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Wirtschaft, Gesellschaft & Handel 2/16

Newsletter zum Wirtschafts-, Gesellschafts- und Handelsrecht

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WGH<br />

<strong>Wirtschaft</strong>, <strong>Gesellschaft</strong> & <strong>Handel</strong><br />

Newsletter zum <strong>Wirtschaft</strong>s-, <strong>Gesellschaft</strong>s- und <strong>Handel</strong>srecht<br />

2/<strong>16</strong><br />

Inhaltsübersicht<br />

I. NEUE ENTWICKLUNGEN IM WIRTSCHAFTSRECHT<br />

Seite<br />

1. Verordnungen zum Vergaberecht verabschiedet 2<br />

2. Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach<br />

der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz 2<br />

3. „Ewiges Widerrufsrecht“ für Verbraucherkreditverträge<br />

entfällt 3<br />

II. AKTUELLE URTEILE<br />

1. Zulässige Haftungsbeschränkung für Vereinsmitglieder<br />

durch Satzungsbestimmung 3<br />

2. Durchgriffshaftung gegen GmbH-Geschäftsführer wegen<br />

unzureichender Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus<br />

Altersteilzeitverträgen 4<br />

3. GmbH-Gründung mittels Mischeinlage entbindet nicht von<br />

Pflicht zur Einzahlung auf die Bareinlage 5<br />

4. <strong>Gesellschaft</strong>liche Treuepflicht in Sanierungsfällen 5<br />

III. AKTUELLES AUS UNSEREM HAUSE<br />

Schomerus verstärkt sich mit Rechtsanwalt<br />

Dr. Gunnar Matschernus 6<br />

Veranstaltungshinweis 6<br />

Dr. Dirk Schwenn<br />

Rechtsanwalt<br />

Fachanwalt für <strong>Handel</strong>s- und<br />

<strong>Gesellschaft</strong>srecht<br />

dirk.schwenn@schomerus.de<br />

Tel. Sekretariat:<br />

040 / 37 601 23 48<br />

.<br />

wir freuen uns, Ihnen in diesem Jahr<br />

die zweite Ausgabe von <strong>Wirtschaft</strong>,<br />

<strong>Gesellschaft</strong> & <strong>Handel</strong> zu übersenden.<br />

<strong>Wirtschaft</strong>, <strong>Gesellschaft</strong> & <strong>Handel</strong> informiert<br />

Sie vierteljährlich über neue Entwicklungen<br />

im <strong>Wirtschaft</strong>srecht, hier<br />

insbesondere im <strong>Gesellschaft</strong>s- und<br />

<strong>Handel</strong>srecht, sowie praxisrelevante Urteile dazu.<br />

Seit dem 1. April verstärkt Rechtsanwalt Dr. Gunnar Matschernus als<br />

Partner unser Kanzleiteam. Mehr erfahren Sie in unser Rubrik "Aktuelles<br />

aus unserem Hause".<br />

Eine interessante Lektüre<br />

wünscht Ihnen<br />

Ihr<br />

Das <strong>Handel</strong>sblatt zeichnet aus<br />

Beste Steuerberater 20<strong>16</strong> –<br />

Schomerus & Partner gehört dazu<br />

Wir freuen uns, dass Schomerus &<br />

Partner in Hamburg zu den bestplatzierten<br />

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bundesweit zu den Top-<br />

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Telefon 040 / 3 76 01-00<br />

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WGH 2/<strong>16</strong> 1


I. NEUE ENTWICKLUNGEN IM WIRTSCHAFTSRECHT<br />

1. Verordnungen zum Vergaberecht verabschiedet<br />

Im letzten Newsletter (WGH 1/20<strong>16</strong>) berichteten wir über die Modernisierung des Vergaberechts.<br />

Das Ende 2015 verabschiedete Gesetz wurde mittlerweile im Bundesgesetzblatt am<br />

23.02.20<strong>16</strong> veröffentlicht, sodass seinem Inkrafttreten am 18.04.20<strong>16</strong> nichts mehr im Wege<br />

steht. An diesem Tag treten ebenfalls die nunmehr am 25.02.20<strong>16</strong> beschlossenen Rechtsverordnungen<br />

zum Vergaberecht in Kraft. Der Bundesrat stimmte dem am 18.03.20<strong>16</strong> zu. Diese<br />

weiteren Vorschriften ergänzen die bisherigen Neuregelungen und runden die Modernisierung<br />

des Vergaberechts ab.<br />

Ein wesentlicher Gesichtspunkt ist hierbei die Vereinfachung und Verschlankung der Prüfaufträge.<br />

So ersetzt die „Einheitliche Europäische Eigenerklärung“ (EEE) in einem vorläufigen<br />

Stadium die Eignungsnachweise. Der Erklärende hat hierbei zu versichern, dass einer<br />

Auftragsvergabe keine Ausschlussgründe entgegenstehen und er die Vorgaben des öffentlichen<br />

Auftraggebers zur Eignung erfüllt. Ferner muss der Bewerber jederzeit in der Lage<br />

sein, die Nachweise für das Vorliegen der von ihm versicherten Eignungskriterien vorzulegen.<br />

Nach einer Übergangsfrist muss die EEE in elektronischer Form vorliegen. Ferner enthält<br />

die Reform eine Verlagerung zum nicht offenen Verfahren. Dies verbessert vor allem<br />

die Chancen der Teilnahme für kleine und mittlere Unternehmen, da die Unternehmen erst<br />

dann zur Erstellung und Einreichung von aufwändigen Angebotsunterlagen aufgefordert<br />

werden, wenn deren Eignung feststeht.<br />

Beachtet werden sollte, dass das neue Vergaberecht nur ab bestimmten Schwellenwerten<br />

greift, die alle zwei Jahre von der EU-Kommission angepasst werden. Da deshalb eine Vielzahl<br />

von öffentlichen Auftragsvergaben nicht erfasst ist, wird bereits eine partielle Ausdehnung<br />

der neuen Grundsätze auf sog. unterschwellige Vergaben diskutiert. Wir werden Sie<br />

diesbezüglich und zu den weiteren Entwicklungen im Vergaberecht auf dem Laufenden<br />

halten.<br />

2. Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung<br />

und nach dem Anfechtungsgesetz<br />

Die Bundesregierung hat am 29.09.2015 den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der<br />

Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz<br />

beschlossen. Nach dem Gesetzentwurf soll klarer als bisher geregelt werden,<br />

inwieweit Insolvenzverwalter zurückliegende Zahlungen des insolventen Unternehmens an<br />

Lieferanten, Dienstleister oder Arbeitnehmer zurückfordern können. Dadurch soll vor allem<br />

die Rechtssicherheit für die <strong>Wirtschaft</strong> und für Arbeitnehmer gestärkt werden.<br />

Die angestrebten Neuregelungen betreffen vor allem die Vorsatzanfechtung, die deutlich<br />

eingeschränkt werden soll. So ist beabsichtigt, diese nur in einem Zeitraum von vier statt<br />

bisher zehn Jahren rückwirkend zu ermöglichen. Falls der Gläubiger eine ihm zustehende<br />

Forderung oder Sicherung geltend macht (kongruente Deckung), sollen diese Rechtsgeschäfte<br />

zudem erst dann anfechtbar sein, wenn der Gläubiger erkannt hat, dass der Schuldner<br />

bereits zahlungsunfähig ist. Auf die Kenntnis einer bloß drohenden Zahlungsunfähigkeit<br />

kann dann nicht mehr abgestellt werden. Zudem sollen Zahlungserleichterungen, die<br />

der Gläubiger dem Schuldner gewährt, aus der Vorsatzanfechtung herausgenommen werden.<br />

Dies trifft auch auf Bargeschäfte zu, zu den Lohnzahlungen dann gehören sollen, wenn<br />

der Zeitraum zwischen Arbeitsleistung und Lohnzahlung drei Monate nicht übersteigt. Nur<br />

unlauteres <strong>Handel</strong>n kann bei diesen Bargeschäften dann noch eine Rückabwicklung ermöglichen.<br />

Sozialversicherungsbeiträge und Steuern sollen nach dem Gesetzentwurf weitgehend aus<br />

der Anfechtung herausgehalten werden. Dies wurde bei der öffentlichen Anhörung im<br />

Rechtsausschuss des Bundestages am 25.02.20<strong>16</strong> als sog. „Fiskusprivileg“ von den vertretenen<br />

Sachverständigen durchweg kritisiert. Im Übrigen ist der Gesetzesentwurf aber zu<br />

begrüßen, da Anfechtungsrisiken kalkulierbarer und planbarer werden. Wie die Neurege-<br />

WGH 2/<strong>16</strong> 2


lungen nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens tatsächlich aussehen, bleibt abzuwarten.<br />

Wir werden Sie über den weiteren Gesetzgebungsprozess informieren.<br />

3. „Ewiges Widerrufsrecht“ für Verbraucherkreditverträge entfällt<br />

Der Bundestag hat am 18.02.20<strong>16</strong> beschlossen, dass es zukünftig hinsichtlich Verbraucherkreditverträgen<br />

für Immobilien, die zwischen 2002 und 2010 abgeschlossen wurden,<br />

kein dauerhaftes Widerrufsrecht mehr gibt. Eine Zustimmung des Bundesrates erfolgte am<br />

26.02.20<strong>16</strong>. Seit November 2002 stand den Verbrauchern bisher bei Abschluss von Immobilienkreditverträgen<br />

immer ein Widerrufsrecht zu. Wenn die Banken über dieses Recht nicht<br />

eindeutig, unmissverständlich und explizit informiert hatten, erlosch dieses Recht bis jetzt<br />

nie. Dieser „Widerrufsjoker“ oder das „ewige Widerrufsrecht“ entfällt zukünftig.<br />

Die Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die am 21.03.20<strong>16</strong> in Kraft tritt, beinhaltet eine Frist bis<br />

zum 21.06.20<strong>16</strong>. Bis zu diesem Zeitpunkt muss das Widerrufsrecht für Altverträge ausgeübt<br />

werden und der Bank zugegangen sein. Danach besteht für diese Verträge keine Möglichkeit<br />

mehr, aus dem zumeist teuren Altvertrag herauszukommen und einen günstigeren<br />

Neuvertrag abzuschließen. Für neu geschlossene Verträge gilt eine reguläre Widerrufsfrist<br />

von 14 Tagen nach Vertragsabschluss. Klärt die Bank ihre Kunden über das Widerrufsrecht<br />

nicht oder fehlerhaft auf, verlängert sich hier das Widerrufsrecht um ein Jahr. Positiv<br />

ist hervorzuheben, dass Bankberater nach den neuen Regelungen die Kreditwürdigkeit der<br />

Verbraucher strenger als bisher prüfen müssen. Verstößt die Bank gegen ihre Prüfpflicht,<br />

kann ein Kunde seinen Kreditvertrag jederzeit kündigen, ohne eine Entschädigung zahlen<br />

zu müssen.<br />

Im Übrigen sei zum Widerrufsrecht noch angemerkt, dass der BGH in zwei Urteilen jeweils<br />

vom 23.02.20<strong>16</strong> (Az. XI ZR 549/14 und XI ZR 101/15) das bestehende Widerrufsrecht bankenfreundlich<br />

und zu Lasten der Verbraucher ausgelegt hat. So ist ein Kreditinstitut bei der<br />

Gestaltung von Widerrufsinformationen in Verbraucherdarlehensverträgen nicht verpflichtet,<br />

die aufzunehmenden Pflichtangaben besonders hervorzuheben. Es reicht aus, wenn<br />

diese klar und verständlich sind.<br />

II. AKTUELLE URTEILE<br />

1. Zulässige Haftungsbeschränkung für Vereinsmitglieder durch Satzungsbestimmung<br />

Zentraler Gegenstand der Entscheidung des OLG Nürnberg vom 13.11.2015 (Az. 12 W<br />

1845/15) war die Frage der Wirksamkeit einer Satzungsbestimmung hinsichtlich einer dem<br />

Verein gegenüber bestehenden Haftungsbeschränkung auf vorsätzliches <strong>Handel</strong>n. Das<br />

Gericht bejahte die Wirksamkeit in dem konkreten Fall.<br />

Einer der Beteiligten des Rechtsstreits ist ein eingetragener Verein. Dieser Verein ist eine<br />

regionale Unterabteilung eines überregionalen Hauptvereins namens „SV e.V.“ Letzterer gibt<br />

jeweils eine Mustersatzung heraus. Diese wurde 2008 neu gefasst. § 23 der Satzung enthielt<br />

dabei u.a. folgenden Wortlaut:<br />

„Sämtliche in Ortsgruppen ausgeübten Ämter sind grundsätzlich Ehrenämter (…)“<br />

„Für Schäden des SV oder seiner Unterbeteiligungen, die Amtsträger oder Beauftragte<br />

in Ausführung ihres Amtes verursacht haben, haften diese nur, wenn sie dabei<br />

vorsätzlich gegen ein Strafgesetz verstoßen oder vorsätzlich zum Nachteil des<br />

Geschädigten gehandelt haben.(…)“<br />

Im Hinblick auf die Änderungen der vom Hauptverein vorgegebenen Mustersatzung hat die<br />

Mitgliederversammlung des regionalen Vereins eine entsprechende Änderung der Vereins-<br />

WGH 2/<strong>16</strong> 3


satzung beschlossen. Das Registergericht kündigte die Zurückweisung der Anmeldung an<br />

und verwies auf die Regelungen in §§ 31a Abs.1 Satz 1, 31b Abs.1 Satz 1 BGB.<br />

Das OLG hält die streitgegenständliche Satzungsregelung jedoch für zulässig. Durch das am<br />

01.01.2013 in kraft getretene Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes wurde § 31a BGB dahingehend<br />

geändert, dass die bisher nur Vorstandsmitgliedern gewährte Haftungsbeschränkung<br />

u.a. auch auf die Haftung ehrenamtlich tätiger Mitglieder von anderen Vereinsorganen<br />

erstreckt wurde. Der gleichzeitig neu geschaffene § 31b BGB beinhalte eine entsprechende<br />

Haftung eines einfachen Vereinsmitglieds gegenüber dem Verein.<br />

Die genannten Vorschriften seien dem Gericht zufolge nur insoweit zwingend, als sie einen<br />

Mindestschutz des Organmitglieds bzw. des einfachen Vereinsmitglieds bei dessen Haftung<br />

dem Verein gegenüber gewährleisten. Eine weitergehende satzungsmäßige Haftungsbeschränkung<br />

(auch für grob fahrlässiges Verhalten) sei durch die Vorschriften gerade nicht<br />

ausgeschlossen. Die Möglichkeit eines satzungsmäßigen Ausschlusses der Haftung ehrenamtlich<br />

tätiger Vereinsmitglieder gegenüber dem Verein auch für Fälle der Fahrlässigkeit<br />

entspreche dem Zweck sowohl des Gesetzes zur Begrenzung der Haftung ehrenamtlich tätigen<br />

Vereinsvorstände vom 28.09.2009 als auch des o.g. Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamtes.<br />

Die Interessen des Vereins seien insoweit nachrangig.<br />

Haftungsbeschränkung auf<br />

vorsätzliches <strong>Handel</strong>n gegenüber<br />

dem Verein zulässig<br />

Praxishinweis:<br />

Das Vereinsregister hat immer zu prüfen, ob eine geänderte Bestimmung inhaltlich<br />

zulässig ist. Da in der Vereinspraxis selten einzelnen Änderungen vorgenommen<br />

werden, sondern aus Vereinfachungsgründen meist eine Neufassung der Satzung<br />

beschlossen wird, werden dann auch die unveränderten Klauseln hinsichtlich<br />

ihrer Zulässigkeit geprüft. In dem Zusammenhang sollte vorab geprüft werden, ob<br />

bestimmte Satzungsklauseln einer "Renovierung" bzw. Anpassung bedürfen.<br />

2. Durchgriffshaftung gegen GmbH-Geschäftsführer wegen unzureichender<br />

Insolvenzsicherung von Wertguthaben aus Altersteilzeitverträgen<br />

Mit Urteil vom 09.12.2015 (Az. 3 Sa 269/14) entschied das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern,<br />

dass eine Durchgriffshaftung nach § 7e Abs.7 Satz 2 SGB IV gegen<br />

Organe einer juristischen Person auf die gesetzliche Regelung zur Insolvenzsicherung von<br />

Wertgutachten aus Altersteilzeitverträgen nach § 8a AltTZG keine Anwendung findet.<br />

Der Kläger hatte mit seinem Arbeitgeber bzw. dessen Rechtsvorgängerin eine Altersteilzeitvereinbarung<br />

nach dem sog. „Blockmodell“ abgeschlossen. Nachdem hinsichtlich des<br />

Unternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, erhielt der Kläger zunächst Insolvenzgeld<br />

und später Sozialleistungen. Eine entsprechende Insolvenzforderung wurde zur<br />

Tabelle angemeldet und anerkannt. Ob zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens<br />

ein wirksamer Versicherungsschutz nach § 8a AltTZG bestand, ist zwischen den Beteiligten<br />

umstritten. Ein zunächst angestrebter Versicherungsschutz im Rahmen einer Treuhandlösung<br />

kam jedenfalls nicht zustande. Der Kläger hatte daher keinen Zahlungsanspruch<br />

gegen den Arbeitgeber, sondern lediglich ein deutlich weniger wertvolle Insolvenzforderung.<br />

Der Kläger nimmt den Geschäftsführer seines ehemaligen Arbeitgebers deswegen<br />

persönlich auf Schadensersatz in Anspruch<br />

Das Gericht verneinte sowohl vertragliche als auch deliktische Ansprüche des Klägers. Ein<br />

Vertreter hafte bei Vertragshandlungen aus Verschulden nur ausnahmsweise. Dies setzte<br />

einen besonderen Vertrauenstatbestand voraus, den der Kläger gar nicht behauptet habe.<br />

Auch aus dem Geschäftsführeranstellungsvertrag als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten<br />

Dritter könne kein Anspruch abgeleitet werden, da es an dem erforderlichen Schutzbedürfnis<br />

fehle. Letzteres sei immer dann abzulehnen, wenn dem Dritten (also dem Kläger) ein<br />

eigener vertraglicher Anspruch zusteht. Auch regele der Anstellungsvertrag lediglich Rechte<br />

und Pflichten zwischen Geschäftsführer und der <strong>Gesellschaft</strong>. Im Außenverhältnis bleibe es<br />

bei einer auf das <strong>Gesellschaft</strong>svermögen beschränkten Haftung. Ebenso scheiterten deliktische<br />

Ansprüche, da der zwar als Schutzgesetz ausgestaltete § 8a Abs.1 AltTZG nur im Verhältnis<br />

zum Arbeitgeber eine Haftung auslösen könne.<br />

Keine Durchgriffshaftung<br />

gegen GmbH-Geschäftsführer<br />

bei unzutreffender Insolvenzsicherung<br />

nach AltTZG<br />

WGH 2/<strong>16</strong> 4


Schließlich sei auch eine Durchgriffshaftung nach § 7e Abs.7 Satz 2SGB IV abzulehnen.<br />

Der Gesetzgeber habe die unterschiedlichen Regelungsmaterien von Wertguthaben aus<br />

Arbeitsverhältnissen und solche aus Altersteilzeitverträgen mit jeweils abschließenden<br />

gesetzlichen Normierungen abweichend voneinander geregelt.<br />

Praxishinweis:<br />

Grundsätzlich kommt eine Haftung nach § 823 Abs.2 BGB in Betracht. Diese begrenzt<br />

sich jedoch auf die GmbH und erfasst grundsätzlich nicht die Organe. Dennoch sollten<br />

auch Geschäftsführer auf eine entsprechende Insolvenzsicherung achten, um<br />

jegliches Risiko einer persönlichen Haftung auszuschließen.<br />

3. GmbH-Gründung mittels Mischeinlage entbindet nicht von Pflicht zur Einzahlung<br />

auf die Bareinlage<br />

Das OLG Celle stellte mit Beschluss vom 05.01.20<strong>16</strong> (Az. 9 W 150/15) klar, dass eine unzulässige<br />

Befreiung von der Pflicht zur Zahlung der Einlage vorliegt, wenn der <strong>Gesellschaft</strong>svertrag<br />

neben der Übereignung eines PKW in dem konkret entschiedenen Fall keine ergänzende<br />

Verpflichtung zur Bareinlage vorsieht.<br />

Im zugrunde liegenden Sachverhalt übernahm eine <strong>Gesellschaft</strong>erin bei Gründung einer<br />

GmbH einen Anteil i.H.v. 15.000,00 EUR und verpflichtete sich zur Einbringung eines PKW<br />

im Wert von 9.725,00 EUR. Das Registergericht lehnte die Eintragung ab, da die <strong>Gesellschaft</strong>erin<br />

ihren Kapitalaufbringungspflichten nicht durch Übereignung des PKW genügt habe.<br />

Dagegen wendete sich die <strong>Gesellschaft</strong> im Wege der Beschwerde.<br />

Die Beschwerde hatte keinen Erfolg. Die übernommene Einlage abzüglich des Wertes des<br />

PKW sei als Versprechen einer Bareinlage zu verstehen. Bei Gründung der <strong>Gesellschaft</strong><br />

müsse dem Gericht zufolge bereits feststehen, in welcher Weise die Gründungsgesellschafter<br />

die versprochenen Einlagen erbringen. Wenn ein Gründungsgesellschafter nur eine Teilsacheinlage<br />

verspreche, so sei der <strong>Gesellschaft</strong>svertrag dahingehend auszulegen, dass der<br />

Rest als Bareinlage versprochen wurde. Darüber hinaus stehe auch der <strong>Gesellschaft</strong>svertrag<br />

einer Eintragung entgegen, da die <strong>Gesellschaft</strong>erin unzulässig von ihrer Ersteinzahlungspflicht<br />

auf Bareinlagen befreit werde.<br />

Einlageleistung sollte bei<br />

GmbH-Gründung genau festgelegt<br />

werden<br />

Praxishinweis:<br />

Bei einer Kombination von Geld- und Sacheinlagen ist es empfehlenswert genauestens<br />

zu dokumentieren, welche Werte jeweils auf die Sacheinlage und der Geldleistung<br />

entfallen. Können Beträge bei Abschluss des <strong>Gesellschaft</strong>svertrags noch nicht<br />

genau beziffert werden, so kann eine Wertgarantie vereinbart werden, bei dessen<br />

Unterschreitung eine Zuzahlung in bar erfolgen muss.<br />

4. <strong>Gesellschaft</strong>liche Treuepflicht in Sanierungsfällen<br />

Das LG Dessau-Roßlau hat in seinem Urteil vom 23.03.2015 (Az. 4 O 301/14) entschieden,<br />

dass sich ein <strong>Gesellschaft</strong>er treuwidrig verhält, wenn er an den Sanierungspflichten nicht<br />

teilnimmt, aber dennoch in der <strong>Gesellschaft</strong> verbleiben will.<br />

Die Klägerin ist ein geschlossener Immobilienfonds in der Rechtsform einer GbR. Das Eigenkapital<br />

der <strong>Gesellschaft</strong> wurde von 92 <strong>Gesellschaft</strong>ern, darunter der Beklagte, gezeichnet.<br />

Nach Auslaufen einer öffentlichen Förderung wurde eine <strong>Gesellschaft</strong>erversammlung anberaumt.<br />

Auf dieser wurden mit großer Mehrheit Beschlüsse zur Feststellung der Sanierungsbedürftigkeit<br />

und –fähigkeit sowie zur Umsetzung des Sanierungskonzeptes gefasst. Der<br />

Beklagte stimmte diesen Beschlüsse nicht zu und übernahm weder seinen Anteil auf den<br />

beschlossenen Erhöhungsbetrag noch wirkte er in sonstiger Weise an der Sanierung mit.<br />

WGH 2/<strong>16</strong> 5


Das Gericht bejahte einen Anspruch der Klägerin auf Ausgleich eines negativen Auseinandersetzungsguthabens.<br />

Der Beklagte müsse sich vorliegend so behandeln lassen, als hätte<br />

er den Sanierungsbeschlüssen zugestimmt, da er aufgrund seiner gesellschaftlichen Treuepflicht<br />

zur Zustimmung verpflichtet gewesen sei. Der Beklagte habe sich treuwidrig verhalten,<br />

da er sich einerseits an der Sanierung nicht beteilige, andererseits aber <strong>Gesellschaft</strong>er<br />

der Klägerin bleiben möchte. Eine Regelungslücke im <strong>Gesellschaft</strong>svertrag hinsichtlich des<br />

Schicksals sanierungsunwilliger <strong>Gesellschaft</strong>er binde weder die sanierungswilligen <strong>Gesellschaft</strong>er<br />

noch sei dies eine Grundlage für die Beteiligung sanierungsunwilliger <strong>Gesellschaft</strong>er<br />

am Erfolg der nicht mitgetragenen Sanierung.<br />

Praxishinweis:<br />

Welche Auswirkungen diese Entscheidung auf die Sanierung von Kapitalgesellschaften<br />

hat, ist noch ungeklärt. Allerdings geht der BGH grundsätzlich von einer Vergleichbarkeit<br />

der Treuepflichten bei (Publikums-) Personengesellschaften mit denen<br />

bei Kapitalgesellschaften aus. Daher ist zu erwarten, dass der BGH auch bei Kapitalgesellschaften<br />

zumindest ähnliche Maßstäbe anlegen wird. Aufgrund dessen empfiehlt<br />

es sich rein vorsorglich bereits im Vorhinein eine Bestimmung in den <strong>Gesellschaft</strong>svertrag<br />

aufzunehmen, nach der die Verweigerung einer Teilnahme an einer<br />

Beitragserhöhung zu Sanierungszwecken ein Ausscheiden des nicht sanierungswilligen<br />

<strong>Gesellschaft</strong>ers zur Folge haben kann.<br />

Kontakt & Anfragen<br />

In allen Fragen des <strong>Gesellschaft</strong>sund<br />

<strong>Wirtschaft</strong>srechts stehe ich Ihnen<br />

gern zur Verfügung:<br />

Dr. Dirk Schwenn<br />

Rechtsanwalt<br />

Fachanwalt für <strong>Handel</strong>sund<br />

<strong>Gesellschaft</strong>srecht<br />

E-Mail:<br />

dirk.schwenn@schomerus.de<br />

Tel. Sekretariat:<br />

040 / 37 601 23 48 (Rebecca Teves)<br />

III. AKTUELLES AUS UNSEREM HAUSE<br />

Schomerus verstärkt sich mit Rechtsanwalt Dr. Gunnar Matschernus<br />

Schomerus freut sich mitteilen zu können, dass Rechtsanwalt Dr. Gunnar<br />

Matschernus seit dem 1. April den Hamburger Standort verstärkt.<br />

Der 40-jährige Anwalt war Partner bei Happ Luther und ist zu Schomerus<br />

gewechselt, um dort die Bereiche <strong>Gesellschaft</strong>srecht/M&A<br />

und Immobilienrecht zu verstärken.<br />

Herr Dr. Matschernus berät zudem an der Schnittstelle zum Insolvenzrecht.<br />

Damit vervollständigen wir unser Leistungsangebot und<br />

schärfen unser Profil als anerkannte norddeutsche <strong>Wirtschaft</strong>skanzlei.<br />

Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Matschernus, der unseren Mandanten<br />

ein kompetenter Ansprechpartner sein wird.<br />

Veranstaltungshinweis: 360° eBusiness am 26.05.20<strong>16</strong><br />

Rechtliche Spielregeln, steuerliche Kniffe und systemtechnische Kompetenz für Online-<br />

Unternehmer. Information und Anmeldung: www.schomerus.de/veranstaltungen<br />

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Partnerschaftsgesellschaft<br />

Amtsgericht Hamburg PR 361<br />

Haftungsausschluss<br />

Dieses Rundschreiben ersetzt keine rechtliche Beratung im Einzelfall. Wir übernehmen mit der<br />

Herausgabe und Übersendung dieses Rundschreibens keine Haftung.<br />

Verantwortlich für den Inhalt: Dr. Dirk Schwenn<br />

Stand: 23.03.20<strong>16</strong><br />

Kooperation mit<br />

HLB International<br />

A world-wide network of independent<br />

accounting firms and business advisers.<br />

WGH 2/<strong>16</strong> 6

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