Die Neue Hochschule Heft 2/2016
Zeitschrift des hlb - Hochschullehrerbund e.V. - Themenschwerpunkt: Hochschulfinanzen
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46 ZEITLER<br />
Humboldt Digital:<br />
E-Learning oder I-Learning?<br />
Ministerialdirigent a. D.<br />
Dr. Wolfgang Zeitler<br />
Bayerisches Staatsministerium<br />
für Bildung und Kultus,<br />
Wissenschaft und Kunst<br />
Salvatorstraße 2<br />
80333 München<br />
Wolfgang Zeitler<br />
In der Bildungspolitik, gerade aber auch<br />
in der Hochschulpolitik gibt es Zauberwörter.<br />
Sie wechseln nicht gerade im<br />
Rhythmus der Jahreszeiten, dennoch<br />
sind die Halbwertszeiten oft überschaubar.<br />
<strong>Die</strong> „entfesselte <strong>Hochschule</strong>“, die<br />
„autonome <strong>Hochschule</strong>“, die „wettbewerbsfähige<br />
<strong>Hochschule</strong>“, die „offene<br />
<strong>Hochschule</strong>“ – das sind Begriffe, deren<br />
Zaubercharme noch nicht verblasst ist,<br />
aber aktuell an Farbprägnanz verliert<br />
hinter den strahlenden Pixeln des<br />
Begriffes E-Learning-<strong>Hochschule</strong>.<br />
Was ist nun das Zauberhafte an dem<br />
Zauberwort E-Learning-<strong>Hochschule</strong>? Es<br />
ist in der Lage, nach bloßer Nennung<br />
begeisterte Zustimmung und grimmige<br />
Ablehnung zugleich hervorzurufen. <strong>Die</strong><br />
Zustimmung kondensiert sich in Zurufen<br />
wie: „Endlich wird unsere <strong>Hochschule</strong><br />
noch stärker international<br />
zugänglich und sichtbar“ oder „E-Learning<br />
ist der Wachstumsmarkt auch in<br />
Zeiten des vorhersehbaren Studierendenrückgangs<br />
in Deutschland“ oder<br />
„E-Learning ermöglicht mittelfristig<br />
enorme Sparpotenziale“ oder „E-Learning<br />
erhöht den Studienerfolg“ oder<br />
„E-Learning entlastet von ungeliebten<br />
Basisveranstaltungen“. Ingrimm trifft<br />
auf Echowände wie „E-Learning heißt<br />
Entpersonalisierung des Lernprozesses“<br />
oder „E-Learning entmündigt den<br />
Hochschullehrer“ oder „E-Learning<br />
kann für mein Fach nicht gelten“ oder<br />
„E-Learning vereinzelt die Studierenden“<br />
oder „E-Learning bedroht Kreativität<br />
und Interdisziplinarität“ oder „bisherige<br />
Investitionen in E-Learning sind<br />
verbranntes Geld“.<br />
Es wird sofort deutlich: E-Learning ist<br />
nicht nur ein Zauberwort, es ist ein<br />
Wieselwort. Es scheint nicht klar definiert,<br />
die Vorstellungen über das Ge -<br />
meinte, scheinbar Eindeutige sind eindeutig<br />
vieldeutig.<br />
Im Folgenden sei versucht, altmodisch<br />
gesprochen, eine Lanze zu brechen –<br />
oder um im modernen Bild zu bleiben,<br />
Tastaturen zu bearbeiten für ein integrierendes,<br />
individualisiertes, intelligentes<br />
E-Learning, eben für das I-Learning.<br />
Der Hintergrund hierfür ist gewonnen<br />
einmal aus intensiven Gesprächen in<br />
den USA, hier wiederum insbesondere<br />
an der University of California in Los<br />
Angeles – einem ohne Zweifel Kreuzungspunkt<br />
vieler E-Learning-Entwicklungen.<br />
Der zweite aktuelle Einfluss ist<br />
der vom bayerischen Bildungsministerium<br />
eben abgeschlossene Wettbewerb<br />
„Partnerschaft – <strong>Hochschule</strong> und Region“.<br />
Der Wettbewerbsfokus galt digitalen<br />
Lernorten in der Region.<br />
Wie wird also E-Learning zu<br />
I-Learning?<br />
<strong>Die</strong> erste „Steuerungstaste“ hierfür?<br />
E-Learning ist nicht ein simples Anbieten<br />
von E-Learning-Elementen und<br />
-Kursen. Zuallererst muss die Definition<br />
dessen geleistet sein, was präzise mit<br />
dem Angebot erreicht werden soll –<br />
eine Binsenweisheit, aber bekanntlich<br />
gedeihen auch in der Akademia Binsen<br />
nicht überall. E-Learning wird anders<br />
aussehen, wenn es zur Wissensvermittlung,<br />
anders, wenn es für Abschlussprüfungen<br />
konzipiert ist, wieder anders,<br />
wenn es vom Ziel der Kompetenzver-<br />
DNH 2 ❘ <strong>2016</strong>