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Bericht zur Lage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land Bremen

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72<br />

BERICHT ZUR LAGE 2016<br />

1 Der aktuelle Datenstand<br />

in <strong>der</strong> Beschäftigtenstatistik<br />

liegt <strong>der</strong>zeit für das<br />

Jahr 2014 vor. Aus Gründen<br />

<strong>der</strong> Vergleichbarkeit<br />

beziehen sich deshalb<br />

alle weiteren Daten auf<br />

dieses Jahr.<br />

2 Vgl. Statistik <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit:<br />

<strong>Arbeitnehmer</strong>überlassung,<br />

Leiharbeitnehmer<br />

<strong>und</strong> Verleihbetriebe,<br />

Nürnberg 2015.<br />

3 Vgl. Haller, Peter/<br />

Jahn, Elke: Zeitarbeit in<br />

Deutschland. Hohe Dynamik<br />

<strong>und</strong> kurze Beschäftigungsdauern.<br />

In: Institut<br />

für Arbeitsmarkt- <strong>und</strong><br />

Berufsforschung, die Forschungseinrichtung<br />

<strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esagentur für Arbeit<br />

(Hrsg.), IAB-Kurzbericht<br />

13/2014.<br />

4 Vgl. B<strong>und</strong>esagentur für<br />

Arbeit: Son<strong>der</strong>nummer<br />

<strong>der</strong> Amtlichen Nachrichten<br />

<strong>der</strong> B<strong>und</strong>esagentur<br />

für Arbeit (ANBA), Arbeitsmarkt<br />

2014, Nürnberg<br />

2015.<br />

5 Vgl. Wisdorff, Flora: Der<br />

Trick mit <strong>der</strong> Zeitarbeit.<br />

Jobvermittler drängen<br />

Arbeitslose in Zeitarbeit<br />

– <strong>und</strong> schönen damit die<br />

Statistik. In: DIE WELT<br />

vom 12. Januar 2013.<br />

6 Vgl. Öchsner, Thomas:<br />

Leiharbeit – Rechnungshof<br />

geißelt B<strong>und</strong>esagentur<br />

für Arbeit. In:<br />

Süddeutsche Zeitung vom<br />

20. Oktober 2015.<br />

7 Alle Daten in diesem<br />

Abschnitt, soweit nicht<br />

an<strong>der</strong>s ausgewiesen:<br />

<strong>Arbeitnehmer</strong>kammer<br />

<strong>Bremen</strong> (Hrsg.), Kammer<br />

kompakt: Leiharbeit –<br />

we<strong>der</strong> fair noch sicher;<br />

<strong>Bremen</strong>, Mai 2015.<br />

Nicht Kleber o<strong>der</strong> Brücke,<br />

son<strong>der</strong>n Endstation<br />

Statistisch lässt sich dieses hohe Arbeitsmarktrisiko<br />

in <strong>der</strong> außergewöhnlichen Dynamik <strong>der</strong><br />

Leiharbeitsbranche nachvollziehen. 1 Im Jahresdurchschnitt<br />

waren 2014 b<strong>und</strong>esweit etwa<br />

860.000 Leiharbeiterinnen <strong>und</strong> Leiharbeiter <strong>im</strong><br />

Einsatz. Die Leiharbeitsquote – also <strong>der</strong> Anteil<br />

<strong>der</strong> Leiharbeit an <strong>der</strong> Gesamtbeschäftigung –<br />

lag bei 2,8 Prozent. Doch dahinter verbirgt sich<br />

ein dynamischer Arbeitskräfteumschlag. So<br />

wurden 2014 in <strong>der</strong> Leiharbeitsbranche mehr<br />

als 976.000 neue Arbeitsverträge geschlossen<br />

<strong>und</strong> mehr als 1,1 Millionen beendet. 2 Dabei<br />

sind die Beschäftigungsverhältnisse in <strong>der</strong><br />

Branche nur von kurzer Dauer. Nach einer<br />

Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- <strong>und</strong><br />

Berufsforschung waren nach drei Monaten nur<br />

noch 50 Prozent <strong>der</strong> Leiharbeitskräfte be<strong>im</strong><br />

selben Verleihbetrieb unter Vertrag, nach neun<br />

Monaten noch 25 Prozent. Der volle Schutz<br />

durch die Arbeitslosenversicherung ist aber<br />

erst nach zwölf Monaten erreicht. Eine längere<br />

Beschäftigungsdauer schafften nur wenige<br />

<strong><strong>Arbeitnehmer</strong>innen</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong> in <strong>der</strong><br />

Branche. 3 Auch die Zugänge in Arbeitslosigkeit<br />

spiegeln das hohe Arbeitsmarktrisiko wi<strong>der</strong>:<br />

B<strong>und</strong>esweit gingen <strong>im</strong> Jahr 2014 gut 15 Prozent<br />

<strong>der</strong> branchenspezifisch zuordenbaren Zugänge<br />

in Arbeitslosigkeit auf die <strong>Arbeitnehmer</strong>überlassung<br />

<strong>zur</strong>ück. 4 Noch einmal <strong>zur</strong> Erinnerung:<br />

Insgesamt beschäftigt sind dort 2,8 Prozent <strong>der</strong><br />

<strong><strong>Arbeitnehmer</strong>innen</strong> <strong>und</strong> <strong>Arbeitnehmer</strong>.<br />

Die von <strong>der</strong> Politik <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> in Aussicht<br />

gestellten Klebeeffekte o<strong>der</strong> die Brückenfunktion<br />

<strong>der</strong> Leiharbeit – also die feste Übernahme<br />

be<strong>im</strong> Entleiher o<strong>der</strong> das Einmünden bei einem<br />

ganz an<strong>der</strong>en Betrieb – kommen eher selten<br />

vor. In <strong>der</strong> Realität verkehren sie sich <strong>zur</strong> Falle:<br />

Leiharbeit erweist sich als ewige Drehtür<br />

zwischen befristeter Beschäftigung <strong>und</strong> Arbeitslosigkeit,<br />

bis sich vielleicht erneut eine befristete<br />

›Anschlussverwendung‹ findet.<br />

Leiharbeit bei <strong>der</strong> Agentur für Arbeit<br />

hoch <strong>im</strong> Kurs<br />

Am Wechselspiel zwischen Arbeitslosigkeit<br />

<strong>und</strong> Leiharbeit ist auch die B<strong>und</strong>esagentur für<br />

Arbeit nicht unbeteiligt. Denn ihre Arbeitsvermittlung<br />

schlägt Arbeitslosen so häufig Stellen<br />

bei Leiharbeitsfirmen vor, dass ihr Vorstand<br />

öffentlich ›Fehlentwicklungen‹ bei <strong>der</strong> Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> Branche einräumen musste. 5<br />

Geän<strong>der</strong>t hat sich aber wenig. Im Jahresdurchschnitt<br />

2014 war mehr als jede dritte<br />

be<strong>im</strong> Arbeitgeberservice <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esagentur<br />

gemeldete Stelle <strong>der</strong> Leiharbeitsbranche<br />

zu<strong>zur</strong>echnen. Von den Arbeitsvermittlungen<br />

entfielen knapp 31 Prozent auf Leiharbeitsjobs.<br />

Die Zahlen zeigen, dass Agenturen für Arbeit<br />

<strong>und</strong> Jobcenter gute Personalbeschaffer für die<br />

Leiharbeitsbranche sind. Doch nicht nur das:<br />

Zusätzlich unterstützen sie Leiharbeitsfirmen<br />

beispielsweise mit Zuschüssen zu den Lohnkosten.<br />

So wurden 2014 gut zehn Prozent <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ungszuschüsse<br />

an Betriebe <strong>der</strong> Verleihbranche<br />

ausgeschüttet <strong>und</strong> <strong>im</strong> Durchschnitt 34<br />

Prozent des Bruttogehalts subventioniert. Der<br />

B<strong>und</strong>esrechnungshof sieht die Branche durch<br />

diese För<strong>der</strong>praxis ›ungerechtfertigt begünstigt‹<br />

<strong>und</strong> hält sie für rechtswidrig. 6<br />

<strong>Bremen</strong> – eine Hochburg <strong>der</strong> Leiharbeit<br />

Das B<strong>und</strong>esland <strong>Bremen</strong> ist eine <strong>der</strong> Hochburgen<br />

<strong>der</strong> Leiharbeit. Allein zwischen 2007<br />

<strong>und</strong> 2014 nahm sie um 28 Prozent zu. Ihr<br />

Wachstum war damit dre<strong>im</strong>al höher als das<br />

<strong>der</strong> Beschäftigung insgesamt, das lediglich um<br />

neun Prozent zulegte. Im Jahr 2014 arbeiteten<br />

jahresdurchschnittlich r<strong>und</strong> 16.200 Menschen<br />

als Leiharbeitskräfte. Die Leiharbeitsquote liegt<br />

mit 5,2 Prozent deutlich über dem B<strong>und</strong>esdurchschnitt.<br />

Auch <strong>im</strong> Städtevergleich liegen<br />

die beiden Bremer Kommunen weit vorn.<br />

<strong>Bremen</strong>-Stadt erreicht mit einer Leiharbeitsquote<br />

von 5,2 Prozent nach Leipzig eine Spitzenposition,<br />

in Bremerhaven liegt sie mit 4,9 Prozent<br />

etwas niedriger. 7

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