Wirtschaft, Gesellschaft & Handel 2/16
Newsletter zum Wirtschafts-, Gesellschafts- und Handelsrecht
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I. NEUE ENTWICKLUNGEN IM WIRTSCHAFTSRECHT<br />
1. Verordnungen zum Vergaberecht verabschiedet<br />
Im letzten Newsletter (WGH 1/20<strong>16</strong>) berichteten wir über die Modernisierung des Vergaberechts.<br />
Das Ende 2015 verabschiedete Gesetz wurde mittlerweile im Bundesgesetzblatt am<br />
23.02.20<strong>16</strong> veröffentlicht, sodass seinem Inkrafttreten am 18.04.20<strong>16</strong> nichts mehr im Wege<br />
steht. An diesem Tag treten ebenfalls die nunmehr am 25.02.20<strong>16</strong> beschlossenen Rechtsverordnungen<br />
zum Vergaberecht in Kraft. Der Bundesrat stimmte dem am 18.03.20<strong>16</strong> zu. Diese<br />
weiteren Vorschriften ergänzen die bisherigen Neuregelungen und runden die Modernisierung<br />
des Vergaberechts ab.<br />
Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist hierbei die Vereinfachung und Verschlankung der Prüfaufträge.<br />
So ersetzt die „Einheitliche Europäische Eigenerklärung“ (EEE) in einem vorläufigen<br />
Stadium die Eignungsnachweise. Der Erklärende hat hierbei zu versichern, dass einer<br />
Auftragsvergabe keine Ausschlussgründe entgegenstehen und er die Vorgaben des öffentlichen<br />
Auftraggebers zur Eignung erfüllt. Ferner muss der Bewerber jederzeit in der Lage<br />
sein, die Nachweise für das Vorliegen der von ihm versicherten Eignungskriterien vorzulegen.<br />
Nach einer Übergangsfrist muss die EEE in elektronischer Form vorliegen. Ferner enthält<br />
die Reform eine Verlagerung zum nicht offenen Verfahren. Dies verbessert vor allem<br />
die Chancen der Teilnahme für kleine und mittlere Unternehmen, da die Unternehmen erst<br />
dann zur Erstellung und Einreichung von aufwändigen Angebotsunterlagen aufgefordert<br />
werden, wenn deren Eignung feststeht.<br />
Beachtet werden sollte, dass das neue Vergaberecht nur ab bestimmten Schwellenwerten<br />
greift, die alle zwei Jahre von der EU-Kommission angepasst werden. Da deshalb eine Vielzahl<br />
von öffentlichen Auftragsvergaben nicht erfasst ist, wird bereits eine partielle Ausdehnung<br />
der neuen Grundsätze auf sog. unterschwellige Vergaben diskutiert. Wir werden Sie<br />
diesbezüglich und zu den weiteren Entwicklungen im Vergaberecht auf dem Laufenden<br />
halten.<br />
2. Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung<br />
und nach dem Anfechtungsgesetz<br />
Die Bundesregierung hat am 29.09.2015 den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der<br />
Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz<br />
beschlossen. Nach dem Gesetzentwurf soll klarer als bisher geregelt werden,<br />
inwieweit Insolvenzverwalter zurückliegende Zahlungen des insolventen Unternehmens an<br />
Lieferanten, Dienstleister oder Arbeitnehmer zurückfordern können. Dadurch soll vor allem<br />
die Rechtssicherheit für die <strong>Wirtschaft</strong> und für Arbeitnehmer gestärkt werden.<br />
Die angestrebten Neuregelungen betreffen vor allem die Vorsatzanfechtung, die deutlich<br />
eingeschränkt werden soll. So ist beabsichtigt, diese nur in einem Zeitraum von vier statt<br />
bisher zehn Jahren rückwirkend zu ermöglichen. Falls der Gläubiger eine ihm zustehende<br />
Forderung oder Sicherung geltend macht (kongruente Deckung), sollen diese Rechtsgeschäfte<br />
zudem erst dann anfechtbar sein, wenn der Gläubiger erkannt hat, dass der Schuldner<br />
bereits zahlungsunfähig ist. Auf die Kenntnis einer bloß drohenden Zahlungsunfähigkeit<br />
kann dann nicht mehr abgestellt werden. Zudem sollen Zahlungserleichterungen, die<br />
der Gläubiger dem Schuldner gewährt, aus der Vorsatzanfechtung herausgenommen werden.<br />
Dies trifft auch auf Bargeschäfte zu, zu den Lohnzahlungen dann gehören sollen, wenn<br />
der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Lohnzahlung drei Monate nicht übersteigt. Nur<br />
unlauteres <strong>Handel</strong>n kann bei diesen Bargeschäften dann noch eine Rückabwicklung ermöglichen.<br />
Sozialversicherungsbeiträge und Steuern sollen nach dem Gesetzentwurf weitgehend aus<br />
der Anfechtung herausgehalten werden. Dies wurde bei der öffentlichen Anhörung im<br />
Rechtsausschuss des Bundestages am 25.02.20<strong>16</strong> als sog. „Fiskusprivileg“ von den vertretenen<br />
Sachverständigen durchweg kritisiert. Im Übrigen ist der Gesetzesentwurf aber zu<br />
begrüßen, da Anfechtungsrisiken kalkulierbarer und planbarer werden. Wie die Neurege-<br />
WGH 2/<strong>16</strong> 2