größern Glocken. Zwischen Hals<br />

und Krone war sie flacher, die Halsumschrift nur von zwei Zierleisten gesäumt, wovon<br />

die obere von einem umgekehrten, rosettenbesetzten Bogenfries begleitet war, der<br />

Schlagkranz von einem einzigen Steg. Halsumschrift in gotischer Minuskel; « + @ o<br />

mariadu gotes zellbe hüt alles das ich über schell m ccccc vi i°ar + @ ». Aufder Flanke<br />

hl.Pilger (Jakobus?).<br />

B. Bestehendes Geläute von vier Glocken i8g4. Gewicht: 3375, 1788, 1025, 444 kg-<br />

Tonart: B-D'-F'-B' 2 . Dm. 177, 140, 115, 88 cm. Alle vier Glocken mit der Signatur<br />

«GEGOSSEN VON RUETSCHI & co IN AARAU»am Schlagkranz, mit geflügelten Engelsköpfen<br />

an der Krone, mit neugotischen Distelblumenranken, Maßwerk- und Krab­<br />

1 Zusammen mit Glockeninschriften von Urnäschmit Bleistift und Tusche auf Blatt, 18,9 X 23,2cm,<br />

gezeichnet, auf dessen Rückseite eine 1834 datierte Zeichnung mit Häusern von Teufen steht. Im<br />

Besitz von JOHANNES FISCH, Wiesendangen. Photokopien i m KdmA und GdeA. Vgl. NÜSCHELER,<br />

Glocken, S. 35 f.<br />

2 Jahresrechnung der Gemeinde 1894/95, S. 14f.: Gesamtkosten ohne Abzug des alten Glockenmaterials<br />

betragen 29085 Fr. 12 Rp. - PrGdeV, 8. Okt. 1893. - Akten und Verträge im GdeA, III,<br />

28. - Protokoll der Kommission in Sachen des neuen Geläutes in Hundwil, 17. Dez. 1891 bis 6. Okt. 1893.


FRIEDHOF UND EHEMALIGES BEINHAUS<br />

379<br />

Abb. 353 und 354. Hundwil. Kirche. Abendmahlskelche. Links: spätgotisch, 16.Jahrhundert, rechts:<br />

von Nathanael Reutiner, St. Gallen,um 1670. - Text S. 376.<br />

benfriesen am Hals und mit Distelblattranken über dem Schlagkranz, die größte<br />

zudem in der Mitte der Flanke mit dem Hundwiler Wappen. Die Bibeltexte an den<br />

Flanken, bei der großen Glocke unter dem Wappen angebracht, sind ausdrücklich<br />

entnommen: Lukas 2, 14 und 11, 28; Psalm 37, 5; Markus 10, 14. - Ausgediente Glocke<br />

des ehemaligen Geläutes, vermutlich 15. Jahrhundert.H. samt Krone 49 cm, sonst 38 cm.<br />

Dm. 47 cm. Die Gestalt ist ähnlich wie die der zwei ehemaligen großen Glocken,<br />

doch außer einer Zierleiste über dem Schlagkranz ohne Inschrift und Schmuck.<br />

FRIEDHOF U ND EHEMALIGES BEINHAUS<br />

Der Friedhof lag bis 1885 bei der Kirche. Bilder des ersten Drittels des 19.Jahrhunderts<br />

zeigen ihn mit idyllischer Mauerumfriedung, drei vermutlich 1750 barock<br />

gestalteten Toren, die die Mauer überragten, und dem kleinen Beinhaus im Südostwinkel<br />

1 . Das größte Tor führte mit korbbogiger Öffnung unter einem Pultdach<br />

direkt auch zum Westeingang der Kirche. 1835 wurde die Friedhofmauer fast vollständig<br />

erneuert, die in den Landsgemeindeplatz vorgeschobene Nordwestflanke zurückversetzt<br />

und «in gerader Linie an die Kirche anschließend» neu aufgeführt 2 .<br />

1885 Verlegung des Friedhofsan die heutige Stelle westlich des Dorfes 3 und infolgedessen<br />

Entfernung der Mauern 4 . - Das Beinhaus wird erstmals im Zusammenhang<br />

mit seiner Räumung von den Gebeinen 1615 erwähnt 5 . 1750 sollte es abgebrochen<br />

werden 6 , blieb aber offenbar noch bis um 1830 bestehen. Auf der Darstellung der<br />

1 Bilddokumente5-7 (möglicherweise wie das Ereignis selbst retrospektiv gemalt). - Die Vorschläge<br />

an die Kirchhörevon 1750, Punkt 8, lauteten: «Die Kirchhoftürenauf beiden Seiten vergrößernund<br />

mit Steinplatten dieKirchhofmur belegen, so vormal mitSchindeln bedeckt war.» — RIETMANN, Fol. 74.<br />

2 TurmknopfdokumentV. —Kosten: 583 Gulden 2 Kreuzer.<br />

3 Jahresrechnungder Gemeinde 1885, S. i8f.<br />

4 Auf Photographieum 1890 (mit demnoch stehenden alten Turm) sind die Mauern verschwunden.<br />

Bilddokument 9.<br />

5 WALSER,S. 585.<br />

6 Laut Vorschlägen an die Kirchhöre. RIETMANN, Fol. 74.


38° hundwil<br />

Landsgemeinde von 1833 durch Jon. ULRICH FITZI und CASPAR BURGKHARDT ist es<br />

bereits verschwunden 1 . Der kleine Steinbau war scheinbar quadratisch und mit<br />

einem Zeltdach gedeckt (Abb. 355).<br />

PFARR- U ND E HEMALIGES R ATHAUS (Nr. 12)<br />

GESCHICHTLIGHES. ES wurde um 1607/08' wohl wie in Herisau von der Gemeinde,<br />

deren Eigentum es immer war, mit einem Zuschuß aus dem Landessäckel erbaut.<br />

1609 wurden von mehreren Gemeinden Außerrhodens Wappenscheiben in die Ratstube<br />

gestiftet (s.u.), 1612 von den eidgenössischen Ständen für Fenster und Ehrenwappen<br />

«ufs Kathus zu Hundwil» 6 Pfund gespendet 3 . Es diente als Pfarrhaus, als<br />

Rathaus der Hauptleute und Räte beider Hundwiler Rhoden bis zur Abtrennung<br />

der untern als Gemeinde Stein 1748, dann praktisch für die obere, die Gemeinde<br />

Hundwil, allein, obwohl der untern das Benutzungsrecht weiter zustand, ferner bis<br />

zur neuen Kantonsverfassung von 1876 als Rathaus für die Frühjahrssitzung des<br />

Großen Rats alle zwei Jahre, jeweils vor der Hundwiler Landsgemeinde und für<br />

Sitzungen des Kleinen Rats hinter der Sitter 4 . Heute dient die ehemalige Ratsstube<br />

praktisch nur noch als Landsgemeindestube, d.h. zur gastlichen Aufnahme der<br />

Regierung und deren Ehrengäste anläßlich der Landsgemeinde. Letzte Außenrenovation<br />

1941 5 . Vollständige Neugestaltung der Ratsstube zur Landsgemeindestube<br />

1943 durch Architekt JOHANNES WALDBURGER, Herisau 6 .<br />

BESCHREIBUNG. Sechsgeschossiger, über gequadertem Erdgeschoß an der Front<br />

getäferter, sonst geschindelter Strickbau mit mittelsteilem, giebelständigem Satteldach<br />

und mit völlig symmetrischer Anordnung der Reihenfenster an den Obergeschossen<br />

(2 X je 2 + 6 + 2/rundbogige Luke + 6 + rundbogige Luke/4/gekuppelte,<br />

rundbogige Estrichluken). Auf den Abbildungen des ersten Drittels des 19. Jahrhunderts<br />

weist er über den Obergeschossen noch stark ausladende Klebedächer auf 7 . Die<br />

jetzige Gestaltung des Fassadentäfers mit schmalen Klebedächern und flankierenden<br />

Kolossalpilastern geht auf eine Renovation vermutlich um 1840 zurück. Quaderverkleidung<br />

des Erdgeschosses, leicht karniesbogiges und verkröpftes Türgewände mit<br />

Hundwiler Wappen im Schlußstein, drei in der Gestalt entsprechende Fensterpaare<br />

rechts und ein Ochsenauge links davon wurden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />

in Sandstein geschaffen, 1941 jedoch durch Kopien in Kunststein ersetzt.<br />

Eichene, neubarocke Haustüre ebenfalls von 1941 (Abb. 328, 335-337, 358).<br />

Ausstattung<br />

1. Holztisch mit gespreizten, kandelaberförmigen Füßen. H. 74 cm. An der Front<br />

der Schublade eingelegtes Datum und Initialen « HMZZ 1765 FMA» des Herrn<br />

1 Bilddokument 3. - Ebenfalls auf Bilddokument 8.<br />

2 LautAMB 1841, S.8: 1607; laut WALSER, S. 88: 1608 erbaut. Siehe auch S.395 unten.<br />

3 Eidgenössische Abschiede, zitiert in:AJB 1952, S. 49.<br />

4 WALTER SCHLÄPFER in:A J B1948,S. 8 -11.<br />

5 Jahresrechnung der Gemeinde, 1941, S. 16. Kosten: 3614 Fr. 55Rp.<br />

6 AZ, 17., 28., 30. Aprilund i.Mai 1943. Vgl. AZ,4. und 8.Aug. 1942.<br />

7 Bilddokumente 1-8. Aufden Photographien der i870-i88oerJahre fehlen sie bereits.


pfarr-und ehemaliges rathaus 381<br />

Abb. 355. Hundwil. Kirche mit Friedhof und mit demum 1830 abgebrochenen Beinhaus von Südwesten.<br />

Öl auf Leinwand von Johann Bartholome Thäler von Hundwil in Herisau,um 1830 (Ausschnitt).<br />

Gemeindekanzlei Hundwil. - Text. S. 356 und 379 f.<br />

(Gemeindehauptmann) Martin Zähner und der Frau Martha Alder 1 . - 2. In der<br />

Ratsstube drei glockenförmige Weinkannen (Abb. 352). Zinn, H. 40 cm. Die Marke im<br />

Innern auf dem Boden anstelle einer Rosette: Neben dem Wappenschild von Rheineck<br />

ein Schild mit ursprünglich zwei Initialen, wovon die erste, wahrscheinlich «H»<br />

oder «I», abgeschliffen ist, die zweite « B » auf JOHANNES BOSCH von Rheineck weist,<br />

der auch die «1825» datierte Schale (S. 377) schuf 2 . - 3. Die Wappenscheiben der Ratsstube.<br />

a) Die gantz Ktlchöri Hundwyl. 1600 (Abb. 327). 43 X 33 cm. Die Scheibe befand<br />

sich immer in HundwilAuf illusionistischem Podium wird vor einer Säulenarchitektur<br />

mit Mittelstütze von zwei Hellebardiers das Hundwiler Wappen flankiert: in<br />

Weiß (Silber) ein aufrecht nach heraldisch rechts schreitender schwarzer Bär mit<br />

roten Waffen, gefolgt von einem lachsroten, aufrechten Hund mit einem goldenen<br />

Halsband. Es ist das älteste bekannte Hundwiler Wappen in Farben. Die Eckbilder<br />

1 Altes Familienregister, Nr. 3510 (GdeA).<br />

2 Die beiden Marken sind in dieser Verbindung die einzigen im Inventar von Appenzell A.Rh.<br />

Doch findet sichan denWeinkannen des RathausesTrogen eine kleine Engelmarkemit «HB» zusammen<br />

mit großer Engelmarke des «Johannes Bosch». - Weiteres siehe RITTMEYER und STEINMANN,<br />

S. 25f. mit Anm. 5.<br />

3 Das Fehlen der Scheibe unter den von JOH. ULRICH FITZI 1818 im Rathaus Hundwil kopierten<br />

Scheiben des Wappen-und Fahnenbuchs von JOH. CASPAR ZELLWEGER (KtB Trogen) spricht nicht<br />

gegen ihr damaliges Vorhandensein daselbst,da es Zellweger offensichtlichum die Geschlechterwappen<br />

ging, nichtum die Scheiben als solche.


382 hundwil<br />

fit Kil<br />

l60q<br />

Abb. 356 und 357. Hundwil. Pfarr- und ehemaliges Rathaus. Ratsscheibe der beiden Rhoden von<br />

Hundwil (vgl. Abb. 327), 1609, mit ergänztem Mittelteil. Ehemalige Ratsstube. - Ratsscheibe von<br />

Gais, 1650, verschollen. Photographie vor 1914. - Text unten.<br />

zeigen unten links Simson mit dem Löwen und die Beschriftung «Jud. XIIII Cap.»,<br />

rechts einen Horn blasenden Engel, oben links Salomons Urteil, rechts Jakobs Traum<br />

(Jakobsleiter). Zwischen beiden Oberbildern Blumen in Blattkranz. Guter Erhaltungszustand.<br />

- b) Hauptlüth Klein vndgroße Rüth Beeder Rooden Hundwyl. 160g (Abb. 356).<br />

43 X33 cm - Die Scheibe wurde 1952 vom Kanton gekauft 1 und als Depositum hierher,<br />

an den ursprünglichen Standort, zurückgegeben. Noch 1818 waren hier deren<br />

Inschrift und 4 7 Ratsherrenwappen von J OH. U LRICH FITZI für JOHANN CASPAR<br />

ZELLWEGERS Fahnen- und Wappenbuch, Fol. 49f., kopiert worden. Schon damals<br />

fehlte eines der ehedem 48 Wappen. Deren Schilde umgeben in zwei Reihen das<br />

Mittelbild. Dieses muß entsprechend der ebenfalls 1609 von den Herisauer Ratsherren<br />

hierher gestifteten Scheibe eine allegorische Darstellung enthalten haben (s.u.), die<br />

seit der Rückkehr der Scheibe durch den Appenzeller Bären und andere Lückenbüßer<br />

ersetzt ist. Unter dem Mittelbild in Rollwerkkartusche die ursprüngliche Inschrift. -<br />

Abgewanderte Ratsscheiben. Neben der beschriebenen Hundwiler Ratsscheibe hat der<br />

Zeichner Jon. ULRICH FITZI 1 818 auf dem Rathaus zu Hundwil noch folgende drei<br />

Ratsscheiben gesehen und deren Wappen und Stifterinschriften in Fraktur für das<br />

Wappen- und FahnenbuchJ . G. ZELLWEGERS kopiert, jene des Rats von Gais (Fol.<br />

69), von Herisau (Fol. 58) und von Urnäsch (Fol. 56). a) Statthalter Landts Fendrich<br />

Hauptlüt vnd Reth vf Gais. 1650 (Abb. 357). I m Mittelbild, das von Bogenarchitektur<br />

umgeben ist, der vor Zeltlager thronende Gesetzgeber Moses, dem sein Schwiegeri<br />

Auktion Jürg Stucker, Bern,Nov. 1952, Nr. 3680. - Brief des Regierungsrates vom 17. Nov 1952. -<br />

Mitteilung der Landesbuchhaltung. Vgl. Wappenbuch, S.XV,d.


pfarr-und ehemaliges rathaus 383<br />

Abb. 358. Hundwil. Pfarr-und ehemaliges Rathaus. 1607/08 erbaut. Spätbarocke Gestaltung, zweite<br />

Hälfte 18.Jahrhundert (1944 erneuert). Durch kolossale toskanische Pilaster gegliedertes Fronttäfer,<br />

nach 1833 (vgl. Abb. 328 und 335: mit Klebedächern). - Text S. 380.<br />

vater Jethro zur Einsetzung tüchtiger Vorsteher rät. Darunter in Rollwerkkartusche<br />

die ausdrücklich auf 2. Buch Mosis, 18. Kap., bezogene Bilderklärung. Über dem Bild<br />

in Rollwerkkartusche der oben zitierte Titel; darüber das von einem Engel gehaltene<br />

Wappen Altherr vor einer weitern Rollwerkkartusche mit Frakturinschrift und<br />

Datum: «Herr Statthalter Johannes Altherr. 1650». Dieser Aufbau ist unten und auf<br />

der Seite von dreizehn namentlich bezeichneten Ratsherrenwappen gesäumt. Standort<br />

der Scheibe bis zum Zweiten Weltkrieg im markgräfiichen Schloß Eberstein bei<br />

Baden-Baden. Heute verschollen 1 . - b) Seckelmeister Landtshauptman Houptlüt Klein vnd<br />

Große Reth der Kilchhöre Herisauw im vßeren Roden deß lands Appenzell (Tafel I). 43 X 33 cm.<br />

Mit Datum «1609» und Signatur «IM» (ligiert) des JOSIAS MURER, Zürich, in der<br />

Rollwerkkartusche unter dem Mittelbild. 1956 wurde die Scheibe vom Kanton aus<br />

bernischem Privatbesitz erworben 2 und hängt jetzt im Kantonalen Verwaltungsgebäude<br />

zu Herisau (S. 117). In dem von Säulenarchitektur und Wappen umschlossenen<br />

Mittelbild symbolische Darstellung der in Gottes Gesetz verankerten und von der<br />

Nächstenliebe geleiteten richterlichen Gerechtigkeit, ein thronender König, vor<br />

welchem auf einem Tisch zwischen den allegorischen Frauengestalten der Gerechtigkeit<br />

und Liebe «Gottes Gesatz» aufgeschlagen ist. Unter dem Bild in Rollwerk-<br />

1 Laut Mitteilung des Staatlichen Amtesfür Denkmalpflegein Karlsruhevom 18. März 1971, das<br />

die abgebildete Archivphotographie «aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg» in freundlicher Weise<br />

zur Verfügung stellte. Vgl. AZ, i.Aug. 1953, Nr. 178. Darin teilt PAUL BOESCH mit, die Scheibe<br />

befinde sich als Besitz des Markgrafen von Baden noch immerim Schloß Eberstein.<br />

2 Wappenbuch, S.XV,h. - AJB 1950, S. 12. - AZ, 24.Nov. 1956, Nr. 278, S. 3. - Protokoll des<br />

Regierungsrates, 9. Okt. 1956.


384 hundwil<br />

Abb. 359. Hundwil. Gasthaus zur Krone (Nr. 7, links). Strickbau, 1599 durch Meister Debus Bohl<br />

aus dem Toggenburg errichtet. Gestaltung des gequaderten Erdgeschosses mit Portalen, um 1776.<br />

Fronttäfer mit geschoßweiser Gliederung durch ionische Pilaster von 1828. Rosenegg (Nr. 5, rechts).<br />

Getäferter Strickbau, 17./18.Jahrhundert. - Text S. 358-360, 362 und 385 f.<br />

kartusche entsprechender Sinnspruch in Frakturschrift: «Es sol der Richter albereit<br />

vor Augen han Grechtigkeit und doch uffd' liebe syn gericht... Darnebst sol er üben<br />

sichJn Gottes Worte stetigklich...» Auf dem Fries darunter Stifterinschrift, von der<br />

die Kopie FITZIS im Wappen- und Fahnenbuch orthographisch abweicht. Von den<br />

vierundzwanzig persönlichen, mit Namen überschriebenen Ratsherrenwappen flankieren<br />

über dem Bild zwei durch Größe hervorgehobene undje durch einen Engel<br />

gehaltene Wappen des Althauptmanns und Landessäckelmeisters Johannes Schüß<br />

und des Landshauptmanns Lorenz Tanner eine Wappenpyramide, in der das<br />

Außerrhoder und das Herisauer Wappen gemeinsam vom Reichswappen bekrönt<br />

sind. Intensive, z.T. gegenseitig sich steigernde Farben: Rot, Violett und Gelb in der<br />

Architektur, Rot und Grün, Gelb, Blau und Violett im Mittelbild. - c) Alt Landlaman<br />

Houptlütt vnd Ratt Disser £ytt zu Vrnäschen. Anno 160g. Die Scheibe ist verschollen. Sie<br />

war mit den Wappen der vierundzwanzig Ratsherren geschmückt, überdies mit dem<br />

durch Helmzier und Schriftband besonders ausgezeichneten Wappen des Altlandammanns<br />

und Bannerherrn Sebastian Thörig.<br />

4. Altertumszimmer. a) Beschlagene Eisentruhe des 18. Jahrhunderts. 38,5 X 81 X 43 cm.<br />

Im Innern auf dem Schloßmechanismus ziseliertes, durchbrochenes Deckblatt mit<br />

großfigürlicher Hirschjagd und großblumigen Tulpen, auf beiden Querbändern<br />

zudem kleinfigürliche Tierjagd in Schmelztechnik. - b) Zwei Felder des Kirchenhimmels<br />

von /750. Tannenholz, bemalt,je 110 X 111 cm. Auf himmelblauem Grund trägt das<br />

eine die Gesetzestafeln, das andere das «Evangelium», beide mit entsprechenden


ürgerhäuser 385<br />

Sprüchen, das zweite zudem mit dem Datum «1750» versehen. - c) Modell des<br />

Kirchturmhelms von 1894. Holz, H. 15g cm, Fußbreite 30 cm. - d) Z we i Z we^änder<br />

(Paradeschwerter) mit vergoldetem Zierlaub. L. 185 cm. 18. Jahrhundert. Sie dienen<br />

als Insignien am Landsgemeindestuhl. - e) Siegelpresse. Zum Teil Nußbaumholz,<br />

H. 48,5 cm. Mit eingekerbtem Datum «1802». Gehört sehr wahrscheinlich zum<br />

Kanzleisiegel (Nr. 3). - f) Siegelpresse. Kirschbaumholz, H. 51 cm. Mit eingekerbtem<br />

Datum «1852». Gehört zum Jüngern Gemeindesiegel (Nr. 4).<br />

5. Brückenmodell der abgegangenen Hundwilertobelbrücke (8.397^, Abb.373).H. mit dem<br />

Kastenunterbau 112,5 cm > L. der Dachtraufe 249 cm. H. des altern Teils bis zur<br />

Fahrbahn 88,9 cm, L. der Fahrbahn 227,5 cm -D e n zwe i Bauetappen der Brücke<br />

entsprechend, besteht das Modell ebenfalls aus einem deutlich sichtbaren altern<br />

Teil bis zur Fahrbahnhöhe, der sehr wahrscheinlich von ENOCH BREITENMOSER um<br />

1839 verfertigt worden ist. Die ausgeführte Brücke unterschied sich vom Modell nur<br />

durch einen zusätzlichen Laufsteg unter der Fahrbahn durch die Sprengwerke in<br />

ganzer Brückenlänge. Um 1927 fügte Zimmermeister STAUB von Hundwil der zweiten<br />

Bauetappe entsprechend den Überbau hinzu. Vorher konnte die Brücke in einem<br />

dazu gebauten Gehäuse, auf dessen Sockel sie noch steht, verschlossen werden.<br />

BÜRGERHÄUSER I M D O R F<br />

Zum Allgemeinen siehe Lage und Gestalt, S. 358-360.<br />

Haus Nr. § («Rosenegg») (Abb. 359). Dem Ursprung nach vermutlich älter als die<br />

mit ihm zusammengebaute «Krone» (Nr.7 ) A n der Fassade «1853» datierter<br />

Lampenarm (Abb. 375). Im Innern klassizistisches Treppengeländer des 19. Jahrhunderts<br />

und tonnengewölbter Keller mit rundbogigem Sandsteingewändeam Eingang.<br />

Gasthaus Krone, Nr. 7. GESCHICHTLICHES. Laut Giebelinschrift von 1959, die sich auf<br />

ältere stützt 2 , 1599 von Meister DEBUS BOHL aus der Grafschaft Toggenburg erbaut<br />

und 1828 von Landsfähnrich Johannes Knöpfel (s.u.) renoviert. Auf ein schon<br />

vorher bestehendes Gasthaus an dieser Stelle weist die Stiftung einer zusammengehörigen<br />

Reihe von fünf Wappenscheiben aus der Zeit von 1538 bis 1543, wovon eine<br />

1818 von Jon. ULRICH FITZI an Ort und Stelle abgezeichnet worden ist (s.u.).<br />

Vielleicht ist auch der 1480 erwähnte «Hans Ammann, der Wirt zu Hundwil»3, mit<br />

diesem Gasthaus in Verbindung zu bringen. - BESCHREIBUNG (Abb. 359). Fünfgeschossiger,<br />

über gequadertem Erdgeschoß gestrickter und an der Front getäferter<br />

Giebelbau mit einer für die Bauzeit typischen schwachen Neigung des Satteldaches.<br />

Die Anordnung der Reihenfenster im ersten Obergeschoß asymmetrisch (7+6-I-2),<br />

darüber symmetrisch (4+6+4/Luke+6 + Luke/2). Das Fassadentäfer mit drei<br />

ionischen Pilastern im ersten und zwei weitern im zweiten Obergeschoß wahrscheinlich<br />

von 1828. Eingang mit graubemaltem, spätbarockem Sandsteingewände, das<br />

1942 nach dem Vorbild des ursprünglichen erneuert wurde 4. In dessen geradem,<br />

seitlich verkröpftem Sturz beidseits des Schlußsteins das Datum MDCC-LXXVI (1776)<br />

eines Umbaus, im Schlußstein selbst die Initialen «DE» des Gemeindehauptmanns<br />

1 Diegemeinsame Hauswand zwischen beiden Häusern gehört laut ServitutenprotokollzuNr. 5.<br />

2 Offenbar von 1828. Jene von 1599 existiert vermutlich auf der Strickwand unter dem Täfer.<br />

3 AUB ii62f. 4 RIETMANN, Fol. 62.<br />

25 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


386 hundwil<br />

Abb. 360. Hundwil. Gasthaus zur Krone (Nr. 7, vgl. Abb. 359). Gaststube («Altertumsstube») mit<br />

grünem Kastenkachelofen, um 1776, mit altertümlichem Türgericht, wohl von 1599. Malerei in<br />

verspätetem Rokokostil, 1815 datiert. - Text unten.<br />

Daniel Engler (1732-1788) (Abb. 359). In der Südwestecke des ersten Obergeschosses<br />

imStilder «Bauernschränke»reich ausgemalte «Altertumsstube» (Abb. 360-362).In<br />

gemalter Rokokokartusche über altertümlich konstruierter Zwischentüre der ersten<br />

Bauzeit die Jahreszahl der Ausmalung «MDGGGXV» (1815) und die Initialen «IHK»<br />

und «AFK» des spätem Landsfähnrichs Johannes Knöpfel (1779-1853) und seiner<br />

Frau Anna Frischknecht 1 . Malerei in noch reinem Rokokostil, vorherrschend in<br />

blauen Tönen, die Zwischenbalken und Kranzleisten der Decke in Rot-Grün-Marmorierung.<br />

Die Füllungen der beiden Zimmer-, der Schrank- und Büfettüren tragen<br />

monochrome, blautonige Architekturlandschaften genrehaften Charakters, die drei<br />

Felder der Zwischenklappwand zum Nebenzimmer drei Historienbilder, 97 X65 cm,<br />

mit Rütlischwur, Teils Apfelschuß und Absprung von Geßlers Schiffim Sturm. Die<br />

Verbindung mit den Bildhintergründen, denen offenbar Landschaften im Stil der<br />

deutschen Renaissance als Vorlage gedient haben, glückte dem bäuerlichen Maler<br />

(JOH. ULRICH T HÄLER von Hundwil?) 2 nur unvollkommen. An der durch einen<br />

Trägerbalken unterteilten Decke umschließtje ein großer Vierpaß ein Rundmedaillon<br />

mit der Heiliggeisttaube auf der einen und mit dem bekrönten Hundwiler Wappen<br />

auf der andern Seite. Die Täferfüllungen, z.T. nur illusionistisch auf die bloße Strick-<br />

1 Laut Bürgerregister Bd. I, Nr. 161. - Laut Wappenbuch, S. 170, Landsfähnrich 1826-1830.<br />

2 «Mstr. Hs. Ulrich Thäler» (Totenregister), geb. 6. Aug. 1769, gest. 8.Mai 1831 (Bürgerregister,<br />

Bd. I, Nr. 521), wird von dessen Sohn, dem bekannten Maler JOH. BARTHOLOME THÄLER, in einer<br />

handschriftlichen Aufzeichnung über die Revolutionswirren imLand Appenzell (siehe Quellen) ausdrücklich<br />

als Maler bezeichnet, doch sind bisjetzt keine signierten Werke bekannt.


ürgerhäuser 387<br />

Abb. 361. Hundwil. Gasthaus zur Krone (Nr. 7). Gaststube. Ensemble von Wandschrank, Uhrgehäuse,<br />

Büfettund Vierfeldertüre,wohl wie die Bemalungmit genrehaften Landschaftenund Rocaillen<br />

von 1815 (vgl. Abb. 360). - Text S. 386 f.<br />

bzw. gemauerte Feuerwand gemalt, sind mit Kartuschen aus Rocaillen besetzt. Zwischen<br />

Wandschrankund Büfett ist eine Standuhr mit Spielwerk für Marschmusik eingebaut.<br />

Grüner Kachelofen in Kastenformum 1776 wie Hauseingang. Das bezeugt<br />

weiß glasiertes Frontispiz mit den vergoldeten Initialen « HD» (ligiert) «E» und<br />

«FAC.ZB» des Herrn Daniel Engler und seiner Frau Anna Catharina Zuberbühler'.<br />

- Abgewanderte Wappenscheiben (Abb. 364). Das Historische Museum St. Gallen besitzt<br />

fünf Wappenscheiben, die 1854 vom Bürgerrat der Stadt aus Hundwil zum Preis von<br />

630 Fr. erstanden wurden 2 . Die «glaubwürdige Tradition», wonach sich die von<br />

1538 bis 1543 entstandenen und in der Komposition übereinstimmenden Scheiben<br />

als zusammengehörige Reihe in der «Krone» befunden haben 3 , wird durch die<br />

Tatsache bestätigt, daß Wappen und Inschrift der Scheibe des Joachim von Rappenstein<br />

nach dem ausdrücklichen Zeugnis von Jon. CASPAR ZELLWEGER 1818 durch<br />

JOH. ULRICH FITZI im «Wirthshaus zur Krone in Hundwyl» für das Fahnen- und<br />

Wappenbuch, Fol. 68, kopiert worden sind 4 . Nach Stifterinschrift und Jahreszahl<br />

sind es folgende: a) «Onofriuß Hürus./Catherina./Ehingerin. 1538.» - b) «Hanns./<br />

Sailler.» - c) «Jochim.Von./Rapenstein Ge/nent. Mötely. 43.» - d) «Bath Rudolf<br />

1 Laut Altes Familienregister, Nr. 3530.<br />

2 JOHANNES EGLI, Die Glasgemälde des Historischen Museums in St. Gallen, erster Teil, St. Gallen<br />

1925, S. i4f., A nm. 4.<br />

3 Ebenda, S. 14.<br />

4 Notizdes JOH. CASPAR ZELLWEGER im Fahnen- und Wappenbuch, Fol. 68,unter der betreffenden<br />

Zeichnung (KtB Trogen).


388 hundwil<br />

Abb. 362. Hundwil. Gasthaus zur Krone (Nr. 7). Gaststube. Aufklappbare Zwischenwand, in den<br />

drei Füllungen Szenen des Rütlischwurs und aus der Teilsgeschichte, 1815 (vgl. Abb. 360 und 361).<br />

Text S. 386 f.<br />

Vom Rabenstai' genant Mettelin 15.43 Martha Vom Rabenstain geborne Schönow.»<br />

- e) «Erasimus/Lengenhager 1543». Sie sind ausführlich beschrieben und vier davon<br />

abgebildet in: JOHANNES EGLI, Die Glasgemälde des Historischen Museums in<br />

St. Gallen, erster Teil, St. Gallen 1925, S. 6-15.<br />

Löwen, Nr. 16. Hauseingang mit stichbogigem Sandsteingewände, im Schlußstein<br />

jetzt «1932», früher «1829» datiert 1 , und mit Vierfeldertüre aus Lärchenholz.<br />

Ochsen, Nr. 29. Barock profiliertes, korbbogiges Sandsteintürgewände. Im Schlußstein<br />

die Initialen «M H I (ligiert) M » des Meisters Hans Jakob Müller 2 und die<br />

Jahreszahl «1791». «1882» datiertes Wirtshausschild im Neurokokostil. Tonnengewölbter<br />

Keller. Dessen korbbogiges Sandsteintürgewände trägt im Schlußstein die<br />

gleichen Initialen wie der Hauseingang und die Jahreszahl «1804».<br />

Haus Mr. 30. Westwärts auf Kirche und Straße gerichtet. Es fällt auf durch kräftig<br />

ausladende Klebedächer über den drei untern Wohngeschossen. Das unterste Klebedach<br />

verklammert optisch den südseitigen traufständigen Anbau mit dem giebelständigen<br />

Hauptbau. Die Fassade ist außerdem durch kräftig profilierte Pfettenköpfe<br />

und geschoßweise durch kräftige Pilaster belebt (Abb. 365, vgl. Abb. 334 und 335).<br />

Abgewanderte Wappenscheiben aus dem ehemaligen Haus Schlüpfer^. 1818 kopierte JOH.<br />

ULRICH FITZI «im Haus des Herrn Schläpfer Hundwyl» für Jon. CASPAR ZELLWE-<br />

1 RIETMANN, Fol.62.<br />

2 Laut Hausbesuchungsbücher von 1799 und 1819, «N. 18 DorfOchsen»,im GdeA.<br />

3 Der Standort des in den Registern nicht namentlich aufgeführtenHauses konnte bisjetzt nicht<br />

identifiziert werden.


ürgerhäuser 389<br />

GERS Fahnen- und Wappenbuch die Süfterinschriften und Wappen von folgenden<br />

sechs, bis auf zwei verschollenen Wappenscheiben und von einer siebten auch die<br />

beiden Figuren 1 : 1. «Ambrosi Räfftler. vnd Elisabet Wyzegeri, sin Eheliche Husfrow<br />

Anno zc 1600.» Jetztim Historischen Museum in St.Gallen 2 . — 2. «Uli Schmid, der<br />

Zyt Kilchmeier vnd Bärbel Reyn. sin Eheliche Husfrow. Anno zc 1600.» Jetzt im<br />

Historischen Museum in St.Gallen 3 . A. Räfftlers und U . Schmids Wappen und<br />

Namen befinden sich auch auf der Hundwiler Ratsscheibe von 160g (S. 382). -<br />

3. «Fabion Huser Vnd Hanuß Müller. Anno. 1.6.09.» Mit anderm Wappen figuriert<br />

Hans Müller auch auf der gleichzeitigen Hundwiler Ratsscheibe (S. 382). - 4. «Hans<br />

Hürler vnd Engel Schirmer, sin Ehliche hußfrouw. 1613.» - 5. «Cunrat Wirt, vnd<br />

Hans Mesmer. 1613.» - 6. «Brosy Küng. 1.6.0.9.» - 7- «Vli Gässer vnd Anna Küngin<br />

syn Ehgemachel. 1614.» Die Frau in zeitgenössischer Tracht überreicht ihrem<br />

Mann, einem Hellebardier, einen Ehrenpokal (Abb. 363).<br />

1 KtB Trogen. Fol.57 enthält die ersten sechs Scheiben, Fol.55 jene mit den Figuren.Der Standort<br />

ist von JOB. CASPAR ZELLWEGER aufjedem Blatt vermerkt worden.<br />

2 JOHANNES EGLI, Die Glasgemälde des Historischen Museums in St. Gallen, zweiter Teil, 67.<br />

NblSG 1927, Nr. 97.<br />

3 Ebenda, Nr. 96.<br />

^rnrntÄrlij-t.-<br />

Abb. 363 und 364. Hundwil. 1818 von Johann Ulrich Fitzi fürdas Fahnen- und Wappenbuch des<br />

Johann Caspar Zellweger kopierte Wappenscheiben: Schützenscheibe von 1614 aus einem «Hause<br />

Schläpfer». - Scheibe des Joachim von Rappenstein, genannt Mötteli, 1543, ausdem Gasthaus zur<br />

Krone im Historischen Museum St. Gallen. Federaquarelle. Kantonsbibliothek Trogen. - Text<br />

S. 387 f.und oben.


39° hundwil<br />

Abb. 365. Hundwil. Bürgerhaus Nr. 30. Gestricktes Holzgiebelhaus, i7./i8.Jahrhundert, mit traufständigem<br />

Wohnanbau und mit verschalten Klebedächern über den Reihenfenstern. - Text S. 388.<br />

BAUERNHÄUSERD E RAUSSENBEZIRKE<br />

Auen, Nr. 335. Koord. 740620/246415. An der fünfgeschossigen ostsüdostwärts<br />

gerichteten, nur an beiden Vollgeschossen getäferten Giebelfassade drei originale,<br />

ursprünglich schwarz beschriftete Holz tafeln auf der bloßen Strickwand als dekorative<br />

Pendants zu Brusttäfer und geschweiften Seitenbrettern von Firstkammer- und<br />

Estrichfenstern. Heute heben sich die Buchstaben von der dunklen Patina des Holzes<br />

in weißer Farbe ab. Unter dem Estrichfenster Baumeisterinitialen in Fraktur;<br />

«BauMeister I. vnd K.W.» (KONRAD W IDMER? Vgl. Pfarrhaus Stein) und darunter<br />

auf derselben Tafel in Antiqua: «SOLE (sie) DEO GLORIA». Links auf größerer Tafel<br />

in Fraktur: «O Gott for Für vnd Allem Schaden Dises Baus fundament//Grund vnd<br />

Egstein sey Jesus Christus. Endlich mache uns alle O Herr//Zu einem heiligen hauß,<br />

darin du wonest bis Wir Ewig wonen Jm//hause unseres Vatters Das nicht mit<br />

henden gem(a)cht sonder das ewig ihm//Himel.» Entsprechend rechts: «O Her Jesu<br />

vnd in Christo auch unser Vatter von dir stehet//Geschriben so du daß Hauß nicht<br />

auf Bauest so arbeitten die umsonst die daran//Bauen. wir befehlen denSelben deiner<br />

gnädigen Auffsicht Zu beständiger Warung Auf Kind vnd Kinds Kind vnd Behüte<br />

disen bau vor findlichem überfahl.» Bauzeit um 1750. - Westwärts davon in zerfallenem<br />

«Weberhöcklein», Nr. 334, ein noch gut erhaltener grauer Lehmofen. Der<br />

kastenförmige Heizkörper mit aufgesetzter Kuppel ruht auf brückenförmigem Fuß,<br />

der abwinkelnde Teilan derWand aufgedrechselten Kandelaberfüßen. In der Kuppe<br />

eine einzige grün glasierte Becherkachel.


auernhäuser 39 1<br />

i8um<br />

ISS I I I R I I B T T T R ^ F P F R I<br />

Abb. 366. Hundwil. Bleichi (Nr. 85). Strickbau mit Satteldach in Traufstellung und mit breitem,<br />

gestelztem Frontgiebel, wohl Anfang 19.Jahrhundert. Der in Traufstellung angebaute Stadel von<br />

1821 (vgl. Abb. 334). - Text unten.<br />

Blatten {untere, im Tobel), Nr. 490. Koord. 741625/244065. Der Hanglage entsprechend<br />

südwärts gerichtetes Gehöft von auffälliger Gruppierung der Baukörper: Das<br />

ursprünglich vom traufständigen Stadel getrennte, niedrigere Wohngiebelhaus mit<br />

Webkeller ist durch einen dazwischengefügten, giebelständigen Wohnbau mit jenem<br />

zusammengeschlossen. Ein ehemaliger, 1752 datierter, verkaufter Kachelofen dürfte<br />

der ersten Bauzeit entsprechen. Dafür sprechen die für diese Zeit typischen barocken<br />

Fasen und Kielbogenausschnitte, Nachläufer jener des 17. Jahrhunderts, an zahlreichen<br />

Türgerichten des ältern Wohnbaus. Der jüngere Zwischenbau vermutlich aus<br />

der Textilkonjunktur der 1780er Jahre. Beide Wohnbauten besitzen Pfettenköpfe mit<br />

barocken Wellenprofilen. Der altertümliche Stadel ist im Unterschied zu den meisten<br />

heute noch bestehenden, die einen gestrickten Stall und eine geriegelte Scheune aufweisen,<br />

auch an der Scheune gestrickt, und zwar in der lockern, als «Schwemi»<br />

bezeichneten Weise und mit Schindeldach und -schirm versehen.<br />

Bleichi, Nr. 85. Koord. 741 575/247915 (Abb. 366). Die Bauzeit der Scheune, durch<br />

eine im Hause aufbewahrte Bauinschrift «Diese Scheunen sind gebauen von Mr.<br />

Friedrich Frenner Anno 1821» bezeugt, trifft, aus dem Baubefund zu schließen, auch<br />

für das Wohnhaus zu. Südwärts gerichteter, getäferter Strickbau mit Satteldach in<br />

Traufstellung, mit drei Vollgeschossen und gestelztem, schwach geneigtem Quergiebel<br />

einer großen Firstkammer. Trotz später Bauzeit besitzt das Haus noch Reihenfenster<br />

mit Zugläden, jedoch eine symmetrische Fassadeneinteilung mit einem einzigen<br />

Eingang in der Mittelachse, auch eine zeitgemäße, mit Rauten verzierte Nuß­


392 hundwil<br />

baumtüre, jedoch in einer Kopie von 1912 1 . Westseits ist dreitorige Scheune in<br />

Traufstellung unter niedrigerem First angebaut. Unter zahlreichen appenzellischen<br />

Familienaltertümern, vor allem bemalten Bauernschränken und Truhen, kommt<br />

einem zweitürigen Schrank aus dem Hungerjahr 1817 kulturhistorische Bedeutung zu<br />

(Abb. 369). Kranzinschrift: «M. Johan Jakob Früh. Fr. Kathrina Knöpfel. 1817.»<br />

Außerordentlich gut erhaltene Bemalung in vorwiegend intensiven Rot- und Blautönen<br />

im Übergangsstil vom Rokoko zum LouisXVI.In den vier Feldern der marmorierten<br />

Türen durch Inschriften erläuterte biblische Szenen, die auf das irdiche und<br />

himmliche Leben und dessen Brot Bezug nehmen: a) Die durch Teuerung bestraften<br />

Söhne Jakobs bitten ihren Bruder Joseph in Ägyptenum Brot. - b) Das kananäische<br />

Weib fleht Jesus um Erbarmen an («doch essen die Hündlein auch von den Brosamen,<br />

die vom Tisch des Herrn fallen.»). - c) Das Abendmahl. - d) Der gute Hirt<br />

(«Ich gebe ihnen das ewige Leben.»). - In den seitlichen Lisenen verkünden kleine<br />

Ovalbilder und dazugehörige Sprüche den Glückskreislauf von Arbeit zu Reichtum,<br />

von diesem zu Krieg und Armut. In der Mittellisene sind oben die Wucherpreise<br />

des Hungerjahres aufgezeichnet, unter dem Mittelbild, das eine Familie am Tisch<br />

darstellt, steht ein sinnvolles Gebet um heilsam Wort, täglich Brot und seliges End.<br />

Die abgerundeten Ecken zeigen Groteskenmotive, wie sie der Louis-XVI-Stil in<br />

Anlehnung an altrömische Vorbilder liebte. - Bemerkenswert sind auch zwei eintürige<br />

bemalte Schränke von 1743 bzw. 1766 mit verspäteten Renaissancemotiven sowohl<br />

in der Architektur als auch in der Dekorationsmalerei und mit folgenden Frakturi<br />

Mitteilung des (verstorbenen) Besitzers Walter Knöpfel.<br />

Abb. 367 und 368. Hundwil. Bleichi (Nr. 85). Eintürige Schränke im Stil der Spätrenaissance mit<br />

ohrenförmig verkröpften Füllungen gestaltet und mit stilisierten Blumen in starker Stilverspätung<br />

reich bemalt. Derjenige links 1743, derjenige rechts 1766 datiert. - Text oben.


auernhäuser 393<br />

Abb. 369. Hundwil. Bleichi (Nr. 85). Zweitüriger Schrank aus dem Hungerjahr 1817 mit Szenen<br />

geistlicher u nd leiblicher Ernährung aus Bibel u nd Profanbereich zwischen roter und blauer Marmorierung<br />

und Ziermotiven hauptsächlich im Louis-XVI-Stil. - Text S. 392.<br />

Inschriften (Abb. 367, 368): «17 Anna Scheusin 43» (jetzt in Privatbesitz Freienstein<br />

ZH) bzw. «17 Bartholome Weyß Anna Cathrina Fäßler / Gottes gnad und güte alle<br />

Zeit uns beheute 66» (sie).<br />

Hempen, Nr. 430. Koord. 741360/244950. (In LK «Niderwis».) Südostwärts<br />

gerichtetes Bauernhaus mit Webkeller und nordostseits angebautem Stadel. An der<br />

fünfgeschossigen Giebelfassade drei verschalte und geschindelte Klebedächer. -<br />

Nordostseits davon: jVr. 431 in entsprechender Stellung mit schwach geneigtem<br />

Satteldach und mit Webkeller. Im Giebelfeld das Baudatum «1639» und die Meisterinitialen<br />

«MHB». Die Fassade ist nur an beiden Vollgeschossen getäfert. An den<br />

Zwillingsfenstern der Firstkammer Brusttäfer auf bloßer Strickwand. Der nordostseits<br />

angebaute und vorspringende Stadel ist neu.<br />

Moos. «Rothus», Nr. 101. Koord. 742175/248290. Ehemalige Wirtschaft zum<br />

Sternen an der Verzweigung der alten Landstraße ins Herisauer Tobel einerseits und<br />

ins Rachentobel anderseits. Die Jahreszahl «1687», die an der südwestlichen Strickwand<br />

im ersten Obergeschoß links vom Eingang zur Wohnung unbeholfen und auf


394 hundwil<br />

den Kopf gestellt eingeschnitzt ist, dürfte dem Baujahr entsprechen. Die Wirtschaft<br />

ging offenbar nach dem Bau der Mittellandstraße in den 1860er Jahren ein. Ein<br />

kleiner, rückseits angebauter Stadel wurde zwischen 1912 und 1915 entfernt; ein<br />

weiterer zum Haus gehöriger Stadel stand bis vor zirka fünfzehnJahren südöstlich<br />

davon. Das Wohnhaus selbst ist ein traditioneller, zusammen mit dem Webkeller<br />

fünfgeschossiger Holzgiebelbau, der mit asymmetrisch angeordneten Reihenfenstern<br />

an der bis zum First getäferten Front südostwärts blickt. (Das gestemmte Täfer wohl<br />

aus dem 19. Jahrhundert.) Rückseits Schindelschirm mit Fensterdächlein und geschweiften<br />

Seitenbrettern. Eine ursprüngliche Freitreppe, die unter einem vorkragenden<br />

und auf einen Eckpfosten abgestützten Obergeschoß zu diesem hinaufführte,<br />

wurde laut einer ehemaligen Bewohnerin kurz vor 1890 durch verschalte Riegelwände<br />

in der Flucht der Hauswände umschlossen, so daß ein Flur entstand, durch den nun<br />

die Treppe von der neuern Haustüre an der Front zur älternam ersten Obergeschoß<br />

führt. Über der Treppe blieb das ehemalige Außenfenster mit Brusttäfer, Aufzugsladen<br />

und geschweiften seitlichen Zierbrettern aus der ersten Bauzeit erhalten. Die<br />

ehemalige Außenwand samt diesem Fenstergericht und die Bretterdecke darüber<br />

sind mit gut erhaltener barocker Grisaillemalerei aus dem letzten Viertel des 17.Jahrhunderts<br />

geschmückt (Abb. 409).In die beiden Arkaden einer toskanischen Bogenarchitekturan<br />

derWand sindje ein prangendes Fruchtbündel und darunter ein Hase, der<br />

von einem Hund gejagt wird, hineinkomponiert, in die verkröpften Zweipässe der<br />

Decke schwungvolle und üppige Akanthusblattrosetten eingesetzt und mit Akanthuslaub<br />

auch das Fenstergericht überzogen.<br />

Abb. 370. Hundwil. BauernhausimTobel, Nr. 72. MitdemDatum 1568 (1564?) a n der Fußpfette<br />

das einzige datierte und überhaupt einzige traufständige Tätschdachhaus («Heidenhaus») von dieser<br />

Größe in Appenzell Außerrhoden.In Traufstellung angebauter Stadel, 1614 datiert (vgl. Abb. 334).<br />

Text S.395.


auernhäuser 395<br />

Niderbüel, Nr. 407. Koord. 741450/245 150. Im südostwärts gerichteten Giebelfeld<br />

mit schwarzer Farbe, teils in Antiqua, teils in Fraktur auf die Strickwand gemalt,<br />

jedoch durch neue Täferung verdeckt; « BM Hans Fäßler / B MH.U. Koller von<br />

Tüffenund sein Sohn H.U.K. 1793.» Zu beiden Seiten der gekuppelten Firstkammerfenster:<br />

«Gott behüte dieses Haus / die da gehen ein und aus.» (Zitiert nach<br />

Rietmann, Fol. 62.)<br />

Rechbüel, Nrn. 81 und 82. Koord. 741 315/247 100. Sogenanntes Heidenhaus, mit<br />

Tätschdach in Traufstellung südostwärts gerichtet. Doppelhaus mit zwei Vollgeschossen<br />

über Webkeller. Nur noch die getäferte Fassade ist im alten Zustand.<br />

Fenstereinteilung im ersten Obergeschoß 4/ + 5+Haustüre, die durch Außentreppe<br />

erreicht wird, im zweiten Obergeschoß 3/+4 + 2.<br />

Sonder, Nr. 168. Koord. 742980/247530. Der Hanglage entsprechend südwärts<br />

gerichteter Giebelbau von fünf Geschossen mit Webkeller und westseits angebautem<br />

Stadel. Aus dem schwach geneigten, symmetrischen Satteldach zu schließen vermutlich<br />

Bau des 17. Jahrhunderts. Täferung nur a m ersten Wohngeschoß, die drei<br />

Geschosse darüber sind mit Brusttäfer und einfachen Seitenbrettern auf bloßer<br />

Strickwand versehen.<br />

Spitzböhl, Nr. 464. Koord. 740235/244130. Bei der in ein Holztäfelchen an der<br />

Hausfront eingeschnitzten Jahreszahl «1565» muß es sich um die Kopie einer<br />

Originalzahl handeln, die vermutlich auf der Strickwand unter dem neuzeitlichen,<br />

bemalten Täfer zu finden ist. Der viergeschossige Bau, der über gemauertem Webkeller<br />

zwei Vollgeschosse und eine Firstkammer in Strickkonstruktion umfaßt, liegt<br />

mit südostwärts gerichtetem Giebeltätschdach in burgähnlicher Lage auf «durchsägtem»<br />

Nagelfluhsporn. Nordwestwärts ist er wohl im 19. Jahrhundert durch eine<br />

Riegelkonstruktion ein wenig verlängert worden. Die Fundamente sind mit Bollensteinen<br />

gemauert. Aus der Bauzeit ist ein rustikales, schmuckloses Türgericht erhalten.<br />

Der Stadel steht separat südwestseits vom Wohnhaus.<br />

Tobel,Nr. 72. Koord. 741 550/247520 (Abb. 370). Frontseitsan der Fußpfette«i568»<br />

datiertes sogenanntes Heidenhaus, das mit traufständigem Tätschdach südostwärts<br />

gerichtet ist. Der daran südwestseits in gleicher Flucht angebaute Stadel ist innen auf<br />

einem Balken «1614» datiert. Zwischen die Jahreszahl 1568 (letzte Ziffer eventuell<br />

als 4 zu lesen) ist ein gleicharmiges Tatzenkreuz eingefügt. Bei einer für die übrigen<br />

bekannten «Heidenhäuser» ganz ungewöhnlichen Größe umfaßt es über dem<br />

Webkeller drei volle Wohn- und ein Firstkammergeschoß. Fenstereinteilung im<br />

ersten Wohngeschoß rechts der Haustüre: 2 + 5 + 3, im zweiten:4+6 + 2, im dritten:<br />

4+4+2. Interessante Trägerkonstruktion für die Flugpfette. Starker Firstbalken wie<br />

an den Tätschdächern üblich. Im Innern ein altertümliches, rustikales Türgericht.<br />

Bei diesem außergewöhnlichen Bau handelt es sich nach mündlicher Uberlieferung<br />

um das ehemalige Haus des Gallus Signer, das laut Ratsprotokoll unmittelbar nach der<br />

Landteilung als Rathaus gedient hat und in dem am 22. September 1597 das erste<br />

ausserrhodische Bußengericht abgehalten worden ist 1 .<br />

i «Buch einiger consulta senatis aus den Protocollen gezogen von verschiedenen Vorfallheiten...»<br />

(KtA, Altes Archiv, 4, 13), S. 1: «Ao 1597 d. 22 ten 7 bris (September) ward in GottesNammendas<br />

erste Bußen Gricht in Ausrodenzu Hundweil in Galli Signers Haus gehalten worden.» Vgl.AJB 1887,<br />

S. 77,mit abweichendem Wortlaut, gestützt aufKtA, Altes Archiv, 7, 1. Vgl. RIETMANN, Fol. 39.


396 hundwil<br />

MÜHLEN<br />

Im Antworten- und Mandatenbuch 1547-1567 sind für die ganze Kirchhöre, also<br />

einschließlich der untern Rhode (Stein), drei Müller verzeichnet (vgl. AG I, S. 420).<br />

Namentlich ist aber keine Mühle vor dem 18. Jahrhundert erwähnt.<br />

1. Auermühle oder Auenmühle. An der Urnäsch im Auerloch. Sie ist 1748 a l s Mühle<br />

mit Säge und Bläuhaus anläßlich ihrer Vergantung erstmals erwähnt 1 , 1847 eingegangen<br />

und das Haus in der Folge abgebrochen worden 2 .<br />

2. Örtlismüli. Am Fitzisbach, an der Straße nach Urnäsch. Koord. 741550/246485.<br />

Ihre Existenz um 1714 geht indirekt aus der Erwähnung der untern Mühle im Rachentobel<br />

hervor (s.u.). Im Gegensatz zu jener war sie die obere Mühle. Als Fitzismühle<br />

ist sie indirekt 1747, direkt 1752 erwähnt 3 . Am 27.Dezember 1787 brannte<br />

sie samt Scheune ab 4 . In der Folge, um 1788, Neubau 5 . Sie besaß ein von je einem<br />

Wasserrad betriebenes Mahl- und Sägewerk 6 . Jenes wurde 1894 eingestellt, dieses<br />

igoi auf Turbinenbetrieb umgestellt. 1898 Erneuerung der Fassade^. Heute wieder<br />

moderne Mahlmühle in Verbindung mit Wirtschaft und Bäckerei in Betrieb. Das<br />

Wohnhaus ist ein schlichter fünfgeschossiger, über gemauertem Erdgeschoß gestrickter<br />

Giebelbau. Der tonnengewölbte Keller im westseitigen Anbau gehörte vermutlich<br />

schon zum Vorgängerbau (Abb. 371).<br />

3. Mühle im Rachentobel (Abb. 372). A m Sonderbach beim Brückenübergang der<br />

alten Landstraße (S. 399f.). Zur Zeit eines Großratsbeschlusses vom 20. April 1714<br />

«das Klein oder Unter Mühleli im Rachen Tobel belangend» hat dieses, «auf der<br />

Obrigkeit Grund und Boden gebauen» und damals im Besitz eines Daniel Orth,<br />

schon seit «unerdenklichen Jahren daselbst gestanden» 8 . Ende 18. Jahrhundert ist<br />

sie auch als «NordMülli» verzeichnet 9 . Um 1835 schrieb GABRIEL R ÜSCH von ihrer<br />

Einsamkeit in der «engen Bergschlucht» 10 . Eineum 1866/67 entstandene Zeichnung<br />

von JOH. JAKOB RIETMANN 11 zeigt sie südseits der gedeckten Holzbrücke. Das Mahlund<br />

Wasserwerk war nordseits an das stattliche Wohngebäude angebaut. Dieses<br />

besaß fünf Geschosse unter Mansardgiebeldach und Klebedächer über den Reihenfenstern<br />

von zwei Vollgeschossen. Abbruch gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Die<br />

Stelle des Weihers ist noch erkennbar.<br />

4. Sägemühle im Sonder. 1748 ist sie im Zusammenhang mit der Grenzziehung zwischen<br />

Hundwil und Stein als «Hans Frehners Seegen» erwähnt 12 . Heute nur noch<br />

Ortsname (LK).<br />

1 Räteprotokoll, 6.Juni 1748.<br />

2 RIETMANN, Fol. 70.<br />

3 Räteprotokoll, 3.Mai 1747: «Ulrich Fizi inder Mühli.» - RIETMANN, Fol. 34, 70.<br />

4 WALSER IV, S. 123.<br />

5 Vgl. RIETMANN, a.a.O.<br />

6 WALSER IV,a.a.O.<br />

7 RIETMANN, a . a.O.<br />

8 Kopie im Landesbauherrenbuch hinter der Sitter, S. 9. - Landesbauamt h.d.S., S. 19. Beideim<br />

KtA,J,1,3. Vgl. Wegbüchlein, S. 25 f.<br />

9 Brückenbüchlein von 1793, S. 1.Zu unterscheiden von der gleichnamigen Mühle in Teufen.<br />

10 G . RÜSCH, DerKanton Appenzell, S. 207 f.<br />

11 Bilddokument Sa.<br />

12 Protokoll des Großen Rats, 21.-24.N0v. 1748. Vgl.AJB 1891, S.86.


ücken 397<br />

Abb. 371 und 372. Hundwil. Örtlismüli. Nach einem Brand von 1787 neu erbautes, gestricktes Holzgiebelhaus.<br />

- Rachentobel. Ehemalige Mühle mit Mansardgiebeldach und Klebedächern und ehemalige<br />

gedeckte Holzbrücke über den Sonderbach. Bleistiftzeichnung von JohannJakob Rietmann,<br />

um 1866/67 (Ausschnitt). Stadtbibliothek Vadiana, St. Gallen. - Text S. 356f., 396 und 399f.<br />

BRÜCKEN<br />

Vgl. Straße und Verkehr, S. 362 f. Gedeckte Holzbrücke im Herisauer Tobel 1 . In Hundwil<br />

wird sie auch Alttobelbrücke genannt. Sie liegt an der alten «Landstraße» von<br />

Hundwil über die Urnäsch nach Herisau (Koord. 742050/248600) und wurde 1778<br />

von Hs. U LRICH GRUBENMANN erbaut. - Geschichtliches und Beschreibung siehe bei<br />

Herisau, S. 215 f.<br />

Abgegangene Brücken<br />

A. Uber die Urnäsch. 1. Gedeckte Brücke im Hundwilertobel (Abb. 373,374). Zwischen<br />

Hundwil und Waldstatt, etwa hundert Meter südwestlich der bestehenden Betonbrücke.<br />

Koord. 740750/247300. Sie wurde 1839/40 von Zimmermeister ENOCH<br />

BREITENMOSER, Herisau, und Maurermeister DANIEL WILLI, Gais, bis zur Fahrbahnhöhe<br />

erbaut 2 . Finanzierung durch Private aus den interessierten Gemeinden.<br />

Hundwil lieferte das Holz 3 . Infolge finanzieller Schwierigkeiten unvollendet, ging<br />

der Bau 1852 von der Gemeindean den Kanton über 4 . Ausbau, vor allem Erstellung<br />

1 So bezeichnet im Wegbüchlein, S. 29.<br />

2 Protokoll der Straßenkommission, 2. Juli 1839 bis 8. Nov. 1840. Die Brücke erhielt nur ein Notdach.<br />

- Die aufder Brücke angebrachte Tafel (Photographie in: RIETMANN, Fol. 88) gab Baudaten<br />

unrichtig wieder.<br />

3 AMB 1837, S. 168; 1838, S. 149^; 1840, S. 15, 47.<br />

4 Amtsblatt 1852/53, I., S. ioif. - Protokoll der Straßenkommission, 24. Aug. 1852. Die Gemeinde<br />

mußte vertragsgemäß Holz zum Ausbau liefern.


398 hundwil<br />

mW IIKSii^ W&msmm<br />

Abb. 373. Hundwil. Holzmodell der ehemaligen gedeckten Holzbrücke i m Hundwilertobel (vgl.<br />

Abb. 374). Der untere Teil bis zur Fahrbahn wahrscheinlich von Enoch Breitenmoser,um 1839, der<br />

Überbau, der der zweiten Bauetappe entspricht, um 1927. Pfarrhaus Hundwil. -Text S. 385 und unten.<br />

von Dachstuhl, Dach und Verschalung des Sprengwerks (Wetterschirm) von 1855/56<br />

durch BAUMEISTER DANIEL OERTLE 1 . Bis zur Anlegung der Anschlußstraßen 1859<br />

bis 1861 stand die Brücke, nur auf einem Fußweg erreichbar, isoliert im Tobel. 1925<br />

wurde sie durch die bestehende Betonbrücke der Firma ZÜBLIN & Co., Zürich, nach<br />

Plänen von Ing. R ITTER ersetzt und 1928 auf Abbruch verkauft 2 . Ihr Aussehen wird<br />

festgehalten: a) durch eine Planaufnahme aus der Zeit vor dem Abbruch 3 , b) ein<br />

Brückenmodell im Pfarrhaus (S. 385) und c) durch mehrere Photographien von innen<br />

und außen. Sie war eine dreijochige, mit Walmdach gedeckte Holzbrücke auf zwei<br />

Quadersockeln an beiden Böschungen und zwei schlanken Pfeilern dazwischen über<br />

dem Flußlauf, die etwa zu drei Fünfteln aus verschaltem Holzwerk und unten ebenfalls<br />

aus Quadermauerwerk bestanden. L. 293, Br. 25, H. über Fluß 93 Fuß 4 . Im<br />

Unterschied zu den bekannten Brücken der GRUBENMANN und KNELLWOLF, die mit<br />

einem einzigen Stabpolygon einen in der Regel allerdings viel kürzern Abstand überspannen,<br />

waren hier den drei Jochen entsprechend drei Sprengwerke unter der<br />

Fahrbahn von Pfeiler zu Pfeiler gespannt. Daran war mit je zwei Hängesäulen auf<br />

beiden Seiten eines Jochs das sekundäre Spreng- oder Hängewerk des Uberbaus<br />

befestigt. Durch das Sprengwerk unter der Fahrbahn hindurch war in ganzer Brückenlänge<br />

ein Laufsteg eingebaut, der im Brückenmodell fehlt. Gekuppelte Luken belebten<br />

in rhythmischem Wechsel mit einzelnen zu beiden Seiten den Wetterschirm. -<br />

2. Auensteg. Zwischen dem Hundwiler Bezirk Auen und Waldstatt. Koord. 740400/<br />

247100. Er wurde 1473 errichtet und nach Hochwassern von 1752 und 1778 neu<br />

1 Ebenda, 4.Nov. 1855: Arbeiten haben begonnen. - Zu «Meister Örtli in Gais» siehe ebenda,<br />

14.N0V.und 31.Dez. 1852, 27.Jan. 1853und 11.Juni 1854. - Amtsblatt 1856/57, I., S. 35, 137!".<br />

2 RIETMANN, Fol. 87.<br />

3 Plandokument 2.<br />

4 Laut Brückentafel (vgl. S.397,Anm. 2).


ücken 399<br />

Abb. 374. Hundwil. Ehemalige gedeckte Holzbrücke im Hundwilertobel von Süden. Bis zur Fahrbahn<br />

1839/40 von Enoch Breitenmoser, Herisau, und Daniel Willi, Gais, erstellt, der Überbau 1855/56<br />

von Daniel Örtle, Herisau. Abbruchum 1928. Photographie. Zentralbibliothek Zürich. Text S. 357<br />

und 397 f.<br />

erbaut 1 . Dieser dreiteilige Holzsteg von 106 Fuß Länge ruhte auf zwei Jochen 2 .<br />

Seit 1654 wurde er zur einen Hälfte vom Land, zur andern von den zwei angrenzenden<br />

Gemeinden unterhalten 3 , seit 1852 von diesen allein 4 . Jetziger Steg von<br />

1892'. — 3. Gedeckte Holzbrücke nach Urnäsch bei ^ürchersmühle, sogenannte Furterbrücke<br />

(siehe Urnäsch, S. 326).<br />

B. Uber den Sonderbach. Zwischen den Gemeinden Hundwil und Stein im Rachentobel,<br />

wo auch eine Mühle stand 6 , a m heutigen Fußweg von Moos nach Wilen.<br />

Koord. 742300/248500. - 1. Gedeckte Holzbrücke. Sie ist im Wegbüchlein des Landes<br />

von 1655 und entsprechendim Brückenbüchlein von 1793, S. 51 (und ähnlich S. i), als<br />

«BruggJm Rachter Tobel gegen Stein und Hundwil» samt den Inschriften in kalligraphischer<br />

Wiedergabe verzeichnet. Laut diesen wurde sie «1724» von «Werck<br />

Meister Bernhart Zürcher» und «gesellen..Mr VB. VW. VF.» erbaut. Die Länge<br />

der verhältnismäßig kleinen Brücke betrug nur 35 Schuh, die Höhe vom Fußboden<br />

10 Schuh, die Breite 6 Schuh 10 Zoll 7 . 1852 wurde sie vom Kantonan Hundwil und<br />

Stein ausgelöst, anschließend jedoch von Stein ganz übernommen 8 . Auf einer 1866/67<br />

entstandenen Zeichnung von Jon. JAKOB RIETMANN ist sie zusammen mit der süd-<br />

1 JOH.JAKOB SCHLÄPFER, Ghroniconder Gemeinde W aldstatt,S. 6 , 1 16,Anm. 67. - WALSERIV,<br />

S. 25.<br />

2 Brückenbüchlein von 1793, S. 56 (Wegbüchlein des KtA, S. 2).<br />

3 Wegbüchlein von 1655 bzw. Brückenbüchlein von 1793, S. 1, 56 (entspricht Wegbüchlein des<br />

KtA, S . 2). - JOH.JAKOB SCHLÄPFER,a.a.O.,S. 6.<br />

4 Vgl. Protokoll der Straßenkommission, 16. Sept. 1852.<br />

5 RIETMANN, Fol.83.<br />

6 Brückenbüchlein von 1793^.51: «Bruggfuß gegender Möllj.» Vgl. unten «Nord Mülli Brüggli.»<br />

7 Brückenbüchlein, a.a.O.<br />

8 Amtsblatt 1852/53, I., S. I02f. - Protokoll der Straßenkommission, 16.Sept. 1852.


400 hundwil<br />

seits auf Hundwiler Boden stehenden Mühle abgebildet 1 . Sie besaß vier Gebinde<br />

unter einem Walmdach. Die Hängepfosten waren durch Kopfhölzer Y-förmig versteift,<br />

außerdem offenbar durch Brustriegel. Ein eigentliches Sprengwerk war nicht<br />

vorhanden. 1893 wurde die Holzbrücke durch die bestehende Steinbrücke ersetzt z .<br />

- 2. Als Under Brug oder als NordMülliBrüggli, die «nachda zu» bei der oben genannten<br />

gedeckten Holzbrücke stand, ist sie im Brückenbüchlein von 1793, S. 1 und 52,<br />

ebenfalls unter den vom Land zu unterhaltenden Brücken aufgezählt. «Auf einem<br />

Quader» war u.a. eingemeißelt; «Werck Meister Laurenz Äugster 1790:». Vermutlich<br />

handelte es sich um einen offenen Steg.<br />

1 Bilddokument8a (Abb. 372).<br />

2 Jahresrechnung der Gde Stein 1892/93, S. 15.<br />

Abb. 375. Hundwil. Rosenegg (Nr. 5). Geschmiedeter, klassizistischer Lampenarm mit dem Datum<br />

'853. - Text S. 385.


TAFEL II<br />

Stein. Bürgerhaus Nr. 8. Himmelbett mit zweitürigem Schrankam Fußteil, geflammter Marmorierung<br />

an Gesimsen u nd Rahmen, Genrelandschaften in den Füllungen, Rokoko- u nd Louis-XVI-<br />

Dekor. Historisches Museum Herisau. — Text S. 425.


STEIN<br />

401<br />

KIRCHLICHE U ND P OLITISCHE V ERHÄLTNISSE<br />

A. Bis zur Lostrenmng von Hundwil 1748 und zum Kirchenbau 174g. Als untere oder<br />

vordere Hundwiler oder auch Horgenbühler Rhode 1 bezeichnet, bildete das heutige<br />

Gemeindegebiet zusammen mit der obern Hundwiler Rhode, ungefähr der spätem<br />

Gemeinde Hundwil, eine einzige große Kirchhöre mit gemeinsamer Pfarrkirche in<br />

Hundwil. Dieser ausgedehnte Sprengel erstreckte sich vom Säntis im Süden bis zum<br />

Zusammenfluß von Sitter und Urnäsch im Kübel und zu jenem von Sitter und<br />

Wattbach bei Zweibrüggen an der Nordgrenze. Davon gehörte zur untern Rhode<br />

das kleinere nördliche Teilgebiet zwischen Sonderbach und Urnäsch einerseits und<br />

der Sitter anderseits einschließlich Buchberg, Sonder und Hagtobel, die 1748 ganz<br />

oder teilweise zu Hundwil geschlagen wurden. Die ganze Kirchhöre Hundwil gehörte<br />

bis ins 14. oder bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts als Tochterpfarrei zur<br />

St.-Laurenzen-Pfarrei in St. Gallen und wurde offenbar durch Geistliche der dieser<br />

Großpfarrei inkorporierten St.-Leonhards-Propstei betreut (siehe Hundwil, S.354). -<br />

Politisch war die untere wie die obere Rhode eine der sechs äußern Rhoden des<br />

Landes. Beide Rhodsgemeinden wurden durch je zwei Hauptleute und 24 Räte<br />

selbständig regiert. Gemeinsam besaßen aber beide Rhoden die Kirche, das Kirchenund<br />

Armengut samt den Kirchhörewäldern und nach der Landteilung auch das<br />

1607/08 in Hundwil erbaute Rathaus (S. 353, 380). Diese politisch-kirchliche Situation<br />

ist in der Geschichte der außerrhodischen Gemeinden einmalig. Die Rhodsverfassung<br />

selbst reicht vermutlich in die Zeit nach den Freiheitskriegen, in die erste<br />

Hälfte des 15. Jahrhunderts, zurück.<br />

B. Lostrennung von Hundwil 1748^ und Kirchenbau 174g. Die für die stark angewachsene<br />

Bevölkerung zu knappen Raumverhältnisse der Kirche von Hundwil wurden für die<br />

wohlhabendere untere Rhode zum willkommenen Anlaß, ein eigenes Gotteshaus zu<br />

bauen,um damit die begehrte kirchliche und volle politische Unabhängigkeit als selbständige<br />

Gemeinde durch die Lostrennung von der obern Rhode und somit von der<br />

gemeinsamen Kirchhöre Hundwil zu erlangen.Am 6./7. Juli 1748 erhielt eine Abordnung<br />

der untern Rhode vom Großen Rat eine erste Zustimmung zum Kirchenbau 3 .<br />

Es wurde eine Kommission aus beiden Landammännern und beiden Statthaltern,<br />

einem Säckelmeister und dem Landschreiber gebildet. Diese sollte, sofern sich die<br />

beiden Rhoden nicht einigen konnten, den Entscheid über die Verteilung des<br />

Kirchenguts und der gemeinsamen Wälder treffen, den Standort der zu erbauenden<br />

Kircheund die Bezirke, durch welche die Grenzen gezogen werden sollten, in Augen-<br />

1 AUB 2353: 1552 werden urkundlich erstmals beide Rhoden erwähnt.AUB 2469: 1556 erstmals<br />

vordereund hintereRhode.AUB 3129; 1571 ist ausdrücklichvonder «obrenrod» dieRede,waseine<br />

untere voraussetzt. - Beide Bezeichnungen ausdrücklich indenRäteprotokollenvonHundwil: 3. März<br />

und 3.Mai 1747 usw. - Laut E. WIPFin: Jubiläumsschrift Stein 1899, S. 6,auch «Horgenbühlerrhod».<br />

2 HOWARD EUGSTER, Die Trennung der beiden Hundwiler Rhodenundder Kirchenbau zu Stein<br />

indenJahren 1748 und 1749, AJB 1891, S. 73-101.<br />

3 Protokoll des Großen Rats. - Vgl. HOWARD EUGSTER, a.a.O., S. yöf. (falsches Datum).<br />

26 - Kunstdenkmäler LXI .AR I.


402 s t e i n<br />

schein nehmen. Der erbitterte Widerstand der um die bisherige gemeinsame wirtschaftliche<br />

und politische Stellung bangenden oberen Rhode und erneutes Ersuchen<br />

der untern Rhode bei demam ig.Oktober und vom 21. bis 24.November 1748 zur<br />

Herbstrechnung in Herisau versammelten Großen Rat führte von dessen Seite zum<br />

endgültigen Entscheid zwischen den unnachgiebigen Parteien. Der Kirchenbau<br />

«beym Stein» wurde erlaubt, das gemeinsame Vermögen geteilt und die neuen<br />

gegenseitigen Grenzen bestimmt. Das Armengut wurde entsprechend der Einwohnerzahl<br />

geteilt, sonst aber die obere Rhode finanziell und gebietsmäßig begünstigt (s.o.).<br />

Die untere Rhode durfte dagegen das Rathaus ohne Unterhaltsverpflichtung weiter<br />

benützen. Außerdem mußte das «Kirchhöri Sigel» in Hundwil verbleiben und auch<br />

künftig die Zettel der untern Rhode dort gesiegelt werden (siehe S. 406). Schließlich<br />

sollte bis zur Vollendung der neuen Kirche alles beim alten bleiben '. Folglich wurde<br />

auch deren Baujahr 1749 von jeher als Gründungsjahr der neuen Gemeinde angesehen<br />

und gefeiert 3 . Mit dieser jüngsten Gemeinde besaß nun Außerrhoden deren<br />

zwanzig. Den Namen erhielt die neue Gemeinde nach dem für die Kirche ursprünglich<br />

ins Auge gefaßten Standort «uf Stein» südöstlich des heutigen Dorfes. Der Name des<br />

Bezirks «Rüti», auf dem Kirche und Dorf tatsächlich entstanden, war ungeeignet,<br />

da dieser Name bereits von der außerrhodischen Gemeinde am untern Hirschberg<br />

als Ortsbezeichnung geführt wurde 3 .<br />

C. i8yy Trennung der Kirchhöre, der kirchlich und politisch einheitlichen Gemeinde, in Politische<br />

Einwohner gemeinde und Evangelisch-refarmierte Kirchgemeinde aufgrund der im gleichen<br />

Jahre in Kraft getretenen neuen Kantonsverfassung von 1876. Infolgedessen blieben<br />

die kirchlichen Gebäude im Besitz der Einwohnergemeinde, die Kirchgemeinde<br />

hatte das Nutzungsrecht 4 . 1909 vertragliche Neuregelung der Besitzverhältnisse<br />

zwischen politischer und kirchlicher Gemeinde aufgrund der Kantonsverfassung von<br />

19085. Im übrigen siehe Einleitung, S. 11.<br />

WIRTSCHAFTLICHE V ERHÄLTNISSE U ND B EVÖLKERUNGSZAHL<br />

Die vorwiegend bäuerliche Bevölkerung betrieb von jeher Viehzucht und Milchwirtschaft,<br />

beteiligte sich jedoch seit dem 16. Jahrhundert auch rege an der Entwicklung<br />

des Textilgewerbes. Der 1535 erstmals erwähnte Name des Weilers Hargarten<br />

zeugt von eigenem Flachsanbau 6 . Die allgemeine Blüte der Leinwandweberei schon<br />

in der ersten Hälfte und der Musselinweberei in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts<br />

dürften von entscheidendem Einfluß auf die Gründung von Kirche und<br />

Dorfund dessen Entwicklung gewesen sein.Im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts An-<br />

1 Protokoll des Großen Rats. - Vgl. HOWARD EUOSTER, a.a.O., S. 84-88.<br />

2 Vgl. Literatur.<br />

3 G . RÜSCH, DerKantonAppenzell, S. 2 29. - Vgl. CHRISTOFFEL FREHNER,Chronik von Urnäsch,<br />

S. 86: « In diesem Jahr (1749) bauet die Hundweiler Unterrhod auf Steinrüthi eine Kirchen..». —<br />

HOWARD EUGSTER, a.a.O., S. 23. - Heute beschränkt sich «Rüti» (LK) oder «Reute» (offiziell) auf<br />

einen Hof südöstlich der Kirche.<br />

4 PrGdeV, PrKV, S. 1: Kirchgemeindeversammlung vom 2.Dez. 1877 wählt Kirchenvorsteherschaft.Vgl.<br />

PrKGdeV, 15. Dez. 1878.<br />

5 Vertragvom 28. Febr. 1909, abgedrucktim Gemeindereglement. Vgl. PrKGdeV, 28. Febr. 1909.<br />

Auch das Pfarrhaus ist noch heute Eigentum der politischen Einwohnergemeinde.<br />

6 SONDEREGOER, Ort- undFlurnamen, 395.


geschichte 403<br />

Abb. 376 und 377. Stein. Älteres u nd jüngeres Gemeindesiegel, Anfang 19.Jahrhundert bzw. u m<br />

1835. _ Text S.406.<br />

sätze zur Seidenweberei in Verbindung mit Seidenraupenzucht bei den Gebrüdern<br />

Hugener in der Halten 1 . Nach dem Niedergang der Handweberei in der zweiten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts neuer Verdienst durch Einführung der Handmaschinenstickerei.<br />

In den 1870er Jahren Gründung einer kleinen Stickereifabrikim Hagtobel 2 ,<br />

die nach den Krisen dieses Jahrhunderts auf Blattstichweberei und schließlich auf<br />

Handweberei umstellte 3 . Unter andern Gewerben sind die 1669-1674 im Kübel<br />

errichtete Korn- und Papiermühle und die Mühlen in Zweibrüggen undim List (S. 434f.)<br />

und eine nach Mitte des 19. Jahrhunderts gegründete und etwa bis 1910 betriebene<br />

Brauerei zu erwähnen 4 . Bescheidene Ansätze zum Kurort finden sich in der ersten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts im Bad Störgelseit dem Jahrhundertende Bestrebungen<br />

zur Förderung des Fremdenverkehrs überhaupt 6 . Im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung verdoppelte sich die Bevölkerungszahl der beiden Rhoden<br />

Hundwil in der Zeit von 1667 bis 1794 7 . Daher erklären sich die zahlreichen, z.T.<br />

datierten Bauernhäuser mit Webkellern aus dem 18. Jahrhundert. 1794 wohnten in<br />

der Gemeinde Stein 1777 Seelen, 1798 betrug die Häuserzahl 278 8 . Bis 1842 Rückgang<br />

auf 1630 Einwohner 9 . Dann wieder Anstieg bis 1888 auf 1957 Einwohner<br />

(absoluter Höhepunkt) und nun allmählicher Rückgang bis 1970 auf IIOI Einwohner<br />

10 . Bewohnte Gebäude i960: 324 11 .<br />

1 G. RÜSCH, DerKanton Appenzell, S. 230.<br />

2 Abbildung auf d er 1870-1880 entstandenen Lithographie mit Stein und Umgebung von<br />

J . SEITZ u ndW . WEEBER, BilddokumentA6.<br />

3 NÖTZLI, Stein, S.35^<br />

4 Bilddokument A6.Lithographie von A. W. FEHRENBAGH, betitelt: «Bierbrauerei vonEnz & Holderegger<br />

IN STEIN Ct.Appenzell.» Bilddokument A7. Mitteilungder Enkelin Frl. Fanny Holderegger.<br />

5 G. RÜSCH, Kuranstalten, S. 125f. - BilddokumentB5 u nd 6 (Abb. 404), A6.<br />

6 NÖTZLI, Stein, S.60f. 7 SCHÄFER, Materialien 1810, S. 71-73.<br />

8 SCHÄFER, a.a.O., S. 74. 9 AMB 1843, S.68f. Bei 283 Häusern.<br />

10 Statistische Quellenwerke der Schweiz, Heft 467, Bern 1971, S. 45.<br />

11 Ebenda, Heft 343, Bern 1963, S. 50.


404 stein<br />

r<br />

f<br />

Abb. 378. Stein. Das Dorf von Südosten (vgl. Abb. 379-381), wie es im Anschluß an den Kirchenbau<br />

von 1749 wohl hauptsächlich nochim 18. Jahrhundert entstand, vordem Bau des Hauses Nr. 2. Federzeichnung<br />

von Johann Ulrich Fitzi, 1821/22. Privatbesitz Zollikon. - Text unten, S. 406-408und4iof.<br />

Quellen. GdeA: «Kurze Beschreibung wie die neue Kirchen allhierzum Stein ist auferbauet worden.»<br />

Ms. von JOH. HEINRICH SULZER, Pfarrer,im Taufregister der Fremden, Bd. I, Fol. 1. - Räteprotokolle<br />

1750ff. - Protokolleder Gemeindeversammlungen, 1887 fr. (2. Bd.). - Jahresrechnungen der Gemeinde,<br />

1855fr. - Protokoll der Straßenkommission 1857-1862 und 1871-1873. Enthält Protokolle über den<br />

Schulhausbau am obern Berg, 1855-1858. - KGdeA: Protokolle der Kirchgemeindeversammlungen<br />

1878fr. - Protokoll der Kirchenvorsteherschaft 1878fr. (2 Bde.). — KlA, Altes Archiv: Protokolle des<br />

Großen Rates.<br />

Literatur. HOWARD EUOSTER, Die Trennung der beiden Hundwiler Rhoden und der Kirchenbau zu<br />

Stein in den Jahren 1748 und 1749,AJB 1891, dritte Folge, 4. Heft, Trogen 1891, S. 73-101. - Jubiläumsfeier<br />

zur Erinnerung an die Gründung und den 150jährigen Bestand der Gemeinde Stein (App.)<br />

1749-1899, Herisau 1899 (enthält von E. WIPF «Die Gründung der Gemeinde Stein 1748/49» mit<br />

Auszug ausdem heute verschollenen Bauvertrag mit JOH. JAKOB und HANS ULRICH GRUBENMANN vom<br />

22. August 1748; vonJ. WALSER, «Rückblick auf die Erlebnisse der Gemeinde Stein in den verflossenen<br />

150 Jahren». Zitiert: Jubiläumsschrift Stein 1899.) - H . NÖTZLI, Das zweihundertjährige Bestehen von<br />

Stein im Kanton Appenzell Außerrhoden, Herisau 1949 (zitiert: NÖTZLI, Stein). - MAX ROHNER und<br />

EUGEN STEINMANN, Die renovierte Grubenmann-Kirche von Stein, Beilage zur AZ, 2. Dezember 1970,<br />

Nr. 159.<br />

Topographische Karte. «Karte der Gemeinde Stein, nach Merzischen Grundlinien gezeichnet von<br />

Joh. Mart. Müller. 1856.» Federzeichnung, leicht aquarelliert, 29X24,5cm. Privatbesitz Stein.<br />

Bilddokumente. A. Dorf. 1. Federzeichnungen von JOH. ULRICH FITZI (1798-1855): a) «Stein App»<br />

(lateinische Kursive im Bild rechts unten), von SO, 19,6x48,1 cm, datiert: «Jm Jenner 1821 von der<br />

Steinbruck» (deutsche Kursive). Sammlung Ernst Rutz, Gümligen BE. Vorlage für b) «STEIN»<br />

(Antiqua mit Gitterverzierung), 35 X 53,5 cm, 1821/22 (in Reihe zusammengehöriger außerrhodischer<br />

Dorfbilder, wovon eines 1822 datiert ist). Privatbesitz Zollikon (Abb. 378). - c) Von N(!), 20 X 51,9 cm,<br />

datiert: «Stein d 3 October 1829» (lateinische Kursive im Bild links unten). Sammlung Ernst Rutz,<br />

Gümligen BE. - 2.Von S, Aquarell, 32 X 50,2 cm, anonym,um 1830. Privatbesitz Teufen (Abb. 379). -<br />

3. VonSO, Federzeichnung, 29,4 X 44,2 cm, Kopie desJon. JAKOB KÄSTLI nach einermit 4. Mai 1854<br />

datierten Zeichnung von Jon. ULRICH FITZI. Privatbesitz Speicher. - 4. Von SSO, Aquarell mit<br />

Deckweißund Farbstift, 29 X 48,5 cm, «Gez. v.J. Heuscherin Herisau an derHub 1865». Privatbesitz<br />

Stein (Katalog Kunstmuseum St. Gallen 1956, Nr. 106). — 4a. Gleiche Ansicht in gleicher Technik, nur<br />

mit anders gestellten Personen und Tieren, 19,3X38 cm, von JOH. JAKOB HEUSCHER, um 1865. Gemeindekanzlei<br />

Stein (a.a.O., Nr. 107. - RUDOLF HANHART, Appenzeller Bauernmalerei, Teufen 1959,<br />

Abb. 79). - 5. Von SO, Bleistiftzeichnung, 24,7x47,3cm, bezeichnet: «Dorf Stein Appenzell, nach


geschichte 4° 5<br />

i<br />

Abb.379. Stein. D as Dorf von Süden n ach dem Bau des Hauses Nr.2 (vgl. Abb.378 und 380f.).<br />

Rechts außen das 1749 erbaute Pfarrhausund dieu m 1805 angelegte Fahrstraße von Zweibrüggen<br />

nachdem Sonder. Aquarell,um 1830. Privatbesitz Teufen. - Text S.404,406-408 und 41 of.<br />

derNaturaufgenommen».Hintenauf Zettel: «1931 15. Mai ist diese Zeichnung50 Jahre alt...aufgenommen<br />

v.Konr. Signer als 15 jähriger.» Gemeindekanzlei Stein. - 6. «Ansicht von Stein, Ct.Appenzell,nebstUmgebungen»,Lithographie,<br />

29,2 X 35,3 cm, mit dem DorfvonSO und acht Baugruppen in<br />

derGemeinde (s.u.), signiert: «Druckv. J. Seitz, St.Gallen.N.d.N. aufgen.v.W. Weeber»,zwischen<br />

1870 und 1882. Hist. Mus. St.Gallen. - 7. «Bierbrauerei vonEnz & Holderegger IN STEIN Ct. Appenzell.»,<br />

18,5X30,5 cm, signiert: «Lith. A.W. FehrenbachZürich.» 1870-1880 Slg.D. Jenny,Ennenda.<br />

B. Umgebung. 1. «ZWEY=BRÜGGEN», von NW, Radierung (koloriert), 23,7x33,6 cm, signiert:<br />

«Dessine ap. Nature et Grave parH.Thoman.», u m 1790. ZBZ und KtB Trogen (Abb.408). -<br />

2. «Passage sur le Sitter ä Zweybruggen-Canton Appenzell.», vonSO, Radierung, 11X15 cm, signiert:<br />

«Thoman fecit»,u m 1790. KtBTrogen. - 3. «Die Papiermühle imKobel, Kt.Appenzell» (deutsche<br />

Kursive), vonN, Federzeichnung, 20,6x25,7 cm, von JOH. ULRICH FITZI. Sammlung Ernst Rutz,<br />

Gümligen BE. Vorlagefür 3a. «Die Papiermühle im Kobel...» (lateinische Kursive), Federaquarell,<br />

21,8x27,6cm, signiert: « J.U.Fizi». Privatbesitz Heerbrugg SG. - 3b. Mühle in Zweibrüggen, von<br />

NO, Federzeichnung, 22,9X37,2 cm, bezeichnet mit sorgfältiger lateinischer Kursiveim Bild rechts<br />

unten: «Zweibruken in Stein d 1 Sept. 1835 v.J. U. Fitzi». Sammlung Ernst Rutz, Gümligen BE. -<br />

4. «Die HundwylerleiterundZweibrücken», Aquatintaradierung, 11 X 7,4 cm,Randbildauf «Ansicht<br />

des Flekens Herisau und der merkwürdigsten Ortein Appenzell V.R.», von JOH. BAPTIST ISENRING<br />

und JOHANNES HAUSHER,u m 1831. Hist. Mus. Herisau u.a. (Abb. 406). - 5. «Störgel Bad 1849»,<br />

Bleistiftskizze, 16,4X23,6 cm, von JOH. JAKOB RIETMANN (1808-1868). Unbekannter Privatbesitz.<br />

Vorstudie zu 6. «Störgel-Bad», Bleistiftzeichnung, 17,3 X 24,2 cm, von JOH. JAKOB RIETMANN,u m 1849.<br />

KtB Trogen (Abb.404). Vorlagezu «BAD in STEIN» (Störgel), Lithographie, 14,9X21,4cm, signiert:<br />

«J. J. Rietmann gez. & lith.»,u m 1849.KtB Trogenund Hist. Mus. St.Gallen. - 7. Papiermühleim<br />

Kübel, vonNW, Bleistiftzeichnung, weiß gehöht, 14,3X20,1 cm, signiert: «Rietmann», von anderer<br />

Hand datiert: «1865». Vadiana, St. Gallen (Abb. 402) (entsprechende Bleistiftzeichnung, 16,1 X<br />

21,5 cm, Privatbesitz Teufen, ist «Juli 1861» datiert). - 7a.Mühle in Zweibrüggen,vonNO, Bleistiftzeichnung,<br />

14,4x20,3 cm, signiert: «Rietmann», von anderer Hand datiert: «1865». Privatbesitz<br />

Teufen. - 8. Mühle im List, Bleistiftzeichnung, weiß gehöht, 15,2X22cm, signiert: «J. J. Rietmann<br />

1866.»,Vadiana, St. Gallen (Abb. 405). - 9. Brücke mit Mühle aufderHundwiler Seite im Rachentobel,<br />

Bleistiftzeichnung, weiß gehöht, 2i,5X 15,4cm, signiert: «Rietm.», u m 1866/67. Vadiana, St. Gallen<br />

(vgl. Hundwil, Bilddokument 8a) (Abb.372). - 10. «ZweibrückerMühle», «Papiermühle im Kübel»,<br />

«Bad Störgel» u.a. Ansichten, siehe oben A6.-11.Papiermühle im Kübel, vonNW,Lithographie,<br />

21,5X26cm, signiert: «E. Hugener», datiert: «Mars 1881». Gemeindekanzlei Stein. - 12. Ähnliche<br />

Ansicht, Lithographie, 24,5X29cm,u m 1880. Gemeindekanzlei Stein.


40 6 stein<br />

Siegel und Wappen. Gemäß Rechtsspruch des vom 21. bis 24. November 1748 versammelten Großen<br />

Rates sollte das Kirchhöresiegel auch nach der Abtrennung der untern Rhode «zu allen Zeiten in der<br />

ober Rood sein und bleiben und gebraucht werden» 1 . Gesuche um ein eigenes Siegel wurden vom<br />

Großen Ratam 2.Januar 1775 und am 16.Januar 1778 abgewiesen 2 . Vermutlich schafftemanum<br />

1803 wie viele andere außerrhodischen Gemeinden laut FISCH, Chronik VII, S. 7, zur Siegelung von<br />

Heimatscheinen ein eigenes Siegel an. Neben diesem verwendeteman aber das Hundwiler Siegel noch<br />

bis um 1835, als es durch die Anschaffung eines zweiten Gemeindesiegels außer Gebrauch kam. -<br />

1. Älteres Gemeindesiegel, Anfang ig. Jahrhundert (Abb. 376). Oval, 30 X 27mm. Wappen; Auf naturalistischem<br />

Boden aufrechtnach heraldisch rechts schreitender Bär hält mit den Pranken einen von Palme<br />

beseiteten Schild, in dem auf steinigem Abhang ein Haus steht. Antiquaumschrift: «GEMEINDE STEIN».<br />

Abbildung auf «Abriß der Gemeind Siegeln des Cantons Appenzell VR. Gezeichnet Ao. 1817.» (Im<br />

Kantonsarchiv.) Vgl. Abbildung in: FISCH, ChronikVI (spätestens 1815), S. III, Nr. 213. Petschaft<br />

verschollen. - 2. Jüngeres Gemeindesiegel, um 1835 (Abb. 377). Oval, 30x27mm. Wappen: Auf Boden<br />

aufrecht nach heraldisch rechts auf Felsblock zuschreitender Bär. Antiquaumschrift: «SIEGEL DER<br />

GEMEINDE STEIN». UnterdemWappen horizontal: «c. APPENZELL* V • R». Anschaffung samt «Pressele»<br />

wurdeam 27. Oktober 1835 durch den Gemeinderat beschlossen#. Petschaft verschollen. Siegelabdrücke<br />

in der Sammlung des Kantonsarchivs. Dem Wappen entspricht auch das heutige offizielle<br />

Gemeindewappen.<br />

Fahnen. Von Fahnen aus den Jahren 1753 und 1793 berichtet die Jubiläumsschrift Stein 18995. -<br />

Fahnenfragment 1792. Medaillon aus weißer Seide, oval, 57x47 cm, das auf schwarz-weiß einwärts<br />

geflammtes Seidentuch genäht war, mit gemaltem, von «V»und«R» beseitetem Appenzeller Bären<br />

in einem Kranz. Vergoldete Antiquaumschrift: «FÜR FREYHEIT UND VATERLAND* STEIN: ANNO<br />

MDCCLXXXXII.» Gemeindekanzlei Stein.<br />

1 Protokoll des Großen Rats, 21.-24.N0v. 1748, Punkt 8: «solle das Kirchhöri Sigel auch zu allen<br />

Zeiten in der ober Rood sein und bleiben und... Zetel... auch alldorten gesiglet werden.» Vgl. AJB<br />

1891, S. 87.<br />

2 Jubiläumsschrift Stein 1899, S. 38.<br />

3 Das entsprechende Siegel aufder Innenseite eines Auszugs auseinem «einfachenZedel» (Schuldbrief),<br />

datiert vom 16. Dez. 1761 (Nr. 21 in einem Bund 1964 entsiegelter Schuldtitel im GdeA - der<br />

Titel befindet sich jetztimKdmA) wurde offenbar erst anläßlich eines Revisionseintrags auf genannter<br />

Innenseite durch den Gemeindeschreiberam 19. Dez. 1855 aufgedrückt.<br />

4 Räteprotokolle, Bd. 5, 27.Okt. 1835: «7 tens Mstr. Hs. Jakob Engler. ..soll beauftragt werden für<br />

die Gemeinde ein Siegel = Pressele zu machenund Rathsh. Widmeru. Stricker möchten dafür sorgen,<br />

daß ein Stämpfel dazu gemachet werde.» Vgl. Jubiläumsschrift Stein, S. 38.<br />

5 Jubiläumsschrift Stein, S. 4, 40.<br />

LAGE U ND G ESTALT<br />

i. Dorf mit Berücksichtigung seiner baulichen Entwicklung (Abb. 378-382). Es liegt 822 m<br />

ü. M. (LK) auf einer Terrasseam Ostabhang des von Sitter und Urnäsch begleiteten,<br />

nordwärts laufenden Hügelzuges. Kirche von 1749 und gleichzeitig oder nachher,<br />

zur Hauptsache noch im 18. Jahrhundert entstandener Dorfkern sind zudem durch<br />

eine nordostwärts gerichtete Geländeschwelle aus dem neuern Dorfteil des 19./20. Jahrhunderts<br />

herausgehoben. Durch die Richtung dieser Bodenerhebung sind auch<br />

Nordostrichtung der Kirche und Anlage der Wohnhäuser bestimmt.Am Abhang auf<br />

der Südostflanke der Kirche steht einzig das ebenfalls 1749 erbaute Pfarrhaus (Nr. 16).<br />

Die übrigen Häuser gruppieren sich südwestlich von ihr in folgender Anordnung:<br />

Zwei hintereinander gestaffelten Häusern an der Südostseite des Kirchenvorplatzes,<br />

dem hochgebauten Gasthaus «Ochsen» (Nr. 12) und dem Haus Nr. 15, steht auf der<br />

Nordwestseite des Platzes eine fast geschlossene Reihe von sieben Häusern gegenüber.<br />

Die zwei ersten von der Kirche her, das 1749 datierte Haus Nr. 8 und Haus Nr. 10,


lage und gestalt 407<br />

schließen zusammen mit Kirchenfassade und «Ochsen» den Platz auf drei Seiten<br />

ein; die übrigen säumen einen diesen südwestwärts verlassenden und darauf nordwestwärts<br />

abbiegenden alten Verbindungsweg nach Halten und Wilen im Westen<br />

der Gemeinde. In geringer Entfernung nordwestlich dieser Reihe liegt das Bauerngehöft<br />

«Oberhus» (Nr. i), das vermutlich schon vor Kirche und Dorf existierte.<br />

Sämtliche erwähnten Häuser sind über gemauertem Erd- bzw. Webkellergeschoß<br />

gestrickt, mit Giebeln und Fassaden südostwärts gewendet und mit Ausnahme des<br />

1883/84 anstelle eines ältern erbauten Hauses Nr. 3 an den getäferten Fassaden mit<br />

Reihenfenstern versehen 1 . Der «Ochsen» (Nr. 12) schaut dazu noch mit einer zweiten<br />

derartigen Fassade nordwestwärts auf den Kirchplatz. So besitzt das alte Dorf eine<br />

ausgeprägte Hauptansicht von S und SO. Diese wird durch ein nordseits hinter Nr. 8<br />

verstecktes niedriges Giebelhaus der 1950er Jahre (Nr. 9) nicht beeinträchtigt, noch<br />

weniger durch einen alten Stall (Nr. 5), der hinter einer 1882 entstandenen Brandlücke<br />

zwischen Nrn. 4 und 6 in Erscheinung tritt, wo bis dahin ein niedriges Haus mit<br />

Kreuzfirst an Nr. 4 angebaut war 2 . Diese Hauptansicht wurde seit den 1820er Jahren<br />

von Malern und Zeichnern in zahlreichen idyllischen Bildern eingefangen. Neben<br />

dem Baubefund der einzelnen Häuser (S.424f.) sind diese fast die einzige Quelle für<br />

die Kenntnis der Veränderungen des malerischen Dorf bildes im 19. Jahrhundert. Eine<br />

Federzeichnung von Jon. U LRICH FITZI vom Januar 1821 zeigt den Bestand der<br />

zweiten Hälfte des 18. und des beginnenden 19. Jahrhunderts 3 . Ein kleines, sonnengebräuntes<br />

Giebelhaus beschloß anstelle des heutigen Hauses Nr. 3, der ehemaligen<br />

Gemeindekanzlei, die Häuserreihe südwestwärts. Haus Nr. 2, mit dem die Reihe heute<br />

endet, stand noch nicht. Dieses wurde um 1830 als zwölftes zu den bereits bestehenden<br />

elf Häusern, Pfarrhausund Bauernhaus Nr. 1 mitgezählt, erstellt. Als solches<br />

erscheint es in der heute noch erhaltenen Gestalt auf einem vorzüglichen, um diese<br />

Zeit von unbekanntem Maler geschaffenen Aquarell des Dorfes von S, auf dem alle<br />

zwölf Häuser sichtbar sind 4 . Genau diese Häuserzahl wurdeum 1835 von GABRIEL<br />

RÜSCH für das Dorf registriert 5 . «Ochsen» und «Rößli» (Nr. 7) gehörten damals als<br />

einzige Wirtshäuser dazu. Noch 1865 zeigt ein Gemälde von JOH. JAKOB HEUSGHER<br />

das unversehrte Dorf 6 . Es hatte bis dahin nur den Zuwachs von zwei Wohnhäusern<br />

(Nr. 33 und Nr. 18 « Krone »), eines Stalles (Nr. 34) und einer Remise aufdem Abhang<br />

oberhalb der 1858-1862 angelegten neuen Landstraße (S. 411) erhalten. In der Folge<br />

erfuhr auch das alte Dorfbild zwei noch heute sichtbare Veränderungen. Eine Bleistiftzeichnung<br />

von K ONRAD SIGNER von 1881, auf welcher das unterdessen wieder<br />

verschwundene ältere Dorfschulhaus von 1870/71 südlich unter dem Dorf an der<br />

neuen Mittellandstraße abgebildet ist, zeigt zwischen den Nrn. 2 und 4, wo das aufdem<br />

FiTzi-Bild die Reihe beschließende Häuschen gestanden hatte, eine Lücke 7 . In diese<br />

wurde 1883/84 das neue Gemeindehaus (Nr. 3) gestellt. Als solches diente es bis 1957 8 .<br />

1 Bauzeit von Nr. 3, ehemaliges Gemeindehaus, laut Jahresrechnung der Gde 1883/84, S. 2of.:<br />

Baumeister JOH. JAKOB WALDBURGER, Stein. Kosten: AI 669 Fr. 92Rp.<br />

2 Jahr des Brandes laut Eintragim Pfandprotokoll. Abgebildet aufden Bilddokumenten Ai-6.<br />

3 BilddokumentAia (vgl. 1 b, Abb.378). 4 Bilddokument A2 (Abb.379).<br />

5 G. RÜSCH, Der Kanton Appenzell, S. 228. 6 BilddokumenteA4 und4a.<br />

7 Bilddokument A5. - Schulhausbau laut Jahresrechnung der Gde 1871, S. 3of.: Baumeister<br />

SEBASTIAN STURZENEGGER, Herisau. Kosten: 18200 Fr.<br />

8 Siehe oben Anm. 1. - Mitteilung der Gemeindekanzlei, Als Gemeindehaus dient seither Nr.42.


408 stein<br />

Eine zweite, 1882 durch Brand entstandene Lücke zwischen Nrn. 4 und 6 wurde nicht<br />

mehr geschlossen. Das in Mitleidenschaft gezogene Nr. 4 erhielt in der Folge anstelle<br />

des bisherigen giebelständigen Dachs ein traufständiges mit gestelztem Quergiebel<br />

an der Front. — Im übrigen vergrößerte sich das Dorf in der zweiten Hälfte des 19.<br />

Jahrhunderts und im 20. Jahrhundert nicht von seinem Siedlungskern aus, sondern<br />

von ihm getrennt zu beiden Seiten längs der neuen Landstraße von 1858 bis 1862,<br />

der sogenannten Mittellandstraße, vor allem aufdem ebenen Gelände in der Richtung<br />

nach Hundwil. - Der Friedhof lag bis 1876 wie allgemein üblich bei der Kirche und<br />

wurde dann etwa 50 m nordwärts verlegt 1 .<br />

2. Gemeinde, a) Lage und Grenzen. Die Gemeinde liegt auf dem nordwärts zwischen<br />

Sitter und Urnäsch abfallenden Hügelrücken und erstreckt sich bis zu deren Zusammenfluß<br />

im Kübel. Die beiden Flüße bilden somit auf drei Seiten die Grenze: die<br />

i Jahresrechnung der Gde, 1875/76, S. 3of.<br />

50 100<br />

Abb. 380. Stein. Übersichtsplan, Maßstab 1: zirka 3280.U m die Kirche der Dorfkern, zweite Hälfte<br />

18.und 19. Jahrhundert, längs der Mittellandstraße von 1858 bis 1862 das jüngere Straßendorf. -<br />

Text S.406-408, 4iof., 414^, 421 und 423-427.


strassen und verkehr<br />

4o9<br />

Abb.381. Stein. Flugaufnahme von Süden, 24.September 1949 (vgl. Abb.380). Im Vordergrund<br />

das jüngere Dorfschulhaus, Nr.37, von 1888, links davon das 1966 durch einen Neubau ersetzte<br />

kleinere von 1870/71. Rechts außen das Gmündertobel mit der 1908 erbauten Betonbrücke. - Text<br />

S.406-411, 414-416, 418, 421 und 423-427.<br />

Sitter auf der Ost- und Nordseite, nämlich von der Einmündung des Buechbaches<br />

bis zu der des Rotbaches in die Sitter gegen Appenzell Innerrhoden, weiter bis zur<br />

Einmündung des Wattbaches bei Zweibrüggen gegen die Gemeinde Teufen, von<br />

dort bis zu ihrem Zusammenfluß mit der Urnäsch im Kübel gegen das nordseits<br />

anstoßende sanktgallische Gebiet. Auf der Westseite bildet die Urnäsch von der<br />

Einmündung des Sonderbachs an abwärts bis zum Kübel die Grenze gegen die<br />

Gemeinde Herisau.Im S verläuft die Grenze seit der Abtrennung von Hundwil 1748<br />

teilweise künstlich von der Sitter südwestwärts dem Buechbach entlang bis zum<br />

Gschwend, dann nordwestwärts durch den Sonder und das Hagtobel zum Sonderbach<br />

und mit diesem in die Urnäsch. Vgl. oben kirchliche und politische Verhältnisse,<br />

S. 401-402, und Hundwil, S. 353. - b) Bezirke. Über das weitläufige Gemeindegebiet<br />

liegen zahlreiche Höfeund Weiler in typischer alemannischer Siedlungsweise<br />

verstreut. Ihre Namen bezeichnen in der Regel zugleich den «Bezirk», in dem sie<br />

liegen. Größere Bezirke sind der Sonder im S, Schachen und Hagtobel im SW, Wilen<br />

und Halten imW, Brand, Bruggli, Witenau, Störgel, Rämsen imNW und N sowie<br />

Hargarten imSO des Kirchdorfes.<br />

STRASSEN U ND V ERKEHR<br />

Die Straßen blieben bis heute die einzigen Verkehrsverbindungen.<br />

A. Alte Landstraßen bis zum Bau der Mittellandstraße 1858-1862. Vgl. Hundwil, S. 362 f.,<br />

und Teufen (Band II). Ihr ursprünglicher Verlauf ist nicht mehr überall mit Sicherheit<br />

zu erkennen, zumal dieser gelegentlich durch Verbesserungen verändert wurde.


4io<br />

stein<br />

Sichere Anhaltspunkte sind dagegen die ehemals vom Lande unterhaltenen, alten<br />

Brückenübergänge, die mit Ausnahme desjenigenim Gmündertobel noch bestehen. -<br />

Folgende vier alte Landstraßen, im allgemeinen nur Saum-, Reit- und Karrenwege,<br />

existierten schon vor der Kirchen- und Dorfgründung von 1749: 1. Von Hundwil nach<br />

St. Gallen. Längs des zur Urnäsch abfallenden Westhangs der heutigen Gemeinde<br />

Stein, nämlich von der ehemaligen gedeckten Holzbrücke über den Sonderbach im<br />

Rachentobel (S. 438) durch die Weiler und Höfe Wilen, Wädlen, Bruggli, Farnböhl<br />

nach J^weibniggen (S. 437). Hier führte eine erste größere Brücke über die Sitter auf<br />

das Gemeindegebiet von Teufen und eine zweite kleinere weiter über den Wattbach<br />

auf sanktgallisches Territorium zur sogenannten Hundwiler Leiter 1 (Abb. 406). Eine<br />

weitere Brücke führte weiter oben bei der Nordmüli über den Wattbach. Siehe<br />

Teufen (Band II). Diese wohl älteste Verkehrsverbindung der beiden Hundwiler<br />

Rhoden ist erstmals 1460 als «Straß gen Hundwil» bezeugt 2 . - 2. Nach Herisau.<br />

Durch den Bezirk Witenau und über die Urnäsch auf der gedeckten Holzbrückeim<br />

Kübel (S. 436). 1714 regelte das Land mit den Anstößern von neuem die «Unterhaltung<br />

der Landstraß im Kobel auf Hundweiler Seite» 3 . Diese Straße zweigte nördlich<br />

von Farnböhl in nordwestlicher Richtung von jener nach Zweibrüggen ab (vgl.<br />

unten Nr. 5). - 3. Nach Teufen, a) Über die Sitter auf gedeckter Holzbrücke im<br />

Gmündertobel (S. 437). Im alten Wegbüchlein des Landes 1680 als «Weg», 1681 als<br />

«Roßweg» im Gmündertobel zusammen mit der Brücke erwähnt 4 . 1725 Vereinbarung<br />

«wegen dem neuen Weg» 5 . Laut Rechtsspruch von 1756 führte ein «Stück<br />

Straß oder Fahrweg entzwischen 2 Böhelen (Hügeln) im Flecken» durch 6 . 1783<br />

wurde der Weg zu beiden Seiten des Tobels «übergelegt», d.h. mit Hölzern quer<br />

belegt, damit man ungehindert reiten und «fähren» (Vieh treiben?) konnte 7 . Vor<br />

der Dorfgründung führte er wahrscheinlich direkt zu Nr. 1 hinüber. - b) Uber<br />

Zweibrüggen (siehe oben). - 4. Nach Haslen-Appenzell. Über die Sitter auf der gedeckten<br />

Holzbrücke im List (S. 437f.). Erwähnung des Brückenübergangs erstmals in den<br />

Landrechnungen 1529 8 . Er diente vor allem den südöstlichen Bezirken der ehemaligen<br />

untern Rhode, Buchberg und Sonder 9 . - 5. Vom Dorf platz ZU den alten Brücken<br />

und über die Langenegg zum Sonder. Nordwärts zwischen den Häusern Nrn. 8 und 10<br />

hindurch sowohl zum Gmündertobel als auch nach Störgel und von dort nach Kübel<br />

oder Zweibrüggen. Südwärts rechts am «Ochsen» (Nr. 12) vorbei zum Sonder und<br />

weiter nach Hundwil oder Appenzell. Südostwärts links am «Ochsen» vorbei auf<br />

der Gruenholzstraße zum List I0 . Der Verlauf dieser drei Straßenzüge besonders<br />

1 Randbildaufder A quatintaradierungdesJOH. BAPTIST ISENRINGu n d JOHANNES HAUSHER «Ansicht<br />

des Flekens Herisau»,um 1831 (SKL). Bilddokument B4.<br />

2 UBSG6421.<br />

3 Wegbüchlein, S. 3.<br />

4 Wegbüchlein, S. 12.<br />

5 Wegbüchlein, S. 13.<br />

6 Wegbüchlein, S. 13-15. «Flecken» heißt ein Weiler nördlich des Dorfes. Das in nordwestlicher<br />

Richtungan Haus Nr. 519im untern Flecken vorbei laufende Trasse ist bisan denRandder Schlucht<br />

deutlich erkennbar und laut Aussage des 92jährigen Besitzers unterdemHumus gepflästert.<br />

7 Brückenbüchlein von 1793, S. 45. Vgl. Wegbüchlein, S. 15.<br />

8 Landrechnungen 1527-1530, S. 155, 160-162 (Landesarchiv Appenzell).<br />

9 Vgl. Jubiläumsschrift Stein 1899, S. 35.<br />

10 Der Unterhalt der Gruenholzstraße durch Anstößer wurde laut ebenda, S. 36, 1813 von der Gemeinde<br />

beschlossen. Jetzt Landstraße (siehe unter B3).


kirche<br />

im Dorfkern selbst zeigt deutlich ihre Entstehung im Zusammenhang mit der Dorfgründung<br />

von 1749. Der schrittweise Ausbau zu eigentlichen Fahrstraßen seit dem<br />

Beginn des 19. Jahrhunderts - um 1805 Anlage einer Fahrstraße von Zweibrüggen<br />

zum Dorf und über den Sonder nach Flundwil 1 wie sie auf den Dorfansichten<br />

nach jener Zeit zu sehen sind 2 , entzog vor allem der altern Straße vom Kübel und<br />

Zweibrüggen durch den westlichen Teil der Gemeinde nach Hundwil immer mehr<br />

den Verkehr.<br />

B. Neue Landstraßen seit der zweiten Hälfte des ig. Jahrhunderts. Sie mußten gemäß Straßengesetz<br />

vom 27. April 1851 von den Gemeinden erstellt, vom Kanton jedoch abgenommen<br />

und unterhalten werden. 1. Mittellandstraße 1858-1862^. Völlige Neuanlage,<br />

die der bestehenden Straße Teufen-Stein-Hundwil im großen ganzen entspricht:<br />

1858/59 der Strecke vom Dorf bis Ramsen, 1859/60 von Rämsen bis zur Gmündertobelbrücke,<br />

1861/62 vom Dorf bis zum Flagtobel an der Hundwiler Grenze. - 2. Vom<br />

Sonder bis zur Grenze von Appenzell Innerrhoden iSys/yj. Ausführung im Anschluss an das<br />

von Hundwil 1871 gebaute Stück 4 . - 3. Dorf bis Grenze von Appenzell Innerrhoden durch<br />

Gruenholz und Hargarten i8g6jgy e '. Sie berührt die Listbrücke nicht mehr, sondern vereinigt<br />

sich vor Enggenhütten mit der Straße vom Sonder her (vgl. oben A5).<br />

C. Erster Postkurs von St. Gallen seit 13. Juni 1865, zweiter seit 1890 6 .<br />

KIRCHE<br />

BAUGESCHIGHTE. I. Kirchenbau ij^g. Die Erlaubnis dazu erteilte der vom 21. bis<br />

24. November 1748 zu Herisau versammelte GroßeRat (siehe S. 402). Der Bauvertrag<br />

mit JAKOB GRUBENMANN von Teufen war schon am 22. August 1748 geschlossen worden.<br />

Er lautete auf eine Akkordsumme von 4200 Gulden und 4 Dublonen, wozu bei<br />

guter Ausführung weitere 100 Gulden und ein gutes Trinkgeld kommen sollten.<br />

Darin eingeschlossen waren Handwerkerlöhne, Werkzeug und Material, ausgenommen<br />

Holz und Steine^. Beides wurde aus eigenen Wäldern und Steinbrüchen von der<br />

Gemeinde während des Winters 1748/49 bereitgestellt 8 . Grundsteinlegung am 2. Mai<br />

1749 durch Meister JAKOB GRUBENMANN. Dazu hielt Dekan Jakob Zähner von Trogen<br />

in Gegenwart der beiden Landammänner Adrian Wetter und Gebhard Zürcher<br />

und der beiden Statthalter Johannes Gruber und Joh. Jakob Zuberbühler die Predigt<br />

und gab der Kirche den Namen «zum Stein» 9 . Am 2. Juli entschied sich die<br />

Kirchhöre für einen «blaben (blauen) Himmel» anstelle eines Gipsgewölbes. Jede<br />

1 AJB 1879, S.im.<br />

2 Bilddokumente A1-3 (Abb.378^).<br />

3 Protokoll der Straßenkommissionim GdeA.<br />

4 Protokoll der Straßenkommission, S.Aug. 1871 bis 18.Febr. 1873. - Akkord mit PAUL LONGONI,<br />

12.Juli 1872. - Jahresrechnung der Gde 1873, S. 20.<br />

5 Jahresrechnung der Gde, 1895/96, S. i8f., und 1896/97, S. i8f.<br />

6 Jubiläumsschrift Stein 1899, S.43 f.<br />

7 Jubiläumsschrift Stein 1899, S. 12. Der Vertrag selbst ist verschollen.<br />

8 Ebenda, S. 13.<br />

9 Protokoll desGroßen Rats, Fol. 129, zwischen Protokoll vom i.Mai und 19.Juni 1749. - «Kurze<br />

Beschreibung, wiedieneueKirchen allhierzum Stein ist auferbauet worden» des ersten Pfarrers Joh.<br />

Heinrich Sulzerim Taufregister der Fremden, Bd.I, Fol. 1. - Vgl. HOWARD EUGSTER, AJB 1891, S. 95.


412 stein<br />

Tafel solle «4 Schu 3 zol 4egig gemacht», blau angestrichen und «mit einem Sternen<br />

und 4 Jlgen ausgeziret sein glich der im Bühller .. die Karnis wiß, die Blanden rot,<br />

die Rundstäbe blauw» 1 . Einweihungam 28. November 1749 mit demselben Prediger<br />

und in Gegenwart der gleichen Ehrengesandten des Landes wie bei der Grundsteinlegung<br />

2 . Zum Gelingen hatten die Bürger durch Frondienste und Steuern beigetragen<br />

3 . Weitere Spenden flössen zusammen aus dem Landessäckel, von den Gemeinden<br />

Außerrhodens, den evangelischen Ständen und Städten der Eidgenossenschaft<br />

vorab St. Gallen und einschließlich Mühlhausen, alles in allem 4836 Gulden 20 Kreuzer<br />

4 .<br />

2. Umbauten und Renovation, a) 1832 durch Baumeister Enoch Breitenmoser,<br />

Herisau. Die Kirchhöre vom 26.Februar beschloß; «soll der Chorbogen zurückgei<br />

Jubiläumsschrift Stein 1899, S. 12. 2 «Kurze Beschreibung...», a.a.O.<br />

3 «Kurze Beschreibung...», S. 14.<br />

4 Protokoll des Großen Rats, 6.Mai 1751. - Vgl. HOWARD EUGSTER, AJB 1891, S.93 f.<br />

Abb. 382. Stein. Dorfplatz von Südwesten mit der 1749 von Jakobund Hans Ulrich Grubenmann<br />

erbauten Kirche nach der Außenrenovation von 1968 bis 1970 und mit gestrickten und getäferten<br />

Holzgiebelhäusern, die 1749 oder wohl bald darauferbaut worden sind. - TextS. 406-408,411-416,<br />

418 und 424-427.


kirche 413<br />

IE<br />

Abb. 383. Stein. Die 1749 erbaute Kirche von Nordosten mit eingezogenem, dreiseitig geschlossenem<br />

Chorund mit gotisierendem Turmhelm. - Text S.411-416 und 418.<br />

stellt werden» und «in betreff der Himmleten soll eine Gypsdecke gemacht und auch<br />

zugleich unter der Emporkirche» 1 . Die Ausführung des mit klassizistischen Stukkaturen<br />

verzierten Gipsgewölbes wurde ohne Zweifel vom gleichen Gipsermeister<br />

GEBHARD MOOSBRUGGER geschaffen, dem nachträglich laut Rätebeschluß vom<br />

S.Oktober 1832 Kanzel und Taufstein aus Stuckmarmor zur Ausführung übertragen<br />

wurden (siehe S. 419). Die Anschaffung von «einer Zeittafeln ins Chor» und von<br />

«Tafelfenstern» ebendahin wurde ebenfalls den Vorgesetzten überlassen 2 . Neu<br />

gestaltet wurden auch die beiden Seiteneingänge, wie das Datum an jenem der<br />

Südostseite bezeugt. - b) 1873 Erneuerung der Westfassade und Neuerstellung des<br />

betreffenden Vorzeichens, ferner Abbruch der Friedhofmauern 3 . - c) i874Verände-<br />

1 Räteprotokoll. - Eine Kirchhöre vom 29. Jan. hatte die Gipsdecke noch abgelehnt (ebenda).<br />

Vgl. weitere die Kirchenrenovation betreffende Beschlüsse der Räte, ebenda, 9. Dez. 1831, 15. u nd<br />

27.Jan., 17. und 24.Febr., 9.März, 23.Mai, 12. und 25. Juni, 16.Nov. 1832.<br />

2 Räteprotokoll, 15.Maiund 16.Juli 1832.<br />

3 Jubiläumsschrift Stein 1899, S. 19. Vgl. Jahresrechnung der Gde 1873, S. 3-7: Reparatur an<br />

KircheundTurm.


4 I 4 stein<br />

rung im Glockengeschoß des Turms anläßlich der Glockenanschaffung (s.d.), 1899<br />

Neudeckung mit Kupferblech und Anschaffung eiserner Turmläden 1 . - d) 1903<br />

Ausmalung des Innern 2 . - e) 1914 Heizungsanbau an der Südostseite des Chors 3 . -<br />

1968-1970 Außenrenovation von Kirche und Turm unter Leitung von MAX ROHNER,<br />

Architekt ETH/SIA, Herisau, und der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege,<br />

vertreten durch Professor Dr. h.c. ALBERT KNOEPFLI; unter anderm Erstellung<br />

neuer Vorzeichen, Umbau des Turmerdgeschosses und seines gewölbten ehemaligen<br />

Archivraums. Dabei wurde ein nicht ursprünglicher Eingang im ersten Geschoß der<br />

nordwestlichen Außenseite durch einen entsprechenden im Erdgeschoß ersetzt 4 .<br />

BESCHREIBUNG (Abb. 378-386). 1. Lage und Grundriß. Die Kirche liegt nordostwärts<br />

gerichtet am nordöstlichen Ende des Dorfkerns und ist mit diesem durch eine nach<br />

NO laufende Geländeschwelle aus dem übrigen Dorf herausgehoben (vgl. Lage des<br />

1 Jahresrechnung derGde 189g, S. 11.<br />

2 Jahresrechnung der Gde 1903, S. 10: u.a. Glaserarbeit (neue Kirchenfenster) 1339 Fr. 40Rp.,<br />

Malerarbeit (Kirchenbemalung) 2596 Fr. 76Rp.<br />

3 Jahresrechnung der Gde 1914, S. 21.<br />

4 Zahlreiche Planaufnahmen des alten und neuen Zustandes. Protokoll der Baukommission,<br />

21.Febr. 1968-1970. - Geschäftsordnung UGde, 7./8.Dez. 1968. - Jahresrechnung der Gde 1970,<br />

S. 46. Gesamtkosten: 394233 Fr. 35Rp.<br />

i_l<br />

0<br />

I J I L<br />

5<br />

_L<br />

10<br />

Abb. 384. Stein. Kirche. Grundrißder 1749 erbauten, nordostwärts gerichteten Grubenmann-Kirche.<br />

Maßstab i:zirka 194. - Text S.414-417 und 419.


kirche 4 I 5<br />

0 5<br />

I I I I I I I I I I I I I I I I<br />

Abb. 385. Stein. Querschnitt der Kirche gegen Südwesten mit d em Haupteingang, der stuckierten<br />

Empore und mit dem Dachstuhl. Maßstab 1: zirka 128. — Text S.416-418.<br />

Dorfes, S. 406f.). Sie zeigt im Grundriß ein rechteckiges, einschiffiges Langhaus von<br />

erheblicher Breite der Länge) und einen dreiseitig geschlossenen, eingezogenen<br />

Chor von auffallender Kürze. In den nördlichen Winkel zwischen Chor und Langhaus<br />

schmiegt sich derTurm und bildet hier zugleich Chorschulter und -flanke.<br />

2. Äußeres. Chor und Langhaus des mit Eckquadern gesäumten, verputzten Baus<br />

stehen unter gemeinsamem, über dem Chorpolygon abgewalmtem Satteldach. Dieses<br />

wird überragt vom schlanken, ebenfalls mit Eckquadern gesäumten Turm und<br />

seinem eleganten gotisierenden Helm. Im übrigen sind die weißen Mauerflächen


416 s t e i n<br />

durch drei Portale und ihre Vorzeichen, die Fenster und eine Sonnenuhr akzentuiert.<br />

Zum Portal an der südwestlichen Giebelfront führen zweimal vier Stufen. Das rundbogige,<br />

barock gefaste Sandsteingewände ist durch Sockel, Kämpfer und Schlußstein<br />

gegliedert; seine Flächen sind behauen. Im verzierten Schlußstein selbst Datum und<br />

Stifterinitialen «IGM ANNO 174g HVGM VOT» der beiden Baumeister JAKOB und<br />

JOHANN U LRICH GRUBENMANN. Das « VOT» weist ausdrücklich auf die Stiftung des<br />

Portals durch die beiden Brüder hin. Die Inschrift ist zugleich der einzige Hinweis<br />

auf die Mitarbeit des berühmteren Jüngern HANS ULRICH. Eichene Doppeltüre von<br />

1970, ebenfalls das Vorzeichen mit Walmdach auf vier barocken Säulen in ganzer<br />

Frontbreite, das ein solches von 1873 ersetzte. Die Nebeneingänge an beiden Längsseiten<br />

liegen einander gegenüber. Sie weisen stichbogige Sandsteingewände mit Stufenprofil<br />

und Schlußstein auf. Jener auf der Südostseite ist «1832» datiert. Eichentüren<br />

und Vordächlein von 1970. Vier rundbogige Fenster im Chor und drei an der südöstlichen<br />

Längswand, drei Rundfenster axial gegenüber an der nordwestlichen Längswand<br />

und ein solches in der Giebelfassade gehören zum ursprünglichen Bestand.<br />

Die Wabenscheiben aus Hergiswiler Mondglas jedoch von 1969. An der Südecke auf<br />

verziertem Quader die Antiquainschrift: «1749. DEN 2. TAG MAI IST DISER EGSTEIN<br />

GELEGT VND ZVOGLEICH DIE GRVNDPREDIG GEHALTEN WARDEN». Die Sonnenuhr<br />

zwischen dem ersten und zweiten Fenster des Langhauses von Osten her wurde 1970<br />

anstelle einer ältern neu gemacht.<br />

3. Inneres (Abb. 386). Dem Äußern entsprechend ausgesprochene Zweiteilung in<br />

Schiff und Chor. Diese wird durch den 1832 stuckierten Triumphbogen betont, dessen<br />

Archivolte auf einem Gebälkabschnitt und ionischen Pfeilern ruht. (Unerfindlich ist<br />

in Anbetracht der ganzen baulichen Anlage die Art und Weise seiner 1832 von der<br />

Kirchhöre verlangten Rückversetzung.) Einen optischen Zusammenhalt erhalten die<br />

beiden Teilräume dagegen durch das klassizistisch stuckierte Gipsgewölbe von 1832.<br />

Dieses besteht im Chor aus einer Rundtonne, die im Polygon in eine Halbkuppel<br />

übergeht und in die von den Fenstern her Stichkappen einschneiden, im Schiff aus<br />

einer Flachtonne, die auf einem bis zum Chorbogen durchlaufenden Gesims ruht.<br />

Zudem greift der zwei Stufen hohe Chorboden ebenfalls zusammenfassend bis zum<br />

ersten Fensterpaar ins Schiff hinein. Den Gewölbeformen angepaßt ist auch die<br />

Anordnung der zarten klassizistischen Stukkaturen von GEBHARD MOOSBRUGGER. Im<br />

Chor unterstreichen mit Scheibenschnurstäben belegte und in Voluten endende<br />

Bandrippen und Blattstäbe auf den Gräten der Stichkappen die kuppelartige Auffächerung.<br />

Die einzelnen Zonen sind aber wieder einer zentralen Rosette und einem<br />

diese rahmenden Vierpaß zugeordnet, der mit den Bandrippen durch Blumenketten<br />

verbunden ist. Die Flachtonne im Schiff ist dreigeteilt: Ein großer, mit Blattstab<br />

gerahmter und in verkröpftes Rechteck eingespannter Ovalspiegel in der Mitte wird<br />

von quergestellten Rechteckrahmen flankiert, die mit Eckrosetten und Scheibenschnurstäben<br />

belegt sind. Als Fensterbekrönung dienen teils Blumenvasen, teils<br />

Blumen- und Blattzweige. Einen besondern Akzent setzt die in Blumen und Blättern<br />

eingebettete Uhr im Scheitel des Chors. Ähnliche Stukkaturen von 1832 auch an<br />

Brüstung und gewölbter Unterseite der Empore. Eine solche ist nur auf der Rückseite<br />

eingebaut. Sie reicht bis zur Mitte zwischen dem ersten und zweiten Fenster und ruht<br />

auf zwei bemalten toskanischen Holzsäulen. Eine Seitenempore an der nordöstlichen


kirche 417<br />

Abb. 386. Stein. Kirche. Das Innere gegen den Chor mit Kanzel und Taufstein aus Stuckmarmor<br />

von Gebhard Moosbrugger, 1832/33, und mit d em neuromanischen Orgelprospekt von 1893. -<br />

Text S.411-414, 4i6f.und 419!".<br />

Längswand scheint entweder nie erstellt oder spätestens 1832 wieder entfernt worden<br />

zu sein. Die tiefsitzenden, mit der Unterseite der bestehenden Empore korrespondierenden<br />

Rundfenster deuten jedoch auf deren ursprüngliche Planung hin. An der<br />

nordwestlichen Chorwand übereinander zwei Türen mit rechteckigen, barock gefasten<br />

Sandsteingewänden von 1749. Die untere führt zum ehemaligen Archivraum (jetzt<br />

Abstellraum und sanitäre Anlagen), die obere, die über eine Holztreppe erreichbar<br />

ist, ins erste Obergeschoß des Turms. Ausmalung des Kirchenraums von 1903.<br />

4. Dachstuhl (Abb. 385). Der Bauvertrag ist zwar nur mit JAKOB GRUBENMANN<br />

abgeschlossen worden; doch ist die Mitarbeit des berühmteren jüngern Bruders HANS<br />

ULRICH, der das Kirchenportal mitstiftete und im folgenden Jahr nachweislich in<br />

Hundwil mitarbeitete, wahrscheinlich. - Der liegende Dachstuhl besteht über dem<br />

Langhaus aus sieben Hauptgebinden im Abstand von drei Meter und je zwei Leergebinden<br />

in den sechs Zwischenräumen. Besonders verstärkt ist die Konstruktion<br />

dadurch, daß sowohl Haupt- als auch Zwischengebinde nicht nur durch zwei Kehlbalken<br />

und zwei Paare scherenförmig gekreuzter Diagonalstreben, sondern auch<br />

durch eine sie überblattende Hängesäule versteift sind. Über dem Chor besteht der<br />

Dachstuhl bis zum Sprengwerk des Walms aus zwei Hauptgebinden im Abstand von<br />

zirka drei Meter, zwischen denen zwei einfache Sparrengebinde liegen. Die Hauptgebinde<br />

sind durch zwei gespreizte Hängesäulen gekennzeichnet, die durch je zwei<br />

seitliche Streben mit dem Spannriegel bzw. den Stuhlsäulen versteift sind 1 .<br />

I Killer, Fig. 55.Zum Chordachstuhl vgl. Fig. 76und 77 (Hombrechtikon).<br />

27 - Kunstdenkmälcr LXI, AR I.


418 s t e i n<br />

Abb. 387 u nd 388. Stein. Kirche bzw. Pfarrhaus. Glockenförmige Abendmahlskannen aus Zinn,<br />

beide 174g datiert, diejenige links mit Stifterinitialen, diejenige rechts mit den Initialen der R(hode)<br />

S(tem). - Text S.420.<br />

5. Turm. 20,5 m hoch. Der ungegliederte, von Eckquadern gesäumte Schaft mit je<br />

vier barock gefasten Lichtschlitzen an der nordöstlichen und nordwestlichen Flanke<br />

und mit rundbogigen, gekuppelten Schallfenstern ist in gotisierender Weise von einem<br />

achtseitigen Spitzhelm über Wimpergen bekrönt. Im Erdgeschoß liegt der bis 196g<br />

nur vom Chorinnern her zugängliche unddann umgebaute ehemalige kreuzgewölbte<br />

Archivraum. Auch der einzige ursprüngliche Turmeingang führt vom Chor über<br />

eine Treppe direkt ins erste Obergeschoß. Seit 1969 besteht auch ein ebenerdiger Eingang<br />

von der nordwestlichen Außenseite zum Erdgeschoß und von hier ein Aufstieg<br />

zumTurm anstelle eines gleichzeitig wieder zugemauerten, ebenfalls nicht ursprünglichen<br />

Hocheinstiegs ins erste Obergeschoß von NW. Anstelle von einzelnen, auf<br />

Mauereinsprüngen liegenden Stockwerken wie bei andern Türmen ruht hier eine<br />

zweigeschossige, offene Riegelkonstruktion auf dem einzigen Mauereinsprung über<br />

dem ersten Obergeschoß und trägt auch den zweigeschossigen Glockenstuhl. Die<br />

Helmkonstruktion wird durch ein erhaltenes Holzmodell des Baumeisters, das im<br />

Gemeindehaus zu Teufen aufbewahrt wird, ferner durch Schema- und Detailzeichnungen<br />

von JOSEF KILLER veranschaulicht 1 .<br />

BAUGESCHICHTLICHE WÜRDIGUNG. Gotisierender Grundriß und Turmabschluß in<br />

Verbindung mit barocker Weiträumigkeit und Detailgestaltung sind für den protestantischen<br />

Kirchenbau der Gebrüder GRUBENMANN typisch. Doch mag der Traditionalismus<br />

der ländlichen Auftraggeber ebenso bestimmend wie derjenige der Baumeister<br />

gewesen sein. Das zeigt der Vergleich mit verschiedenen andern von diesen<br />

erbauten Kirchen, z.B. mit der katholischen Kirche von Häggenschwil sowie mit den<br />

I Killer, Fig. 5 6-60.


kirche 419<br />

Abb.389 und 390. Stein. Kirche bzw. Pfarrhaus. Silbervergoldete Abendmahlskelche mit Stifterwappen<br />

und Bibelsprüchen an den Kuppen.Von einem Herisauer Meister IS, 1750. - Text S.420.<br />

reformierten Kirchen von Wädenswil und Trogen 1 . Direkte Anknüpfungspunkte<br />

gab es damals in Außerrhoden mit seinen im allgemeinen ganz schlichten Rechteckbauten<br />

allerdings nur bei der spätgotischen Kirche von Herisau und vor allem bei<br />

der von JAKOB GRUBENMANN 1723 miterbauten Kirche in Bühler, die bis 1828 einen<br />

gotisierenden Turmhelm besaß. Auf diese Kirche bezog man sich in der Tat auch<br />

ausdrücklich bei der Gestaltung des Kirchenhimmels.<br />

Ausstattung<br />

i. Klassizistischer Tauf stein von 1832133 (Abb. 386). Er wurde am 8. Oktober 1832 vom<br />

Gemeinderat an «Gypser Mr. Gebhard Moosbrugger um fl. 30. - zu machen übertragen»<br />

2 . Zur Hauptsache aus grauweißem Stuckmarmor mit äußerem Beckenrand<br />

aus ebenso marmoriertem Holz. Im Innern Sandsteinschale. H. 89 cm, mit Deckel<br />

aus Kirschbaumholz 95 cm, Dm. des Beckens 67,5 cm, des Deckels 75 cm. Gestalt<br />

eines kreisrunden Kelchs mit karniesbogig geschweiftem Fuß, zylindrischem Schaft<br />

und kugeliger Schale. - 2. Klassizistische Kanzel aus Stuckmarmor von 1832I33 (Abb. 386).<br />

Sie wurde gleichzeitig mit dem Taufstein demselben Stukkateur um 270 Gulden in<br />

Auftrag gegeben. Am 3. Oktober 1833 wurde im Gemeinderat ein «Anzug gemacht<br />

wegen dem an Mstr. Gebhard Mosbrugger noch zu bezahlenden Kanzelgeld<br />

fl. 261.-» 3 . Am rechten Chorbogenpfeiler befestigt. Zylindrischer Korb mit halbkugeligem<br />

Knauf an kurzem, nur schwach eingeschweiftem Fortsatz. Kreisrunder<br />

Schalldeckel mit von Vase bekröntem, stark eingezogenem Aufsatz und kraftvoll<br />

geschwungenes, rechtsseitiges Treppengeländer aus verschiedenfarbigem Stuckmarmor.In<br />

der geometrischen Einteilung der Flächen heben sich vom grauweiß marmorierten<br />

Grund die rahmenden Glieder mit schwarzweißer, die Binnenflächen mit roter<br />

I Killer,S.69-72,117-129, 134-138. 2 Räteprotokoll. 3 Räteprotokoll.


420 s t e i n<br />

Marmorierung ab und sparsam gebrauchte vergoldete Ornamente, vornehmlich<br />

Rosetten und Scheibenschnurketten, setzen leuchtende Akzente. Der Chorpfeiler ist<br />

durch Aussparrungund Stuckierung mit Draperie und Blumengehänge illusionistisch<br />

zur Kanzel bezogen. - 3. Gestühl. Erneuerung im Chor 1832auf der Empore und<br />

unter der Kanzel 1873 2 ,im Schiff 1931 3 . Neben dem neuesten ist nur jenes von 1873<br />

auf der Empore mit schlichten klassizistischen Wangen erhalten. - 4. Orgel. Sie wurde<br />

1893 vonT h e o d o r Kuhn, Männedorf, mit neuromanischem Gehäuse im Chor aufgestellt<br />

4 (Abb. 386).<br />

Abendmahls- und Taufgeräte<br />

1. Kelche von /750 (Abb.sSgf). Silbervergoldet, H. 18,5 bzw. 18,8 cm. Beschau<br />

«H» von Herisau und Meisterzeichen « L S » (oder « S.I»?) eines Johannes S cheper<br />

(?) wiean einem Kelch in Bühler und vermutlich auch an einem in Grub. Auf<br />

eibecherförmiger Kuppa eingraviert je Stifterwappen und darum herum Stifterinschrift<br />

auf Band: a) «Jacob Müller / und Frau Elisabetha Wittmere 1750». Darüber<br />

in Kursive der «18. u. 19. Vers» aus «I. Epist. Petri I. Capit.» - b) « Hr Jacob<br />

Schmid ab Gais». Darüber Text aus «I. Epist. St. Johannis I. Capit. 7. Vers.» Sonst<br />

schmucklose, kreisrunde Form des schwachgewölbten Fußes und des platten Knaufs.-<br />

2. ^wei gleiche Kelche von 75/0.J e z l e r Schaffhausen 800, Nr. 23160. Mit entsprechenden<br />

Inschriften.Um das Gemeindewappen von Stein herum « Evangelische Kirchgemeinde<br />

Stein App. A. Rh.» Am Ende der Bibelzitate aus Joh. 13, 35 und Matth. 11,<br />

28 das Datum «Ostern 191 o». - 3. Sechs glockenförmige Weinkannen aus £inn. Mit Bajonettverschluß<br />

und Schloß, a) H. 32,2cm (Abb. 387). Marken von Lindauam Bodensee<br />

und «GFM» des G e o r g FriedrichM e r g (1724-1761) (Hintze VI, Nr. 196) 5 .<br />

Bodenrosette aus Blattspitzen. Auf dem Schild der Flanke Stifterinitialen «E;B:Ö<br />

A:W: 1749», vermutlich einer Elisabeth Ögster (Eugster) auf Wolfhalden 6 . Wandung<br />

mit fünf breiten Zierwülsten. - b) H. 31 cm. Marken «G» von St. Gallen und<br />

«GST» des G e o r g S taehelin (1706-1749) (Bossard 1 , Nr. 286, und II, S . 150).<br />

Bodenrosette mit dem St.Galler Bären zwischen «S» und «G». Außen im Boden<br />

eingeritzt «AH». Sieben Zierwülste. - c-f) H. 32,3 cm. Marken «G» von St. Gallen<br />

und «AH» desAbraham H i l l e r (1719-1798) (Bossard 1, Nr. 291, und II, S. 151).<br />

Auf der Bodenrosette der St. Galler Bär zwischen «S»und «G»mit ligiertem «HH»<br />

eines Heinrich H i l l e r zwischen den Beinen ( Bossard II, S. 151). Auf dem Schild<br />

der Flanke die Initialen «R * S 1749» der Rhode Stein. Ohne Zierwülste. Offenbar<br />

die von der Gemeinde Teufen gestifteten «4 Kanten» 7 (Abb.388). - 4. J^wei Brotteller<br />

aus ^inn. a)Dm. 24,2 cm. Auf dem Rand: «Ghört der Kirchen zum ST» (ein).<br />

Engelmarke desAdrian Klingling, Frankfurt. - b) Dm. 22,5 cm. Drei Engelmarken<br />

mit Vogel. Stifterinitialen «AC. ZB» einer Anna Catharina Zuberbühler. - 5. Taufkessel.<br />

Kupfer, innen verzinnt. Dm. 22 cm, H. 15,5 cm. Geltenform mit Kordelwulst.<br />

i Räteprotokoll, 16. Juliund 2. Aug. 1832. 2 Jubiläumsschrift Stein 1899, S. 19.<br />

3 JahresrechnungderGde 1931, S. 14: 16 151 Fr.35 Rp.<br />

4 Datiertund signiert. JahresrechnungderGde 1893/94, S. 2of., 37!"., 45.<br />

5 E rwin H intze, Die deutschen Zinngießerund ihre Marken, 7 Bde., Leipzig 1921 ff.<br />

6 Laut Liste der Spender «zur neuerbauten Kirchenzum Stein»im Protokoll des Großen Rats,<br />

zwischen 22./23. Aprilund 6.Mai 1751: «Wolfhalden einKanthen.»<br />

7 Ebenda.


öffentliche profanbauten 421<br />

Glocken<br />

Ehemaliges Geläute von drei Glocken. Es wurde 1749 von HANS RUDOLF SGHALCH,<br />

Schaffhausen, gegossen. Gesamtgewicht: 4028 Pfund. Kostenbetrag von 2629 Gulden<br />

52 Kreuzer 3 Pfennig. Die große Glocke war zuerst für Waldstatt bestimmt gewesen<br />

(S. 279), fand aber keinen Anklang und wurde verbilligt an Stein abgegeben, wohin<br />

sie Anfang Oktober 1749 aus Waldstatt abgeholt wurde 1 . Die drei Glocken hingen<br />

in der Glockenstube in drei Stockwerken übereinander 2 . 1874 Verkauf an den Gießer<br />

der neuen Glocken, JAKOB KELLER, das Pfund zu 1 Fr. 33 Rp. 3 . Die Inschriften, die<br />

angeblich nur Alter und Herkunft mitteilten, sind nicht mehr bekannt.<br />

Bestehendes Geläute von vier Glocken von 1874. Die Anschaffung wurde am 1. Mai 1873<br />

durch die Kirchhöre beschlossen. Gewicht; 10680 Pfund. Gesamtkosten mit zweistöckigem,<br />

eichenem Glockenstuhl: i9979Fr.55Rp. 4 . C-Dur-Akkord. Dm. 163,5/130/<br />

118,5/ 81 cm. Alle sind am Schlagkranz in Antiqua signiert und datiert: «GEGOSSEN<br />

VON JAKOB KELLER IN ZÜRICH ANNO 1874». An den Flanken auf einer Seite über Zierat<br />

ein aufrechter Bär, der einen mit «ST» (Stein) beschriebenen Schild in der Pranke<br />

hält. Gegenüber, ebenfalls über Zierat, Bitt- oder Mahnsprüche in Antiqua. Wortlaut<br />

bei NÜSCHELER, Glocken, S. 44, und NÖTZLI, Stein, S. 24. Neugotische Ornamente:<br />

über dem Schlagkranz eine um einen Stab laufende Distellaubranke. Am Hals der<br />

größten Glocke eine Spiralranke, an demjenigen der zweitgrößten und kleinsten ein<br />

Spitzbogenfries mit Laub, an demjenigen der zweitkleinsten ein Palmettenfries an<br />

Schnur. Kronen mit Männermasken.<br />

ÖFFENTLICHEPROFANBAUTEN<br />

Pfarrhaus, Nr. 16 5 (Abb. 378-381, 391). Vgl. Lage, S.4o6f. 1749 Aufrichtung, 1750<br />

Innenausbau, wahrscheinlich durch Zimmermann KONRAD WIDMER 6 . 1865 durchgreifende<br />

Außen- und Innenrenovation 7 . Sechsgeschossiger, über gemauertem Erdgeschoß<br />

gestrickter Bau mit giebelständigem Satteldach, das, ursprünglich symmetrisch,<br />

über einen Anbau an der Ostseite herabgeschleppt wurde. An der südseitigen<br />

Hauptfront Eingang mit korbbogigem Sandsteingewände, das durch Sockel,<br />

Kämpfer und Schlußstein gegliedert undam Bogen barock gefast ist. Im Schlußstein<br />

die Baudaten « 1749» und « 1865». Schönes Fassadentäfer, vermutlich von 1865, mit<br />

geschoßweiser Gliederung durch Pilaster und schmale Klebedächer. Über dem ersten<br />

Obergeschoß symmetrische Anordnung der Reihenfenster (2+5+3 + 2/3x3/2x3/<br />

1X3). Übrige Hauswände mit Schindelschirmen.Im Innern tonnengewölbter Keller.<br />

Im zweiten und dritten Obergeschoß je ein barock profiliertes Türgericht aus der<br />

Bauzeit.<br />

1 Stein, Jubiläumsschrift 1899, S. I3f. - Gewicht laut Jahresrechnung der Gde 1874, S. 22.<br />

2 Räteprotokoll, 19.Juni 1873.<br />

3 Jahresrechnung der Gde 1874, S. 22.<br />

4 JahresrechnungderGde 1874, S. 22-27. - Räteprotokoll 19. Juniund 12. Aug. 1873. — Nötzli,<br />

Stein, S. 23 f.<br />

5 Als Hausnummern gelten die Assekuranznummern.<br />

6 Jubiläumsschrift Stein 1899, S. 13. Quellen nicht mehr greifbar.<br />

7 Jahresrechnung der Gde 1865, S. 3-7.


422 s t e i n<br />

Schulhäuser<br />

Nach Einführung der von der Gemeinde unterhaltenen sogenannten Freischulen<br />

1837 erfolgte schrittweise bis 1888 die Erbauung von vier Schulhäusern. Vorher<br />

Unterricht im Pfarrhaus und in zahlreichen Privatwohnungen 1 . 1967 wurde das<br />

ältere Schulhaus im Dorf durch einen modernen Schul- und Turnhallenbau ersetzt 2 .<br />

1. Auf der Langenegg, Nr. 266. Koord. 744000/247940. Dieser Bau wurde 1839/40<br />

durch Baumeister RINGEISEN, Stein, «ob der Kirche» erbaut 3 . Sein Modell, das<br />

«unten mit Kreuzstöcken und oben mit Aufzugläden» versehen war, wurde andern<br />

vorgezogen 4 . Nach Abzug des aus Gemeindewaldungen unentgeltlich gelieferten<br />

Bauholzes und der nicht unbedeutenden Frondienste kostete es um 3000 Gulden 5 . -<br />

Der noch unveränderte fünfgeschossige, über gemauertem Erdgeschoß gestrickte Bau<br />

ist dem traditionellen einheimischen Wohnhaus mit giebelständigem Satteldach,<br />

1 Jubiläumsschrift Stein 1899, S. 28-33.<br />

2 AJB 1966, S. 78 (Baubeginn Ende April), und 1967, S. 91 f. (Einweihung 26./27. Aug.).<br />

3 Kirchhörebeschluß vom 18. Nov. 1838 lautAMB 1838, S. 173. - Räteprotokoll, 20. Nov. 1838 bis<br />

g.Febr. 1841.<br />

4 Räteprotokoll, 12. Febr. 1839, Punkt 22. 5 AMB 1840, S. 183.<br />

Abb. 391. Stein. Pfarrhaus. 1749 als Strickbau wahrscheinlich von Meister KonradWidmer errichtet.<br />

Geschoßweise Gliederung des Fronttäfers durch toskanische Pilaster, die m it Rauten belegt sind,<br />

vermutlich 1865. - Text S.4o6f.und 421.


öffentliche profanbauten<br />

Ii<br />

Abb.392. Stein. Dorfplatz. Über gemauertem Erdgeschoß gestrickte und an der Front getäferte<br />

Holzgiebelhäuser des 18. Jahrhunderts, Nrn.6-8. Nr. 7 («Rößli») mit 1835 datiertem Hauseingang<br />

(Abb. 407). Nr. 8, 1749 für den ersten stillstehenden Gemeindehauptmann Ulrich Widmer erbaut,<br />

warmit bemalten Möbeln reich ausgestattet (Abb.393und Tafel II). - Text S.4o6f.und424^<br />

Reihenfenstern und niedern Dielen in den drei obersten Geschossen wie auch in der<br />

Fassadentäferung angeglichen, weicht jedoch ab durch ein auffallend hoch gebautes<br />

erstes Obergeschoß für die Schulstube und durch dessen im Modell vorgesehene<br />

Einzelfenster mit Kreuzstöcken. Diese Verbindung von Zweckmäßigkeit mit herkömmlicher<br />

Hausform blieb, weil Proportionen und Harmonie abträglich, in Außerrhoden<br />

ein Einzelfall. Typisch für die Fronttäferung der Bauzeit sind die beide obern<br />

Vollgeschosse flankierenden Kolossalpilaster ionischer Ordnung.<br />

2. Am obern Berg, Nr. 484. Koord. 743525/250470. Das Gebäude wurde 1858 durch<br />

Baumeister JOH. ULRICH REIFLER, Stein, erbaut. Gesamtkosten: 7164 Fr. 48 Rp.'.<br />

Schlichter, aber typischer Schulhausbau in geschindelter Strickkonstruktion über<br />

gemauertem Kellergeschoß. Drei Vollgeschosse mit Einzelfenstern liegen unter<br />

einem traufständigen Satteldach. Dieses ist versehen mit gleich hohem, gestelztem<br />

Quergiebel an der Frontund niedrigerem Quergiebel über herausspringendem Treppenhaus<br />

an der Rückseite.<br />

3. Älteres Schulhaus im Dorf. Es wurde 1870/71 von Baumeister SEBASTIAN STUR-<br />

ZENEGGER, Herisau, erbaut. Gesamtkosten 18200 Fr. 2 . Es glich im ganzen dem<br />

Schulhaus von 1888 (s.u.), war aber kleiner. Abbildung auf einer Lithographie von<br />

J.SEITZ undW . WEEBFR 3 (vgl. Abb. 381). 1966 Abbruch zwecks Neubaus an seiner<br />

Stelle (s.o.).<br />

4. Jüngeres Schulhaus im Dorf, Nr. 37. Es wurde 1888 vom ortsansässigen Baumeister<br />

JOH. JAKOB WALDBURGER erbaut. Gesamtkosten: 49035 Fr. 10 Rp. 4 . Spätklassizistischer,<br />

über gemauertem Erdgeschoß gestrickter und geschindelter Bau von drei<br />

1 Jahresrechnung der Gde 1858, S. 21-27. - Protokoll der Baukommission vom 14. Okt. 1855 bis<br />

28. März 1858, enthalten im Protokoll der Straßenkommission.<br />

2 Jahresrechnung derGde 1871, S. 3of.<br />

3 Bilddokument 6. 4 Jahresrechnung der Gde 1888, S. I4f.


424 stein<br />

Geschossen mit fünf Fensterachsen an der Front und mit Walmdach.Am Erdgeschoß<br />

Eckquader. Die Symmetrieachse der Fassade ist, bzw. war, betont durch Portal mit<br />

stichbogigem Sandsteingewände, Dreieckgiebeln über den Fenstern und Segmentgiebel<br />

a m Dach. Rückseits in derselben Achse herausspringendes Stiegenhaus mit<br />

Satteldach. Im Zusammenhang mit dem Innenumbau wurde das Frontportal 1972<br />

beseitigt (Abb. 381).<br />

BÜRGER-U N D B AUERNHÄUSER<br />

Siehe auch Lage und Gestalt mit der baulichen Entwicklung, S. 406-409.<br />

A. Im Dorf<br />

Rößli, Nr. 7 (Abb. 392). Stichbogiger Eingang mit Sandsteingewände (Abb. 407). Der<br />

Sturz ist in Relief mit Draperie und Rosetten verziert. Im Schlußstein lateinische<br />

Kursivinschrift des Bauherrn «M.H. Ulrich Frehner» mit Datum «1835» und den<br />

Buchstaben «Z» und «Q», getrennt durch die erhaben gehauene «No. 6» der alten<br />

Hausnumerierung. Das Haus selbst stammt jedoch aus der Mitte oder zweiten Hälfte<br />

des 18. Jahrhunderts, wie ein Türgericht im Estrich mit einem an der Unterkante<br />

kielbogig ausgeschnittenen Sturz und mit einer barocken Fase an den Pfosten erkennen<br />

läßt. Zudem ist das Haus auf den frühesten Dorfansichten abgebildet (Abb.<br />

378f).<br />

Abb. 393. Stein. Bürgerhaus, Nr. 8. Doppeltüriger Hochzeitsschrank von «Hanß Wetmer/Anna<br />

Engleri», 1745 datiert, im Stil der Spätrenaissance gegliedert und bemalt (Stilverspätung). Sehweizerisches<br />

Landesmuseum in Zürich. - Text 8.425^


ürger- und bauernhäuser 425<br />

Abb.394 und 395. Stein. Hochzeitsschrank «1824 Hs. Jacob Signer/Anna Kathrina Schoch» mit<br />

ins Biedermeierliche übersetzten Louis-XVI-Motiven. - Eintüriger Schrank « J. Barbara Eugster.<br />

1804»mit Rokoko- und Louis-XVI-Motiven und Genrelandschaften. Schweizerisches Landesmuseum<br />

in Zürich. - Text S.433.<br />

Nr.8 (Abb. 392). Das Baudatum «174g» und die Initialen « V» und « W» des<br />

Bauherrn und ersten stillstehenden Gemeindehauptmanns Ulrich Widmer sind aus<br />

dem Sandsteingewände des rundbogigen Hauseingangs als Relief herausgemeißelt 1 .<br />

Über dem gemauerten Parterre symmetrische Einteilung der Reihenfenster (in beiden<br />

Vollgeschossen je 3 + 5 + 3, in beiden Dachgeschossen 5 bzw. 3). - Aus dem Haus<br />

abgewanderte bemalte Möbel: 1. Im Historischen Museum Herisau: a) Eintüriger<br />

Schrank mit weißen Rocaillen und Blumen auf blaugrauem Grund und je einem<br />

genrehaften Dorfbild in beiden Türfüllungen. Im Kranz: «17 M. Virich Stricker:<br />

Elisabeth Wedmeri 87.» - b) Himmelbett mit Doppelschrank am Fußteil (Tafel II).<br />

Am Kopfteil Frakturinschrift: «M. Bartholome Widmer 1810 F. Anna Barbara<br />

Hugener.» Blaurote Marmorierungund Verzierungen mit Rokoko- und Louis-XVI-<br />

Motiven. In den Füllungen genrehafte Landschaften. - c) Wandkästchen, «1817»<br />

datiert und mit den Initialen «A = B.H» der Anna Barbara Hugener versehen.<br />

Gleiche Marmorierung wieam Himmelbett. - d) Kinderwiege, «1835» datiert, zwei<br />

Schatullen, Vitrine. - 2. Im Schweizerischen Landesmuseum Zürich: a) Doppelschrank,<br />

sogenannter Hochzeitsschrank, Inv.-Nr. 11431 (Abb.393). ImFries Datum<br />

und die Besitzernamen «Hanß Wetmer/Anna Engleri» in Frakturschrift.<br />

i Räteprotokoll, 11.Juli 1755, Punkt 9: «Ulrich Widmer bey der Kirchen». - Zu den Gemeindehauptmännern<br />

von Stein siehe Jubiläumsschrift Stein 189g, S. 38.


426 stein<br />

Der Schrank ist als Kleinarchitektur durch drei gedrehte Säulen auf Sockeln und<br />

durch giebelförmige und rechteckige Rahmenfelder gegliedert. Bunte Bemalung mit<br />

Blattspiralen und Fruchtgehängen. - b) Doppelschrank, sogenannter Hochzeitsschrank,<br />

Inv.-Nr. 11 432. Auf dem Kranzgesims die Jahreszahl «MDCCLXVI» (1766)<br />

zwischen den Namen «Johannes Grubenman/Barbara Grubenmanin». Ähnliche<br />

Gliederung wie beim vorhergehenden Schrank, doch stilgeschichtlich fortgeschrittenere<br />

Bemalung: Blumenketten auf blaugrauer Marmorierung der Rahmenteile, von<br />

denen sich ein rotmarmorierter Kranz abhebt. Die beiden Türfüllungen oben enthalten<br />

Rokokovase mit Blumen, die beiden unternje eine Burgen- und Seelandschaft,<br />

jene der Sockelschubladen ebenfalls. Erwerb der Schränke durch das SLM imJahre<br />

1910. - 3. Aus demselben Haus Nr. 8 in der Gemeindekanzlei ein Brückenmodell, das vermutlich<br />

um 1749 von den Brüdern GRUBENMANN in den Besitz des ersten Hausbesitzers<br />

und stillstehenden Gemeindehauptmanns Ulrich Widmer überging (Abb. 405).<br />

Es stellt eine gedeckte Holzbrücke mit siebenseitigem Stabpolygon aus je sechs<br />

Stäben und mit doppeltem, verzahntem Streckbalken aufjeder Seite dar. Es stehtzu<br />

keiner der noch bekannten Holzbrücken in Beziehung. Vgl. KILLER, S. 42 f.<br />

Abb. 396. Stein. Sonder. Bauernhaus, Nr. 247. Kuppelofen aus Lehm mit grün glasierten Becherkacheln,<br />

17./18. Jahrhundert. Seltenes Beispiel in Appenzell Außerrhoden. - Text S.431.


ürger- und bauernhäuser 427<br />

Abb. 397. Stein. Horgenbüel. Bauernhaus, Nr. 124. Hölzernes Türgericht, 1753 datiert und mit den<br />

Initialen des Bauherrn versehen. Typische Zimmermannskonstruktion aus zwei barock gefasten<br />

Pfosten, die mit durchlaufenden Strickbalken oben als Sturz und unten als Schwelle den Rahmen<br />

für eine Bohlentüre bilden. — Text S.429.<br />

Ochsen, Nr. 12. Südeingang mit korbbogigem Sandsteingewände und entsprechender<br />

Nußbaumtüre, die vier Felderum ein Mitteloval aufweist. — Nr.34. Stadel der im<br />

Stil des Historismus um 1860 mit barock profilierten Sparren- und Pfettenköpfen<br />

sowie Bügen erbaut worden ist (Abb. 381).<br />

B. In den Außenbezirken<br />

Sämtliche beschriebenen Wohnhäuser und Ställe sind in der üblichen Strickkonstruktion<br />

über gemauertem Keller bzw. Sockel, die Scheunen, die die Ställe umgeben,<br />

in verschalter Riegelkonstruktion ausgeführt. Nur Abweichungen von dieser<br />

Regel sind speziell vermerkt. Die Höfe und Weiler sind in alphabetischer Reihenfolge<br />

behandelt.<br />

Berg. Ehemalige «Linde», Nr. 507. Koord. 743687/250212. An der alten Landstraße<br />

von Stein nach Störgel und Zweibrüggen. Das Haus wurde 1816 über dem<br />

Keller mit tonnenförmigem Tuffsteingewölbe eines altern Hauses errichtet, wovon


428 stein<br />

ein Trägerbalken erhalten ist. Ausgefachter, z.T. geschindelter Riegelbau mit Walmdach.<br />

Eingang mit klassizistisch verziertem, rechteckigem Sandsteingewände, das im<br />

Sturz «1816» datiert ist. Im Schlußstein ein von Brezel umschlossenes «M» und die<br />

Initialen « IH (ligiert) M » vermutlich eines Bäckermeisters Johannes Müller. I m<br />

Innern aus derselben Zeit Kellereingang mit korbbogigem, gegliedertem Sandsteingewände.<br />

- Brauerei. Koord. 744450/248500. Im ehemaligen Bauernhaus Nr. 82 zwei<br />

um 1860 zusammen mit der Brauerei erbaute, nebeneinander liegende Keller von<br />

zirka 11 m Länge mit Tonnengewölbe aus behauenen Sandsteinen. Ebenfalls einer<br />

von zirka 20 m Länge in Haus Nr. 638. - Untere Grueb. Bauernhaus, Nr. 558. Koord.<br />

743865/249635. Mit Giebeltätschdach und südwestseits in Traufstellung angebautem<br />

Stadel. Über dem Webkeller zwei Vollgeschosse und eine Firstkammer. An<br />

dieser urtümliches, schmuckloses Türgericht. - Halden. Bauernhaus, Nr. 180. Koord.<br />

744760/247415. Baudatum und Initialen des Bauherrn Hans Witmer (?) «17 H<br />

W 25» sind in einem Balken über dem Zwillingsfenster der nordöstlichen Hausflanke<br />

eingeschnitzt. Zusammen mit dem Webkeller fünfgeschossiges Holzgiebelhaus mit<br />

asymmetrisch angeordneten Reihenfenstern (3+5+2/3+4+2/Luke+5+Luke/2/<br />

Lünette für Taubenschlag) an der getäferten, südostwärts blickenden Front und mit<br />

zurzeit noch altem, verwittertem Schindelschirm, Fenstervordächlein und geschweiften<br />

Seitenbrettern an zweifach und vierfach gekuppelten Fenstern der Rückseite. In<br />

der Wohnstube des ersten Obergeschosses übermalte Ausstattung aus der Bauzeit:<br />

Wandkutsche, eintüriges Hängeschränkchen, ein Hängeschränkchen mit Untergestell,<br />

Uhrenschrank, gestemmte Decke mit Spuren barocker Bemalung unter der<br />

Übermalung. Über der Küche ein Rutenkamin. Außerdem ein tonnengewölbter<br />

Keller. Der Stadel in Strickkonstruktion mit kompakt aufeinanderliegenden Strickbalken<br />

steht getrennt vom Wohnhaus an dessen Rückseite und in rechtem Winkel<br />

zu ihm.<br />

Horgenbüel. Hier sind sämtliche Häuser der Hanglage entsprechend ostwärts gerichtet.<br />

Bauernhaus, Nr. 121. Koord. 744335/248150. Baumeisterinschrift «M. VLRICH<br />

SCHMID» und Baudatum «1671» sind mit schwarzer Farbe auf die Strickbalken des<br />

Giebelfeldes gemalt. Darunter halb ausgelöschter Hausspruch in Fraktur, der einen<br />

Konrad Engler als Bauherrn nennt. Fünfgeschossiger Bau mit Webkeller und schwach<br />

geneigtem Satteldach in Giebelstellung und mit nordseits in Traufstellung angebautem<br />

und vorspringendem Stadel, der auf diese Weise den Hauseingang schirmt.<br />

Asymmetrische Anordnung der Reihenfenster. Volltäferung nuram ersten Wohngeschoß.<br />

Darüber größtenteils bloße Strickwand. Anstelle von Brusttäfer verkleiden die<br />

nur in Schienen laufenden Zugläden in gesenktem Zustand die Wand. Im Innern<br />

tonnengewölbter Keller mit stichbogigem Sandsteintürgewände, im Bogen «1824»<br />

datiertund mit den Initialen « JH (ligiert) V R» des damaligen Bauherrn und Wirtes<br />

Joh. Ulrich Reifler bezeichnet. Über der Flurtreppe Wirtshausspruch in Fraktur;<br />

«Bis mit gott wilckum lieber gast/trinck vnd iß kein über Maß(?)/hast du Gelt so<br />

kom herein/hast du keins solt dusen sein.» Aus der ersten Bauzeit sind zahlreiche<br />

rustikale Türgerichte mit barock gefasten, oben nasenförmig schräg einwärts profilierten<br />

Pfosten und mit an der Unterkante kielbogig ausgeschnittenen Stürzen samt<br />

Bohlentüren und Schlössern erhalten. Im Westgiebel des Estrichs «Heidenbalken»<br />

(Firststütze). Bis vor kurzem war ein Rutenkamin vorhanden. Südlich davon jVr. 122.


ürger- und bauernhäuser 429<br />

Ein sogenanntes Heidenhaus mit einem Tätschdach in Traufstellung und zwei Vollgeschossen<br />

über dem Webkeller. Im ersten Obergeschoß eine durchlaufende Fensterreihe<br />

mit Schienen für Zugläden wie bei Nr. 121, im zweiten ein Zwillings- und ein<br />

Drillingsfenster mit Brusttäfer auf der bloßen Strickwand. Eingang auf der nördlichen<br />

Schmalseite. - Westwärts obenam Bauernhaus, Nr. 124. Das Baudatum «1753»<br />

ist auf den eingehalsten Sturz des Eingangs zur Wohnung im Flur des ersten Obergeschosses,<br />

der über eine Außentreppe erreicht wird, gemalt. Die Initialen «M» und<br />

«R» des Bauherrn Martin Reifler sind auf die beiden barock gefasten Türpfosten<br />

verteilt 1 (Abb. 397). Mit dem ehemaligem Webkeller fünfgeschossiges,an der Front<br />

ganz getäfertes Wohngiebelhaus mit steilem Satteldach und, wie bei Nr. 121, mit<br />

nordseits angebautem und zum Schutz des Hauseingangs vorspringendem Stadel.<br />

Zum äußern Schmuck gehören barock profilierte Pfettenkonsolen und geschweifte<br />

Seitenbretter an den Abwürfen des Schindelschirms. Im Innern haben sich als<br />

außerordentliche Rarität sämtliche ursprünglichen Türgerichte mit barock gefasten<br />

i Wahrscheinlich Nr. 396 des Bürgerregisters I. Vgl. Räteprotokoll, 11.Jan. 1755.<br />

f.«<br />

S.v<br />

Abb. 398. Stein. Witenau. Bauernhaus,Nr. 432. Blau bemalter Kastenkachelofen, signiertund datiert.<br />

«Hanß Rudolph undHanß Jacob Somerauer 1724.» Ursprünglich mit polygonalem Turmaufsatz;<br />

Historisches Museum St. Gallen. - Text S.432.


43° stein<br />

Pfosten samt Bohlentüren mit Einschubleisten erhalten. - Südöstlich davon Nr. 127.<br />

Sogenanntes Heidenhaus, ähnlich Nr. 122, jedoch im ersten Obergeschoß Zwillingsund<br />

Drillingsfenster mit Aufzugläden im gestemmten Täfer.Im zweiten Obergeschoß<br />

zwei Zwillingsfenster mit Schwenkläden auf bloßer Strickwand. Nordseits später angebauter<br />

Stadel ebenfalls in Traufstellung, jedoch mit steilerm Satteldach. Beide<br />

Gebäudeteile sind sehr gut erhalten.<br />

Langenegg. Bauernhaus, Nr. 267. Koord. 743930/247950 (Abb. 399). Baudatum und<br />

Initialen des Bauherrn (und Zimmermeisters?) Daniel Widmer «17 D • W 70» sind<br />

mit schwarzer Farbe auf einen graubemalten Strickbalken des Giebelfeldes aufgemalt<br />

1 . Das schöne, gut erhaltene Wohngebäude ist wie die Häuser im Horgenbüel<br />

dem Gelände entsprechend ostwärts gerichtet, der Stadel dagegen südseits angebaut.<br />

Unter ziemlich steilem Giebeldach liegen Webkeller und vier Obergeschosse. Fassadentäferung<br />

an beiden Vollgeschossen. Darüber bloße Strickwand, von der sich<br />

Brusttäfer und seitliche Zierbretter der Firstkammer- und Estrichfenster dekorativ<br />

abheben. Dieselben sind noch mit Butzen- und Mondglasscheiben versehen. Die<br />

Pfettenköpfe zeigen barocke Volutenprofile. An Nord- und Westfront Schindelschirm.<br />

Im Innern ursprüngliche Türgerichte mit barock gefasten Pfosten (vgl. Abb. 397).<br />

Niederstein. Haus Nr. 13. Koord. 744600/248712. Südostwärts gerichtetes Giebelhaus<br />

mit Webkeller und vier Obergeschossen unter symmetrischem, schwach geneigtem<br />

Satteldach. Fassadentäferung mit Zahnschnittfriesen und Karniesgesimsen über<br />

i Räteprotokoll, Ö.Aug. 1760; «Daniel Widmer zur Langenegg». Vgl. Bürgerregister I,Nr. 348.<br />

Abb. 399 und 400. Stein. Langenegg. Bauernhaus, Nr. 267. Gestrickter, nur unten getäferter Holzgiebelbau,<br />

im Giebelfeld 1770 datiert, mit ursprünglichen Butzen- und Mondglasscheiben sowie<br />

gesägten seitlichen Zierbretternan Firstkammer-und Estrichfenstern (vgl.Abb. 179, 198, 255^, 299^).<br />

- Sonder. «Burg», N r. 238. Ein über auffallendem, vermutlich älterem Mauerstock (eines Wohnturms?)<br />

gestricktes Wohngiebelhaus des 16./17. Jahrhunderts mit ungewöhnlichen Geschoßhöhen. -<br />

Text oben, S.431 und 438 f.


ürger­ und bauernhäuser 43 1<br />

asymmetrisch angeordneten Reihenfenstern. Zu beiden Seiten gut proportionierte<br />

spätere Anbauten. «Renoviert 1964». - Rain. Bauernhaus, Nr. 128. Koord. 7 44200/<br />

247970. Das Baudatum «1757» in ausgesägten Ziffern auf dem Täfer ist vermutlich<br />

Kopie einer authentischen Jahreszahl darunter. Wie die Häuser im angrenzenden<br />

Horgenbüel dem Gelände entsprechend ostwärts gerichtetes Wohngiebelhaus mit<br />

fünf Obergeschossen über dem Webkeller, südseits angebautem traufständigem<br />

Stadelund nordseits angefügtem Sticklokal der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.-<br />

Schachen. JVr. 6g. Koord. 7 43830/248175. Sogenanntes Heidenhaus mit Tätschdach in<br />

Traufstellung und südostwärts gerichteter Fassade. Ähnlich wie die Nrn. 122 und 127<br />

im Horgenbüel (s.o.), doch andere Fenstereinteilung und vollständige Verkleidung<br />

der Strickwände vorwiegend mit Schindeln. - Schmitten. Nr. 480. Koord. 743465/<br />

250740. Ein besonders stattlicher, mit dem ehemaligen Webkeller sechsgeschossiger<br />

Wohnbau mit südostwärts gerichtetem Mansardgiebeldach, barock profilierten<br />

Pfettenkonsolen, vier weit ausladenden verschalten Klebedächern über den asymmetrisch<br />

angeordneten Reihenfenstern der getäferten Fassade und mit geschweiften<br />

Seitenbrettern an den Fensterabwürfen der Schindelschirme. Hinter dem Webkeller<br />

zweijochiger kreuzgewölbter Keller. Bau wohl der zweiten Hälfte 18. Jahrhundert.<br />

Der ältere Teil des südwestseits angebauten Stadels ist in hölzernem Lüftungsgitter<br />

jedoch «1814» datiert. Die dazugehörigen Besitzerinitialen sind nicht mehr vollständig.<br />

Sonder. Dem Südhang ( = Sonder) entsprechend blicken alle Häuser nach Süden.<br />

Bauernhaus, Nr. 2 38, «Burg» genannt. Koord. 7 43430/247530 (Abb. 4 00). Auf einer<br />

Geländekuppe über den Mauerresten eines befestigten Wohnturms (S. 438f.) etwa<br />

im i6./i7. Jahrhundert errichtetes Holzgiebelhaus mit auffallend hohen Geschossen,<br />

schwach geneigtem Satteldach, altertümlichen Falläden an der Rückseite, rustikalen<br />

Türgerichten zu den vier (!) Firstkammern und mit mächtigem Firstbalken<br />

wie bei den sogenannten Tätschdächern. Ein Rutenkamin wurde 1956 beseitigt.<br />

Ungewöhnlich ist auch die Stellung des auf der Ostseite in rechtem Winkel angebauten,<br />

stark zurückversetzten Stadels. Östlich davon im Bauernhaus, Nr. 243:<br />

eintüriger Schrank. 1 26X76,5X37 cm. Im Fries in Fraktur «Ulrich Widmer Anno<br />

1808». In der Türfüllung genrehaft gemalte Kirche mit Haus.Am Türrahmen auf<br />

blaugrauem Grund Kombination von weißen Rocaillen und Louis-XVI-Ornamenten.<br />

An den Flanken ebenfalls Zieraten. Im übrigen blau-rote Marmorierung.<br />

Offenbar Werk des gleichen Malers wie das Himmelbett aus dem Haus Nr. 8 im<br />

Historischen Museum Herisau (s.o.).<br />

Weiter ostwärts: Bauernhaus, Nr. 247, des 16./17. Jahrhunderts (ältester Zettel<br />

datiert laut Besitzer von 1699). Mit Tätschdach in Giebelstellung und wuchtiger<br />

Firstpfette, ferner mit Webkeller und ostseits angebautem Stadel. Im Estrich Türgericht<br />

mit barock gefasten und oben nasenförmig profilierten Pfosten. In einer Wohnstube<br />

kastenförmiger Lehmofen mit Kuppel, in die fünf grüne, teils mit Bodenrosette,<br />

teils mit Ringen verzierte Becherkacheln eingefügt sind. H. 157 cm, Br. 103 cm. Tiefe<br />

137 cm. 17./18. Jahrhundert (Abb. 396). Seltenes Beispiel im Kanton. Eine «1822»<br />

datierte Sandsteinplatte an der Ofenwand ist wohl später aufgemauert worden. Das<br />

Haus besitzt ein sogenanntes Pestloch. — Südlich davon Wirtschaft zum Sonder^r. 249.<br />

Drei ungleiche Hausteile sind mitje eigenem Giebel und nur einem Vollgeschoß


432 stein<br />

Abb. 401. Stein. Ehemalige, 1903 abgebrannte Mühlein Zweibrüggen von Nordosten. Weiß gehöhte<br />

Bleistiftzeichnung von Johann Jakob Rietmann, 1865. Privatbesitz Teufen. - Text S.405 und 435.<br />

über teilweise gemauertem Parterre zu einer malerischen Gruppe zusammengeschlossen.<br />

Westseits außerdem traufständiger Anbau in Riegelkonstruktion. Täferung der<br />

Fassaden nuram ersten Obergeschoß, das Giebelfeld darüber mit bloßer Strickwand.<br />

Im östlichen Hausteil «1775» datierter Sandsteinofen.<br />

Witenau. Bauernhaus, Nr. 432. Koord. 742850/251 370. Fünfgeschossiges Wohnhaus<br />

ohne Webkeller, mit südostwärts gerichtetem Mansardgiebeldach und rückseits herausspringendem<br />

Treppenhaus. Gemauertes Parterre mit Eckquadern. Barock profilierte<br />

und gefaste Pfettenkonsolen und ebenso geschweifte Seitenbretter an den<br />

Fensterabwürfen der Schindelschirme. Das Rutenkamin ist außer Betrieb. Der ostseits<br />

angebaute, nach Hausüberlieferung gleich alte Stadel ist im Innern der Scheune<br />

«1748» datiert. - Nördlich davon: Bauernhaus, Nr. 440. Wahrscheinlich u m 1724<br />

erbaut. Abgesehen von Flugdreiecken unauffällige äußere Erscheinung. Im Innern<br />

zahlreiche rustikale Türgerichte mit barock gefasten Pfosten und an der Unterkante<br />

kielbogig ausgeschnittenen Stürzen (vgl. Abb. 397), ferner hinter dem Webkeller<br />

langer tonnengewölbter Käsekeller. Der sehr schöne, blau bemalte Kastenkachelofen mit<br />

polygonalem Turmaufsatz wurde 1908 vom Historischen Museum St. Gallen erworben<br />

(Inv.-Nr. 7696) und fragmentarisch, ohne Turm, «Kunst» und Bodenkacheln,<br />

wieder aufgestellt. Im Zweipaß des Frieses Signatur und Datum: «Hanß Rudolph<br />

undHanß Jacob Somerauer 1724.» Die Ovalbilder zwischen Blattrosetten enthalten<br />

Schloßlandschaften, Tiere und Genreszenen (Abb. 398).


ürger- und bauernhäuser 433<br />

mmm<br />

^ijn» '<br />

Abb. 402. Stein. Ehemalige, Ende des 19. Jahrhunderts abgebrochene Papiermühle imKubel, 1669-1674<br />

für Landesstatthalter Bartholomeund seinen Bruder Ulrich Schieß erbaut. Weiß gehöhte Bleistiftzeichnungvon<br />

Johann Jakob Rietmann, 1865. Stadtbibliothek Vadiana, St. Gallen. - Text S.405 und 434.<br />

Würzen. Bauernhaus, Nr. 144. Koord. 744750/248255. Sogenanntes Heidenhaus,<br />

das mit traufständigem Tätschdach südostwärts gerichtet und mit südwestseits in<br />

gleicher Flucht angebautem Stadel versehen ist. Über dem Webkeller zwei Vollgeschosse<br />

mit Reihenfenstern und Täferung an der Fassade (4+3 Fenster im ersten,<br />

3-I-2 Fenster im zweiten Geschoß), mit Eingang an der geschindelten Rückseite und<br />

mit Bretterschirm an der Nordostflanke. - Weiter südlich davon: Bauernhaus, Nr.<br />

149. Zwei zusammengebaute Wohnhäuser in Giebelstellung und ein südwestseits in<br />

Traufstellung angefügter Stadel bilden mit vollständigen Schindeldächern und sonnengebräunten<br />

Fassadentäfern eine malerische Gruppe.<br />

Abgewandertes Kunstgut ohne bekannten Herkunftsstandort<br />

Im Schweizerischen Landesmuseum Zürich: 1. Eintüriger Schrank. Inv.-Nr. 16767<br />

(Abb. 395). Im Fries Datum und Besitzernamen «J. Barbara Eugster. 1804» aufgemalt.<br />

In den beiden Füllungen genrehafte, gemalte Gartenarchitekturen, auf dem<br />

Rahmen zierliche Rokoko- und Louis-XVI-Ornamente auf teilweise marmoriertem,<br />

dunklerem Grund. - 2. Eintüriger, bemalterHochzeitsschrank. Inv.-Nr.20410 (Abb.394).<br />

Im Fries: «1824 Hs. Jacob Signer, Anna Kathrina Schoch». In den beiden Füllungen<br />

weibliches und männliches Bildnis. Auf Ecklisenen und Sockelje eine genrehafte Landschaft.<br />

Flammige Marmorierung und Verzierung mit Louis-XVI-Motiven (Biedermeier)<br />

.<br />

28* - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


434 stein<br />

Abb. 403. Stein. Ehemalige Säge-undKornmühleim List. Neubauvon 1832. Heute nur noch Spuren<br />

des Standortes. W eiß gehöhte Bleistiftzeichnung von Johann Jakob Rietmann. Stadtbibliothek Vadiana,<br />

St. Gallen. - Text S. 405 und unten.<br />

ABGEGANGENE M ÜHLEN<br />

Vgl. Hundwil, S. 396. 1. Korn- und Papiermühle im Kübel. Sie wurde 1669-1674 als<br />

kostspieliger Bau durch Statthalter Bartholome Schieß, den »Papierer», und seinen<br />

Bruder Ulrich trotz Widerspruch der Bauern im Lande, doch unterstützt durch die<br />

anstoßenden Gemeinden Herisau, Teufen und Hundwil (mit Stein) gegründet 1 .<br />

Eine Teilansicht von N ist in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch JOH.<br />

ULRICH FITZI in einem Federaquarell, der Gesamtkomplex vonNW in der zweiten<br />

Hälfte des ig. Jahrhunderts u. a. durch Jon. JAKOB RIETMANN in einer 1865 datierten<br />

Bleistiftzeichnung (Abb. 402) und durch E. HUGENER in einer 1881 datierten Lithographie<br />

festgehalten worden 2 . Darnach stand das siebengeschossige, fabrikähnliche<br />

Holzgebäude, umgeben von fünf Nebengebäuden, in der kleinen Ebene am rechten<br />

Urnäschufer oberhalb der Kubelbrücke (S. 436). Das steile Satteldach war auf beiden<br />

Seiten durch drei Reihen zusammenhängender Schleppgaupen gestuft. Abbruch Ende<br />

19. Jahrhundert 3 . -2. Lenggermühle. Nur ihr 1789 erfolgter Abrutsch ist noch bekannt 4 .<br />

Sie muß in der Nähe des Hofes Lenggern (Koord. 743020/251 120) im nördlichen Teil<br />

der Gemeinde gestanden sein. — 3. Säge- und Kornmühle im List. Sie stand am linken<br />

Ufer der Sitter etwa 50 m oberhalb der Listbrücke (S. 437 f.). Mit dieser zusammen wird<br />

1 Gottlieb B üchler, Geschichte der Familien Scheuß, Trogen 1830, S. i8f., loyf.<br />

2 Bilddokumente B3, 3 a, 7 u nd 10-12.<br />

3 Nötzli, Stein, S. 36.<br />

4 Joh. J akobSchläpfer^ Ghronicon der Gemeinde Waldstatt, Herisau 1839, S. 179.


ABGEGANGENE MÜHLEN<br />

435<br />

Abb.404. Stein. Ehemaliges Bad Störgel. Bleistiftzeichnung von JohannJakob Rietmann,um 1849.<br />

Kantonsbibliothek Trogen. - Text S.403 und 405.<br />

sie im Brückenbüchlein von 1793, S. 48, erwähnt. Neubau nach einem Brand von<br />

1832Eine Zeichnung von JOH. JAKOB RIETMANN von 1866 (Abb. 403) zeigt ein<br />

dreigeschossiges Wohngebäude des 19. Jahrhunderts mit Einzelfenstern und gestelztem<br />

Frontgiebel an Walmdach. Das Wasserwerk war nordseits gegen den Fluß<br />

angebaut, das Sägewerk lag westlich vor der Hauptfront 3 . - 4. Mühle in Zweibrüggen.<br />

Am 12. Juli 1743 ist sie im Zusammenhang mit dem Unterhalt der daran vorbeiführenden<br />

Landstraße durch den Besitzer und Quartierhauptmann Jakob Enz<br />

erwähnt 3 . Sie standam linken Ufer der Sitter ein Stück unterhalb der beiden Brücken.<br />

1835 datierte Federzeichnung von JOH. ULRICH FITZI, 1865 datierte Bleistiftzeichnung<br />

von JOH. JAKOB RIETMANN (Abb. 401) und Lithographie von J . SEITZ und W. WEE-<br />

BER zeigen eine stattliche Gebäudegruppe, ein fünfgeschossiges Giebelhaus traditioneller<br />

einheimischer Bauweise mit westseits in Traufstellung angebautem Stadel,<br />

einen ostseitigen Erweiterungsbau des 19. Jahrhunderts mit Quergiebel, außerdem<br />

zwei scheunenartige Einzelgebäude 4 . 1903 brannte die Mühle ab und wurde nicht<br />

wieder aufgebaut 5 .<br />

1 Verzeichnis der Feuer- u nd Brandunglücke im Kt. Appenzell (KtA, Altes Archiv, Ms. 38),<br />

2.Teil, S. 67.Vgl. Räteprotokoll, 10.Dez. 1827: «Mstr Sebastian Zuberbühler hältan um Zedlen auf<br />

sein erkauftes Haus, Stadel und Stuk Boden samt Mühle und Wassersegen, im List genannt, mit fl.<br />

3000.-. .WirdAcceß erteiltfür den nächsten kleinen Rat mit Reifwirthen zu dürfen anzuhalten.»<br />

2 Bilddokument B8.<br />

3 Landsbauherrenbuch (KtA, Altes Archiv,J, 1, 3), S. 20. Vgl. Wegbüchlein, S. 10f.: 1768 «Zweibrücken<br />

Mühli».<br />

4 Bilddokumente B3b, 7 a und 10.<br />

5 NÖTZLI, Stein, S. 36.<br />

28 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


436 stein<br />

gedeckte holzbrügken<br />

A. Bestehende<br />

i. Im Kübel, a) Urnäschbrücke. An der alten Landstraße von Stein nach Herisau<br />

über die Urnäsch zwischen den Weilern Witenau und Sturzenegg. Koord. 742500/<br />

251 612. Sie wurde 1778 von HANS ULRICH GRUBENMANN erbaut und 1855 vom Land<br />

an Stein und Herisau ausgelöst, die sich in den Unterhalt teilen. Weiteres siehe<br />

S. 2i6f., 220, Abb. 203-206. - b) Sitterbrücke. An der alten Landstraße sowohl von<br />

Sturzenegg und Urnäschbrücke als auch von Witenau her in der Richtung nach<br />

St. Gallen (s.o.) über die Sitter kurz vor deren Zusammenfluß mit der Urnäsch.<br />

Koord. 742437/251700. Die Brücke ist im Brückenbüchlein des Landes nicht aufgeführt.<br />

Unterhalt vermutlich durch das Kloster St. Gallen bis 1803 bzw. den Kanton<br />

St. Gallen bis 1811. In diesem Jahr (laut einer in neuerer Zeit angebrachten Historientafel)<br />

«abgelöst», vermutlich an die ehemalige Gemeinde Straubenzell. Heute<br />

im Besitz der politischen Gemeinde der Stadt St. Gallen. Aufgrund der formalen Gestaltung<br />

der Brückeneingänge kann eine Bauzeitum 1800 angenommen werden. Höhe<br />

über der Sitter zirka 7 m, Spannweite 22,15 m. Fahrbahnbreite 3,4 m. Starke Konstruktion<br />

mit beidseits siebenseitigem Polygon aus drei Balkenbahnen, die bündig<br />

aufeinander liegen (also ein Stabpolygon mit durchgehend kompakten Balkenbündeln).Im<br />

Unterschied zur Urnäschbrücke mit zusätzlicher Verstärkung durchje ein<br />

dreiseitiges Sprengwerk, das zu beiden Seiten unter dem Polygon hin die mittleren<br />

fünf Brückenabschnitte überspannt, ferner durchje eine Diagonalstrebe in Gegenstellung<br />

(Druckbalken) jeweils im dritten Abschnitt von außen. Ebenfalls sehr<br />

kräftige Streckbalkenkonstruktion, die beidseits ausje zwei verzahnten, nebeneinander<br />

liegenden Balkenpaaren besteht. Im ersten Abschnitt bei den Brückeneingängen<br />

ist diese durch eine dritte Balkenlage verstärkt, die zugleich als Widerlager für das<br />

dreiseitige Sprengwerk dient. Wie die Brückenkonstruktion besitzt auch der Dachstuhl<br />

(ohne Firstpfette) acht Hauptgebinde, die jeweils durch scherenförmig gekreuzte<br />

Diagonalstreben mit den Spannriegeln und den Hängepfosten der Brücke<br />

versteift sind. Zwischen den Hauptgebinden je zwei Sparrenleergebinde. Ein Netz<br />

von Windrispen verspannt den Dachstuhl horizontal. Als weiterer Wetterschutz<br />

beidseits ein bis zum Walmdach reichender Leistenschirm mit je einer Rechteck-<br />

Abb.405. Stein. Haus Nr. 8. Brückenmodell, vermutlich ein Werk der Gebrüder Jakob und Hans<br />

Ulrich Grubenmann, um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gemeindekanzlei Stein. — Text S.426.


gedeckte holzbrügken 437<br />

Abb. 406. Stein und Teufen. Die Hundwiler Leiter mit Blick auf Zweibrüggen. Die größere Brücke,<br />

1787 von WerkmeisterHans Jörg Altherr, Speicher, erbaut, zwischen Stein und Teufen, die kleinere<br />

ältere zwischen Teufenund St. Gallen. AquatintaradierungvonJohann Baptist Isenringund Johannes<br />

Hausher,um 1831. - Text S.405, 410und unten.<br />

bzw. Zweipaßluke in der Brückenmitte. Die beiden Brückeneingänge sind durch<br />

Weiterführung des Walmdachs und des Wetterschirms als Vorhallen mit korbbogigen<br />

Toren gestaltet, die durch Kämpfergesimse gegliedert sind. - 2. Im List. Signiert und<br />

datiert: «Mot.Sap.Kp.III/6 W.K. 1 950.» Zu der 1 950 abgegangenen alten Brücke<br />

siehe unten Ba. - 3. In Zweibrüggen. An der alten Landstraße von Hundwil und Stein<br />

nach Teufen und St. Gallen. Koord. 743500/251585. Sie wurde 1787 von HANS J ÖRG<br />

ALTHERR von Speicher erbaut und 1859 vom Land an Stein und Teufen ausgelöst,<br />

die sich in den Unterhalt teilen (Abb. 406, 408). Weiteres siehe bei Teufen (Band II).<br />

B. Abgegangene<br />

1. Im Gmündertobel. An der alten Landstraße über die Sitter von Stein nach Teufen<br />

an der Stelle der um 1908 abgebrochenen Eisenbrücke von 1860, deren Sockel und<br />

Zugänge noch bestehen. Koord. 7 44 130/250 185. Weiteres siehe Teufen (Band I I). -<br />

2. Im List. An der alten Landstraße über die Sitter von Stein und Hundwil nach


438 stein<br />

Haslen (Appenzell Innerrhoden). Koord. 745313/247365. Sie ist in den Landrechnungen<br />

1529 erwähnt 1 . 1630 ging die Unterhaltspflicht an Appenzell Außerrhoden<br />

über 2 . Laut den im Brückenbüchlein des Landes von 1793, S. 49, wiedergegebenen<br />

Brückeninschriften war sie 1735 von Meister BERNHARD ZÜRCHER und seinen « Mitgesellen<br />

M(eister) VB. VW. und MB. IW. KW. VF. IHZ:» neu erbaut worden.<br />

Weiter gibt der Landesbauherr hinter der Sitter, Ulrich Meyer, in diesem Büchlein<br />

die Brückenlänge mit 72 Schuh, die Breite mit 7 Schuh 3 Zoll, die Höhe mit 11'/a<br />

Schuh, die Dachlänge mit 87 Schuh und die Höhe über Wasser mit 23 Schuh an.<br />

1856 Auslösung an Stein 3 . 1950 wurde sie als baufällig abgebrochen und durch eine<br />

neue Holzbrücke ersetzt (s.o.). - 3. Im Rachentobel. An der alten Landstraße über den<br />

Sonderbach von Hundwil durch die Gemeinde Stein nach Kübel und Zweibrüggen<br />

Richtung St. Gallen. Koord. 7 42300/248500. Sie wurde 1 724 von BERNHARD Z ÜR­<br />

CHER erbaut, 1852 vom Kanton an Hundwil und Stein ausgelöst und anschließend<br />

von Stein ganz übernommen. In Rücksicht auf den ehemaligen Standort bei der<br />

ehemaligen, auf Hundwiler Boden gestandenen Mühle und einer zweiten Brücke<br />

daselbst ist sie unter Hundwil, S. 399f., besprochen (Abb. 372).<br />

«BURG», E HEMALIGER A MTSTURM(?) IM SONDER,<br />

1 3 ./ 1 4 .JAHRHUNDERT (?)<br />

Ein Überrest scheint sich im Mauerwerk des Bauernhauses Nr. 238, Koord. 7 43430/<br />

247530, erhalten zu haben (Abb. 400). Der Bau fällt unter den übrigen Bauernhäusern<br />

des Appenzellerlandes auf durch eine ungewöhnlich schlanke Gestalt, außerordentlich<br />

hohe Geschosse unter einem eher schwach geneigten Giebeldach und durch<br />

eine rechtwinklige Anlage von Wohnhaus und ostseits angebautem Stadel (vgl.<br />

S. 431). Auf eine abgegangene burgähnliche Anlage weist der Hofname «Burg», der<br />

Standort des Gebäudes auf einer offenbar künstlich geformten Terrasse des Südhangs<br />

und vor allem die einst ringförmig darum herum laufenden «Wälle und Gräben».<br />

Diese existierten laut Bericht Jon. CASPAR ZELLWEGERS von 1830 «noch vor wenigen<br />

Jahren» und wurden «nach und nach abgetragen» 4 . GABRIEL RÜSCH sah deren<br />

Spuren nochum 1835 5 . Zwischen 1951 und 1953 wurde der mit Baugeröll ausgefüllte<br />

ringförmige Graben bei Erdarbeiten durch den jetzigen Hofbesitzer festgestellt. -<br />

Die verputzten, ursprünglich wahrscheinlich fensterlosen Bruchsteinmauern des<br />

Gebäudes beschreiben ein südwärts gerichtetes Rechteck von zirka 8 X13,5 m. In<br />

einer Stärke von allerdings nur 85 bis 95 cm steigen sie an der ganzen Nord- und<br />

West- und etwa 2 m breit auch an der Südflanke zirka 8 m bis fast zur Traufhöhe des<br />

Daches empor. An der Südflanke winkelt die Mauerkrone nach unten und läuft in<br />

nur 2,2 m Höhe weiter; an der Ostflanke verläuft sie dagegen in 4,6 m Höhe 6 .<br />

Vergleichbar ist diese Bausituation etwa mit der Burg Schweinsberg bei Attinghau-<br />

1 Landesarchiv Appenzell.<br />

2 Amtsblatt 1855/56, I., S. 164. - Walser, S. 599. 3 Amtsblatt 1855/56, I., S. 164^<br />

4 ZELLWEGER,G A I , S. 243f.undAnm. 143.<br />

5 G . Rüsch,Der Kanton Appenzell (1835), S. 230.<br />

6 Laut Dr. Hugo Schneider, Direktor des Schweiz. Landesmuseums in Zürich, genügte die genannte<br />

Mauerstärkeim Zeitalter vordem Aufkommen der Pulverwaffen für ein mitWallund Graben<br />

befestigtes Haus. Sogar dieStadtmauern von Zürich seienim 13./14. Jahrhundert nicht stärker gewesen.


«burg» 439<br />

Abb.407. Stein. Haus Nr.7 («Rößli», Abb.392). Klassizistischer Türsturz, i m Schlußstein 1835<br />

datiert, mit Draperien und Rosetten. - Text S.407 und 424.<br />

sen, Kt. Uri, wo ein Strickhaus mit Giebeltätschdach allerdings auf einem bedeutend<br />

höhern und stärkern Mauerstock errichtet ist 1 . Eine Vorstellung vom möglichen<br />

ursprünglichen Zustand können dagegen die Zeichnungen von zwei der ehemals vier<br />

Meiertürme von Bürglen, Kt. Uri, geben 2 . In der «Burg» im Sonder darf wohl der<br />

Sitz der Edlen von Hundwil, die im 13. und 14. Jahrhundert als Dienstmannengeschlecht<br />

(«ministri»), d.h. als Meier bzw. Ammänner des Klosters St.Gallen, nachweisbar<br />

sind 3 , vermutet werden. Für das 14. und 15. Jahrhundert kann der Sitz mit<br />

der angesehenen und begüterten Familie Weibel von Hundwil in Beziehung gebracht<br />

werden. Diese verkaufte 1353 die ererbte Schwägalp an den Abt von St. Gallen 4 .<br />

Walter der Weibel ist 1371 und 1373 als Ammann zu Hundwil und Urnäsch bezeugt 5 .<br />

1459 und 1462 siegelt alt Landammann Ulrich Weibel, «genannt amman im<br />

Sonder» 6 . - Erst in neuerer Literatur taucht für die «Burg» der Name «Hundstein»<br />

auf 7 .<br />

1 DieBurgenund Schlösser der Schweiz, 2.Lieferung: Urschweiz, Basel 1929, Abbildungen S. 26f.<br />

2 Ebenda, Abbildungen S. 18-20. - Zum Historischen siehe PAUL KLÄUI, Ausgewählte Schriften,<br />

MAGZ 4 3 (1964), S. 76-126.<br />

3 AUB 29, 2.Juni 1268: «Ulr(ico), ministro nostro de Huntwila». — UBSG, Bd. III, Anhang<br />

Nr. 58 (S. 737),u m 1290: «C(unradus) ministerde Huntwille». UBSG i29i,im Jahr 1323undAUB 82<br />

im Jahr 1346: Hermann von Hundwil. —Z u weitern Mitgliedern siehe Zellweger,GA I ,S. 243f.<br />

4 AUB 87. Darin istu.a. einUlrichWeibel als Fürsprech und Vogtmit eigenem Siegel aufgeführt. —<br />

Ammann von Hundwilwarzu dieser ZeitJohannvon Meldegg.<br />

5 AUB 107, 108.<br />

6 AUB 891, 930. Vgl. AUB 913.<br />

7 So b eiG. R usch, Der Kanton A ppenzell (1835),S. 230. - Felder, B urgenI,S. 45.


440<br />

Abb.408. Stein und Teufen. Zweibrüggen von Nordwesten. Die größere Brücke über die Sitter von<br />

WerkmeisterHansJörg Altherr, Speicher, 1787, die kleinere ältere über den Wattbach (vgl.Abb. 406).<br />

Kolorierte Radierung von Heinrich Thomann,um 1790 (Ausschnitt). Kantonsbibliothek Trogen. - Text<br />

S.405, 410 und 437.<br />

H E R K U N F TD E R A B B I L D U N G S V O R L A G E N<br />

Photographien (Abzüge im Kunstdenkmälerarchiv von Appenzell Außerrhoden). - BERNHARD<br />

ANDERES, Rapperswil: Abb. 207. - Appenzeller Zeitung, Herisau: Abb. 165!"., 16B-170. - Archiv für<br />

Historische Kunstdenkmäler der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege, Zürich: Abb. 340-<br />

342. - WERNERBACHMANN, Appenzell:Abb.285. - H . BAUER,Herisau:Abb. 160. - GÜNTHER BECH-<br />

TOLD, St. G allen: Tafel I. - JOSEF BRUNSCHWILER, T obelT G :Abb. 57, 8 1, 98. - KURT BÜCHEL,<br />

Teufen: Abb. 405. — KARL DIEM, Herisau: Abb. 215. - JOHANNES FISCH, WiesendangenZH (Negative<br />

im Kunstdenkmälerarchiv von Appenzell Außerrhoden): 286, 378. - Foto GroßAG, St. Gallen; Abb.<br />

66, 80, 126, 337, 367-369. - Historisches Museum Herisau: Abb. 12, 97, 104, 133, 206. - Kantonales<br />

Bauamt, Herisau: Abb. 305. - ANDREAS MOREL, Zurzach: Abb. 17a, 52-56, i7if. - DORA FANNY<br />

RITTMEYER, St. Gallen: Abb. 61-64, io2f., 108-111, 23if., 234, 271, 294, 320, 35if., 354. - KURT<br />

SCHLAFFER, Herisau:Abb.346. - WERNER SCHOCH, Herisau:Abb. 18, 34,45,50,60, 82f., 1 07, 1 30,<br />

163, 284. - Schweizerisches Landesmuseum, Zürich: Abb. 2, 3-10, 13-16, 25f., 28, i8of., 233, 243-245,<br />

261, 329, 343, 393-395. - Staatliches Amt für Denkmalpflege, Karlsruhe: Abb. 357. - EUGEN STEIN­<br />

MANN, Trogen (sämtliche Negativeim Kunstdenkmälerarchiv von Appenzell Außerrhoden einschließlich<br />

Reproaufnahmen alter Photographien unbekannter Herkunft, s.u.): Abb. 11, 17, 20, 22-24,<br />

27> 29-33, 40-42, 5 i j 65, 67-79, 84-96, 99-101, 106, 112-114, 116-125, 127-129, I3if., 134-154,<br />

i 56- i 59, i6if., 166, 173, 177-179, 186-192, 197-199, 208, 2i2f., 222-224, 229f., 235-242, 246-254,<br />

256-260, 262f., 268, 272-283, 288, 291, 295, 297f., 300-304, 308-310, 313, 315^, 3i8f., 322-328,<br />

33of-, 334f-. 348-35 0 > 353> 355 f -. 358-366, 37o-373> 375-377, 379. 3 8 2f., 386-392, 39 6 -4 0 4> 406-409,<br />

Tafel II. - Swissair-PhotoAG, Zürich:Abb. 21, 226, 265, 290, 312, 333, 381. - Unbekannt: Abb. 43f.,<br />

176, 266f., 269, 287, 296, 307, 336, 347. - HANS WALDBURGER, Herisau: Abb. 49, 115, 155, 2i9f.,<br />

317, 321. — Walz & CoAG, St. Gallen: Abb. 221.- WILLI WINDLER, Herisau: Abb. 227. - ULRICH<br />

ZELLWEGER, Urnäsch: Abb. 293. - Zentralbibliothek Zürich: Abb. I74f., 374. - Photo Zumbühl,<br />

St. Gallen: Abb. 218.<br />

Phologrammetrie im Abb. 164, 255 und 299: EDWIN BERCHTOLD, St. Gallen.<br />

Pläne. FRANZISKA KNOLL-HEITZ, St.Gallen: Abb.2i4. - HENNING LARSEN, Auenstein AG: Abb.35<br />

(nach Ausgrabungsplan von MAX ROHNER, Herisau), 39, 269, 384f. (diese zwei in Zusammenarbeit<br />

mit ROSMARIE NÜESGH-GAUTSCHI). - ROSMARIE NÜESCH-GAUTSCHI, Teufen: A bb. 1, 19, 105, 1 64, 1 83-<br />

185, 193-196, 200-205, 209-211, 2i6f., 225, 255, 264, 289, 299, 306 (nach Plan von 1906 umgezeichnet),<br />

311, 332, 380, 384^ (diese zwei in Zusammenarbeitmit HENNING LARSEN). - OSKAR SCHAUE, Zürich:<br />

Abb. 36-38, 46-48, 54, 58!'., 228, 292, 314, 338 (durch HENNING LARSEN ergänzt), 339, 344f. - JAKOB<br />

TRIPPEL, Amriswil: Abb. 218.<br />

Zeichnungen der Goldschmiede-, Petschaftstecher-, Steinmetz- und Leinwandhändlerzeichen sowie der Zinnmarken:<br />

Autor. Fürden Druck umgezeichnet von ARTHUR BIEDERT, Känerkinden.<br />

Klischees: Schwitter AG, Basel, Zürich, Lausanne (von dieserFirma auch die beiden Farbklischees).<br />

- Steiner & Co., Basel und St. Gallen.


VERZEICHNISSE


442<br />

T A B E L L E I : G O L D S C H M I E D E Z E I C H E N<br />

Nr. BeschauMz Meister Zeit Gegenstand Standort Seite<br />

i<br />

® w ^57 @<br />

2<br />

O<br />

AUGSBURG<br />

Jakob Warem- 1720-1735 Brotteller, Herisau, 89<br />

berger? Taufschüssel ref. Kirche 9°<br />

O U3<br />

HERISAU<br />

Johannes Schefer? 1750 2 Abendmahls­ Stein, Kirche 420<br />

kelche<br />

3 {9 E23 H. Mittelholzer 1830 Zepter des Herisau bzw. •sf-<br />

MEMMINGEN<br />

Landweibelsund am jeweiligen<br />

dasjenige des<br />

Gerichtsweibeis<br />

Wohnort des<br />

betreffenden<br />

Gerichtsweibeis<br />

4 Christoph Laminit 1640-1650 Abendmahls­ Herisau, 89<br />

Clr 0<br />

kelch<br />

ref. Kirche<br />

ST. GALLEN<br />

5 Nathanael Reutiner um 1670 Abendmahls­ Hundwil, Kirche 376<br />

® 0<br />

kelch<br />

6 Johann 1830 oder Großer Knauf Herisau 15<br />

Balthasar später am Zepter des<br />

Berdux<br />

Landweibels<br />

T A B E L L E I I : Z E I C H E ND E R P E T S C H A F T S S T E C H E R<br />

Nr. Zeichen Meister Zeit Petschaft Orte Seite<br />

i<br />

B<br />

Johann Caspar<br />

undSohnHans<br />

Jakob Brupbacher<br />

Anfang<br />

i9-jh.<br />

1804<br />

Kanzleisiegel<br />

aus Messing<br />

Gemeinde-und<br />

Kanzleisiegel<br />

Hundwil<br />

Waldstatt<br />

357<br />

268<br />

T A B E L L E I I I : M A R K E NV O N<br />

A P P E N Z E L L - A U S S E R R H O D I S C H E N Z I N N G I E S S E R N<br />

Nr. Marken Meister Zeit Gegenstand Standort Seite<br />

i<br />

2<br />

Fe]<br />

v H j<br />

m<br />

M m )<br />

Hans Eugster(?)<br />

von Herisau (vgl.<br />

Bossard I , Nr. 315,<br />

II, S. 162)<br />

W ahrscheinlich<br />

Hans Jakob Merz<br />

von Herisau<br />

1728<br />

Zweite Hälfte<br />

18.Jh.<br />

Glockenförmige<br />

Urnäsch,<br />

ref. Kirche<br />

Schönengrund,<br />

Kirche<br />

308<br />

Vier glockenförmige<br />

Abendmahlskannen<br />

Abendmahlskanne<br />

343f-


443<br />

T A B E L L E I V : S T E I N M E T Z Z E I C H E N<br />

Nr. Zeichen Vorkommen Zeit Seite<br />

i<br />

2<br />

Y Y<br />

n<br />

3 T<br />

vgl. Nr. 4<br />

_L<br />

4<br />

vgl. Nr. 3<br />

4 -<br />

5 A<br />

vgl. Nr. 6<br />

6<br />

7<br />

Jt<br />

vgl. Nrn. 5 , 7 - 9<br />

r<br />

vgl. Nr. 6<br />

Herisau, reformierte Kirche<br />

(Bei den Fenstern handelt es sich jeweilsum<br />

die Gewände der Außenseite, die ein bis<br />

sieben Zeichen aufweisen. Ohne Zeichen ist<br />

das zweite Spitzbogenfenster von O ander<br />

südlichen Langhauswand, das 1782 angebracht<br />

wurde)<br />

Östliches und nordöstliches Fensteram<br />

Ghorpolygon (je zweimal), beide Fenster der<br />

südlichen Chorwand (am westlichen zweimal),am<br />

ersten und dritten Fenster von O<br />

an der südlichen Langhauswand (am letztern<br />

zweimal). Im Innernam Gewände der<br />

Sakristeitüre undam Wanddienst zwischen<br />

Turmtüreund Chorbogen<br />

Erstes Fenster von O ander südlichen<br />

Langhauswand, Fenster der Seitenkapelle.<br />

Nrn. i und 2 ähnlich auchanChor bzw.<br />

Unterkirche der Pfarrkirche Appenzell, ähnlichan<br />

der Stiftskirche Schänis (Kdm<br />

St. GallenV, S. 396, Nr. 1). ZuNr. 1 vgl.<br />

ähnliches in:H e r i b e r t Reiners,D a s Münster<br />

zu Konstanz, Konstanz 1955, S. 580, Nr. 49,<br />

S. 584, Nr. 328, zuNr. 2 ebenda, S. 582,<br />

Nr. 170, S. 5 85, N r. 4 2 4<br />

Nordöstliches Fenster des Chorpolygons,<br />

östliches Fenster der südlichen Chorwand,<br />

drittes und viertes Fenster von O ander<br />

südlichen Langhauswand<br />

Auchander Pfarrkirche in Baar undam<br />

RathausinZug (Kdm Zug 1, S. 36, bzw.<br />

II, s. 37O<br />

Alle drei Fenster des Chorpolygons (am<br />

südöstlichen dreimal), östliches Fenster der<br />

südlichen Chorwand (zweimal)<br />

1516-1530<br />

74. 76,<br />

8 0<br />

76,83<br />

74. 76<br />

Fenster der Seitenkapelle 83<br />

Südöstliches Fenster des Chorpolygons,<br />

drittes Fenster von O ander südlichen Langhauswand,<br />

erstes und zweites von W ander<br />

nördlichen Langhauswand (zweimal bzw.<br />

dreimal), Fenster der Seitenkapelle<br />

(zweimal)<br />

Erstes Fenster von W an der nördlichen<br />

Langhauswand<br />

74<br />

74. 76,<br />

8 3<br />

7 6


444<br />

STEINMETZZEICHEN<br />

Nr. Zeichen Vorkommen Zeit Seite<br />

8<br />

9<br />

i o<br />

•x<br />

11<br />

¥<br />

12<br />

t<br />

•3<br />

Jt<br />

vgl. Nrn. 6, 9<br />

vgl. Nrn. 6, 8, 10<br />

vgl. Nrn. 9, 11<br />

vgl. Nr. 10<br />

t<br />

Südöstliches %<br />

Zweites Fenster von W ander nördlichen<br />

Langhauswand<br />

Östliches Fenster der südlichen Chorwand<br />

(zweimal), drittes Fenster von O ander<br />

südlichen Langhauswand<br />

Erstes Fenster von O an der südlichen Langhauswand,<br />

erstes von W an der nördlichen<br />

Langhauswand (auch an St. Oswald, Zug,<br />

Kdm Z ug II, S. 231)<br />

Erstes Fenster von O ander südlichen Langhauswand,<br />

zweites von W an der nördlichen<br />

Langhauswand<br />

Erstes Fenster von O ander südlichen<br />

Langhauswand<br />

74, 76<br />

Fenster des Chorpolygons 74<br />

14 Drittes Fenster von O an der südlichen<br />

Langhauswand (ähnlichesan St. Oswald und<br />

•5<br />

l<br />

16 1<br />

z<br />

17<br />

Fenster<br />

am Rathaus in Zug,KdmZugII, S. 230f.<br />

bzw. 370-372. Vgl.KdmZugI, S. 247)<br />

Drittes Fenster von O an der südlichen<br />

Langhauswand<br />

Erstes Fenster von O ander südlichen<br />

Langhauswand<br />

der Seitenkapelle 83<br />

18<br />

V<br />

Erstes Fenster von W an der nördlichen<br />

Langhauswand<br />

76<br />

76<br />

76<br />

19<br />

X<br />

Am Gewände der Turmtüre vom Chor her 80<br />

20 Inder wieder zugemauerten Kredenznische<br />

der südöstlichen Polygonwand im Chor<br />

73<br />

21-27<br />

•v


445<br />

TABELLEV;VERMUTLICHEZEICHENVONTEXTIL-<br />

KAUFLEUTEN (LEINWANDHÄNDLERN)<br />

In chronologischer Reihenfolge<br />

Nr. Zeichen Zeit Name des Inhabers Ort Haus Seite<br />

i<br />

2<br />

Z<br />

• •<br />

z<br />

i<br />

1794<br />

Letztes<br />

Viertel 18.J h.<br />

Hans Schefer?<br />

Johann Heinrich<br />

Alder<br />

Schwellbrunn<br />

Waldstatt<br />

Dorf,Nr. 54<br />

Unterwaldstatt,<br />

Nr. 333<br />

253<br />

289<br />

Anmerkung. Das Vorkommen an Häusern aus teils ganz verschiedenen Zeiten und in Verbindung<br />

mit unterschiedlichen Familien (auch im Mittel- und im Vorderland) schließt in den angeführten<br />

Fällen eine Deutung als individuelle Hauszeichen, Wappen oder gar als Signet eines Baumeisters aus,<br />

obwohl das Zeichen auch als Bestandteil einzelner appenzellischer Familienwappen bekannt ist<br />

(beispielsweise Wappen der Familie Zölper. Siehe Herisau, Schmiedgasse 28 und 62, S. 164 und 170,<br />

sowie Wappenbuch, Tf.XXXI, 9).<br />

Abb. 409. Hundwil. Moos,Nr. 101, «Rothus». Barocke Rosetten aus schwungvollen Akanthusblättern<br />

in Grisaillemalerei, letztes Viertel 17.Jahrhundert, a n der Decke einer ehemaligen Freitreppe. -<br />

Text S. 394.


446<br />

ORTS-, PERSONEN-UNDSACHVERZEICHNIS<br />

ABENDMAHL, Darstellung 80, 392!". (Abb.)<br />

ABLASSBRIEFE6 8<br />

ABTEI ST. GALLEN, siehe St. Gallen, Kloster<br />

ÄBTE, siehe St. Gallen<br />

ÄBTISCHE KLAGESCHRIFT23 f.<br />

ACKERBAU35<br />

ALBRECHT, Ignaz Albert, Radierer 18<br />

ALDER, Johannes, Zimmermeister 102, 105 f.,<br />

io8f. (Abb.), i n (Abb.), 190<br />

ALDER, JohannJakob, Maler 312<br />

ALEMANNISCHE BESIEDLUNG 2 f., 23, 292,352<br />

ALP- UND VIEHWIRTSCHAFT 294,355<br />

ALTHERR, Hans Jörg, Zimmermeister, Brückenbauer<br />

437, 440 (Abb.)<br />

ALTHERR, Michael, Zimmermeister 310<br />

ALTSTÄTTEN, Pfarrei 8<br />

AMT, äbtisches, Ammann 3, 23F.; siehe auch<br />

Meieramt<br />

ANNA, hl., Bruderschaft 32; Darstellung 32, 68,<br />

78; Patrozinium, Altar 31 f., 86f., 355; K a­<br />

pelle 32, Saf. (Abb.), 86f., 233<br />

ANTONINI, Michele, Steinhauer 364<br />

ANTONIUS, Abt und Einsiedler, hl., Patrozinium,<br />

Kirche 293, 298<br />

APPENZELL<br />

—Flecken, Land 2-4, 8, 26<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Cane, C.,<br />

Zinngießer; Cane, F., Zinngießer; Cane, G.,<br />

Zinngießer; Kegel, Michael, Schmied; Rheiner,<br />

Hans Konrad, Uhrmacher<br />

Landesgrenzen 4<br />

Pfarrei 355<br />

APPENZELL AUSSERRHODEN, siehe Banner; Bannerherr;<br />

Fahnen; Großer Rat; Hinterland;<br />

Kantonsrat; Kleiner Rat; Landammann;<br />

Landbücher; Landesbauherr; Landesbeamte;<br />

Landessiegel; Landesstatthalter; Landesteil<br />

vor der Sitter, hinter der Sitter; Landeswappen;<br />

Landhandel; Landsfähnrich; Landsgemeinde;<br />

Landshauptmann; Landteilung;<br />

Landweibel; Mittelland; Rathäuser; Regierungsrat;<br />

Rhoden; Standesscheiben; Synode;<br />

topographische Karten; Übersichtskarte;<br />

Verfassungen; Vorderland; Zeughäuser;<br />

Zweifacher Landrat<br />

APPENZELLER BAHN 52F., 272, 301<br />

ARBON, Dekanat 8, 31<br />

ARBONER FORST 3<br />

ARCHITEKTEN, BAUMEISTER, INGENIEURE, MAU­<br />

RERMEISTER, WERKMEISTER, ZIMMERMEISTER,<br />

siehe Alder, Johannes; Altherr, Hans Jörg;<br />

Altherr, Michael; Bai, Ernst; Balmer, Hans;<br />

Berther; Bohl, Debus; Bollert und Herter;<br />

Brantschen, Ernest; Breitenmoser, Enoch;<br />

Brül, Matthäus; Curjel & Moser; Dardier,<br />

R.;De Luchi,Lucca; Ehrbar, Johann Jakob;<br />

Engler, Fritz; Eugster; Eugster, Laurenz;<br />

Fäßler, Hans; Frehner, Johannes; Frehner,<br />

Konrad; Frenner, Friedrich; Frei; Frischknecht,<br />

Debus; Frischknecht, Hans; Frischknecht,<br />

Salomon; Furttenbach, Joseph;<br />

Gloor, E.; Grubenmann, Hans Ulrich; Grubenmann,<br />

Jakob; Grubenmann, Johannes;<br />

Hänny, Ernst; Hardegger, August; Hartraann,<br />

H.; Hermann,K.; Himmelberger,Johannes;<br />

Hirzel; Hofer, Hans; Hohl, Hans<br />

Ulrich; Höscher, Hans; Jeger, David; Jeger,<br />

Hans Ulrich; Irminger; Keller, Wilhelm;<br />

Knellwolf, Hans Jakob; Knellwolf, Johannes;<br />

Knellwolf, Willi; Knoll-Heitz, Franziska;<br />

Knoll, Willy; Koller, Hans Ulrich; Koller,<br />

Laurenz; Krez, Urban; Kubli, Felix Wilhelm;<br />

Langenegger, Konrad; La Nicca, Richard;<br />

Lobeck und Fichtner; Longoni, Paul;<br />

Matler, Valentin; Meier, J.; Mettler, Johann<br />

Jakob; Meyer, Wilhelm; Mittelholzer, J a­<br />

kob; Naef, Adolf; Nef; Oertie, Daniel; Oertly,<br />

Gebrüder; Pestalozzi, Johann Ludwig;<br />

Pfister, Gebrüder; Ramseyer, Alfred; Reder,<br />

Lorenz; Reichsteiner, Hans Jakob; Reifler,<br />

Johann Ulrich; Ringeisen; Ritter; Rohner,<br />

Max; Rosatto, Francesco; Ruef; Rutishauser,<br />

J.; Schäfer, Johann Jakob; Schäfer, Otto;<br />

Scharpf, Georg; Scheidli, Andreas; Schläpfer,<br />

Johannes; Schlatter, Ambros; Schmid, Ulrich;<br />

Singer, Hans; Stadler; Stark, Johannes;<br />

Stark, Laurenz; Staub; Staub, Paul;<br />

Sturzenegger, Sebastian; Tobler, Johannes;<br />

Tribelhorn, Hans; Waldburger, Robert; Walt,<br />

Ulrich; Widmer, Daniel; Widmer, Konrad;<br />

Wiedenkeller, Albert; Willi, Daniel; Wolf,<br />

Johann Kaspar; Zahner, Ulrich; Ziegler;<br />

Züblin & Co.; Zürcher, Bernhard<br />

ASCHMANN, Johann Jakob, Zeichner 332-334<br />

(Abb.), 336, 342<br />

AUFERSTEHUNG CHRISTI, Darstellung 8 0<br />

AUGE GOTTES91 f. (Abb.), 137<br />

AUGSBURG<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Eichler,<br />

Matthias Gottfried, Radierer; Waremberger,<br />

Jakob, Goldschmied<br />

BAER, J. G., Turmuhrenfabrikant 303<br />

BÄR, Wappentier, appenzellisches<br />

—Land 5, 10 (Abb.), 12-18 (Abb.), 63 (Abb.),<br />

77, 103, i i6f., 290 (Abb.), 297f.


ORTS-, PERSONEN-UNDSACHVERZEICHNIS 447<br />

BÄR, Wappentier, appenzellisches<br />

— Gemeinden 44f. (Abb.), 47f., 104, 235f.<br />

(Abb.), 267-269 (Abb.), 290 (Abb.), 296-298<br />

(Abb.)<br />

BAI, Ernst, Baumeister 364<br />

BALKON- UNDTREPPENGELÄNDER, geschmiedete,<br />

18. Jh. 125, 127 (Abb.), 130, 136, 14t;, 147<br />

(Abb.), 168, 179f. (Abb.), 417 (Abb.)<br />

BALMER, Hans, Architekt 84, 129<br />

BALMER, Lorenz, Bildhauer 122, 175<br />

BANNER 5, 13, I4F. (Abb.), i6f.; siehe auch<br />

Fahnen<br />

BANNERHANDEL4 8<br />

BANNERHERR 6<br />

BARTHE, Girard (Gerard) de la, Maler 124<br />

BASEL<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Brünner,<br />

Carl, Maler<br />

— Kupferstichkabinett40 f.<br />

— Sammlung A. Bernoulli 267<br />

BATAILLONSFAHNEN 1 7<br />

BAUMANN, Hans Jakob, Dachdecker 61<br />

BAUMANN, Ida, Malerin 114 (Abb.), 116<br />

BAUMWOLLMUSSELINWEBEREI, siehe Textilgewerbe<br />

BAUMWOLLSPINNEREI, siehe Textilgewerbe<br />

BAUR, J., Zeichner 43, 101<br />

BEINHÄUSER, siehe Herisau, Hundwil, Urnäsch<br />

BERDUX, Johann Balthasar, Goldschmied 15,<br />

442 (Abb.)<br />

BERN<br />

—Künstler und Handwerker, siehe Lory, Gabriel<br />

Ludwig, Zeichner, Radierer; Lory, Matthias<br />

Gabriel, Zeichner, Kolorist; Schieß,<br />

Ernst, Orgelexperte<br />

— Schweizerische Landesbibliothek 44, 148<br />

(Abb.)<br />

BERNECK, Pfarrei 8<br />

BERTHER, Baumeister270<br />

BERWEGER, Bartholomäus, Hauptmann 77<br />

BETONBRÜCKEN I 72,398,409 (Abb.)<br />

BEVÖLKERUNGSZAHL, siehe bei den Gemeinden<br />

BIEDERMANN, Johann Jakob, Zeichner, Kolorist<br />

4°. 75> 9 4 (Abb.), 124<br />

BILDER, Abschaffung der<br />

33<br />

BILDHAUER, STEINMETZEN, siehe Balmer, Lorenz;<br />

Dirr, Georg; Feichtmayer, Josef Anton;<br />

Koller, Laurenz; Mettler, Walter; Münch,<br />

Otto; Schaer-Krause, Ida<br />

BION, Gottlieb, Maler 44, 162, 168 (Abb.)<br />

BIRCHLER, Linus, Denkmalpfleger 38<br />

BIRMANN & HUBER, Basel,Verleger 4 0<br />

BISCHOF VON KONSTANZ, sieheKonstanz<br />

BISCHOFBERGER, Johann Konrad 118 (Abb.)<br />

BISGHOFFBERGER, Bartholome, Chronist, Kartograph<br />

18, 76<br />

BLARER, Ambrosius, Reformator34<br />

BLUTSGERICHT 3 f.<br />

BODENSEE-TOGGENBURG-BAHN52 f.<br />

BOSCH, Johannes, Zinngießer 377f. (Abb.), 381<br />

BOHL, Debus, Zimmermeister 384f. (Abb.)<br />

BOISSONNAS, Henri, Restaurator 298, 312<br />

BOLLERT UND HERTER, Architekten 1 12 (Abb.)<br />

Boss, Eduard, Glasmaler 274<br />

BRANTSCHEN, Ernest, Architekt 107<br />

BREGENZERWALD<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Moosbrugger,<br />

Andreas, Stukkateur; Moosbrugger, Gebhard,<br />

Stukkateur; Moosbrugger, Peter Anton,<br />

Stukkateur; Moosbrugger, Jakob u nd<br />

Michael, Zimmerleute<br />

BREITENMOSER, Enoch, Zimmermeister, Brükkenbauer<br />

105, 118, 159, 271, 340, 385, 397<br />

399 (Abb.), 412<br />

BRÜCKEN, siehe Betonbrücken; Eisenbrücken;<br />

Gedeckte Holzbrücken; Holzstege; Steinbrücken<br />

BRÜCKENBAUER, siehe Altherr, Hans Jörg; Breitenmoser,<br />

Enoch; Grubenmann, Hans Ulrich;<br />

Knellwolf, Hans Jakob; Krez, Urban; Oertie,<br />

Daniel; Stark, Johannes; Stark, Laurenz;<br />

Willi, Daniel; Züblin; Zürcher, Bernhard<br />

BRÜCKENMODELLE 385, 398 (Abb.), 4 18 4 36<br />

(Abb.)<br />

BRÜL, Matthäus, Zimmermeister 302 f., 306<br />

BRÜNNER, Carl, Maler 115<br />

BRUNSCHWEILER, Johann Jakob, Maler 109,<br />

ii4f., 312<br />

BRUPBACHER (Bruppacher), Hans Jakob u nd<br />

und Hans Ulrich, Petschaftstecher (Stempelschneider)<br />

i3f., 47, 268, 357 (Abb.), 442<br />

(Abb.)<br />

BRUPBAOHER, Heinrich, Radierer 40<br />

BUCHMEISTER, E. W., Breslau, Verleger 41<br />

BÜHLER, 5 7, I 2<br />

— Gemeindegründung 5<br />

— Kirchengründung 8<br />

— Kirchhörescheibe Teufenund Bühler 200<br />

BUFF, Sebastian, Maler ii5f.<br />

BURCKHARDT, Caspar, Radierer 356, 360, 364<br />

(Abb.), 380<br />

BURGER,M., G raveur 13<br />

BUSCIIOR, Kaspar, Schlosser 310<br />

CANE, C., Zinngießer 344<br />

CANE, F., Zinngießer 244f. (Abb.), 344<br />

CANE, G., Zinngießer 377<br />

CASPAR, W., Zeichner 43, 140 (Abb.)<br />

CLAVADETSCHER, Paul, Maler, Stukkateur 102<br />

CONRADUS, Vizeleutpriester 354,363<br />

CORRADI, Konrad, Zeichner 42, 151, 156 (Abb.)<br />

CORRODI, siehe Suter


448 VERZEICHNISSE<br />

CRALOH,Abt vonSt.Gallen 30,6 5<br />

CURJEL & MOSER, Architekten341<br />

DACHDECKER, siehe Baumann, Hans Jakob;<br />

Frehner, Ulrich; Gähwiler, Johannes; Grubenmann,<br />

HansJakob; Heß, Jakob; Langenauer,<br />

Hans; Stüdli, Josef; Wiß, Konrad<br />

DARDIER, R.,Ingenieur240<br />

DAVID ENTREISST DEM LÖWEN EIN LAMM, D arstellung<br />

198, 206 (Abb.)<br />

DAVIDS SALBUNG DURCH SAMUEL, Darstellung<br />

lyf. (Abb.), 117<br />

DE LUCHI, Lucca, Baumeister 336<br />

DIASPORAPFARREI, röm.-kath.34<br />

DIKENMANN, Rudolf, Zeichner, Radierer, Verleger<br />

43, 46<br />

DIRR, Georg, Bildhauer 92<br />

DOPPELREGIMENTVOR UND HINTER DER SITTER 6<br />

(Sacherklärung), 27<br />

DORFBILD, siehe Lageund Gestalt von Herisau,<br />

Hundwil, Schönengrund, Schwellbrunn, Urnäsch,<br />

Waldstatt, Stein<br />

DORFBRÄNDE, siehe Herisau, Urnäsch<br />

DORFPLÄTZE, siehe Dorfbild<br />

DÖRIG (Thörig, Thuringus), Johannes,Humanist,<br />

Pfarrer 33<br />

DRUCKER, VERLEGER, siehe Birmann & Huber;<br />

Buchmeister,E. W.; Fueßli,Henri; Herzberg;<br />

Hommans Erben; Leuthold, H.F.; Meyer,<br />

Johann Rudolf; Orell, Geßner, Füßli & Gie.;<br />

Orell Fueßli; Rio, Ludwig J.; Schläpfer;<br />

Seitz,J.; Seutter, Matthäus; Velten, Johann;<br />

Wurster, Randegger & Go.<br />

DURHEIM, G., Sohn, Lithograph 20<br />

EHRBAR, JohannJakob, Baumeister 282<br />

EICHLER, Matthias Gottfried, Radierer 19, 124<br />

EIGENKIRCHE 30,51<br />

EINTRACHT MACHT STARK, Darstellung, siehe<br />

Scylurus und seine achtzig Söhne<br />

EISENBAHNEN, siehe Appenzeller Bahn, Bodensee-Toggenburg-Bahn<br />

EISENBESCHLÄG, -LÄDEN UND -TÜREN<br />

— 17. Jh.: 211 f. (Abb.)<br />

-18. Jh.: 126f. (Abb.), 133, 135, 144, 152-154,<br />

163, i65f. (Abb.), 166, lyyf., 180, 189, 195<br />

(Abb.), 249, 254, 256, 282<br />

EISENBRÜCKEN 327F.,437<br />

ENGLER, Fritz, Architekt 282<br />

ENNENDA, Sammlung Daniel Jenny-Squeder 41,<br />

43, 405<br />

ERKER 120-124 (Abb.7)<br />

ERLÖSER, Heiliger, siehe Salvator<br />

ERNE, Nikiaus, Großuhrenmacher 303<br />

ERNST, Johann Heinrich, Glockengießer 91<br />

ERNST, Leonhard, Glockengießer 90 f.<br />

ERNST, Peter IL, Glockengießer 279!'., 345<br />

ERNST, Theodosius, Glockengießer 90 f., 309<br />

ESCHMANN, Johannes, Kartograph 20, 272<br />

ESTHER VOR AHASVER,Darstellung,i7f. ( Abb.),<br />

117<br />

EUGSTER (?), Hans oder Johannes, Zinngießer<br />

307f. (Abb.), 442 (Abb.)<br />

EUGSTER, Ingenieur362<br />

EUGSTER, Laurenz, Maurermeister 215,221,223,<br />

400<br />

EVANG.-REF. KIRCHGEMEINDE II, 2 8, 3 4, 2 34,<br />

265^, 294, 332, 402<br />

EVANG.-REF. LANDESKIRCHE I I<br />

FABRIKANTEN 12,35<br />

FABRIKANTENHÄUSER, Vorkommen 12<br />

FAHNEN, siehe Bataillonsfahnen, Kompagniefahnen,<br />

Quartierfahnen, Reiterstandarten,<br />

Rhodsfahnen, Schützenfahne<br />

FAMILIENWAPPEN<br />

—Alder, Tafel I, 256<br />

— Altherr 207 (Abb.), 382f. (Abb.)<br />

— Anselm II. von Salem 91 f. (Abb.)<br />

— Bondt 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

— Bruderer 207 (Abb.), 382f. (Abb.)<br />

— Bruggmeister 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

-Buff 207 (Abb.)<br />

— Diem, Tafel I<br />

— Eisenhut 382!'. (Abb.)<br />

— Elmer 203f., 206, 213 (? Abb.)<br />

— Engler 206 (Abb.)<br />

— Fisch i88f., 194 (Abb.)<br />

— Fitzi 382 (Abb.)<br />

—Frehner 382 (Abb.)<br />

— Frischknecht, Tafel I<br />

— Fuster 382 (Abb.)<br />

—Gaißer 382 (Abb.), 389 (Abb.)<br />

— Gaißhalter 206 (Abb.)<br />

—Gruber 382f. (Abb.)<br />

—Hentzenberger, Tafel I<br />

-Heß 207 (Abb.)<br />

— Himmelberger, Tafel 1<br />

— Holderegger 206 (Abb.), 382 f. (Abb.)<br />

— Hörler 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

—Hug 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

—Hugener 206 (Abb.)<br />

—Jakob 207 (Abb.)<br />

-Kern 382f. (Abb!)<br />

-Keßler, Tafel I<br />

— Klarer 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

— Knechtli 382 f. (Abb.)<br />

— Knöpfel 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

-Koller 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

—K üng 382 (Abb.), 389 (Abb.)<br />

— Kürsteiner 207 (Abb.)<br />

— Kunkler 128, 130 (Abb.)


ORTS-, PERSONEN-UNDSACHVERZEICHNIS 449<br />

FAMILIENWAPPEN<br />

—Kunz I35f. (Abb.)<br />

— Merz, Tafel I<br />

— Mesmer 382 (Abb.)<br />

— Meyer, Tafel I<br />

— Mötteli, siehe Rappenstein<br />

— Müller 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

—Nänni, Tafel I<br />

— Oberteufer 206 (Abb.)<br />

— Preisig (Brisig) 382 (Abb.)<br />

— Rappenstein, von 389 (Abb.)<br />

—Rechsteiner 382f. (Abb.)<br />

—Reifler (Ränftler) 382 (Abb.)<br />

—Roder 382 (Abb.)<br />

— Rohner 382 (Abb.)<br />

—Rorschach, Ritter von 223 f.<br />

—Rosenberg, Ritter von 223f.<br />

— Schefer 206 (Abb.)<br />

— Schieß (Scheuß, Schüß), Tafel I, 199, 384<br />

— Schläpfer 207 (Abb.)<br />

— Schmid 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

— Schoch, Tafel I<br />

— Signer 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

— Strickler, Tafel I<br />

— Sturzenegger 207 (Abb.)<br />

—Tanner, Tafel I, 3B2 (Abb.), 384<br />

—Teufenauer, Tafel I<br />

—Thäler 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

—Walser 207 (Abb.), 382f. (Abb.)<br />

—Wetter 115 (Abb.), 128, 130 (Abb.), i35f.<br />

(Abb.)<br />

— Witmer 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

—Wyß 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

— Zähner 382 (Abb.)<br />

— Zellweger 115 (Abb.), 207 (Abb.)<br />

— Ziedler, Tafel I<br />

—Zölper 164, i67f. (Abb.), 173 (Abb.)<br />

— Zuberbühler, Tafel I, 206, 212 (Abb.)<br />

FÄSSLER, Adalbert, Maler 313<br />

FÄSSLER, Hans, Baumeister 395<br />

FAUSTER, Daniel, Glasermeister 302<br />

FEHRENBACH, A. W., Lithograph 46, 267, 283!'.<br />

(Abb.), 403, 405<br />

FEIGHTMAYER, Josef Anton, Bildhauer 92 f.<br />

FENSTERGITTER, siehe auch Oberlichtgitter<br />

— 18. Jh.: 154, 158, 163-167 (Abb.), 1691'.<br />

(Abb.), 179f., 184 (Abb.), 188, 192 (Abb.),<br />

196 (Abb.), 256, 264 (Abb.), 279 (Abb.), 321<br />

— 19. Jh.: 182 (Abb.), 250-252 (Abb.)<br />

FIETZ, Walter, Denkmalpfleger 364<br />

FISGH, Christoph, Kaufmann von Herisau 35<br />

FISGH, Johannes, Landeshauptmann bzw.<br />

Landsfähnrich, Chronist 37<br />

FITZI, Johann Georg, Zeichner 42<br />

FITZI, Johann Jakob 107<br />

FITZI, Johann Ulrich, Zeichner, Maler 19 f.,<br />

4 I -43; 47) 48, '08 (Abb.), 121, 198, 235,<br />

238f. (Abb.), 242f., 251, 257, 266f. (Abb.),<br />

270. 275, 284, 287, 293 (Abb.), 296, 298,<br />

309, 312, 327, 334. 336 (Abb.), 342, 353<br />

(Abb.), 356, 36of. (Abb.), 364 f. (Abb.), 378,<br />

380-382,384^, 387-389 (Abb.), 404^ (Abb.),<br />

407, 435<br />

FORRER, Joseph, Pfarrer von Herisau 33<br />

FREHNER, Johannes, Maurermeister (?), Steinmetz<br />

(?) 277<br />

FREHNER, Konrad, Zimmermeister 311<br />

FREHNER, Ulrich, Dachdecker 302, 310<br />

FREI, Ingenieur 270<br />

FREIE DES OBERN THUROAUS, siehe Oberer<br />

Thurgau<br />

FREIHEITSKRIEO (1401-1429) 3f., 26, 352<br />

FREIVOGTEI, siehe Schwänberg, Oberer Thurgau<br />

FREIVOGTEI DES OBERN TIIURGAUS,siehe Oberer<br />

Thurgau<br />

FRENNER (Frehner), Friedrich, Zimmermeister<br />

391<br />

FRIEDEN, Allegorie, siehe Krieg<br />

FRIES, FL, Goldschmied 278<br />

FRISCHKNEOHT, Debus (Matthäus), Baumeister<br />

182, 188 (Abb.)<br />

FRISCHKNECHT, Hans Ulrich, Meister 272<br />

FRISCHKNECHT, Hans, Zimmermeister 241<br />

FRISGHKNECHT, Johannes und Elias, Zimmerleute<br />

329<br />

FRISCHKNECHT, Salomen, Baumeister (?) 258<br />

FRISCHKNEGHT, Ulrich, Zimmermann 60<br />

FUESSLI, Henri, Zürich, Verleger (siehe auch<br />

Orell) 41<br />

FÜSSLI, Hans, Glockengießer 309<br />

FÜSSLI, Peter VI., Glockengießer 90, 309<br />

FÜSSLI, Peter VIII., Glockengießer 2451.<br />

FURTTENBACH, Joseph, d. J., Architekturtheoretiker<br />

243<br />

GÄHWILER, Johannes, Dachdecker 223<br />

GAIS<br />

—Gemeinde 3f., 7, I2f.<br />

— Kirchengründung 8<br />

—Künstler und Handwerker, siehe Langenegger,<br />

Konrad, Baumeister; Willi, Daniel,<br />

Maurermeister<br />

— Molkenkurort 12 f.<br />

— Ratsscheibe 382f. (Abb.)<br />

— Rhode, halbe 5, 27<br />

— Sonderamt 3<br />

GASTHÄUSER, siehe Schildwirtschaften<br />

GEDECKTE HOLZBRÜGKEN 2, 215-223 (Abb.),<br />

271 f., 300f., 324-330 (Abb.), 397-400 (Abb.),<br />

436-438 (Abb.), 440 (Abb.)<br />

GEISSER, Zeichner 42


45° VERZEICHNISSE<br />

Geländer, siehe Balkon- u nd Treppengeländer,<br />

geschmiedete; Treppengeländer, hölzerne<br />

Gemeinde, siehe Evang.-ref. Kirchgemeinde,<br />

Kirchhöre, Politische Einwohnergemeinde,<br />

Rhode<br />

Gemeindehauptmann, regierender, stillstehender<br />

5-7<br />

Gemeindesiegel, siehe Herisau, Hundwil,<br />

Schönengrund, Schwellbrunn, Stein, Urnäsch,<br />

Waldstatt<br />

Gemeindewappen 104; siehe Herisau, Hundwil,<br />

Schönengrund, Schwellbrunn, Stein,Trogen,<br />

Urnäsch, Waldstatt<br />

Gerechtigkeit, Allegorie, TafelI, 383 f.<br />

G e r i c h t<br />

—Blutsgericht 3 f.<br />

—Hochgericht 3 f., 24<br />

—Niedergericht24<br />

— Obergericht 7<br />

Germann, Kaspar, Zimmermann 57, 63<br />

(Abb.), 66, 69, 101<br />

Gesetzgebunga u f Sinai,Darstellung<br />

8 0<br />

Girtanner,Jakob, Maler40<br />

Glasmaler, siehe Boß, Eduard; Lieberherr;<br />

Murer, Christoph; Murer, Josias; Nüscheler,<br />

Hans Jakob<br />

Glattbach 2, 50, 51-54, 156 (Abb.), 213, 215,<br />

223<br />

Glinz, Zinngießerfamilie 245; Jakob 341<br />

(Abb.), 343<br />

Glocken, Glockennachrichten<br />

-'5-Jh- 293, 302, 3o8f., 378<br />

-16. Jh.: 90, 308f., 378<br />

-17- J h -,90 f ', 245f., 302, 309<br />

—18.Jh.: 91-93 (Abb.), 279^, 345, 421<br />

-19. Jh.: 92f., 193f., 280, 309, 341, 345f. (Abb.)<br />

—20. Jh.: 246<br />

Glockengiesser, siehe Ernst, Johann Heinrich;<br />

Ernst, Leonhard; Ernst, Peter IL; Ernst,<br />

Theodosius; Füßli, H ans; Füßli, Peter VI.;<br />

Füßli,PeterVIIL; Grieshaber,Franz Anton;<br />

Keller, Jakob; Lamprecht, Hans; Rüetschi,<br />

H.; Schalch,Hans Rudolf; Sturzenegger,Ulrich<br />

Gloor, E ., Baumeister 3 41<br />

Gmünder, Zinngießerfamilie 245, 3 43<br />

Gmündertobelbrücke 4 09^ (Abb.), 4 37<br />

G o l d a c h<br />

—Fluß 2<br />

—Pfarrei 8<br />

Goldschmiede (Gürtler), sieheBerdux,Johann<br />

Balthasar; Fries, H .; Jezler; Laminit, Christoph;<br />

Mittelholzer, H.; Monogrammist<br />

H.E.;MonogrammistLS. (S. 1.?); Reutiner,<br />

Nathanael; Rietmann, Wolfgang Karl; Signer,<br />

Johannes; Schefer, Johannes; Schmid,<br />

W.R.; Schmied; Walcher, Isaak; W aremberger,Jakob<br />

Göll, & Co.AG, Orgelbaufirma 277<br />

Gossau 5 1<br />

—M ark 23, 28 f.<br />

-Pfarrei355<br />

Gotteshausleute, siehe St. Gallen<br />

Graf, Ludwig, Zeichner 42<br />

Greulich, Margarete,Malerin 114 (Abb.), 116<br />

Griesiiaber, Franz Anton,<br />

Glockengießer<br />

91-93 (Abb.)<br />

Grob,HansGeorg, Hafner 281 (Abb.), 286<br />

G r o s s e r R a t 6 , 2 7<br />

G r u b<br />

—Gemeinde 7-9<br />

—Hauptmannschaft,Kirchhöre 5<br />

—Kirchengründung 8<br />

—Kirchenneubau 9<br />

Grubenmann, HansJakob, Dachdecker, Schreiner<br />

60<br />

Grubenmann, Hans (Johann) Ulrich, Baumeister<br />

209, 215-221 (Abb.), 241 f. (Abb.), 362-<br />

365 (Abb.), 371 f., 397f-,404,4i I _ 4 I 3 (Abb.),<br />

416-418, 426, 436<br />

Grubenmann, (Johann) Jakob, Baumeister 128,<br />

I34f. (Abb.), 363f., 371 f., 404, 411-413<br />

(Abb.), 416-419, 426, 436<br />

Grubenmann, Johannes, Baumeister 55, 60<br />

Grübel, Gallus, Kupferschmied 303<br />

Grübel,Hans Jakob, Petschaftstecher 13<br />

Gsell (Gesell),J. L., Lithograph 19<br />

Guerin, Christoph, Radierer 19<br />

Gümligen BE, Sammlung Ernst Rutz 42, 235,<br />

267, 296, 334, 336 (Abb.), 356, 361 (Abb.),<br />

404f.<br />

Guter Hirt, Darstellung 392f. (Abb.)<br />

Guttenberg, Karl Gottlieb, Radierer 124<br />

Haaga,Karl, jun., Restaurator 80, 83<br />

Hächelstump, Hans, Pfarrerin Urnäsch 293<br />

Hädener, Johannes, Zeichner 40, 43,85, 96,98<br />

(Abb.), 101, 120 (Abb.), 122, 124, 129, 132,<br />

'35 f -<br />

Hafner, siehe Grob, Hans Georg; Kesselbur,<br />

Hans Kaspar; Meyer-Werkstatt;Monogrammist<br />

M.BA.; Neuwiler, Konrad; Sommerauer<br />

Hans Jakob und Hans Rudolf; Zehnder,<br />

Hans Jakob<br />

Hänny, Ernst, Architekt 107<br />

H a n d w e r k3 6<br />

Hardegger, August, Architekt 364f. (Abb.),<br />

367,375 f-<br />

Hartmann, Georg Leonhard, Zeichner47<br />

Hartmann, H ., Ingenieur 240, 270<br />

Hartmut, A bt v on St. Gallen 3 0


ORTS-,PERSONEN-UNDSACHVERZEICHNIS 45 1<br />

HASZ, M .von, Malerin, siehe Greulich, M argarete<br />

HAUPTMANN, Hauptmannschaft, siehe Gemeindehauptmann<br />

HAUSHER, Johannes, Radierer41, 45, 356, 405,<br />

4 I0 > 437 (Abb.)<br />

HAUSORGELN 251-253 (Abb.)<br />

HAUSSPRÜCHE 390<br />

HEER, J., Lithograph 39<br />

HEGI, Franz, Radierer 41<br />

HEIDEN<br />

—Gemeinde 5, 7<br />

—Kirchengründung 8<br />

—Kurort 12 f.<br />

HEIDENHÄUSER, siehe Tätschdachhäuser<br />

HEILIGGEISTTAUBE, Darstellung, 289, 386<br />

HEIM, Lithograph 45<br />

HEINRICHSBAD, siehe Herisau<br />

HEINRICH WALTER VON RAMSWAG 25f.<br />

HEINZMANN, Carl, Zeichner 41<br />

HELVETIK 7, 13, 17, 27,4 5 (Abb.), 47F.<br />

HERISAU 2-9, 12, 18, 21-232 (Abb.)<br />

—Ädelswil, Bauernhaus 197<br />

—Alpsteinstraße 194, 204 (Abb.)<br />

—Altäre 29, 31 f., 85f.; siehe auch Patrozinien<br />

—Ammann 51<br />

—Amt 23-26<br />

—Armenhaus (Bürgerheim) 39,43, 53, 109-111<br />

(Abb.)<br />

- A u 54, 156 (Abb.)<br />

—Außerdorfer Schar, siehe Rohrer Schar<br />

—Bachstraße 24f. (Abb.), 51 f., 121 f., 139-141<br />

(Abb.), 142-148 (Abb.), 172<br />

obere 121, 141 (Abb.), 144<br />

untere 121, 144<br />

—Bahnhof, Bahnhofstraße 24f. (Abb.), 52f.,<br />

i4of., 143 f.<br />

—Baldenwil<br />

Freiezu24<br />

Gerichtzu 26<br />

—Baumgarten, siehe Haus zum, 35, 139<br />

—Beinhaus28 (Abb.), 32, 54, 94f. (Abb.), 117;<br />

siehe auch Zeughäuser<br />

—Bevölkerungszahl 36 f.<br />

—Bild (Kapelle) zuWilen 32<br />

—Bleiche 53, 176, i82f., 188 (Abb.)<br />

Meyersche 195f., 202f. (Abb.)<br />

—Brühl 53, 121, 176<br />

—Brühlbach 51, 54, 142<br />

—Brühlhof 181 f.<br />

—Brunnen 120-123 (Abb.)<br />

—Buchen, Buchenstraße 24f. (Abb.), 51, 142-<br />

144, 146-149 (Abb.), 172<br />

—Bürgerheim, siehe Armenhaus<br />

HERISAU, Burgruinen, siehe Rosenberg, Rosenburg,<br />

Urstein<br />

— Cilanderstraße 195f., 202f. (Abb.)<br />

— Dorf53<br />

—Dorfbrand von 1559 51, 64, 69, 85, 90<br />

—Dorfbrand von 1606 51, 64, 69, 85, 90 97f.,<br />

—Dorfbrand von 1812 52, 141 (Abb.), I43f.<br />

— Dorfplan von 1628 38 (Abb.), 51 f., 142, 144-<br />

146, i48f., 152, 154-156, i58f., 172-174;<br />

siehe auch Topographische Karten<br />

— Dorfplan von 181839 (Abb.), 145f., 158, 160,<br />

162, 176; siehe auch Topographische Karten<br />

-Ebnet 51, 53, 96f., 107, 110, 139-141<br />

— Eigenkirche 30, 51<br />

— Einteilung der Gemeinde53 f.<br />

— Emdwiese, Emdwiesstraße (Poststraße) 24f.<br />

(Abb.), 52, 105, 107, 118, 122, 159-161<br />

(Abb.), 185-193 (Abb.)<br />

— Engelen, Bauernhaus 197f.<br />

— Exerzierhaus 117, 119<br />

— Fabrik, Neue 54, 195<br />

Obere 54<br />

Untere 54, 156 (Abb.)<br />

—Fahnen46 (Abb.), 48-50 (Abb.)<br />

— Feuerschau 52<br />

— Flecken 50f., 53f.<br />

-Friedhof 43, 52, 54, 93-97 (Abb.), 141<br />

— Friedhofkapeile 9 7 (Abb.)<br />

—Frühmesser, Frühmeßpfründe 31, 86<br />

— Gassen, siehe Neugasse, Schmiedgasse; siehe<br />

auch Neuweg, Steig, Straßen<br />

— Gasthäuser<br />

zur Krone44<br />

zumLöwen 44, 159-161 (Abb.)<br />

— Gemeinde 3, 53 f.<br />

—Gemeindearchiv 37, 47f., 62, 103<br />

—Gemeindehaus 102-104 (Abb.), 189f., 203<br />

(Abb.)<br />

— Glattmüli 2i3f., 217 (Abb.)<br />

— Glocken 90-93 (Abb.)<br />

— Goßauerstraße (ehemalige Gries- bzw. Spittelstraße)<br />

24f. (Abb.), 149-158 (Abb.)<br />

—Grenzen 26, 53 f.<br />

— Gries, Griesstraße (Goßauerstraße)<br />

24f. (Abb.), 52, 110, 121, 149-156 (Abb.)<br />

—Hauptort, neuer 7, 27f.; sieheauch Tagungsort<br />

—Haus z um Baumgarten 35, 139, 187-189,<br />

192-^7 (Abb.)<br />

zur Blume 53,95 (Abb.), 112 (Abb.), 141, 175<br />

zur Rose 118, i2of. (Abb.), 127-132 (Abb.)<br />

zum Tannenbaum 53, 94f. (Abb.), 103, 112<br />

(Abb.), 141, 175-178 (Abb.)<br />

Walsersches Doppelhaus 20 (Abb.), 120-128<br />

(Abb.)<br />

Wetter 120f. (Abb.), 123


452 VERZEICHNISSE<br />

Herisau, Häuserverzeichnisse 3 7<br />

—Häuserzahl 37, 51 f.<br />

—Heinrichsbad 12, 36, 45f., 191-194, 199-201<br />

(Abb.)<br />

—Heinrichsbadstraße (Kasernenstraße) 24 f.<br />

(Abb.), 52 f -j 141 f-, 19°<br />

—Heinrich von Herisau 30 f.<br />

—Herin, Heriwini,Au des 51<br />

— Historisches Museum 13f. (Abb.), 16-19<br />

(Abb.), 24, 37-45 (Abb.), 47-50 (Abb.), 70<br />

(Abb.), 95 (Abb.), 98 (Abb.), 100 (Abb.),<br />

102, 108-111 (Abb.), ngf. (Abb.), 134<br />

(Abb.), i4of. (Abb.), 152, 157 (Abb.), 160<br />

(Abb.), 168 (Abb.), 189 (Abb.), 199 (Abb.),<br />

202 (Abb.), 232 (Abb.), 234!"., 247 (Abb.),<br />

405, TafelII<br />

-Hof 26, 51<br />

—Hofegg54, 157 (Abb.), 162, 168, i75f. (Abb.)<br />

— Kantonales Bank- und Verwaltungsgebäude<br />

Tafel I, 16 (Abb.), 18, 24f. (Abb.), 53, 104,<br />

112-117 (Abb.), 141, 175, 198, 2o6f. (Abb.)<br />

— Kantonsarchiv I4f., 37, 55, 113, 234f., 267-<br />

269, 295, 297, 333, 335, 404, 406<br />

— Kapellen, siehe Anna, Bild zuWilen<br />

—Kaplanei 31 f.<br />

-Kaserne 43, 53, 191<br />

—Kasernenstraße (Heinrichsbadstraße) 24f.<br />

(Abb.), 52f., ii9f. (Abb.), 140, 142, i48f.,<br />

172, igof.<br />

— Kasino43 f., 189 f. (Abb.)<br />

— Kaufhäuser 138<br />

—Keller (cellerarius) 51<br />

— Kelnhof 51<br />

— Kirche, reformierte 22 (Abb.), 24f. (Abb.),<br />

29 f -> 39) 43. S 1 » 54-95 (Abb.), i2of. (Abb.),<br />

123, i4of. (Abb.)<br />

Hocheinstieg 63-65<br />

Kirchturm 54-66 (Abb.), 7of. (Abb.), i4of.<br />

(Abb.)<br />

Läuterfenster 59 (Abb.), 64f.<br />

Maßwerkfenster 55 (Abb.), 73-75 (Abb.)<br />

Sakristei 55,58 (Abb.), 6g, 79f.,82-85 (Abb.)<br />

Schlußsteine 32, 68, 78, 84f.<br />

Seitenkapelle (Taufkapelle) yof. (Abb.), 82f.<br />

(Abb.), 86f.<br />

Stukkaturen 7of., 74f. (Abb.), 78f. (Abb.),<br />

81-83<br />

— Kirche, römisch-katholische 34<br />

— Kirchgemeindearchiv 37<br />

—Kirchhöre 3, 27, 31<br />

—Kirchplatz, siehe Platz<br />

—Kirchweihen 32<br />

— Krankenhaus44<br />

— Kreuz, Kreuzbüel 51, 142 f.<br />

—Kübel, Kubelbrücke, siehe allgemeines Register<br />

Herisau, Künstlerund Handwerker, siehe Alder,<br />

Johannes, Zimmermeister; Baumann, Ida,<br />

Malerin; Breitenmoser, Enoch, Zimmermeister,<br />

Brückenbauer; Glavadetscher, Paul,Maler,<br />

Stukkateur; Eugster (?), Hans, Zinngießer;<br />

Gloor, E., Baumeister; Grob, Hans Georg,<br />

Hafner; Grubenmann, Hans Jakob, Dachdecker;<br />

Hohl,Hans Ulrich, Architekt; Knellwolf,<br />

Hans Jakob, Zimmermeister; Knellwolf,<br />

Johannes, Zimmermeister, Brückenbauer;<br />

Knellwolf, Willi, Architekt; Koller,<br />

Kupferschmied; Lobeckund Fichtner, Architekten;<br />

Longoni, Paul, Baumeister; Matler,<br />

Valentin, Zimmermeister; Merz, Hans Jakob,<br />

Zinngießer; Merz, Hans Ludwig, Maler;<br />

Merz, Johann Ludwig, Kartograph; Merz,<br />

Ludwig, Kartograph; Mettler,Johann Jakob,<br />

Zimmermeister; Mettler, Walter, Bildhauer;<br />

Mock, Johann Jakob, Zeichner; MonogrammistH.<br />

E.; MonogrammistL S (S.I?);<br />

Oertie, Daniel, Baumeister; Ramseyer,<br />

Alfred, Gemeindebaumeister; Rechsteiner,<br />

Carl, Zeichner; Rietmann, Wolfgang Karl,<br />

Goldschmied; Rohner, Max, Architekt;<br />

Schäfer,Johann Jakob, Baumeister; Schäfer,<br />

Otto, Architekt; Schefer (?), Johannes (?),<br />

Goldschmied; Scheuß, Hans Ulrich, Zinngießer;<br />

Schieß, Johannes, Zeichner, Radierer;<br />

Schläpfer, Lithograph; Schoch, Johann<br />

Ulrich, Modelstecher; Steiger-Zölper, Martin,<br />

Zeichner; Sturzenegger, Sebastian, Baumeister;<br />

Sturzenegger, Ulrich, Glockengießer;<br />

Tanner, Johann Jakob, Zeichner; Tanner,<br />

Paul, Maler; Thäler, Johann Bartholome,<br />

Maler; Waldburger, Johannes, Architekt;<br />

Walser, Karl, Maler; Walt, Ulrich, Architekt;Weiß,<br />

Johannes, Maler, Zeichner;Werner,J.,<br />

Zeichner, Lithograph; Wiget, Albert,<br />

Zeichner; Zuberbühler, Adrian, Schlosser<br />

— Lageund Gestalt 28f. (Abb.), 40-43 (Abb.),<br />

50-54<br />

— Landstraßen, siehe Straßen<br />

—Leutpriester 30<br />

—Licht im Beinhaus, siehe Beinhaus<br />

—Mark 23<br />

— Markt, Marktplätze 138-141<br />

—Marktflecken 27; siehe auch Flecken<br />

— Mauchler 52, 142 f., igo<br />

— Meier, Meieramt 23, 51<br />

— Meierhof 51<br />

— Metzgerbänke 95 f., 120 (Abb.)<br />

— Mittelmeßpfründe32<br />

— Mösli, Bauernhäuser 198<br />

— Moos, Bauernhaus ig8<br />

—Moosberg 35f., 142, 171, 176<br />

—Mühle, Müli, 52, 54, 156 (Abb.)


ORTS-, PERSONEN-UNDSACHVERZEICHNIS 453<br />

Herisau, Mühlen 54, 213, 215, 217 (Abb.)<br />

—Neugasse (Abb.), jif., 142-149 (Abb.);<br />

siehe auch Bachstraße<br />

—Neuweg 24f. (Abb.), 119, 142<br />

—Nieschberg 54<br />

—Nieschberger Schar 48-50, 54<br />

—Nieschbergstraße i94f.<br />

—Nordhalden 51-53, 97, 142!".<br />

-Nünegg 5 4<br />

Freie zu 24<br />

— Oberdorf, Oberdorfstraße 24f. (Abb.), 44,<br />

52f., 121 f., 139, 141-143, 148 f., 171-186<br />

(Abb.)<br />

—Obstmarkt 24!". (Abb.), 43, 52f., 93, 95f.<br />

(Abb.), 112 (Abb.), 117, 138-140 (Abb.)<br />

— Ortsbild, siehe Lageund Gestalt<br />

— Ortsname 51<br />

— Patrozinien, ehemalige, siehe Anna, Johannes<br />

und Paulus, Salvator (Erlöser), Verena<br />

neue, Petrus und Paulus, Apostel, hl. 34<br />

— Patroziniumswechsel 85<br />

—Pfarrei, Pfarrkirche, mittelalterliche 29, 31,<br />

292 f.<br />

—Pfarrer 3of., 34; siehe auch Blarer, Ambrosius;<br />

Dörig, Johannes; Forrer, Joseph; Heinrich<br />

von Herisau; Klarer, Walter; Kündigmann,<br />

Johannes<br />

—Pfarrhaus, ehemaliges, 24f. (Abb.), 33, 43,<br />

5 1 ,97- 101 (Abb.), 123, i72f., 177<br />

—Pfarrhaus Friedeck 44, 99^, 189f. (Abb.)<br />

—Pfründen, siehe Mittelmeßpfründe, Sebastianspfründe<br />

-Platz 24f. (Abb.), 43, 51 f., 54, 95f., i2of.<br />

(Abb.), i4of., 142<br />

—Postgebäude 104<br />

— Poststraße 24f. (Abb.), 44, 52, 118 (Abb.),<br />

'22, 141. 159- 161 (Abb.), 185-197 (Abb.)<br />

— Pulverturm 42 (Abb.), 121<br />

—Ramsen, Gericht zu 26<br />

—Ramsenburg, siehe Rosenburg<br />

—Rathaus (Raatssaal, Ratsstuben) 10 (Abb.),<br />

24f. (Abb.), 43, 4 6 (Abb.), 48, 51, 98-103<br />

(Abb.), 123, 172-174, 177<br />

—Ratsscheibe, Tafel I, 117, 19g, 383^<br />

—Regierungsgebäude, siehe Kantonales Bankund<br />

Verwaltungsgebäude<br />

—Reichsvogtei, Vogtei 3, 24, 265<br />

—Reiterstandarten, siehe Fahnen<br />

-Rhode 5, 27, 33<br />

—Rohrer Schar 49, 53 f.<br />

—Rosenberg, Burg, Ritter,Ruine von 24,26,40,<br />

46, 5of., 223f. (Abb.), 226f. (Abb.), 229-232<br />

(Abb.)<br />

—Rosenburg, Burg, Ritter, Ruinevon 23 f., 26,<br />

40, 46f., 50, 212, 223f. (Abb.), 227f. (Abb.),<br />

230-232 (Abb.)<br />

Herisau, Sägebach 54<br />

—Sangen 117, 198-200<br />

— Sanitätsgebäude 71 (Abb.), 111<br />

— Saumwege, siehe auch Straßen 52<br />

—Schmiedgasse 24f. (Abb.), 44, 51 f., 121, 159-<br />

171 (Abb.)<br />

äußere 51, i2if., 157 (Abb.), 159, i6if.,<br />

164-176 (Abb.)<br />

innere 139, 159, 161 (Abb.)<br />

obere, siehe innere<br />

untere 159, 164 (Abb.), i66f. (Abb.)<br />

—Schulhäuser 104-108 (Abb.), 191, 194<br />

Schulhaus Emdwiese 44, 105 (Abb.), i8gf.<br />

(Abb.)<br />

Realschulhaus, ehemaliges 44, io7f. (Abb.),<br />

189f. (Abb.)<br />

—Schützenhäuser 44, 109-111, i2of., 155<br />

— Schwänberg 3, 23 f., 26, 46, 50<br />

Freie von 3, 24, 26<br />

Freivogtei 3<br />

Weiler 200-213 (Abb.)<br />

— Schwänbergbrücke 200, 220-223 (Abb.)<br />

— Schwänberger Schar 49f., 54<br />

— Schwellbrunnerstraße I96f., 205 (Abb.), 213<br />

— Seilerbahn ii7f.<br />

— Siegelund Wappen, Tafel I, 44f. (Abb.), 47f..<br />

104, 383 f.<br />

— Sonnenhof 44, 52, 118, 146, 148-151 (Abb.)<br />

— Spittel 24f. (Abb.), 121, 153 (Abb.), 158<br />

—Spittelstraße, 24f. (Abb.), 52, 152 (Abb.),<br />

1 56-158; siehe auch Goßauerstraße<br />

—Steig, Alte 24f. (Abb.), 44, 51 f., 157 (Abb.),<br />

159, 162, 168 (Abb.), 171, 177 (Abb.)<br />

Neue 15g, 162<br />

— Steinegg 52, 172<br />

— Steinegg, Schlößchen 44f., 183-187 (Abb.)<br />

— Straßen, siehe Alpstein-, Bach-, Bahnhof-,<br />

Buchen-, Gylander-, Emdwies-, Goßauer-,<br />

Gries-, Heinrichsbad-, Kasernen-, Kreuz-,<br />

Nieschberg-, Oberdorf-, Post-, Schwellbrunner-,<br />

Spittelstraße; siehe auch Gassen, Neuweg,<br />

Steig<br />

-Sturzenegg 34, 52, 54, 171<br />

Wirtschaftzum Bären 209-211, 216 (Abb.)<br />

—Tagungsort des Großen Rates 5, 27<br />

des Kantonsrates 7, 27f., 117<br />

der Landsgemeinde 6, 27<br />

des Zweifachen Landrates 5, 27<br />

—Topographische Karten 38f. (Abb.); siehe<br />

auch Dorfplan<br />

—Tüfenau 54, 211-213, 265<br />

—Übersichtsplan 25 (Abb.)<br />

—Unsere Liebe Frau, Schlußstein 68, 78<br />

—Untere Fabrik 156 (Abb.), 223<br />

—Urstein, Burg, Edle, Ruine von 47, 223-226<br />

(Abb.), 228f.<br />

29 - Kunstdenkmäler LXI, AR I.


454 VERZEICHNISSE<br />

HERISAU, Usdorfer Schar, siehe Rohrer Schar<br />

—Verena, hl., Patrozinium, Altar 32, 87<br />

—Viadukte 53<br />

—Vordorf 53, 150<br />

—Waag-und Markthäuslein 55 (Abb.), 142<br />

—Waaghaus98<br />

—Wachthaus 7of. (Abb.), 96, Iii, 120 (Abb.)<br />

—Waisenhaus 45, 106, io8f. (Abb.), 198<br />

—Walsersches Doppelhaus, siehe Haus<br />

—Wappen, siehe Siegel und Wappen, Fahnen<br />

-Weiher 51-53, 143, 149, 190<br />

—Wiesental 54<br />

—Wilen 54<br />

Bild zu 32<br />

-Windegg 117, 150, 152, 159<br />

—Zeughäuser 94, 117-118 (Abb.); siehe auch<br />

Beinhaus<br />

HERISAUERTOBEL2, 52, 172,229; Brücke 2i5f.,<br />

218 (Abb.), 221 (Abb.), 362, 397<br />

HERMANN, K.,Baumeister341<br />

HERRLIBERGER, David, Radierer, Topograph,<br />

40, 47, 60, 75 f., 94, 129, 142, 176, 229<br />

HERZ, Michael, Maler 114<br />

HERZBERG, Augsburg, Verleger 41<br />

HESS, Jakob, Dachdecker 302<br />

HEUSCHER, Johann Jakob,Maler 267, 275, 404,<br />

407, siehe auch Höscher<br />

HILLER, Abraham, Zinngießer 278, 343, 418<br />

(Abb.), 420<br />

HILLER, Adrian, Zinngießer 278, 343<br />

HILLER, Heinrich, Zinngießer 278, 344, 376,<br />

418 (Abb.), 420<br />

HIMMELBERGER, Johannes, Baumeister 256 f.<br />

HIMMELI, Hans, Schreinermeister 272, 277<br />

HINTERLAND, appenzellisches 2, 7; siehe auch<br />

Land hinter der Sitter<br />

HIRSCHBERG<br />

—Oberer, siehe Reute<br />

—Unterer, siehe Walzenhausen<br />

HIRZEL, Baumeister 151, 270<br />

HOCHGERICHT 3 f.,24<br />

HÖSCHER, Hans, Zimmermeister 241, 246, 264<br />

HÖSCHER, Jeremias, Schreiner, Tischler 347<br />

HÖSCHER, Joggli (Jakob), Tischler 243, 264<br />

HÖSCHER, Johannes, Schreinermeister 338<br />

HOFAMT, siehe St. Gallen, Kloster<br />

HOFER, Hans, Maurermeister 31 o<br />

HOHL, Hans Ulrich, Architekt 107, 129<br />

HOLZSTEGE 271, 398f.<br />

HOLZ-UND KOHLENHANDEL 294!'.<br />

HOMMANS ERBEN, Drucker,Verleger 18<br />

HONEGGER, Adolf, Zeichner 42-46, 70 (Abb.),<br />

108-111 (Abb.), ngf. (Abb.), 160 (Abb.),<br />

186, 189 (Abb.)<br />

HORN,Hof 3<br />

HUBER, Caspar, Stahlstecher 42<br />

HUBER, Johann Heinrich, Radierer 18<br />

HUGELSHOFER, Großuhrenmacher274<br />

HUGENER, E., Zeichner, Lithograph 405, 434<br />

HUNDWIL 3-8, 24, 26, 51-53, 350-400 (Abb.)<br />

—Ammann, Amt 3, 292, 352, 439<br />

—Amtsturm (?), siehe Stein, «Burg»<br />

—Bevölkerungszahl 356<br />

— Edle von 439<br />

—Gemeindearchiv 356<br />

— Gemeindekanzlei 353 (Abb.), 356,381 (Abb.)<br />

—Kirche 363-379 (Abb.), 401<br />

-Kirchhöre 353, 355, 401<br />

— Kirchhörescheibe 350 (Abb.), 381 f.<br />

— Kirchhöresiegel, siehe Siegel und Wappen<br />

— Lage und Gestalt 353 (Abb.), 358-361 (Abb.)<br />

— Landsgemeinde, Tagungsort der 6, 354<br />

—Landsgemeindeplatz 358-360 (Abb.)<br />

— Patrozinien, ehemalige, sieheAnna, hl.;Martin,<br />

hl.; Petrus und Paulus, Apostel, hl.<br />

— Pfarrer, Geistliche, siehe Conradus, Vizeleutpriester;<br />

Klarer, Walter<br />

— Pfarrei, röm.-kath. 266, 294, 355<br />

— Pfarr- und Rathaus, ehemaliges, TafelI, 117,<br />

350 (Abb.), 353 (Abb.), 357, 380-385 (Abb.),<br />

398 (Abb.), 401 f.<br />

— Pfarrkirchen, mittelalterliche 354 f.<br />

—Rathaus, siehe Pfarr-und Rathaus 117<br />

—Ratsscheibe 117, 198, 206 (Abb.), 382 (Abb.)<br />

—Rhode 5<br />

obere (hintere) 3, 27, 353, 401<br />

untere (vordere) 3, 27, 352, 401<br />

—Siegel und Wappen 350 (Abb.), 357 (Abb.),<br />

402, 406, 442<br />

— Ulrich, Meier in 331<br />

—Weibel von 439<br />

HUNDWILER LEITER405,410,347 (Abb.)<br />

HUNDWILERTOBEL,Brücke 172, 271 f.,362,397-<br />

399 (Abb.)<br />

IKONOGRAPHIE<br />

—Altes Testament, siehe David; Esther vor<br />

Ahasver; Gesetzgebung auf Sinai; Joseph und<br />

seine Brüder; Moses als Gesetzgeber; Samson<br />

mitdem Löwen<br />

—Neues Testament, siehe Abendmahl; Auferstehung<br />

Christi; Heiliggeisttaube; Jesus als<br />

GuterHirt; Jesus und das kananäische Weib;<br />

Taufe Christi im Jordan<br />

—Heilige, siehe Anna; Katharina Laurentius;<br />

Philippus<br />

—Geschichte, Sage, siehe Rütlischwur; Scylurusund<br />

seine Söhne; Tellszenen<br />

—Allegorien, Symbole, siehe Auge Gottes; Gerechtigkeit;<br />

Jahreszeiten; Krieg und Frieden;<br />

Leben und Tod; König als gerechter Richter;<br />

Liebe


ORTS-,PERSONEN-UND SACHVERZEICHNIS 455<br />

IMMLER, Paul, Planzeichner 40, 231<br />

INDUZIEN ( Sacherklärung) 31<br />

INVESTITUR ( Sacherklärung) 8,30<br />

IRMINGER, I ngenieur336<br />

ISENRING, Johann Baptist, Zeichner, Radierer<br />

20, 41, 45, 193, 296, 328, 330 (Abb.), 356,<br />

405, 410, 437 (Abb.)<br />

JAHRESZEITEN, Darstellung 137 (Abb.)<br />

JEGER, David, Zimmer- und Schreinermeister<br />

338<br />

(EGER, Hans Ulrich, Werkmeister 259-261<br />

(Abb.), 338<br />

JEHLY, Johann Matthias, Maler 114<br />

JESUS UND DAS KANANÄISCHE W EIB, Darstellung<br />

392 f. (Abb.)<br />

JEZLER, Goldschmiedefamilie420<br />

JOHANNES UND PAULUS, hl., Patrozinium,Altar<br />

86<br />

JOHANNES VON BUSNANG, P ropst26<br />

JOHANNES VON WINTERTHUR, Chronist228<br />

JOSEPH UND SEINE BRÜDER, Darstellung 3 92 f.<br />

(Abb.)<br />

JUCKER, Edwin, Photograph 42<br />

KANTONSARCHIV, siehe Herisau<br />

KANTONSBIBLIOTHEK, siehe Trogen<br />

KANTONSRAT 7, 104, 113<br />

KANTONSWAPPEN, siehe Landeswappen<br />

KANZELN<br />

— 18.Jh.: 22 (Abb.), 74 (Abb.), 86f. (Abb.),<br />

376f. (Abb.)<br />

~i9-J h " 34° (Abb.), 274 (Abb.), 277, 306,<br />

(Abb.), 342, 417 (Abb.), 419<br />

-20.Jh.: 244, 277<br />

KARL DER DICKE, Kaiser30<br />

KÄSTLI, JohannJakob, Zeichner 334, 404<br />

KATHARINA, hl., von Alexandrien, Darstellung<br />

369f- (Abb.)<br />

KARTHOGRAPHEN, siehe Bischoffberger, Bartholome;<br />

Eschmann, Johannes; Merz, Johann<br />

Ludwig; Merz, Ludwig; Müller, Johann<br />

Martin; St. Pestaluz; Scheuchzer, Johann<br />

Jakob; Waldschütz, F.; Walser, Gabriel;<br />

Weiß, Johann Heinrich; Zuber,J.<br />

KAUTER, Georg, Glasermeister 302<br />

KEGEL, Michael, Schmied 308, 310<br />

KELLER (cellerarius), äbtischer 24<br />

KELLER, gewölbte 126, 130, 136, 152-156, 164,<br />

169, lyyf., 180, 187^, 198, 202, 207f. (Abb.),<br />

214 (Abb.), 249, 253, 256!"., 283f., 2871;, 316,<br />

321 f., 325, 385, 388, 396, 421, 427f., 431 f.<br />

KELLER, Jakob, Glockengießer 92 f., 194, 280,<br />

309, 42 1<br />

KELLER, Wilhelm, Architekt 34<br />

KESSELBUR, Hans Kaspar, Hafner 204<br />

KESSLER, Johannes, Zimmermann 329<br />

KIRCHENGRÜNDUNGEN 8 f.<br />

KIRCHENPATRONE, siehe Patrozinien<br />

KIRCHENRAT I I<br />

KIRCHGEMEINDE, siehe Evang.-ref. Kirchgemeinde<br />

KIRCHHÖRE («Kirchhöri») 3-5, 9 (Sacherklärung),<br />

27, 34, 292 (Pfarrei), 294 (kirchliche<br />

und politische Gemeinde), 353, 355, 401<br />

KIRCHHÖREPRINZIP 9 (Sacherklärung)<br />

KIRCHHÖRESCHEIBEN, siehe Hundwil, Teufen<br />

KIRCHTÜRME, siehe Turmhelme und Glockengeschosse;<br />

Turmschäfte<br />

— 18.Jh.: 266 (Abb.), 269-272 (Abb.), 275,<br />

332f. (Abb.), 336-339 (Abb.), 341 f., 353<br />

(Abb.), 361 (Abb.), 363-365 (Abb.), 371 f.,<br />

381 (Abb.), 404f. (Abb.), 409 (Abb.), 411-<br />

416 (Abb.), 418<br />

359 (Abb.), 364-366 (Abb.), 372<br />

KLAGESCHRIFT, siehe äbtische Klageschrift<br />

KLARER, Walter, Pfarrer, Reformator 34, 294,<br />

355<br />

KLEBEDÄCHER 9 8 (Abb.), 134, 155, 159, 182,<br />

194, 204, 209f. (Abb.), 215, 217 (Abb.), 257f.<br />

(Sacherklärung), 260-264 (Abb.), 276 (Abb.),<br />

281 f., 284f. (Abb.), 287f. (Abb.), 3iof.<br />

(Abb.), 313, 316, 320-323 (Abb.), 344-349<br />

(Abb.), 353 (Abb.), 364^ (Abb.), 380, 388,<br />

390 (Abb ), 393, 396f. (Abb.), 421 f (Abb.),<br />

431 f.<br />

KLEINER RAT 6 f.<br />

KLINGLER, Gebrüder, Orgelbauer 308; Max<br />

277; Maximilianund Titus 343<br />

KLINGLING, Adrian, Zinngießer 420<br />

KLINGLING, Johann Georg, Zinngießer 344<br />

KLONKE,H.,Zeichner44, 267, 275<br />

KLOSTER ST. GALLEN, siehe St. Gallen<br />

KNELLWOLF, Hans Jakob, Zimmermeister 60,<br />

72, 220-223 (Abb.), 327-329<br />

KNELLWOLF, Johannes, Zimmermeister, Brükkenbauer<br />

60, 273, 324 (Abb.), 326-328, 398<br />

KNELLWOLF, Willi, Architekt 100<br />

KNOEPFLI ALBERT, Denkmalpfleger 38, 364,<br />

414<br />

KNOLL-HEITZ, Franziska, Ingenieur 229<br />

KNOLL, Willy, Ingenieur40<br />

KOCH, Johann Georg, Maler 113-115 (Abb.),<br />

(Abb.)<br />

KOLLATUR (in temporalia), Kollaturrecht 8f.<br />

(Sacherklärung), 27, 30, 34, 293f.<br />

KOLLER, Kupferschmied274<br />

KOLLER, Hans Ulrich, Vater und Sohn, Baumeister<br />

395<br />

KOLLER, Laurenz, Maurermeister, Steinmetz,<br />

338, 340 (Abb.), 342


45 6 VERZEICHNISSE<br />

KOMPAGNIEFAHNEN 15-17 (Abb.), 48-50 (Abb.),<br />

406<br />

KÖNIG als gerechter Richter, Tafel I, 383^<br />

KONSTANZ<br />

—Bischof, von 8, 30, 68, 293<br />

—Bistum 31; siehe Zehntenrodel<br />

— Gericht, bischöfliches 33<br />

— Hochstift, bischöfliches 3<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Reder, Lorenz,<br />

Münsterbaumeister<br />

—Leinwandhandel 12, 35<br />

KREZ, Urban, Brückenbauer, Zimmermeister<br />

329<br />

KRIEG UND FRIEDEN, Allegorie 16-18 (Abb.),<br />

I24f. (Abb.)<br />

KÜBEL 52; Brücken 2i6f., 2i9f. (Abb.), 436f.;<br />

Papiermühle 403, 405, 433f. (Abb.)<br />

KUBLI, Felix Wilhelm, Architekt 39, 109-111<br />

(Abb.), 118-120 (Abb.), 190<br />

KÜNDIGMANN, Johannes, Pfarrer von Herisau<br />

33, 97<br />

KÜNZLER, Jean,Zeichner 296, 310 (Abb.), 316,<br />

327<br />

KUHN, Rudolf, Maler, 131<br />

KUHN, Theodor, Orgelbauer 88,244,339 (Abb.),<br />

343, 37 6 ,4 I 7 (Abb.), 420<br />

KUNO VON STOFFELN,Abt vonSt.Gallen3,26,<br />

352<br />

KUNSTDENKMÄLERARCHIV VON APPENZELL AUS-<br />

SERRHODEN 43F., 46,357,406,440<br />

KUNZ, Johannes, Schreinermeister 342<br />

KUPFERSCHMIEDE, siehe Grübel, Gallus; Koller;<br />

Lutz, Ulrich; Zuberbüher,Johann Jakob<br />

KUPFERSTECHER, siehe Radierer<br />

KURZENBERG (Heiden, Wolfhalden, Lutzenberg)<br />

4f., 8<br />

KURWESEN i2f., 191 f., 199-201 (Abb.), 234,<br />

266, 295<br />

LAFOND, Simon Daniel, Zeichner 124<br />

LAMINIT, Christoph, Goldschmied 88f. (Abb.),<br />

442 (Abb.)<br />

LÄMMLER, Köbi, Maler 73, 80, 83<br />

LAMPENARME ODER -HALTER<br />

— 18. Jh.: 130, 147, 153, i66f., 170 (Abb.), 168,<br />

181, 249, 316<br />

-19. Jh.: 164, 385, 400 (Abb.)<br />

LAMPRECHT, Hans, Glockengießer 90<br />

LANDAMMANN, regierender, stillstehender 6 f.<br />

(Begriffserklärung), 13<br />

LANDAMMÄNNER, Porträts (Namensliste) der<br />

112-116 (Abb.), 246f. (Abb.), 312<br />

LANDBÜCHER 5 (Sacherklärung)<br />

LANDESBAUHERR 6<br />

LANDESBEAMTE 6<br />

LANDESKIRCHE, siehe Evang.-ref. Landeskirche,<br />

Staatliche Landeskirche<br />

LANDESSÄCKELMEISTER 6<br />

LANDESSIEGEL 5, 12-15 (Abb.)<br />

LÄNDESSTATTHALTER 6 (Begriffserklärung), 14<br />

LANDESSYNODE, siehe Synode<br />

LANDESTEIL VOR UND HINTER DER SITTER2, 6, 27<br />

LANDESTOPOGRAPHIE, E idgenössische39<br />

LANDESWAPPEN 5, 10 (Abb.), 12-18 (Abb.), 103,<br />

i i6f.<br />

—Bärmit den päpstlichen Schlüsseln63 (Abb.),<br />

77<br />

LANDHANDEL27<br />

LANDKARTEN, siehe Topographische Karten<br />

LÄNDSFÄHNRICH 6<br />

LANDSGEMEINDE 5F., 27,33,354<br />

LANDSHAUPTMÄNN 6<br />

LÄNDSTRASSEN, alte 2, 24f. (Abb.), 38f. (Abb.),<br />

5if., 141-143, 150f., 171 f., 183, 200, 215-<br />

217, 220, 236f. (Abb.), 239, 249-251, 266<br />

(Abb.), 268-272 (Abb.), 283, 293 (Abb.),<br />

298-301 (Abb.), 325, 329, 336, 358f. (Abb.),<br />

3 6 2, 393, 397, 404 f - (Abb.), 408-411 (Abb.),<br />

436-438 (Abb.), 440 (Abb.)<br />

LANDTEILUNG4,27,294<br />

LANDWEIBEL6, 15<br />

— Schild und Zepter I4f. (Abb.)<br />

LANDWIRTSCHAFT I I , 3 5<br />

LANGENAUER, Hans, Dachdecker 302, 310<br />

LÄNGENEGGER, Konrad, Baumeister 83 f.<br />

LA NICCA, Richard, Ingenieur 172<br />

LATERNENHALTER, siehe Lampenarme<br />

LAURENTIUS, hl.<br />

—Fahnenbild 46 (Abb.), 48, 102<br />

— Patrozinium, Altar, Kirche 32 f., 85 f.<br />

—Schlußstein 68, 78 f.<br />

LAURENTIUSKIRCHEN33<br />

LEBEN UND TOD, Allegorie 137 (Abb.)<br />

LECHTAL<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Scharpf,<br />

Georg, Maurermeister; Scheidli, Andreas,<br />

Maurermeister; Singer, Hans, Maurermeister<br />

LEHENSHERR, siehe St. Gallen, Abt als<br />

LEHENSRECHT 8, 30; siehe auch Kollaturrecht<br />

LEHMÖFEN, siehe Öfen<br />

LEINWANDHÄNDLERZEICHEN 253, 28g, 445<br />

(Abb.)<br />

LEINWANDWEBEREI, siehe Textilgewerbe und<br />

-handel<br />

LETZINEN4,212,320<br />

LEUTHOLD,H . F .,Verleger 41<br />

LEUTPRIESTER30<br />

LEUZINGER, Rudolf, Lithograph 20<br />

LIBER DECIMATIONIS, sieheZehntenrodel<br />

LIEBE, Allegorie, Tafel I, 383 f.


ORTS-,PERSONEN-UNDSACHVERZEICHNIS<br />

457<br />

LIEBERHERR, Glasmaler 104<br />

LINDAU<br />

—Künstler und Handwerker, siehe Ernst, Johann<br />

Heinrich; Ernst, Leonhard; Ernst,<br />

Peter II.; Ernst, Theodosius, Glockengießer;<br />

Merg, Georg Friedrich, Zinngießer<br />

«LINDE», Partei 27<br />

LIST, Brücke 437f., 410, 437f.; Mühle 403, 405,<br />

434f. (Abb.)<br />

LITHOGRAPHEN, siehe Maler<br />

LOBECK UND FICHTNER, Architekten 1 75<br />

LOCHER, Gebrüder, Lithographen 46<br />

LONGONI, Paul, Baumeister 411<br />

LORIEUX, Radierer 124<br />

LORY, Gabriel Ludwig, Zeichner, Kolorist 124<br />

LORY, Matthias Gabriel, Zeichner, Kolorist 124<br />

Low, Franz Anton, Maler 138<br />

Low, Franz Thomas, Maler 138<br />

LÖWE, G.G., Radierer 41<br />

LUDWIG VON BAYERN, Kaiser 2 4<br />

LUTERER, Hans, Stadtuhrenmacher 57<br />

LUTZ, Ulrich, Kupferschmied 61<br />

LUTZENBERG<br />

—Gemeinde 5, 7f., 11, 34<br />

MÄDER, J., Turmuhrenfabrikant 61<br />

MALER, KOLORISTEN, LITHOGRAPHEN, RADIE­<br />

RER, STECHER, VEDUTISTEN, ZEICHNER, s iehe<br />

Albrecht,Ignaz Albert; Alder,JohannJakob;<br />

Barthe, Girard de la; Baumann, Ida; Baur,<br />

J.; Biedermann, Johann Jakob;<br />

Bion,<br />

Gottlieb; Brünner, Garl; Brunschweiler,<br />

Johann Jakob; Brupbacher, Heinrich; Buff,<br />

Sebastian; Burckhardt, Caspar; Caspar, W.;<br />

Clavadetscher, Paul; Corradi, Konrad;<br />

Corrodi; Dikenmann, Rudolf; Durheim, C.;<br />

Eichler, Matthias Gottfried; Fäßler, Adalbert;<br />

Fehrenbach, A . W.; Fitzi, Johann Georg;<br />

Fitzi, Johann Ulrich; Geißer; Girtanner,<br />

Jakob; Graf, Ludwig; Greulich, Margarethe;<br />

Gsell, J .L.; Guerin, C.; Guttenberg, Karl<br />

Gottlieb; Hädener, Johannes; Hartmann,<br />

Georg Leonhard; Hasz, M . von; Hausher,<br />

Johannes; Heer, J.; Hegi, Franz; Heim;<br />

Heinzmann,Carl; Herrliberger, David; Herz,<br />

Michael; Heuscher, Johann Jakob; Honegger,<br />

Adolf; Huber, Caspar; Huber, Johann<br />

Heinrich; Hugener, E.; Jehly, Johann Matthias;Immler,<br />

Paul; Isenring,Johann Baptist;<br />

Kästli,Johann Jakob; Klonke, H.; Koch, Johann<br />

Georg; Künzler, Jean; Kuhn, Rudolf;<br />

Lafond, Simon Daniel; Lämmler, Köbi; Leuzinger,<br />

Rudolf; Locher, Gebrüder; Low,<br />

FranzAnton;Low,FranzThomas;Löwe,C.<br />

G.; Lorieux; Lory, Gabriel Ludwig; Lory,<br />

Ludwig; Martens; Mayr, J . C.; Merian,<br />

Matthäus, d.Ä.;Merz, Hans Ludwig;Meyer,<br />

Johannes, d . J.; Meyer, J ohann Heinrich;<br />

Mock, Johann Jakob; Moritz, Friedrich Wilhelm;<br />

Müller, Johannes; Münger, Rudolf;<br />

Pfyffer, Eduard; Rahn, Johann Rudolf;<br />

Randegger, Johannes; Rechsteiner, Carl;<br />

Reich,J. H.; Rietmann, Johann Jakob; Roederstein,<br />

Ottilie; Rothmüller, J.; Rüdisühli,<br />

JakobLorenz; Rüegg, Ernst Georg; Sautter,<br />

Johann Georg; Schellenberg,Johann Ulrich;<br />

Scheuchzer, Caspar; Scheuermann, Johann<br />

Jakob; Schieß, Johannes; Schieß Johann<br />

Konrad; Schläpfer; Schmid; Schmid, Emil;<br />

Signer, Konrad; Schultheß, F.; Steiger-Zölper,<br />

Johann Martin; Studer, C.; Sturzenegger,<br />

Hans; Suter; Tanner; Tanner, Johann<br />

Jakob; Tanner, Leonhard; Tanner, Paul;<br />

Tentzel, Bartholome; Thäler, J ohann Bartholome;<br />

Thäler, Johann Ulrich; Thomann,<br />

Heinrich; Tobler, Viktor; Tribelhorn, Johannes;<br />

Trippel, Jakob; Ulrich,JohannJakob;<br />

Waldburger, Johannes; Walser, Karl; Weeber,<br />

W.; Weiß, Johannes; Werner, J.; Wetzel,<br />

Johann Jakob; Wiget, Albert; Wipf, Otto;<br />

Ziegler, Jakob Melchior; Zollinger, Heinrich;<br />

Zülle, Johannes; siehe auch Karthographen,<br />

Restauratoren<br />

MARBACH, Pfarrei 8<br />

MARKT, Marktplätze 36, 138-141, 295, 313,<br />

355<br />

MARTENS, Radierer41<br />

MARTIN, hl., Patrozinium, Altar 355<br />

MASSWERKFENSTER, spätgotische 22 (Abb.), 55<br />

(Abb.), 73-75 (Abb.), 3 6 7. 372 (Abb.), 374f.<br />

(Abb.)<br />

MATLER (Mettler?), Valentin, Zimmermeister<br />

105<br />

MATTHAEI, Karl, Orgelexperte 88, 308<br />

MAYR,J. C., Zeichner 40, 75, 94, 121, 146, 162<br />

MEIER, Meieramt 3; sieheauchHerisau, Hundwil<br />

MEIER, J., Architekt 371<br />

MEMMINGEN<br />

—Künstler und Handwerker, siehe Laminit,<br />

Christoph, Goldschmied<br />

MERG, Georg Friedrich, Zinngießer 418 (Abb.),<br />

420<br />

MERIAN, Matthäus, d. Ä., Radierer,Topograph<br />

40,51,60,95,132,142,152,15g, 163,213<br />

MERZ,Hans Jakob, Zinngießer344, 442 (Abb.)<br />

MERZ, HansLudwig, Maler 272<br />

MERZ, Johann Ludwig, Kartograph, Kaufmann,<br />

Oberst 18-20, 38f. (Abb.), ^1, 180,<br />

•83 (Abb.), 404 (?)<br />

MERZ, Ludwig, Kartograph 19f., 39, 160, 180,<br />

183 (Abb.), 404 (?)


458 VERZEICHNISSE<br />

MESSINGARBEITEN (Beschläg, Türklopfer) 125,<br />

128 (Abb.), 130, 150, 153.<br />

1 55, 167, lyyf.<br />

(Abb.)<br />

METTLER, Johann Jakob, Zimmermeister 39,<br />

103, i igf. (Abb.)<br />

METTLER, Walter, Bildhauer 112, 122<br />

METZLER,O.,Orgelbauer308<br />

MEYER, Johannes, d. J., Radierer 40<br />

MEYER, Johann Heinrich, Radierer 4of.<br />

MEYER, Johann Rudolf, Kartograph, Verleger<br />

19<br />

MEYER-WERKSTATT,Hafner131<br />

MEYER, Wilhelm, Architekt 34<br />

MITTELHOLZER, H., Goldschmied I5F., 442<br />

(Abb.)<br />

MITTELHOLZER, Jakob, Zimmermeister 57, 63<br />

(Abb.), 66, 69, 98, 101<br />

MITTELLAND, appenzellisches 2, 7 (Sacherklärung)<br />

MOGK, Daniel 272<br />

MOCK, Johannes, Schreiner 244<br />

MOCK, JohannJakob, Zeichner, Radierer (?)<br />

41, 44, 84, 124, 141 f. (Abb.), 144, 149<br />

MODELSTECHER, siehe Schoch, Johann Ulrich<br />

MOLKENKUREN, -kurorte 12f.,36<br />

MONOGRAMMISTEN<br />

—M . BA., Hafner 168, 172 (Abb.)<br />

—L S. (S.I?), Goldschmied 4i9f., 442 (Abb.)<br />

—H.E., Zinngießer 307f. (Abb.), 442 (Abb.)<br />

MOOSBRUGGER, Andreas, Stukkateur 22, 7of.,<br />

74f. (Abb.), 86f. (Abb.), 77-79 (Abb.), 82,<br />

86f. (Abb.), 127, 171, 176 (Abb.), 189, 195<br />

(Abb.), 197 (Abb.)<br />

MOOSBRUGGER, Gebhard, Stukkateur 413, 416f.<br />

(Abb.), 4igf.<br />

MOOSBRUGGER, Jakob und Michael, Zimmerleute<br />

302<br />

MOOSBRUGGER, Peter Anton, Stukkateur 79<br />

MORITZ, Friedrich Wilhelm, Kolorist 124<br />

MOSES ALS GESETZGEBER, v onJethro beraten,<br />

Darstellung 382 (Abb.)<br />

MOSKAU, Ansichten 124<br />

MÜHLEN 36, 213-215, 217 (Abb.), 264, 289,<br />

295. 321-325 (Abb.), 346 (Abb.), 348, sgSf.<br />

(Abb.), 433-435 (Abb.)<br />

MÜLLER, Johannes, Maler 315<br />

MÜLLER, Johann Martin, Kartograph 404<br />

MÜNCH, Otto, Bildhauer 112, 308<br />

MÜNCHEN<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Tobler,<br />

Viktor, Maler<br />

MÜNGER, Rudolf, Heraldiker, Maler, 112<br />

MURER, Christoph, Glasmaler 117<br />

MURER, Josias, Glasmaler, Tafel I, i7f. (Abb.),<br />

"7> 383<br />

MUSSELINWEBEREI, siehe Textilgewerbe<br />

NABHOLZ, Nikiaus, Schlossermeister 303<br />

NAEF, Adolf, Ingenieur 300, 357<br />

NEF, Zimmermeister 60, 91<br />

NESENIUS, Wilhelm, Humanist 33<br />

NEU UND ALT RÄTH, siehe Zweifacher Landrat<br />

NEUWILER, Konrad, Hafner 310<br />

NIEDERES GERICHT 3, 2 4<br />

NÜRNBERG<br />

—Künstlerund Handwerker, siehe Guttenberg,<br />

Karl Gottlieb, Radierer<br />

NÜSCHELER, Hans Jakob, Glasmaler 199<br />

NÜSLIN, Schreinermeister 340 (Abb.), 342<br />

OBEREGG 5, 8<br />

OBERER HIRSCHBERG, sieheReute<br />

OBERER THURGAU<br />

—Freie 3<br />

—Freivogtei 3, 24f., 265<br />

OBERGERICHT 7<br />

OBERLICHTGITTER, siehe auch Fenstergitter<br />

-18. Jh.: 125-127 (Abb.), 136 (Abb.), 145,<br />

I 5 0 - I 55 (Abb.), 157, 177-179 (Abb.), 188,<br />

194 (Abb.), 256, 264 (Abb.)<br />

— 19. Jh.: 129 (Abb.) 142, 182 (Abb.)<br />

OBERWALDSTATT, siehe Waldstatt<br />

ÖFEN<br />

— 17.Jh.: 310<br />

— i7./i8.Jh. (Lehmöfen): 390, 426 (Abb.), 431<br />

— 18.Jh. (Kachelöfen): isof. (Abb.), i67f.<br />

(Abb.), 172 (Abb.), 184, 186 (Abb.), 254^,<br />

281 (Abb.), 286, 386f. (Abb.), 391, 429<br />

(Abb.), 432<br />

— 19. J h. (Kachelöfen): 150, 179, 182, 185f.<br />

(Abb.), 253<br />

OERTLE, Daniel, Baumeister 107, 305, 363,<br />

398f. (Abb.)<br />

OERTLY, Gebrüder, Baumeister 364<br />

ORELL FUESSLI, Zürich, Verleger 41; siehe auch<br />

Orell, Geßner, Füßli & Cie.<br />

ORELL, GESSNER, FÜSSLI & Cie., Z ürich, Verleger<br />

18<br />

ORGELBAUER, siehe Göll, & Co. AG; Klingler,<br />

Gebrüder; Kuhn, Theodor; Metzler,O.<br />

ORTSBILDER, siehe Lageund Gestalt von Herisau,<br />

Hundwil, Schönengrund, Schwellbrunn,<br />

Urnäsch, Waldstatt, Stein<br />

PARIS<br />

—Künstler und Handwerker, siehe Lorieux,<br />

Radierer<br />

PATRONAT, PATRONATSRECHT, siehe Kollatur,<br />

Kollaturrecht<br />

PATRONATSKIRCI-IE 30<br />

PATROZINIEN, ehemalige, siehe bei Herisau,<br />

Hundwil, Urnäsch<br />

PATROZINIUMSWECHSEL 33, 293


ORTS-, PERSONEN-UNDSACHVERZEICHNIS 459<br />

PESTALOZZI, Johann Ludwig, Ingenieur 119<br />

PETERSBURG, Ansichten 1 24<br />

PETSCHAFTSTECHER, siehe Brupbacher, Hans<br />

Jakob und Hans Ulrich; Burger; Grübel,<br />

HansJakob<br />

PFARREIEN, röm.-kath.II,34, 266, 294,355<br />

PFISTER, Gebrüder, Architekten 106<br />

PFYFFER, Eduard, Maler 114 (Abb.), 116<br />

PHILIPPUS, hl., F ahnenbild 290 ( Abb.), 297F.;<br />

Patrozinium, siehe Philippus und Jakobus<br />

PHILIPPUS UND JAKOBUS, Apostel, hl., P atrozinium,<br />

Kirche 293, ag8<br />

POLITISCHE EINWOHNERGEMEINDE II, 28, 34,<br />

234. 265!"., 294, 332, 402<br />

PRÄSENTATIONSRECHT 30,3 4<br />

PREISIG, Jakob, Schreiner, Tischler 347<br />

PUCCI, Antonius, Kardinal 68, 355<br />

QUARTIERFAHNEN 1 7<br />

RACHENTOBEL 228, 393; Brücke 362, 396!".<br />

(Abb.), 410, 438; Mühle 396!". (Abb.)<br />

RADIERER, STECHER, sieheMaler<br />

RAIIN, Johann Rudolf, Kunsthistoriker, Zeichner<br />

43<br />

RAMSEYER, Alfred, Gemeindebaumeister, Herisau<br />

39, 43, 97 (Abb.), 106, 109, 111, 142<br />

RANDEGGER, Johannes, Lithograph 20; siehe<br />

auch Wurster<br />

RAT, siehe Großer Rat, Kantonsrat, Kirchenrat,<br />

Kleiner Rat, Regierungsrat; Zweifacher<br />

Landrat<br />

RATHÄUSER, siehe Herisau, Hundwil, Trogen,<br />

Urnäsch<br />

RATSSCHEIBEN IOI, 117; siehe Gais, Herisau,<br />

Hundwil, Speicher, Trogen, Urnäsch<br />

RECHSTEINER, Carl, Zeichner 152 (Abb.), 157<br />

REDER, Lorenz, Baumeister 22 (Abb.), 55<br />

(Abb.), 61, 66, 69, 77<br />

REFORMATION 9,33 f., 294,355<br />

REGIERUNGSRAT 7<br />

REIFWIRTSCHAFTEN 36,295<br />

REHETOBEL<br />

— Gemeinde 5, 7<br />

— Kirchengründung 8<br />

REICH, J . H .,Zeichner 4 7<br />

REICHSTEINER (Rechsteiner?), Hans Jakob,<br />

Werkmeister 320<br />

REICHSVOGTEIEN, siehe Herisau, Rheineck,<br />

St. Gallen, Trogen<br />

REIFLER, Johann Ulrich, Baumeister 423<br />

REITERSTANDARTEN5 0 (Abb.)<br />

RESTAURATOREN, siehe Boissonnas, Henri;Haaga,<br />

Karl<br />

Reute<br />

—Gemeinde 5, 7<br />

— Kirchengründung 8<br />

REUTINER, Nathanael, Goldschmied 376, 442<br />

(Abb.)<br />

RHEINECK<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Bosch, Johannes,<br />

Zinngießer; Lutz, Ulrich, Kupferschmied<br />

— Reichsvogtei 3 f.<br />

RHEINER, Hans Konrad, Uhrenmacher 272<br />

RHEINTAL4, 8<br />

RHODE 3 (Sacherklärung), 4f., 27, 22gf.<br />

RHODSFAIINEN, siehe Laurentius, hl.; Philippus,<br />

hl.<br />

RIETMANN, Johann Jakob, Zeichner 42f., 46f.,<br />

202, 204^, 209, 224 (Abb.), 296, 323f. (Abb.),<br />

325. 327,357> 39 6f - (Abb.), 399, 405, 432-435<br />

(Abb.)<br />

RIETMANN, Wolfgang Karl, Goldschmied 15 f.<br />

RINGEISEN, B aumeister422<br />

RIO, LudwigJ. 41<br />

RITTER, Ingenieur398<br />

ROEDERSTEIN, Ottilie, Malerin 114 (Abb.), 116<br />

ROHNER, Max,Architekt 38, 61, 72, 107, 2 43,<br />

309, 364, 414<br />

RORSCHACH<br />

— Edle von Rorschach 23 f., 26, 223 f., 265<br />

— Pfarrei 8<br />

ROSATTO, Francesco, Baumeister 240<br />

ROTHMÜLLER,J.,Zeichner 4 5<br />

RUCH, Leonhard, Uhrmachermeister 241, 245<br />

RÜDISÜHLI, Jakob Lorenz, Maler, Stecher 46<br />

RUDOLF VON HABSBURG, König 24<br />

RUEF, Baumeister 270<br />

RÜEGG, Ernst Georg, Maler 112 (Abb.)<br />

RÜETSCHI,H.,Glockengießerei 246,378<br />

RÜTLISCHWUR, Darstellung 50, 386, 388 (Abb.)<br />

RUTENKAMIN 209, 2 14 ( Abb.), 2 63, 286, 319,<br />

428, 431<br />

RUTISHAUSER,J.,Baumeister39,72<br />

SALEM, Zisterzienserkloster 91 f.<br />

SALVATOR, St. (Erlöser, Heiliger), Patrozinium,<br />

Altar 29, 33, 85; Kirche 56<br />

SAMSON (SIMSON) MIT DEM LÖWEN 16 (Abb.), 116<br />

SÄNTIS, Berg 2, 23, 28, 361; Kanton, 7, 27<br />

ST. GALLEN<br />

— Dekanat 8, 31<br />

— Historisches Museum 16-18 (Abb.), 40-45,<br />

491 235, 334, 356, 389, 405, 429 (Abb.)<br />

— Kloster 2 f., 23f., 26f., 30, 51, 352<br />

Abt als Grund-und Lehensherr 8, 30<br />

Abt als Kollator 8f., 30<br />

Äbte, siehe Craloh; Hartmut; Kuno von<br />

Stoffeln<br />

Gotteshausleute 3, 23 f.<br />

Hofamt 3


460 VERZEICHNISSE<br />

ST. GALLEN<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Balmer,<br />

Hans, Architekt; Berdux, Johann Balthasar,<br />

Goldschmied; Bion, Gottlieb, Maler; Brantschen,<br />

Ernest, Architekt; Buff, Sebastian,<br />

Maler; Curjel & Moser, Architekten; Dardier,<br />

R., Ingenieur; Germann, Kaspar, Zimmermann;<br />

Glinz, Zinngießerfamilie; Gmünder,<br />

Zinngießerfamilie; Grübel,Hans Jakob,<br />

Petschaftstecher; Hardegger, August, Architekt;<br />

Hartmann, Georg Leonhard, Zeichner;<br />

Hiller, Abraham, Zinngießer; Hiller, Adrian,<br />

Zinngießer; Hiller, Heinrich, Zinngießer;<br />

Hugelshofer, Großuhrenmacher; Isenring,<br />

Johann Baptist, Zeichner, Radierer; Kauter,<br />

Georg, Glaser; Kubli, Felix Wilhelm, Architekt;<br />

Lämmler, Köbi, Maler; Locher, Gebrüder,<br />

Lithographen; Mittelholzer, Jakob,<br />

Zimmermeister; Oertly, Gebrüder, Baumeister;<br />

Reich,J.H., Zeichner; Reutiner, Nathanael,<br />

Goldschmied; Rietmann, Johann<br />

Jakob, Zeichner; Schirmer, Hans Jakob,<br />

Zinngießer; Schirmer, Joachim, Zinngießer;<br />

Schlatter, Ambros, Baumeister; Schmid,<br />

Gürtler; Staehelin, Georg, Zinngießer; Tribelhorn,<br />

Johannes,Lithograph; Weyermann,<br />

Johann Jakob, Stadtuhrenmacher; Weyermann,<br />

Nikiaus, Stadtuhrenmacher; Wiedenkeller,<br />

Albert, Zimmermeister<br />

—Kunstmuseum 404<br />

—Pfarreien: Linsebühl8; St. Laurenzen 8, 354,<br />

401; St. Leonhard, siehe Propstei<br />

— Propstei St. Leonhard 354, 401<br />

— Reichsvogtei 3, 292, 352<br />

— Stadt4; Leinwandhandel 11 f., 35<br />

— Stadtbibliothek Vadiana 47, 109, 209 (Abb.),<br />

224 (Abb.), 296, 323f. (Abb.), 357, 397<br />

(Abb.), 405, 433f. (Abb.)<br />

ST. MARGRETHEN-HÖCHST, Pfarrei 8<br />

ST. PESTALUZ, Kartograph 19<br />

SAUMWEGE, siehe Landstraßen, alte<br />

SAUTTER, Johann Georg, Radierer 40<br />

SCHÄFER (Schefer), Johann Jakob, Baumeister<br />

I03> " 9 (Abb.), 274, 363<br />

SCHÄFER, Otto, Architekt 341<br />

SCHAER-KRAUSE, Ida,Bildhauerin 276<br />

SCHAFFHAUSEN<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Jezler,<br />

Goldschmiedefamilie; Lamprecht, Hans,<br />

Glockengießer; Schalch, Hans Rudolf, Glokkengießer;<br />

Schieß, Johannes, Maler, Radierer;<br />

Sturzenegger, Hans, Maler<br />

SCHALCH, Hans Rudolf, Glockengießer 279, 421<br />

SCHALLTÖPFE, sog. 371 (Abb.),373<br />

SCHARPF, Georg, Maurermeister 24of., 243, 302<br />

SCHEFER (?), Johannes (?), Goldschmied 419^<br />

(Abb.), 442 (Abb.)<br />

SCHEIDLI, Andreas, Maurermeister 302, 310<br />

SCHELLENBERG, Johann Ulrich, Zeichner 28<br />

(Abb.), 40, 60, 76f., 94f., 129, 132, 142, 176,<br />

230<br />

SCHEUCHZER, Johann Caspar, Zeichner, Lithograph<br />

191<br />

SCHEUCHZER, Johann Jakob, Naturforscher,<br />

Kartograph 18, 40<br />

SCHEUERMANN, JohannJakob, Radierer 19<br />

SCHEUSS, Hans Ulrich, Zinngießer 158<br />

SCHIESS, Ernst, Orgelexperte 88<br />

SCHIESS, Johannes, Zeichner, Radierer 41 f., 45,<br />

I5 1 . '57 (Abb.), 162, 176, 193, 199-201<br />

(Abb.)<br />

SCHIESS, Johann Konrad, Zeichner 235, 247 f.<br />

(Abb.)<br />

SCHIESS ZUR ROSE,Kaufleute von Herisau 35<br />

SCHILDWIRTSCHAFTEN 36,295<br />

SCHIRMER, HansJakob, Zinngießer 278<br />

SCHIRMER, Joachim, Zinngießer 89f. (Abb.),<br />

278<br />

SCHLAFFER, Johannes, Zimmermeister (?) 273<br />

SCHLÄPFER, Lithograph, Buchdrucker 43<br />

SCHLATTER, Ambros, Baumeister 118, 121, 159<br />

SCHMID, siehe Suter<br />

SCHMID, Augustin, Uhrmacher 339<br />

SCHMID, Emil, Maler 116<br />

SCHMID, Ulrich, Tischler 310<br />

SCHMID, Ulrich, Zimmermeister 428<br />

SCHMID,W . R.,Goldschmied278<br />

SCHMIED, Gürtler274<br />

SCHMIEDE, SCHLOSSER, SPENGLER, s iehe Kegel,<br />

Michael; Nabholz, Nikiaus; Sitzöderli, Johannes;<br />

Spring, G.; Zipfel, Nikiaus; Zuberbühler,<br />

Adrian<br />

SCHMIEDEISEN, siehe Balkon- und Treppengeländer;<br />

Eisenbeschläg, -laden und -türen;<br />

Fenstergitter; Lampenarme oder -halter;<br />

Oberlichtgitter; Türklopfer; Windrosen u nd<br />

-fahnen; Wirtshausschilder<br />

SCHOCH, Johann Ulrich, Modelstecher 37<br />

SCHÖNENGRUND 5, 7f., 31, 291 f., 294, 301,<br />

331-349 (Abb.)<br />

—Bevölkerungszahl 333<br />

— Gemeindearchiv 333 f.<br />

— Gemeindegründung 331 f.<br />

—Gemeindekanzlei 334<br />

— Pfarrhaus 344 (Abb.), 347f.<br />

-Kirche 337-347 (Abb.)<br />

— Kirchengründung 331 f.<br />

—Lage und Gestalt 332-337 (Abb.)<br />

—Siegel undWappen 335, 349 (Abb.)<br />

SCHRÄNKE, bemalte 318, 392f. (Abb.), 424-426<br />

(Abb.), 433


ORTS-, PERSONEN-UNDSACHVERZEICHNIS 461<br />

SCHREINER, TISCHLER, siehe Himmeli, Hans;<br />

Höscher, Jeremias; Höscher, Joggli; Höscher,Johannes;<br />

Jeger, David;Kunz, Johannes;<br />

Mock,Johannes; Nüslin; Preisig, Jakob;<br />

Schmid, Ulrich; Wehrli, Diethelm; Wehrli,<br />

Hans Heinrich<br />

SCHULHÄUSER,<br />

Waldstatt<br />

siehe unter Herisau, Stein,<br />

SCHULTHESS, F., Lithograph 44, 160<br />

SGHÜTZENFAHNE 26g<br />

SCHÜTZENSCHEIBEN 389<br />

SCHWÄNBERG, siehe Herisau<br />

SCHWÄGALP agSf., 328, 352, 360<br />

SCHWELLBRUNN 5, yf., 24, 27, 31, 50-54, 87,<br />

233-264 (Abb.)<br />

— Bauernhäuser 257-263 (Abb,)<br />

— Bevölkerungszahl 234<br />

—Bild 233<br />

—Bürgerhäuser236-239 (Abb.), 247-259 (Abb.),<br />

264 (Abb.)<br />

— Gemeindearchiv 234f.<br />

—Gemeindegründung 233!".<br />

— Gemeindehaus 235, 238!". (Abb.), 246-248<br />

(Abb.)<br />

— Kapelle, siehe Kappelen<br />

— Kappelen 233, 262<br />

— Kirche 237-246 (Abb.)<br />

— Kirchenbau 233!"., 24of.<br />

—Lageund Gestalt 236-239 (Abb.)<br />

— Pfarrhaus 237, 242 (Abb.), 246f.<br />

— Schulhäuser 247f. (Abb.)<br />

— Siegel, Wappen 235 (Abb.)<br />

SGYLURUS UND SEINE ACHTZIG SÖHNE, D arstellung<br />

i99> 207 (Abb.)<br />

SEBASTIAN, hl., Patrozinium, Altar 31, 87<br />

SEITZ, J., Drucker 403, 405, 423, 435<br />

SEUTTER, Matthäus, Drucker, Verleger, Augsburg<br />

18f. (Abb.)<br />

SIEGEL UND WAPPEN<br />

—Appenzell Außerrhoden, siehe Landessiegel,<br />

Landeswappen<br />

— Gemeinden, siehe Gemeindesiegel, Gemeindewappen<br />

—Ungeteiltes Land Appenzell 13, 16 (Abb.)<br />

SIGNER, Johannes, Gürtlermeister 61<br />

SIGNER, Konrad, Zeichner 405, 407<br />

SINGER, Hans, Maurermeister 24of., 243, 302<br />

SITTER 2, 360, 401; siehe Doppelregiment vor<br />

und hinter der<br />

SITTERBRÜCKEN, siehe Gmündertobelbrücke,<br />

Kübel, List, Zweibrüggen<br />

SITZÖDERLI, Johannes, Schlosser, Schmied 303<br />

SOMMERAUER, Hans Jakob und Hans Rudolf,<br />

Hafner 429 (Abb.), 432<br />

SONDER 352f., 409; siehe Stein, «Burg»<br />

SONDERAMT, siehe Gais; Teufen<br />

SONDERBACH 229, 361, 396f. (Abb.), 399f., 409,<br />

438; siehe auch Rachentobel<br />

SPEICHER<br />

—Gemeinde 5, 7, 12, 26<br />

—Kirchengründung 8<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Altherr,<br />

Hans Jörg, Zimmermeister, Brückenbauer;<br />

Fitzi, Johann Ulrich, Maler, Zeichner;<br />

Kästli, JohannJakob, Zeichner<br />

— Ratsscheibe 199 f.<br />

SPRING, G., Spenglermeister 364<br />

STAATLICHE LANDESKIRCHE3 4<br />

STAATSKIRCHE 9-11<br />

STADLER, Architekt 102<br />

STADTSCHEIBEN<br />

—Biel 117<br />

— St. Gallen 117<br />

STAEHELIN, Georg, Zinngießer 420<br />

STANDESSCHEIBEN<br />

—Appenzell Außerrhoden 16-18 (Abb.), Ii6f.,<br />

199<br />

—Appenzell, ungeteiltes Land 16 (Abb.), 116<br />

STARK, Brückenbauerfamilie; Johannes, Werkmeister<br />

272, 325 (Abb.), 328-330; Laurenz,<br />

Werkmeister 329/".; Elias, HansJakob, Hans<br />

Ulrich, Gesellen 329<br />

STATTHALTER, siehe Landesstatthalter<br />

STAUB, Zimmermeister 385<br />

STAUB, Paul, Ingenieur, Zeichner 46<br />

STEGHER, siehe Maler<br />

STECKBORNER ÖFEN i3of. (Abb.)<br />

STECKBRETTER, siehe Zierbretter<br />

STEIGER-ZÖLPER, Johann Martin, Stickereifabrikant,<br />

Zeichner 45, 184, 267<br />

STEIN 3, 5, 52f., 353, 401-440 (Abb.); siehe<br />

auch Hundwil, untere (vordere) Rhode,<br />

—Bevölkerungszahl 403<br />

— «Burg»im Sonder 430f. (Abb.), 438f.<br />

— Gemeindearchiv 404<br />

— Gemeindegründung 353, 355, 401 f.<br />

— Gemeindekanzlei 404-406, 436 (Abb.)<br />

—Horgenbüel 427-430 (Abb.)<br />

—Horgenbüeler Rhode 401<br />

— Kirchenbau 401, 411 f.<br />

— Kirchgemeindearchiv 404<br />

-Kirchhöre 353, 355<br />

— Lageund Gestalt 404-409 (Abb.)<br />

—Ortsname 402<br />

— Rhode, untere (vordere) 3, 27, 352, 401;<br />

siehe auch Hundwil, obere (hintere) Rhode<br />

— Schulhäuser 422-424<br />

—Siegel undWappen 402f. (Abb.), 406<br />

—Störgel, Bad 403, 435 (Abb.)<br />

STEINBRÜCKEN 326, 328-330, 400


462 VERZEICHNISSE<br />

STRASSBURG 244<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Guerin,<br />

Christoph, Radierer<br />

STRASSENBAU 142-144, 146, ISOF., ISGF., LYIF-,<br />

185f., 190, 213, 239f., 270, 299-301, 362f.,<br />

4iof.<br />

STUKKATUREN<br />

— 18.Jh.: Regence: 131 f. (Abb.), i37f. (Abb.),<br />

163; Rokoko: 20 (Abb.), 22 (Abb.), yof., 74f.<br />

(Abb.), 77-83 (Abb.), 120-127 (Abb.), 155,<br />

163, 170, 176 (Abb.), 187-189, 195 (Abb.),<br />

197 (Abb.)<br />

-19. Jh.: 154<br />

STUDER, C.,Lithograph 19,4 5<br />

STÜDLI, Josef, Dachdeckermeister 223<br />

STUKKATEURE, siehe Glavadetscher, Paul;<br />

Moosbrugger, Andreas; Moosbrugger, Gebhard;<br />

Moosbrugger, Peter Anton<br />

STURZENEGGER, Hans, Maler 114 (Abb.), 116<br />

STURZENEGGER, Sebastian, Baumeister 274, 277,<br />

280,282,345,407,423<br />

STURZENEGGER, Ulrich, Glockengießer 341<br />

(Abb.), 345f.<br />

SUTER, GORRODI, SCHMID, Zeichner41<br />

SYNODE 9-1 I, 15,34<br />

TANNER, Zeichner41<br />

TANNEE, Johann Jakob, Zeichner 40<br />

TANNER, Leonhard,Maler 113, 115 (Abb.), 221<br />

TANNER, Paul, Maler 114 (Abb.), 116<br />

TAPETEN, bemalte 126<br />

TÄTSCHDAGHHÄUSER<br />

-giebelständige 197f., 317^, 395, 428, 431<br />

—traufständige (Heidenhäuser) 267, ßigf.,<br />

394f. (Abb.), 428-430, 433<br />

TAUFE GHRISTI IM JORDAN, Darstellung 8 3<br />

TAUFSTEINE<br />

— 18. Jh.: 22 (Abb.), 74 (Abb.), 87^, 340<br />

(Abb.), 432f., 376f. (Abb.)<br />

— ig. Jh.: 274 (Abb.), 277, 306 (Abb.), 417<br />

(Abb.), 419<br />

TELLSZENEN 386,388 (Abb.)<br />

TENTZEL, Bartholome, Maler 310<br />

TEUFEN<br />

— Gemeinde 3-8, 12, 26<br />

— Kirchengründung 8<br />

—Kirchhöre 3<br />

—Kirchhörescheibe 200<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Eugster,<br />

Laurenz, Maurermeister; Grubenmann,<br />

Hans Ulrich, Baumeister; Grubenmann,Jakob,<br />

Baumeister; Grubenmann, Johannes,<br />

Baumeister; Koller, Laurenz, Maurermeister,<br />

Steinmetz<br />

—Rhode 5, 27<br />

— Sonderamt 3<br />

TEXTILGEWERBE UND -HANDEL I I f., 35f., 51,<br />

188 (Abb.), 202f. (Abb.), 234, 266, 2g5, 355,<br />

402 f.<br />

TEXTILKAUFLEUTE, Zeichen d er (?) 253, 28g,<br />

445 (Abb.)<br />

THÄLER, Johann Bartholome, Maler 356, 363,<br />

381 (Abb.)<br />

THÄLER, Johann Ulrich, Maler 356, 386<br />

THAL S G<br />

-Hof 3<br />

— Kirche 8<br />

THALWIL<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Aschmann,<br />

JohannJakob, Zeichner, Radierer<br />

THOMANN, Heinrich, Zeichner, Radierer 40, 75,<br />

g4,<br />

1 4 6 ,<br />

i 62, 405, 440 (Abb.)<br />

THÖRIG, siehe Dörig<br />

THURGAU 2<br />

—Archidiakonat 8, 31<br />

TOBLER, Johannes, Baumeister 347<br />

TOBLER, Viktor, Maler 114 (Abb.), 116<br />

TOGGENBURG 51-53<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Bohl, Debus,<br />

Zimmermeister; Kunz, Johannes, Schreinermeister;<br />

Nüslin, Schreinermeister; Zehnder,<br />

Hans Jakob, Hafner<br />

TOPOGRAPHISCHE K ARTEN<br />

—Appenzell Außerrhoden 18-20 (Abb.)<br />

— Gemeinden, siehe Herisau, Stein<br />

TREPPENGELÄNDER, hölzerne<br />

— 17. Jh.: 206<br />

-18. Jh.: 126, 133, 145, 147, 153f., 16g, 178,<br />

'8g, 256<br />

-ig. Jh.: 142, 150, I78f., i8of., ^4-196, 385<br />

TREPPENTÜRME io8f. (Abb.), 130, 141 (Abb.),<br />

i44f., i52f., 157, 164, 177, 179, 184, 187f.<br />

(Abb.), 238f. (Abb.), 252, 257<br />

TRIBELHORN, Hans, Baumeister (?) 258<br />

TRIBELHORN, Johannes, Lithograph 38, 42, 45<br />

TRIPPEL, Jakob, Planzeichner 40<br />

TROGEN3-g, 12, 18, 24,26<br />

— Gerichtsort 16, 354<br />

—Hauptort, alter 4f., 6, 16, 27, 353f.<br />

— Kantonsbibliothek 18-20 (Abb.), 40-47, 235,<br />

267, 296. 357, 38g (Abb.), 405, 435 (Abb.),<br />

440 (Abb.)<br />

— Kirchengründung 8<br />

— Landsgemeinde, Tagungsort der 6, 354<br />

—Rathaus 16, 18, 117, 356<br />

—Ratsscheibe 117, 198, 207 (Abb.)<br />

—Reichsvogtei 3<br />

-Rhode 3, 5, 27<br />

—Wappen igg, 207 (Abb.)<br />

TÜRKLOPFER 125, 128, ( Abb.), 130, 288<br />

TURMHELME UND GLOCKENGESCHOSSE<br />

— 17. Jh.: 2g3 (Abb.), 302f., 310 (Abb.)


orts-, personen- und sachverzeichnis 463<br />

T u r m h e l m e u n dGlockengeschosse<br />

— 18.Jh.: 28f. (Abb.), 42 (Abb.), 55 (Abb.),<br />

59f. (Abb.), 65f., yof. (Abb.), asSf. (Abb.),<br />

241-243 (Abb.), 266 (Abb.), 270 (Abb.),<br />

272f. (Abb.), 275, 332f. (Abb.), 336 (Abb.),<br />

353 (Abb.), 361 (Abb.), 363-365 (Abb.),<br />

371 f., 381 (Abb.), 404^ (Abb.), 409 (Abb.),<br />

411-416 (Abb.), 418<br />

— 19.Jh.: 269 (Abb.), 271 (Abb.), 273f., 276,<br />

301 (Abb.), 303f. (Abb.), 306, 335 (Abb.),<br />

338 (Abb.), 340, 342, 359 (Abb.), 364-366<br />

(Abb.), 372<br />

T u r m s g h ä f t e<br />

-14.Jh.: 29 (Abb.), 42 (Abb.), 55 (Abb.),<br />

57-60 (Abb.), 62-65, 7of. (Abb.), 82 (Abb.),<br />

94f- (Abb.)<br />

~-14.l15.Jh.: 371 f., 374<br />

-15-Jh.: 302, 304-3 0 7 (Abb.), 310 (Abb.)<br />

— 17.Jh.: 238-241 (Abb.), 302, 304 (Abb.),<br />

3 0 7, S 1 « (Abb.)<br />

— 18.Jh.: 266 (Abb.), 269-272 (Abb.), 275,<br />

332f- (Abb.), 337-339 (Abb.), 341 f., 361<br />

(Abb.), 363f., 411-416 (Abb.)<br />

359 (Abb.), 364-366 (Abb.), 372<br />

Turmuhrenmacher, siehe Uhrmacher<br />

Uhrmagher, siehe Erne, Nikiaus; Hugelshofer;<br />

Luterer, Hans; Mäder, J., Rheiner, Hans<br />

Konrad; Ruch, Leonhard; Schmid, Augustin,<br />

Weyermann, Johann Jakob; Weyermann,<br />

Nikiaus<br />

U l m<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Furttenbach,<br />

Josephd.J., Architekturtheoretiker<br />

U l r i c hv o n Augsburg, Bischof<br />

3 3<br />

U l r i c hv o n K önigseck2 4<br />

Ulrich, JohannJakob IL, Maler 44, 184, 187<br />

(Abb.)<br />

Unterer H irschberg, siehe Walzenhausen<br />

Unterwaldstatt, siehe Waldstatt<br />

Urnäsch (Fluss) 2, 54, 2i5f., 326-328, 397-399,<br />

43 6<br />

Urnäsch (Ort) 3-8, 26f., 31, 290-330 (Abb.)<br />

—Altäre, ehem. 294<br />

—Beinhaus, ehem. 294<br />

—Bevölkerungszahl 295<br />

—Brunnen 311 (Abb.), 3i4f. (Abb.)<br />

—Bürger- und Bauernhäuser 300 (Abb.), 3iof.<br />

(Abb.), 313-324 (Abb.)<br />

—Dorfbrand von 1641, 300, 302-304, 310,3i2f.<br />

—Dorfplatz 298-333 (Abb.), 312-316 (Abb.)<br />

— Fahnemitdem hl. Philippus 48, 290 (Abb.),<br />

297f.<br />

—Frühmesserpfründe 293<br />

— Gemeindearchiv 295, 297 (Abb.)<br />

— Gemeindehaus 290 (Abb.), 296-298<br />

Urnäsch (Ort), Häuserzahl 295<br />

— Kapelle, ehemalige in Chapeliwies 293<br />

— Kirche, ref. 293, 296, 300-310 (Abb.)<br />

— Kirchgemeindearchiv 295f., 333<br />

— Kirchhöre 3, 292 (Pfarrei), 294 (kirchliche<br />

und politische Gemeinde)<br />

— Kirchhöresiegel, siehe Siegel und Wappen<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Stark, Laurenz,<br />

Brückenbauer<br />

— Lage und Gestalt 293 (Abb.), 296, 298-301<br />

(Abb.)<br />

—Ortsname 292<br />

— Patrozinien, ehem., siehe Antonius, Abt, hl.;<br />

Philippusund Jakobus, Apostel, hl.<br />

— Pfarrer, Geistliche, siehe Hächelstump, Hans;<br />

Klarer, Walter<br />

— Pfarrei, mittelalterliche 8, 293 f., 302; röm.-<br />

kath. 266, 294, 355<br />

— Pfarr- und Rathaus, ehem. 296, 298, 310-312<br />

(Abb.)<br />

— Psalterfragment 297 (Abb.)<br />

—Ratsscheibe 199, 384<br />

-Rhode 3, 5, 8, 292-294, 352<br />

—Roßfall 294^, 296, 299, 301, 320, 328, 330<br />

(Abb.)<br />

—Siegel und Wappen 292, 296f. (Abb.)<br />

—Weiler, Höfe 292, 299<br />

—Zürchersmühle 299^, 320-326 (Abb.)<br />

Urnäschbrücken, siehe Herisauer Tobel;<br />

Hundwilertobel; Kübel; 271, 300f., 326-328<br />

Vadian, Humanist, Reformator 33<br />

Velten, Johann, Karlsruhe, Verleger 41<br />

Verena, Patrozinium (?), Altar (?) 87<br />

Verfassungen v o n A p p e n z e l l A usserrhoden<br />

5-7<br />

Verkehr 51; siehe auch Straßen<br />

Vogteien, siehe Reichsvogteien<br />

Vorderland, appenzellisches 2f., 7<br />

W ä d e n s w i l<br />

— Künstler und Handwerker, siehe Brupbacher,<br />

Hans Jakob und Hans Ulrich, Petschaftstecher<br />

Walcher, Isaak, Goldschmied 3 76 f.<br />

W a l d<br />

— Gemeinde 5, 7, 12<br />

—Kirchengründung 9<br />

WaldSG 332f. (Abb.), 335f. (Abb.)<br />

Waldburger, Johannes, Architekt 242, 341,<br />

343J 3 8 O<br />

Waldburger, Johannes, Zeichner 44<br />

Waldburger, Johann Jakob, Baumeister 407,<br />

4 2 3


464 verzeichnisse<br />

Waldburger, Robert, Zimmermeister 364<br />

Waldschütz, F., Kartograph 2 0<br />

W a l d s h u t<br />

—Künstlerund Handwerker, siehe Grieshaber,<br />

Franz Anton, Glockengießer<br />

Waldstatt 5, yf., 37, 52-54, 265-289 (Abb.)<br />

—Bahnhof 272<br />

—Bevölkerungszahl 266f.<br />

—Bezirke 27of.<br />

—Bürger- und Bauernhäuser 266 (Abb.), 268-<br />

271 (Abb.), 276 f. (Abb.), 279-289 (Abb.)<br />

—Geißhalden 265, 269f. (Abb.), 283<br />

— Gemeindearchiv 267<br />

—Gemeindegründung 265 f.<br />

—Kirche 266 (Abb.), 269-280 (Abb.)<br />

—Kirchenbau 265!"., 272!".<br />

—Kirchgemeindearchiv 267<br />

—Künstler und Handwerker, siehe Stark, Johannes,<br />

Brückenbauer<br />

—Lage und Gestalt 266 (Abb.), 268-272 (Abb.)<br />

—Mooshalden 265, 270<br />

—Oberwaldstatt 265, 269 f. (Abb.)<br />

—Pfarrhaus 276 (Abb.), 279 (Abb.), 281 f.<br />

—Schulhäuser 282<br />

— Siegel undWappen 267-269 (Abb.), 442<br />

—Unterwaldstatt 270, 286 (Abb.), 288f.<br />

Walser, Gabriel, Chronist, Kartograph, T o­<br />

pograph i8f. (Abb.)<br />

Walser, Johannes, Kaufmann, Kunstverleger<br />

35. 123-126<br />

Walser, Karl, Maler 122<br />

Walser, Robert, Dichter 122<br />

Walt, Ulrich, Architekt 274, 296, 303f., 3 08<br />

Waltram, Schenkung d es 2 f.<br />

W a l z e n h a u s e n<br />

— Gemeinde 5, 7<br />

—Kirchengründung 8<br />

W a n d -u n d D e c k e n m a l e r e i<br />

- I 3- J h - ( ? ): 37 of - (Abb.)<br />

—um 1400: 368-370 (Abb.)<br />

— 17.Jh.: (Abb.) 205f., 212 (Abb.), 394 (Abb.)<br />

-18.Jh.: 98 (Abb.), 120 (Abb.), I29f., 135,<br />

253 f-<br />

-19. Jh.: 289, 386-388 (Abb.)<br />

Wappen, siehe Familienwappen, Gemeindewappen,<br />

Landeswappen<br />

— Salem, Kloster 91 f. (Abb.)<br />

Wappenscheiben 387-389 (Abb.); Kapitelsbrüder<br />

199; siehe Kirchhörescheiben, Ratsscheiben;<br />

Stadtscheiben ii6f., 138; siehe<br />

Standesscheiben<br />

Waremberger (Warnberger?), Jakob, Goldschmied<br />

89f. (Abb.), 442 (Abb.)<br />

Wattbach 2, 4 40 (Abb.)<br />

Wattwil, Kirchhöre 31, 51<br />

Weeber, W ., Zeichner 4 03, 405, 423, 4 35<br />

Wehrli, Diethelm, Tischler 310<br />

Wehrli, Hans Heinrich, Schreiner, Tischler<br />

302, 308, 310<br />

Weirauch, Johannes, «Physikus», 6of.<br />

Weiss, Johannes, Maler, Zeichner 43-45, 111,<br />

ii4f., 138, 191, 193, 200f. (Abb.), 246-248<br />

Weiss, Johann Heinrich, Kartograph ig<br />

Werkmeister, siehe Architekten usw.<br />

Werner,J., Zeichner, Lithograph 41, 45<br />

Wetter, Adrian, Kaufmann, Landammann<br />

ii4f. (Abb.), I27f., i37f.<br />

Wetter, Johann Laurenz, Kaufmann 134,<br />

138f. (Abb.)<br />

Wetter, Laurenz, Kaufmann, Landammann<br />

114, i27f., 133 (Abb.), 137<br />

Wetter, Kaufmannsfamilie, Herisau 12, 27, 35<br />

Wetzel, Johann Jakob, Kolorist 124<br />

Weyermann, Johann Jakob, Stadtuhrenmacher<br />

194<br />

Weyermann, Nikiaus, Stadtuhrenmacher 194<br />

Widmer, Daniel, Zimmermeister (?) 430<br />

Widmer, Konrad, Zimmermeister 390 (?),<br />

421 f. (Abb.)<br />

Wiedenkeller, Albert, Zimmermeister 357<br />

W i e d e r t ä u f e r3 4<br />

Wiget, Albert, Zeichner 44, 47, 162<br />

Willi, Daniel, Maurermeister 397, 399 (Abb.)<br />

Windrosen u nd - eahnen 5 9 (Abb.), 61, i o8f.<br />

(Abb.), 157, 189, 193 (Abb.)<br />

Winterthur, siehe Johannes von<br />

— Künstlerund Handwerker, siehe Biedermann,<br />

Johann Jakob, Zeichner, Kolorist; Matthaei,<br />

Karl, Orgelexperte; Randegger, Johannes,<br />

Lithograph; Schellenberg, Johann Ulrich,<br />

Zeichner; Studer, C., Lithograph; Ziegler,<br />

Jakob Melchior, Lithograph<br />

— Kunstmuseum 28 (Abb.), 40, 94 (Abb.)<br />

Wipf, Otto, Maler 116<br />

Wirtschaften, siehe Reifwirtschaften, Schildwirtschaften<br />

W i r t s c h a f t l i c h eV e r h ä l t n i s s e 11-13, 35F.,<br />

234, 266, 294f., 332f.<br />

Wirtshaosschilder, 18./19. Jh.: 142, 156,<br />

i6if. (Abb.), 171, 177 (Abb.), 211, 256f.<br />

(Abb.), 284, 288, 315 (Abb.), 388<br />

Wiss, Konrad, Dachdecker 302<br />

W i s s e n b a c h2, 5 3f.<br />

Wissenbachbrücke, siehe Herisau, Schwänbergbrücke<br />

W o l f h a l d e n<br />

—Gemeinde 5, 7<br />

—Kirchengründung 8<br />

Wolf, Johann Kaspar, Architekt 119<br />

Wurster, Randegger & Co., topographische<br />

Anstalt, Winterthur 39


orts-, personen- und sachverzeichnis 465<br />

Zahner, Ulrich, Zimmermeister 201<br />

Zehnder, HansJakob, Hafner 347<br />

Z e h n t e n r o d e l d e sBistumsK o n s t a n z31,354<br />

Zeichner, siehe Maler<br />

Zeller,Hans, Maler 116<br />

Zellweger, Kaufmannsfamilie, Landammänner<br />

12, 27, 113-115 (Abb.)<br />

Ziegler, Architekt 129<br />

Ziegler,Jakob Melchior, Lithograph 20<br />

Ziegler, Tonwarenfabrik 2 77<br />

Zierbretter, seitliche 98 (Abb.), i82f., 188<br />

(Abb.), igGf., 201,204f. (Abb.), 209f. (Abb.),<br />

216 (Abb.), 259-261 (Abb.), 317-319 (Abb.),<br />

430<br />

Zimmerleute, siehe Frischknecht, Johannes<br />

und Elias; Frischknecht, Ulrich; Germann,<br />

Kaspar; Keßler, Johannes; Moosbrugger,<br />

Jakob; Moosbrugger Michael<br />

Zimmermeister, siehe Architekten usw.<br />

Zinngiesser, siehe Bosch, Johannes; Gane;<br />

Eugster, Hans; Glinz; Gmünder; Hiller, Abraham;<br />

Hiller, Adrian; Hiller, Heinrich;<br />

Klingling, Adrian; Klingling,Johann Georg;<br />

Merg, Georg Friedrich; Merz, Hans Jakob;<br />

Scheuß, Hans Ulrich; Schirmer,Hans Jakob;<br />

Schirmer, Joachim; Staehelin, Georg<br />

Zipfel, Nikiaus, Schmied 345<br />

Zollinger, Heinrich, Zeichner, Stahlstecher<br />

42, 44, 120<br />

Zuber, J ., Kartograph 19<br />

Zuberbühler, Adrian, Schlossermeister 61<br />

Zuberbühler, Johann Jakob, Kupferschmied<br />

61,278,339,342<br />

Züblin & Co., Brückenbau 3 98<br />

Zülle, Johannes, Maler 267<br />

Zürcher, Bernhard, Zimmermeister, Brückenbauer<br />

399<br />

Z ü r i c h<br />

—Archiv für Historische Kunstdenkmäler der<br />

Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege<br />

38, 440<br />

—E TH, graphische Sammlung 40f., 44, 332-<br />

334 (Abb.)<br />

— Künstler u nd Handwerker, siehe Boissonas,<br />

Henri, Restaurator; Bollert und Herter, Architekten;<br />

Füßli, Hans, Glockengießer; Füßli,<br />

PeterVI., Glockengießer; Füßli, Peter VIII.,<br />

Glockengießer; Hegi, Franz, Radierer;Herrliberger,<br />

David, Radierer, Topograph; Keller,<br />

Jakob, Glockengießer; Luterer, Hans,<br />

Stadtuhrenmacher; Meyer, Johann Heinrich,<br />

Radierer; Münch, Otto, Bildhauer;<br />

Murer, Christoph, Glasmaler; Murer, Josias,<br />

Glasmaler; Nüscheler, HansJakob, Glasmaler;<br />

Pestalozzi, Johann Ludwig, Ingenieur;<br />

Pfister, Gebrüder, Architekten; Pfyffer,<br />

Eduard, Maler; Rahn, Johann Rudolf,<br />

Kunsthistoriker, Zeichner; Rüegg, Ernst<br />

Georg, Maler; Scheuchzer, Johann Caspar,<br />

Zeichner, Lithograph; Schultheß, F., Lithograph;<br />

Stadler, Architekt; Suter, Corrodi,<br />

Schmid, Zeichner; Ulrich,Johann Jakob IL,<br />

Maler; Wetzel, Johann Jakob, Kolorist;<br />

Wolf, Johann Kaspar, Architekt; Zollinger,<br />

Heinrich, Zeichner, Stahlstecher; Züblin &<br />

Co., Brückenbau<br />

— Sammlung Dr. Syz 267<br />

— Schweizerisches Landesmuseum 10 (Abb.),<br />

12-15 (Abb.), 46f., 61, 102f., 267^ (Abb.),<br />

371, 440<br />

—Zentralbibliothek, graphische Sammlung<br />

40-46, 156 (Abb.), 200f. (Abb.), 405, 440<br />

Zweibrüggen, Brücken 410, 437 (Abb.), 440<br />

(Abb.); Mühle 403, 405, 432, (Abb.), 435<br />

Z w e i f a c h e r L a n d r a t 6 , 2 7<br />

Zwingli, Huldrych, Reformator 33


466<br />

BISHERERSCHIENENEBÄNDE - VOLUMESPARUS<br />

KANTONAARGAU<br />

I; Die Bezirke Aarau, Kulm, Zofingen.Von Michael Stettier. 428 S. mit 326 Abb. 1948.<br />

II; Die Bezirke Brugg, Lenzburg. Von M. Stettier und E. Maurer. 480 S.mit 430 Abb. 1953.<br />

III; Das Kloster Königsfelden. Von Emil Maurer. 359 S.mit 311 Abb. und 1 Farbtafel. 1954.<br />

IV: Der Bezirk Bremgarten. Von Peter Felder. 491 S. mit 462 Abb. 1967.<br />

V: Der Bezirk Muri. Von Georg Germann. 574 S. mit 396 Abb. 1967.<br />

KANTONBASEL-STADT<br />

I: Geschichte und Stadtbild. Befestigungen, Areal und Rheinbrücke; Rathaus und Staatsarchiv. Von<br />

C. H. Baer, R. Riggenbach, u.a. 712 S. mit40 Tafeln,478Abb. 1932. - Nachdruck mit64S. Nachträgen<br />

von Frangois Maurer. 1971.<br />

II:Der Basler Münsterschatz.Von Rudolf F. Burckhardt. 392 S. mit 263 Abb. 1933. - Vergriffen.<br />

III: Die Kirchen, Klösterund Kapellen. Erster Teil: St. Alban bis Kartause. Von C.H.Baer, R.Riggenbach,<br />

P.Roth. 620 S. mit 339 Abb. 1941. - Vergriffen.<br />

IV: Die Kirchen, Klöster und Kapellen. Zweiter Teil: St. Katharina bis St. Nikolaus. Von Franfois<br />

Maurer. 396 S. mit 448 Abb. 1961.<br />

V: Die Kirchen, Klöster und Kapellen. Dritter Teil: St. Peter bis Ulrichskirche. Von Frangois Maurer.<br />

479 S. mit 544 Abb. 1966.<br />

KANTON BASEL-LANDSCHAFT<br />

I: Der Bezirk Arlesheim, mit Kantonseinleitung. Von Hans-Rudolf Heyer. 468 S. mit 495 Abb. 2 Farbtafeln.<br />

1969.<br />

KANTONBERN<br />

I: Die Stadt Bern. Einleitung; Lage; Stadtbild, Stadtbefestigung, Brücken, Brunnen; Korporativbauten.Von<br />

Paul Hofer. 456 S. mit 328 Abb. 1952.<br />

II: Die Stadt Bern. Gesellschaftshäuser und Wohnbauten. Won Paul Hofer. 484 S., 445Abb. 1959.<br />

III: Die Stadt Bern. Staatsbauten (Rathaus, Kornhäuser, Zeughäuser, Stift usw.). Von Paul Hofer.<br />

468 S. mit 309 Abb. 1947.<br />

IV: Die Stadt Bern. Das Münster. Von Luc Mojon. 451 S. mit 432 Abb. i960.<br />

V: Die Stadt Bern. Die Kirchen: Antonierkirche, Französische Kirche, Heiliggeist- und Nydeggkirche.<br />

Von Paul Hofer und Luc Mojon. 299 S. mit 318 Abb. 2 Farbtafeln. 1969.<br />

CANTOND EFRIBOURG<br />

I:La ville de Fribourg. Introduction, plan de la ville, fortifications, promenades, ponts, fontaines et<br />

edifices publics. Par Marcel Strub. 400 p., illustr^de 341 fig. 1964.<br />

II:La ville de Fribourg. Les monuments religieux (premiere partie). Par Marcel Strub. 413 p., illustre<br />

de 437 fig. 1956.<br />

III:La villede Fribourg. Les monuments religieux (deuxieme partie). Par Marcel Strub. 448 p., illustre<br />

de 427 fig. 1959.<br />

KANTON GRAUBÜNDEN<br />

I: Die Kunst in Graubünden. Ein Überblick.Von E. Poeschel. 292 S., 142 Abb. 1937. - Vergriffen.<br />

II: Die Talschaften Herrschaft, Prätigau, Davos, Schanfigg, Churwalden, Albulatal. Von Erwin<br />

Poeschel. 420 S.mit 392 Abb. 1937. 2. Nachdruck 1957.<br />

III: Die Talschaften Räzünser Boden, Domleschg, Heinzenberg, Oberhalbstein, Ober- und Unterengadin.Von<br />

Erwin Poeschel. 567 S. mit 548 Abb. 1940. Nachdruck 1949. Vergriffen.


467<br />

IV: Die Täleram Vorderrhein. I. Teil: Das Gebiet von Tamins bis Somvix.Von Erwin Poeschel. 466 S.<br />

mit 519 Abb. 1942. Nachdruck 1953. - Vergriffen.<br />

V: Die Täleram Vorderrhein.II. Teil. Die Talschaften Schams, Rheinwald, Avers, Münstertal, Bergeil.<br />

Von E. Poeschel. 490 S. mit 503 Abb. 1943. Nachdruck 1961. — Nachtrag auch separat.<br />

VI: Die italienisch-bündnerischen Talschaften Puschlav, Misox und Calanca. Von Erwin Poeschel.<br />

400 S. mit 434 Abb. 1945. - Vergriffen.<br />

VII: Die Stadt Chur und das Churer Rheintal von Landquart bis Chur.Von Erwin Poeschel. 476 S. mit<br />

477 Abb. 1948.<br />

KANTONLUZERN<br />

I: Kantonseinleitung. Die Ämter Entlebuch und Luzern-Land. Von Xaver von Moos, C.H. Baer und<br />

Linus Birchler. 556 S. mit 440 Abb. 1946. - Vergriffen.<br />

II: Stadt Luzern, Stadtentwicklung, Kirchen. Von Adolf Reinle. 427 S. mit 306 Abb. 1953.<br />

III: Stadt Luzern, Staats-und Wohnbauten.Von Adolf Reinle. 347 S. mit 280 Abb. 1954.<br />

IV:DasAmt Sursee.Von Adolf Reinle. 528 S. mit 511 Abb. 1956.<br />

V: DasAmt Willisau mit St. Urban. Von Adolf Reinle. 454 S. mit 379 Abb. 1959.<br />

VI:DasAmt Hochdorf. Überblick.Von Adolf Reinle. 544 S. mit 355 Abb. 1963.<br />

CANTON D E NEUCHATEL<br />

I:La ville de Neuchätel. Par Jean Courvoisier. 440 p., avec 409 fig. 1955.<br />

II: Les districtsde Neuchätel etde Boudry. Par J . Courvoisier. 476 p., avec 377 fig. 1963.<br />

III: Les districts du Val-de-Travers, du Val-de-Ruz, du Locle et de La Chaux-de-Fonds. Par Jean<br />

Courvoisier. 468 p., avec 379 fig. 1968.<br />

KANTON ST.GALLEN<br />

I: Bezirk Sargans. Von E. Rothenhäusler, unter Mitarbeit von D. F. Rittmeyer und B.Frei. 459 S. mit 436<br />

Abb.und 1 Farbtafel. 1951.<br />

II: Die Stadt St.Gallen I. Geschichte, Befestigungen, Kirchen (ohne Stift) und Wohnbauten. Von<br />

Erwin Poeschel. 435 S. mit 447 Abb. 1957.<br />

III: Die Stadt St.Gallen II. Das Stift. Von Erwin Poeschel. 392 S. mit 332 Abb. 1961.<br />

IV:Der Seebezirk. Von Bernhard Anderes. 668 S. mit 709 Abb. 1966.<br />

V: Der Bezirk Gaster. Von Bernhard Anderes. 420 S. mit 424 Abb. 1970.<br />

KANTONSCHAFFHAUSEN<br />

I: Die Stadt Schaffhausen. Entwicklung, Kirchenund Profanbauten.Von Reinhard Frauenfelder. 484 S.<br />

mit 630 Abb. 1951.<br />

II:Der Bezirk Steinam Rhein.Von Reinhard Frauenfelder. 367 S. mit 461 Abb. 1958.<br />

III: Der Kanton Schaffhausen (ohne Stadt Schaffhausen und Bezirk Stein). Von Reinhard Frauenfelder.<br />

392 S. mit 404 Abb. i960.<br />

KANTONSGHWYZ<br />

I: Die Bezirke Einsiedeln, Höfeund March. Von L. Birchler. 484 S. mit 498 Abb. 1927. - Vergriffen.-<br />

Neubearbeitung im Gange.<br />

II:Die Bezirke Gersau, Küßnacht und Schwyz; Kunsthistorischer Überblick.Von Linus Birchler. 798 S.<br />

500 Abb. 1930. - Vergriffen. - Neubearbeitung im Gange.<br />

KANTONSOLOTHURN<br />

III: Die Bezirke Thal, Thierstein, Dorneck. Von Gottlieb Loertscher, 456 S. mit 465 Abb. 1957.


468<br />

CANTONTICINO<br />

I: Locarno e i) suo circolo (Locarno, Solduno, Muralto e Orselina). Di Virgilio Gilardoni, 541 p., con<br />

589 ill. 1973.<br />

KANTON THURGAU<br />

I: Der Bezirk Frauenfeld.Von Albert Knoepfli. 480 S. mit 355Abb. 1950.<br />

II: Der Bezirk Münchwilen.Von Albert Knoepfli. 431 S. mit 367 Abb. 1955.<br />

III:Der Bezirk Bischofszell.Von Albert Knoepfli. 581 S. mit 500 Abb. 1962.<br />

CANTOND E VAUD<br />

I:La ville de Lausanne. Par Marcel Grandjean. 452 p. avec 340 fig. 1965.<br />

II: La Cathedralede Lausanne et son tresor. Par E.Bach, L.Blondel, A.Bovy. 459p. avec 381 fig., dessins<br />

et plans. 1944. - Epuise.<br />

KANTONZUG<br />

I: Einleitung. Zug-Land.Von L.Birchler. 436 S. mit 260 Abb.und 1 Übersichtskarte. 1934. Nachdruck<br />

1949 mit Nachträgen 1933-1948. (NachtragzuBand I undII auch separat.)<br />

II: Stadt Zug. Von Linus Birchler. 672 S. mit 391 Abb. 1935. Nachdruck 1959 mit Nachträgen 1935<br />

bis 1958. (NachtragzuBand I undII auch separat.)<br />

KANTONZÜRICH<br />

I; Die Bezirke Affoltern und Andelfingen.Von H. Pietz. 432 S. mit 359 Abb. 1938. - Vergriffen.<br />

II: Die Bezirke Bülach, Dielsdorf, Hinwil, Horgen und Meilen.Von Hermann Pietz. 436 S. mit 394 Abb.<br />

1943. - Vergriffen.<br />

IV: Die Stadt Zürich. Erster Teil: Stadtbild, Befestigungen und Brücken; Kirchen, Klöster und<br />

Kapellen; Öffentliche Gebäude, Zunft- und Gesellschaftshäuser. Von Konrad Escher. 494 S. mit 340<br />

Abb. 1939. Nachdruck 1948.<br />

V: Die Stadt Zürich. Zweiter Teil: Mühlen und Gasthöfe, Privathäuser, Stadterweiterung, Sammlungen.<br />

Von Konrad Escher, Hans Hojfmann und Paul Kläui. 512 S. mit 374Abb. 1949.<br />

VI: Die Stadt Winterthur. Von Richard Zürcher und Emmanuel Dejung. Stadt Zürich, Nachträge. Von<br />

Hans Hojfmann. 463 S. mit 333 Abb. 1952.<br />

FÜRSTENTUMLIECHTENSTEIN<br />

Von Erwin Poeschel. 308 Seiten mit 287 Abb. 1950. - Vergriffen.<br />

AUSSERHALBDERREIHE «DIEKUNSTDENKMÄLERDERSCHWEIZ»<br />

Die Kunstdenkmäler des Kantons Unterwaiden. Von Robert Durrer. Unveränderter Offsetnachdruck<br />

1971. Herausgegeben von den Historischen Vereinen von Obwalden und Nidwaiden in Zusammenarbeit<br />

mit der Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte. 1188 Seiten mit 121 Plänen, 182 Zeichnungen<br />

und Skizzen des Verfassers, 96 Tafeln und 437 weiteren Abbildungen im Text.<br />

«BEITRÄGEZ U RKUNSTGESCHICHTEDERSCHWEIZ»<br />

Band 1: Peter Felder-, Johann Baptist Babel. 1716-1799. Ein Meister der schweizerischen Barockplastik.<br />

280 S., 190 Schwarzweiß-Abb., 4 Farbtafeln; Werkkatalogund Quellentexte. Basel 1970.<br />

Band 2: Andreas F. A. Morel: Andreas und Peter Anton Moosbrugger. Zur Stuckdekoration des Rokoko<br />

in der Schweiz. Bern (Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte) 1973. 253 S., 196 Abbildungen,<br />

davon eine farbig. 2 Falttafeln (Werk-Karte, Stammbaum) Werkkatalogund Quellentexte.<br />

Bestellungen sind zu richten an: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte, Postf., 3000 Bern 12.

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