10 Jahre HALLO Greven
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<strong>10</strong> <strong>Jahre</strong> Hallo<br />
Sonntag, 3. April 2016<br />
So früh war ich noch<br />
nie in Münsters<br />
Stadthafen. Es ist<br />
kurz vor acht. Und<br />
nichts los. Die Tische<br />
und Bänke der vor allem bei<br />
Sonnenschein gut besuchten<br />
Gastronomie-Betriebe sind<br />
leer. Und nass. Vom nächtlichen<br />
Regen. Es scheint, als<br />
schliefen die Restaurants,<br />
Kneipen und Bars. Als müssten<br />
sie sich erholen von einer<br />
turbulenten Nacht.<br />
Von der gegenüberliegenden<br />
Hafenbecken-Seite tönen derweil<br />
monotone Maschinengeräusche<br />
herüber. Die Industrie<br />
ist längst erwacht. Dutzende<br />
Autos stehen auf den Parkplätzen,<br />
die Arbeiter sind bereits<br />
fleißig. Auch die auf der<br />
Baustelle. Der Krach eines<br />
Maschinenlärm<br />
trifft Stille<br />
Kontrastreich: Münsters Hafen in den frühen Morgenstunden. Während<br />
die Gastronomie noch ruht, tönt es lautstark aus den Fabrikhaln<br />
F Annik Wi nh r<br />
Münsters Hafenbecken<br />
am frühen Morgen<br />
Presslufthammers durchbricht<br />
das monotone Maschinensummen<br />
– und die Stille<br />
auf der Gastronomie-Seite.<br />
Dann verhallt er, der Presslufthammer-Lärm.<br />
Mein Blick fällt auf das Hafenbecken.<br />
Es weht ein frischer<br />
Wind. Ganz leicht. Er<br />
setzt das Wasser in Bewegung,<br />
das winzige Wellen schlägt.<br />
Eine Ente zieht ihre Bahnen,<br />
taucht plötzlich ab. Vermutlich<br />
auf der Suche nach Frühstück.<br />
Und schwupp: Schon<br />
streckt sie ihr Köpfchen wieder<br />
empor.<br />
Über mir fliegen einige Vögel<br />
hinweg. Sie und ihre Artgenossen<br />
zwitschern. Als wenn<br />
sie den Tag begrüßen wollten.<br />
Aus der Ferne nehme ich ein<br />
Schiffshorn wahr.<br />
Ich bin ganz allein. Fast. Nur<br />
zwei Leute gehen in den zehn<br />
Minuten, die ich an Münsters<br />
Hafenbecken verweile, mit<br />
flinken Schritten an mir vorbei.<br />
Bepackt mit Arbeitstaschen.<br />
Schick gekleidet. Sie sehen<br />
noch leicht verschlafen<br />
aus, die beiden. Ihr Ziel: sicherlich<br />
eines der vielen Büros<br />
in den großen, alten Gebäuden.<br />
Und dann fährt plötzlich ein<br />
kleines Müllauto an mir vorbei.<br />
Reinemachen vom Vorabend.<br />
Die Motorengeräusche<br />
verstummen, als der Wagen<br />
sich zunehmend von mir entfernt.<br />
Das einzige, das ich jetzt<br />
wieder höre: die monotonen<br />
Fabrikgeräusche von der linken<br />
Hafenbecken-Seite und<br />
das Vogelgezwitscher über<br />
mir. Rechts: Stille. Die Gastronomie<br />
schläft noch immer.<br />
Und auch das kleine Schiff,<br />
das vor Anker liegt, scheint vor<br />
sich hin zu schlummern.<br />
(awi)<br />
Info<br />
Redakteure<br />
on<br />
Tour<br />
Vier <strong>HALLO</strong>-Redakteure haben<br />
sich in den vergangenen Tagen<br />
auf den Weg gemacht, um ganz<br />
unterschiedliche Orte zu besuchen.<br />
Für zehn Minuten. Was sie<br />
dabei gesehen, gehört, gefühlt,<br />
gerochen und erlebt haben,<br />
schildern sie auf dieser Doppelseite.<br />
Münsters Fahrrad-Autobahn wird tagtäglich von vielen Menschen<br />
<strong>10</strong> <strong>Jahre</strong><br />
Wir gratulieren!<br />
Es ist still und ruhig,<br />
morgens um halb zehn.<br />
Die Vögel zwitschern in<br />
den Bäumen und Sträuchern,<br />
die Hasen hoppeln über die<br />
Wiesen. Alles wirke so friedlich<br />
auf mich, so entspannt.<br />
Nur hier und da ein – Wuuusch!<br />
– vorbeifahrender Fahrradfahrer.<br />
Einer? Genau genommen<br />
sind es 63. Innerhalb<br />
von zehn Minuten. Ja, die Promenade<br />
wird nicht grundlos<br />
Münsters Fahrrad-Autobahn<br />
genannt.<br />
Alle sind sie auf dem Weg irgendwo<br />
hin. Fahren in eiligem<br />
Tempo die Baumallee<br />
entlang, biegen an der Kreuzung<br />
ab oder in einen Seitenweg<br />
ein. Manche wirken hektisch,<br />
gestresst, treten beinahe<br />
panisch in die Pedalen – in<br />
ihren Gesichtern ist der Zeitdruck<br />
zu erkennen. Und der<br />
Ärger über die anderen Fahrradfahrer,<br />
die es offenbar<br />
nicht so eilig haben – und ihnen<br />
den Weg versperren.<br />
Die wiederum scheinen die<br />
Atmosphäre dieser Morgen-<br />
Sinfonie fast schon zu genießen.<br />
Verträumt starren sie auf<br />
ihr Lenkrad, manche auch auf<br />
ihr Smartphone, andere genießen<br />
sichtlich die Musik,<br />
die aus ihren übergroßen<br />
Kopfhörern oder winzigen In-<br />
Ears kommt – und benutzen<br />
ihr Lenkrad dabei als kleines<br />
Schlagzeug.<br />
Von meiner Bank zwischen<br />
den Bäumen am Rand der Allee<br />
kann ich alle möglichen<br />
Menschen beobachten: Es<br />
passieren mich acht Jogger,<br />
vier Mütter mit Kinderwagen,<br />
zwölf Spaziergänger – darunter<br />
auch eine ältere Dame<br />
in einem knallroten Mantel.<br />
Sie sah ein bisschen aus wie<br />
Rotkäppchen, nur mit grauen<br />
Haaren. (lisa)