16.04.2016 Aufrufe

11-12-15 Gesamt

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

DAS MAGAZIN FÜRS WESENTLICHE<br />

Schweiz 16,80 sfr, EU-Länder außer Deutschland 9,40 € <strong>11</strong>–<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 31. Jg. B 6<strong>12</strong>8<br />

9 €<br />

Sind wir komisch?<br />

www.connection.de<br />

Jetzt mal im Ernst:<br />

Sind wir komisch?<br />

Abschied<br />

nach dreißig Jahren<br />

Mit Nachrufen von:<br />

Konstantin Wecker<br />

Christina Kessler<br />

Torsten Brügge<br />

und vielen anderen


Die Formen<br />

ändern sich<br />

… und wohin fliegt der Geist?<br />

Im April 1985 erschien das erste<br />

Heft von Connection. Damals<br />

planten wir noch ein zweiwöchentliches<br />

Erscheinen. Bald<br />

darauf erschien sie viele Jahre lang<br />

monatlich, und zeitweilig hatten wir<br />

bis zu sechs verschiedene regionale<br />

Beihefter mit regionalen Infos<br />

und Anzeigen. Die Preise für ein<br />

Exemplar schwankten zwischen<br />

2,80 € und 9 €, die Auflagen zwischen<br />

5.000 und 60.000 Stück. Ganz<br />

zu Anfang waren es sogar nur 300<br />

fotokopierte Ausgaben, per Hand<br />

zusammengelegt, doch das Verteilungsgebiet<br />

war schon bald die<br />

ganze Welt: Japan, Australien, Argentinien,<br />

Hawaii, und natürlich<br />

vor allem der deutsche Sprachraum<br />

in Mitteleuropa. Und über all die<br />

Jahre ist diese Zeitschrift mehr als<br />

eine Million mal gekauft worden,<br />

und fast jedes Exemplar wurde<br />

weitergereicht und von mehreren<br />

Menschen gelesen.<br />

Ein halbes Leben …<br />

Mit dieser letzten Ausgabe von<br />

Connection blicke ich jetzt, mit<br />

meinen 62 Jahren Lebensalter, auf<br />

ziemlich genau mein halbes Leben<br />

zurück – fast 31 Jahre waren es.<br />

Es war das abenteuerlichste und<br />

vielfältigste Projekt, das ich je<br />

durchgeführt habe. Die Führung<br />

und die Aufgaben wechselten, die<br />

Herstellungstechniken sowieso.<br />

Zeitweilig wurde der Verlag von einer<br />

Gemeinschaft betrieben, die<br />

letzten Jahre immer mehr von mir.<br />

Als wir begannen, waren gerade die<br />

ersten PCs auf dem Markt, Texte<br />

schrieb man damals noch auf der<br />

Typenradschreibmaschine. Die<br />

Druckvorstufe mit ihren Repro -<br />

kameras usw. ist inzwischen durch<br />

mehrere technische Revolutionen<br />

auf ein PDF zusammengeschnurrt,<br />

und jetzt gibt es das Internet, das<br />

unsere ganze Weltkultur verändert.<br />

Fast jeder hat heute ein Smartphone<br />

und einen Facebook-Account,<br />

und für Medienunternehmen, die<br />

für »die mobilen Endgeräte« nichts<br />

anzubieten haben, sieht es nicht gut<br />

aus.<br />

Connected bleiben<br />

Der Geist der Verbindung, des Verbundenseins<br />

und miteinander con -<br />

nectens aber hat sich nicht geändert,<br />

nur die Kommunikationswege haben<br />

sich geändert. Wer künftig mit<br />

dem Geist dieser Zeitschrift verbunden<br />

sein will, schaue auf connection.de,<br />

dort werde ich ab November<br />

bloggen – so multimedial, wie<br />

es meine Mittel und Fähigkeiten erlauben.<br />

Dort kann man sich für den<br />

kostenlosen Newsletter anmelden,<br />

und das kann man auch schon jetzt,<br />

denn der jetzige Verlagsnewsletter<br />

wird dann mein (wahrscheinlich<br />

monatliches) Kommunikations -<br />

medium sein, und auch meine E-<br />

Mail-Adresse bleibt.<br />

Auf der Titelseite seht ihr den Narren<br />

nach unten abtauchen. Er wird<br />

jedoch nicht ganz verschwinden,<br />

sondern ich werde an anderen Stellen<br />

weiterhin mein Unwesen treiben.<br />

Ja, ich werde auch in Zukunft schreiben!<br />

Das Schreiben war schon immer<br />

mein Ding, viel mehr als das<br />

Organisieren eines Verlages oder einer<br />

Gemeinschaft. Ich werde die<br />

Welt deshalb weiterhin und sogar<br />

noch mehr als bisher mit meinen<br />

Worten belästigen und erfreuen<br />

und hoffentlich zwischendurch<br />

trotz dem mehr Zeit haben für persönliche<br />

Begegnungen. Einige der<br />

Zeitschriften, für die ich schreiben<br />

werde, findet ihr in dieser Ausgabe<br />

genannt, und es wird auch bald neue<br />

Bücher geben von mir. Im Connection-Shop<br />

und auf Syntropia.de<br />

könnt ihr weiterhin Connection-<br />

Hefte und Connection-Powerpacks<br />

kaufen, ab 23. Oktober in Deutschland<br />

versandkostenfrei. Weitere Infos<br />

über mich und Connection findet<br />

ihr auch in Zukunft auf connection.de<br />

und in meinem Newsletter.<br />

Bewegend sein<br />

Es freut mich, dass für diese letzte<br />

Ausgabe von Connection neben<br />

dem »komischen« Schwerpunktthema<br />

noch so viele in leidenschaftlicher<br />

und witziger Weise<br />

würdigende Abschiedsgrüße zustande<br />

gekommen sind! Ich fühle<br />

mich geehrt und geliebt, gelobt und<br />

an einigen Stellen zu Recht getadelt<br />

– auch das nehme ich ernst.<br />

Ich möchte mit euch in Kommu -<br />

nikation bleiben, nun eben auf andere<br />

Weise. Nun nicht mehr durch<br />

dieses Printmedium, das sich mehr<br />

als 30 Jahre lang in vieler Hinsicht<br />

sehr bewegt hat, von euch bewegt<br />

wurde und euch bewegt hat.<br />

Wolf S. Schneider,<br />

schneider@connection.de<br />

FOTO: ANIELA ADAMS<br />

[<br />

Editorial<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 3


NOVEMBER-DEZEMBER <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong><br />

Dorit und Dirk David<br />

Herr Du<br />

Eine Ente liebt eine Kuh. Ihre Liebe bleibt unerwidert.<br />

Die Ente erliegt ihrer schwarzweißen<br />

Sehnsucht, selbst dann noch, als die Kuh längst<br />

fort ist. In seinem schwarzbunten Haus beginnt<br />

für die Ente eine Reise in die Vergangenheit...<br />

54 Seiten, ISBN 978-3-940392-87-9 <strong>12</strong>,90 €<br />

WonderFool<br />

Ein Fool lebt außerhalb jeder Ordnung auf<br />

einem Zaun. Von dort aus beobachtet er, wie<br />

sich das Rad des Lebens dreht. Konflikte dienen<br />

ihm zum vergnügten Spiel. Es lohnt sich, im<br />

Hier und Jetzt zu leben!<br />

44 Seiten, ISBN 978-3-939272-23-6 10,90 €<br />

Tel: +49 (0) 61 54 - 60 39 5-0 / Fax: -10<br />

E-Mail: info@syntropia.de<br />

Versandkostenfreie Lieferung in DE!<br />

www.syntropia.de<br />

Jetzt mal im Ernst:<br />

Sind wir komisch?<br />

Ja, wir sind komisch – aber es kommt<br />

darauf an, wie man hinschaut. Für den<br />

mitfühlenden Blick und den Blick, der<br />

den Einzelnen sieht, den Begrenzten<br />

und sich Begrenzenden sind wir<br />

Menschen jedoch auch tragische<br />

Gestalten. Erst wenn das Bewusstsein<br />

sich weitet und die Gestalt in ihrem<br />

ganzen Kontext sieht, wird das<br />

Komische sichtbar.<br />

S. 14 – 33<br />

30 Jahre Connection Verlag<br />

Nachrufe, Würdigungen, ein Interview<br />

mit dem Gründer und sein Fazit aus drei<br />

Jahrzehnten Verlegersein zeigen das<br />

Bild von einem wilden, mutigen und auf<br />

seine Art konsequenten Unternehmen,<br />

das mit dieser Ausgabe endet.<br />

S. 34 – 53 und 74 – 77<br />

Anders sprechen,<br />

anders sein<br />

Je nachdem, in welcher Sprache wir<br />

uns ausdrücken, sind wir jeweils<br />

andere. Das macht das Sprachenlernen<br />

zu einer Abenteuer- und Forschungs -<br />

reise in neue Identitäten hinein. Wir<br />

sprachen mit einem Erforscher seiner<br />

selbst in 30 Sprachen, von denen er<br />

<strong>15</strong> fließend spricht.<br />

S. 56 – 59<br />

4 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


I N H A LT<br />

6 Salama I. Heinrichs über das Menschsein<br />

7 Wie es ist – Nachrichten von heute<br />

10 Wie es sein könnte – Nachrichten aus einer Welt von morgen<br />

<strong>12</strong> Nachruf von Christina von Puttkamer<br />

Schwerpunkt: Sind wir komisch?<br />

14 Der Mensch ist eine tragikomische Figur, findet Rainer Selbstzweck<br />

18 Warum bin ich eine lächerliche Existenz? fragt sich Johannes Galli<br />

20 Manifest des Nullyoga – Pier Zellin meint: Es hilft alles nichts<br />

22 Warum Lachen göttlich ist, erklärt Sabrina Mansouri<br />

24 Wie der Erwachte lachte, erzählt Matthias Mala<br />

26 Lerne zu lachen ohne Grund, empfiehlt Robert Meisner<br />

30 Das Mysterium des Treppensteigens und der Vergänglichkeit erkennt<br />

Friedemann Schulz von Thun im Gespräch mit Bernhard Pörksen<br />

Rückblicke / Nachrufe:<br />

34 Abschied von der Szene? – Boaz Frank Leder sprach mit Wolf über die fast 31 Jahre, in<br />

denen die Connection-Macher »wild und gefährlich« lebten<br />

38 Gibt es ein Leben ohne Connection? fragt sich Saleem Matthias Riek<br />

39 Freiheit braucht Commitment, behauptet Christina Kessler<br />

40 Der Weg entsteht im Weitergehen, findet Mike Kauschke von evolve<br />

41 Die Person ist wichtig! findet Ronald Engert von Tattva Viveka<br />

42 Hellsichtige Spinner und intelligente Brahmanen, fand Konstantin Wecker bei Connection<br />

43 Von dem Komischen Verleger und dem bayerischen Sufi erzählt Ingo Taleb Rashid<br />

44 Adios Connection – Udo Pochert nimmt Abschied von einer mutig gelebten Utopie<br />

45 Für ein Integrales Update von Connection war es noch zu früh, meint Katharina Ceming<br />

46 Verbindung bitte! wünscht sich Martin Frischknecht von Spuren<br />

47 Ein Loch in der Seele bleibt für Torsten Brügge<br />

48 Das Wissen nicht allein zu sein war für Brigitte Schwab das Wesentliche<br />

49 Aber ein kleines Dorf in Gallien…. erfreute ReinO Kropfgans<br />

50 Unternehmer sein – Wolf Schneider zur ökonomischen Seite der Veranstaltung<br />

S. 14<br />

S. 24<br />

S. 30<br />

54 WerWasWo<br />

56 In uns wohnen viele Ichs – Wolf Schneider sprach mit dem Sprachgenie Daniel Krasa<br />

60 Bilder der Seele – Portraits von Menschen aus Asien zeigt der Fotograf Bernd Kolb<br />

64 Promotion: Tantra ist tot, es lebe Tantra! – eine Betrachtung von Herbert Barkmann<br />

66 Promotion: Identitätsyoga – Verena Hirschmann stellt Arjunas Awakening Coaching vor<br />

68 Filme<br />

70 Bücher<br />

74 Leserbriefe<br />

78 Marktplatz<br />

80 Veranstaltungskalender und Inserentenverzeichnis<br />

82 Vorschau/Impressum<br />

S. 55<br />

S. 60<br />

, Zeitschrift für Spiritualität & Politik, Mystik, Ökologie, Lebenskunst und Humor.<br />

Sie erschien in den letzten Jahren zweimonatlich mit einem starken Schwerpunkt. Gegründet 1985,<br />

ist Connection Spirit die älteste transkonfessionelle spirituelle Zeitschrift auf deutsch.<br />

Fachmagazine über Tantra und Schamanismus aus demselben Verlag ergänzen sie.<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 5


EINSICHT<br />

Mensch<br />

In dir entscheidet sich Schicksal<br />

In dir endet Geschichte und<br />

Zukunft ist dein Werk<br />

Du bist der Ort zwischen Innen<br />

Und Außen<br />

Dein Sein ist die Zwischenstation<br />

Die in beiden Richtungen wahrnimmt<br />

Zur gleichen Zeit und handelt oder<br />

Verweigert und Verantwortung abschiebt<br />

Du bist das Herz das zerbricht oder<br />

Sich öffnet für die Wunder der Wandlung<br />

Salama Inge Heinrichs<br />

PIXABAY.DE , PUBLIC DOMAIN<br />

6 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


WIE ES IST<br />

FLICKR.COM © BLONDINRIKARD<br />

FLICKR.COM © IMAGENS EVANGELICANS<br />

Kollision der Weltdeutungen<br />

Naturphänomene haben schon<br />

immer bei Menschen Angst hervorgerufen.<br />

Aber doch nicht bei<br />

uns modernen Menschen, oder?<br />

Es ist kaum zu glauben, wozu<br />

so ein schöner Anblick wie der<br />

des roten Mondes, wie er uns in<br />

diesem Jahr zuteil wurde, auch<br />

moderne Menschen inspiriert.<br />

Der Ende September zu sehende<br />

rote Mond war der Abschluss<br />

einer sogenannten Blutmond-<br />

Tetrade. So nennt man vier aufeinanderfolgende<br />

Mondfinsternisse,<br />

die am <strong>15</strong>. April 2014, 8.<br />

Oktober, 4. April 20<strong>15</strong> und 28.<br />

September stattfanden (nicht alle<br />

konnte man in Europa sehen).<br />

Solche Tetraden sind ein seltenes<br />

Naturphänomen, und auch<br />

in den zweitausender Jahren gibt<br />

es Leute, die hinter solchen Erscheinungen<br />

Zeichen und Wunder<br />

wittern. So zum Beispiel der<br />

US-amerikanische Prediger<br />

John Hagee. In seinem Buch, das<br />

2013 erschienen ist, kündigte er<br />

die kommende Tetrade als ein<br />

Frauensolidarität Fehlanzeige<br />

Zeichen für etwas ganz Schreckliches<br />

an, das in Israel stattfinden<br />

würde. Leider wurde und<br />

wird die Phantasie der christlichen<br />

Fanatiker dadurch befeuert,<br />

dass die jüdischen Feiertage<br />

auf die Mondfinsternisse fallen.<br />

Kann das ein Zufall sein?<br />

Nein, es ist kein Zufall, aber man<br />

kann es leicht dadurch erklären,<br />

dass der jüdische Kalender ein<br />

Mondkalender ist, er orientiert<br />

sich an den Mondphasen.<br />

Quelle: www.web.de<br />

Nun soll Sklaverei wieder eingeführt<br />

werden, zumindest in<br />

Kuwait und zumindest für die<br />

sexuellen Dienste. Das findet<br />

Salwa el-Matayri, die sich als<br />

Frauenrechtlerin definiert.<br />

In einem Video auf YouTube erklärt<br />

Salwa el-Matayri, dass es<br />

sehr wohl im Sinn von islamischen<br />

religiösen Autoritäten sei,<br />

wenn ein muslimischer Mann<br />

sich vor dem Ehebruch hütet, jedenfalls<br />

dem mit einer Muslimin.<br />

Stattdessen sollte er seine<br />

Begierde an einer ungläubigen<br />

Frau ausleben, zum Beispiel einem<br />

gekauften Kriegsopfer, einer<br />

Sexsklavin. Dann wären alle<br />

zufrieden: die kuwaitische<br />

Händler, die nun ein Geschäft<br />

mit legaler Sklaverei machen,<br />

die kuwaitischen Männer, die<br />

sich austoben dürfen, und die<br />

kuwaitischen Frauen, die beruhigt<br />

sein können, dass ihre Männer<br />

nach islamischer Ordnung<br />

leben, und ebenso die religiösen<br />

Autoritäten, die diese vergessene<br />

Seite des Islam wiederbeleben<br />

dürfen.<br />

Salwa el-Matayri plädiert in Kuwait<br />

für die Legalisierung und<br />

Einführung der Sex-Sklaverei.<br />

Wir wünschen ihr ein Aufwachen<br />

aus diesem Nebeltraum<br />

und der kuwaitischen Rechtsprechung<br />

mehr gesunden Menschenverstand.<br />

Quelle: www.youtube.de<br />

Kurzmeldungen<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 7


WIE ES IST<br />

ZEICHNUNG GERHARD MESTER<br />

Die Ungläubigkeit der Moderne<br />

Die Repräsentanten der großen Kirchen in<br />

Deutschland klagen über die schwindenden<br />

Schäfchen-Zahlen und die Ungläubigkeit der<br />

Moderne. Viele Meinungsforschungsinstitute<br />

beforschen die Trends, die im Zusammenhang<br />

mit Religiosität stehen. Darunter auch<br />

das Meinungsforschungsinstitut WIN Gallup,<br />

das kürzlich eine große weltweite Studie<br />

durchführte. Im Zentrum dieser Studie stand<br />

nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten<br />

Kirche oder Bewegung, sondern die persönliche<br />

Einstellung, das persönliche religiöse<br />

Gefühl. Mehr als sechs von zehn Menschen<br />

auf der Welt bezeichnen sich als religiös. Dieser<br />

Studie nach leben die religiösesten Menschen<br />

der Welt in Thailand, die meisten Atheisten<br />

in China. Europa bewegt sich im Mittelfeld.<br />

In Westeuropa bezeichnen sich 43 Prozent der<br />

Menschen als religiös. Die Formen dieser Religiosität<br />

sind bunt und synkretistisch. Die<br />

Menschen hier brauchen keine großen Glaubenssysteme<br />

mehr, wie es scheint. In der weltweiten<br />

Analyse kamen Forscher zu der nicht<br />

völlig überraschenden Einsicht, dass die Menschen<br />

umso religiöser sind, je ärmer das Land<br />

ist, in dem sie leben.<br />

Quelle: www.sueddeutsche.de<br />

FLICKR.COM © POLITICALLY UNMOTIVATED<br />

Willkommen in der bunten Welt<br />

Nun hat ein polnischer Priester, der offensichtlich<br />

ein hohes Amt im Vatikan bekleidete,<br />

offiziell verkündet, er sei ein glücklicher<br />

homosexueller Priester. Den Zeitpunkt<br />

für diese Verkündigung hat er klug ausgewählt:<br />

kurz vor der Familiensynode, auf der<br />

in Rom hunderte von Theologen um Themen<br />

wie Abtreibung, Scheidung und Homosexualität<br />

streiten. Krzystof Chamsara,<br />

so heißt der glückliche Noch-Priester, will<br />

sich für die sexuellen Minderheiten und ihre<br />

Familien einsetzen, die unter der Ablehnung<br />

der Kirche leiden. Er möchte etwas bewegen,<br />

er möchte der Kirche helfen, deren<br />

Priester zum größten Teil, wie er sagt, selbst<br />

homosexuell, aber leider homophob seien,<br />

sie würden sich selbst nicht akzeptieren können.<br />

Quelle: www.sueddeutsche.de<br />

FLICKR.COM © EP–JHU<br />

8 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


Gesellschaftsmagazin ellsc<br />

für psychoaktive<br />

Kultur<br />

Ralph<br />

Metzner<br />

DMT und 5-MeO-DMT<br />

Cannabis<br />

als<br />

Medizin/Dabbing<br />

Steve Stoned<br />

im<br />

Gespräch<br />

Auf<br />

dem<br />

Peyote-Weg<br />

WIE ES IST<br />

FLICKR.COM © JENSIMON7 FLICKR.COM © FREEDOM HOUSE<br />

FLICKR.COM © SYMPHONY OF LOVE<br />

»Alternativer Nobelpreis«<br />

In Stockholm wurden am 1. Oktober vier<br />

Preisträger und das Volk der Marshallinseln<br />

mit Right Livelihood Awards geehrt.<br />

Aus <strong>12</strong>8 Nominierungen aus 53 Ländern<br />

hatte die Kommission schließlich die Inuit-Aktivistin<br />

Sheila Watt-Cloutier aus Kanada<br />

ausgewählt, die sich für die Fragen<br />

der Umwelt und der Bildung einsetzt; die<br />

Menschenrechtlerin Kasha Jacqueline Nabagesera<br />

aus Uganda,<br />

die mit juristischen<br />

Mitteln gegen<br />

die Verfolgung von<br />

lesbischen, schwulen,<br />

bisexuellen, transsexuellen<br />

und intersexuellen<br />

Menschen in<br />

Uganda kämpft; den<br />

italienischen Chirurgen<br />

Gino Strada, der<br />

mit seiner Organisation<br />

Emergency in<br />

Konfliktgebieten medizinische<br />

Hilfe leistet.<br />

Und schließlich<br />

bekamen Tony de<br />

Brum und das Volk<br />

der Marshallinseln<br />

einen Ehrenpreis für ihren Kampf für die<br />

atomare Abrüstung weltweit und den Einsatz<br />

für die Umwelt. Der Right Livelihood<br />

Award, auch »Alternativer Nobelpreis«<br />

genannt, wird an die Menschen verliehen,<br />

die sich aktiv für eine bessere Welt einsetzen.<br />

Quelle: www.spektrum.de<br />

Sprache und Macht<br />

Israel ist das veganste Land der Welt<br />

In Israel ist es leicht, vegan zu leben. Gemüse<br />

und Obst wachsen das ganze Jahr über in<br />

einem lebensfreundlichen Klima, das traditionelle<br />

Fastfood Falafel mit Hummus besteht<br />

aus Kichererbsen.<br />

Das vegane Leben in Israel ist jedoch anders<br />

als das in Deutschland. Bei uns gehört<br />

das vegane Leben zu einem bewusst gesunden<br />

Leben. Bei den Israelis wird zum veganen<br />

Essen viel geraucht und viel Alkohol getrunken.<br />

Es stehen dort offenbar andere<br />

Gründe im Vordergrund als die eigene Gesundheit.<br />

Für das Leiden der Tiere, das manche<br />

Aktivistinnen mit dem Holocaust vergleichen,<br />

wollen viele der Israelis nicht verantwortlich<br />

sein.<br />

Psychologisch interessant ist die Theorie,<br />

dass für die Fokussierung auf die Umgestaltung<br />

des eigenen Lebens in Richtung Veganismus<br />

einer der Gründe die als stagnierend<br />

empfundene Situation des politischen<br />

Konfliktes mit Palästinensern sei, der nunmehr<br />

seit 50 Jahren andauert.<br />

Quelle: www.faz.de<br />

Wir stehen<br />

auf<br />

Langzeitwirkung!<br />

Lucy‘s Nummer 1<br />

ISBN 978-3-03788-401-0<br />

<strong>11</strong>2 Seiten,<br />

20x26,5<br />

cm<br />

Lucy‘s Rausch<br />

Nr.<br />

2<br />

ISBN<br />

978-3-03788-402-7<br />

8-402-7<br />

<strong>11</strong>2 Seiten, en Format 20x26,5<br />

cm,<br />

Hochglanzmagazin<br />

Fr. 18.50<br />

/<br />

€ 14.80<br />

Lucy’s<br />

Rausch<br />

das Gesellschaftsmagazin für<br />

psychoaktive<br />

Kultur ur<br />

Jetzt abonnieren e oder<br />

Kostprobe bestellen!<br />

Schwerpunktthemen:<br />

Cannabis a und Medizin · Psychedelische e Kunst t·<br />

Safer-Party arty<br />

y· Ethnobotanik<br />

Mit Beiträgen en von Ralph Metzner, Franjo<br />

Grotenhermen,<br />

Mischa Hauswirth, Adi Dittrich,<br />

Künstlerporträts von Nana Nauwald und<br />

Gerhard Seyfried ed uvm.<br />

www.lucys-magazin.com<br />

Nachtschatten Verlag AG<br />

Kronengasse <strong>11</strong><br />

www.nachtschattenverlag.ch<br />

w.nachtschatt tenverlag.ch<br />

CH-4500 Solothurn info@nachtschatten.ch<br />

ten.ch<br />

Die Medien berichten heute anders über<br />

Flüchtlinge als in den 90ern, stellten Sprachforscher<br />

kürzlich fest. Sie beobachten einen<br />

Trend zur Darstellung von Einzelschicksalen.<br />

Eine solche Darstellung hat<br />

natürlich eine andere Wirkung auf die Rezipienten<br />

als ein Bericht über Flüchtlinge als<br />

anonyme Masse. Einzelschicksale bewirken<br />

Empathie.<br />

In dieser Veränderung der Darstellung spiegelt<br />

sich die veränderte gesellschaftliche Einstellung<br />

zu dem Thema, die seit Anfang der<br />

2000er Jahre unter der rot-grünen Regierung<br />

zu beobachten ist. Aktuell ist im Journalismus<br />

zudem das Konzept von »Constructive<br />

News« in aller Munde; das ist das<br />

Konzept einer Presse, die nicht nur die Schattenseiten<br />

einer Sache beleuchtet, sondern<br />

auch und mit Nachdruck konstruktive Lösungen<br />

und Auswege anbietet.<br />

Quelle: www.migazin.de<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 9


WIE ES SEIN KÖNNTE<br />

Yoga,<br />

Gesundes,<br />

Veggi &<br />

mehr …<br />

Die Welt<br />

von morgen<br />

Nach all den Nachrichten von gestern und heute<br />

jetzt auch ein paar von morgen<br />

Das nahende Ende der Endzeitfurcht<br />

100 Events,<br />

<strong>12</strong>0 Aussteller<br />

und Sie!<br />

PIXABAY.DE © ARMY AMBER<br />

Hamburg<br />

20. – 22. Nov.<br />

Messehalle<br />

Hamburg-Schnelsen<br />

• Gesichtslesen<br />

• Kanglounge<br />

• Show Cooking<br />

• Mitmachyoga<br />

• Entspannungsoase<br />

• Wilde Frau sein<br />

Jetzt informieren:<br />

hamburg-lebensfreude.de<br />

Eines Tages werden wir alle sterben. Die Welt<br />

um uns, so wie wir sie wahrgenommen haben,<br />

wird dann nicht mehr sein, denn du und<br />

ich und wir alle, die Subjekte dieser Wahrnehmung,<br />

sind dann nicht mehr. Den von der<br />

UNESCO in den 2020er Jahren errichteten<br />

»Bildungsstätten des Innen und Außen« gelang<br />

es, in den in diesen Jahren Heranwachsenden<br />

die Unterscheidungsfähigkeit zu<br />

schärfen zwischen dem, was außerhalb und<br />

was innerhalb von ihnen geschieht. Frühkindliche<br />

Traumata machten nun aus den Betroffenen<br />

nicht mehr unbedingt Krieger, Todesfürchtige<br />

wurden nicht mehr automatisch<br />

zu Apokalyptikern, und immer mehr der Heranwachsenden<br />

konnten die Zeit der Lebendigkeit<br />

zwischen Geburt und Tod genießen.<br />

Aber erst jetzt, in den 40er Jahren dieses Jahrhunderts,<br />

kommen diese Menschen allmählich<br />

an den Schnittstellen gesellschaftlicher<br />

Macht an. Zu spät für uns alle? Wir werden<br />

sehen.<br />

Die Hagia Sophia als Vorbild<br />

Der »Hier-und-Jetzt«-Wahn der Jahrtausendwende<br />

hat sich gelegt, und so schauen<br />

heute, in den 40er Jahren unseres Jahrhunderts,<br />

die Menschen wieder gerne in die Zukunft.<br />

Und auch in die Vergangenheit! Mehr<br />

denn je ist der Weltbevölkerung bewusst, dass<br />

wir alle aus Afrika kommen. Kaum 40 bis 60<br />

tausend Jahre ist es her, da wanderten unsere<br />

Vorfahren über die Landbrücke zwischen<br />

Afrika und Asien nach Eurasien aus und begannen<br />

so im Lauf der Zeit alle Kontinente<br />

zu bevölkern.<br />

Am Ort oder in der Nähe dieser Landbrücke<br />

entstanden in den Jahrtausenden des Patriarchats<br />

aus ein und derselben Quelle die abrahamitischen<br />

Religionen. Und sie bekämpften<br />

einander, teils schlimmer als Kulturen einander<br />

je bekämpft haben, und machten einander<br />

ihre heiligsten Orte streitig, allen voran<br />

Jerusalem.<br />

Mit dem Heraufdämmern des Bewusstseins,<br />

dass unser aller Ahnen über diese Schnittstelle<br />

Afrika verlassen haben und wir Menschen<br />

ab hier von Afrikanern zu Weltbürgern wurden,<br />

ließen diese Religionsstreitereien allmählich<br />

nach. Jerusalem wurde nun, ebenso<br />

wie Mekka, nach dem Vorbild des sakralen<br />

Raums der »Hagia Sophia« (übersetzt: Heilige<br />

Weisheit; der Raum wurde von einer Kirche<br />

zur Moschee, dann zum Museum) in Is tanbul,<br />

als städtisches Ensemble zum für alle zugänglichen<br />

Museum erklärt. Nun kann keine<br />

partielle Religionsmacht mehr Besuchern anderer<br />

Entwicklungswege den Zugang zu diesen<br />

als heilig empfundenen Stätten verwehren.<br />

10 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


WIE ES SEIN KÖNNTE<br />

Ausgabe: 9.20<strong>15</strong><br />

Die »Goldenen Vierziger«<br />

E R O S · L I E B E<br />

M E D I T A T I O N<br />

PIXABAY.DE © BEN KERCKX<br />

Frauen konnten damals so richtig<br />

zickig sein, fies, intrigant und nachtragend.<br />

Vor allem anderen Frauen<br />

gegenüber, mit denen sie um die<br />

Gunst der Männer konkurrieren<br />

zu müssen glaubten. Zu Zeiten des<br />

Patriarchats war dieser Konkurrenzkampf<br />

zeitweise und regional<br />

gnadenlos hart. Heute können sich<br />

in den meisten Teilen der Welt<br />

Frauen ihre Liebhaber selbst<br />

wählen, und wenn sie eine Beziehung<br />

beenden wollen, wird ihnen<br />

das nicht verwehrt. Das fördert die<br />

Die Befreiung vom Glauben<br />

Bereitschaft, sich mit anderen<br />

Frauen schwesterlich zu verhalten.<br />

Im Zuge dessen entdeckten seit<br />

den 10er Jahren immer mehr Frauen,<br />

wie schön es ist, mit anderen<br />

Frauen zusammen ihre Weiblichkeit<br />

zu feiern. Manche entschlossen<br />

sich daraufhin, zusammen zu<br />

wohnen, so wie einst die Beginen,<br />

nur weniger asketisch. Manche<br />

verschenkten ihre Liebesgaben<br />

nun hauptsächlich an andere Frauen.<br />

Wieder andere wandten sich<br />

nun, gestärkt und selbstbewusst,<br />

erneut den Männern zu, so dass<br />

nach den Jahren der Egalisierung<br />

und des Geschlechterkampfes das<br />

Liebesleben zwischen Männern<br />

und Frauen aufblühen konnte wie<br />

nie zuvor in der Geschichte. Deshalb<br />

nennt man diese Zeit nun die<br />

»Goldenen Vierziger«.<br />

Regina König und Hellwig Schinko<br />

OFFENE SEMINARE<br />

TANTRA-BODY<br />

20. - 22.<strong>11</strong>.<strong>15</strong> mit Regina König,<br />

bei Schwäbisch Hall<br />

FEUER, HERZ UND STILLE<br />

25.<strong>12</strong>. - 1.1.16 Tantra-Silvestergruppe,<br />

bei Salzburg<br />

TANTRA-BODY<br />

19. - 21.2.16 mit Beatrix Rettenbacher<br />

und Jens Hartwig, bei Ulm<br />

FEUER, HERZ UND STILLE<br />

21. – 27.3.16 Tantra-Ostergruppe bei Ulm<br />

VISION QUEST FÜR MÄNNER<br />

27.6. - 10.7.16 Visionssuche in<br />

wilder Natur, Südtoskana/I<br />

TRAININGS & AUSBILDUNGEN<br />

IM GARTEN DER LIEBE<br />

46-täg. tantrisches Selbsterfahrungs- und<br />

Fortbildungstraining; Beginn des 20. Basis -<br />

trainings: 31.7. – <strong>11</strong>.8.16 Ortasee / Italien<br />

Ein Ungläubiger zu sein galt jahrtausendelang<br />

als Schimpfwort.<br />

Mancherorts wurden Menschen,<br />

die von Nachbarn oder Herrschenden<br />

als »nicht Glaubende«<br />

denunziert waren, sogar hingerichtet.<br />

Einen gemeinsamen<br />

Glauben, eine einigermaßen einheitliche<br />

Besessenheit von bestimmten<br />

Überzeugungen zu haben,<br />

war für die Stämme der<br />

Frühzeit bis hin zu den Nationen<br />

des Zeitalters der Kriege noch<br />

wichtig, teils überlebenswichtig.<br />

Heute aber, im Zeitalter der Vielfalt,<br />

hat sich Ungläubigkeit als der<br />

höhere Wert erwiesen. Wer noch<br />

von einem Glauben besessen ist,<br />

wird immer mehr bedauert, und<br />

die Angebote zur Heilung von<br />

dieser Besessenheit nehmen zu.<br />

Niemand muss mehr verzweifeln:<br />

Dehypno ist möglich!<br />

Als letztes, in diesen »Goldenen<br />

40ern«, verlieren wir Überlebende<br />

des Patriarchats und der<br />

Rechthaber-Kriege, der Ausbeutung<br />

und Naturzerstörung auch<br />

unsere naive Sprachgläubigkeit,<br />

die uns Menschen seit mehr als<br />

40.000 Jahren zwar vieles ermöglicht,<br />

aber auch höllisch eingeschränkt<br />

hat. Worte können was,<br />

das stimmt! Aber das können sie<br />

nicht: Wahrheit wiedergeben. Da<br />

müssen wir schon selbst hinschauen,<br />

hinhören und hinfühlen,<br />

mit allen unseren Sinnen. Und<br />

so lebt heute, in den Jahren nach<br />

der Sprachgläubigkeit, auch die<br />

Sinnlichkeit wieder auf.<br />

Infos & Programm: ARUNA-Institut<br />

St. Nepomukstr.13 · 74673 Mulfingen<br />

Tel. 07936/6 21 · Fax 079 36/6 46<br />

info@aruna-tantra.de<br />

www.aruna-tantra.de<br />

Engel und andere<br />

freundliche Wesen<br />

ein Kunstprojekt von<br />

Christina v. Puttkamer<br />

und Guntram Prochaska<br />

ZEICHNUNG GERHARD MESTER<br />

www.unsere-gutengeister.de<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> <strong>11</strong>


NACHRUF<br />

Lieber Sugata,<br />

Danke für 17 Jahre gute Zusammenarbeit!<br />

Auch für mich geht eine Ära zu Ende.<br />

Die Connection war weit mehr für mich als Broterwerb,<br />

sie war eine Wegbegleiterin voller wertvoller Impulse.<br />

Ohne dich und Connection wäre ich eine andere!<br />

Christina<br />

Connection Grafik, Layout und Bildredaktion seit 1998<br />

<strong>12</strong> November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


NACHRUF<br />

CHRISTINA V. PUTTKAMER, WWW.DESIGN-ANGEL.DE, WWW.INNERGARDENS.DE<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 13


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

Der Mensch<br />

als tragikomische Figur<br />

Von der Freiheit, sich sowohl als tragisch<br />

wie auch komisch empfinden zu können<br />

Das Lachen über Objekte, speziell über menschliche Objekte, ist ein mächtiger<br />

sozialer Baumeister: Es grenzt die aus, über die gelacht wird, und verbindet die<br />

miteinander, die gemeinsam über dieselben Objekte lachen, meint unser Autor<br />

Rainer Selbstzweck, dem wir diesmal den Leitartikel überließen.<br />

Humor in seiner geistreichsten und liebevollsten Form ist es, sagt Rainer, wenn das<br />

Objekt meines Lachen zunächst, vor allem und auch am Ende ich selbst bin. Aus<br />

diesem Bezug zu sich selbst heraus entscheidet sich der Mensch, dem dies<br />

bewusst ist, für eine eher tragische oder eher komische Rolle im Leben<br />

VON RAINER SELBSTZWECK<br />

14 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

PIXABAY.DE © TERIMAKASIH0 /<br />

M<br />

it dem Humor ist es so eine Sache<br />

– er versteckt sich gerne. Wer nach<br />

außen hin humorvoll ist, Witze<br />

macht, über dies und das lacht, der ist es inwendig<br />

manchmal gar nicht. Wenn ich mir<br />

die Sache jetzt mal aus der Perspektive des<br />

reinen Selbstzwecks ansehe, möchte ich zuallererst,<br />

dass es mir selbst gut geht. Und<br />

dazu brauche ich die anderen, euch: dass es<br />

auch euch gut geht. Folglich darf ich nicht<br />

über andere Menschen lachen – oder nur<br />

dann, wenn sie wissen, dass ich sie damit nicht<br />

ablehne und ausgrenze, sondern dabei eigentlich<br />

über mich selbst lache – über das,<br />

was ich an ihnen sehe, weil ich es bei mir<br />

selbst, wegen der zu großen Nähe zu mir<br />

selbst, nicht sehen kann.<br />

Oh, wie tragisch!<br />

Im Grunde bin ich eine tragische Figur, denn<br />

ich leide; das meiste, was ich im Leben versuche,<br />

gelingt mir nicht. Ab und zu klappt<br />

mal was, aber in den meisten Fällen scheitere<br />

ich. Selig sind die, die nur die Erfolge im<br />

Gedächtnis behalten. Ich selbst aber kann<br />

mich, Hand aufs Herz, auch an die anderen<br />

Ereignisse erinnern.<br />

Wenn ich tiefer forsche, entdecke ich, dass<br />

ich mir immer dann selbst leidtue – also eine<br />

tragische Figur bin –, wenn ich die Ursache<br />

meines Unglücks außen verorte. Vielleicht<br />

liegt sie ja wirklich außerhalb von mir<br />

– wie der Zeckenbiss, den ich mir im eigenen<br />

Garten geholt habe; der Auffahrunfall,<br />

bei dem mir jemand hinten rein gefahren<br />

ist; oder der Taschendieb, der mir am Hauptbahnhof<br />

beim Anrempeln meinen Geldbeutel<br />

gestohlen hat. Oder bei Krankheiten, die<br />

mich treffen, ohne dass ich sie mir durch eine<br />

ungesunde Lebensweise zugezogen hätte.<br />

In allen diesen Fällen kann ich die außen verortete<br />

Ursache als solche dort stehen lassen<br />

und mir die Freiheit nehmen zu entscheiden,<br />

wie ich damit umgehe. Dann bin ich nicht<br />

mehr das Opfer der Umstände, und die Situation<br />

fängt an, ein bisschen komisch zu<br />

werden. Zumindest wird sie leichter erträglich.<br />

Echte Zumutungen<br />

Komisch finde ich mich selbst, wenn ich das,<br />

was ich gerade mache, wo auch immer, wann<br />

auch immer, als Auftritt erkenne, als meinen<br />

eigenen Auftritt auf der Bühne des Lebens.<br />

Dann weiß ich, dass ich auch anders<br />

sein könnte, und wenn mein Auftritt nicht<br />

die erwünschte soziale Resonanz erzeugt,<br />

kann ich ihn ändern. Ich kann ja auch anders!<br />

Ich komme nur so selten dazu. Bin ich dabei<br />

unecht? Nein, denn Echtheit ist nicht dasselbe<br />

wie die Hilflosigkeit des Nicht-anders-Könnens.<br />

Echt sein, authentisch sein,<br />

wahrhaftig heißt, dem sozialen Resonanzkörper<br />

–, sei es ein Partner, Kind, Kollege,<br />

Publikum oder wer oder was auch immer –<br />

das zu zeigen, was jetzt gerade für mich wahr<br />

ist. Wenn möglich das Wichtigste davon, alles<br />

kann man ja nicht zeigen, schon aus zeitlichen<br />

Gründen. Und zwar unumwunden,<br />

aufs Wesentliche reduziert und in dem Maße,<br />

wie man es ihm, ihr, ihnen zumuten kann.<br />

Ein bisschen komisch<br />

»Im Grunde bin ich eine tragische Figur,<br />

denn ich leide, und das meiste,<br />

was ich im Leben versuche, gelingt mir nicht«<br />

Wenn ich diese Auftritte nicht martinlutherisch<br />

gestalte (»Hier stehe ich, ich kann nicht<br />

anders«), fühle ich mich damit freier, ja, komischer.<br />

Dann ist dieses Kribbeln in meinen<br />

Gliedern da, dieser Thrill des Daseins – lebendig<br />

zu sein, frei, ungezwungen. Und ich<br />

finde mich dabei immer ein bisschen komisch.<br />

Ich gehe dabei mit dem, der ich bin,<br />

spielerisch um, das macht es leicht.<br />

Beim tragischen Auftritt hingegen fehlt das<br />

Spielerische, das macht es schwer. Durch<br />

die Zuweisung der Schuld bzw. Ursache nach<br />

draußen, an Stellen, die man nicht ändern,<br />

oft nicht einmal beeinflussen kann, macht<br />

man sich zum Opfer und leidet dann noch<br />

mehr als sowieso schon. Das Leben ist dann<br />

Schicksal, es ist mir geschickt worden, ich<br />

kann es nicht ändern, ach … wie tragisch.<br />

Entscheidungsfreiheit<br />

Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich<br />

möchte hiermit niemanden beeinflussen, das<br />

Anliegen dieser Darstellung ist reiner Selbstzweck.<br />

Möge sich als tragisch empfinden, wer<br />

das will. Möge sich oder mich als komisch<br />

empfinden, wer das will. Ich plädiere hier nur<br />

für die Entscheidungsfreiheit, sich so oder so<br />

darzustellen, sei es als tragisch oder als komisch.<br />

Freiheit geht mir über … äh, fast alles.<br />

Die reine Ursachenzuweisung nach innen,<br />

wie die Spiris sie mögen, ist nicht so mein<br />

Ding, das finde ich einseitig. In manchen Situationen<br />

ist es wirklich angemessen, von<br />

Schuld zu sprechen und zum Beispiel zu sagen,<br />

dass ein Mensch einem anderen dies<br />

oder das angetan hat, und für das Opfer ist<br />

das dann tragisch.<br />

Die Freiheit des Narren<br />

Wenn das Opfer sich bei einem Angriff auf<br />

seine Souveränität aber der Freiheit bewusst<br />

wird, sich selbst auch als Figur zu verstehen,<br />

die innerhalb des von der Außenwelt gegebenen<br />

Rahmens Spielräume hat – Räume<br />

zum Spielen, um auch mal eine andere Hal-<br />

tung auszuprobieren, ein anderer zu sein –,<br />

dann ist damit was gewonnen. Es ist ein Gewinn<br />

an Freiheit – und Komik. So wie wenn<br />

dem im Rollstuhl in einer Schlange Wartenden<br />

angeboten wird, ihn nach vorn zu lassen,<br />

und er das vergnügt grinsend kommentiert:<br />

»Nicht nötig, immerhin habe ich einen Sitzplatz«.<br />

Anscheinend hat Freiheit etwas mit Komik<br />

zu tun. Schließlich ist der Joker im Kartenspiel<br />

die freieste Karte: Er kann überall hin,<br />

überall passt er. Er ist ein Chamäleon, er<br />

kann sich anpassen und dabei die Farbe seiner<br />

Umgebung annehmen, er kann zu dem<br />

werden, was von ihm erwartet wird, und dann<br />

doch blitzschnell umschwenken und wieder<br />

ein anderer sein. Deshalb wurden Gaukler,<br />

Narren, Schauspieler und Clowns seit je für<br />

gefährlich gehalten und galten in früheren<br />

Zeiten und Kulturen nicht als seriöse Bürger<br />

der Gesellschaft.<br />

Die Weltkarriere des Smileys<br />

Heutzutage wird das Flimmern der Identität<br />

akzeptiert, teils sogar gepriesen. Lachen zu<br />

können und viel zu lachen gilt als gut und gesund.<br />

Lachyoga hat sich über die ganze Welt<br />

ausgebreitet, und der Smiley ist zum universellen<br />

Symbol geworden, das inzwischen<br />

sogar häufiger verwendet wird als das Herz,<br />

dieses rot gefärbte Symbol mit diesen zwei<br />

schönen, runden Wölbungen, das, wie Leser<br />

der Connection-Tantra-Hefte wissen, einen<br />

ganz heißen sexuellen Ursprung hat, den<br />

ich hier im Connection Spirit nicht verraten<br />

darf. Und wenn nun das indische Namasté<br />

(»Ich grüße das Göttliche in dir«) oder das<br />

süddeutsch-österreichische »Grüß Gott« sich<br />

ebenso weltweit ausbreitet, dürfte der Erleuchtung<br />

der planetarischen Zivilisation eigentlich<br />

nichts mehr im Weg stehen.<br />

Lachen ist nicht generell gut<br />

Halt, stopp, nicht ganz so! Denn das mit<br />

dem Lachen hat noch eine dunkle Ecke. Lachen<br />

und Lachyoga gelten generell als gesund<br />

und sogar gut. Es kommt dabei aber auf<br />

die Einstellung an, meine ich und sage dies<br />

ganz unmissionarisch aus Gründen des reinen<br />

Selbstzwecks. Es kommt auf die Haltung<br />

an, wem oder was gegenüber man lacht, und<br />

worüber. Lachen ist ein mächtiger Baumeister<br />

sozialer Strukturen. Es grenzt die aus,<br />

die nicht zur Gruppe der gemeinsam Lachenden<br />

gehören, vor allem dann, wenn über<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> <strong>15</strong>


Mystische Orte<br />

der Kraft<br />

in Franken entdecken<br />

Mit genauen GPS-Koordinaten als QR-Code<br />

ERNSTHAFT KOMISCH<br />

sie gelacht wird, und es bindet die aneinander,<br />

die gemeinsam lachen. Es schafft also in<br />

den Gesellschaften soziale Einheiten, sowas<br />

wie in der Biologie die Zellmembranen, die<br />

ja Grenzen setzen zwischen außen und innen<br />

und vielzelliges Leben dadurch erst ermöglichen.<br />

Lachen ist nicht generell gut, sondern<br />

wir müssen da genauer sein, achtsamer<br />

und immer auch auf das Objekt des<br />

Lachens achten und auf unsere Fähigkeit,<br />

dieses Objekt variieren zu können, bis hin<br />

zu der von den Lachyogis angestrebten<br />

Fähigkeit grundlos zu lachen.<br />

Subjektivität<br />

(Anatta) oder der zu Lebzeiten immer nur<br />

annäherbaren Erleuchtung meinten. Alles<br />

klar? Vom Standpunkt des reinen Selbstzwecks<br />

aus gesehen, müsste das eigentlich<br />

klar sein.<br />

Das träge Ich<br />

Und damit ist es auch komisch und zugleich<br />

tragisch. Komisch ist es, weil die Ich-Konstruktion<br />

wandelbar ist, und tragisch, weil<br />

wir nie völlig vergangenheitslos, spontan,<br />

perfekt adäquat einer Situation hingegeben<br />

sind, sondern wir sind immer beheimatet<br />

in einer Ich-Struktur mit suboptimaler<br />

Flexibilität, sagen wir ruhig: mit einer gewissen<br />

Trägheit. Und was nicht perfekt flexibel<br />

ist, chamäleonartig anpassbar, das muss<br />

sterben, immer wieder sterben. Tragisch,<br />

oder? Deshalb haben die Buddhisten so ein<br />

Ding mit der Anhaftung, und ihr Guru, der<br />

Buddha, hat das Leben zum Leiden erklärt.<br />

Und das ist es auch schon, was die Großen,<br />

die Heiligen und die Weisen mit dem Selbst,<br />

dem Zeugen und dem Nicht-Ich meinten<br />

VIVITAVERLAG.DE<br />

®IVITA<br />

Wolfgang Körner & Wolfram Murr (Fotografie)<br />

Kraftplätze in Franken<br />

Geomantischer Guide zu energetischen Orten<br />

Vivitaverlag 20<strong>15</strong>, 8-seitige Klappenbroschur,<br />

296 Seiten, durchgehend vierfarbig,<br />

€ 27,90 (ab <strong>12</strong>/<strong>15</strong> erhältlich), ISBN 978-3-945181-10-2<br />

Geomantischer Guide<br />

zu energetischen Orten<br />

kraftorteinfranken.de<br />

Nun noch ein paar Worte zu mir selbst, der<br />

mir hier die Ehre zuteil wird, in der historisch<br />

letzten Ausgabe von Connection als Experte<br />

zum Thema Tragik und Komik zu sprechen.<br />

Als Rainer Selbstzweck habe ich mich<br />

aus einer anderen Persönlichkeit herausgeschält,<br />

ich habe mich gehäutet. Namen von<br />

Rudeltieren oder sowas wie »wohl gegangen«<br />

empfinde ich für mich inzwischen als<br />

sehr einschränkend und insofern nicht mehr<br />

angemessen. Wir Menschen sind doch Identitätsreisende,<br />

wir entwickeln uns! Als solcher<br />

bin ich nun ganz bei mir selbst angekommen,<br />

als reiner … äh, Rainer Selbstzweck.<br />

Ich habe verstanden, dass ich die Mitte<br />

des Universums bin – du übrigens auch!<br />

Jeder von euch. Und all meine Liebe und<br />

Hinwendung zu den Menschen und Tieren,<br />

zur ganzen Umwelt, resultiert aus dieser<br />

Subjektivität.<br />

Anatta<br />

»Sei doch mal ein bisschen objektiver!« Warum<br />

wollen Menschen nur immer und immer<br />

wieder objektiv sein? Ich bin mit meiner<br />

Subjektivität zufrieden. Dass ich »da<br />

draußen« Objekte wahrnehme, mal mehr,<br />

mal weniger realistisch, das ist doch eh klar.<br />

Die Perspektive ist dabei das Entscheidende,<br />

und dass der Standpunkt, auf dem ich stehe,<br />

während ich in die Welt hinausschaue, die<br />

Fläche, von der aus ich da schaue, dass die<br />

eine Addition oder gar Fusion aller meiner<br />

blinden Flecken ist. Möge diese Fläche optimal<br />

klein sein und als mich selbst erkennender<br />

Mensch gegen Null gehen! Und das<br />

ist es auch schon, was die Großen, Heiligen<br />

und Weisen aller Zeiten und Kulturen mit<br />

dem Selbst, dem Zeugen, dem Nicht-Ich<br />

Es ist nur die Trägheit der Ich-Konstruk tion,<br />

die das Leben zum Leiden macht.<br />

Werde komisch!<br />

Damit bin ich auch schon beim Fazit dieses<br />

genialen Artikels angekommen: Werde komisch!<br />

Das flexibilisiert die Ich-Konstruk -<br />

tion, deine Ich-Konstruktion, und macht dein<br />

Leben damit leidfreier. Dass ein Ritzer in<br />

der Haut oder ein entzündeter Zahn dann<br />

immer noch weh tut, dem lässt sich mit diesem<br />

Trick nicht beikommen. Es hört dann<br />

jedwedes psychische Leiden auf, das ja da -<br />

raus resultiert, dass irgendwer dich für einen<br />

anderen hält, als du denkst, dass du bist. Oder<br />

dass irgendeine Situation von dir etwas anderes<br />

zu fordern scheint, als du denkst, dass<br />

du, als Held deines Lebens, leisten kannst<br />

oder leisten solltest.<br />

Wenn solches Leiden wegfällt, das ist schon<br />

eine ganze Menge, finde ich. Die Zahnschmerzen<br />

lassen sich dann, in einer Art<br />

rainen Betrachtung derselben, viel leichter<br />

ertragen.<br />

RAINER SELBSTZWECK, Jg. 52, Studium des Lebens<br />

und der menschlichen Eigenarten, Scharlatan-<br />

Meister (10. Dan, Schwarzgürtel), Cardio-Sakral-<br />

Practitioner und Initiat in den Pseu-Weg (koreanisch<br />

pseudo), info@connection.de<br />

[<br />

November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

PIXABAY.COM © SPLITSHIRE<br />

Der Mensch spielt nur, wo er in voller<br />

Bedeutung des Wortes Mensch ist,<br />

und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt<br />

Friedrich von Schiller, 1795<br />

(in »Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen«)<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 17


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

Warum ich eine<br />

lächerliche<br />

Existenz<br />

bin<br />

Eine Nabelschau mit weitreichenden Konsequenzen<br />

FOTOLIA.COM © RANGIZZZ<br />

Über andere Menschen zu lachen ist unhöflich, es<br />

verletzt sie und grenzt sie aus. Doch wenn wir<br />

dürften, würden wir über sie lachen. Genauso wie<br />

sie über uns, denn in ihren Augen sind wir so<br />

lächerlich wie sie in unseren. Und wie kam unser<br />

Hofnarr Johannes Galli zu diesen Einsichten?<br />

Durch schonungslose Selbstbeobachtung<br />

VON JOHANNES GALLI<br />

H<br />

allo? Geht’s noch? Hier schreibt Johannes<br />

Galli. Das Leben ging mir<br />

an den Kragen. Und was mach ich?<br />

Ich geh jetzt dir an den Kragen. Wieso denn?<br />

fragst du mich. Und ich sage: Einfach so,<br />

aus Jux und Dollerei!<br />

Es ist nämlich so, dass wir Menschen gern<br />

über andere lachen. Wir finden es urkomisch,<br />

wenn andere Fehler machen, dumm dastehen,<br />

sich blamieren oder peinliche Auftritte<br />

haben.<br />

18 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

Verdrängung<br />

Wenn du um dich blickst, siehst du das an<br />

tausend Beispielen. Schau mal, da ist Helga:<br />

Sie hat ein Übergewicht von zwanzig Kilo<br />

und trägt hautenge Jeans. Einmal hat sie sich<br />

gebückt, da riss die Jeans hinten an der Naht<br />

auf … Da ist Heinz-Werner, der sich die Haare<br />

von hinten nach vorne kämmt, damit man<br />

seine Glatze nicht sieht. Wenn dann bei Gegenwind<br />

sich seine Haare erst himmelhochjauchzend<br />

aufstellen, dann zu Tode betrübt<br />

als Matte bis zur Schulter runterhängen und<br />

die Glatze freilegen. Und da ist Gudrun, das<br />

mit fünfzig Jahren faltenfreie Botoxwunder:<br />

Einmal musste sie lachen, aber es ging<br />

nicht mehr, denn ihre Mimik war festgefroren.<br />

Häufig ist es aber so, dass wir nicht lachen<br />

dürfen. Da müssen wir aus Gründen der Höflichkeit<br />

und der beliebten schmerzfreien<br />

Kommunikation so tun, als würden wir nichts<br />

bemerken. Wie zum Beispiel bei Jörgfred,<br />

der glaubt, sich nicht waschen zu müssen, weil<br />

er so wohl duftet. Du riechst zwar was völlig<br />

anderes, beschließt aber nichts zu sagen,<br />

weil es doch zu peinlich ist, und lächelst verständnisvoll.<br />

Oder nehmen wir ein anderes<br />

Beispiel: Da ist Regula, die alle vierzehn Tage<br />

ihre Haare blondieren lässt, die jetzt aussehen<br />

wie Stroh, dünn und brüchig. Wenn sie<br />

dich fragt, wie du ihre neue Frisur findest,<br />

lügst du: »Gut, wirklich gut!«, und lächelst<br />

freundlich. Und da ist Hans-Helmut mit den<br />

schmalen Schultern und dem Bierbauch, der<br />

behauptet, dass es ihm schon viel besser geht,<br />

seitdem er regelmäßig Sport treibt. Du<br />

nickst, obwohl du dir ein Lachen kaum verbeißen<br />

kannst, aber dann wird es doch noch<br />

ein freundliches Lächeln.<br />

Selbsttäuschung<br />

Willst du noch andere Beispiele, die nicht so<br />

körperfixiert sind? Also gut, hier sind sie:<br />

Erika beteuert, sie liebe die Wahrheit und<br />

spreche immer wahrhaftig, während sie aber<br />

dir ins Gesicht lügt. Und Horst-Dietrich beteuert,<br />

dass er sein Alkoholproblem unter<br />

Kontrolle hat und dies sein letztes Gläschen<br />

sei. Oder Waltraud, die behauptet, sie habe eine<br />

einschmeichelnde Stimme, aber du musst<br />

dreimal nachfragen, weil sie nuschelt. Und<br />

Fridtjof behauptet, sich eine politisch eigenständige<br />

Meinung erarbeitet zu haben, wobei<br />

dir aber auffällt, gerade diese Worte<br />

soeben in der FAZ gelesen zu haben. Oder<br />

Karola, die behauptet, dass sie sich von niemandem<br />

etwas gefallen lässt, obwohl du<br />

weißt, dass ihr Chef und ihr Vater ihr sagen,<br />

wo’s lang geht, und ihre Kinder ihr auf der<br />

Nase rumtanzen. Und Willibald spricht von<br />

seinem enormen finanziellen Erfolg, fragt<br />

dann aber leise, ob du ihm etwas Geld leihen<br />

kannst.<br />

Waren das jetzt genug Beispiele, damit du<br />

selbständig weiter in diese Richtung forschen<br />

kannst? Waaaas, du bist inzwischen süchtig<br />

geworden und willst noch mehr Beispiele von<br />

»Durch lange, intensive und scharfsinnige<br />

Selbstbeobachtung habe ich herausgefunden,<br />

dass ich eine lächerliche Existenz bin«<br />

mir? Also gut, ich bin ja kein Unmensch.<br />

Dann kriegst du halt noch eins: Ich saß mal<br />

in einer Hotellobby, da stolzierte an mir eine<br />

Frau vorbei, der hinten aus dem Rock<br />

ein langes Stück Klopapier hing. Irgendwie<br />

hatte sich da was verwurschtelt. Kein Mensch<br />

wagte es, sie anzusprechen. Ich auch nicht.<br />

Und so lief sie mit dem klopapiernen Drachenschwanz<br />

selbstbewusst, weil ihr alle<br />

nachblickten, durchs Hotel.<br />

Die hammerharte Wahrheit<br />

Jetzt sind es aber endgültig genug Beispiele,<br />

in denen andere peinlich sind. Und jetzt bring<br />

ich’s hammerhart. Egal, ob du darauf vorbereitet<br />

bist oder nicht: Die Überschrift und<br />

alle Beispiele bis hierher waren nur eine Falle.<br />

In die bist du reingetappt. Jetzt hab ich<br />

dich und sag es dir jetzt: Du bist eine lächerliche<br />

Existenz! Was, du glaubst das nicht?<br />

Hey, du hast doch nix hingekriegt. Schau mal:<br />

Deine Figur ist nicht perfekt. Dein Sprechen<br />

ist verunsichert. Deine Bewegungen<br />

sind linkisch. Deine Kleiderwahl ist unvorteilhaft.<br />

Die Witze, die du nicht erzählst,<br />

weil du sie dir nicht merken kannst, sind<br />

längst nicht so komisch wie deine gesamte<br />

Existenz.<br />

Erkenntnisse aus<br />

Selbstbeobachtung<br />

Jetzt willst du eigentlich nicht weiterlesen<br />

und findest mich unverschämt. Aber du wirst<br />

weiterlesen. Warum? Weil du im Grunde deines<br />

Herzens weißt, dass ich Recht habe. Und<br />

wieso bin ich so sicher? Weil ich durch lange,<br />

intensive und scharfsinnige Selbstbeobachtung<br />

herausgefunden habe, dass ich selbst<br />

eine lächerliche Existenz bin. Das kannst<br />

du mir ruhig glauben! Zur Absicherung liefere<br />

ich hier noch ein paar Beispiele: Ich<br />

war immer zu dick, zwanzig Kilo Übergewicht.<br />

Ich konnte machen, was ich wollte:<br />

Sport, günstige Kleider, Bauch einziehen,<br />

wahnwitzige Diät, es hat nichts geholfen.<br />

Meine Ehe habe ich in den Sand gesetzt. Sie<br />

war zart wie ein Reh, ich stark wie ein Bär.<br />

Nach der Heirat verwandelte sie sich in eine<br />

Hyäne und ich in einen Werwolf. Als bei<br />

mir Diabetes festgestellt wurde, habe ich den<br />

Helden gespielt und gesagt: Ich brauche kein<br />

Insulin, ich schaffe es, mit Diät meinen Blutzucker<br />

unter Kontrolle zu halten. Als Folge<br />

dessen bin ich heute blind und lahm und dialysepflichtig.<br />

Reicht das, oder willst du noch<br />

mehr? Na gut, hier ist noch einer: Alle Autos,<br />

die ich gebraucht gekauft habe, waren<br />

innerhalb kürzester Zeit reparaturpflichtig,<br />

und zwar so, dass die Reparaturkosten bald<br />

den Neupreis überstiegen. Komm, jetzt<br />

reicht’s aber, oder? Mach mich doch nicht<br />

fertig!<br />

Jetzt habe ich dir bewiesen, dass ich eine<br />

lächerliche Existenz bin. Und jetzt schließe<br />

ich hieraus einfach, dass du es auch bist. Ich<br />

könnte es nicht ertragen, alleine eine lächerliche<br />

Existenz zu sein. Ich brauche dich zum<br />

Trost.<br />

Natürlich bist du jetzt wütend und willst<br />

mir beweisen, dass du keine lächerliche Existenz<br />

bist. Du wirst dich rechtfertigen, immer<br />

wilder und lauter, je mehr ich über dich<br />

grinse, weil ich weiß, dass getroffene Hunde<br />

bellen. Und du bellst ziemlich laut.<br />

Alles wird gut<br />

Jetzt endlich ist der Punkt erreicht, wo du<br />

nicht mehr weiterlesen willst. Aber komm,<br />

halte durch. Am Ende wird alles gut, denn<br />

ich bin der blinde Seher und gebe ungefragt<br />

Visionen preis, die einen Ausweg aufzeigen.<br />

Dereinst wird kommen der Tag, da werden<br />

sich alle lächerlichen Existenzen auf der Welt<br />

versammeln. In großen Übungsreihen werden<br />

wir kleine Gruppen bilden und werden<br />

Geschichten erzählen, in denen wir eine<br />

peinliche, unsichere, kurz: lächerliche Figur<br />

abgegeben haben – körperlich oder geistig.<br />

Und wir werden die Begebenheiten so gut<br />

erzählen, dass wir vor Lachen schreien müssen.<br />

Und wir werden so lange erzählen und<br />

lachen, bis wir nach Luft schnappen müssen.<br />

Tränen lachend liegen wir uns in den<br />

Armen und freuen uns am Leben wie noch<br />

nie.<br />

[<br />

JOHANNES GALLI, Jg. 52,<br />

war in den 80er Jahren als<br />

Clown Galli bekannt. 1990<br />

erschien sein Buch Clown,<br />

die Lust am Schei tern. Er<br />

ist der Begründer der<br />

»Galli-Methode ® «, der<br />

»Sieben Kellerkinder ® «<br />

und der Galli-Theater.<br />

2007 schuf er zusammen mit Wolf Schneider die<br />

Bühnenfassung von dessen Buch »Zauberkraft der<br />

Sprache«. www.galli.de<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 19


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

Manifest des<br />

Nullyoga<br />

Das ganze Leben ist eine erleuchtete Meditation<br />

Kann man es tun? Natürlich nicht. Kann man es vermeiden? Auch nicht. Und doch gibt es<br />

eine ganze Menge Kultur und Bruhaha um das Dada des Hierseins, wie man es finden und<br />

wie das Finden vermeiden kann. Pier Zellin von der »Liga der Leeren« liest hier denen die Leviten,<br />

die es nicht lassen können, das zu suchen, was schon da ist<br />

VON PIER ZELLIN<br />

20 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

FLICKR.COM © ROBERT CUDMORE<br />

Y<br />

ogastile von Detox Yoga über Desk<br />

Yoga bis Divine Yoga wirken wie<br />

eine Parodie auf spirituelle Körperarbeit.<br />

Es gibt zum Beispiel Soft, Sexy, Senior,<br />

Street, Sukha, Sakti, Shakti, Sadhana,<br />

Sivananda, Tao, Tara, Tala, Total, Tanga, Tantra,<br />

Power, Padma, Beauty, Bhakti, Mindful,<br />

Mantra, Moksha, Naked, Nude, Narada,<br />

Ashtanga, Fitness, Fusion, Flow, Glow, Gauri,<br />

Gaia, Chakra, Children, Chair, Gentle,<br />

Kundalini, Karma, Karuna, Happy, Hatha,<br />

Heat, Hot, Holiday, Hormon, Holistic, Holy,<br />

Wellness, Acro, Eco, Om, Vinyasa, Vidya, Yin<br />

und Yinyang Yoga. Und jetzt gibt es auch<br />

noch Nullyoga!<br />

Sei dein eigener Antiguru!<br />

Nullyoga ist eine brandneue Modeerscheinung<br />

und gleichzeitig eine Satire auf Sekten<br />

und Antisekten. Jeder Anhänger von Null -<br />

yoga ist sein eigener Antiguru.<br />

Im Gegensatz zu echtem Yoga (»authentisches<br />

Yoga«) kennt Nullyoga keinen spirituellen<br />

Fortschritt und hat keinerlei Ziel<br />

vor Augen. Es geht dabei einzig und allein<br />

darum, jede einzelne Bewegung aus reinem<br />

Selbstzweck wahrzunehmen und keinerlei<br />

zusätzliche Handlung zu erzwingen. Anstatt<br />

des Leistungsdrucks, den normales Yoga auf<br />

seine Schüler ausübt, vermeiden wir im<br />

Nullyoga jeden Druck und jede Bemühung.<br />

Wir tun nur das, was wir sowieso tun, und<br />

genießen jeden Schritt als den wahren Schritt<br />

durchs Leben. Das klingt eigentlich sehr<br />

leicht und entspannt, aber es bricht ein Tabu<br />

und erlöst von einem Fluch, der auf der<br />

gesamten Spiriszene lastet: die harte Arbeit<br />

an der Erleuchtung.<br />

Ein Nullyogi hat dieses Problem nicht mehr.<br />

Er empfindet sich weder als erleuchtet noch<br />

als nichterleuchtet, denn sein abgespaltenes<br />

Ego hat sich in Luft aufgelöst. Da ist niemand<br />

mehr, der sich als erleuchtet deklarieren<br />

könnte. Da ist einfach der Mensch mit seiner<br />

Wahrnehmung der Welt übrig geblieben.<br />

Insofern richtet sich Nullyoga vor allem an<br />

diese »gnadenlos Erwachten«. Wer von sich<br />

sagt »ich mache Nullyoga«, der outet sich<br />

quasi als Nicht-mehr-Sucher, sondern als Angekommener.<br />

Transspirituell<br />

Gurus sind prinzipiell in die Erleuchtungsfalle<br />

getappt und glauben an irgendeine spirituelle<br />

Sensation, wie zum Beispiel die<br />

»innere Stille« oder das »Höhere Selbst«,<br />

manchmal auch an Gott oder Außerirdische.<br />

Antigurus versuchen den Schülern von Gurus<br />

klarzumachen, dass sie einer Selbstlüge<br />

hinterherlaufen und niemals aufwachen,<br />

solange sie irgendwelche Erleuchtungstechniken<br />

praktizieren. Solche Antigurus haben<br />

inzwischen auch einige Anhänger, die natürlich<br />

ebenso wenig aufwachen wie die Anhänger<br />

von echten Gurus.<br />

Die Nullyoga-Bewegung hat keine Lehrer,<br />

weil es keine Lehre gibt. Ich sage es noch einmal:<br />

Jeder Anhänger von Nullyoga ist sein<br />

eigener Antiguru. Was macht der »innere Antiguru«?<br />

Er hat kein Gesicht. Und er hat<br />

keine Botschaft. Er befreit dich von dem spirituellen<br />

Druck, mehr verstehen zu wollen,<br />

als sich verstehen lässt. Du gibst dir dadurch<br />

selbst die Erlaubnis, in jeder Bewegung deines<br />

Körpers das Leben als Wahrheit zu<br />

spüren. Wer ist dieses Selbst? Dein Körper<br />

selbst, der sich bewusst wahrnimmt.<br />

Der spirituelle Sucher verleugnet sein groß -<br />

artiges Gehirn, weil er ein »reines« Bewusst -<br />

sein jenseits der Materie erhofft. Das ist<br />

natürlich esoterischer Quatsch, aber sehr<br />

viele glauben daran. Früher nannte man das<br />

»religiös«, heute nennt man es spirituell.<br />

Insofern ist Nullyoga eine transspirituelle<br />

Lebenshaltung.<br />

Null Nullyoga<br />

Alles Wahrgenommene wird als wahr empfunden.<br />

Es bedarf keiner »göttlichen« Extra-<br />

Ebene hinter der Wirklichkeit, wo man in<br />

»stillem Frieden ruht« und sich »bedingungslose<br />

Liebe« einbildet. Das sind abgespaltene<br />

Emotionen des Egos, das sich gern<br />

frei fühlen möchte, anstatt sich tatsächlich<br />

aufzulösen. Es klammert sich an spirituelle<br />

Ideale, um andere Emotionen (Verletzungen<br />

Gott war nur ein seelischer Phantomschmerz<br />

und das Nichts der Fluchtpunkt am Horizont<br />

und Sorgen) zu verdrängen. Es erfindet geis -<br />

tige Räume, in die es »Stille« und »Frieden«<br />

projiziert, damit Lärm und Krieg da draußen<br />

erträglicher werden.<br />

Erst wenn sich das Ego als eingebildeter Innenraum<br />

in Luft aufgelöst hat, stellt der<br />

Mensch fest, dass er nicht zwischen heiligen<br />

Bewusstseinszuständen und dem verspannten<br />

Alltag zu unterscheiden braucht. Plötzlich<br />

ist alles weder heilig noch »Psycho«, sondern<br />

alles darf sein, wie es ist. Weil es ist. Weil<br />

nicht mehr ist. Wer »mehr« sucht, macht Yoga.<br />

Wer nichts sucht, macht Nullyoga. So einfach<br />

ist das.<br />

Der innere Antiguru bricht in schallendes<br />

Gelächter aus, und dir wird klar, dass du es<br />

selber bist, der da lacht. Es gibt keinen inne -<br />

ren Antiguru. Null Guru, null Antiguru. Null<br />

Nullyoga. Solange du Nullyoga machst,<br />

machst du kein Nullyoga. Erst wenn niemand<br />

mehr da ist, um etwas zu machen, geschieht<br />

das Leben von selbst. Und du freust dich<br />

dann aus tiefstem Herzen darüber, ein Teil<br />

dieses Wunders zu sein. Jetzt siehst du, wie<br />

alles Nullyoga macht.<br />

Reiner Selbstzweck<br />

Sogar der verkrampfte Yoga-Schüler macht<br />

aus deiner Sicht eigentlich Nullyoga, weil<br />

du seine angestrengte Meditationsposition<br />

auch als reinen Selbstzweck erleben kannst.<br />

Er natürlich nicht, er kämpft um Erlösung.<br />

Er hat das Ziel noch vor Augen, das sich<br />

sein Ego einbildet. Und er übt und übt und<br />

übt. Er praktiziert Detox Yoga, Desk Yoga,<br />

Divine Yoga, Soft, Sexy, Senior, Street, Sakti,<br />

Shakti, Sadhana, Tao, Total, Tanga, Tantra,<br />

Power, Padma, Beauty, Bhakti, Mindful,<br />

Mantra, Moksha, Naked, Nude, Ashtanga,<br />

Fitness, Fusion, Flow, Glow, Gauri, Gaia,<br />

Chakra, Children, Chair, Gentle, Kundalini,<br />

Happy, Hatha, Heat, Hot, Holiday, Hormon,<br />

Wellness, Acro, Om, Vinyasa, Vidya, Yin und<br />

Yinyang Yoga. Er wird niemals aufwachen,<br />

weil er nicht wissen will, dass er nicht aufzuwachen<br />

braucht, weil alles sowieso wach<br />

ist. Wacher geht nicht. Jede Bewegung ist reiner<br />

Selbstzweck. Denn alles findet jetzt, wirklich<br />

jetzt statt.<br />

Nullmeditation<br />

Auch dein Ego macht Nullyoga, indem es<br />

sich selber erlaubt, das Ego zu sein. Du bist<br />

einfach das, was geschieht. Wenn dein Ego<br />

Angst hat, dann erlaube ihm seine Angst.<br />

Wenn es verzweifelt den Sinn sucht, dann lass<br />

es verzweifelt suchen. Aber spür dich dabei<br />

als ganzer Mensch, der schon angekommen<br />

und wach ist und sich nicht von seinem Ego<br />

abhängig macht.<br />

Nimm deine Füße und deine Arme genauso<br />

ernst wie dein Ego. Mach einen Schritt. Geh<br />

los. Hör auf zu meditieren! Null Meditation<br />

mehr! Nullmeditation. Das ganze Leben ist<br />

eine erleuchtete Meditation. Jeder Grashalm<br />

ist ein Grashalm. Das Universum ist das Universum.<br />

Gott war nur ein seelischer Phantomschmerz.<br />

Das Nichts war nur der Fluchtpunkt<br />

am Horizont. Die Unendlichkeit hat<br />

keinen Horizont. Kein Gott, kein Nichts. Die<br />

Unendlichkeit offenbart die Null. Die Unendlichkeit<br />

ist die Null. Das Yoga der Unendlichkeit<br />

ist Nullyoga …<br />

PIER ZELLIN, geb. 9.9.1974, lebt in Berlin, studierte<br />

Religionswissenschaften und Germanistik. Als<br />

Pressesprecher der »Liga der Leeren« lektoriert<br />

er die Homepage Urruhe.de.<br />

[<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 21


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

Warum Lachen<br />

göttlich ist<br />

Eine tiefschürfende<br />

Erörterung des<br />

kosmischen<br />

Bewusstseins<br />

Ernsthaft und komisch, das sind für<br />

uns Sterbliche zwei Gegensätze. Für<br />

die weise Narafin ist das nicht so.<br />

Sie versteht, dass sich das Leben in<br />

fünf Dimensionen erfassen lässt<br />

VON SABRINA MANSOURI<br />

E<br />

ntweder ernsthaft oder komisch?<br />

Wie ist es denn nun, unser Leben,<br />

unser Sein? Meistens ernsthaft, wird<br />

sich der eine oder andere vielleicht an dieser<br />

Stelle eingestehen und sich fragen: Kann<br />

es denn auch überwiegend komisch sein?<br />

Schnell eilt nun der Verstand herbei und erklärt<br />

uns bereitwillig: Auf jeden Fall liegt im<br />

Ernsthaften mehr Kontrolle, mehr Sicherheit.<br />

Das Komische ist doch eher unberechenbar,<br />

ungewiss.<br />

Und so verbinden wir die Worte miteinander,<br />

geben ihnen Bedeutung und Sinn und<br />

glauben nun, dass ernsthaft sicher ist und komisch<br />

ungewiss – und vergessen dabei, dass<br />

wir es waren, die ihnen diese Bedeutung gaben,<br />

und dass wir sie jederzeit wieder aufheben<br />

könnten. Und verlieren uns schließlich<br />

ganz und gar in diesem Narrenspiel mit<br />

uns selbst.<br />

Und im Himmel währenddessen, da sitzen sie<br />

und lachen sich krumm und schief über uns.<br />

Aber was wissen die da oben denn, das ihnen<br />

das Tor zum lachenden Erwachen öffnet,<br />

während unseres noch fest verschlossen ist?<br />

Ich werde es euch verraten! Woher ich das<br />

weiß? Ich traf einmal eine von den Lachenden<br />

dort oben hier auf Erden. Sie hat es mir<br />

verraten, auf dass das Wissen auch uns hier<br />

unten zumindest ein Stück weit aus unserem<br />

Leiden befreien möge. Bist du bereit für<br />

das kosmische Bewusstsein? Hier ist es, das<br />

fünfdimensionale Bewusstsein der Götter!<br />

1. Dimension<br />

entweder<br />

5. Dimension<br />

Es ist nicht. Darum ist ES.<br />

3. Dimension<br />

sowohl als auch<br />

2. Dimension<br />

oder<br />

4. Dimension<br />

weder noch<br />

22 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

SATIRE<br />

DIE NACHTEILE DES ERLEUCHTET-SEINS<br />

FLICKR.COM © MATTHEW GRAPENGIESSER<br />

Erleuchtet-Sein ist schon eine schöne Sache. Es bedeutet, von 60% des<br />

Leidens befreit und dem ewigen Rad der Wiedergeburt entkommen zu<br />

sein. Zumindest, wenn man das lachende Erwachen über Gut & Böse<br />

erreicht hat. Doch es bringt in der dualen Welt, in der man trotzdem<br />

weiterhin lebt, auch so einige Nachteile mit sich. Ein Nachteil ist, dass<br />

man oft falsch verstanden wird. Insbesondere, was man humorvoll<br />

meint, wird oft ernst genommen, während über das Ernstgemeinte<br />

gelacht wird. Ein weiterer Nachteil ist, dass man keine großen Dramen<br />

mehr drehen kann, weil man weiß, es geht immer um nichts. Das hört<br />

sich jetzt nicht so dramatisch an, aber im Alltag ist es manchmal echt<br />

hinderlich.<br />

Es geht immer um nichts<br />

Zum Beispiel kam ich gestern aus dem Keller hoch, da hörte ich aus<br />

dem Wohnzimmer meine Jungs singen: »Es schneit, es schneit, … « –<br />

»Na?«, sagte da meine innere Stimme, »schneit doch gar nicht!<br />

Geh lieber mal nachschauen!«<br />

Doch es schneite wirklich und das nicht nur ein bisschen. Frau Holle<br />

meinte es gut. Frau Holle hieß in diesem Fall Joke, und der hatte diesen<br />

Puderzuckerstreubehälter eines bekannten Haushaltswarenherstellers<br />

in der Hand. Gerade wollte ich zum großen Donnerwetter ausholen, da<br />

erblickte mich mein ältester Sohn und änderte kurzerhand den Song in:<br />

»Es geht immer um nichts, kannst du’s sehen?« Peng, ausgebremst!<br />

Aber ganz auf der Nase rumtanzen lasse ich mir nun doch nicht. Ich hab<br />

daraufhin den Fernseher genommen und ihn aus dem Fenster geschmissen.<br />

Und gesungen hab ich dabei natürlich auch: »Es geht immer um<br />

nichts, könnt ihr’s sehen?« Seitdem ist Ruhe. Zu wissen, dass es immer<br />

um nichts geht, ist halt nicht immer leicht zu ertragen.<br />

… und wir wissen nichts<br />

Auch der Entglaube vom Glauben, der mit dem Erleuchtetsein einhergeht,<br />

bringt manche Tücke mit sich. So kam neulich mein Sohn mit der<br />

Aufgabe zu mir, zu recherchieren, wie der Mensch entstanden ist. Das<br />

haben wir auch gemacht, nur so richtig glauben konnten wir halt keine<br />

der Theorien. Also war unser Fazit: Ich weiß nicht. Ein Smiley mit<br />

Mundwinkel nach unten war der Kommentar des Lehrers dazu. »Mein<br />

lieber Sohn«, hab ich da zu meinem recht sensiblen Sohnemann gesagt,<br />

»dein Lehrer konnte die Genialität der Aussage einfach nicht erfassen.<br />

Doch wir wissen, dass auch er nichts weiß. Dieser Schnösel von Pauker<br />

existiert nicht einmal!«<br />

Das hat mein Sohn auch so weitergegeben. Die Genialität dieser Aussage<br />

hat der Lehrer dann aber ebenfalls nicht verstanden.<br />

Deshalb: Gebt acht, wenn ihr einen Erleuchteten trefft!<br />

Eure Narafin<br />

Die Dimension des Friedens<br />

Die erste Dimension heißt entweder, die<br />

zweite oder. Bis hierhin kennen wir uns aus,<br />

denn das ist unsere Welt der Wahrnehmung<br />

von: Entweder ist es ernsthaft, oder es ist<br />

komisch. Entweder der Apfel schmeckt, oder<br />

er schmeckt nicht.<br />

Die dritte Dimension heißt sowohl als auch.<br />

Sie schafft Unglaubliches, denn sie vereint<br />

die Gegensätze zu einer neuen übergeordneten<br />

Wahrheit: Sowohl kann man nun sagen,<br />

dass mein Leben ernsthaft ist, als auch,<br />

dass es komisch ist. Sowohl kann ich sagen,<br />

dass der Apfel schmeckt, als auch, dass er<br />

nicht schmeckt. Leben wir noch in der Dimension<br />

von entweder oder, also in der Welt<br />

von Krieg und Rechthaberei, innen wie<br />

außen, so katapultiert uns die Einsicht sowohl<br />

als auch bereits in die Dimension des<br />

Friedens.<br />

Die Dimension der Freiheit<br />

Erkennen wir nun zusätzlich noch, dass es<br />

keine Rolle spielt, ob der Apfel schmeckt<br />

oder nicht schmeckt. Dass unser Leben weder<br />

ernst noch komisch ist, weil es auf einmal<br />

sinnlos wird, Dingen Bedeutung zu geben,<br />

dann sind wir schon da: in der vierten<br />

Dimension des Bewusstseins! In der von weder<br />

noch, der Dimension der Freiheit.<br />

Wichtig aber ist, diese Dimension nicht mit<br />

der Ebene von alles egal zu verwechseln!!!<br />

Denn dieser vierten Dimension liegt die tiefere<br />

Erkenntnis zugrunde, dass man weder<br />

sagen kann »Es ist«, noch sagen kann »Es<br />

ist nicht«. Und das ist alles andere als egal!<br />

Es ist nicht, darum ist ES<br />

Bleibt nun noch der Quantensprung unserer<br />

Bewusstseinsentwicklung hinein in die fünfte<br />

Dimension des humorvollen, paradoxen,<br />

kosmischen Bewusstseins von: Es ist nicht,<br />

darum ist es!<br />

Oder, anders gesagt: Es gibt nichts, was exis -<br />

tiert, außer der Existenz!<br />

Hier endet die Reise – zumindest für unseren<br />

Verstand. Für jene, die den Witz über ihr<br />

Sein, ihr Leben, das Ernsthaftsein und das<br />

Komischsein und über Äpfel entdecken wollen,<br />

geht es hier jedoch erst richtig los! Denn<br />

dieses humorvolle, paradoxe, komische Bewusstsein<br />

springt permanent im Fünfzack.<br />

Es schöpft Alles aus dem Nichts und führt<br />

es im Handumdrehen wieder dorthin zurück.<br />

Es führt sich selbst immer wieder ad absurdum.<br />

Unser Verstand, zu Hause im zweidimensionalen<br />

Denken, kommt da nicht mit. Träfen<br />

wir tatsächlich einen Erwachten in der<br />

fünften Dimension, so könnten wir seine Genialität<br />

nicht einmal erfassen. Aber vermutlich<br />

würden wir es uns dann leicht machen<br />

und einfach sagen: Der ist doch verrückt!<br />

Und wir würden uns selbst glauben.<br />

Doch die gute Nachricht ist: Man kann sein<br />

Bewusstsein tatsächlich trainieren. Das Denken<br />

in Paradoxien ist das Geistestraining, das<br />

unserem meist eher ernsthaften Leben humorvoll<br />

auf die Sprünge hilft und uns das Tor<br />

zum lachenden Erwachen öffnet.<br />

Also worauf wartet ihr?<br />

Eure Narafin<br />

[<br />

SABRINA MANSOURI,<br />

Jg. 84, Butterfly von Ava -<br />

tara Devi († 2010), erbte<br />

die heilige Narrenkappe<br />

ihrer »Divine Mother«.<br />

Diese Erbschaft tritt sie<br />

nun in Dankbarkeit &<br />

Liebe an, mit dem Ziel,<br />

Menschen über die Ernst -<br />

haftigkeit des Lebens hinauszuführen.<br />

gehbewusst@web.de<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 23


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

Wie der<br />

Erwachte lachte<br />

Buddha war kein Erleuchteter, sondern ein Entspannter<br />

Gautama Siddhartha war ein Narr, stellt der freiberufliche Narr<br />

Matthias Mala nach einer tiefen Innen- und Außenschau fest.<br />

Die wahren Erlöser sind, damals wie heute, die Mücken,<br />

und damals wie heute fürchten wir, in unserer Eigenart<br />

erkannt zu werden. Stattdessen passen wir uns an<br />

und halten dies für Individualisierung<br />

A<br />

ls Siddhartha unter einem Feigenbaum<br />

meditierte, näherte sich ihm<br />

eine Gazelle und legte sich ihm zu<br />

Füßen. Siddhartha lächelte darüber milde,<br />

galt ihm doch das zutrauliche Verhalten des<br />

Tieres als Zeichen für seine innere Ruhe und<br />

die grenzenlose Weite seines Bewusstseins.<br />

Das zutrauliche Tier zog aber auch einen<br />

Schwarm von Mücken mit, die den Asketen<br />

umschwirrten und piesackten. Schließlich<br />

wurde es Siddhartha zu viel. Er sprang auf,<br />

mit ihm die Gazelle, lief zum nahen Fluss<br />

und stürzte sich hinein. Die Gazelle sprang<br />

davon, die Mücken folgten ihr. Vielfach gestochen<br />

von den Quälgeistern, doch von ihrer<br />

weiteren Verfolgung endlich erlöst, stieg<br />

Siddhartha aus dem Wasser.<br />

Befreiung<br />

VON MATTHIAS MALA<br />

Als er so befreit ans Ufer watete, wurde er<br />

gewahr, dass er in einem noch viel weiteren<br />

24 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

FLICKR.COM © MARTINA RATHGENS, HAYASHI / COLLAGE C.V. PUTTKAMER<br />

Sinne befreit war. Die ihm gewährte Zuneigung<br />

der Gazelle, die erlittene Qual der Mü -<br />

cken stiche, sein Spurt zum Fluss, die schlagartige<br />

Erfrischung und die Erlösung von<br />

irdischer Plage hoben ihn in eine andere<br />

Sphäre. Er war nun ein anderer. Als er so<br />

vom nahen Fluss zurückkam, bemerkten seine<br />

Begleiter, die mit ihm meditiert hatten,<br />

seine plötzliche Wandlung und hielten ihn<br />

für erleuchtet. Doch Siddhartha entgegnete<br />

ihnen, es seien nur die Mücken gewesen.<br />

Hierauf lachten sie herzlich, denn sie wuss -<br />

ten, es war die Erleuchtung, was den Meister<br />

verklärte. Siddhartha jedoch blieb hartnäckig<br />

dabei, es seien nur Mücken gewesen.<br />

Dies verdross seine Jünger zunehmend. Einer<br />

nach dem anderen wandte sich von ihm<br />

ab, ging seiner Wege und berichtete von dem<br />

Geschehen. So kündeten sie von der Erleuchtung<br />

ihres Meisters und verbreiteten<br />

seine Reden. Seine letzte Erklärung aber,<br />

dass alle Erleuchtung nicht mehr als ein paar<br />

Mückenstiche zuviel sei, verschwiegen sie.<br />

Siddhartha kümmerte das nicht. Er war mit<br />

sich und der Welt eins und blieb dies bis zu<br />

seinem Lebensende.<br />

Der Meister und sein<br />

Fliegenwedler<br />

So hätte sich die letzte und höchste Weisheit<br />

beinahe aus der Welt verloren, hätte es<br />

nicht den Fliegenwedler gegeben, der Sid -<br />

dhar tha treu geblieben war. Seine Aufgabe<br />

war es fortan, dem Erwachten alle Mücken<br />

und Fliegen aus seiner Aura zu wedeln, auf<br />

dass sein Geist weiterhin von irdischer Dichte<br />

verschont blieb. Zugleich wedelte er das<br />

Bewusstsein des Erwachten in die Weite.<br />

Die beiden hatten ihr Vergnügen bei der Betrachtung<br />

der Welt. Die meisten der Gedanken<br />

und Sorgen, die man ihnen antrug, fanden<br />

sie lachhaft und lachten deshalb viel und<br />

herzlich, wenn Schüler den Erwachten aufsuchten<br />

und sich bemühten, ihm mit trickreichen<br />

Fragen die letzte Wahrheit zu entlo -<br />

cken. Die meisten der Besucher verließen<br />

daraufhin das seltsame Paar irritiert und<br />

sprachen später vom Erwachten und seinem<br />

Narren. Obgleich nur der Erwachte ein<br />

wahrer Narr war, sein Mückenwedler war<br />

bloß ein Schelm. Einige wenige aber begannen,<br />

selbst zu lachen. Worauf Siddhartha sie<br />

fragte, warum sie lachten. Die meisten wuss -<br />

ten darauf keine rechte Antwort. Einige wenige<br />

antworteten lachend, dass sie über sich<br />

selbst und ihre einfältigen Fragen lachten.<br />

Daraufhin wurde der Erwachte ernst und<br />

schwieg mit ihnen eine Weile. Zum Abschied<br />

umarmte er sie und wünschte ihnen eine gute<br />

Reise auf ihrem weglosen Pfad.<br />

Der Erwachte als Narr<br />

Nur so mag ich mir den Buddha vorstellen:<br />

als einen entspannten Geist, der über den Eifer<br />

seiner Mitwelt nach Sein und Haben nur<br />

noch lachen konnte. Ein Mensch, der über<br />

die blinden und eingeschlossenen Seelen aus<br />

grenzenlosem Mitleid lachte. Denn oft ist das<br />

Lachen über eine eingefleischte Dummheit<br />

das einzige und beste Argument. Indem der<br />

Narr sagt, lieber Mensch, was du machst<br />

und anstrebst, ist nicht einmal lustig, sondern<br />

so traurig, dass ich in meinem mitleidigen<br />

Schmerz über soviel Unverstand nur noch<br />

lachen kann. Einem solchen Buddha würde<br />

ich statt der Ushnisha (dem Haarknoten, den<br />

der Erwachte in den frühbuddhistischen<br />

Darstellungen trug) gerne eine Narrenkappe<br />

aufsetzen, um seine grenzenlose Weisheit<br />

und seinen feinsinnigen Humor hervorzuheben.<br />

Jedenfalls sollten wir einem Narren von dieser<br />

Statur keine Überheblichkeit unterstellen,<br />

auch wenn es vielen, die sich ob seines<br />

Gelächters auf den Schlips getreten fühlen,<br />

so anmutet. Schließlich ist es das besondere<br />

Talent eines Narren, dass er unsere Regeln<br />

und Notwendigkeiten hinterfragt und erkennt,<br />

dass sie selten dem Zweck dienen, der<br />

ihnen zugedacht wurde, sondern vielmehr einem<br />

komplizierten Geflecht der Anpassung,<br />

Unter- und Überordnung.<br />

Wir uniformieren uns in jeder Beziehung und<br />

Lebensäußerung und glauben zugleich, uns<br />

dadurch zu individualisieren. Dabei fürchten<br />

sich die meisten unter uns, in ihrer tat säch -<br />

lichen Eigenartigkeit erkannt zu werden,<br />

weswegen sie sich lieber durch Gleichartigkeit<br />

tarnen. Ein weiser Narr hingegen erfasst<br />

all diese Verdrehtheit mit einem Blick. Er<br />

durchschaut sein Gegenüber, und er durchschaut<br />

die Gleichförmigkeit von Moden und<br />

Meinungen. Und weil er so ihren Unsinn<br />

zutiefst erkennt, bleibt ihm nur himmlisches<br />

Gelächter.<br />

Den Narren meiden<br />

Der Narr nimmt dem Menschen<br />

seine Wichtigkeit, obwohl er ihn zugleich<br />

aus tiefstem Herzen ernst nimmt<br />

Andernfalls müsste er weinen. Womit er in<br />

die Rolle des Harlekins schlüpfte, des Narren<br />

mit der kullernden Träne. Doch zerbricht<br />

der Harlekin, anders als der anarchische<br />

Narr, nicht die übliche Sicht, sondern bemäntelt<br />

sie mit seiner Träne. Er ist ein Tröster und<br />

Reformer, ein Kabarettist und kein Umstürz -<br />

ler und Erschütterer. Das aber ist der weise<br />

Narr unbedingt. Er weiß, sobald sein Gegenüber<br />

die Welt mit seinen Augen sieht,<br />

wird er aus ihr fallen und selbst zum Narren<br />

werden. Weswegen die meisten von uns ei-<br />

nen solchen Narren meiden oder wie einst<br />

Siddharthas Jünger schnell das Weite suchen.<br />

Wahrscheinlich gibt es deswegen so wenige<br />

erkennbar echte Narren in der spirituellen<br />

Szene. Schließlich will kaum jemand in seinem<br />

Wahrheits- und Erkenntnisstreben zum<br />

Gegenstand des Spottes eines Durch- und<br />

Überblickers werden, der ihm zuruft: Vergiss<br />

deine Erleuchtung! Erleuchtung ist doch nur<br />

ein Mückenstich zuviel. Auch will niemand,<br />

dem die Beine im Lotossitz erbärmlich<br />

schmer zen, hören, dass sein Kasteien nur eitler<br />

Unsinn ist. Ebenso wenig verträgt es ein<br />

religiöser Mensch, wenn ein heiliger Narr die<br />

Dogmen seiner Religion zerpflückt und so<br />

seine Glaubensgewissheit erschüttert. Solche<br />

Narreteien bezahlten viele Narren mit<br />

ihrem Leben, denn ein gläubiger Mensch versteht<br />

in Glaubensdingen keinen Spaß. Sein<br />

Glaube ist ihm existentiell: Wer ihn infrage<br />

stellt, der stellt den Menschen infrage und<br />

verneint seinen Daseinsgrund. Der Narr<br />

nimmt dem Menschen seine Wichtigkeit, obwohl<br />

er ihn zugleich aus tiefstem Herzen<br />

ernst nimmt.<br />

Auf Erleuchtung verzichten<br />

Mensch, nimm dich nicht so wichtig! Dies geben<br />

wir anderen im Gefühl unserer eigenen<br />

Bedeutung gerne zum Rat. Doch wenn jemand<br />

das zu uns sagt, empören wir uns ob<br />

der Anmaßung. Das ist zwar närrisch, macht<br />

aber noch keinen Narren aus uns, sondern<br />

nur einen Selbstverblendeten.<br />

Lassen wir diese offensichtliche Einsicht hingegen<br />

für uns zu, können wir uns selbst zum<br />

Narren machen und zu uns selbst sagen: Vergiss<br />

deine Erleuchtung, du wirst sie eh nicht<br />

bekommen. Und der Erleuchtung ist es<br />

gleich dreimal egal, ob du sie erlangst. Also<br />

ernsthaft: Sich nicht so wichtig zu nehmen,<br />

bedeutet, auf Erleuchtung ernsthaft zu verzichten!<br />

[<br />

MATTHIAS MALA, Jg. 1950,<br />

Handelsfachwirt, seit<br />

1977 freiberuflicher<br />

Künstler, seit 1986 überwiegend<br />

Schriftsteller.<br />

Mitglied im Verband deutscher<br />

Schriftsteller VS<br />

und im Internationalen<br />

PEN-Club. www.mala.eu<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 25


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

Lerne zu lachen<br />

ohne Grund<br />

Lachen ist die beste Medizin<br />

und Lachyoga emotionale Katharsis<br />

FOTOLIA.DE © VOLNYANSKYY<br />

Der Krankenpfleger und Lachyoga-Trainer Robert Meisner geht mit der enormen Kraft des Lachens sehr feinfühlig<br />

um. Sterbenden und Trauernden lässt er ihren »heiligen Raum«. In seinen Lachyogakursen aber ermutigt er die<br />

Teilnehmer zu grundlosem Lachen, um so auch schwierigen Lebenssituationen lachend begegnen zu können<br />

WOLF SCHNEIDER IM GESPRÄCH MIT DEM LACHYOGI ROBERT MEISNER<br />

26 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

FLICKR.COM © E. COHEN<br />

H<br />

allo Robert, wie kommt es, dass das Lachen<br />

in deinem Leben eine so zentrale<br />

Rolle eingenommen hat?<br />

Das Ganze war erstmal kurios, und dann erst<br />

wurde es lustig. Ich habe schon als Kind gerne<br />

gelacht. Das hat mir eine positive und<br />

optimistische Lebenseinstellung beschert<br />

und oft im Alltag gut geholfen. Dass Lachen<br />

gesund ist, das weiß ja schon der Volksmund.<br />

Aber als ich erfuhr, dass man da auch auch<br />

sozusagen »professionell lachen« kann, eben<br />

im Lachyoga, war ich umso mehr verblüfft.<br />

Es hat bei mir allerdings nicht gleich gefunkt.<br />

Das erste und zweite Mal Lachyoga war für<br />

mich nur nett. Erst nach dem dritten Mal war<br />

ich Feuer und Flamme. Seitdem rollt die<br />

Lachbombe, und rollt und rollt …<br />

Ein großes Hindernis für Anfänger beim Lachyoga<br />

ist ja, dass sie erstmal denken: Ohne Grund<br />

kann ich nicht lachen. Dazu aufgefordert zu<br />

wer den, das macht es ja noch schlimmer, und<br />

dann ist Schluss mit lustig. Erst wenn man merkt,<br />

dass wir nicht nur Maschinchen sind, die wie ein<br />

pawlowscher Hund in einer Reiz-Reaktions-Kette<br />

von witzigen Auslösern zum Lachen gebracht<br />

werden, fängt es an zu zünden. Die Fähigkeit,<br />

etwas komisch zu finden, steckt ja in uns selbst.<br />

Wir sind frei auch in der Hinsicht, über alles lachen<br />

zu können. Ob das jeweils klug ist, das ist<br />

eine andere Frage. Aber es zu können, das ist<br />

doch gut, oder?<br />

Ja, der Mensch steckt voller Überraschungen.<br />

Wenn er etwas lustig findet, kann es ihm<br />

ein Lächeln entreißen, ja sogar ein kräftiges<br />

Lachen kommt dabei raus. Etwas komisch<br />

zu finden kann aber auch das Gegenteil auslösen:<br />

von skeptischen Blicken bis hin zum<br />

abwertenden Kopfschütteln. Der Mensch<br />

kann selbstverständlich über alles lachen. Es<br />

kommt aber auch auf den Kontext an: Wo<br />

befinde ich mich, wer ist noch in der Nähe,<br />

wie ist die Tageslaune, Tageszeit und Situation.<br />

Jederzeit und überall lachen zu können,<br />

muss nicht unbedingt was mit »klug sein«<br />

zu tun haben. Früher von sozialen und religiösen<br />

Instanzen aufs Schärfste sanktioniert,<br />

gehört das freie Lachen heutzutage fast zu<br />

den Errungenschaften der modernen Demokratie.<br />

Aber, wie gesagt, es gibt Momente,<br />

Situationen, Orte und Umstände, wo es<br />

deplatziert wirkt. Es sei denn, man will bewusst<br />

provozieren. Deshalb gibt es den geschützten<br />

Rahmen eines Lachyoga-Clubs, wo<br />

man laut und aus ganzem Herzen (besser gesagt<br />

aus dem Zwerchfell) lachen kann, ohne<br />

sich zu blamieren.<br />

Du triffst dich mit anderen Lachenden in Lachyoga-Clubs<br />

und gibst Lachyoga-Workshops. Was<br />

sind da die größten Hindernisse oder Bedenken,<br />

die die Leute mitbringen, wenn sie mit sowas<br />

anfangen?<br />

Wenn jemand zum ersten Mal kommt, ist es<br />

Neugier, was ihn dorthin treibt. Ich spüre zuerst<br />

die (meist nicht ausgesprochenen) Bedenken<br />

der Menschen und versuche dann<br />

denjenigen abzufangen, der die stärksten Bedenken<br />

hat, und ihn oder sie in die Gruppe<br />

zu integrieren. Die größte Angst, die die Leute<br />

im typischen Fall mitbringen, ist sich dabei<br />

lächerlich zu machen. Dann stellt sich so<br />

mancher die Frage: Wie kann ich spontan,<br />

aus dem Nichts heraus lachen, ohne dass<br />

mir jemand einen Witz erzählt oder ich mir<br />

einen lustigen Film anschaue? Ist es möglich,<br />

grundlos zu lachen? Ich brauch doch einen<br />

Sinn für Humor, um so frei lachen zu können!<br />

Kinder lachen auch<br />

ohne Witze oder komische<br />

Objekte, einfach weil es<br />

natürlich ist und sich<br />

gut anfühlt<br />

Dieser »Sinn für Humor« steht für die Gabe<br />

unseres Gehirns, eine gegebene Situation<br />

wahrzunehmen, um dann zu urteilen, ob<br />

sie lustig ist oder nicht. Ich gebe dann den<br />

Teilnehmern das Beispiel von kleinen Kindern:<br />

Die lachen auch ohne Witze oder komische<br />

Objekte, einfach weil es natürlich ist<br />

und sich gut anfühlt. Diese Fähigkeit wurde<br />

uns abtrainiert durch unsere Sozialisierung<br />

in Elternhaus, Schule und Gesellschaft. Der<br />

Weg zu diesem verloren geglaubten »inneren<br />

Kind« ist das Lachen in der Gruppe. Spätestens<br />

dann wälzen sich alle vor Lachen am<br />

Boden.<br />

Das erinnert mich an die Osho-Meditation der<br />

»Mystic Rose«, die vor ungefähr 25 Jahren das<br />

damalige Connection-Team mal zusammen ge-<br />

macht hat. Da haben wir eine Woche lang jeden<br />

Abend drei Stunden lang in einem Raum gemeinsam<br />

gelacht. In der zweiten Woche war in<br />

derselben Struktur Weinen dran und in der dritten<br />

Stille. Das war eine grandiose Gruppenerfahrung!<br />

Wir fingen einfach an zu lachen, egal,<br />

ob wir einen Grund dazu hatten oder nicht. Wer<br />

keinen hatte, fand oder erfand einen.<br />

Jetzt könnte einer sagen: Wenn ihr Menschen dahingehend<br />

trainiert, über alles lachen zu können,<br />

trainiert ihr ihnen dann nicht das Mitgefühl<br />

ab? Wenn vor den Augen eines solchen lachyoga-trainierten<br />

Menschen ein Unfall geschieht,<br />

und er sieht den Verletzten vor sich auf der Straße<br />

liegen, dann fängt der doch nicht an zu lachen,<br />

oder? Brüht einen dieses Lachyoga-Training nicht<br />

ab gegenüber dem Leiden der Menschen?<br />

Ja, Oshos »Mystic rose« ist eine feine Sache.<br />

Darüber schreibt auch Barbara Rütting in<br />

ihrem Buch »Lach dich gesund«. Lachyoga<br />

trainiert nicht Menschen, um über alles lachen<br />

zu können, und noch weniger stumpft<br />

man dabei ab gegenüber edlen Gefühlen.<br />

Es geht primär darum, dass man lernt, auch<br />

in verzweifelten Situationen oder Situationen,<br />

die einen sonst zornig oder wütend machen,<br />

lachen zu können. Am besten über sich<br />

selbst. Lachyoga ist weder religiös noch politisch.<br />

Es geht hier vielmehr um das Lachen<br />

für den Welt-Frieden. Ein Vorteil von<br />

Lachyoga ist, dass man dann lachen kann<br />

auch im Angesicht von Herausforderungen.<br />

Das sorgt für Festigkeit in schwierigen Zeiten<br />

und hilft zentriert zu bleiben und eine<br />

positive Lebenseinstellung beizubehalten. In<br />

»sonnigen« Zeiten kann ja jeder lachen.<br />

Voriges Jahr war ich in Salzburg auf dem von dir<br />

organisierten Lachyoga-Kongress. Da kam ich<br />

am Samstag Abend auf die Bühne, wollte anfangen<br />

zu spielen, mein Kabarett »Alles ist eins –<br />

und noch eins drauf«, war angekündigt, aber …<br />

es fingen alle schon an zu lachen, als ich auf<br />

die Bühne kam, noch ehe ich den ersten Gag gebracht<br />

hatte. Das war ein so warmer Empfang<br />

für mich! Ein Bad in dieser Menge von 200 mich<br />

freudestrahlend Anlachenden, ehe ich noch irgendwas<br />

getan hatte. Als komische Figur verstanden<br />

zu werden, ehe ich noch irgendwas<br />

Witziges »geleistet« hatte, das war für mich der<br />

17. Himmel (Wer den noch nicht kennt: Das ist<br />

das Paradies der Clowns, Narren und Kabarettis -<br />

ten)! Ein so gutes, lachmuskeltrainiertes Publikum<br />

zu haben, ist für einen Komödianten ers te<br />

Sahne, ein Heimspiel …<br />

Oh ja, der erste interalpine Lachyoga-Kongress<br />

in Salzburg war ein voller Erfolg. Zusammen<br />

mit meiner österreichischen Kollegin<br />

Gabi Fink habe ich da jede Menge »Lachwurzn«<br />

aus ganz Europa zusammentrommeln<br />

können. Viele von ihnen hatten schon<br />

jahrelang ihre Lachmuskeln trainiert. Es gab<br />

ja vor deinem Auftritt schon zwei Tage vol -<br />

ler Workshops und Vorträge, und einige der<br />

Teilnehmer hatten davor sogar schon an einem<br />

Fünf-Tage Intensiv-Seminar mit Dr.<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 27


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

Madan Kataria teilgenommen, dem Erfinder<br />

von Lachyoga. Dein Kabarett-Programm<br />

war eines der Highlights auf dem<br />

Kongress, das hörte ich von vielen Teilnehmern.<br />

Aber du hast recht: »Geübte« tun sich<br />

beim freien Lachen eindeutig leichter. Das<br />

Motto der Deutschen Gesellschaft für Alternative<br />

Medizin lautet: »Gesundheit beginnt<br />

mit Genießen«, und ich setze da noch<br />

eins drauf: »Genießen beginnt mit einem Lachen«.<br />

Der Genuss ist ja unsere natürliche Einrichtung<br />

der Belohnung für biologisch richtiges Verhalten.<br />

Unter zivilisatorischen Bedingungen funktioniert<br />

das nicht immer so, aber grundsätzlich<br />

ist Genuss Belohnung für richtiges Verhalten und<br />

Schmerz Strafe für falsches Verhalten, das sollten<br />

wir nicht vergessen. Dann ist klar, dass Genießen<br />

gesund ist, und wenn Lachen genuss -<br />

voll ist, dann ist Lachen gesund.<br />

Dass Lachen allerdings auch mitleidslos und aggressiv<br />

sein kann, das Thema hatten wir grad<br />

eben schon gestreift. Lachen über andere, wenn<br />

es ohne das Bewusstsein geschieht, dass man<br />

dabei auch über sich selbst lacht, grenzt aus.<br />

Ich würde das Spott nennen und dem den Humor<br />

entgegensetzen, das Lachen oder Schmunzeln<br />

über sich selbst. Insofern könnte man Humor<br />

vielleicht als wesentlich für die geistige Gesund -<br />

heit bezeichnen.<br />

Lachyoga ist eine<br />

ideale, gewaltfreie<br />

Methode der<br />

emotionalen Katharsis,<br />

ein wahrhafter<br />

Jungbrunnen<br />

Wie, meinst du, können wir das Ideal einer geis -<br />

tig gesunden Gesellschaft erreichen, in der die<br />

Menschen nicht über andere spotten und sie dadurch<br />

ausgrenzen, sondern sich selbst auf die<br />

Schippe nehmen? Braucht es dafür, zusätzlich<br />

zu den Lachyogaübungen, auch noch ein geistiges<br />

Training?<br />

Um über eine geistig gesunde Gesellschaft<br />

zu reden, müsste man die Manipulationen<br />

aus Wirtschaft und Politik ausblenden. Es<br />

gab schon immer hohe Ideale, Utopien, die<br />

dann an der sogenannten Realität gescheitert<br />

sind. Ich beobachte zum Beispiel seit<br />

25 Jahren die alternative Bewegung. Anfang<br />

der Neunziger bin ich noch durch halb<br />

Deutschland gereist, um den ersten Grad in<br />

Reiki machen zu können, und Bücher zu<br />

bestimmten Themen waren rar. Dann kam<br />

eine inflationäre Phase, wo fast jeder Verlag<br />

ein Buch über Qi Gong oder Aromatherapie<br />

rausbringen musste, da waren die Menschen<br />

dann so langsam gesättigt mit sowas,<br />

auch mit Seminaren. Immer mehr Leute aus<br />

der Wirtschaft zog es dort hin, denn dort<br />

konnte man Kohle machen. Vielleicht sind<br />

auch Provokateure eingeschleust worden,<br />

und auf einmal war es nicht mehr »in«, Esoteriker<br />

zu sein.<br />

Was auch immer ein Spotten über andere<br />

hervorruft, ob es das Bedürfnis ist, sich selbst<br />

in den Vordergrund zu stellen, oder ob es<br />

Minderwertigkeitskomplexe sind, es löst eine<br />

Reaktion bei dem anderen aus, manchmal<br />

sogar eine sehr heftige. Das erinnert<br />

mich an meine Schulzeit. Da haben wir als<br />

Halbwüchsige instinktiv herausgefunden,<br />

dass wir jemanden fertigmachen konnten, indem<br />

wir mit einem anderen tuschelten, dabei<br />

lachten und »denjenigen« dabei nur anschauten,<br />

das genügte. Das war für den Betroffenen<br />

schlimmer, als wenn er eine Ohrfeige<br />

bekommen hätte.<br />

Im Lachyoga gibt es keinen Spott und kein<br />

Lachen über andere. Wenn jemand bei den<br />

Lachspielen einen Fehler macht, dann geht<br />

er in die Mitte des Kreises und zeigt mit dem<br />

Daumen lachend auf sich selbst. Die anderen<br />

quittieren das mit einem anerkennenden<br />

Klatschen. Es gibt nur eine einzige Übung<br />

im Lachyoga, wo man mit erhobenem Zeigefinger<br />

in der »Na, na, na«-Stellung durch<br />

den Raum geht. Die wird aber mit einem<br />

Lächeln von den anderen aufgenommen.<br />

Lachen verbindet Kollektive nach innen, und es<br />

hat die Tendenz, die auszugrenzen, die nicht mitlachen<br />

– können oder es nicht wollen. Deshalb<br />

muss man mit diesem mächtigen sozialen Instrument<br />

sehr achtsam umgehen. Dass es für den<br />

Lachenden gesund ist, zu lachen, steht für mich<br />

außer Frage. Als Spott aber kann es sehr verletzen.<br />

Jetzt noch eine Frage an dich als Lachyogatrainer:<br />

Wie gehst du mit Tragik um? Gibt es Situationen,<br />

die du als zutiefst tragisch empfindest,<br />

sei es in deinem eigenen Leben, oder wenn einem<br />

Lachyogaschüler von dir etwas passiert,<br />

wo du vielleicht nur noch weinen möchtest,<br />

oder laut aufschreien, wo dir kein bisschen mehr<br />

zum Lachen zumute ist?<br />

Mir sind bei den Lachyoga-Sessions zum<br />

Glück noch nie tragische oder traurige Ereignisse<br />

passiert. Selbstverständlich können<br />

bei zu viel Lachen auch traurige oder<br />

schmerzhafte Erinnerungen hervorgerufen<br />

werden. Die Neurowissenschaft steckt ja<br />

noch in den Kinderschuhen. Noch ist nicht<br />

genau erforscht, welche Gehirnareale für<br />

welche emotionalen Reaktionen verantwortlich<br />

sind. Der Spruch »mit einem lachenden<br />

und einem weinenden Auge« zeigt<br />

nur, dass die Tränendrüse sich in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft der Lachfalten (um die<br />

Augen) befindet und zu einem »Ich habe Tränen<br />

gelacht« führen kann. Lachyoga begünstigt<br />

das freie Fließen der Emotionen. Dabei<br />

können blockierte Gefühle freigesetzt<br />

werden. Viele körperliche, mentale und emotionale<br />

Probleme sind dann ihre Ursache los,<br />

und das Leben macht wieder mehr Spaß.<br />

Lachyoga ist eine ideale, gewaltfreie Methode<br />

der emotionalen Katharsis, ein wahrhafter<br />

Jungbrunnen.<br />

Und nochmal zu deinem eigenen, in einem engeren<br />

Sinne privaten Leben: Gibt es da Situationen,<br />

die du nicht als komisch empfinden kannst,<br />

bei denen dir sozusagen das Lachen im Halse<br />

stecken bleibt?<br />

Selbstverständlich gibt es solche Situationen.<br />

In der meisten Zeit des Tages ist man ja angepasst<br />

und funktionstüchtig und erfüllt bestimmte<br />

Rollen, die familiär oder gesellschaftlich<br />

von einem erwartet werden. Aber<br />

bei mir persönlich müssen schon starke<br />

Angstgefühle entstehen, dass mir das Lachen<br />

im Hals stecken bleibt. Bei wütenden oder<br />

zornigen Personen kann ich mir manchmal<br />

ein Lächeln, Grinsen oder Lachen nicht verkneifen,<br />

weil dabei sehr oft (aus meiner Perspektive)<br />

die Gründe dafür einfach nur<br />

»lächerlich« sind. Mit Trauer ist es was anderes:<br />

Trauernde Menschen brauchen ihre<br />

Zeit, man sollte ihnen dazu ihren Raum auch<br />

geben. Dann gibt es noch die Momente, die<br />

ich nicht komisch finde, wenn etwa jemand<br />

im Sterben liegt. Ich persönlich möchte mit<br />

Rockmusik zum Grabe getragen werden,<br />

dort dürfen die Lachyogis dann mal eine<br />

Runde Bärenlachen für mich einleiten. Aber<br />

in meinem Beruf als Krankenpfleger habe<br />

ich schon hunderte von Sterbenden in ihren<br />

letzten Stunden begleiten dürfen. Das sind<br />

sehr sensible Momente, weil sowohl der im<br />

Sterben Liegende als auch die Verwandten<br />

unterschiedliche philosophisch-religiöse<br />

Auffassungen vom Sterbeprozess haben. Es<br />

entsteht somit ein »heiliger Raum«, der die<br />

Verabschiedungsrituale der Angehörigen ermöglicht<br />

– und der ist voller Respekt und<br />

Mitgefühl.<br />

[<br />

ROBERT MEISNER, Jg. 65,<br />

Lachyoga-Lehrer, Gesund -<br />

heitspraktiker BfG, Kran -<br />

ken pfleger, ist am liebsten<br />

in Wäldern und an Kraft -<br />

orten in Europa unterwegs.<br />

Bekennender Wasser trin -<br />

ker, staatlich anerkannter<br />

Fußgänger.<br />

Info@gesundheitszentrumsonnenblume.de.<br />

28 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

Jedes Ding hat drei Seiten,<br />

eine positive, eine negative<br />

und eine komische<br />

Karl Valentin<br />

© SUSAN KLINGLER<br />

Auf dem von Robert Meisner organisierten<br />

Lachyogakongress 2014 in Salzburg<br />

vermittelte Shri Mahatma Mahasiddha<br />

den Anwesenden das okkulte Wissen<br />

um das achte Chakra<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 29


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

Das Mysterium des<br />

Treppensteigens<br />

Wir werden sterben, das ist sicher.<br />

Macht das unser Leben tragisch?<br />

der Psychologe Friedemann schulz von thun und der medienwissenschaftler Bernhard Pörksen sprechen<br />

über den tod und das damit unausweichliche ende der kommunikation – und fragen sich, ob uns diese<br />

tatsachen empören sollten oder eher erstaunen lassen über die kosmische megasensation, die wir sind<br />

Bernhard Pörksen im GesPräch mit Friedemann schulz von thun<br />

30 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

PIXABAY.COM © VLANKA<br />

P<br />

örksen: Sie haben Ihr Leben lang<br />

über Kommunikation nachgedacht,<br />

geforscht, publiziert. Und Sie sind als<br />

Kommu ni kationspsychologe dabei immer<br />

von einer zentralen Annahme ausgegangen,<br />

nämlich dass man – lebendig genug, kräftig<br />

und gesund genug – noch einmal sprechen<br />

kann. Wir alle wissen aber, dass dies irgendwann<br />

nicht mehr geht. Irgendwann kommen<br />

Krankheit, Gebrechen und Tod. Man könnte<br />

sagen: Der Tod ist ein Skandal, der die<br />

Chance eines kommunikativen Neuanfangs<br />

brutal zerstört.<br />

Schulz von Thun: Dem kann ich nur entgegnen:<br />

Ob ich den Tod als Skandal empfinde,<br />

hängt von meiner Weltsicht ab, von meinem<br />

existenziellen Selbstverständnis. Wenn ich<br />

mich als individuelle Krönung der Schöpfung<br />

begreife und vielleicht ein wenig narzisstisch<br />

begabt bin, dann ist der Tod eine maximale<br />

Kränkung. Wenn ich mir vor Augen halte, dass<br />

mein Leben überaus qualvoll werden kann,<br />

kann der Tod eine Erlösung bedeuten – eine<br />

Art Lebensversicherung, dass die Qual nicht<br />

ewig sein wird. Vielleicht werde ich ihn dann<br />

wie einen guten Freund empfangen, mit der<br />

Aussicht auf gnädige Sterbehilfe? Und wenn<br />

ich mir vor Augen halte, dass ich als Glied einer<br />

Kette erfunden worden bin, genau zwischen<br />

denen, die vor mir waren und die nach<br />

mir kommen, dann macht es Sinn, Platz zu<br />

machen.<br />

Pörksen: Und doch ist es nur zu verständlich,<br />

den Tod als Feind zu betrachten. Er ist,<br />

allen Tröstungsversuchen von Religion und<br />

Philosophie zum Trotz, ein furchtbares Faktum.<br />

Er zerstört alles<br />

Schulz von Thun: Weil er alles zerstört, was<br />

uns lieb ist? Natürlich könnte man mit Arthur<br />

Schopenhauer sagen, dass es eine unerträgliche<br />

Gemeinheit darstellt, wie unser Dasein<br />

konstruiert ist: Zuerst werden wir dazu verführt,<br />

uns in das Leben zu verlieben. Und<br />

dann, wenn wir uns so richtig mit uns selbst<br />

identifiziert und befreundet haben, folgt das<br />

Todesurteil, das wir eigentlich immer schon<br />

in der Tasche tragen.<br />

Pörksen: Woody Allen hat dieses Bedauern<br />

über die eigene Endlichkeit einmal auf eine<br />

gleichermaßen scherzhafte und doch melancholische<br />

Weise formuliert: »Man hat<br />

mich einmal gefragt, ob es mein Traum wäre,<br />

in den Herzen der Menschen weiterzuleben,<br />

und ich sagte, ich würde gerne in meiner<br />

Wohnung weiterleben.«<br />

Schulz von Thun: Für mich stellt sich die Frage:<br />

Welche Haltung ist dem Tode gegenüber<br />

erstrebenswert? Welche Haltung kann es mir<br />

erleichtern, mein Dasein zu bejahen, auch<br />

wenn es diese Begrenzung in sich trägt? Ich<br />

mache mal einen Versuch: Ist nicht der Schlaf<br />

auch skandalös? Wir sind nur für eine kurze<br />

Stippvisite auf dieser Welt – und dann verpennen<br />

wir auch noch ein ganzes Drittel dieser<br />

kostbaren Zeit!? Und doch, wenn der Tag<br />

anstrengend und reich war, ist es wunderbar,<br />

in den Schlaf zu gleiten, ich werde dagegen<br />

keine Beschwerde einreichen. Und könnte es<br />

nicht, ganz analog zu diesem kleinen Tod, so<br />

sein, dass ein erfülltes und reichhaltiges Leben<br />

irgendwann eine lebenssatte Müdigkeit<br />

nach sich zieht, die ein sanftes Hinübergleiten<br />

als stimmig und richtig erscheinen lässt?<br />

Sterben ohne Gewissheit<br />

Pörksen: Aber die Gewissheit, dass ich am<br />

nächsten Morgen wieder aufwache, macht<br />

dieses Hinübergleiten unendlich viel leichter<br />

und vielleicht überhaupt erst wirklich<br />

schön.<br />

Schulz von Thun: Das stimmt. Hätte ich die<br />

Gewissheit, dass auch das Sterben nur der Anfang<br />

einer Transformation zu etwas Neuem<br />

ist, dass wieder ein Erwachen und ein neuer<br />

Tag folgen werden, der vielleicht kein Tag im<br />

herkömmlichen Sinne sein wird, dann wäre<br />

es viel leichter, dieses Gefühl einer köstlichen<br />

Müdigkeit zuzulassen und die Augen getrost<br />

zu schließen. Leider habe ich diese Gewissheit<br />

nicht, und Sie, wenn ich richtig sehe, auch<br />

nicht.<br />

Pörksen: Nein. Mir erscheint ein solcher<br />

Glaube letztlich als der Versuch, sich über eine<br />

existenzielle Sinnlosigkeit und eine Unbehaustheit<br />

hinwegzutrösten, die man nicht<br />

sehen will.<br />

Das Leben vor dem Tod<br />

Schulz von Thun: Aber ganz so existenziell<br />

unbehaust sind wir doch gar nicht. Dass wir<br />

beide hier sitzen, dass wir atmen und freundlich<br />

miteinander sprechen und bei Regen ein<br />

Dach über dem Kopf haben, zeigt doch schon,<br />

dass wir auf dieser Erde sehr zu Hause sind.<br />

Worauf ich hinauswill: Ihre These von einer<br />

grausamen Sinnlosigkeit und Unbehaustheit<br />

trifft mein eigenes Lebensgefühl nicht wirklich.<br />

Pörksen: Aber am Schluss bleibt doch nur<br />

eine Menge Staub.<br />

Schulz von Thun: Ja, am Schluss! Aber davor<br />

ist unser ganzes Leben, zum Beispiel jetzt<br />

in diesem Augenblick, wo wir einander als<br />

Schicksalsgenossen begegnen und in die Augen<br />

schauen. Es ist wahr, dass wir unsere<br />

Existenz auf dieser Erde nicht verewigen können.<br />

Aber indem Sie alles vom Ende her be-<br />

trachten, laufen Sie Gefahr, den Tod zu dämonisieren<br />

und ihm eine Bedeutung zu geben,<br />

die das ganze Leben definiert und überschattet.<br />

Pörksen: Das ist eine andere Betrachtungsweise.<br />

Würden Sie sagen, dass es hier einfach<br />

um verschiedene Perspektiven geht, die man<br />

mehr oder minder frei wählt?<br />

Schulz von Thun: Mehr oder minder. Es ist<br />

auch eine Entscheidung, ob ich mich von<br />

diesem sensationellen und mysteriösen Leben<br />

beeindrucken lasse oder ob mich das Faktum<br />

meiner eigenen Endlichkeit ganz und gar<br />

gefangen nimmt. Tatsächlich glaube ich, dass<br />

es richtig und geboten ist, den Gedanken an<br />

das Ende keine übergroße Macht zu geben,<br />

um nicht im Extremfall Kindheit, Jugend und<br />

Erwachsenenleben unter dem Damoklesschwert<br />

des Todes zu verbringen. Das wäre<br />

doch ein Jammer. Der Tod ist zwar mächtig<br />

und bedeutend, aber eines kann er uns immerhin<br />

nicht nehmen, nämlich gelebt zu haben<br />

und dieses Leben womöglich in seiner<br />

Ist der Tod schrecklich? Woody Allen wollte lieber<br />

in seiner Wohnung weiterleben<br />

als »in den Herzen der Menschen«<br />

wunderbaren Fülle ausgekostet zu haben. In<br />

dieser Hinsicht ist er ein machtloser Geselle.<br />

Ende der Kommunikation<br />

Pörksen: Ihr gesamtes Werk, Ihre gesamte<br />

Kommunikationspsychologie zielt auf das<br />

miteinander Reden, die Aushandlung, den<br />

Kompromiss. Aber der Tod ist nicht kompromissfähig,<br />

sondern endgültig. Insofern<br />

wundert mich, dass Sie die Tatsache des Todes<br />

nicht sehr viel wütender macht. Er bedroht<br />

das Leben und eine Lebenskunst, die<br />

den Ausgleich sucht. Er ist existenziell und<br />

intellektuell vernichtend.<br />

Schulz von Thun: Tatsächlich bin ich in dieser<br />

Frage nicht so empörungsfähig und wütend<br />

wie Sie. Das Bewusstsein davon, dass ich<br />

einem menschlichen Lebensschicksal preisgegeben<br />

bin, dass ich ungefragt entbunden<br />

wurde, dass ich ungefragt sterben werde und<br />

dass das Schicksal mir in der Zeit dazwischen<br />

manches bietet und manches aufzwingt, was<br />

ich mir wahrlich nicht zurechnen kann, dieses<br />

Bewusstsein, gelebt zu werden, legt eine gewisse<br />

Schicksalsdemut als stimmige Lebenshaltung<br />

nahe. Andererseits ist es auch eine<br />

Aufgabe, das aus mir zu machen, was als<br />

Möglichkeit und als Verheißung in mir steckt,<br />

und so, mehr oder minder, zum eigenverantwortlichen<br />

Subjekt und zum Autor meiner<br />

Lebensgeschichte zu werden. Tatsächlich<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 31


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

kommt es darauf an, beides zusammenzudenken<br />

und zusammenzuleben.<br />

Schicksalsdemut und<br />

Selbstbestimmung<br />

Pörksen: Es geht, wenn ich Sie richtig verstehe,<br />

um eine Balance von Schicksalsdemut<br />

und Selbstbestimmung.<br />

Schulz von Thun: Das sehe ich so, ja. Denn<br />

wer nur die Schicksalsdemut kennt, landet in<br />

einem resignativen Fatalismus, der für das<br />

eigene Leben keine Verantwortung übernimmt.<br />

Wer nur die Selbstbestimmung gelten<br />

lässt, versteigt sich in eine Omnipotenz,<br />

die nicht nur wahnhaft ist, sondern auch eine<br />

schmerzliche Überverantwortlichkeit mit<br />

sich bringt, nach dem Motto: Für alles, was<br />

mir widerfährt, trage ich, als wahrer Urheber<br />

dieses Geschehens, die Verantwortung.<br />

Pörksen: Der Schriftsteller Wilhelm Schmid,<br />

Autor zahlreicher Werke zu einer philosophisch<br />

inspirierten Lebenskunst, hat einmal<br />

eine Art Reflexionslösung für das Problem<br />

des Todes präsentiert. Es sei in jedem<br />

Fall klug, so seine These, sich den Tod nur als<br />

einen Übergang vorzustellen, denn dies mache<br />

das Leben im Hier und Jetzt leichter,<br />

erträglicher. Und schließlich sei alles Glaube<br />

und niemand wisse Genaueres. Insofern<br />

ließe sich auch schlicht wählen, was man<br />

glauben wolle. Und wenn es dann tatsächlich<br />

weiterginge, dann könnte man die eigene<br />

Existenz weiterhin auskosten. Und wenn<br />

gar nichts folge, dann sei dies auch egal – und<br />

ohnehin alles aus und vorbei. Kurzum:<br />

Schmid empfiehlt den Glauben an ein Leben<br />

nach dem Tod als glücksfördernde Hypothese.<br />

Glauben, was gut tut<br />

Schulz von Thun: Das scheint eine kluge, jedenfalls<br />

eine pfiffige Lösung zu sein. Die<br />

Rechnung wird aber wohl nur aufgehen,<br />

wenn dieser Glaube auch aus den tieferen<br />

Wir sind nur für eine kurze Stippvisite auf dieser Welt,<br />

und dann verpennen wir auch noch ein<br />

ganzes Drittel dieser kostbaren Zeit<br />

Etagen der Seele bestätigt wird, sonst bleibt<br />

er eine mentale Kopfgeburt, die nicht den<br />

ganzen Menschen ergreifen kann. Ich will diesen<br />

Vorschlag nicht tadeln, nur – mir würde<br />

das wohl nicht gelingen. Denn es setzt voraus,<br />

dass man aus den verschiedenen möglichen<br />

Positionen zuerst die bekömmlichste<br />

auswählt und sich dann dafür entscheidet,<br />

an sie zu glauben. Ginge ich selbst so vor,<br />

dann würde ich den Verdacht nicht los, dass<br />

ich mir gerade etwas vormache, um mich zu<br />

trösten.<br />

Pörksen: Wie würden Sie Ihre eigene Position<br />

beschreiben?<br />

Schulz von Thun: Ich bin mir keineswegs sicher,<br />

dass etwas folgt, was über mein jetziges<br />

Dasein hinausgeht. Am ehesten rechne ich damit,<br />

dass für mich alles so sein wird wie vor<br />

PIXABAY.COM © PUBLIC DOAMIN PICTURES<br />

32 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


ERNSTHAFT KOMISCH<br />

meiner Zeugung – also ein endloses Nichts,<br />

soweit ich mich erinnern kann. Aber sicher<br />

kann ich mir dessen auch nicht sein, denn<br />

ich bin nur ein Staubkorn dieses mysteriösen<br />

Universums, ausgestattet mit einem Erkenntnisapparat,<br />

der gerade mal dazu taugt,<br />

auf dem Planeten Erde für eine Weile über<br />

die Runden zu kommen. Ja, diese Welt ist<br />

mir von oben bis unten ein großes Myste rium,<br />

einschließlich meiner selbst und meines Daseins<br />

auf Erden. Zuweilen erfasst mich ein<br />

demütiges Staunen – und dies ist für mich exis -<br />

tenziell stimmiger, als wenn ich eine Glaubensgewissheit<br />

vorgeben würde.<br />

Das ganz Andere<br />

Pörksen: Was Sie als ein Mysterium bezeichnen,<br />

würde ein Mystiker vermutlich<br />

Gott nennen. Gott wäre – so betrachtet – eine<br />

Chiffre für das ganz Andere, das sich in<br />

den Kategorien des Verstandes nicht fassen<br />

lässt.<br />

Schulz von Thun: Wenn Sie Gott so definie -<br />

ren, als eine Chiffre für das Mysterium des<br />

Seins, dann bin ich ihm zuweilen nahe – er<br />

ist dann für mich der vollkommen unbekannte<br />

Adressat meiner Dankbarkeit als Geschöpf.<br />

Ich sage »Geschöpf«, weil alles, was<br />

an mir dran ist – die Augen, die Ohren, das<br />

Herz, die Gene, das Blut, die Hände, die Beine,<br />

das Geschlecht, das Gehirn … – das alles<br />

habe ich nicht gemacht, nicht bestellt, nicht<br />

erfunden, sondern fertig vorgefunden – mitsamt<br />

dem ganzen »Ich«, das sich mit diesem<br />

vorgefundenen Lebenskunstwerk identifiziert.<br />

Pörksen: Hat diese Formulierung von dem<br />

unbekannten Adressaten der eigenen Dankbarkeit<br />

für Sie eine im engeren Sinne religiöse<br />

Bedeutung?<br />

Schulz von Thun: Religiös wohl schon, wenn<br />

auch nicht im kirchlichen Sinne. Mir erscheint<br />

die Schöpfungsgeschichte, die uns die Evolutionstheorie,<br />

die Astronomie und die Natur -<br />

wissenschaften insgesamt vorspielen, noch<br />

sehr viel Ehrfurcht gebietender als die Schöpfungsgeschichte,<br />

die wir der Bibel entnehmen<br />

können. Ich soll also aus zwei winzigen Zellen<br />

entstanden sein, je einer von Mutter und<br />

Vater? Und dann soll dieser Mini-Zellklumpen<br />

im Bauch eines Nachfahren von Raubund<br />

Säugetieren millionenfach gewachsen<br />

sein, nach einem Bauplan, der den beiden Zellen<br />

innewohnt? Und, wie bitte? Meine Vorfahren<br />

lassen sich zurückverfolgen bis in die<br />

Anfänge des Lebens auf Erden? Und noch<br />

immer ist etwas vom Fisch in mir, jenem Vorfahren,<br />

der im Wasser lebte, der fraß und gefressen<br />

wurde? Und, wie bitte? Alle meine<br />

Vorfahren haben sich ohne eine einzige Ausnahme<br />

»fortgepflanzt«, bevor sie gefressen<br />

wurden oder sonstwie starben? Was für eine<br />

Tradition von Überlebenskünstlern über hunderte<br />

Millionen von Jahren hinweg! Das alles<br />

ist doch unglaublich und atemberaubend,<br />

oder?<br />

Figur und Hintergrund<br />

Unser Erkenntnisapparat taugt gerade<br />

mal dazu, auf dem Planeten Erde für eine Weile<br />

über die Runden zu kommen – diese Welt ist<br />

von oben bis unten ein großes Mysterium<br />

Treppensteigen, plötzlich das wundersame<br />

Mys teriums meines Daseins zu fassen. Das<br />

Treppensteigen ist dann nicht bloß Mittel zum<br />

Zweck, um irgendwohin zu gelangen, sondern<br />

ein Augenblick, der um seiner selbst willen<br />

geschieht.<br />

Dieses kostbare Leben<br />

Pörksen: Können Sie diesen Gedanken noch<br />

genauer ausführen?<br />

Schulz von Thun: Das ist nicht leicht zu erklären.<br />

Ich bin dann von ehrfürchtigem Staunen<br />

erfasst, dass ich jetzt mit aufrechtem Gang<br />

(eine Errungenschaft meiner jüngsten Vorfahren!)<br />

und mit einem Ziel im Kopf, sehend<br />

und atmend und mit einer inneren Stimmungslage,<br />

die Treppe emporsteige. In diesem<br />

Moment tritt dann die kosmische Megasensation,<br />

von der ich ein letzter Abkömmling<br />

bin, aus dem Hintergrund der beiläufigen<br />

Selbstverständlichkeit in den Vordergrund<br />

des Innewerdens. Und dann kann ein<br />

Gefühl von Kostbarkeit aufkommen, von Lebenskostbarkeit,<br />

das sich noch verstärkt, wenn<br />

ich weiß, dass ich nicht ewig diese Treppe werde<br />

steigen können.<br />

[<br />

dieses Gespräch ist ein bearbeiteter und gekürzter<br />

auszug aus dem Buch von Bernhard Pörksen und<br />

Friedemann schulz von thun: Kommunikation als<br />

Lebenskunst. Philosophie und Praxis des Miteinander-<br />

Redens. heidelberg 2014, carl-auer verlag, 224 seiten,<br />

24,95 €.<br />

in dem Buch erkunden der Psychologe Friedemann<br />

schulz von thun und der medienwissenschaftler<br />

Bernhard Pörksen die verbindung von humanistischer<br />

Psychologie und systemischem denken. sie diskutieren<br />

die Bedeutung von glückender kommunikation für die<br />

berufliche Praxis und zeigen, in welcher Weise sich die<br />

reflexionswerkzeuge der kommunikationspsychologie<br />

als gedankliche Geländer einer individuell stimmigen<br />

lebensführung verwenden lassen.<br />

Pörksen: Es fällt mir auf, dass sich viele Protagonisten<br />

der Humanistischen Psychologie<br />

im Alter mit religiösen Fragen beschäftigt<br />

haben: Abraham Maslow begründete die<br />

Transpersonale Psychologie, eine Psychologie<br />

der spirituellen Erfahrung. Der Gestalttherapeut<br />

Fritz Perls wandte sich dem Zen-<br />

Buddhismus zu. Und die Therapeutin Ruth<br />

Cohn schrieb offen über ihre Gottes -<br />

erlebnisse in den Schweizer Bergen.<br />

Schulz von Thun: Nun bin ich selbst natürlich,<br />

wenn Sie mir diese leise ironische Brechung<br />

Ihrer großen, schweren Fragen gestatten,<br />

noch ein junger Mann – wer weiß, was<br />

sich da bei mir noch alles tut, sollte ich tatsächlich<br />

einmal so alt werden wie Ruth Cohn?!<br />

Noch stecke ich eher in einer erdgebundenen<br />

Pragmatik fest und öffne mich erst allmählich<br />

und etwas scheu und zögerlich den<br />

spirituellen Fragen. Fast hätte ich gesagt, ich<br />

bin »spirituell unbegabt«. Aber langsam tut<br />

sich etwas. Ich merke, dass sich gelegentlich<br />

und zunehmend Figur und Hintergrund vertauschen.<br />

Pörksen: Was meinen Sie mit dieser Analogie<br />

aus der Gestaltpsychologie?<br />

Schulz von Thun: Gemeint ist: In meinem<br />

Normalleben bleibt das Bewusstsein vom<br />

Mys terium meines Seins ganz im Hintergrund.<br />

Die Figur im Vordergrund besteht aus<br />

dem realitätsgerechten Pragmatismus der alltäglichen<br />

Angelegenheiten, die mich ganz in<br />

Beschlag nehmen. Aber dann und wann, und<br />

immer häufiger (und halb geschieht es von<br />

selbst und halb versuche ich es herbeizuführen),<br />

vertauschen sich Figur und Hintergrund:<br />

dann habe ich, auch bei ganz alltäg -<br />

lichen Verrichtungen, zum Beispiel beim<br />

Bernhard Pörksen,<br />

Jg. 69, ist Professor für<br />

medienwissenschaft an der<br />

universität tübingen.<br />

bernhard.poerksen@<br />

uni-tuebingen.de<br />

Friedemann schulz von<br />

thun, Jg. 44, war<br />

Professor für Psychologie<br />

an der universität<br />

hamburg und ist als<br />

Berater und trainer tätig.<br />

svt@schulz-von-thun.de<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 33


RÜCKBLICK<br />

Abschied<br />

von der Szene?<br />

Gate, gate – gehen, mitgehen, weitergehen<br />

30 oder 31 Jahre Leben und Publizieren mit Menschen, die mit diesen Themen ringen und deren Leben<br />

dadurch verändert wurde, das ist eine lange Zeit. Die Seiten, die in dieser Zeit veröffentlicht wurden, im<br />

Hochformat nahtlos nebeneinander gelegt, ergeben eine Strecke von mehr als fünf Kilometern. »Lebe wild<br />

und gefährlich« stand auf den Witz-Postkarten an unseren Pin-Boards und Kühlschranktüren. Ja, das war<br />

es. Wirtschaftlich waren wir immer an der Kante, und manchmal auch im menschlichen Miteinander<br />

BOAZ FRANK LEDER SPRACH MIT WOLF SCHNEIDER ÜBER SEINE 30 JAHRE HERZBLUT-ENGAGEMENT<br />

34 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


RÜCKBLICK<br />

E<br />

s gab eine Zeit vor der Connection. Nach<br />

deinem Studium generale in München<br />

(71–75) in Naturwissenschaften und<br />

Philosophie bist du in die Welt gezogen. 1976<br />

hast du getestet, wie es sich als buddhistischer<br />

Mönch in Thailand lebt, und 1977 bist du Schüler<br />

von Osho geworden.<br />

Osho hat mir am 22.7.1977 den Namen Swami<br />

Deva Sugata gegeben. Damals konnte<br />

man noch vor ihm sitzen und mit ihm sprechen.<br />

»Sugata« ist ein buddhistischer Name,<br />

ein Beinahme des Gautama Siddharta, der<br />

nach seinem Erwachen »Buddha« genannt<br />

wurde – Erleuchteter / Erloschener. Mein<br />

Name bedeutet »Well-gone«, wohl-gegangen.<br />

Gemäß Oshos Worten in der Bedeutung:<br />

(auf gute Art) »darüber hinaus gegangen«.<br />

Su ist im Sanskrit eine Vorsilbe ähnlich dem<br />

griechischen eu (wie in Eu-phorie). Gata<br />

bedeutet gegangen, so wie in gate, gate, paragate,<br />

bodhi svaha. Man sagt das von einem,<br />

der das Rad des Leidens, der Wiederkehr verlassen<br />

hat, oder – wie immer bei Namen, die<br />

ja ein Omen sein wollen – einer, der dahin<br />

strebt. Nach einiger Zeit war mir diese Übersetzung<br />

zu brav, und ich hab sie umgangssprachlicher<br />

übersetzt als »abgefahren« oder<br />

»verduftet«.<br />

Ich fühle mich auch heute noch im Bud -<br />

dhismus sehr zuhause. Als ich 1980 anfing<br />

Gruppen zu leiten, begann ich mit Vipassana-Retreats.<br />

Die fanden in Holland, Bel gien,<br />

Deutschland statt, und ich war eine Zeitlang<br />

am Schwanken, ob ich weiter als Vipas -<br />

sana-Leiter touren sollte. Zugleich war ich<br />

aber für den Divya-Ashram in Langenfeld,<br />

Mittelfranken, verantwortlich, den ich zusammen<br />

mit meiner damaligen Freundin Sabrina<br />

gegründet hatte, und entschied mich<br />

dann fürs Zuhause-Sein und gegen das Touren<br />

als Gruppenleiter.<br />

eigenen Mustern verhaftet. Das ist die noble<br />

Aufgabe von Satire: durch Übertreibung die<br />

Muster aufzuzeigen.<br />

noch kommen würde. Der Rest der Gesellschaft<br />

ist halt noch nicht so weit, dachte ich.<br />

Nach 20 Jahren, in denen ich vielleicht eine<br />

halbe Million an Zinsen gezahlt hatte, waren<br />

die Kredite aber nicht mehr bedienbar. Ich<br />

habe dann Privat-Insolvenz angemeldet und<br />

konnte so den Verlag retten, der zu einer kleinen<br />

AG wurde, und meine Kreditgeber zu<br />

Aktionären. Ich habe über all die Jahre von<br />

weniger als 1.000 € pro Monat gelebt und<br />

war damit zufrieden, denn ich tat genau das,<br />

was ich wollte – von der Bürokratie und dem<br />

Finanzmanagement mal abgesehen. Insofern<br />

war ich glücklich.<br />

30 Jahre Connection, inklusive 20<strong>15</strong> sind es 31<br />

Jahre, ich hab das mal überschlagen: Das sind –<br />

Monatshefte und Specials zusammengerechnet –<br />

an die 400 Magazine, plus deine sechs Bücher,<br />

die du als Redakteur, Autor und Herausgeber gefüllt<br />

hast. Wie fühlt sich das an, auf so eine kreative<br />

und produktive Schaffenszeit zu schauen?<br />

Gib noch 50 bis 80 Artikel in anderen Zeitschriften<br />

und die vielleicht 100 Blogtexte dazu<br />

– ja, das ist viel. Wenn man die von mir<br />

verantworteten und redaktionell betreuten<br />

Seiten im Hochformat nebeneinander legt,<br />

ergäbe das einen abzuschreitenden Weg von<br />

ungefähr fünf bis sechs Kilometern. Stolz<br />

darauf bin ich allerdings nicht, es ist eher<br />

ein Staunen über diese Menge und die lange<br />

Zeit. Wenn ich mir die Hunderte an Titelbildern<br />

ansehe, die hier im Haus an den<br />

»Ich startete ohne Knowhow und ohne Geld,<br />

was ich durch Mut und Improvisationtalent<br />

auszugleichen versuchte«<br />

Ein Ashram – in welcher Tradition?<br />

Das war ein Osho-Ashram, so würde man es<br />

heute nennen. Damals hieß Osho »Bhagwan<br />

Shree Rajneesh«. 13 Jahre lang war er mein<br />

spiritueller Meister und gab mir den Namen<br />

für dieses Meditationszentrum, das zugleich<br />

Wohnstätte (Ashram) und Therapie-Institut<br />

war. Es war nicht ganz so wie diese Kinofilm-Satire<br />

»Sommer in Orange« von Markus<br />

Rosenmüller, die mich damals, als ich sie<br />

als Rezensent in einem Münchner Kino ansah,<br />

zugleich zum Lachen und Weinen brachte.<br />

Lachen, weil der Film von der Essenz her<br />

so gut getroffen war. Weinen, weil … es war<br />

so eine Art Fremdschämen. Auch der Divya-<br />

Ashram war ja für das fränkische Dorf, in dem<br />

wir lebten, ein Affront. Aber wir hatten in<br />

diesem Dorf auch etliche Bewunderer. Es war<br />

ein culture clash, so wie er heute vielleicht<br />

durch die Flüchtlinge geschieht, die gerade<br />

in Massen zu uns kommen. Unser Anspruch<br />

im Divya war natürlich, wie wohl in allen gu -<br />

ten Ashramas, transkulturell zu sein. Rosenmüllers<br />

Satire zeigt das Projekt jedoch als in<br />

Wie kam es 1985 zur Idee, eine spirituelle Szenezeitschrift,<br />

die Connection, und den gleichnamigen<br />

Verlag zu gründen? Woher kam das spezielle<br />

Fachwissen, das man für so eine Geschäfts -<br />

idee braucht, z. B. die journalistische Schulung,<br />

das grafisch-kreative Know-how, die administrativen,<br />

kaufmännischen und EDV-Kennt nisse?<br />

Ich hatte damals einfach Lust etwas anzupacken.<br />

Nicht alleine, sondern mit anderen.<br />

Dadurch, dass ich der einzige war, der bei<br />

jeder tieferen Erschütterung dran blieb und<br />

weitermachte, wurde ich allmählich zum<br />

Zentrum des entstehenden Verlages. Es war<br />

zwar nahezu meine Idee – mit Ideen war ich<br />

schon immer gut, meist habe ich zu viele davon<br />

–, aber dass ich den Verlag »gegründet«<br />

hätte, das ist übertrieben. Dazu hatte ich zu<br />

wenig Plan. Und auch Knowhow hatte ich<br />

keines. Ich hatte nicht mal eine kaufmännische<br />

Grundausbildung und auch kein Branchenwissen.<br />

Ich hatte einige Erfahrungen in<br />

mehreren asiatischen Schulungswegen, ebenso<br />

in einigen Methoden der Humanistischen<br />

Psychologie. Ich hatte eine passable Allgemeinbildung,<br />

die nicht deutschlandzentriert<br />

war, und einen scharfen analytischen Verstand,<br />

trainiert u.a. durch acht Semester Studium<br />

der Wissenschaftstheorie & Logik, und<br />

ich war mit Naturwissenschaftlern aufgewachsen.<br />

Ich startete also im Unternehmerischen<br />

ohne Knowhow und ohne Geld, was<br />

ich durch Mut und Improvisationstalent auszugleichen<br />

versuchte und durch Lernbereitschaft<br />

im Sinne des Anfängergeistes – Zen<br />

Mind, Beginner’s Mind, so hatte Shunryu Suzuki<br />

es genannt. Ich lebte damals in diversen<br />

Münchner WGs und verdiente mein Geld<br />

als Taxifahrer, was ein viel leichteres Geldverdienen<br />

war als die 30 Jahre danach als Unternehmer.<br />

Echt? Da haben doch neben dir viele Leute, Redakteure,<br />

Grafiker, Anzeigenprofis, Vertriebsleute<br />

mitgeschafft. Ich dachte, da bleibt auch mal<br />

Geld hängen – war dir das nicht so wichtig oder<br />

hast du immer wieder reinvestiert?<br />

Ich wollte, dass dieser Verlag existiert. Dafür<br />

habe ich mich richtig reingehängt. Zuerst hab<br />

ich die Defizite des Verlages mit Taxifahren<br />

beglichen, und als ich dann ganztags im Büro<br />

gebraucht wurde, habe ich Kredite aufgenommen,<br />

die zum Teil hoch verzinst waren.<br />

Ich dachte dabei immer, dass unsere Zeit<br />

Wänden hängen, jedes mit einer Geschichte<br />

dran, mit Menschen, die mit diesen Themen<br />

gerungen haben und deren Leben dadurch<br />

verändert wurde, dann wird mir<br />

schwin delig, und ich kann mir kaum mehr erklären,<br />

wie das alles zustande kam. Ich schreibe<br />

gerne, inzwischen auch sehr schnell, und<br />

immer wachse ich dabei ein bisschen mit. Am<br />

Ende eines Artikels weiß ich mehr als am<br />

Anfang, auch wenn ich dazu nichts recherchieren<br />

musste, einfach deshalb, weil die<br />

Sprache mich zur Klarheit zwingt. Ähnlich<br />

geht es mir beim Herausgeben von Texten<br />

anderer. Auch da muss ich mich mit dem Thema<br />

befassen, ich zwinge mich (und, seufz,<br />

auch meine Autoren, die das inzwischen aber<br />

sehr schätzen) zur Klarheit und Unmissverständlichkeit.<br />

Sprache kann Geschwafel sein<br />

und ist das leider sehr oft. Sie kann aber auch<br />

klären, gottseidank kann sie das, und sie tut<br />

es auch gelegentlich, und genau diese Fähigkeit<br />

ihr zu entlocken ist immer mein Anspruch.<br />

Wenn schon Reden oder Schreiben,<br />

dann soll es auch Sinn haben und nützen,<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 35


RÜCKBLICK<br />

sonst lässt man es lieber bleiben. Es gibt ja<br />

nicht nur Umweltverschmutzung durch Materie<br />

und Lärm. Im heutigen Internet, aber<br />

auch durch gedruckte Werbeschriften, werden<br />

wir exzessiver denn je geistig zugemüllt<br />

durch unnötige, unklare, missverständliche<br />

und irreführende Sprache.<br />

»Am Ende eines Artikels weiß ich mehr als am Anfang,<br />

auch wenn ich dazu nichts recherchieren musste,<br />

einfach deshalb, weil die Sprache mich zur Klarheit zwingt«<br />

Magazine wie die Connection erscheinen regelmäßig.<br />

Sowohl Abonnenten als auch Inserenten<br />

erwarten das Heft pünktlich. Du standest<br />

in der Verantwortung. Wie bist du mit dem Termindruck<br />

umgegangen, und was hast du dabei<br />

gelernt?<br />

Die Erscheinungstermine konnte ich fast immer<br />

einhalten. Anfangs war ich noch sehr<br />

scheu im Schreiben und Entscheiden über<br />

Texte und Bilder. Die ersten zwei Jahre<br />

schlief ich die letzten beiden Nächte vor<br />

Drucklegung nicht. Eine Verschiebung des<br />

Drucktermins hätte wirtschaftlich für uns<br />

böse Folgen gehabt, und wirtschaftlich standen<br />

wir immer an der Kante. Es war zu viel<br />

zu tun. In diesen Nächten verlor ich meine<br />

Schreibhemmungen und entschied dann<br />

einfach im Rausch der Nacht. Mir kam in<br />

dieser intensiven Anfangszeit auch meine<br />

Erfahrung als Leiter von Extremgruppen zu<br />

Hilfe. Ich hatte in den Jahren davor diese<br />

berüchtigten 48-Stunden-Marathons geleitet.<br />

Das waren Selbsterfahrungsgruppen, in<br />

denen man 48 Stunden lang nichts aß und<br />

nicht schlief und in einem Gruppenraum zusammenblieb.<br />

Dabei fallen die Hemmungen.<br />

Man wird echter, authentischer, mutiger, und<br />

sei es, weil man nach einer Weile einfach<br />

nicht mehr die Kraft hat, die üblichen Masken<br />

und Barrieren aufrechtzuerhalten. Das<br />

sind Rauscherfahrungen, die sehr befreiend<br />

sein können. Natürlich kann man nicht<br />

auf Dauer so arbeiten. Damals war ich jung<br />

und belastbar, da ging das. Heute, mit meinen<br />

62 Jahren, bin ich immer noch fit, aber<br />

ich teile mir meine Arbeit gut ein. Nachtschichten<br />

sind für mich heute völlig out.<br />

Dafür kann ich fast auf Knopfdruck schreiben,<br />

in sehr kurzer Zeit, zu einer großen<br />

Bandbreite von Themen. Das verdanke ich<br />

diesen 30 Jahren der Übung.<br />

Esoterik boomt. Immer noch? Du hast mit deinem<br />

Projekt drei Jahrzehnte spirituellen Wachstums<br />

in Deutschland begleitet und bist sowohl Kenner<br />

als auch Insider dieser Szene.<br />

Kenner und Insider, ach ja … und auch Teilnehmer.<br />

Manchmal nenne ich meine Beziehung<br />

zu dieser Szene im Spaß eine Hassliebe.<br />

Es ist wohl hoffentlich mehr Liebe, Hass<br />

ist es gewiss nicht, aber ich kann auch wütend<br />

werden, wenn ich in meiner geliebten<br />

Zielgruppe auf Gestalten treffen, die immer<br />

wieder dieselben Dummheiten machen<br />

ohne dazuzulernen. Es bewegt sich zwar alles<br />

– »alles fließt«, wie die Spiris so gerne<br />

sagen –, aber manches bewegt sich leider nur<br />

sehr langsam. Seit den 70er Jahren haben die<br />

westlichen Gesellschaften allmählich asiatisches<br />

Kulturgut in sich aufgenommen.<br />

Achtsamkeitspraktiken, stille Meditation<br />

und Yoga sind heute in der Mitte der Gesellschaft<br />

angekommen. Das meditationsweise<br />

oder auch urlaubs- und sabbatical-weise<br />

Austreten aus dem Alltagsbewusstsein<br />

wird heute akzeptiert, aber die Landungen<br />

danach noch nicht – es sei denn, man landet<br />

dabei wieder an genau demselben Platz wie<br />

vorher. Ein radikales Raustreten aber hinterlässt<br />

einen anderen Menschen, einen Verwandelten.<br />

Einen Mystiker, der dann wieder<br />

sozial aktiv wird. Es ist eine »Umkehr«, wie<br />

die Christen es einst nannten. Diese Umkehr<br />

und Rückkehr in die Gesellschaft ist eine<br />

notwendige Folge des radikalen Raustretens,<br />

aber damit tut sich meine geliebte Szene<br />

BEWUSSTHEIT<br />

FÜR KÖRPER UND GEIST<br />

Frank Boaz Leder im Wildpark Edersee mit<br />

Rosarita, einem Wüstenbussard. Seine Freunde<br />

finden, dass er bei aller guten Bemühung doch<br />

manchmal auch einen Vogel hat.<br />

TouchLife ist eine von vier Massagemethoden, die seit den 70ern in<br />

Deutschland im komplementärtherapeutischen Bereich begründet wurden,<br />

die anderen sind Biodynamische Massage nach Boyesen,<br />

Fußrefloxzonenmassage nach Marquart und Breuss-Massage. Frank Boaz<br />

Leder und Sylvia von Kalckreuth sind die Begründer von TouchLife und<br />

definierten fünf Pfeiler für ihre ganzheitliche Massage: Massagetechniken,<br />

Gespräch, Energieausgleich, Atem und Achtsamkeit. »Bewusstheit für<br />

Körper und Geist« ist ihr Leitmotiv. 1991 wurde TouchLife im Connection<br />

Special »Bewegen, Berühren, Heilen« erstmals redaktionell vorgestellt.<br />

Leder und von Kalckreuth definierten mit dem TouchLife Praktiker einen<br />

neuen Gesundheitsberuf, unterrichten Anfänger und Fortgeschrittene in der<br />

Methode und initiierten das internationale TouchLife Massage-Netzwerk.<br />

20<strong>12</strong> führten sie in Kooperation mit der Steinbeis-Hochschule Berlin die<br />

Methode im Studiengang Bachelor of Science für Komplementärtherapie in<br />

der Vertiefungsrichtung TouchLife bis ins akademische Feld. Mehr dazu<br />

unter: www.touchlife.de und www.achtsamkeitsmeditation.net<br />

36 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


RÜCKBLICK<br />

PIXABAY.COM © HANS<br />

noch sehr schwer. Nach den Ausflügen ins<br />

Niemandsland der egotranszendenten Einsicht<br />

brauchen wir wieder eine neue »Heimat«.<br />

Die Hardcore-Spiris versuchen stattdessen<br />

ihre Zelte im Niemandsland aufzuschlagen<br />

– und scheitern damit natürlich, was<br />

man dann an ihren Verdrängungen sieht.<br />

Mich beschäftigt auch unsere Freiheit, Grenzen<br />

nicht nur zu überwinden, weil sie uns<br />

trennen, sondern auch unsere ebenso große<br />

Freiheit, Grenzen neu zu setzen, nachdem<br />

man sich der Überwindbarkeit oder Nichtigkeit<br />

der vorgefundenen Grenzen vergewissert<br />

hat. Wir dürfen bei dem »bloß Überwinden«<br />

von Grenzen nicht stehen bleiben.<br />

Das ist auch jetzt in der Flüchtlingsfrage<br />

ein ganz wichtiger Punkt, und das wird voraussichtlich<br />

das Thema meines ersten Buchs<br />

sein, wenn ich mit der Abwicklung des Verlages<br />

fertig bin und hoffentlich dann auch<br />

das Connectionhaus gut übergeben habe.<br />

Du hast den kritischen Dialog gefördert. Leserbriefe<br />

an die Connection durften gepfeffert sein,<br />

da wurde Dampf abgelassen oder auch die eigene<br />

Weisheit zur Schau gestellt, manchmal<br />

spaltenlang.<br />

Die Beiträge und Reaktionen meiner Leser<br />

waren mir immer sehr wichtig. Zur indischen<br />

Kultur gehört der kritische Dialog ja eher<br />

nicht. Dort gibt es stattdessen Bhakti, Huldigungen,<br />

Guruverehrung. Europa zeichnet<br />

sich durch eine Kultur der kritischen Einwände<br />

aus, durch die Akzeptanz des Widersachers,<br />

des Mephisto, der eben auch das<br />

Gute schafft, nicht nur (zunächst) den Konflikt.<br />

Deshalb mag ich auch Heraklit mit<br />

seiner »verborgenen Harmonie« so sehr und<br />

die Polaritäten, aus denen sich Neues entwickeln<br />

kann und tatsächlich oft Neues entwickelt.<br />

Im Blätterwald der spirituellen Magazine gehört<br />

die Connection zu den Gewächsen, die über<br />

dreißig Jahre lang einen dicken Stamm und tiefe<br />

Wurzeln entwickeln konnten. In den weit verzweigten<br />

Ästen dieses geistigen Baumes haben<br />

sich viele bunte Vögel aufgehalten und fröhlich<br />

gezwitschert. Deine Arbeit hat zahlreiche Menschen<br />

erreicht, die Connection bot Orientierung<br />

und lud zur Reflexion ein, sie hat sich spirituell<br />

pluralistisch gegeben. Bist du zufrieden mit dem,<br />

was du erreicht hast, oder musst du als eine Art<br />

Henri Nannen nochmal inkarnieren und eins<br />

draufsetzen?<br />

Lustig, diese Vorstellung, nochmal inkarnieren<br />

zu müssen … Ich habe in der Hinsicht<br />

Nicht loslassen können?<br />

Das Festhalten war die<br />

schwierigere Übung<br />

mehrere Seelen in meiner Brust. Die eine<br />

sagt: Ich habe getan, was ich konnte. Für<br />

manches war ich nicht gut genug, vielleicht<br />

nicht selbstsicher genug, nicht führungsstark<br />

Wir dürfen bei dem »bloß Überwinden«<br />

von Grenzen nicht stehen bleiben. Das ist auch jetzt<br />

in der Flüchtlingsfrage ein ganz wichtiger Punkt<br />

oder führungswillig genug, oder meine Einsicht<br />

war und ist noch immer nicht tief genug.<br />

Aber ich bin auch zufrieden mit dem.<br />

Circa eine Million Mal ist ein Connection-<br />

Heft gekauft worden, gelesen von jeweils<br />

vielleicht zwei bis drei Menschen. In etwa<br />

10.000 Seelen hat das tiefe Spuren hinterlassen.<br />

Meine Arbeit konnte Einsichten fördern,<br />

oft auch Impulse zu sozialem und aufklärerischem<br />

Engagement geben. Aber das<br />

ist natürlich nichts gegen die Krake, die da<br />

unsere Welt gefangen hält. Der religiöse und<br />

anderswie ideologiebesessene Wahnsinn,<br />

dieses Schachern und Raffen und einander<br />

Blenden in der Außenwelt, ohne Einsicht in<br />

das, was Menschen glücklich macht und was<br />

wir Menschen im Innersten sind, hält nach<br />

wie vor unsere Welt gefangen. Man könnte<br />

verrückt werden vor Wut oder Verzweiflung.<br />

Also vielleicht doch nochmal reinkarnieren?<br />

Eine alte Freundin, die fünf Jahre bei uns<br />

mitgearbeitet hat, nennt mich penetrant bohrend<br />

immer wieder einen Bodhisattva …<br />

eines Bodhisattvas wäre dieses Wiederkommen<br />

doch wohl würdig, hehe ...<br />

Stichwort Loslassen: Wie geht es dir damit, die<br />

Connection loszulassen?<br />

Gut! Das dran Festhalten, das Durchhalten<br />

dieses Commitments war schwieriger. Für<br />

mich wird es gut sein, das alles nicht mehr<br />

tragen zu müssen. Ich möchte Bücher schreiben<br />

und auf Bühnen stehen, auf denen ich<br />

Menschen mit meinem Witz erfreuen kann.<br />

Vorträge halten, die Komik des Menschseins<br />

aufzeigen inmitten all der Tragik. Humorworkshops<br />

geben und – vorerst – mal eine<br />

Weile in einem Wohnmobil leben, wenn ich<br />

nicht grad, im Winter, auf La Palma bin. Ich<br />

möchte auf diese Weise beweglicher sein,<br />

möchte Transportmittel, Büro und Wohnung<br />

in einem haben und so möglichst viele der<br />

Menschen und ihre Wirkungsstätten besuchen,<br />

mit denen ich in all diesen Jahren leider<br />

nur E-Mail-Kontakt hatte. Und ich<br />

möchte darüber nicht nur schreiben, sondern<br />

auch filmen.<br />

Gibt es eine Abschiedsfeier mit Wegbegleitern<br />

oder eher ein einsames Ritual?<br />

Diese letzte Ausgabe von Connection ist<br />

mein Abschiedsritual. Dann wird es auch<br />

noch irgendwann eine Feier im Connectionhaus<br />

geben, das ich hoffentlich an Flüchtlinge<br />

werde übergeben können.<br />

Die gute Fee möchte dir drei Wünsche erfül len ...<br />

Das fällt mir leicht zu beantworten: Ich<br />

möchte vom Schreiben leben können, in einer<br />

glücklichen Liebesbeziehung ruhen und<br />

gesund sein, bis ich sterbe.<br />

Mögen deine Wünsche in Erfüllung gehen! Als<br />

Abonnent, Inserent und gelegentlicher Autor deines<br />

Magazins danke ich dir für deine Arbeit und<br />

die Inspiration, die ich dadurch erhalten durfte!<br />

FRANK BOAZ LEDER ist körpertherapeutisch ausgebildet.<br />

Seine spirituelle Schulung erhielt er von<br />

Ruth Denison und Michael Barnett. Zusammen mit<br />

Sylvia von Kalckreuth begründete er in den 80ern<br />

die TouchLife Massage. Beide praktizieren und<br />

lehren die Achtsamkeitsmeditation.<br />

team@touchlife.de<br />

[<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 37


NACHRUFE<br />

Gibt es ein Leben<br />

ohne Connection?<br />

Jetzt mal im Ernst, die ungeschminkte Wahrheit,<br />

ohne Süßholzgeraspel<br />

VON SALEEM MATTHIAS RIEK<br />

L<br />

ieber Sugata, du möchtest zum<br />

Schluss die ungeschminkte Wahrheit?<br />

Kein Süßholzgeraspel? Also<br />

gut. Los geht’s.<br />

Ich komme gleich zur Kernfrage. Gibt es ein<br />

Leben ohne Connection? Wohl kaum. Wenn<br />

die Connection ihren Dienst an unserer Verbundenheit<br />

einstellt, ist dies ein lebensgefährlicher<br />

Akt, verantwortungslos und<br />

selbst süchtig! Sugata, wie kannst du nur so<br />

egoistisch sein, jetzt nur an dein eigenes<br />

Wohl zu denken und deine jahrzehntelange<br />

Selbstausbeutung zu beenden? Du machst<br />

doch nicht jetzt etwa – nach all den Jahren!<br />

– doch noch einen auf Selbstverwirklichung?<br />

Marktwirtschaftliche<br />

Todsünden<br />

Wir brauchen dich! Wir brauchen einen,<br />

der dumm genug ist, seinen unternehmerischen<br />

Erfolg stets zu gefährden, indem er<br />

auch seine eigenen Kunden aufs Korn<br />

nimmt. Du hast Megatrends des Esomarktes<br />

entzaubert. Du hast gnadenlos deren Anzeigen<br />

karikiert. Du hast die Gutgläubigkeit<br />

deiner Leserinnen und Leser nicht nur nicht<br />

gewürdigt, sondern mit Füßen getreten. Du<br />

ließest sie einfach nicht damit durchkommen,<br />

ihren Verstand abzuschalten und ganz<br />

im Vertrauen zu leben. Nein, sie sollten weiter<br />

kritisch hinterfragen, was ihnen auf dem<br />

Psycho- und Esomarkt so alles feilgeboten<br />

wird. Dabei geht es doch ums Loslassen!!!<br />

Sugata, da musst du dich doch nicht wundern,<br />

dass nur Hartgesottene und Zwangsneurotiker,<br />

wie ich einer bin, nicht losließen,<br />

sondern an deinem Produkt unverdrossen<br />

festhielten.<br />

Jedoch: Du hast all die Jahre genau das Richtige<br />

getan, du hast deine marktwirtschaftlichen<br />

Todsünden mit grandiosem persönlichen<br />

Engagement wettgemacht. Du hast Unmögliches<br />

geschafft, nämlich das Magazin<br />

stets am Rande des Finanz- und Nervenzusammenbruchs<br />

am Leben gehalten. Und nun<br />

Saleem befürchtet, dass Sugata im<br />

nächsten Leben eine Zeitschrift wird<br />

herausgeben müssen, die noch<br />

schwerer zu vermarkten ist<br />

glaubst du das Recht zu haben, einfach aufzuhören?<br />

So ganz ohne Burnout oder sonsti -<br />

ge sozial akzeptable Gründe? Geht’s noch?<br />

Was fällt dir überhaupt ein?<br />

Dem Ego zum Opfer<br />

Ganz unschuldig bin ich an dieser Entwicklung<br />

vielleicht auch nicht. In manchen meiner<br />

Texte, die du – fast immer mit großer<br />

Wert schätzung, danke! – abgedruckt hast, habe<br />

ich ähnlich wie du die These vertreten,<br />

dass das Ego eigentlich nichts Böses oder<br />

Verdammenswertes ist, sondern ein Aspekt<br />

unseres Daseins, der genau wie alles andere<br />

seinen Part spielen möchte.<br />

Doch nun fällst du dem Ego zum Opfer! Das<br />

ist etwas ganz anderes! Die spirituelle Szene<br />

kann darüber nicht amüsiert sein. War deine<br />

Kritik am Egobashing etwa nur die ideologische<br />

Einstimmung dafür, dass wir deinen<br />

unverschämten Ich-mach-die-Biege-Coup<br />

jetzt einfach so hinnehmen? Du glaubst doch<br />

wohl kaum, du könntest einfach so deinen<br />

persönlichen Bedürfnissen folgen? Ohne im<br />

nächsten Leben wieder eine Zeitschrift herausbringen<br />

zu müssen, die noch viel schwe -<br />

rer zu vermarkten ist?<br />

Süßholzplantagen<br />

Also gut. Auch ich lasse los. Ein Leben ohne<br />

die Connection ist zwar unvorstellbar,<br />

aber ich bin sicher, sie wird uns virtuell, energetisch<br />

und in freundschaftlicher Verbundenheit<br />

erhalten bleiben. Und dein Verdienst<br />

unvergessen.<br />

Mist, jetzt konnte ich es doch nicht lassen,<br />

ein wenig Süßholz zu raspeln. Das ist wie<br />

eine Sucht. Sugata, ich werde dich als medialen<br />

Kritiker spiritueller Süßholz-Monokultur<br />

echt vermissen.<br />

Manche Süßholzplantagen der Mainstream-<br />

Esoterik erinnern mich an die endlosen<br />

Apfel plantagen in Südtirol. Hast du die<br />

schon mal gesehen? Ein Apfel pausbäckiger<br />

als der andere, wie eine Verheißung vom Paradies.<br />

Bis man erfährt, dass die Pestizide,<br />

die dort ausgebracht werden, jeweils das<br />

ganze Tal beglücken und es so gut wie unmöglich<br />

machen, dort Bio anzubauen. Die<br />

wenigen dortigen Biobauern müssen ein<br />

ähnliches Ausdauer-Gen haben wie du. Wäre<br />

schön, das würde zu einer ansteckenden<br />

Gesundheit. Vielleicht leben unsere Connections<br />

dann eines Tages ganz ohne ein entsprechendes<br />

Printmagazin. Aber die Zeit bis<br />

dahin … sie wird hart.<br />

SALEEM MATTHIAS RIEK, Tantralehrer, Paar- und<br />

Sexualtherapeut, Buchautor, leitet seit vielen<br />

Jahren Seminare und Trainings rund um Liebe,<br />

Eros und Bewusstsein, seit 2010 im Rahmen der<br />

»Schule des Seins«. Seit 1996 erschienen ca.<br />

50 seiner Texte in der Connection.<br />

saleem@schule-des-seins.de<br />

[<br />

© SALEEM MATTHIAS RIEK<br />

38 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


NACHRUFE<br />

Freiheit braucht<br />

Commitment<br />

30 Jahre Szene-Mitgestaltung, von der »neuen Twen«<br />

zur Aufklärung über den Eso-Zirkus<br />

VON CHRISTINA KESSLER<br />

© WOLF SCHNEIDER<br />

A<br />

ls ich jung war, so um die dreißig,<br />

war die Connection das coolste Magazin,<br />

das ich kannte. Für mich war<br />

sie die Nachfolgerin der Twen. Sie stand für<br />

sexuelle Revolution, globale und spirituelle<br />

Öffnung und einen neuen, genussvollen<br />

Lifestyle jenseits traditioneller Tabus. Ein<br />

ganz eigener Mix aus Sex & Spirit an der magnetischen<br />

Schwelle zum Verbotenen. Die<br />

neue Spiritualität war damals eine Projektionsfläche<br />

für unsere Vorstellungen von<br />

Freiheit und spektakulären Weltinnenräumen,<br />

gepaart mit kühnen Entwürfen individualistischer<br />

Lebens-Scripts. Ich selbst<br />

schmökerte gern in der Connection, mitmachen<br />

war allerdings nicht mein Ding. Gerade<br />

die freie Liebe schreckte mich ab, ich<br />

konnte mir ständig wechselnde Sexualpartner<br />

einfach nicht vorstellen. Manchmal aber<br />

kam ich mir neben diesen so beeindruckend<br />

enthemmten Menschen etwas verklemmt<br />

und schüchtern vor.<br />

Heute glaube ich, dass wir damals das Kind<br />

mit dem Bade ausgeschüttet haben. Echte<br />

Freiheit braucht eine doppelte Menge an<br />

Commitment. Wenn Partnerschaften und Familien<br />

nicht mehr tragen, kollabiert auch die<br />

Gesellschaft, deren Keimzellen sie sind.<br />

Wissenschaft und<br />

Transzendenz<br />

Dich, Wolf Schneider, lernte ich um 2002<br />

kennen, als mein erstes spirituelles Buch<br />

»amo ergo sum – ich liebe, also bin ich« herauskam.<br />

Trotz der Unterschiede in unseren<br />

Auffassungen über Mann-Frau-Beziehungen<br />

waren und sind wir uns in unserem Denken<br />

sehr nah. Uns verbindet die Brücke zwischen<br />

Wissenschaft und Transzendenz, die<br />

Suche nach einer alltagstauglichen Innerlichkeit,<br />

der Appell an die Selbstverantwortung<br />

des Einzelnen – und nicht zuletzt<br />

der Jammer über die Dekadenz des Geistigen<br />

und den immer unerträglicher werdenden<br />

Eso-Zirkus.<br />

Du selbst hast eine geniale Lösung gefunden,<br />

diesen Jammer in Aufklärung zu verwandeln<br />

– den Humor. Als ich zum ersten<br />

Mal deine Meister-Sketche erlebte, lachte ich<br />

mich fast kaputt. So kann nur einer spielen,<br />

der die Ego-Fallstricke der spirituellen Szene<br />

genau kennt. Auf deine einmalige Weise<br />

gelingt es dir, die typischen Entgleisungen<br />

aufzuzeigen und gleichzeitig die Szene zusammenzuhalten,<br />

in der du eine so große<br />

Rolle spielst.<br />

Nachruf und Aufruf<br />

Bist du dir eigentlich bewusst, dass die<br />

Connection für eine ganze Ära steht – eine<br />

Ära, auf die du prägenden Einfluss hattest?<br />

Wenn man auf ein solches Werk zurückblicken<br />

kann, darf man zu Recht stolz sein.<br />

»Es ist wie es ist« verriet Shri Shitananda<br />

seinen Zuhörern beim Satsang auf dem<br />

Lachyogakongress 2014 in Salzburg<br />

Ich jedenfalls bin stolz darauf dich zu kennen.<br />

Deshalb wünsche ich mir von ganzem<br />

Herzen, dass dein Wirken auch nach dem<br />

Ende der Connection weite Kreise zieht.<br />

Mag dies ein Nachruf auf die Connection<br />

sein, gleichzeitig ist es ein Aufruf an dich,<br />

Wolf Schneider, uns weiterhin an deiner<br />

scharfen Wachheit partizipieren zu lassen.<br />

[<br />

Dr. phil. CHRISTINA<br />

KESSLER, Jg. 55, studierte<br />

Kulturanthropologie,<br />

Religionswissenschaft<br />

und Philosophie.<br />

www.christinakessler.com<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 39


NACHRUFE<br />

Der Weg entsteht<br />

im Weitergehen<br />

Die Zeitschrift evolve geht den Weg weiter,<br />

den u.a. Connection vorbereitet hat<br />

VON MIKE KAUSCHKE<br />

V<br />

or einiger Zeit traf ich Wolf bei einer<br />

Konferenz und konnte persönlich<br />

mit ihm über das nahende Ende<br />

der Print-Ausgabe von Connection sprechen,<br />

von dem ich schon vorher etwas ungläubig<br />

aus E-Mails erfahren hatte. Ich<br />

konnte nicht wirklich verstehen, dass alle<br />

Versuche, von denen Wolf mir sicher nur<br />

einige erzählt hatte, nicht dazu geführt hatten,<br />

dass sich für ein so gestandenes Zeitschriften-Projekt<br />

wie Connection niemand<br />

fand, der es übernehmen wollte. Und es<br />

schien, als könnte Wolf es selbst noch nicht<br />

ganz fassen.<br />

Gate Gate Paragate …<br />

Aber sobald wir über seine neuen Pläne<br />

spra chen, glänzten seine Augen, und die<br />

Ideen sprühten. Besonders beeindruckt hat<br />

mich unser Abschied. Nach dem gemeinsamen<br />

Essen faltete er die Hände und sagte,<br />

oder besser chantete: »Gate Gate Paragate<br />

Parasamgate Bodhi Svaha«, das buddhistische<br />

Mantra, das ich gut aus dem Zen kannte.<br />

Man kann es in etwa übersetzen mit: »Gegangen,<br />

gegangen, hinübergegangen, ganz<br />

hinübergegangen, oh welch ein Erwachen,<br />

vollkommener Segen!« Für mich war das<br />

immer ein Satz gewesen, der mich daran<br />

erinnert und darin bestärkt hatte, den spirituellen<br />

Weg unbeirrt weiterzugehen, auch gegen<br />

alle inneren und äußeren Schwierigkeiten<br />

und Hindernisse. So eine Art Kernformel<br />

»spiritueller Resilienz«.<br />

Spiritualität mit Humor<br />

Später dachte ich, wie gut dieser Satz und<br />

diese Haltung doch zur langen Geschichte<br />

von Connection passen. In den letzten Jahren<br />

konnte ich diese Geschichte<br />

aus der »Nachbarschaft«<br />

begleiten, als<br />

Redakteurs kollege, denn<br />

mit unserem Magazin<br />

evolve wenden wir uns an<br />

eine ähnliche Zielgruppe:<br />

an Menschen, die nach<br />

zeitgemäßen Formen von<br />

Spiritualität suchen. Und<br />

ich denke, es ist nicht<br />

übertrieben zu sagen, dass<br />

Connection zur Entwicklung<br />

und zum Selbstverständnis<br />

einer pluralistischen<br />

spirituellen Bewegung<br />

im deutschsprachigen<br />

Raum Entscheidendes<br />

beigetragen hat. Dazu gehört auch, dass<br />

der spirituellen Szene ein ums andere Mal<br />

humorvoll der Spiegel vorgehalten wurde.<br />

Spiritualität muss sich zeigen<br />

Was mich an der redaktionellen Arbeit von<br />

Connection immer wieder beeindruckt hat,<br />

war die Offenheit, sich auf Neues einzulassen.<br />

Für uns in der Redaktion von evolve, wo<br />

uns eine integrale Spiritualität sehr am Herzen<br />

liegt, war es eine besonders schöne Überraschung,<br />

als Wolf und Connection vor einigen<br />

Jahren »das Integrale« entdeckten. Wir<br />

luden ihn in unserer Radio evolve ein und<br />

verfolgten die Ausgaben von Connection mit<br />

neuem Interesse. Mein Eindruck war, dass es<br />

für Wolf und die Connection immer wichtiger<br />

wurde, dass Spiritualität sich auch in der<br />

Welt zeigen und unsere Kultur verändern<br />

muss, wenn sie authentisch sein will.<br />

Schnittstelle sein<br />

Das ist ein Berührungspunkt mit unserem<br />

Anliegen mit evolve, das wir deshalb auch<br />

»Magazin für Bewusstsein und Kultur« nennen.<br />

Wir versuchen, Spiritualität und Bewusstseinsentwicklung<br />

an den Schnitt stellen<br />

zu Politik, Ökologie, Wissenschaft, Kunst, sozialem<br />

Aktivismus, Psychologie und Philosophie<br />

immer wieder neu zu verstehen und<br />

wirksam werden zu lassen. Dabei sehen wir<br />

uns im Dialog mit vielen Menschen und Ini -<br />

tiativen, die aus anderen Hintergründen einer<br />

ähnlichen Vision folgen.<br />

Angesichts der vielen globalen und lokalen<br />

Herausforderungen, wie aktuell die Integration<br />

vieler Menschen, die bei uns Schutz<br />

suchen, haben wir als spirituell Praktizierende<br />

eine besondere Verantwortung. Vielleicht<br />

kann in den nächsten Jahren die spirituelle<br />

Bewegung, an deren Entwicklung<br />

Connection so einen wichtigen Anteil hatte,<br />

neue kulturelle Früchte hervorbringen.<br />

Für alles, was Wolf dazu beigetragen hat und<br />

weiter beitragen wird, sagen wir: Danke!<br />

Und: Gate Gate Paragate Parasamgate Bodhi<br />

Svaha!<br />

Gemeinsam die Welt bewegen:<br />

evolve – Magazin für Bewusstsein und Kultur<br />

www.evolve-magazin.de<br />

www.facebook.com/evolve.magazin<br />

[<br />

MIKE KAUSCHKE, leitender<br />

Redakteur Magazin evolve,<br />

mike.kauschke@<br />

evolve-magazin.de<br />

Die Nachrufe auf den Seiten 40 und 41 werben für die Zeitschriften evolve und Tattva Viveka und wurden deshalb von den entsprechenden Verlagen bezahlt. Alle anderen Nachrufe<br />

40 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


NACHRUFE<br />

Die Person ist wichtig!<br />

denn »unser wahres Wesen ist ein ewiges individuelles Selbst«<br />

FLICKR.COM © SUSAN KLINGLER, BEARBEITET VON C. V. PUTTKAMER<br />

VON RON ENGERT<br />

L<br />

ieber Sugata, nun ist es tatsächlich so<br />

weit: 31 Jahre engagierter spiritueller<br />

Journalismus mit eigener Zeitschrift<br />

gehen zu Ende. Das ist ein Lebenswerk und<br />

Du hast Beachtliches geleistet. Ich freue<br />

mich, Dir mit dieser Seite im letzten Heft die<br />

Ehre zu erweisen, und ich verstehe das auf<br />

jeden Fall als Hommage an ein wundervolles,<br />

engagiertes und idealistisches Projekt,<br />

das zur Bewusstseinsentwicklung der Menschen<br />

beigetragen hat. Das verbindet uns beide.<br />

Ich bin ja auch Zeitschriftenmacher und<br />

Journalist (Tattva Viveka), und auch mir geht<br />

es um die Entwicklung des Bewusstseins.<br />

Tacheles zum Eigenlob<br />

Du hast mich ermutigt, Tacheles zu reden.<br />

Deshalb gleich zu den kritischen Aspekten.<br />

Immer wieder bringst du dieses grenzenlose<br />

Eigenlob: »Wir seien die beste spirituelle<br />

Zeitschrift auf Deutsch, die einzige tiefenspirituelle,<br />

szenekritische, politische und<br />

ge sell schaftskritische dieser Art und Tiefe.«<br />

(Nr. 9-10/20<strong>15</strong>). Gut, das ist das Lob der Leser,<br />

aber das hörte ich oft auch von dir, und<br />

das stimmt so nicht. Die Tattva Viveka ist eine<br />

mindestens genauso gute spirituelle Zeitschrift<br />

mit reichlich Tiefgang.<br />

Wie wichtig ist die Person?<br />

Dieses Eigenlob wäre kein großes Ding,<br />

wenn es nicht mit deiner spirituellen Grund -<br />

auffassung des Advaita im Widerspruch stünde.<br />

Du erscheinst mir immer sehr von Dir<br />

überzeugt und selbstverliebt. Aber Du beklagst<br />

dich in der gleichen Ausgabe, dass die<br />

Leute mehr Interesse an Deiner Person als<br />

an deinem Produkt haben und Du doch eigentlich<br />

eine »transpersonale Vision in die<br />

Welt setzen« wolltest: »und dann feststellen<br />

müssen, dass die Leute vor allem auf die Person<br />

schauen, das tut weh«.<br />

Mir ist deine Selbstinszenierung als Person<br />

um so schleierhafter, als du der Idee des<br />

Advaita anhängst. Ist das Ich eine Illusion?<br />

Ich persönlich finde diese Idee des Advaita<br />

falsch. Es tut Dir weh, dass niemand diese<br />

transpersonale Vision aufgegriffen hat. Und<br />

Du schreibst, »die Klügeren bewerten die<br />

Personen danach, was an Transpersonalem<br />

durch sie hindurchschimmert«. Das sind also<br />

die Klugen, und die andern sind die Dummen?<br />

Und was bleibt am Ende? Du wirst<br />

zum Narr. Ist das nun Deine Schlussfolgerung<br />

fürs Leben?<br />

Der verwirrte Narr<br />

Meine Meinung: Natürlich sind die Menschen<br />

an Dir als Person interessiert, weil es<br />

um Personen geht! Der Narr stellt seine<br />

Identität in Frage und macht daraus einen<br />

Witz, weil er nicht sicher ist, was seine Identität<br />

ist. Einerseits möchtest Du eine transpersonale<br />

Vision. Andererseits machst Du<br />

Personenbranding mit Dir selbst. Das verwirrt<br />

und führt zu einem Widerspruch, und<br />

da hast Du die Leser/innen auch in die Irre<br />

geführt. Das funktioniert so nicht, und vielleicht<br />

ist solch ein Ansatz auf Dauer nicht lebensfähig.<br />

Dein wahres Wesen ist ein ewiges individuelles<br />

Selbst, das wahre Ich, und dein Werk ist<br />

das Sekundäre. Die Menschen orientieren<br />

sich an Dir als Person, weil sie dazu eine Beziehung<br />

aufbauen und etwas fühlen können.<br />

Deshalb nehmen sie Dich wahr. Du bist unverwechselbar<br />

und einzigartig, so wie jeder<br />

andere auch. Das sollte aber zu Demut und<br />

zu einem Bewusstsein des Dienens führen.<br />

Dann dienst Du der Wahrheit und Gott.<br />

Wenn das philosophisch klar ist, dann kann<br />

man auch eine klare Beziehung zu Dir und<br />

Deinem Produkt aufbauen – und dann kann<br />

Wolf S. Schneider<br />

bei dem Versuch,<br />

transpersonal zu werden<br />

das Produkt funktionieren. Es braucht keine<br />

transpersonale Vision, sondern eine persönliche<br />

Beziehung.<br />

Zum Schluss noch mein Angebot: Alle Abonnent/innen<br />

von Connection können aus ih rem<br />

Guthaben eine gedruckte Ausgabe von Tattva<br />

Viveka kostenlos bestellen: bit.ly/tattvaconnection.<br />

Alle Connection-Leser/innen<br />

können außerdem ein kostenloses digitales<br />

Probeheft hier bestellen: bit.ly/gratisheft.<br />

P.S. von der Redaktion: Ron bestand darauf, das Du groß<br />

zu schreiben. Das ist zwar gegen die neuen Recht -<br />

schreib regeln, für ihn aber ein stilitisches Statement,<br />

mit dem er zeigen will, wie wichtig ihm die Person ist.<br />

Auf S. 53 findet ihr eine mini Antwort von Sugata darauf<br />

– mehr dazu bald in seinem Blog auf connection.de<br />

RONALD ENGERT, geb.<br />

1961. Studium der Ger -<br />

manistik, Romanistik und<br />

Philosophie. 1994 Mit -<br />

gründung der Zeitschrift<br />

Tattva Viveka, seit 1996<br />

Herausgeber und Chef -<br />

redakteur. Autor von<br />

»Gut, dass es mich gibt.<br />

Tagebuch einer<br />

Genesung« und »Der<br />

absolute Ort. Philosophie des Subjekts«. Blog:<br />

www.ronaldengert.com / Zeitschrift: www.tattva.de<br />

[<br />

sind Gratis-Veröffentlichungen und Saleem Matthias Riek hat uns etwas gespendet.<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 41


NACHRUFE<br />

Hellsichtige Spinner,<br />

intelligente Brahmanen<br />

VON KONSTANTIN WECKER<br />

I<br />

m jüdischen Restaurant am Münchener<br />

Jakobsplatz hängt ein Schild mit der Aufschrift:<br />

»Man muss kein Jude sein, um hier<br />

zu essen, aber man muss einen guten Appetit<br />

mitbringen.« Ein bisschen ähnlich ist<br />

es mit der Connection. Man muss kein<br />

Sannyasin sein, um die Connection zu lesen<br />

oder eines der wunderbar herzlichen und<br />

fantasievollen Connection-Feste zu besuchen;<br />

aber man muss Appetit mitbringen:<br />

Hunger nach Erkenntnis, mystische Glut<br />

und eine Portion Lebenslust, was keineswegs<br />

mit etwas Banalem und Unmystischen verwechselt<br />

werden darf.<br />

FLICKR.COM © HARTWIG KOPP-DELANEY<br />

Mystik und Rebellion<br />

Die Zeitschrift wie ihr Gründer Wolf Schneider<br />

entstammen ja der Osho-Bewegung. Ich<br />

habe vieles von Osho gelesen, was mich sehr<br />

angesprochen hat; aber jede noch so schöne<br />

und vitale Bewegung wird unerträglich,<br />

wenn sie ins Dogmatische und Starre umkippt.<br />

Die Connection hat sich eine Freiheit<br />

und Weite des Geistes bewahrt, die nicht<br />

nur gegen die Geistesfesseln fremder Mächte<br />

aus Kirche und Staat, sondern auch gegen<br />

die Begrenztheit der eigenen »Szene«<br />

immer wieder lustvoll rebelliert. Nur so<br />

bleibt das durch seichte oder gar rechtslas -<br />

tige Esoterik mehr als einmal geschändete,<br />

etwas schwammige Terrain der Spirituali -<br />

tät nicht nur erträglich, sondern anziehend<br />

und inspirierend. Mystik ist, richtig verstanden,<br />

Rebellion; und Rebellion erhält<br />

durch Mystik eine Tiefe, die sie vor ideologischer<br />

Verhärtung schützt.<br />

Der Heilige Tanz<br />

Ich selbst werde als Liedermacher und<br />

Mensch ja nicht zu Unrecht immer wieder<br />

mit drei »Eckdaten« in Verbindung gebracht:<br />

einer überbordenden, gänzlich ungenügsamen<br />

Lebenslust, dem Aufbegehren<br />

gegen politisches Unrecht und einer mystischen<br />

Innerlichkeit, die mir in den letzten<br />

Jahren zunehmend wichtig geworden ist und<br />

die zu den anderen beiden in scheinbarem<br />

Widerspruch steht. Es gibt nur ganz wenige,<br />

die zu allen drei Facetten meines Wesens<br />

in Resonanz gehen können. Wolf Schneider<br />

und die Connection gehören dazu.<br />

Wenn man in die Welt der Connection eintauchte,<br />

was ich als Interviewpartner, Leser<br />

und Gast über Jahre immer wieder tat, spürte<br />

man gleich, dass da Leute am Werk waren,<br />

denen dürre Spekulation nicht genug war.<br />

Da war ein Medienunternehmen, waren<br />

Men schen mit Fleisch und Saft, eine Zeitschrift,<br />

die eigentlich nicht nur eine Zeitschrift<br />

war, sondern eine Form der Lebenskunst.<br />

Der »Heilige Tanz«, in einem meiner<br />

jüngsten Lieder beschworen, hier wurde er<br />

getanzt – mit ebensoviel Herz wie kritischem<br />

Verstand.<br />

Es muss etwas passieren<br />

»Was für eine Nacht, nur Spinner und Brahmanen«<br />

habe ich in einer oft missverstandenen<br />

Zeile meines Lieds »Questa nuova<br />

real tà« geschrieben. Ich musste manchmal<br />

daran denken, wenn ich hierher kam. Allerdings<br />

ist das aus meinem Munde ein Kompliment.<br />

Es waren hellsichtige »Spinner« und<br />

intelligente »Brahmanen«, die ich hier traf,<br />

und in einem anderen Lied sang ich nicht ohne<br />

Grund: »Wir brauchen Spinner und Verrückte,<br />

es muss etwas passieren. Man sieht<br />

ja, wohin es führt, wenn die Normalen regie -<br />

ren.« Und auch die »nuova realtà«, die neue<br />

Realität der liebevollen Gemeinschaft in<br />

Freiheit von Wahn und Zwang – hier konnte<br />

man ihren Atem schon ein bisschen<br />

spüren.<br />

Stirb und werde<br />

Das Ende der Connection wird auch das Ende<br />

einer zwar vom Mainstream ignorierten,<br />

aber nichtsdestotrotz wichtigen Epoche im<br />

geistigen Leben unserer Kultur sein. Viele –<br />

so auch ich – werden diesen menschlich und<br />

ökonomisch nachvollziehbaren Abgang mit<br />

Trauer begleiten, weil ihnen vielleicht jetzt<br />

erst bewusst wird, was sie lange Zeit hatten.<br />

Die Spiritualität aber kennt etwas wie die<br />

Unsterblichkeit des Geistes. Die Form Con -<br />

nection ist vergangen. Was sie repräsentierte,<br />

wird nun freigesetzt, um in neue Formen<br />

zu fließen. Wer mit der Connection intensiver<br />

in Berührung kam, in dessen Geist und<br />

Herzen hat sie Spuren hinterlassen. Dieser<br />

Same wird anderswo neue Blüten treiben:<br />

Sterben und Wiederauferstehen ist das Wesen<br />

der Welt.<br />

[<br />

KONSTANTIN WECKER,<br />

geb. 1947 in München, ist<br />

verheiratet und Vater<br />

zweier Söhne. Er komponiert<br />

und singt seine<br />

selbst getexteten Lieder<br />

über Liebe, den Menschen<br />

und die Welt und ist dabei<br />

ein scharfer Gesellschaftskritiker und unerschütterlicher<br />

Pazifist. www.wecker.de<br />

42 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


NACHRUFE<br />

Der komische Verleger<br />

& der bayerische Sufi<br />

VON INGO TALEB RASHID<br />

L<br />

eider geht eine Epoche zu Ende, denn<br />

die Connection in ihrer bisherigen<br />

Form wird eingestellt. Das motiviert<br />

mich, von meiner Begegnung und meinem<br />

»Tanz« mit Wolf Sugata Schneider, dem Herausgeber<br />

und führenden Kopf hinter der<br />

Connection, zu erzählen.<br />

Christl Oberhuber öffnet sich energetisch<br />

und wird ergriffen von Satana<br />

Die Rose und der Lotus<br />

Vor einigen Jahren hatte ich einen Artikel<br />

über Sufismus und Körperarbeit für die<br />

Connection geschrieben. Daraufhin schickte<br />

Sugata eine Mitarbeiterin zur El Haddawi<br />

Winterschool auf die Fraueninsel im Chiemsee,<br />

um darüber für Connection einen Bericht<br />

zu erhalten. Er selbst hatte für sowas<br />

leider fast nie Zeit. Zwei Jahre später kam<br />

er dann jedoch für einen Tag zu unserer <strong>11</strong>.<br />

Winterschool »Die Rose und der Lotus« –<br />

die Verbindung zwischen der Mystik des<br />

Buddhismus und der des Sufismus war für<br />

ihn von jeher ein großes Thema.<br />

Am Anfang unseres ersten Telefonats hatte<br />

ich den Eindruck, in ihm einen völlig vergeistigten<br />

Eso-Zeitschriften-Herausgeber<br />

anzutreffen, und war entsprechend höflich<br />

und vorsichtig in meiner Wortwahl. Während<br />

er sich gefragt haben mag, was er da wohl für<br />

einen Dschihadisten im Schafspelz am anderen<br />

Ende der Leitung hatte. Trotzdem bekam<br />

ich in diesem Gespräch einen Eindruck<br />

davon, wie viel Erfahrung und Wissen er in<br />

den Jahrzehnten der Arbeit mit Connection<br />

angesammelt hatte. Bald darauf sprachen wir<br />

uns gegenseitig freudig auf den AB, bis endlich<br />

mal eine face-to-face Begegnung klappte.<br />

Auftritt in »Marias Kino«<br />

Da erzählte er von seinem Eso-Kabarett, und<br />

ich wurde hellhörig. Hatte ich doch Anfang<br />

der 80er Jahre im Wirtshaus am Schlachthof<br />

in München mal selbst Kabarett gemacht und<br />

schon lange Lust auf ein Eso-Kabarett. Wir<br />

beschlossen zusammen aufzutreten, und es<br />

folgte ein amüsanter Probenprozess, aus dem<br />

unter anderem die Figur des »bayerischen<br />

Sufi« hervorging. Im Verlauf der Proben hatten<br />

wir spannende Gespräche über unsere<br />

Arbeitsgebiete und Zielgruppen, zu denen<br />

ja auch die schillernde Welt der Gurus, Heiler<br />

und Esoteriker gehört. Wir hatten beide<br />

Spaß daran, uns auf die Schippe zu nehmen<br />

(Sugata betont immer, jemand auf die Schippe<br />

zu nehmen, das sei eine Erhöhung), und<br />

konnten das schließlich auf der Kabarettbühne<br />

in Marias Kino in Bad Endorf umsetzen<br />

(einige kennen das Kino durch Doris<br />

Dörries ersten Film).<br />

Weite, Komplexität, Empathie<br />

Aus diesem Anfang entwickelte sich eine<br />

schöne Freundschaft. In Sugata fand ich einen<br />

guten Intervisionspartner, mit dem ich<br />

verschiedenste Probleme und Themen besprechen<br />

konnte. Dass wir unterschiedliche<br />

Standpunkte hatten, war dabei eher inspirierend,<br />

und es war für mich interessant, mich<br />

in seine Warte hineinzuversetzen. Sugata<br />

gehört für mich zu den Menschen, die genug<br />

Weite haben, um die Komplexität und<br />

Widersprüchlichkeit des menschlichen Seins<br />

in der Welt mit Empathie in sich aufzunehmen.<br />

Bei unserer <strong>12</strong>. Winterschool mit dem Thema<br />

»Sprachen der Weisheit« hatte ich ihn als<br />

Gastdozent dabei. Seine Erfahrung als Buchautor,<br />

Herausgeber und Coach konnte er dabei<br />

perfekt einbringen und die Verbindung<br />

zwischen Körperarbeit und Sprache aufzeigen.<br />

Wir spielten noch einige Male zusammen<br />

Kabarett. Meine Lieblingsfigur darin<br />

war auf seiner Seite die Christl Oberhuber,<br />

die so grandios Satana channelt. Sein absurdes<br />

Lachen als ankommender Satana im<br />

Dirndl meiner Mutter wird mir unvergessen<br />

bleiben.<br />

Lachend, weinend …<br />

Nun sehe ich das Ende der Connection mit<br />

einem lachenden und einem weinenden Auge.<br />

Ich glaube, es ist wunderbar für Sugata,<br />

neuen Freiraum als Künstler, Autor, Coach<br />

und in noch vielem anderen zu finden und<br />

dabei vielleicht auch für ganz neue gemeinsame<br />

Projekte offen zu sein. Schade, dass damit<br />

die wohl beste Zeitschrift zu spirituellen<br />

Themen als Printmedium vom Markt<br />

genommen wird. Seine Editorials werden mir<br />

fehlen.<br />

[<br />

INGO TALEB RASHID, Jg.<br />

63, ist ein aus dem Irak<br />

stammender Sufi-Sheikh<br />

und Tanztheater-Regi -<br />

sseur. Connection 3/2009<br />

enthielt einen Bericht<br />

über seine Winterschool,<br />

Connection 2/2013<br />

Sugatas Interview mit<br />

ihm. www.elhaddawi.de<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 43


NACHRUFE<br />

Adios Connection<br />

Ein kleines, der Aufklärung gewidmetes Blatt<br />

kann ökonomisch nicht bestehen<br />

VON PARITOSH UDO POCHERT<br />

A<br />

uf Wunsch des Patienten werden alle<br />

lebensverlängernden Maßnahmen<br />

eingestellt, irgendwann muss<br />

ja auch mal gut sein. Alle Kredite sind verbraucht,<br />

und es gibt kein Amt, das sowas subventioniert.<br />

Alle hatten in der letzten Zeit wunderbare<br />

Konzepte, Strategien und Ideen, aber keiner<br />

hatte die Eier, ein paar Kröten auf den<br />

Tisch zu legen, außer denen, die vor Jahren<br />

diesen Traum hatten, einer guten Sache zu<br />

dienen und nebenbei etwas zu verdienen.<br />

Nun ist auch dieser Traum ausgeträumt.<br />

Der Captain geht zwar von Bord und nimmt<br />

seinen Kompass mit, aber der alte Kahn (das<br />

Connectionhaus) dümpelt noch ein bisschen<br />

rum und wartet auf einen Käufer. Wenn<br />

dann alle Schulden bezahlt sind, bleibt für<br />

die Träumer von gestern vielleicht noch ein<br />

bisschen übrig. Das ist am Ende gar nicht<br />

so schlecht. Hätte ich die letzten 30 Jahre<br />

Kirchensteuer bezahlt, wäre das Geld auch<br />

weg, und es hätte mich nicht 30 Jahre lang<br />

so schön »beschrieben«.<br />

Rein ökonomisch gesehen …<br />

1987 stand ich zum ersten Mal in den Redaktionsräumen<br />

der Connection in München.<br />

Das Engagement der Macher begeis -<br />

terte mich. Sie brachten eine Zeitschrift<br />

auf den Markt, die damals einmalig war: kein<br />

Sektenblatt, keine Huldigung an übernatürliche<br />

Kräfte, sondern ein der Aufklärung<br />

in der Nach-APO-Zeit gewidmetes<br />

Blatt. Wolfs Verdienst war, dass das bis<br />

heute so geblieben ist. Dafür habe ich ihn<br />

unterstützt. Seit acht Jahren versuchte ich<br />

mit anderen im Aufsichtsrat dieser AG den<br />

Prozess der geschäftlichen Gesundung hinzukriegen.<br />

Ist dieser Prozess nun gescheitert,<br />

weil der Patient nicht in der Lage ist,<br />

auf eigenen Beinen zu stehen? Rein ökonomisch<br />

gesehen: Ja. Rein ökonomisch gesehen,<br />

ist Griechenland auch schon lange<br />

pleite, und kein großes Magazin in Deutschland<br />

kann auf eigenen Beinen stehen, ein<br />

kleines erst recht nicht. Also sagen wir:<br />

Adios Connection-Magazin.<br />

Ich würde es wieder tun, ja, ich tue es schon<br />

wieder, denn ich unterstütze ein Medi ta -<br />

tions zentrum auf Mallorca. Rein ökonomisch<br />

ist der Ausgang eigentlich klar, aber<br />

Leser einfangen mit einer Zeitschrift,<br />

die doch die Freiheit liebt, wie soll das gehen?<br />

ich habe die Hoffnung, dass es genauso lange<br />

besteht wie Connection. Dafür braucht<br />

man Träumer, und zwar Träumer, die auch<br />

mal spendabel sein wollen. Jedem einzelnem<br />

Träumer sei Dank, er oder sie hat mit seinem<br />

Engagement den Traum von Connection am<br />

Leben gehalten, immerhin 30 Jahre lang!<br />

Höchstrichterliche<br />

Anerkennung<br />

Letztes Jahr war ich bei einem Prozess, in<br />

dem Wolf Schneider wegen Betrug und Veruntreuung<br />

angeklagt war. Ich war als Zeuge<br />

der Anklage vorgeladen, andere waren nicht<br />

erschienen. Der Staatsanwalt wollte mit Hilfe<br />

eines vereidigten Sachverständigen nachweisen,<br />

dass Herr Schneider ein Halunke sei,<br />

der sich zwar noch in Bayern aufhält, aber<br />

seine Millionen aus der Connection schon<br />

längst in einem Steuerparadies gebunkert<br />

hatte.<br />

Als ich nach Stunden des Wartens endlich<br />

den schwer beladenen Raum betreten durfte,<br />

erzählte ich meine Geschichte. Wolf hatte<br />

mir in einer Pause das neueste Exemplar<br />

der Connection gegeben. Das lag nun wäh -<br />

rend meiner Vernehmung vor mir auf dem<br />

Tisch. Nach einiger Zeit fragte der Richter<br />

mich: Sagen Sie mal … diese Zeitschrift exis -<br />

tiert wirklich? Ich gab ihm mein Exemplar.<br />

Nun schauten Richter, Beisitzer und Staatsanwalt<br />

sich dieses Magazin an. Konstantin<br />

Wecker hatte damals das Vorwort geschrieben.<br />

Sie blätterten und blätterten, und nach<br />

einer Zeit sagte der Richter: Ich muss ja nicht<br />

mit allem einverstanden sein, aber das ist ja<br />

ein richtiges Magazin, sehr professionell gemacht<br />

und anspruchsvoll. Und das gibt es<br />

schon seit fast 30 Jahren?<br />

Das Verfahren gegen Wolf Schneider wurde<br />

eingestellt, es ließ sich ihm kein Betrug nachweisen.<br />

Er musste also nicht in den Knast,<br />

und Connection bekam die höchstrichter -<br />

liche bayerische Amtsgerichts-Bestätigung,<br />

ein richtiges, professionelles Magazin zu sein,<br />

das sich Themen widmet, an die sich sonst<br />

keiner rantraut. Dafür kann man sich zwar<br />

nichts kaufen, aber vielleicht wollte dieser<br />

Wolf Schneider all die Jahre ja vor allem das:<br />

ein richtig gutes Magazin machen über Themen,<br />

an die sich sonst keiner rantraut.<br />

PARITOSH-UDO POCHERT,<br />

Dipl.-Betriebswirt, Sport<br />

und Religionslehrer,<br />

heute Golflehrer in Mal -<br />

lor ca, Mitglied im Auf -<br />

sichts rat der Connec tion<br />

AG.<br />

paritoshudo@<br />

hotmail.com<br />

[<br />

© PARITOSH-UDO POCHERT<br />

44 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


NACHRUFE<br />

Integrales Update<br />

Vielleicht war die Zeit hierfür noch nicht reif<br />

VON KATHARINA CEMING<br />

I<br />

st es wirklich an der Zeit, Tschüss<br />

und Auf Wiedersehen zu sagen?<br />

Für alles im Leben gibt es eine<br />

Zeit. Eine Zeit zum Säen und zum<br />

Ernten. Eine zum Leben und zum<br />

Sterben, heißt es im Alten Testament<br />

im Buch Kohelet. So wie es scheint,<br />

ist es nun an der Zeit, eine Zeitschrift<br />

zu Grabe zu tragen, die viele<br />

Jahre ein Sprachrohr der deutschsprachigen<br />

Spiriszene war.<br />

Spiritualität darf<br />

nichts kosten<br />

FOTOLIA.COM © JEFF GYNANE<br />

Wolf, du hast in den letzten paar Jahren<br />

immer wieder selbstkritisch darauf<br />

verwiesen, dass sich ein gutes<br />

Produkt nicht von alleine verkauft.<br />

Gutes Marketing ist heute unverzichtbar<br />

und kostet. Wer das Geld<br />

hat, kann den Markt aufrollen. Der<br />

Erfolg von Happinez und Flow zeigt<br />

dies sehr deutlich.<br />

Leider ist das liebe Geld aber immer<br />

noch ein großes Schattenthema<br />

in vielen spirituellen Kreisen. Spiritualität<br />

und alles, was sie umgibt,<br />

sollte nichts oder nur sehr wenig kosten.<br />

Darunter hat Connection sicherlich<br />

auch gelitten. Aber ich glaube, das wahre Dilemma<br />

von Connection bestand in einem<br />

nicht mehr zu leistenden Spagat zwischen<br />

dem Anspruch, keine weichgespülte Well -<br />

ness-Spirizeitschrift zu sein, aber auch nicht<br />

mehr den Vorstellungen der Esoszene zu entsprechen.<br />

Raus aus der Spiri-Ecke …<br />

In den letzten beiden Jahren wolltest du die<br />

Connection im Wilberschen Sinne einem integralen<br />

Update unterziehen. Raus aus der<br />

spirituellen, alles-ist-gleich, »Wir-haben-unsalle-lieb«-Ecke<br />

hin zu einer reflektierten, integralen<br />

Weltsicht, in der nicht nur die Spiritualität,<br />

sondern auch das politische und<br />

für die Welt verantwortliche Handeln seinen<br />

Platz hat. Ich habe deinen Mut und viele deiner<br />

Artikel, die mir einen reflektierten, kritischen,<br />

empathischen Menschen zeigten, der<br />

mit Hirn und Herzblut viele interessante<br />

Themen aufgegriffen hat, bewundert. Gerade<br />

deinen sehr kritischen Blick auf die Spiritualität<br />

fand ich wohltuend.<br />

… wurde Connection zu einem<br />

Zwitterwesen<br />

Aber hier zeigt sich wohl auch das Hauptdilemma,<br />

denn bei Weitem nicht alle empfanden<br />

diesen Kurs als Bereicherung. Forderte<br />

er doch, Abschied zu nehmen vom vertrauten<br />

und bekannten Blick auf Spiritualität.<br />

Um nicht alle Leser zu vergraulen, wurde<br />

Connection zu einem Zwitterwesen: Integrales<br />

auf der einen Seite, das Gewohnte<br />

auf der anderen Seite.<br />

Dass man momentan mit einer Zeitschrift,<br />

die ein neues Bewusstsein entwickeln möchte,<br />

ökonomisch nicht erfolgreich sein kann,<br />

erklärt sich fast von selbst. Solange dieses<br />

Bewusstsein nur hier und da aufblitzt, ist<br />

der Bedarf nach einem eigenen Publika -<br />

tionsorgan noch nicht allzu groß.<br />

Vielleicht braucht diese Art des Bewusstseins<br />

aber auch gar keine der traditionellen Medien.<br />

Ich weiß es nicht. Was immer auch kommen<br />

wird, Connection war als Ausdruck eines<br />

bestimmten Bewusstseins eine Bereicherung<br />

für alle, die etwas Neues wagen wollten<br />

und andere Wege gingen. Vielen gab sie<br />

gute Impulse und die Möglichkeit, sich mit<br />

Spiritualität zu beschäftigen, als Spiritualität<br />

noch ein Randphänomen war. Danke für die<br />

gute Zeit!<br />

[<br />

Prof. Dr. Dr. KATHARINA<br />

CEMING, Jg. 70, promovierte<br />

in Philosophie zu<br />

Meister Eckhart und<br />

Johann Gottlieb Fichte<br />

und in Theologie zum<br />

Verhältnis von Menschen -<br />

rechten und Religion.<br />

2008 erhielt sie den<br />

Mystikpreis der Theo -<br />

phrastus-Stiftung. Sie lebt als freie Seminarleiterin<br />

und Publizistin in Augsburg.<br />

www.quelle-des-guten-lebens.de<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 45


NACHRUFE<br />

Verbindung bitte!<br />

Mit Hand und Fuß, Herz und Seele<br />

VON MARTIN FRISCHKNECHT<br />

V<br />

erbindung bitte«, so meldeten sich<br />

Telefonistinnen, als es noch keine<br />

Telefone gab, mit denen man sich<br />

selber durchwählen konnte. Wer hat sich in<br />

den dreißig Jahren Connection mit wem verbunden?<br />

Im Ursprung war Connection die<br />

Orange Taxi Connection, eine Verbindung<br />

von Münchner Taxifahrern, die großenteils<br />

»orange« waren, also Schüler des indischen<br />

Gurus Bhagwan Shri Rajneesh, der heute<br />

als Osho bekannt ist. Dann fiel das »Taxi«<br />

weg und bald auch das »Orange«, und eine<br />

Zeitschrift für alle spirituellen Richtungen<br />

war geboren, die einen Gegenentwurf für<br />

eine neue Gesellschaft bieten wollte.<br />

In etwa zur gleichen Zeit legte ich in der<br />

Schweiz los mit meiner Zeitschrift Spuren.<br />

Ich kam vom Journalismus her und hatte<br />

im Verlauf einer ausgedehnten Recherche<br />

bei Sannyasins in Zürich meditieren gelernt.<br />

Darüber wollte ich schreiben, mit Herz und<br />

Verstand. Das tue ich immer noch.<br />

Besessen von einer Vision<br />

Den Stallgeruch des Orangen teile ich nicht,<br />

aber ich habe in Sugata/Wolf einen Bruder<br />

im Geiste kennen und schätzen gelernt. Uns<br />

treibt dieselbe Macht. Wir sind Besessene<br />

einer Vision: Obwohl wir es längst besser<br />

wissen müssten, vertrauen wir darauf, die<br />

spirituelle Szene sei einem guten Argument<br />

gegenüber nicht verschlossen. Wir fordern<br />

und fördern den Dialog, wo oft fixe Überzeugungen<br />

herrschen und dem Nachdenken<br />

der Ruch des Kopflastigen anhaftet. Unbelehrbar<br />

versuchen wir wieder und wieder,<br />

Dinge zur Sprache zu bringen, von denen<br />

andere behaupten, sie seien eh schon klar,<br />

ohne sich je die Mühe gemacht zu haben, sie<br />

selber zu bedenken.<br />

Als wir vor dreißig Jahren mit unseren Zeitschriften<br />

loslegten, gab es noch die Esotera.<br />

Die galt von ihrer Auflage und ihren<br />

Möglichkeiten her als Flaggschiff einer<br />

wachsenden Bewegung. Natürlich wollten<br />

wir »Herzblutisten« es besser machen als die<br />

in Freiburg. Mit dem Abflachen der Esoterikwelle<br />

ging auch die gleichnamige Zeitschrift<br />

den Bach runter. Heute haben wir<br />

es zu tun mit einer Konkurrenz anderen Zuschnitts:<br />

Happinez, eine bunte Postille, die<br />

Spiritualität erfolgreich als Lifestyle vermarktet,<br />

vom Connection-Gründer treffend<br />

charakterisiert als »Landlust der Spirituellen«.<br />

Wir sind connected<br />

Unsere Vision ist so banal, dass ich mich<br />

fast nicht traue, sie hier niederzuschreiben:<br />

Kraft spiritueller Einsicht und Erfahrung am<br />

eigenen Leib stellt der Mensch fest, dass er<br />

untrennbar verbunden ist mit allem Lebendigen.<br />

Entsprechend beginnt sie oder er zu<br />

handeln. Das wäre dann connected.<br />

Aber das sind wir doch schon! Über WLAN<br />

und Handy-Netz sind wir heute allesamt<br />

connected, was uns erlaubt, uns wechselweise<br />

mit Selfies einzudecken rund um die<br />

Uhr. So war das mit Connection nicht gemeint.<br />

Die Rede von der Erleuchtung war<br />

nicht gedacht als Aufforderung, sich auch diese<br />

Erfahrung noch irgendwie zu verschaffen,<br />

um sich vor anderen damit zu brüsten. Statt<br />

eines wachsenden Bewusstseins der Verbindung<br />

erleben wir eine weitere Atomisierung<br />

der Gesellschaft.<br />

Sich auf eine Bindung<br />

einlassen<br />

Und jetzt ist Schluss mit Connection. Eine<br />

Träne – eine mindestens! – werde ich dem<br />

stets anregenden Schwesterblatt nachweinen,<br />

bevor ich mich weiter daranmache, das<br />

Spuren-Schiffchen über Wasser zu halten.<br />

In einer Zeit, in der Informationen gedankenlos<br />

häppchenweise kostenlos konsumiert<br />

werden, fällt es den Leuten zunehmend<br />

schwer, sich bewusst auf eine längerfristige<br />

Bindung einzulassen – und sei es »bloß« das<br />

Abonnement einer Zeitschrift. Menschen<br />

wie Sugata und ich, die sich über Jahrzehnte<br />

mit Haut und Haar einem solchen Unternehmen<br />

verschreiben, stehen als Bindungsmonster<br />

da.<br />

Schließen will ich nicht wehmütig, sondern<br />

mit einem Lächeln. Am meisten connected<br />

mit Niedertaufkirchen war ich, als ich mich<br />

dort an einer Verlegerkonferenz beteiligte<br />

und mich nachts unverhofft im Bett einer<br />

liebreizenden Redakteurin wiederfand. Auch<br />

diese Verbindung hat über die Jahre gut gehalten.<br />

[<br />

MARTIN FRISCHKNECHT,<br />

geb. 1957 in Zürich, ist<br />

Begründer und Heraus -<br />

geber der vierteljährlichen<br />

Schweizer Zeit -<br />

schrift »Spuren – Das<br />

Leben neu entdecken«.<br />

Daneben veröffentlicht er<br />

bei Edition Spuren kernige<br />

spirituelle Bücher.<br />

www.spuren.ch<br />

PIXABAY.COM © VAIT MCRIGHT<br />

46 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


NACHRUFE<br />

Loch in der Seele<br />

Wer führt das nun weiter?<br />

Nach 30 Jahren bleibt eine Lücke<br />

VON TORSTEN BRÜGGE<br />

FLICKR.COM © SHELLEY FREEDMAN<br />

A<br />

ls ich davon erfuhr, tat sich ein Loch<br />

in mir auf. Ein Verlustgefühl von der<br />

Sorte: Erst wenn es weg ist, wird bewusst,<br />

wie wertvoll es war. Ein Teil des<br />

Schmerzes mag ichbezogen sein. Wolf<br />

Schnei der hat mir und meiner Partnerin<br />

Padma in seiner Zeitschrift viel Raum gegeben.<br />

Zahlreiche Artikel von uns sind in<br />

den letzten Jahren dort erschienen, viele davon<br />

in Überlänge. Das ist nun vorbei. Zugleich<br />

glaube ich eine Art Kollektiv-Schmerz<br />

in der »Seele deutschsprachiger Spiritualität«<br />

zu verspüren. Das Verschwinden der<br />

Connection hinterlässt eine Lücke. Das tut<br />

weh.<br />

Alternative zu den<br />

Menüstillleben<br />

Andere Zeitschriften setzen sich besser<br />

durch. Viele richten sich nach dem »pop -<br />

spirituellen Mainstream« (Wolf). Zwischen<br />

Kuschelseiten mit Wellnesstipps, veganen<br />

Menüstillleben und Varianten von »Welcher<br />

Energie-Typ bist du?« findet man zwar<br />

manchmal auch dort Schätze spiritueller<br />

Tiefe. Doch häufiger bleibt es beim Kratzen<br />

an der Oberfläche. An der Connection<br />

schätzte ich das wohltuend Andere. Ja, auch<br />

hier fand sich einiger Eso-Hokuspokus, doch<br />

immer seltener. Stattdessen wurde immer<br />

häufiger die Tiefe ausgelotet.<br />

Das zeigte sich auch an der Länge der Texte.<br />

Um die unmittelbare Erfahrung mystischer<br />

Erkenntnis zu beschreiben, mag<br />

manchmal ein Dreizeiler reichen oder nur<br />

ein Satz wie »Frieden ist hier«. In Connection<br />

fand man solche Hinweise immer wieder<br />

zwischen den Zeilen in weißer Schrift<br />

auf weißem Grund. Doch wenn Spirituelles<br />

aus einer Metaperspektive beleuchtet wird,<br />

braucht es mehr als nur ein oder zwei Seiten.<br />

Connection räumte ihren Autoren oft<br />

diesen Platz ein.<br />

Auch inhaltlich hat Connection im Laufe ihrer<br />

langen Entwicklung an Tiefe gewonnen.<br />

Meine drei Favoriten: 1. Moderner Advaita<br />

als Erfahrungszugang zum Nondualen.<br />

2. Das Integrale Modell nach Ken Wilber zur<br />

Beschreibung der Erscheinungswelt und ihrer<br />

Evolution zur nondualen Erkenntnis. 3.<br />

Die Synthese von spiritueller Friedenserfahrung<br />

und politischer Friedensarbeit.<br />

Solche und andere Themen<br />

bekamen zunehmend Raum. Wer<br />

wird das weiterführen?<br />

Herausforderung für<br />

die Forschung<br />

Beim Nachdenken über Wolf kamen<br />

mir zwei merkwürdige Bilder<br />

in den Sinn: erstens ein Taxifahrer.<br />

Zweitens Scheibchen fein<br />

geraspelten Gehirns. Nein, ich will<br />

ihn nicht tot oder seziert, als Strafe<br />

dafür, dass er die Connection<br />

nun nicht weiterführt. Ich glaube<br />

aber, die Hirnforschung würde davon<br />

profitieren, Wolfs Synapsennetzwerk<br />

unter die Lupe zu nehmen.<br />

Heutzutage muss man das<br />

Gehirn eines Menschen nicht mehr<br />

in hauchdünne Streifen schneiden,<br />

um sie unterm Mikroskop zu betrachten.<br />

Der Gehirnaktivität kann<br />

man in einem Magnetresonanz -<br />

tomographen live zuschauen. Bei<br />

Taxifahrern hat man festgestellt,<br />

welche Hirnbereiche für die<br />

Orien tierung in einer Großstadt<br />

verantwortlich sind, und fand heraus,<br />

dass sich der hintere Teil des<br />

Hippocampus vergrößert, wenn er<br />

trainiert wird.<br />

Wie sieht das nun in Wolfs Gehirn aus? Seine<br />

jahrzehntelange leidenschaftliche Beschäftigung<br />

mit psychologisch-spirituellen<br />

Themen muss dort sichtbare Auswirkungen<br />

hinterlassen haben. Wenn es sowas wie ein<br />

»Spiri-Zentrum« im Gehirn geben sollte,<br />

müsste die Forschung es dort finden, in Wolfs<br />

Gehirn. Vermutlich entdeckt man dann dort<br />

verschlungene Schaltstationen in Form eines<br />

Om-Symbols …<br />

Spiri-Redakteur-Guru<br />

Ich habe großen Respekt vor Wolfs reichem<br />

Erfahrungsschatz im psychologisch-spirituellen<br />

Themenfeld! Kein Wunder, wenn einer<br />

über dreißig Jahre lang Spiri-Redakteur-Guru<br />

ist. Wir fachsimpelten und inspirierten uns<br />

gegenseitig und lachten und lästerten dabei<br />

auch gerne mal herzhaft über manch einen<br />

spirituellen Lehrer – natürlich nur privat.<br />

Wolfs Lebensleistung mit seinem Engagement<br />

für den Verlag und seine Leser, oft<br />

unter Opferung privater Belange, verdient<br />

höchste Wertschätzung. Ich hoffe sehr, dass<br />

er sich mit seinem Erfahrungsschatz auch<br />

weiterhin zu Wort meldet.<br />

TORSTEN BRÜGGE (HP) leitet<br />

zusammen mit seiner<br />

Partnerin Padma Wolff<br />

(Dipl. Psych.) in Hamburg<br />

die Praxis für Meditation<br />

und Selbsterforschung<br />

sowie die Bodhisattva<br />

Schule. www.sevaa.de,<br />

www.bodhisat.de.<br />

Außerdem bloggt er auf<br />

connection.de und wird das weiterhin tun.<br />

[<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 47


NACHRUFE<br />

Das Wissen<br />

nicht allein zu sein<br />

Siebzehn Jahre in Begleitung von Connection,<br />

die letzten drei Jahre aktiv<br />

VON BRIGITTE SCHWAB<br />

D<br />

ass es Connection nicht mehr geben<br />

wird, kann ich mir nicht vorstellen.<br />

Ich weiß es und erzähle es jeden Tag<br />

den Anzeigenkunden, die ich seit drei Jahren<br />

betreue, aber richtig angekommen ist<br />

es noch nicht.<br />

Leider habe ich die Zeitschrift erst spät entdeckt,<br />

1998. Seitdem begleitet sie mich. Das<br />

passt zu mir: Ich war immer schon in allem<br />

eher langsam, und wenn ich etwas Gutes<br />

gefunden habe, bleibe ich dabei.<br />

Paul Boyesen<br />

Als mir damals das erste Connection-Heft<br />

in die Hände fiel, hatte ich gerade eine fünf -<br />

jährige therapeutische Ausbildung bei Paul<br />

Boyesen abgeschlossen, einem genialen Therapeuten<br />

und sehr guten Lehrer. Ich war<br />

gründlich durch meinen eigenen Prozess gegangen,<br />

wie man so sagt, hatte einen Koffer<br />

mit Handwerkszeug, Erfahrungen in Gruppenleitung<br />

und Begleitung von Einzel -<br />

klienten gesammelt und war wild entschlossen,<br />

mir eine therapeutische Praxis<br />

aufzubauen. Dazu brauchte ich allerdings einen<br />

Halbtagsjob, der mich erst mal über Wasser<br />

halten sollte. Also ab zur Zeitarbeit …<br />

und bin dann als Vorstandssekretärin in einer<br />

Bank hängengeblieben …<br />

Banksekretariat<br />

Seltsame Runden dreht man manchmal.<br />

Nach fünf Jahren hatte ich die Nase voll vom<br />

Bankbusiness. Ich kündigte und hatte eigentlich<br />

vor, erst einmal für mindestens ein<br />

halbes Jahr in ein buddhistisches Kloster zu<br />

gehen. Die Suche nach dem geeigneten Platz<br />

gestaltete sich allerdings als schwierig. An<br />

einem meiner letzten Arbeitstage in der<br />

Bank – ich hatte dort sowieso nichts mehr<br />

zu tun – habe ich, in der Hoffnung auf eine<br />

Erleuchtung, die damals aktuelle Connection<br />

Spirit Ausgabe studiert. Die Erleuchtung<br />

hatte ich dabei nicht im Sinn, die war<br />

mir auch nach mittlerweile fünf Jahren<br />

Connection-Lesen immer noch ein Mysterium.<br />

Ich war einfach auf der Suche nach etwas,<br />

das mich wieder zurück zu meinen therapeutischen<br />

Wurzeln bringen würde, mit spirituellem<br />

Link.<br />

Eli Jaxon-Bear<br />

Und da schaute mich aus einer Anzeige Eli<br />

Jaxon-Bear an. Nach diesem Blick in Elis Augen<br />

auf dem beworbenen Retreat war’s um<br />

mich geschehen: Bumms. Ende. Blank. So begann<br />

diese Liebesgeschichte. Ich hatte meinen<br />

Lehrer gefunden, und bald begann ich,<br />

in der Organisation der Leela Foundation<br />

ehrenamtlich mitzuarbeiten. Dazu gehörte<br />

unter anderem die Werbung für Elis Europa-Touren.<br />

So hatte ich nun als Vertreterin<br />

eines Anzeigenkunden noch einmal auf eine<br />

andere Art mit Connection zu tun. Als<br />

dann 20<strong>12</strong> Gritta von Fircks allen Anzeigenkunden<br />

mitteilte, dass sie mit dem Job<br />

aufhöre und es noch keine Nachfolge für sie<br />

gebe, meldete ich mich sofort bei Sugata<br />

Schneider.<br />

Sprungbrett<br />

Ich habe diesen Job sehr gerne gemacht, mit<br />

ganzem Herzen, mit Leidenschaft. Leider<br />

Blick vom Gipfel des heiligen<br />

Berges Arunachala in Südindien<br />

reichte das nicht, um<br />

Connection mehr als eine<br />

schwarze Null zu ermöglichen.<br />

Trotz aller<br />

meiner Bemühungen<br />

schrumpfte das Anzeigenvolumen.<br />

Dass das<br />

branchenweit nicht anders<br />

war, tröstete mich<br />

nur wenig.<br />

Ich habe in diesen drei<br />

Jahren sehr viel gelernt.<br />

Habe mit einem wunderbaren<br />

Team zusammenarbeiten dürfen<br />

und sehr viele, sehr schöne Menschen kennengelernt,<br />

wenn auch vor allem nur übers<br />

Telefon oder per E-Mail. Dafür bin ich sehr<br />

dankbar. Aber das größte Geschenk, das<br />

Sugata und die Con nection mir gemacht haben,<br />

ist die ständige Begleitung, das Wissen,<br />

nicht allein zu sein, und an allererster Stelle:<br />

Durch Connection habe ich Eli Jaxon-<br />

Bear gefunden, meinen Meister.<br />

Wir werden sehen, wohin die Reise nun weitergeht.<br />

Ich wünsche Sugata und allen, die<br />

an Connection mitgearbeitet haben, allen Autoren<br />

und allen, mit denen ich in den letzten<br />

drei Jahren durch diese Arbeit zu tun hatte,<br />

dass sie etwas finden, das die nun entstandene<br />

Lücke füllen wird. Möge die Zeit mit<br />

Connection sich als Sprungbrett in etwas erweisen,<br />

das noch besser ist als das, was wir<br />

dabei verlassen!<br />

[<br />

BRIGITTE SCHWAB, Jg. 61,<br />

Beraterin in Psychoorga -<br />

nischer Analyse nach<br />

Paul Boyesen, lebt mit<br />

Mann und Hund am<br />

Niederrhein.<br />

brigitte.schwab@<br />

connection.de,<br />

brigitte@richschwab.de<br />

FLICKR.COM © MARTIN EHRENSVÄRD<br />

48 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


NACHRUFE<br />

Aber ein kleines Dorf<br />

in Gallien …<br />

leistete Widerstand<br />

gegen den Massenwahn<br />

VON REINO KROPFGANS<br />

FLICKR.COM © DAVID BLACKWELL<br />

E<br />

inen Nachruf auf die<br />

Connection? Als ich spät<br />

abends nach Hause kam<br />

und dieses Ansinnen von dir, lieber<br />

Wolf, auf dem AB hörte, kam mir<br />

das schlicht befremdlich vor. Monate,<br />

ja Jahre hatten wir das in irgendeiner<br />

Besenkammer unseres<br />

Be wusstseins gespeichert: Eines Tages<br />

wird’s die Connection nicht<br />

mehr geben. Aber … das war ja<br />

noch lange hin.<br />

Und jetzt erscheint plötzlich die definitiv<br />

letzte Ausgabe unseres spirituellen,<br />

intellektuellen, politischen,<br />

sexuellen und ökologischen Hei -<br />

matmediums. Das nicht ein Magazin<br />

war, das uns als freidenkerisches<br />

Feigenblatt von irgendeinem Medienmulti<br />

generös zugestanden wurde,<br />

sondern das unsere eigene Spielwiese<br />

war, die wir uns und vor allem<br />

du, Wolf, selbst geschaffen hatten.<br />

Herzbluttexte<br />

Mit der Connection geht für viele<br />

von uns ein Stück Authentizität unter,<br />

denn wir, die honorarfreien Autoren, haben<br />

grundsätzlich Herzbluttexte geschrieben,<br />

die kommer zielle Interessen außen vor<br />

ließen. Egal, ob das Hans-Peter Dürr, Konstantin<br />

Wecker, Christina Kessler oder Joanna<br />

Macy waren. Und manchmal waren<br />

auch ein paar liebens werte Spinner dabei.<br />

Wir alle haben versucht, der uferlosen Gier,<br />

der systemimmanenten Massenverblödung,<br />

der linkshirnigen Welt der Statussymbole etwas<br />

entgegenzusetzen: das Bewusstsein der<br />

Verbundenheit, die Rückbesinnung auf Demut,<br />

das Erkennen des Konsumwahns. Wir<br />

haben uns für das Agens eingesetzt, das den<br />

meisten Menschen heute so sehr fehlt, dass<br />

es ihnen nicht mal mehr bewusst ist: die<br />

Liebe.<br />

Als ich dir, Wolf, kurz gesimst habe, dass ich<br />

mir einen Epitaph auf die Connection vorstelle,<br />

klickerte die Assoziationskette plötzlich<br />

zurück auf die Siebziger, auf die Popgruppe<br />

King Crimson und 21st Century Schizoid<br />

Man mit der Zeile: »Confusion will be<br />

my Epitaph« – ich hab’ den Song heute noch<br />

im Ohr.<br />

Inseln des Widerstands<br />

Und Confusion ist mehr denn je das, was uns<br />

heute nahezu unentrinnbar umgibt – in der<br />

Innenwelt der Medienverseuchung ebenso<br />

wie in der Außenwelt besinnungsloser Gier.<br />

Wir sind ethik-befreiten Global Playern ausgeliefert,<br />

die die Reise nach Jerusalem mit<br />

uns machen, nur dass hier nicht nur einer<br />

zurückbleibt, sondern der größte Teil der<br />

Menschheit. Ein Fake, den Demokratie zu<br />

nennen uns immer schwerer von den Lippen<br />

geht.<br />

Doch es gab und gibt immer noch kleine Inseln<br />

des Widerstands ähnlich dem berühmten<br />

Dorf in Gallien, das unentwegt gegen<br />

den Mainstream schwimmt. So eine kleine<br />

Insel war auch die Connection Spirit, die geeignet<br />

war, die innere Orientierung ihrer Leser<br />

wieder einzunorden, falls sie dem Schwall<br />

der bunten Bilder und der Fast-food-Text -<br />

häppchen anheim zu fallen drohten. Ein Magazin<br />

für kritische Selbstdenker, spirituelle<br />

Autonomie und augenzwinkernde Selbstironie.<br />

Mit der Connection ist ein Stückchen<br />

Wildwuchs im Inneren verschwunden, das<br />

Symbol unserer Verbundenheit gegenüber<br />

der globalisierten Entmenschlichung war.<br />

Nach 30 Jahren ist die Connection am Ende.<br />

Doch wir machen weiter …<br />

[<br />

REINO KROPFGANS, Jg.<br />

1949, TV-redaktionelle<br />

Ausbildung, dann fast 40<br />

Jahre Zeitungsverlag, lebt<br />

in Wuppertal, buddh. orientiert,<br />

Sprach-Skeptiker frei<br />

nach Arthur Koestler,<br />

Esoterik-Skeptiker frei<br />

nach Wolf Schneider,<br />

Gelegenheitshedonist.<br />

Kontakt@reino-kropfgans.de<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 49


WIRTSCHAFT<br />

Die Banken geben uns keinen Dispo mehr?<br />

Dass ich nicht lache …<br />

An Optimismus hat es nicht gefehlt<br />

Unternehmer sein<br />

in einem System, in dem der Wurm dem Fisch schmecken muss<br />

Verleger werden ist nicht schwer, Verleger sein dagegen sehr – nach drei Jahrzehnten einer<br />

ereignisreichen Zeit in wirtschaftlicher Verantwortung steigt der Herausgeber der<br />

Zeitschrift Connection aus dieser Rolle nun wieder aus. Der Narr dankt ab mit einem<br />

bitter-fröhlichen Seufzer und einiger Vorfreude auf die kommende Zeit<br />

als Freelancer. Und dem Anfang eines Fazits, das sich in den nächsten<br />

Jahren hoffentlich noch weiterentwickeln wird<br />

VON WOLF SCHNEIDER<br />

50 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


WIRTSCHAFT<br />

I<br />

ch will nichts beschönigen: Als Unternehmer<br />

bin ich gescheitert. Auch wenn mich<br />

jetzt einige gutmeinende Menschen versuchen<br />

zu trösten, speziell in dieser, unserer<br />

letzten Ausgabe, die mich so überschwänglich<br />

lobt. 30 Jahre lang solch ein Projekt zu<br />

stemmen, ja, das ist was. Dafür darf ich mir<br />

auf die Schulter klopfen. Dennoch bin ich im<br />

Wirtschaftlichen, als Unternehmer dieses<br />

Projekts, gescheitert. Ich habe dabei all mein<br />

Geld verloren und, schlimmer, einem bedeutenden<br />

Teil meiner Kreditgeber ihren<br />

Einsatz nicht zurückzahlen können. Und<br />

schließlich habe ich mein Projekt nicht in<br />

neue, jüngere Hände übergeben können,<br />

auch darin bin ich gescheitert. Obwohl mein<br />

Verlag in den letzten Jahren, in der Zeit der<br />

AG, einigermaßen kostendeckend agierte,<br />

hat niemand das Projekt übernehmen wollen.<br />

Vier Jahre habe ich intensiv nach einem<br />

Nachfolger gesucht und mich selbst als Macher<br />

der Inhalte dabei mit angeboten.<br />

Scheitern und wachsen<br />

Ich brauche wegen dieses Scheiterns aber<br />

keine Therapie und auch kein Bedauern.<br />

Ich habe mir das selbst eingebrockt, leichtsinnig<br />

zwar, wie ich rückblickend sagen muss,<br />

ohne Vorbereitung aufs Unternehmersein,<br />

aber doch nicht völlig ignorant. Was ich dabei<br />

erlebt und gelernt habe, ich könnte<br />

Bücher darüber schreiben. Vielleicht werde<br />

ich das auch noch tun, wenigstens eines, das<br />

diese Erfahrung zusammenfasst. Sie war sehr<br />

reichhaltig und ernüchternd, mit einigen<br />

Höhen flügen. Vor allem implizierte sie sehr<br />

viel Arbeit und das Bestehen immer wieder<br />

neuer, unerwarteter Herausforderungen, auf<br />

die ich mich nicht vorbereitet fühlte, die mich<br />

dann aber doch irgendwie Lösungen finden<br />

ließen. Als Gefangener meiner Verschuldung,<br />

meiner Verträge und Verpflichtungen,<br />

musste ich ja; ein freundlicher Blick auf<br />

das Geschehene würde vielleicht sagen, dass<br />

ich daran gewachsen bin.<br />

Taxifahren<br />

Warum habe ich überhaupt damit angefangen?<br />

Ich war damals, 1985, Taxifahrer in<br />

München und nicht unzufrieden mit meinem<br />

Job. Doch es gab da auch Keime für was anderes.<br />

Ich hatte in Asien einiges gelernt, vor<br />

allem aus zwei Quellen: Buddha und Osho,<br />

und hatte das dann mit meiner guten europäischen<br />

Ausbildung, meiner »Beheimatung«<br />

in Europa verquickt, und dachte<br />

manchmal: Da könntest du doch mehr draus<br />

machen! Mehr als nur Menschen zum Flughafen<br />

oder Bahnhof zu chauffieren, in Nachtschichten<br />

Besoffene zu trösten, die mir ihr<br />

Herz ausschütteten, und wenn mir einer nach<br />

dem Oktoberfest den Wagen vollgekotzt hatte,<br />

ihn gleich reinigen zu lassen, sonst hat man<br />

ja den ganzen Gestank auch am nächsten Tag<br />

noch im Auto. Das Taxifahren hatte aber<br />

durchaus einige positive Seiten: Ich hatte immer<br />

genug Geld, genug Zeit und lebte sehr<br />

frei und ungebunden.<br />

Lernen auf Augenhöhe<br />

Warum ich mich dann doch in die Verantwortung<br />

für eine Zeitschrift hab reinziehen<br />

lassen, lag wohl daran, dass ich darin eine Gelegenheit<br />

sah, mich weiterzuentwickeln. Mit<br />

dem, was ich bei Buddha und Osho gelernt<br />

hatte, war ich an einem Ende angekommen.<br />

Jetzt noch eine weitere Ausbildung zu machen,<br />

erschien mir als abwegig. Ich war Medi -<br />

tationsleiter, Therapeut, hatte einen ganzen<br />

Ashram zu leiten gehabt, was nun? Jetzt noch<br />

ein bisschen Cranio-Sakral oben drauf? Nein<br />

danke, da könnte ich ja ewig so weiter machen.<br />

Als Zeitschriftenmacher aber würde<br />

ich all die Leute interviewen, auf die ich was<br />

gab, ich würde deren Aussagen veröffentlichen<br />

können und durch diese Kooperation<br />

mit ihnen ›auf Augenhöhe‹ mehr lernen, als<br />

wenn ich ihr Kunde in irgendeiner dieser<br />

Ausbildungen wäre.<br />

Hinter den Kulissen<br />

Kunde zu sein, ist nicht so mein Ding. Da ist<br />

man Objekt einer Zielgruppenansprache, eines<br />

Angebotes, das ja irgendwie auf irgendeinem<br />

Markt bestehen können muss. Man<br />

ching-Jargon heißt. Beides konnte ich als persönliche<br />

Defizite sehen und habe mich da -<br />

rin bestmöglich weitergebildet, aber einiges<br />

davon blieb doch so, wie es war. Nach wie<br />

vor bin ich lieber Einzelunternehmer, Künstler<br />

oder kokreativ in einem Team von Gleich -<br />

rangigen, obwohl ich inzwischen die Vorzüge<br />

klarer, manchmal auch strenger Hierarchien<br />

sehr zu schätzen weiß.<br />

Qualität und Erfolg<br />

Was mir in all den Jahren am meisten zu<br />

schaffen machte, war die Erfahrung, dass<br />

Qualität nicht unbedingt zum Verkaufs erfolg<br />

beiträgt. Qualität muss den Erfolg auch nicht<br />

behindern, aber in den meisten Fällen begünstigt<br />

sie ihn nicht einmal. So ist das jedenfalls<br />

im Mediengeschäft. Bei den Zulieferteilen<br />

für Autos kenne ich mich nicht so<br />

gut aus, da mag das anders sein. Es sei denn,<br />

man hat ein so geniales Programm entwickelt<br />

wie das, was bei VW die Abgaswerte manipulierte.<br />

Das war ja <strong>11</strong> Millionen mal erfolg -<br />

reich! Dass nun auch das gescheitert ist, ach<br />

je …<br />

Die Geheimnisse der<br />

Pyramiden<br />

Zurück zum Mediengeschäft. Dort bestimmen<br />

längst nicht mehr ethisch hoch motivierte<br />

Verleger das, was im Programm steht,<br />

Ein freundlicher Blick auf das Geschehene<br />

würde vielleicht sagen, dass ich daran gewachsen bin<br />

bucht das Seminar oder die Ausbildung und<br />

wird dann mit den entsprechenden Inhalten<br />

beschallt. Das ist nicht grundsätzlich schlecht,<br />

aber ich wollte etwas anderes. Ich wollte die<br />

Menschen kennenlernen, die solche Angebote<br />

fabrizieren, und erleben, wie sie hinter<br />

den Kulissen funktionieren. Das ist mir auch<br />

gelungen. Ich habe gesehen, wie diese spirituellen<br />

Lehrer, Therapeuten und Autoren der<br />

Bestseller mit Geld umgehen, mit Zeit, mit<br />

Macht, wie sie im Alltag sind und in ihren Intimbeziehungen.<br />

Das war lehrreich. Und ich<br />

bin dabei nicht zum Zyniker geworden.<br />

Persönliche Defizite<br />

Was mich selbst anbelangt, die Betrachtung<br />

meines eigenen Umgangs mit Geld, Zeit,<br />

Macht und so weiter, war diese Zeit natürlich<br />

noch viel ergiebiger. Man ist sich auf dem<br />

Weg der Erkenntnis doch immer selbst das<br />

beste Objekt. Ich bin eher machtscheu als<br />

machtgeil und bin nicht gerne Autorität, sondern<br />

»führungsschwach«, wie das im Coa-<br />

sondern die Vertriebler. Und das nicht nur<br />

beim TV und im Internet, sondern längst<br />

auch in der Buchbranche und noch mehr<br />

bei Zeitschriften. Ein solcher mit allen Wassern<br />

gewaschener professioneller Vertriebler<br />

hat mir vor Jahren mal einen Tipp gegeben:<br />

»Die Geheimnis der Pyramiden, das geht immer!<br />

Bringen sie das auf den Titel, Herr<br />

Schneider!« Das hat nicht nur bei Magazin<br />

2000, Esotera und anderen Spiri-Zeitschriften<br />

funktioniert, sondern auch bei PM und<br />

sogar bei Geo und National Geographic.<br />

Der Angler und sein Wurm<br />

Dieser Professional hatte durchaus recht.<br />

Branchenwissen kann sehr wertvoll sein.<br />

Auch insofern die alte Vermarktungsweisheit<br />

»Der Wurm muss muss dem Fisch<br />

schmecken, nicht dem Angler« gilt, hatte er<br />

recht. Hier war ich jedoch bei einem Thema<br />

angekommen, das mich über meine gesamte<br />

Unternehmerzeit begleiten sollte, und das<br />

zu meinem Scheitern beigetragen haben<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 51


WIRTSCHAFT<br />

An esoterischen Beratungen hat es<br />

in all den Jahren nicht gemangelt<br />

Mengen von Papier auf den Markt werfe,<br />

von dem der weitaus größte Teil, nicht anders<br />

als bei den Mitbewerbern, doch schon<br />

nach kurzer Präsentationszeit den Weg alles<br />

Irdischen, Zeitschriftigen, zum Altpapier<br />

ging. Ich aber wollte konsolidieren. Dieses<br />

Qualität muss den Erfolg nicht behindern.<br />

In den meisten Fällen begünstigt<br />

sie ihn jedoch auch nicht<br />

dürfte: Ich wollte nicht Menschen mit etwas<br />

ködern, das mir nicht auch selbst schmeckt.<br />

Ich wollte mich nicht, auch nach all den Jahren<br />

des Reifens und der Verwandlung, so<br />

sehr von meiner Zielgruppe distanzieren,<br />

dass ich ihnen nur noch geben würde, was<br />

ich selbst längst als unbrauchbar und nicht<br />

zielführend erkannt hätte.<br />

Selbst Teil der Zielgruppe zu sein, ist für einen<br />

Produktdesigner gefährlich. Wenn ein<br />

Schuster in einem Dorf lebt und für die Dorfbewohner<br />

Schuhe macht, ist es von Vorteil,<br />

wenn er selbst nicht grundsätzlich das Barfußgehen<br />

bevorzugt. Wenn aber ein Autor,<br />

Musiker oder Zeitschriftenmacher für den<br />

Weltmarkt produziert oder mit Produkten<br />

des Weltmarktes konkurriert, ist es nicht<br />

mehr unbedingt von Vorteil, wenn er auch<br />

Nutzer oder Genießer seines eigenen Produktes<br />

ist. Dann fehlt ihm nämlich unter<br />

Umständen der kühle Blick für das, was auf<br />

dem Markt am meisten Umsatz bringt.<br />

Der Markt, der Markt …<br />

Warum hat Nestlé mehr Erfolg als … sagen<br />

wir mal Rapunzel Naturkost, wo ich immer<br />

mein Müsli einkaufe? Liegt es daran, dass<br />

Nestlé die besseren Produkte macht, oder<br />

dass dort das Preis-Leistungs-Verhältnis besser<br />

ist? Mitnichten. Es fällt mir jedoch nicht<br />

leicht, die Entscheider und im Konzern mitfunktionierenden<br />

Mitarbeiter von Nestlé als<br />

schlechtere Menschen zu bezeichnen, denen<br />

Geld über alles geht und für die Ethik nicht<br />

zählt, und entsprechend im Mediengeschäft<br />

die Macher von BILD oder dem üblichen<br />

Trash-TV. Denn wenn die Entscheider von<br />

Nestlé oder BILD plötzlich ins Zenkloster<br />

gehen würden oder als Aussteiger in die Toscana,<br />

würden sie in ihren Konzernen ersetzt<br />

durch andere, die für solche soft values<br />

nicht anfällig sind. Und wenn dort das<br />

ganze Unternehmen plötzlich ethisch gut<br />

würde und keinen Trash mehr produzierte,<br />

dann würde es vom Markt verschwinden und<br />

durch andere Anbieter ersetzt werden, und<br />

für die Verbraucher, die Umwelt und die Generationen,<br />

die nach uns kommen, wäre das<br />

Ergebnis wieder dasselbe.<br />

J’accuse<br />

Deshalb habe ich vor Jahren mal in meiner<br />

Wut und Verzweiflung darüber, dass ich nicht<br />

imstande war, ein gutes Produkt zu machen,<br />

das sich auch gut verkaufen ließ, in Connection<br />

ein langes Lamento geschrieben unter<br />

der Überschrift »J’accuse« (damit anspielend<br />

auf die berühmte Anklage von Emile<br />

Zola in der Dreyfusaffäre von 1898). Seitdem<br />

sind die Inhalte von Connection politischer<br />

geworden, weniger fokussiert auf den<br />

Primat der Introspektion und Einsicht. Das<br />

führte uns zu Ken Wilber, zum »Erdheilungsjahr«<br />

(2014) und zu einer engeren Zusammenarbeit<br />

mit dem Pazifisten und enga -<br />

gierten Systemkritiker Konstantin Wecker.<br />

Getragen auch von der Hoffnung, dass die<br />

linken Systemkritiker und die auch außenweltlich<br />

engagierten Spiris eine gemeinsame<br />

Basis finden würden – was jedoch nicht<br />

gelang.<br />

Die Mitte ist nicht lebbar<br />

Was ich nicht nochmal machen würde, ist,<br />

ohne Know-how und ohne Kapital solch<br />

ein Projekt zu beginnen und mich dabei hoch<br />

zu verschulden. Oder wenn schon Überschuldung,<br />

dann richtig: Als ich in den späten<br />

80er Jahren mit meinem damaligen Vertriebspartner<br />

– Herr Hawly von VPM – überlegte,<br />

was zu tun sei, riet er mir zu weiterer<br />

Expansion. Während die stellvertretende<br />

Chefredakteurin des damaligen Marktführers<br />

sich wünschte, dass ihr Chef sich an mir<br />

ein Vorbild nähme, sowohl in der Qualität<br />

seiner Editorials wie auch in Sachen walk<br />

your talk (er hatte noch nie ein Seminar gemacht,<br />

er praktizierte und meditierte nicht).<br />

Hawly wollte, dass ich immer noch größere<br />

immer weiter, größer, mehr (meines Umsatzes,<br />

aber auch meiner Schulden) passte<br />

mir nicht. Und so verharrte ich mit meiner<br />

Zeitschrift zwischen groß und klein in einer<br />

Mitte, die in einem dem exponienziellen<br />

Wachstum verpflichteten Wirtschaftssystem<br />

nur schwer lebbar ist.<br />

The winner takes it all<br />

In Sonderfällen kann jedoch auch ein mittel -<br />

großer Verlag existieren. Einige meiner Verlegerfreunde<br />

hatten das Glück, einen Bestseller<br />

im Programm zu haben – wenigstens<br />

einen. Volker Karrer hatte »Die fünf Tibeter«<br />

im Programm, allein dieses Buch und<br />

die darauf basierenden Bücher, wie »Das Arbeitsbuch<br />

zu den fünf Tibetern«, finanzierten<br />

den gesamten Verlag. Kein einziges seiner<br />

anderen Bücher erreichte auch nur Kos -<br />

tendeckung. Ähnlich erging es Alf Lüchow,<br />

sein Verlag wurde von den Louise Hay<br />

Büchern finanziert. Den Kamphausen Verlag<br />

trug der Eckhart Tolle Erfolg nach oben.<br />

Bärbel Mohr (»Bestellungen beim Universum«)<br />

verhalf gleich mehreren Verlagen zu<br />

immerhin kurzfristigem Glück, nur ich hatte<br />

keinen Beststeller im Programm. Mein<br />

ers tes und mein letztes Buch, auf das ich als<br />

Verleger im Wettbüro des Marktes je ein<br />

paar tausend Euro setzte, verband Humor<br />

mit Spiritualität – diese beiden wurden meine<br />

größten verlegerischen Flops.<br />

Ja, man kann auch verlieren. Wenn irgendwo<br />

jemand einen Gewinn macht, dann macht<br />

irgendwo anders jemand einen Verlust, und<br />

mein Verlag gehörte zu den Verlierern. Lag<br />

das an meinem fehlenden Reichtumsbewusstsein?<br />

Keineswegs. Ich hatte das Glück<br />

(oder eher Pech?), über die Jahre reichlich<br />

beschenkt zu sein mit Menschen, die mich<br />

nachhaltig in Richtung Reichtumsbewusstsein<br />

drängten, und halte mich inzwischen in<br />

der Hinsicht für den bestgecoachten Menschen<br />

der Welt.<br />

Das Resonanzprinzip<br />

Das bringt mich zum Thema des so viel gelobten<br />

Resonanzprinzips. In den Anfangs-<br />

52 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


WIRTSCHAFT<br />

jahren von Connection gehörte ich zu denen,<br />

die diesbezüglich mehr Mut bewiesen als<br />

Menschen, die nur davon sprachen, aber in<br />

Sachen Geld knauserig waren. Ich inves -<br />

tierte, nahm Kredite auf und war zuversichtlich,<br />

dass unsere guten Taten und »unsere<br />

gute Energie« den Erfolg schon bringen<br />

würden. Ich war überzeugt, dass, wer vertrauensvoll<br />

und eher großzügig Geld ausgibt,<br />

dies nach dem Resonanzprinzip auch in<br />

ähnlicher Weise zurückbekommt. Inzwischen<br />

bin ich in der Hinsicht stonewashed<br />

und halte das Resonanzprinzip für den größten<br />

Unsinn, den die Eso-Szene zu bieten<br />

hat – neben vielem anderen Unsinn, denn<br />

wenigstens in dieser Hinsicht ist diese Szene<br />

sehr kreativ und auch sehr reich.<br />

Auf der Prominenzleiter<br />

Zum schwierigen »Leben in der Mitte« wäre<br />

auch noch zu sagen, dass in den Medien<br />

Bekanntheit über alles geschätzt wird. Das<br />

A & O ist dabei, welche Person, welches Thema<br />

und welche Marke is getting attention –<br />

wer Aufmerksamkeit bekommt, Medienpräsenz.<br />

Wer schon prominent ist, wird damit<br />

überschüttet, wer sie (noch) sucht, geht<br />

dabei leer aus. Wer nichts hat, dem wird auch<br />

das noch genommen, so steht es ja schon in<br />

der Bibel. Umgangssprachlicher: Der Teufel<br />

kackt immer auf den größten Haufen.<br />

Oder, mit Piketty: Unsere Gesellschaften<br />

driften zwischen reich und arm immer weiter<br />

auseinander, und sie tun das auch zwischen<br />

bekannt und unbekannt. Ich kenne<br />

so viele geniale Autoren, die im Selfpubli -<br />

shing ein Buch rausbringen, dafür eine eigene<br />

Webseite basteln, und dann sieht man,<br />

dass diese in zwei Jahren erst gut 200 mal besucht<br />

wurde, das heißt, das Buch erschien<br />

»unter Ausschluss der Öffentlichkeit«. Das<br />

Internet ermöglicht zwar, dass jeder dort fast<br />

alles sagen und veröffentlichen darf, mit<br />

minimalen Kosten, aber wer nicht schon<br />

ander weitig bekannt ist, der wird es auch<br />

durchs Internet nicht.<br />

Your attention please!<br />

In der Zeit vor dem Internet regierten Groß -<br />

unternehmen den Medienmarkt. Heute ist<br />

der Unterschied zwischen groß und klein<br />

durch das Internet und die Globalisierung<br />

noch größer geworden. Besonders schmerzlich<br />

trifft mich das, wenn Menschen meine<br />

Aufmerksamkeit suchen, weil sie denken, ich<br />

sei ja bekannt, ich hätte es geschafft (Aufmerksamkeit<br />

zu bekommen), und nun wollen<br />

sie meine Aufmerksamkeit für sich, für<br />

ihr Buch, ihre CD, ihre Webseite, ihren Yoga -<br />

weg oder ihre tiefen spirituellen Einsichten,<br />

und ich habe nicht mal Zeit, ihre gerade<br />

mal mittellange Mail ganz zu Ende zu lesen,<br />

weil ich 70 bis 90 geschäftlich relevante<br />

Mails pro Tag bekomme, die ich wohl -<br />

überlegt beantworten muss. Da bleibt mir<br />

keine Zeit, auch nur ein Buch-Exposé durchzusehen<br />

oder eine 30-zeilige Mail zu lesen,<br />

und … bitte, bitte, schickt mir keine ganzen<br />

Bücher zu, wie soll denn einer wie ich Zeit<br />

Hat der Kapitalismus auch einen Markt<br />

für echte, nonduale Narren?<br />

Immerhin 30 Jahre lang ließ Mutter Erde den Unternehmer gewähren<br />

finden zum Lesen? Aufmerksamkeit verschenken<br />

können, was für ein Luxus! Dass<br />

ich mir das als Verleger nicht leisten kann,<br />

ist einer der triftigsten Gründen, warum ich<br />

diesen Verlag jetzt beende.<br />

Wahrhaftig oder angepasst?<br />

Hier nochmal mein bitter-fröhliches Fazit:<br />

Innerhalb dieses Wirtschaftssystems eine<br />

ehrliche, philosophische oder spirituell-mys -<br />

tische Zeitschrift zu machen ist fast unmöglich.<br />

Sie unterliegt dann dem Druck, entweder<br />

aus Rücksicht auf Leser und Anzeigenkunden<br />

nur weichgespülte Inhalte zu bringen,<br />

so wie die wellness-spirituellen Zeitschriften<br />

es tun, oder sie besteht zu 90 % aus<br />

PR, aus von Anzeigenkunden gekaufter Redaktion,<br />

wie zum Beispiel die Zeitschrift<br />

New(s)Age und die vielleicht hundert im<br />

deutschen Sprachraum regional gratis verteilten<br />

spirituellen Blätter, oder sie ist von<br />

Sponsoren abhängig. Dem mich anpassen<br />

möchte ich nicht. Deshalb in den letzten Jahren<br />

meine immer stärkere Hinwendung zum<br />

Humor, zur Komik, zur lustigen, teils auch<br />

schonungslosen Szenekritik.<br />

Geht da noch was, jetzt vielleicht doch? Der<br />

Kapitalismus hat einen Markt auch noch<br />

für seine eigenen Totengräber, heißt es. Hat<br />

er auch einen Markt für echte, nonduale Narren?<br />

We stay connected!<br />

Zu meinen Fehlern als Unternehmer gäbe<br />

es noch viel zu sagen. Auch über die Medienprojekte,<br />

die aus Connection direkt oder<br />

indirekt hervorgegangen sind, die Beziehungen,<br />

Freundschaften, Familien, beruflichen<br />

Visionsfindungen und anderes. Diese<br />

dreißig Jahre waren eine an Initiativen reiche<br />

und weithin wirkende Zeit. Und auch<br />

das Dialogische, Unfertige, soll weiterleben.<br />

Die Impulse zum Beispiel, die mein alter<br />

Freund Ron Engert – vor Jahren hat er mal<br />

ein Praktikum bei uns im Haus gemacht,<br />

wir empfinden uns als Kollegen – in seinem<br />

Nachruf auf Seite 41 in diesem Heft gesetzt<br />

hat, greife ich gerne auf, demnächst in meinem<br />

Blog auf connection.de, vielleicht auch<br />

in einem Buch über das Selbst, Ich, Ego, das<br />

ich seit langem plane.<br />

Auch wenn dieser Verlag jetzt beendet wird<br />

– we stay connected!<br />

WOLF SCHNEIDER, Jg. 1952. Autor, Redakteur,<br />

Kursleiter. Studium der Naturwissenschaften und<br />

Philosophie (1971–75) in München. 1975–77 in<br />

Asien. 1985–20<strong>15</strong> Herausgebe der Zeitschrift<br />

Connection. Seit 2007 Theaterspiel & Kabarett.<br />

Kontakt: schneider@connection.de<br />

[<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 53


WERWASWO<br />

Wer Was Wo<br />

Selbsterforschung an heiligen Orten Indiens Retreats am Arunachala und Ganges<br />

Stilles Gewahrsein ist unsere wahre<br />

Natur. Hier finden wir inneren<br />

Frieden und echte Erfüllung. Das<br />

ist die Grundbotschaft des Weisen<br />

Sri Ramana Maharshi, der am Berg<br />

Arunachala im Süden Indiens lebte<br />

und wirkte. Rishikesh, ein jahrhundertealtes<br />

Pilgerziel nahe den<br />

Ursprüngen der heiligen Ganga<br />

am Fuß des Himalaya, diente Sri<br />

Poonjaji, einem Schüler Ramanas,<br />

als Retreat-Ort.<br />

Auf Ramanas und Poonjajis Übermittlung<br />

von Stille und Selbst-Erforschung<br />

beziehen sich die Sat -<br />

sang-Lehrer Torsten und Padma.<br />

2016 bieten sie wieder Retreats an<br />

Karten der Weisheit Tarot als Wegweiser<br />

beiden Orten an. Tägliche Satsangs<br />

mit den beiden und der Besuch von<br />

Wirkungsorten Ramanas am Arunachala<br />

und kraftvollen Orten stiller<br />

Präsenz am Ganges stehen auf<br />

dem Programm. Die Teilnehmer<br />

werden am Arunachala in einem<br />

nahegelegenen Ashram untergebracht.<br />

Am Ganges steht ein wunderschön<br />

gelegenes Guesthouse<br />

mit Blick auf den Fluss zur Verfügung.<br />

Der Ganges zeigt sich hier<br />

noch so ursprünglich und sauber,<br />

dass man darin bedenkenlos baden<br />

kann. Die Retreats können einzeln<br />

oder in Kombination gebucht werden.<br />

Arunachala-Retreat: 27.2.–<strong>12</strong>.3.16.<br />

Ganges-Retreat: 13.3.–26.3.16<br />

www.bodhisat.de<br />

0049-(0)40-55775577<br />

AMORC, die Rosenkreuzer, bringen<br />

in der nächsten Ausgabe ihrer<br />

Zeitschrift Zeitlose Weisheit – Das<br />

Magazin (4/20<strong>15</strong>) das Titelthema<br />

Tarot.<br />

Der Tarot ist eines der traditionellen<br />

Symbolmodelle der Rosenkreuzer.<br />

In seinen Bildern zeigt er<br />

den Weg der Bewusstseinsentfaltung<br />

des Menschen, der letztlich in<br />

die Reintegration in die kosmische<br />

Ordnung mündet. Verborgen in<br />

den Bilder-Schlüsseln sind Bezüge<br />

zum Baum des Lebens, den hebrä -<br />

ischen Buchstaben, zur Astrologie,<br />

Mythologie und Alchemie bis hin<br />

zur Numerologie. Das Magazin<br />

wendet sich verstärkt an ein breites<br />

Publikum, allerdings nach wie<br />

vor fokussiert auf die spirituell und<br />

mystisch Suchenden. Als e-paper<br />

steht es unter folgendem Link zur<br />

Verfügung:<br />

http://www.amorc.de/AMORC-<br />

Magazin/Ausgabe04-20<strong>15</strong>/<br />

Die Erweckung des Inneren Geliebten<br />

Offenes Dakini-Tantra-Seminar mit Moti Theresia König,<br />

13. – 20. November 20<strong>15</strong> im Connectionhaus, Niedertaufkirchen<br />

Tantra wird im Westen oft falsch verstanden. Die Aufmerksamkeit ist zu sehr außen, in Abhängigkeit von<br />

einem Partner oder beim Erlernen von »besseren, neuen Sexpraktiken«. Diese Seminarwoche kann eine<br />

neue Sicht und Erfahrung bieten, festgefahrene Gewohnheiten (wie lebe ich Sexualität) und ihre<br />

Muster zu erkennen und neue Möglichkeiten einzuladen.<br />

Tantra lehrt, dass jeder von uns beide Pole der Energie in sich trägt, den aktiven und den<br />

passiven, den eindringenden und den einhüllenden. In diesen sieben Tagen praktizieren<br />

wir den Umgang mit Energie und deren Verteilung im eigenen Körper. Wie kann ich<br />

eine hohe Energieladung in einem entspannten Organismus ohne Kontraktion<br />

aufrechthalten? Wie kann Energieaufbau unabhängig von einem anderen<br />

Menschen erlebt werden?<br />

Millionen-und millionenmal tiefer,<br />

millionen- und millionenmal höher ist Mahamudra.<br />

Es ist ein totaler Orgasmus mit dem Ganzen,<br />

mit dem Universum,<br />

es ist Schmelzen in die Quelle des Seins.<br />

Tilopa, das Lied des Mahamudra<br />

Seminarkosten: 750,– € zzgl. Unterkunft und Verpflegung<br />

Weitere Infos: Mo, Di, Do 10ž– 13 h, Tel: 0(49)700-32546482<br />

info@dakini-tantra.de, www.dakini-tantra.de, www.menlha-touch.de<br />

54 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


EINSICHT<br />

Im Jetzt<br />

PIXABAY.COM © UNSPLASH<br />

kann das Leid<br />

nicht überleben<br />

Die meisten Menschen tragen in sich eine Unzufriedenheit, ein Gefühl, nicht angekommen zu sein. Sie sind nie im gegenwärtigen<br />

Moment, sondern im Stress, in der Zukunft, sie sagen sich: Dieses und jenes will und muss ich noch erreichen, und dann wird<br />

alles gut. Aber dieser Moment kommt nie.<br />

Sei so absolut, so vollkommen gegenwärtig, dass kein Problem, kein Leid, nichts, was du nicht vom Wesen her wirklich bist,<br />

in dir überleben kann. Im Jetzt, in der Abwesenheit von Zeit, lösen sich all deine Probleme auf. Das Leiden benötigt Zeit; im<br />

Jetzt kann es nicht überleben.<br />

Eckhart Tolle<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 55


ASIEN<br />

Bilder<br />

der Seele<br />

nach einer Karriere als internet-Pionier, unternehmer und innovationsvorstand der deutschen Telekom wandte<br />

sich Bernd Kolb anderen Themen zu. 2010 gründete er den Club of Marrakesh, ein internationales netzwerk<br />

kreativer Köpfe. 20<strong>15</strong> erschien mit Schwestern der Revolution bei Herbig erstmals ein Buch mit Fotografien von<br />

ihm. und nun der Bildband Atman, mit seinen Fotoportraits von Menschen aus indonesien (Bali, Java), Kambodscha,<br />

Thailand, Burma und nepal, in denen er und die von im Portraitierten sich über die Augen wortlos miteinander<br />

verbinden.<br />

»im Westen glauben wir, wir sind unsere Körper und haben eine Seele«, schreibt er dazu, »im osten sind die<br />

Menschen die Seele und haben einen Körper«. in innigen, geradezu intimen Bildern zeigt dieses Buch unser<br />

Menschsein als Hineingeworfene in die Polarität von Körper und Seele, Haben und Sein<br />

TexT und Bilder von Bernd KolB<br />

A<br />

ls ich 20<strong>12</strong> aufbrach, um mich auf die Suche nach den Quellen<br />

der Weisheit zu machen, ahnte ich nicht, dass dabei dieses<br />

Buch entstehen sollte. Meine Reise begann da, wo ich<br />

mein erstes tiefes spirituelles Erlebnis hatte – auf Bali. Dort, in der<br />

stockdunklen Meditationshöhle eines balinesischen Schamanen mitten<br />

im Dschungel, fühlte ich zum ersten Mal die Verbundenheit aller<br />

Geschöpfe der Natur mit mir selbst. Im absoluten »Nichts«<br />

fühlte ich das »All«.<br />

Ich war zum ersten Mal wunschlos glücklich. Es war eine Erfahrung<br />

jenseits von Geburt und Tod, diesseits der Welt, wie ich sie<br />

bisher noch niemals wahrgenommen hatte. Aber wie bei vielen dieser<br />

Erfahrungen versagt eine Beschreibung in Worten. Dies sagt<br />

schon Laotse im großen Buch des TAO (übersetzt: »der Weg«), der<br />

ältesten chinesischen Weisheitslehre im ersten Satz: »Das Tao, das<br />

man beschreiben kann, ist nicht das wirkliche Tao«.<br />

Die Erfahrung auf Bali hatte in mir wieder diesen Entdeckergeist<br />

geweckt, der mein Leben lang in mir war. Mit fünfzehn hatte ich<br />

»Siddhartha« von Hermann Hesse gelesen. Obwohl ich damals wohl<br />

eher nur »geahnt« als wirklich verstanden hatte. Doch wurde der<br />

Satz »Dorthin zu dringen, zum Ich, zu mir, zum Atman – gab es einen<br />

andern Weg, den zu suchen sich lohnte?« aus diesem Buch, ohne<br />

es vorher zu wissen, zum Leitstern meiner Expedition.<br />

Während dieser langen Reise hatte ich viele dieser unbeschreiblichen<br />

Erlebnisse, die meine Perspektiven auf das Leben tiefgehend<br />

erweitert haben. Begleitet von meiner Kamera, die vieles von diesem<br />

Unbeschreiblichen zu sehen bekam. Erst im Laufe meiner<br />

Reise begriff ich, dass es diese Bilder sind, die am eindrücklichsten<br />

erzählen, was so schwer nur in Worte zu fassen ist.<br />

Es sind Bilder von den wundervollen Menschen, die ich auf meiner<br />

Suche nach den alten Weisheitstraditionen Asiens getroffen habe.<br />

Achtsamkeit, Respekt und Offenheit waren meine Leitplanken. Ich<br />

wollte herausfinden, was diese Menschen so tief zufrieden erscheinen<br />

ließ. Sie luden mich ein, nahmen mich auf und teilten ihre<br />

Weisheit mit mir. Zeit spielte dabei keine Rolle, ich hatte sehr früh<br />

bereits sämtliche Planungen über Bord geworfen. Ich folgte nur<br />

noch meiner Intuition, und alles fügte sich.<br />

Oft war es nur ein leises Gefühl, ein Augen-Blick, der mich anzog.<br />

Manchmal mitten in einer Menschenmenge, wie beispielsweise das<br />

Mädchen aus Nepal auf dem Buchtitel. Ich war am Krishna-Geburtstags-Fest<br />

auf dem Durbar Square in Kathmandu. Es waren dort<br />

sicher 5.000 Menschen zum Feiern und Tanzen versammelt. Aus etwa<br />

50 Metern Abstand schaute sie mich an, und ich spürte ihren<br />

Blick in meinem Rücken. Als ich mich umdrehte, sah ich sie inmitten<br />

des Trubels auf einer Treppe sitzen. Als wäre es magnetisch,<br />

ging ich auf sie zu. Das alles geschah wie selbstverständlich. Wir begrüßten<br />

uns mit dem landesüblichen »Namasté«, dem traditionellen<br />

Gruß der Hindus, der etwa soviel bedeutet wie »Ich ehre in dir<br />

den göttlichen Geist, den ich auch in mir selbst ehre – und ich weiß,<br />

dass wir somit eins sind.«<br />

Genau das, was diese Geste aussagt, fühlte ich auch. Fremde, aus<br />

scheinbar unterschiedlichen Welten, die sich voller Vertrauen, Respekt<br />

und »Zu-Neigung« begegnen und Nähe zulassen. Sie erzählte<br />

mir ihre Geschichten, ihre Beobachtungen, ihre Sicht auf die Welt<br />

und stellte auch mir viele neugierige Fragen. In solchen Situationen<br />

sind sehr viele dieser Bilder entstanden. Auf einer Ebene des<br />

Gefühls und des absoluten Gewahrseins.<br />

60 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


ASIEN<br />

Bernd Kolb traf diese Frau in Nepal. Sie reist<br />

dort durch die Pagoden und Tempelstätten und wird<br />

von den Einheimischen als Heilige verehrt<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 61


ASIEN<br />

Links und rechts oben: Die buddhistische Nonne Suvarnabhumi<br />

ist 103 Jahre alt. Seit 60 Jahren sitzt sie in einer kleinen<br />

Nische der Haupthalle von Angkor Wat, wo Bernd sie traf<br />

62 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


SPRACHE<br />

In uns wohnen<br />

viele Ichs<br />

und jedes spricht<br />

eine andere Sprache<br />

erst durch die Begriffe unserer Sprachen entstehen unsere partikularisierten Weltbilder in ihren<br />

gängigen ausprägungen, und jeder Sprache entspricht ein anderes Bild von der Welt und andere<br />

Sprecherpersönlichkeiten. daniel Krasa hat sich schon als Kind auf solche abenteuerreisen in<br />

andere Weltbilder und ich-persönlichkeiten begeben. Wolf Schneider traf diesen so lustvoll<br />

vielsprachigen menschen auf der Buchmesse am Stand eines Sprachlerninstitutes und wurde<br />

neugierig, wie es ist, eine so vielfältig schillernde persönlichkeit zu sein<br />

Wolf Schneider im GeSpräch mit dem multilinGualen SprachforScher daniel KraSa<br />

56 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


SPRACHE<br />

FOTOS: © DANIEL KRASA<br />

H<br />

allo Daniel, wie kommt es, dass du so<br />

viele Sprachen sprichst?<br />

Sprache war für mich schon als Kind<br />

wichtig. An einen Moment, an dem diese Leidenschaft<br />

ausgelöst wurde, kann ich mich<br />

nicht erinnern. In meinem Elternhaus wurde<br />

ausschließlich Hochdeutsch gesprochen,<br />

in meinem Umfeld habe ich aber verschiedene<br />

Sprachen und Mundarten gehört. So<br />

habe ich sehr früh angefangen, die Nuancen<br />

zwischen Hochsprache und Dialekt zu unterscheiden,<br />

und es gab immer wieder Momente,<br />

wo die Fremdsprachenkenntnisse von<br />

erwachsenen Freunden und Familienmitgliedern<br />

mich sehr beeindruckt haben. Ich<br />

habe mich wohl bereits damals in meiner<br />

kindlichen Art unterbewusst dafür entschie -<br />

den, dass auch ich in Zukunft mit Menschen<br />

aus anderen Ländern in deren Idiom kommunizieren<br />

möchte.<br />

In der Schule war meine erste Fremdsprache<br />

Französisch, dann Englisch. Mit etwa 13 fing<br />

ich an, mich für orientalische Sprachen zu interessieren.<br />

Zuerst auf eigene Faust, dann mit<br />

Unterstützung von muttersprachlichen Privatlehrern<br />

begann ich Türkisch und Arabisch<br />

zu lernen. Dann kam Spanisch dazu, das ich<br />

daraufhin – genau wie Russisch – auch in der<br />

Schule gelernt habe. Damit hatte ich eine Basis,<br />

die mir auf der einen Seite das Erlernen<br />

vieler weiterer Sprachen sehr erleichterte,<br />

an dererseits ermöglichte es mir den Blick auf<br />

die Welt von einer sehr speziellen Warte<br />

aus. Nach Abschluss meiner Schullaufbahn<br />

verfeinerte ich diesen Blick durch Aufenthalte<br />

im Ausland und beschäftigte mich dabei<br />

mit einigen weiteren Sprachen.<br />

Einige der Sprachen, die ich »vor Ort« gelernt<br />

habe, sind sehr tief in meinem Gedächtnis verwurzelt;<br />

auch bei längerer Nicht-Anwendung<br />

verlerne ich sie nie. Es waren auch diese Auslandsaufenthalte,<br />

die mich immer wieder da -<br />

rin bestätigt haben, meine Berufung »Sprachen«<br />

zu meinem Beruf zu machen. So paradox<br />

es auch klingen mag: Sprachenlernen<br />

kann abhängig machen! Dieser Abhängigkeit<br />

bin ich definitiv verfallen …<br />

Es gibt schlimmere Obsessionen als diese … du<br />

bleibst dabei ja weltoffen, neugierig und beweg -<br />

lich. Kürzlich habe ich gelesen, dass Multilingualität<br />

(Mehrsprachigkeit) die Demenz um viele<br />

Jahre hinauszögert. Bei vier Sprachen fließend<br />

angeblich um neun Jahre. Demnach müsstest du<br />

mit ungefähr <strong>15</strong>0 Jahren noch geistig ziemlich<br />

fit sein!<br />

So kann man es natürlich auch sehen. Doch<br />

ehrlich gesagt tun mir jetzt schon diejenigen<br />

leid, die sich mal um mich kümmern müssen.<br />

Denn sollte ich anfangen, die verschiedenen<br />

Sprachen durcheinanderzubringen,<br />

bräuch te es ja eine Heerschar von Kranken -<br />

schwes tern aus verschiedensten Ländern, um<br />

zu wissen, ob ich Kamillen- oder Pfefferminztee<br />

möchte. Spaß beiseite! Sprachen<br />

sind – wie vieles andere natürlich auch – eine<br />

großartige Möglichkeit, um geistig fit zu<br />

bleiben. Was habe ich gerade gesagt?<br />

(lacht) … vielleicht ist ja auch der Humor etwas,<br />

das durch die Vielsprachigkeit gefördert<br />

wird. Und was mich daran auch noch sehr interessiert,<br />

sogar noch mehr als wie alt ich damit<br />

werden kann, ist der Wechsel der Persönlichkeit<br />

beim Wechseln von einer Sprache in eine andere.<br />

Wenn du in ein anderes Sprachuniversum eintauchst,<br />

nimmst du mit den Begriffen und Idiomen<br />

ja auch die Gefühlswelt dieser Kultur auf<br />

und wirst so gewissermaßen ein anderer.<br />

Ja, absolut! Das fasziniert auch mich extrem.<br />

Jede Sprache, mit der ich mich beschäftigt<br />

habe, habe ich am liebsten im Land selber<br />

gelernt. Das führt unweigerlich dazu, dass<br />

man Nuancen der Art und Weise annimmt,<br />

wie die Muttersprachler miteinander umgehen<br />

und kommunizieren. Man macht sie nach<br />

und merkt dabei, dass man damit sogar besser<br />

verstanden wird, denn jede Sprache spiegelt<br />

ja eine gewisse kulturelle Einheit wider,<br />

die sich natürlich durch ganz verschiedene<br />

Dinge auszeichnet.<br />

Beim Sprachenlernen wird oft gefragt, was<br />

denn wichtiger sei, die Grammatik oder die<br />

Mit jeder Sprache<br />

entsteht auch ein neues<br />

»Ich«. Anfangs<br />

schauspielert man<br />

vielleicht noch,<br />

doch bald wird das<br />

neue Ich zur echten<br />

zweiten, dritten,<br />

vierten Persönlichkeit<br />

Aussprache. Die Antwort ist einfach: Es ist<br />

die Aussprache! Denn selbst wenn ich sage<br />

»Ich gehen zur Krankenhaus«, versteht jeder,<br />

was ich meine. Spreche ich hingegen un -<br />

deutlich, versteht mich keiner, auch wenn ich<br />

dabei grammatikalisch korrekt bin. Doch<br />

auch der kulturelle Rahmen, die Mentalität<br />

der Sprecher und deren Gestik und Mimik<br />

spielen eine enorme Rolle dabei, wie gut man<br />

verstanden wird. Bei einigen ost- und südost -<br />

asiatischen Sprachen ist das sogar eine der<br />

Voraussetzungen, um überhaupt verstanden<br />

zu werden. Insofern stimmt es, dass mit jeder<br />

Sprache auch ein neues »Ich« entsteht.<br />

Anfangs schauspielert man vielleicht noch,<br />

doch je mehr Kontakt man in der jeweiligen<br />

Sprache hat, desto mehr wird das neue Ich<br />

zur echten zweiten, dritten, vierten Persönlichkeit.<br />

Demnach musst du eine sehr vielfältig schillernde<br />

Persönlichkeit sein! Was zu meiner nächsten Frage<br />

führt: In welcher oder welchen Sprachen schillerst<br />

du am liebsten? Hast du in sprachlicher Hinsicht<br />

ein Heimat-Ich, in dem du dich am wohls -<br />

ten fühlst? Oder beflügelt dich vor allem der<br />

Wechsel, die Lust daran, manchmal »ein anderer«<br />

zu sein? Du kannst ja, wenn du Heimweh bekommst,<br />

immer zurückkehren in dein Ursprungs-<br />

Ich, die Sprache deiner Herkunft, deine Muttersprache<br />

– falls die es ist, die deiner Persönlichkeit<br />

am meisten entspricht.<br />

Jede Sprache, die ich lerne oder mit der ich<br />

mich beschäftige, hat eine gewisse Leidenschaft<br />

in mir ausgelöst und mich bereichert.<br />

Insofern kann ich nicht sagen, dass ich in einer<br />

bestimmten Sprache mehr »ich selbst«<br />

bin als in einer anderen, denn es ist ja im Umkehrschluss<br />

eher so, dass mein »ich selbst«<br />

mit jeder Sprache neue Formen annimmt.<br />

Eine Fremdsprache zu erlernen – speziell<br />

wenn man dies in unmittelbarer Nähe zu<br />

Muttersprachlern tut – führt unweigerlich<br />

dazu, dass man seine Persönlichkeit erweitert.<br />

Ich bin in verschiedenen Sprachen eine andere<br />

Person, sprich, ich habe eine andere Mimik,<br />

Körpersprache, einen anderen Tonfall,<br />

aber auch eine andere Art mich auszudrü -<br />

cken. So gibt es in bestimmten Kulturkreisen<br />

rein sprachlich andere Gesetzmäßigkeiten;<br />

etwas, das in der einen Sprache frech,<br />

anmaßend oder gar unhöflich klingt, ist dies<br />

in einer anderen Sprache vielleicht überhaupt<br />

nicht. Daher würde ich eher sagen, dass<br />

ich für jede Sprache auch ein bisschen in eine<br />

andere Rolle schlüpfe, mich aber in all<br />

diesen Rollen wohlfühle, da sie ja Teil meiner<br />

selbst sind. Natürlich hängt der Grad des<br />

Wohlfühlens von der Sprachkompetenz ab.<br />

So fühle ich mich in meiner Muttersprache<br />

mehr »zuhause« als beispielsweise auf Ungarisch,<br />

das ich gerade lerne. Doch habe ich<br />

verstanden, dass alle diese Rollen mittlerweile<br />

zu mir gehören, und das heißt paradoxerweise<br />

sogar, dass auch meine Muttersprache<br />

nicht mehr unweigerlich die ist, in<br />

der ich wirklich und ausschließlich ich selbst<br />

bin.<br />

Wir sind eben vielfältig. Nicht nur schizophren,<br />

in zwei gespalten, sondern polyphren, wir sind<br />

viele. Das gilt für alle Menschen, auch die nur<br />

einsprachigen, meine ich, aber die Multilingualen<br />

haben den Vorteil, mit jeder weiteren Sprache<br />

den ihr entsprechenden Persönlichkeitsanteil<br />

auf kommunikative, interaktive Weise erweitern<br />

und ausdehnen zu können, und sie haben<br />

dabei gleich eine Community, in der sie das<br />

praktizieren können!<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 57


SPRACHE<br />

Jetzt habe ich noch eine Frage zu dem Wechsel<br />

zwischen Sprachen, den du beim Übersetzen,<br />

insbesondere beim Dolmetschen erlebst. Man<br />

sagt ja, das Wesentliche an der Musik sei die<br />

Stille zwischen den Tönen. Vielleicht ist es auch<br />

beim Wechsel der Persönlichkeit von einer Sprache<br />

in die andere so, dass wir dabei ein Niemandsland<br />

durchlaufen. Einen Raum, in dem wir<br />

niemand sind, charakterlos, und erst wenn wir<br />

mit dem übersetzten Wort oder Satz in der anderen<br />

Sprache wieder auftauchen, sind wir<br />

wieder jemand – eben jener Jemand, der unserer<br />

Persönlichkeit in dieser Sprache entspricht.<br />

Erlebst du das auch so?<br />

Ja, doch muss ich dazu nochmals wiederholen,<br />

dass ich mich in all meinen Persönlichkeiten<br />

wohlfühle, also nicht bemüht bin, aus<br />

einer in eine andere zu kommen. Dennoch<br />

gibt es sicher Teile in mir, die stärker sind<br />

als andere. Das macht sich auch dann bemerkbar,<br />

wenn ich zwei oder mehrere Sprachen<br />

parallel spreche. So kann der »aufbrausende<br />

Italiener« mit den fuchtelnden<br />

Händen durchaus auch noch zwei Sätze später<br />

im Englischen sehr präsent sein. Das Niemandsland,<br />

das du benennst, kenne ich zwar,<br />

nehme es aber nicht so aktiv wahr, da ich ja<br />

die Persönlichkeiten verinnerlicht habe und<br />

sie Teil von mir sind, ich also entsprechend<br />

– anders als vielleicht ein Schauspieler, der<br />

in einem Ein-Mann-Stück mehrere Rollen<br />

Selbst wenn ich nicht<br />

rede, so denke ich<br />

doch auch immer wieder<br />

in Fremdsprachen.<br />

Ich träume darin,<br />

schimpfe im Auto<br />

und mache mir sogar<br />

beim Einkaufen<br />

Notizen auf Hindi,<br />

Portugiesisch oder<br />

Arabisch<br />

spielt – nicht innehalten muss, um mir die<br />

kommende »Rolle« wieder einzuverleiben.<br />

Doch bin ich auch kein Dolmetscher, oder<br />

das nur sporadisch und dann eher auf einer<br />

semiprofessionellen Ebene. Somit sind die<br />

Situationen, in denen ich mehrgleisig Sprachen<br />

benutze, eher selten und daher auch<br />

»polyglott« (von griech. poly, viele, und glotta, Zunge, Sprache) heißt dasselbe wie multilingual<br />

(von lat. multi, viele, und lingua, Zunge, Sprache). daniel Krasas hauptinteresse gilt<br />

den nord indischen und semitischen Sprachen. Während seiner Studien in indien und<br />

Jordanien hat er sich vorrangig auf arabisch, hindi, urdu und marathi spezialisiert.<br />

daneben spricht er englisch, französisch, Spanisch, italienisch, portugiesisch, russisch,<br />

hebräisch, türkisch, hochchinesisch, thai, indonesisch/malaiisch und manche weitere<br />

Sprache. derzeit befasst er sich u. a. mit ungarisch, Serbisch und Zulu. Von ihm sind viele<br />

Sprachlehrbücher und reiseführer erschienen.<br />

die Momente zwischen zwei Idiomen nicht<br />

so präsent.<br />

Interessanterweise bin ich ohne Sprachen<br />

nicht ich. Selbst wenn ich nicht rede, so denke<br />

ich doch auch immer wieder in Fremdsprachen,<br />

träume darin, schimpfe im Auto<br />

und mache mir sogar beim Einkaufen Notizen<br />

in verschiedenen Sprachen, eben weil<br />

mir das ein oder andere gerade zum Beispiel<br />

auf Hindi, Portugiesisch oder Arabisch einfällt.<br />

Lustig: innere Dialoge und Einkaufsnotizen auf<br />

Hindi und Arabisch! Weniger stark und mehr im<br />

Europäischen kenne ich das auch. Da ich viele<br />

Therapiegruppen erlebt habe, in denen sehr emotional<br />

auf Englisch interagiert wurde, kommen<br />

mir in manchen emotional geladenen zwischen -<br />

menschlichen Situationen eher englische Sentenzen<br />

in den Sinn. Früher waren es auch öfters<br />

POLYGLOTT<br />

französische – als Jugendlicher war das für mich<br />

eine Flucht- und Exilsprache.<br />

Ich möchte nochmal kurz bei dem Wechsel von<br />

einer Sprache in die andere bleiben, den ja auch<br />

Nicht-Dolmetscher erleben, und der auch beim<br />

Wechsel zwischen Dialekt und Hochsprache<br />

geschieht. Hast du den Eindruck, dass die Zwischenräume<br />

zwischen den Sprachpersönlichkeiten<br />

für dich präsenter oder spürbarer sind<br />

als für einen Einsprachigen? Sei es, weil du öfter<br />

wechselst oder durch die große Vielfalt dessen,<br />

»wer du bist«, sonst gar kein Zuhause hättest?<br />

Ich kann mir mich selbst natürlich gar nicht<br />

mehr als Einsprachigen denken. Doch genau<br />

wie du sagst, es gibt sowas wie Einsprachigkeit<br />

eigentlich sowieso nicht, denn wir sind<br />

ja alle mehrsprachig, sei es durch Hochsprache<br />

und Dialekt, aber auch durch die vielen<br />

Sprachregister (mündlich und schrift-<br />

FOTOLIA.COM © NOCHE<br />

58 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


SPRACHE<br />

lich), derer wir uns ständig bedienen, z. B.<br />

im Gespräch mit einem Freund in der Bar<br />

oder auf einem Vortrag vor illustrer Runde,<br />

bei schnell mal getippter WhatsApp-Nachricht<br />

oder einem Bewerbungsanschreiben.<br />

Dennoch bin ich wahrscheinlich häufiger in<br />

der Situation dieses Switchens, möglicherweise<br />

auch intensiver als viele andere, da sich<br />

die Aura einer jeden Sprache doch enorm<br />

von denen der anderen Sprachen unterscheidet.<br />

Ich nehme die Zwischenräume<br />

wahrscheinlich v. a. unterbewusst wahr. Klar<br />

bleibe ich manchmal in einer Persönlichkeit<br />

»hängen«, bevor ich zur nächsten komme.<br />

Was da genau im Gehirn passiert, kann ich<br />

nicht sagen, doch es fühlt sich für mich so<br />

an, als hätte ich einen Schubladenschrank,<br />

bei dem eine Schublade geschlossen werden<br />

muss, bevor ich die nächste öffne.<br />

Mit einer Sprache, die ich lange nicht gesprochen<br />

habe, ist es dann so, als würde ich<br />

eine Schublade, die ich schon fast vergessen<br />

hatte und die inzwischen ein bisschen verstaubt<br />

ist, wieder einmal öffnen. Wenn ich<br />

dann anfange darin zu suchen und zu stöbern,<br />

fällt mir alles wieder ein, und so kommt<br />

dann auch die entsprechende Sprachfähigkeit<br />

zurück. Der Impuls, die Schublade zu<br />

öffnen, kommt hier zum Beispiel durch ein<br />

spontanes Treffen mit einem Menschen, der<br />

mich in seiner Muttersprache anspricht.<br />

Dann bleibe ich manchmal erst einmal hängen<br />

und muss mich sammeln, ehe ich ihm antworten<br />

kann.<br />

Nun noch eine Frage zu Esperanto, einer Sprache,<br />

die Ende des 19. Jahrhunderts von dem Polen<br />

Ludwik Lejzer Zamenhof erfunden wurde. Er<br />

wollte durch diese Kunstsprache die Verständigung<br />

der Menschen der Welt untereinander erleichtern,<br />

ohne dass die weniger hegemonialen<br />

Sprachen der Welt der Dominanz einer Weltsprache<br />

nachgeben und diese mit allen ihren<br />

Schwächen unverändert übernehmen müssen.<br />

Esperanto setzt sich aus einem Vokabular zusam -<br />

men, das vor allem den romanischen Sprachen<br />

entnommen ist, aber auch vielen germanischen<br />

und slawischen. Wurzeln außereuropäischer<br />

Sprachen kommen dort kaum vor, das entspricht<br />

der damaligen Dominanz der europäischen Länder,<br />

die den Rest der Welt weitgehend kolonialisiert<br />

hatten. Es basiert auf einer Grammatik, die<br />

versucht, sehr einfach zu sein, und die Schreibweise<br />

entspricht immer der Sprechweise. Beides<br />

sollte das Lernen erleichtern, ohne den Ausdrucksreichtum<br />

einzuschränken. Damals war<br />

Englisch noch nicht annähernd in dem Maße<br />

Weltsprache wie heute; Französisch, Spanisch,<br />

Deutsch, Russisch und andere Sprachen hatten<br />

großen Einfluss. Trotzdem konnte sich Esperanto<br />

nicht durchsetzen. Warum, glaubst du, gelang<br />

das nicht?<br />

Der Anspruch von Esperanto war, eine Verständigung<br />

der Weltbürger untereinander zu erreichen,<br />

ohne sich der Dominanz der mächtigsten<br />

Sprache unterwerfen zu müssen. Heute gibt es<br />

Versuche, Weltfrieden zu erreichen durch Einigung<br />

auf eine allgemein akzeptierte (religiöse<br />

oder profane) Kultur, ohne sich dabei der Kultur<br />

unterwerfen zu müssen, die aus wirtschaftlichen<br />

Gründen die mächtigste ist, obwohl ethische<br />

Gründe für eine andere Art der Kultur sprechen<br />

würden. Siehst du hier eine Parallele zu der<br />

Hoffnung, die Esperanto damals auslöste?<br />

Ob Esperanto ein Erfolg war oder nicht, lässt<br />

sich nicht ohne Weiteres beantworten. Natürlich<br />

hatte es nicht den Erfolg, den sich Zamenhof<br />

gewünscht hatte, und es hat erst recht<br />

Vielleicht kann der<br />

großartige Gedanke<br />

des Esperanto doch noch<br />

weitergedacht werden<br />

und eine wirkliche<br />

Weltsprache mit<br />

Einflüssen aller<br />

Sprachfamilien bilden<br />

nicht die ehemaligen Kolonialsprachen als<br />

überregionale Verkehrssprachen ersetzen<br />

können. Doch bis heute erfreut sich die Sprache<br />

aktiver Sprecher, darunter mittlerweile<br />

sogar einiger, die Esperanto als Muttersprache<br />

sprechen. Und der Spirit lebt in den<br />

Gruppen, ihren Foren und auf ihren Konferenzen<br />

weiter.<br />

Zamenhofs Ambition, dass Esperanto die<br />

neue, neutrale Weltsprache werden könnte,<br />

die hat sich nicht verwirklicht. Dies hat wohl<br />

mehrere Gründe. Esperanto entstand in einer<br />

Zeit, in der weltweit ein Trend zum Nationalismus<br />

herrschte. Zamenhof starb 1917,<br />

also noch während des Ersten Weltkriegs.<br />

Sein Leben war geprägt von Konflikten zwischen<br />

den Großmächten, aber auch von den<br />

Ideen der Herausbildung neuer Nationalstaaten,<br />

die damit zu tun hatten, ihre eigene<br />

Identität (auch oder vor allem sprachlich) zu<br />

kreieren. In dieser düsteren Periode der Europäischen<br />

Geschichte an Völkerverbindung<br />

und überregionale Verständigung zu denken,<br />

war eine unglaubliche Pionierarbeit. Ich<br />

glaube, sie kam einfach zu spät.<br />

Die Bereitschaft für ein gemeinsames Kommunikationsmittel<br />

war damals fast ausnahmslos<br />

in intellektuellen Kreisen Europas<br />

vorhanden. Die Regierungen der Groß -<br />

mächte hingegen, aber auch die der Staaten,<br />

die zum Beispiel durch das Auseinanderbrechen<br />

Österreich-Ungarns oder des<br />

Osmanischen Reiches entstanden und durch<br />

die Neubildung des Balkan – die predigten<br />

Abgrenzung und Nationalismus. Und auch<br />

in den anderen Kontinenten entstand damals<br />

gerade das Aufbegehren gegen die Kolonial -<br />

mächte und damit auch das Besinnen auf<br />

eine eigene, nicht-europäische Kultur. Man<br />

bemühte sich, einheimische Sprachen wie<br />

Arabisch, Hindustani, Chinesisch und andere<br />

als bindendes Element im Widerstand<br />

gegen die fremden Herrscher einzusetzen.<br />

Und wie du schon sagtest: Esperanto ist leider<br />

doch noch sehr europäisch in seinem System<br />

und Wortschatz. Als letzter Faktor<br />

kommt wohl noch dazu, dass Zamenhof Jude<br />

war und aus Polen kam, das damals zum<br />

Russischen Reich gehörte. Er hatte schon<br />

deshalb nicht den Rückhalt von offizieller<br />

Seite, was seine Arbeit unterstützt hätte.<br />

Zwar gab es bereits um 1900 Vereine und<br />

Konferenzen, die Esperanto im großen Stil<br />

propagierten, doch die staatliche Anerkennung<br />

blieb aus.<br />

Ich habe mich mit sehr vielen Sprachen befasst<br />

und bin ein großer Fan ost- und südost -<br />

asiatischer Idiome wie Indonesisch-Malaiisch<br />

oder Thai und Hochchinesisch, denn diese<br />

Sprachen sind in ihrem Aufbau und in ihrer<br />

Grammatik extrem einfach, viel einfacher<br />

als Esperanto. Wobei z.B. Thai und<br />

Hoch chinesisch zwar von der Grammatik<br />

her einfach sind, von der Aussprache und den<br />

Schriftsystemen her aber nicht.<br />

Vielleicht kann der großartige Gedanke des<br />

Esperanto ja doch noch weitergedacht werden<br />

und auf lange Zeit eine wirkliche Weltsprache<br />

mit Einflüssen aller Sprachfamilien<br />

bilden. Diese Idee ist in meinen Augen auf<br />

jeden Fall schöner, als dass wir bald alle nur<br />

noch durch Übersetzungs-Apps miteinander<br />

kommunizieren.<br />

[<br />

Connection Spirit 9–10/20<strong>15</strong> befasst sich in einem 36<br />

Seiten langen Schwerpunkt damit, »Wie Sprache Welten<br />

erschafft«. das heft ist noch erhältlich, sowohl als print<br />

wie als pdf, und kostet 9 €.<br />

Zu bestellen über vertrieb@connection.de.<br />

daniel KraSa ist freiberuflicher<br />

autor von zahlreichen<br />

Konversations- und<br />

lehrbüchern zu diversen<br />

Sprachen, aber auch von<br />

reiseführern. er befasst<br />

sich mit über 30 Sprachen<br />

und spricht mehr als die<br />

hälfte davon fließend.<br />

dkrasa@hotmail.com<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 59


ASIEN<br />

Verbundenheit<br />

Ich mag mich an jede einzelne dieser Begegnungen gerne erinnern,<br />

jede davon hat mein Herz berührt. In dem Augenblick, wo ich diese<br />

totale Verbundenheit intensiv gefühlt habe, drückte ich auf den Auslöser.<br />

Die Kamera wurde dabei nebensächlich, sie existierte gar nicht<br />

mehr. Aber sie hielt fest, was das bloße Auge alleine nicht sehen<br />

konnte.<br />

Die Bilder sind keine »Schnappschüsse«, sondern sie entstehen in dem<br />

von mir und meinem Gegenüber gefühlten Eins-sein. Ohne Kalkül,<br />

frei von Absicht. Deshalb ist das Kennzeichnende der von mir portraitierten<br />

Menschen nicht ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten<br />

Gruppe, Religion oder Kultur, sondern der ganz individuelle Grad und<br />

Moment des Gewahrseins.<br />

Ich bin Hunderten von Mönchen, Schamanen, Sadhus oder Priestern<br />

begegnet – aber fotografiert habe ich nur wenige. Denn lange nicht in<br />

allen Begegnungen ist dieser magische Moment entstanden.<br />

Nonne in<br />

Mandalay, Myanmar<br />

Mädchen auf einem<br />

Hindufest in Nepal<br />

»Im Wesen von Beobachtung – seiner wahren Bedeutung – gibt es kein<br />

Denken; da gibt es kein Zentrum eines ›Ichs‹, das ›dich‹ anschaut«,<br />

sagt Jiddu Krishnamurti in seinem Buch »Der Spiegel der Liebe«.<br />

Genau so war es.<br />

www.atman.de<br />

die obigen Textausschnitte sind der einleitung von Bernd Kolb zu seinem Bildband<br />

»Atman« entnommen, der im September 20<strong>15</strong> in der edition Terra Magica im Münchner<br />

verlag langenmüller erschien, mit einem vorwort von Jane Goodall. 192 Seiten,<br />

Breitformat, gebunden, durchgehend farbig, in deutschland für 50 €.<br />

[<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 63


PROMOTION<br />

Tantra ist tot –<br />

es lebe Tantra!<br />

Persönliche Betrachtungen zur »Tantra«-Kultur,<br />

von Herbert Barkmann, Tantra Experience, Freiburg<br />

VON HERBERT BARKMANN<br />

64 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


PROMOTION<br />

I<br />

n den sieben Jahren, die ich als Tantra-<br />

Lehrer unterwegs war, konnte ich den<br />

Menschen eigentlich nicht wirklich etwas<br />

beibringen. Außer vielleicht, ein wenig<br />

unbefangener und freier mit ihrer Lust umzugehen.<br />

Je länger ich den Job machte, desto<br />

mehr stieg der Anspruch und desto unzufriedener<br />

wurde ich mit den Ergebnissen.<br />

Den Höhepunkt dieser »Karriere« bildeten<br />

die Tantra-Serails. Das waren Räume,<br />

in denen tantrische Sexualität von der Theorie<br />

her in warmer Herzensatmosphäre gelebt<br />

werden können sollte. Trotz aller Faszination<br />

und aller Höhepunkte wurde auch<br />

dieser Anspruch nicht erreicht.<br />

Je länger ich mit der Materie befasst bin,<br />

und das sind nunmehr bald zwanzig Jahre,<br />

desto mehr verstehe ich, dass wir, d.h. die<br />

westliche Gesellschaft, von »Tantra« eigentlich<br />

nichts verstehen. Was Osho und seine<br />

Schüler ursprünglich unter diesem Namen<br />

in die Welt gesetzt haben, ist wunderbar.<br />

Es ist ein großes Geschenk und war unbedingt<br />

notwendig. Aber Tantra war und<br />

ist das nicht. Sexual erziehung, sexuelle Befreiung,<br />

das eigene sexuelle Wesen kennenlernen,<br />

alles das trifft es. Tantra, im besten<br />

Sinne des Begriffs, ist jedoch etwas<br />

anderes.<br />

Die Bedürfnisse des Ego<br />

Nun kann ich nicht behaupten, dass ich das<br />

schnell verstanden hätte. Mehr als zehn Jahre<br />

lang hielt mein eigener Irrtum damit an,<br />

ungefähr so lange, wie ich selbst brauchte,<br />

um durch alle diese Teile meines Erwachsenwerdens<br />

zu wandern. Erst mit dem Glück,<br />

dem erwachten Geist in einer konkreten<br />

Menschengestalt zu begegnen, änderte sich<br />

meine Sicht. Dann allerdings ziemlich gründlich<br />

und recht schnell. Es wurde klar, dass<br />

alles, was ich und die Menschen um mich bisher<br />

verfolgt hatten, unmittelbar aus dem Ego<br />

und seinen unerfüllten Bedürfnissen quillt,<br />

und dass wir uns nicht mit dem Eigentlichen,<br />

sondern mit den Phänomenen beschäftigen.<br />

Dass wir uns besseren Sex, den richtigen<br />

Partner, Erfolg, Selbstbewusstsein, Erlösung<br />

aus Einsamkeit, Erfüllung von Sehnsüchten<br />

usw. wünschen und erstreben und all dies<br />

im »Tantra« suchen.<br />

Sex und Erleuchtung<br />

Attraktiv ist dieser Weg vor allem, weil da -<br />

rin die Verheißung mitschwingt, endlich mal<br />

genug und ohne Schuldgefühle dem Sex frönen<br />

zu können (das mag eine mehr männliche<br />

Perspektive sein, Frau kann für sich sprechen).<br />

Von da an versuchte ich mich an der<br />

Synthese von Sex und Erleuchtung. Wenn<br />

man nur genug sexuelle Energie freisetzt,<br />

sollte diese die inneren Blockaden, Prägungen<br />

und Verwirrungen wegbrennen. Also her<br />

mit der Lust, das Becken aufwecken, immer<br />

nahe am Orgasmus entlang, uns so hoch wie<br />

möglich energetisch aufladen. Mehr sei eigentlich<br />

nicht nötig, sagt die Theorie, schluss -<br />

endlich bleibt der Kundalini dann gar nichts<br />

anderes übrig, als zu erwachen und aufzusteigen.<br />

Denkste.<br />

Die Irrungen des Ich<br />

»The Ego is very cunning« (das Ego ist ziemlich<br />

clever), sagte Osho einmal und trifft<br />

damit den Nagel auf den Kopf. In all den<br />

»Tantra«-Gruppen (oder Freiraumpartys<br />

oder, oder), egal ob ich sie als Leiter oder<br />

Teilneh mer erlebt habe, geschah mit dem<br />

Großteil der Teilnehmer/innen ebenso wie<br />

mit mir selbst immer das gleiche: Statt in<br />

die innere Qualität von Weite, Wahrheit,<br />

Herzensöffnung zu treten, übernahm eben<br />

dieses Ego und sorgte dafür, die inneren und<br />

unreflektierten Bedürfnisse möglichst egoistisch<br />

zu erfüllen. Anschließend fühlte es<br />

sich toll und wollte mehr davon. Zusätzlich<br />

konnte »Ich« noch damit prahlen, wie weit<br />

»Ich« schon auf dem »tantrischen Weg« ist.<br />

Gruselig eigentlich.<br />

Die Kosmische Kobra Atmung<br />

Aus der Begegnung mit dem erwachten Geist<br />

hatte ich auch etwas bekommen, was sich mit<br />

der Zeit als der größte Segen meiner geistigen<br />

Praxis erwiesen hat, die »Kosmische<br />

Kobra Atmung«, eine Technik aus dem Tantrischen<br />

Kriya-Yoga. »Tantrisches Yoga« ist<br />

ja eigentlich ein seltsamer Begriff, aber genau<br />

das ist es. Der tantrische Aspekt ist die<br />

bedingungslose Anerkennung, dass alles, was<br />

mir begegnet, mit mir zu tun hat, von mir erschaffen<br />

ist und mir dazu dienen kann, über<br />

das kleine Ich hinauszuwachsen. Nichts ist<br />

falsch, alles kann genutzt werden. Das Yoga<br />

daran ist der Wille und Weg, mit steter und<br />

persönlicher Anstrengung an mir zu arbeiten<br />

und das Paradoxon anzuerkennen, dass<br />

alles, was und wie es ist, genau richtig ist<br />

und ich doch stets darum bemüht bin, mich<br />

immer weiter zu entwickeln. Entwickeln in<br />

diesem Sinne meint, über die Handlungsantriebe<br />

der inneren unbewussten Bedürfnisse<br />

und Verwirrungen (im Yoga »Samskaras«,<br />

in der Psychologie »unbewusste Persönlichkeitsanteile«)<br />

hinauszuwachsen, sie zu erkennen<br />

und anzuerkennen, aber ihnen keine<br />

Kraft zu geben, sich im Leben weiterhin<br />

störend und verletzend bemerkbar zu machen.<br />

Stattdessen werden sie liebevoll als zu<br />

mir gehörende Anteile anerkannt. Das bedeutet<br />

nicht weniger, als Herr meines eigenen<br />

Lebens zu sein.<br />

Die Arbeit an mir selbst<br />

Die Arbeit mit mir selbst beginnt ganz unten.<br />

Stille, Präsenz, Zulassen was ist, Gefüh-<br />

le erleben und akzeptieren, Schmerz aushalten<br />

und in Selbstverantwortung nehmen,<br />

bei Bedarf teilen mit anderen, ohne eine Forderung<br />

daran zu knüpfen. Alles, was ich erlebe,<br />

ist in mir, sonst könnte ich es nicht erleben.<br />

Nichts geschieht, was ich nicht eingeladen<br />

habe. Über lange Zeit mit mir alleine<br />

gehen, bevor ich bereit bin, in Freiheit von<br />

Bedürftigkeit einen Partner, eine Partnerin<br />

an meiner Seite zu lieben, anstatt diesen<br />

Menschen zu brauchen.<br />

Zuletzt hatte ich das Glück, zwei ganz besondere<br />

Tantrabücher (»Juwel im Lotos« und<br />

»Tantra Bliss«, beide im Hans-Nietsch-Verlag)<br />

übersetzen und herausgeben zu dürfen.<br />

Hier habe ich die Heimat gefunden, die der<br />

oben beschriebenen Haltung entspricht. Dahin<br />

hat sich meine Arbeit mit Menschen gewandelt.<br />

Und die ist heute nicht mehr von<br />

Großartigkeit: »was bin ich für ein toller Tantra-Lehrer«,<br />

sondern von Demut erfüllt:<br />

»welche schöne Aufgabe hat das Leben mir<br />

da gegeben«.<br />

Tantra: die Essenz<br />

Tantra ist für mich heute die Energie, die<br />

die Wirbelsäule hinauf und hinunter fließt.<br />

Sex ist fein, wenn er da ist, und kein Thema,<br />

wenn er nicht da ist. Tantra ist meine Achtsamkeit,<br />

möglichst in jedem Moment Klarheit<br />

darüber zu haben, was mich gerade wirklich<br />

antreibt. Welche Themen in mir zu welchen<br />

Gedanken, Bedürfnissen und Handlungen<br />

führen – und dann zu entscheiden, ob<br />

ich das eine tun oder das andere lassen will.<br />

Tantra ist die Freiheit, aus tiefstem Herzen<br />

für mich zu sorgen und damit Energie freizusetzen,<br />

für andere da zu sein. Tantra ist<br />

meine Bereitschaft, ganz und gar ich zu sein,<br />

egal was irgendwer darüber denkt oder<br />

meint. Tantra ist auch die Bereitschaft, aus<br />

dieser Haltung immer wieder herauszufallen<br />

in die alten Muster und dann, wenn ich<br />

es erkenne, darüber zu lächeln, mir zu verzeihen<br />

und wieder in die Klarheit zurückzukehren.<br />

Tantra ist, die Lebensenergie einzuladen, in<br />

mir zu toben – selbst wenn es »mIch« kos tet.<br />

Es lebe Tantra!<br />

Die Bücher »Juwel im Lotos«, von Bodhi Avinasha und<br />

Sunyata Saraswati und »Tantra Bliss« von Bodhi<br />

Avinasha (beide im Hans-Nietsch-Verlag 20<strong>15</strong>) wurden<br />

auf Deutsch von Herbert Barkmann herausgegeben.<br />

[<br />

HERBERT BARKMANN<br />

lehrt Tantrischen Kriya<br />

Yoga und ist ermächtigt,<br />

die Einweihung in die<br />

Kosmische Kobra Atmung<br />

zu geben. Einzel- und<br />

Gruppenangebote in<br />

Deutschland und Italien.<br />

www.tantra-experience.de,<br />

info@tantra-experience.de<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 65


PROMOTION<br />

Identitätsyoga<br />

Das Awakening Coaching von Arjuna Ardagh<br />

VON VERENA HIRSCHMANN<br />

I<br />

m Hatha-Yoga nehmen wir viele mögliche<br />

Haltungen ein. Kopfüber, zusammengefaltet,<br />

rückwärtsgewandt und verdreht. Das<br />

spielt sich auf der körperlichen Ebene ab und<br />

macht wach, stark, flexibel und durchlässig.<br />

Auch im Bereich des Geistigen bemühen sich<br />

viele von uns um eine ethisch korrekte Haltung,<br />

um eine liebevolle Zugewandtheit zu unseren<br />

Mitwesen. Um Gewaltlosigkeit zum Beispiel.<br />

Oder Ehrlichkeit. Nichts nehmen, was<br />

einem nicht freiwillig gegeben wurde. Friedfertigkeit.<br />

Gelassenheit ist auch hoch im Kurs.<br />

Gewalttätigkeit, Betrügerei und ungeduldige<br />

Gereiztheit – das sind nicht nur in den Augen<br />

von Spiris Untugenden.<br />

»Über meine Grenzen«<br />

Ich finde, in der simplen Ablehnung bestimmter<br />

Regungen als »negativ« liegt jedoch<br />

auch eine Gefahr – jedenfalls dann,<br />

wenn wir es ablehnen, ihr Vorhandensein und<br />

Wirken in uns selbst anzuerkennen. Mir wird<br />

jedenfalls ganz anders, wenn (nicht nur) spirituell<br />

Belesene verkün den, sie könnten »niemals<br />

jemandem Gewalt antun«. In derartigen<br />

Verlautbarungen schwingt die Angst<br />

dessen mit, der sich jede Vorstellung von<br />

Grenzsituationen vom Leibe hält, in der seine<br />

monstranzartig hochgehaltene Gewaltlosigkeit<br />

ins Wanken kommen könnte.<br />

Solche Zeitgenossen, die unsere genetischen<br />

Dispositionen ignorieren, machen mir mehr<br />

Angst als jemand, der sagt »Ich weiß genau,<br />

wie sich Mordlust anfühlt.« Wer »seine«<br />

Mordlust kennt, wird sie nicht so leicht ausagieren<br />

wie einer, der sie kategorisch ausgeschlossen<br />

hatte, damit aber plötzlich konfrontiert<br />

wird und dann damit schlagartig<br />

überfordert ist. Hatte er doch immer Sanftmut<br />

propagiert, und jetzt das! Da wird wahrscheinlich<br />

auch nicht gleich ein Mord begangen,<br />

aber vielleicht unter die Gürtellinie<br />

geschossen. Und dann wird das eigene Unvermögen<br />

auf einen Schuldigen im Außen<br />

projiziert, um zu rechtfertigen, dass die Kontrolle<br />

nicht mehr aufrechtzuerhalten war:<br />

»Das ging einfach über meine Grenzen!« Eine<br />

Falle, in die viele von uns tappen, und die<br />

es gilt ins Bewusstsein zu holen.<br />

66 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


PROMOTION<br />

PIXABAY.COM © LIZZYLIZ<br />

Klar. Wenn wir Grenzen ziehen und behaupten,<br />

irgendeine menschliche Regung<br />

gehöre nicht zum Repertoire des Homo sapiens,<br />

dann kann man diese Grenzen scheinbar<br />

überschreiten und (pathologische) Reak -<br />

tionen auslösen. Die Buddhisten nennen das<br />

»die Wurzelkrankheit« – die Überzeugung,<br />

dass die Ursache von Krankheit außen entsteht.<br />

Doch tatsächlich liegen ihr betonharte<br />

Überzeugungen im Bewusstsein zugrunde.<br />

Zum Beispiel die, wir würden lediglich<br />

als hautverkapselte Egos und Einzelkämpfer<br />

existieren. Alles Leid kommt aus der<br />

Quelle dieses Irrglaubens.<br />

Erwachen<br />

Seit Jahrtausenden bemühen sich die Weisheitslehrer,<br />

uns von dieser Illusion von einem<br />

getrennten Ich zu befreien und die verbindende<br />

Kraft der Liebe zu erkennen. Einer<br />

von ihnen ist Arjuna Ardagh. Und er ist<br />

darin sehr erfolgreich. Er selbst sagt, die zunehmende<br />

Erkenntnis von egoloser Selbsterfahrung<br />

basiere darauf, dass die Menschheit<br />

sich insgesamt weiterentwickelt (vgl. Die<br />

lautlose Revolution).<br />

In seinem Buch »Die lautlose Revolution«<br />

beschreibt er, wie immer mehr Menschen die<br />

Erkenntnis von egoloser Selbsterfahrung gewinnen<br />

– jenseits der traditionellen Strukturen,<br />

in denen dies früher geschah. Er sagt,<br />

kein Lehrer, kein Guru sei nötig, um diese<br />

Erkenntnis zu vermitteln. Und er bildet Awakening<br />

Coaches aus. Menschen, die lernen,<br />

vollkommen präsent mit einem anderen zu<br />

sein, in der Gewissheit zu ruhen, dass die<br />

Kraft, die ihn selbst, Arjuna, Ramana Maharshi,<br />

Buddha, Christus, Amma und Heidi<br />

Klum am Leben hält und durchdringt, auch<br />

die Natur seines Gegenübers ist. Da ist kein<br />

Unterschied. Wir alle sind materialisierte Liebe.<br />

Wir alle sind Gott. (Oder wie immer man<br />

diese Kraft nennen will, die die vitalen Abläufe<br />

im Unterbewusstsein aufrechterhält<br />

und das Biotop Erde als Ganzes lebendig hält<br />

– auch gegen den Widerstand weltweiter<br />

pathologischer Verblendung.)<br />

Diese Erkenntnis nennt er »Erwachen«. Aus<br />

dem Traum eines vom Rest der Welt getrennten<br />

Ichs aufzuwachen ist verblüffend<br />

einfach. Ich war über die letzten Jahre Zeugin,<br />

wie Arjuna mit etwa 300 Menschen gearbeitet<br />

hat, und ich habe selbst als Awakening<br />

Coach mit etwa 40 Personen gearbeitet<br />

– alle, wirklich alle! gelangen an den<br />

Punkt, an dem sie feststellen, dass dieses Ich,<br />

das ihnen so viele Schwierigkeiten macht, lediglich<br />

ein Gedanke, eine fixe Idee war und<br />

mithin nicht existiert.<br />

Werdet wie die Kinder!<br />

Diese Erkenntnis allein führt noch nicht zu<br />

einem Leben in Erfüllung oder gar tiefer Verbundenheit.<br />

Aber sie erleichtert den Zugang<br />

zu etwas, das ungeheure Freude aus dem<br />

Nichts entstehen lässt und ziemlich aufregend<br />

sein kann: Identitätsyoga. Wenn wir<br />

zweifelsfrei begriffen haben, dass das, was<br />

wir unsere Persönlichkeit nennen, kein festgefügtes<br />

Ding ist, sondern im Grunde genommen<br />

aus lauter Vorlieben und Abneigungen<br />

besteht, die zum größten Teil nicht<br />

die Einzigartigkeit dieser formgewordenen<br />

Göttlichkeit widerspiegeln, sondern das anerzogen<br />

und konditioniert ist, dann können<br />

wir die »Arbeit an uns« aufgeben und uns<br />

auf dem Spielplatz des Lebens ordentlich<br />

austoben.<br />

Schon Jesus hat uns aufgefordert: Werdet wie<br />

die Kinder! Ein Kind ist noch unverbildet<br />

und erlebt Entzücken und Wut und Schmerz<br />

und Angst einfach pur. Da wird gequietscht<br />

und eine Sekunde später geschrien und im<br />

nächsten Moment gelacht – so geht das, bis<br />

es lernt, dass bestimmte Gefühle willkommen<br />

sind und andere nicht. Es erlebt vielleicht<br />

Ohnmacht angesichts der Forderung,<br />

seine Wut zu begründen – und entscheidet,<br />

lieber nicht mehr wütend zu werden, anstatt<br />

diese Ohnmacht zu erleben. Für das Kind<br />

ist das sinnvoll.<br />

Grenzen ziehen<br />

Für Erwachsene, die keinen Zugriff mehr auf<br />

ihre Wut haben und sich unterwerfen, wo es<br />

besser wäre, zu widersprechen (wenn der<br />

Chef unangemessene Forderungen stellt),<br />

und die unkontrollierte Wutausbrüche haben,<br />

wo es besser wäre, klar aber freundlich<br />

Grenzen zu ziehen (wenn die Kinder mit dem<br />

Essen spielen), ist die Strategie nicht mehr<br />

hilfreich. Im Gegenteil, sie kann richtig krank<br />

machen. Wobei nicht die Wut das Problem<br />

ist, sondern der Widerstand gegen die Wut.<br />

So geht das mit vielem. Widerstand gegen das<br />

Gefühl, Hilfe zu brauchen, kann zum Burnout<br />

führen. Das Gefühl von Unterlegenheit<br />

abzulehnen kann zu arrogantem Auftreten<br />

führen und zu Einsamkeit. Widerstand gegen<br />

das Gefühl von Überlegenheit kann dazu<br />

führen, dass man immer hinter den eigenen<br />

Möglichkeiten zurückbleibt, um die anderen<br />

nicht zu desavouieren.<br />

Aufmerksamkeit<br />

Arjuna Ardagh hat einen einfachen, sehr wirkungsvollen<br />

Weg gefunden, Widerstände aufzulösen.<br />

Nicht das Gefühl wird aufgelöst, sondern<br />

der Widerstand dagegen. Dabei wird<br />

nicht eine »Methode« angewendet, sondern<br />

im Grunde genommen wird lediglich die Aufmerksamkeit<br />

voll und ganz auf das gerichtet,<br />

was da ist. Wie Eckhart Tolle sagt, und<br />

das ist für jeden einfach überprüfbar: Du<br />

kannst nicht hundertprozentige Aufmerksamkeit<br />

auf etwas richten und Widerstand<br />

dagegen haben. Auf einmal ist das selbst verordnete<br />

Dogma »Ich könnte nie jemandem<br />

Gewalt antun« einfach überflüssig. Das Korsett<br />

unserer Definitionen dessen, wer oder<br />

was wir sind und was nicht, lockert sich.<br />

Und das Ergebnis ist nicht mehr Gewalt (um<br />

beim Thema zu bleiben), sondern mehr Freude,<br />

Intensität, Überraschungen, Authentizität!<br />

Wenn das Gefühl von aktivem Gestalten-Wollen<br />

mit Bewusstheit wahrgenommen<br />

wird, dann kann es sich immer öfter in Kunst,<br />

in Liebe verwandeln. Dann können wir unseren<br />

Partner zum Lachen bringen mit dem<br />

bewusst gestalteten Versuch, ihn das tun zu<br />

lassen, was wir wollen.<br />

Ungewohntes ausprobieren<br />

Das ist Identitätsyoga: Wir probieren bewusst<br />

ungewohnte Rollen, Gesten, Blicke,<br />

Haltungen aus. Der Kontrollfreak spielt für<br />

zwei Wochen lang täglich fünf Minuten die<br />

Rolle eines Zwangsneurotikers oder beratungsresistenten<br />

Messies, die ewige Nörglerin<br />

lobt in höchsten Tönen alles, was sie sieht<br />

– und auf einmal kann das, was vorher vielleicht<br />

Anlass zu Beziehungskrisen und getrennten<br />

Schlafzimmern war, der Auftakt für<br />

eine lustvolle Begegnung werden.<br />

Awakening Coaches sind ausgebildet darin,<br />

vor allem durch diese drei Schritte – Erwachen<br />

(Radical Awakening), Auflösung von<br />

Widerständen (Radical Releasing) und Identitätsyoga<br />

– andere darin zu unterstützen,<br />

lustvoll das zu leben, was sie sind: paradoxe<br />

Existenzen. Einerseits vollkommene Wesen,<br />

die nur hier sind, um einander zu lieben – genau<br />

wie Buddha – andererseits mit »hausgemachten«<br />

Konditionierungen behaftete<br />

Geschöpfe, die oft ein Leben lang unter diesen<br />

alten Mustern leiden, ohne zu ahnen, wie<br />

kinderleicht es sein kann, sich davon zu befreien.<br />

[<br />

VERENA HIRSCHMANN ist Dipl.-<br />

Pädagogin und Awakening<br />

Coach. Nachdem sie Arjuna<br />

Ardaghs Methode des<br />

Erwachens in den USA kennengelernt<br />

hatte, machte sie es<br />

sich zur Aufgabe, seine Arbeit<br />

auch in Deutschland zugänglich<br />

zu machen.<br />

www.awakeningcoaching.de<br />

ARJUNA ARDAGH ist Autor von<br />

acht Büchern, u.a. Die lautlose<br />

Revolution und Besser als Sex.<br />

Vielen ist er aus dem Film<br />

Awake von C. Roland bekannt.<br />

Wer ihn und seine Methoden<br />

persönlich erleben will, erfährt<br />

unter www.awakeningcoaching.de<br />

die<br />

Veranstaltungs daten.<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 67


Kino<br />

FILM<br />

8 Sekunden –<br />

ein Augenblick<br />

Unendlichkeit<br />

Kinostart:<br />

29. Oktober 20<strong>15</strong><br />

IIII sehr gut<br />

Eine Reise<br />

zur Erkenntnis<br />

Um es gleich zu sagen: Mit<br />

dem Titel dieses eindrucksvollen<br />

deutsch-türkischen<br />

Films habe ich so meine Probleme.<br />

Da wird errechnet, dass ein<br />

Menschenleben so lange dauert<br />

wie 8 Sekunden eines »Sonnenjahres«.<br />

Was soll das? Reicht unser<br />

irdisches Zeitgefühl nicht?<br />

Der Sonne, der Milchstraße und<br />

dem Universum ist jedes Menschenleben<br />

egal, und das dauert,<br />

so lange es eben dauert. Und ob<br />

es ein erfülltes ist, hängt nicht<br />

von der Länge ab.<br />

Der Film erzählt das Leben der<br />

1981 in Berlin geborenen Esra<br />

Inal. Sie hat am Drehbuch mitgeschrieben<br />

und spielt sich<br />

selbst. Das macht die Handlung<br />

so unmittelbar und überzeugend.<br />

Regie führt Ömer Faruk<br />

Sorak.<br />

Esra ist die mit Abstand jüngste<br />

von drei Töchtern türkischer Eltern.<br />

Sie wächst verwöhnt und<br />

behütet heran, übernimmt die islamische<br />

Religiosität des Vaters<br />

und hat von Kindheit an sehr<br />

lebhafte und klare Träume, in denen<br />

sich Ängste und Sehnsüchte<br />

spiegeln.<br />

Als junge Erwachsene rebelliert<br />

Esra gegen traditionelle weibliche<br />

Rollenbilder. Sie will sich<br />

weder vom Vater noch vom<br />

Schwager, in dessen Haushalt sie<br />

zeitweise lebt, bevormunden lassen.<br />

Sehr gut wird gezeigt, wie<br />

männliche Verantwortung und<br />

Fürsorge für die Frauen in der<br />

Familie in Bevormundung und<br />

Gewalt umschlagen können.<br />

Wenn Esra dagegen angeht, bin<br />

ich ganz auf ihrer Seite und freue<br />

mich mit ihr über den selbst gewählten<br />

Ehemann. Doch auch<br />

der entpuppt sich als türkischer<br />

Macho, und Esra trennt sich von<br />

ihm. Sie muss und will schon in<br />

der Ehe und jetzt erst recht auf<br />

eigenen Füßen stehen.<br />

Das klappt aber nicht so gut. Im<br />

Job passt sie sich nicht im nötigen<br />

Maß an, sie ist arrogant, unvernünftig,<br />

und immer sind die<br />

anderen schuld. Jetzt ist sie mir<br />

unsympathisch. Sie hat nur eine<br />

Hälfte der Emanzipation vollzogen:<br />

Sie hat sich von der Bevormundung<br />

befreit. Es fehlt<br />

aber die zweite, noch wichtigere:<br />

Sie muss nun Verantwortung<br />

für sich übernehmen, Mitmenschen<br />

achten, dem Leben einen<br />

Sinn geben. Dabei kann ihr auch<br />

der charmante neue Mann an ihrer<br />

Seite nicht wirklich helfen.<br />

Liebe ist schön und gut, manchmal<br />

aber auch nur eine Droge,<br />

die über eine innere Leere hinwegtäuscht.<br />

Esra gerät in eine tiefe Krise. Sie<br />

wird unsicher, ziellos und schließ -<br />

lich ernsthaft psychisch krank.<br />

Die ganze Zeit spielen ihre Träume<br />

eine wichtige Rolle. Sie sind<br />

vom realen Erleben kaum zu<br />

trennen und machen sie »verrückt«.<br />

In diesen Träumen, die<br />

mit Spezialeffekten wunderschön<br />

gestaltet sind, taucht im-<br />

Bob Hunter<br />

mer wieder ein freundlich lä -<br />

cheln der, fremdländisch aussehender<br />

Mann auf, der wie ein<br />

Hort der Weisheit und Geborgenheit<br />

wirkt. Esra weiß, er<br />

könnte sie erlösen, aber noch<br />

kämpft sie gegen albtraumhafte<br />

Ungeheuer und einstürzende<br />

Luftschlösser. Dann sieht sie zufällig<br />

ein Foto des geheimnisvollen<br />

Mannes – es gibt ihn wirklich!<br />

Es ist Miguel Ruiz, ein spiritueller<br />

Lehrer aus Mexiko.<br />

Auch er spielt in diesem Film<br />

sich selbst, und er wird Esra zur<br />

Erkenntnis führen: dass sie lernen<br />

muss, wahrhaft zu lieben, zu<br />

verzeihen und ihre Potentiale<br />

verantwortungsvoll zu entfalten.<br />

Das ist der Start in ein neues,<br />

gelingendes Leben.<br />

Barbara Wollstein<br />

BILDER: WWW.FILMSTARTS.DE<br />

68 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


FILM<br />

Klug und witzig<br />

Silvia Doberenz zeigt das<br />

Mudra der Ablehnung<br />

© ROBERT BOBICZ<br />

DVD<br />

Spirituelles Kabarett führt<br />

ein Schattendasein abseits<br />

der großen Bühne. Umso schöner<br />

ist es, Perlen zu finden, dort<br />

wo man sie nicht vermutet.<br />

Im letzten Jahr ist die Show von<br />

Silvia Doberenz, einer Kabarettistin<br />

und Yogalehrerin aus der<br />

ehemaligen DDR, als DVD erschienen.<br />

Die Aufnahme ist gut<br />

gemacht. Man hat das Gefühl<br />

selbst in Publikum zu sitzen und<br />

der Kabarettistin zuzuschauen,<br />

wie sie über uns alle und über<br />

sich selbst herzhaft lacht. Ihre<br />

Bewusstseinserheiterung führt<br />

zu einer echten Bewusstseinserweiterung,<br />

weil sie schonungslos<br />

und dennoch liebevoll etliche<br />

Ab sur ditäten der spirituellen<br />

Szene auf die Bühne bringt. Als<br />

Zuschauer, der vielleicht auch<br />

mal diesem Irrsinn Glauben geschenkt<br />

hat, kann man nun auch<br />

herzhaft über sich selbst lachen.<br />

Doberenz kennt sich gut aus in<br />

der Eso-Szene, bravourös ver -<br />

flicht sie die Esotrends der letzten<br />

Jahre mit der deutschen Geschichte,<br />

Politik und dem Alltagsleben.<br />

Ein wichtiges Thema<br />

im Programm ist ihre Kindheit<br />

in der DDR, die sie auch spirituell<br />

»verfremdet«. Für ihr Programm<br />

schlüpft sie in viele Rollen.<br />

Ein besonderes Highlight war<br />

für mich die Simultanübersetzerin<br />

Ivonne, die die befreiende<br />

Lehre ihrer Lachyogalehrerin,<br />

die vor innerer Liebe und vor<br />

Freude nur so sprüht, aus dem<br />

indischen Englisch ins Berlinerische<br />

überträgt. Was die Meisterin<br />

an Freude ausstrahlt, kompensiert<br />

die Übersetzerin mit<br />

Missmut.<br />

Aber auch Sandra Sommer, die<br />

wie viele der großen spirituellen<br />

Lehrer aus dem Osten<br />

kommt, zwar nicht aus dem fernen,<br />

sondern nur dem sehr nahem<br />

Osten, in ihrem Fall aus<br />

Sachsen, beglückt ihr Publikum<br />

als ausgebildete Scheng-Fui-Expertin,<br />

Lebensglücks-Beraterin<br />

und Yogalehrerin mit fundiertem<br />

Wissen zum Thema Glücklichsein:<br />

Wenn man glücklich<br />

sein will, dann muss man sich zu<br />

100% so lieben, wie man ist.<br />

Doberenz ist immer überzeugend<br />

und komisch, ja sie ist richtig<br />

komisch und unglaublich professionell,<br />

trotzdem frisch-rüh -<br />

rend, eben nicht abgebrüht und<br />

selbstverliebt, wie diverse der<br />

großen Stars des Kabaretts.<br />

Unerwartete Pointen, reichhaltige<br />

Accessoires, die jedem Spirituellen<br />

bekannt vorkommen<br />

dürften, und eine ungezwungene<br />

und souveräne Kommunikation<br />

mit dem Publikum machen<br />

das Programm zu einem Erlebnis.<br />

Hoffentlich dürfen wir uns<br />

bald auf das neue Programm<br />

freuen. Die DVD ist gelungen.<br />

Für eine gute Laune und ein biss -<br />

chen Abstand von unserem sehr<br />

ernsten spirituellen Ich empfehle<br />

ich als Wunderwaffe: Silvia<br />

Doberenz.<br />

Helmut Schröder<br />

Erleuchtung<br />

für Anfänger<br />

Regisseurin: Tina Richter<br />

Tao Cinemathek 2014<br />

16,99 €<br />

IIIII hervorragend<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 69


BÜCHER<br />

Bücher<br />

Arbeit neu<br />

definieren<br />

Kinder lernen gerne. Sie ahmen<br />

lustvoll nach, weil sie es aus innerer<br />

Motivation heraus tun. In<br />

der Schule werden sie von außen<br />

nach einem vorgegebenen Schulprogramm<br />

zu mehr Leistung getrieben.<br />

Dies ist ihrer Lernlust<br />

abträglich, die dann meistens<br />

rasch schwindet. Aber vielleicht<br />

ist es ja gerade der Zweck der<br />

hervorragend<br />

IIIII<br />

Frederic Laloux: Reinventing<br />

Organizations – Ein Leitfaden zur<br />

Gestaltung sinnstiftender Formen<br />

der Zusammenarbeit. Vahlen 20<strong>15</strong>,<br />

HC 356 S., 39,80 €<br />

Schule, den Kindern beizubringen,<br />

stundenlang etwas zu tun,<br />

was eigentlich ihrem Wesen nicht<br />

entspricht. Damit werden sie auf<br />

eine Berufswelt vorbereitet, in<br />

der die Anliegen des Einzelnen<br />

kaum zählen. Studien zeigen,<br />

dass die meisten am Arbeitsplatz<br />

eher unzufrieden sind oder gar<br />

krank werden. Dass das aber<br />

nicht so sein muss, zeigt das Buch<br />

»Reinventing Organizations«<br />

von Frederic Laloux eindrucksvoll.<br />

Laloux geht der Frage nach, wie<br />

sich Organisationen auf einer integralen<br />

evolutionären Bewusst -<br />

seinsstufe manifestieren. Die<br />

meisten Unternehmen funktionieren<br />

heutzutage immer noch<br />

nach traditionellen Mustern, mit<br />

formellen konformistischen<br />

Hierarchien, nach dem modernen<br />

leistungsorientierten Paradigma,<br />

oder bestenfalls mit einer<br />

postmodernen Sichtweise, die etwa<br />

auf motivationsförderndes<br />

Empowerment setzt. Laloux untersuchte<br />

<strong>12</strong> Organisationen aus<br />

verschiedenen Ländern mit jeweils<br />

mindestens 100 Mitarbeitern<br />

und fand dabei drei zukunftsweisende<br />

Dimensionen<br />

heraus: Selbstführung ohne<br />

Hierarchie, ganzheitliches Einbringen<br />

des vollständigen Selbst<br />

der Mitarbeiter und das Hinhören,<br />

um herauszufinden, welchem<br />

evolutionären Sinn die Organisation<br />

dienen will.<br />

Strukturen, Arbeitsprozesse, allgemeine<br />

Praktiken und Personalprozesse<br />

der Musterorganisationen<br />

werden beschrieben<br />

und mit teilweise erstaunlichen<br />

Berichten untermalt. Erfahrungen<br />

einzelner Firmen und die<br />

spannende Schilderung einzelner<br />

Schicksale machen das Buch<br />

zu einem lebendigen Erlebnis.<br />

Die Frage, welche Bedingungen<br />

gegeben sein müssen, wenn man<br />

eine evolutionäre Organisation,<br />

sei es ein Konsumgüter produzierendes<br />

Unternehmen, ein<br />

Krankenhaus oder eine Schule,<br />

gründen oder eine bestehende<br />

Organisation verändern möchte,<br />

werden erörtert. Das Buch kann<br />

also einen ganz praktischen Wert<br />

haben, wenn man wirklich aktiv<br />

werden möchte. Eines der Ergebnisse<br />

der Untersuchungen<br />

besagt: »Auf der integralen evolutionären<br />

Stufe richten sich die<br />

Menschen […] nach einer intrin -<br />

sischen Motivation – ihr Handeln<br />

richtet sich nach inneren Werten<br />

und Grundannahmen.« Was<br />

vielen Menschen in jungen Jahren<br />

verloren ging, kann jetzt in<br />

zukunftsweisenden Organisationen<br />

nachgeholt werden. Dort<br />

wird man als ganzheitlicher<br />

Mensch gefordert. Man findet eine<br />

Arbeit, deren Sinn man teilt<br />

und die weit über das Geldverdienen<br />

oder Machtausüben hinausgeht.<br />

Interessanterweise sind<br />

die Gewinne, die dort nur sekun -<br />

där angestrebt werden, in evolu -<br />

tionären Unternehmen oft höher<br />

als in konventionellen Unternehmen.<br />

Dies ist ein hervorragendes<br />

Buch, mit einem Nachwort von<br />

Ken Wilber. Es ist lesenswert<br />

auch für Nichtinsider, die sich<br />

Gedanken über die Zukunft machen<br />

und die nicht nur meinen,<br />

dass sich die Welt verändern sollte,<br />

man selbst aber bei all den<br />

Veränderungen außen vor bleiben<br />

dürfte.<br />

Alfred Groff<br />

Unverdauter<br />

Mischmasch<br />

Dieses Buch ist eine Kombina -<br />

tion aus Entwicklungspsychologie,<br />

griechischer Mythologie, Yoga,<br />

wie man ihn in Yogalehrekursen<br />

lehrt, und einer etwas unkritischen<br />

Lektüre von Oswald<br />

Spenglers »Untergang des Abend -<br />

landes«. Auch Arnold Toyn bee<br />

kommt darin vor und Mircea<br />

Eliade. Laut Klappentext will der<br />

Autor die Möglichkeiten eines<br />

neuen Bewusstseins erkunden,<br />

das den Menschen in diesen verwirrenden<br />

und globalisierenden<br />

Zeiten zu einer sinnvollen Navigation<br />

befähigt. Auf 328 Seiten<br />

sollen das Abendland, die Antike<br />

und die »Yogische Kultur« Indiens<br />

interpretiert werden. Da<br />

der Yoga nur eines von sechs<br />

klassischen Systemen der indischen<br />

Philosophie ist und unter<br />

den heterodoxen Systemen in Indien<br />

es der Jainismus immerhin<br />

enttäuschend<br />

I<br />

Matthias Thiele: Das stolze Licht –<br />

Wie Zorngeborene die Welt<br />

erschaffen. Phänomen Verlag<br />

2014, SC 336 S., 19,90 €<br />

zu einer Religion gebracht hat,<br />

die Mahatma Gandhi entscheidend<br />

inspirierte, von der Weltreligion<br />

Buddhismus ganz zu<br />

schweigen, ist die Interpreta tion<br />

Indiens als Yogische Kultur, die<br />

Die Bewertung auf diesen Seiten ist weitgehend eine der einzelnen Rezensenten und nicht der Redaktion: hervorragend HHHHH sehr gut HHHH gut HHH lau HH enttäuschend H<br />

70 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


BÜCHER<br />

dieses Buch vertritt, etwas einseitig.<br />

Und dass das Abendland<br />

eine eher extravertierte Weltansicht<br />

und der Orient eher zur Innenschau<br />

neigt, das haben wir<br />

auch woanders schon mal gelesen.<br />

Die tantrische Chakra-Lehre<br />

wird hier als Kartographie für<br />

»Perspektiven – Sphären« verwendet.<br />

Peter Sloterdijks Sphä -<br />

renprojekt soll einen a-perspektivischen<br />

Blick ermöglichen. Das<br />

Erstaunlichste an dieser Weltsicht<br />

ist der latente Nihilismus,<br />

der Kultur aus dem Nichts als<br />

bloße Fantasie aufgrund kindlicher<br />

Angst vor dem Alleinsein<br />

entstehen lassen will. Was hier offenbar<br />

als großer Wurf postmoderner<br />

Weltinterpretation geplant<br />

war, scheitert leider bereits<br />

im Ansatz, denn eine Berücksichtigung<br />

der chinesischen Zivilisation<br />

fehlt hier, ebenso wie<br />

ein tragfähiger verbindender Gedanke.<br />

Als neue »Architektur des Geis -<br />

tes« für die Menschheit in einer<br />

globalisierten Welt schlägt der<br />

Autor tatsächlich vor, dass man<br />

»achtsam wie die Yogis« behutsam<br />

»faustisches Wissen« nutzen<br />

solle, um sich als »unverzagt und<br />

stolz vor der Unveränderlichkeit<br />

des Schicksals« zu zeigen. Oswald<br />

Spengler würde sich über<br />

seinen geistigen Enkel etwas<br />

wundern, der den Zorn des<br />

Achilles und die List des Odysseus<br />

mit faustischer Kulturseele<br />

und der Chakra-Lehre zusammenbringt,<br />

und mit »aufdeckenden<br />

Psychotechniken«, die sich<br />

als C.G. Jung-Rezeption entpuppen.<br />

Auf weiten Strecken vermittelt<br />

das Buch den Eindruck, dass hier<br />

jemand seine Lieblingsbücher<br />

geradezu naiv zwischen zwei<br />

Buchdeckel zusammengefasst<br />

hat, ohne die Lektüre dieser<br />

Bücher wirklich verdaut zu haben.<br />

Was entscheidend fehlt, ist<br />

die Fähigkeit zu Kritik oder zumindest<br />

das Nachlesen von Sekundärliteratur.<br />

Eine argumentative<br />

Auseinandersetzung findet<br />

in diesem Buch nicht statt, sondern<br />

hier wird zusammengeschrieben,<br />

was nicht zusammengehört.<br />

Eine »sinnvolle Navigation in<br />

globalisierten Zeiten« ist damit<br />

jedenfalls kaum möglich. Trotz<br />

offenbar guter Absichten kann<br />

ich dieses Buch nicht empfehlen.<br />

Es wirkt auf mich wie eine vertane<br />

Chance.<br />

Salam Kietzinger<br />

sehr gut<br />

IIII<br />

Susan Pollak, Thomas Pedulla,<br />

Ronald Siegel: Gemeinsam sein –<br />

Grundlegende Kompetenzen für die<br />

achtsamkeitsbasierte Psycho -<br />

therapie. Arbor Verlag 20<strong>15</strong>,<br />

HC 352 S., 29,90 €<br />

Achtsamkeit für<br />

die Heilung<br />

Mit Hilfe von Achtsamkeitsmeditation<br />

können Psychotherapeut/innen<br />

eine Geisteshaltung<br />

einüben, die sie befähigt, gut zentriert<br />

anwesend zu sein, liebende<br />

Güte und Mitgefühl zu verkörpern,<br />

auch in schwierigen<br />

emotionalen Situationen und bei<br />

den traurigsten Geschichten ihrer<br />

Patient/innen Gleichmut zu<br />

bewahren und sich nicht in eigene<br />

Reaktivität zu den Störungsmustern<br />

ihrer Patienten hineinziehen<br />

zu lassen.<br />

Unter dem Titel »Gemeinsam<br />

sein« stellen die drei US-amerikanischen<br />

Autoren, die alle selbst<br />

praktizierende und lehrende<br />

Psychotherapeuten sind, ein<br />

Handbuch vor, das auf die Praxis<br />

ausgerichtet ist und an vielen<br />

Beispielen zeigt, wie das möglich<br />

wird.<br />

Im Einleitungskapitel wird der<br />

Dalai Lama zitiert, der gesagt haben<br />

soll, dass die Einführung einer<br />

Achtsamkeitspraxis in die<br />

Psychotherapie kompliziert ist,<br />

sich aber lohnen würde. Wenn<br />

es gelingt, als Therapeut die Haltung<br />

stetig präsenter Achtsamkeit<br />

einzunehmen, wird manches<br />

möglich, was nicht-achtsamen<br />

Therapeuten eher schwer fallen<br />

dürfte: Das Persönliche, das Ichhafte<br />

tritt in den Hintergrund,<br />

und unsere Patienten können in<br />

diesem Beziehungsraum lernen,<br />

auch ihre Schmerzen, ihr Leid,<br />

ihre schwierigen Gefühle und<br />

Verhaltensmuster zunehmend<br />

als nicht zu sich gehörig zu erleben.<br />

Nicht-Identifikation geschieht.<br />

Das Buch bietet unzählige ganz<br />

konkrete Übungsvorschläge an,<br />

die sogar in einem Anhang noch<br />

nach Störungsbildern systematisiert<br />

werden. Anhand vieler Fallgeschichten<br />

wird dargestellt, welche<br />

Wirkungen diese Übungen<br />

auf einzelne Klienten hatten und<br />

wie sie im Lauf der Therapien<br />

lernten, sie für sich zu nutzen. Vor<br />

allem die radikal mitfühlende<br />

Annahme jeglicher Rückschläge<br />

und aller destruktiven und selbst -<br />

schädigenden Verhaltensweisen<br />

scheint dabei eine immense heilende<br />

Kraft zu entfalten.<br />

Der Titel handelt vom gemeinsamen<br />

Sein. Wie so oft begegnen<br />

wir auch hier der Paradoxie,<br />

dass dieser besondere Beziehungsraum<br />

sich vermeintlich<br />

nur durch ein fleißig übendes Tun<br />

zu erschließen scheint. Handlungsanleitungen,<br />

wie diese Wege<br />

beschritten werden können,<br />

füllen nahezu alle Seiten. Dieses<br />

Therapeuten-Handbuch ist in<br />

seinem klaren Aufbau und der<br />

Fülle seiner Anregungen überzeugend.<br />

Jedem Kollegen, der an<br />

ganz konkreten Achtsamkeits -<br />

übungen interessiert ist, die sich<br />

unmittelbar in die Praxis umsetzen<br />

lassen, sei es wärmstens empfohlen.<br />

Maria-Anne Gallen<br />

Eine Kraft des Seins<br />

Dieses Buch ist der erste Band<br />

einer Trilogie, die den drei emotionalen<br />

Grundkräften des denkenden<br />

Geistes gewidmet ist:<br />

Angst, Zorn und unerfüllte Liebe.<br />

Es ist gegliedert in eine Einführung<br />

von Ulrike Porep, einen<br />

Bericht aus der Welt einer<br />

Angstfixierung von Johannes<br />

Spath und einen Essay von OM<br />

C. Parkin, in dem das Phänomen<br />

Wirksame Erste Hilfe<br />

bei Depressionen<br />

bei Depressionen<br />

Gabriele Rossbach<br />

HEILSAME MEDITATIONEN<br />

BEI DEPRESSIONEN<br />

208 Seiten | € 17,99<br />

ISBN 978-3-7787-9263-6<br />

Das innovative Selbst hilfeprogramm<br />

zur Behandlung von<br />

depressiven Verstimmungen.<br />

Heilsame Meditationen befreien<br />

aus Apathie und Hilflosigkeit,<br />

bauen das Selbstwert gefühl auf<br />

und stärken die Resilienz.<br />

Mit Audio-CD.<br />

integral-verlag.de<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 71


BÜCHER<br />

Angst anhand des Enneagramms<br />

erklärt wird. Der größte Teil des<br />

Buches sind Dialoge zum Thema<br />

Angst unter der Überschrift<br />

»Darshan mit OM C. Parkin«.<br />

Soweit zum Aufbau des Buchs.<br />

Viel wichtiger ist natürlich sein<br />

Inhalt.<br />

Angst: Was ist das denn überhaupt,<br />

und wie behindert sie uns?<br />

Das Buch enthält das Potenzial,<br />

zu erforschen und zu entdecken,<br />

was Angst wirklich ist. Letztlich<br />

steckt hinter jeder Angst die<br />

Angst vor dem Tod. Die Verleugnung<br />

oder das Nicht-Erkennen<br />

dieser Angst führt zur Angst<br />

vor der Angst, der wir zu entkommen<br />

suchen. So flüchten wir<br />

in eine vermeintliche Sicherheit<br />

im Außen, eine Sicherheit, die<br />

sich bei genauerer Betrachtung<br />

als Scheinsicherheit entpuppt<br />

und damit als eine Flucht vor der<br />

Wirklichkeit.<br />

Nun geht es bei OM C. Parkin<br />

nicht darum, die Angst zu therapieren,<br />

oder gar darum, sie loszu -<br />

werden. Vielmehr geht es darum,<br />

der Angst ganz sanft sehr nahe<br />

zu kommen. Das bedeutet nicht<br />

mehr »Ich habe Angst«, sondern<br />

»Ich bin Angst«. Dadurch verändert<br />

sich die Haltung zur<br />

Angst, oder, wie OM C. Parkin<br />

es ausdrückt: »Doch unversehens<br />

ist Angst nicht mehr das,<br />

gut<br />

III<br />

OM C. Parkin: Angst – Die Flucht<br />

aus der Wirklichkeit. Die drei<br />

emotionalen Grundkräfte des<br />

Enneagramms der Charakter -<br />

fixierungen 1. Band. advaitaMedia<br />

20<strong>15</strong>, HC 176 S., 14,80 €<br />

was sie einmal war, nämlich dein<br />

Feindbild; plötzlich wird sie zu<br />

einem Verbündeten auf deinem<br />

spirituellen Weg, so wie alles zu<br />

einem Verbündeten auf deinem<br />

spirituellen Weg werden kann,<br />

wenn du bereit bist, es zu sehen<br />

und zu nehmen.«<br />

So dient dieses Buch dazu, den<br />

Bogen, den wir um die Angst gemacht<br />

haben, zu beenden und<br />

uns dem zu nähern, was sie wirklich<br />

ist: eine elementare Kraft des<br />

Seins. Das ist die Quintessenz der<br />

über 20 Jahre gesammelten Dialoge<br />

über die Angst, der den letzten<br />

und größten Abschnitt des<br />

Buchs kennzeichnet.<br />

Meines Erachtens enthält das<br />

Buch eine sehr tiefe Sicht auf das<br />

Phänomen Angst. Was mir, der<br />

ich kein Kenner des Enneagramms<br />

bin, schwer fällt, ist die<br />

Verbindung zu diesem Abschnitt<br />

des Buches herzustellen. Aber<br />

was ich als spiritueller Sucher bei<br />

einem spirituellen Lehrer vor allem<br />

vermisse, ist die Verbindung<br />

zum Herzen, die ich hier nur ansatzweise<br />

spüren konnte.<br />

Martin Wagner<br />

sehr gut<br />

IIII<br />

Anna Gamma: Schön, wild und<br />

weise – Frauen auf dem Weg zu<br />

sich selbst und in die Welt.<br />

Theseus Verlag 20<strong>15</strong>, SC 208 S.,<br />

16,95 €<br />

Knochenfrau,<br />

Wolfsfrau, Lilith<br />

Lilith und Eva, die Wolfsfrau,<br />

Maria, Pele: Mit Anna Gamma<br />

treffen wir sie alle wieder, diese<br />

wichtigen Frauengestalten, die<br />

uns aus den alten Mythen zuflüstern<br />

und uns auffordern, dem<br />

Archetyp der Heldin nachzuspüren<br />

– eine Kraft, die heute fast<br />

verkommen scheint. Was stellt<br />

man nun an mit einem Buch, das<br />

sich akribisch genau an Schöpfungsmythen<br />

und Märchen entlang<br />

hangelt, um der Frau wieder<br />

ihre wahre Macht vor Augen zu<br />

führen, die sie bereitwillig abzugeben<br />

bereit war, oder die über<br />

viele Jahrhunderte hinweg Opfer<br />

vieler Verfälschungen war?<br />

»Das vorliegende Buch entstand<br />

aus der Auseinandersetzung mit<br />

dem Patriarchat«, schreibt die<br />

Autorin. Diesen ersten Satz<br />

glaubt man ihr sofort. Auch der<br />

letzte Absatz wirkt wahrhaftig:<br />

»Möge dieses Buch Frauen ermutigen,<br />

in der Verbundenheit<br />

mit den Ahnenfrauen ihren ganz<br />

persönlichen Weg zu gehen und<br />

kraftvoll und mutig ihren Beitrag<br />

in Familie, Partnerschaft und Gesellschaft<br />

einzubringen. Sie bereiten<br />

damit den Weg für die<br />

nachkommenden Töchter und<br />

Schwestern«.<br />

Wie ist das nun mit der Emanzipation?<br />

Brauchen wir solche<br />

Bücher heute noch? Ich würde<br />

sagen: Ja. Denn diese Buch ist<br />

weit weg von der überheblichen<br />

intellektuellen Ebene einstiger<br />

Frauenliteratur; es hat etwas<br />

Wärmendes, Kluges. Die Autorin<br />

richtet sich an Frauen auf der<br />

Suche nach weiblicher Identität<br />

und Gestaltungskraft. Jene weibliche<br />

Identität ist es sicher wert,<br />

genauer untersucht zu werden.<br />

Was ist weibliche Identität überhaupt?<br />

Ist das ein Mann mit<br />

Gelnägeln? Eine Frau, die ein<br />

Unternehmen führt? All die Derivate,<br />

die heute zu finden sind,<br />

die meint die Autorin nicht,<br />

wenn sie Expertinnen für Spiritualität<br />

und Sexualität ins Feld<br />

führt, wenn sie von der Herz-Gebärmutter-Saite<br />

oder dem goldenen<br />

Orgasmus spricht und<br />

schreibt: »In unseren Zellen<br />

scheint geheimnisvoll das leidende<br />

Erbe – Schmerz und<br />

Schuld – aller Frauen in unserer<br />

Ahnenreihe gespeichert.«<br />

Die Frage, ob sie zur Feministin<br />

geworden sei, verneint die Autorin.<br />

»Nein, wenn damit Frauen<br />

gemeint sind, die für die Sache<br />

der Frauen unerbittlich und mit<br />

großer Entschlossenheit kämpfen,<br />

die gelegentlich auch in Verbissenheit<br />

umschlägt. Diese Strategie<br />

war einmal sehr notwendig«.<br />

Wenn aber jene Frauen gemeint<br />

sind, die ganz nüchtern<br />

nach dem Beitrag der Frau zum<br />

Patriarchat fragen, in der Analyse<br />

jedoch nicht stehen bleiben,<br />

sondern nach dem Neuen suchen<br />

und bereits Elemente einer<br />

neuen Beziehung zu sich selbst<br />

und zwischen den Geschlechtern<br />

entdeckt haben, dann antwortet<br />

sie mit Ja.<br />

Die Autorin will brachliegendes<br />

Potenzial, das in den Frauen<br />

schlummert, erforschen. Ein Potenzial,<br />

das Männer und Frauen<br />

gleichermaßen dabei unterstützt,<br />

sich aus den für beide<br />

Geschlech ter schwierigen und<br />

schmerzhaften Fesseln des Patriarchats<br />

zu befreien. Sie geht<br />

vor gegen unterdrückte Weiblichkeit<br />

in ihrer ureigenen, reinsten<br />

Form, alle Wildheit, Urkraft<br />

inbegriffen. Sie meint nicht das<br />

domestizierte Weibchen, sondern<br />

die Frau, die die Elemente<br />

einer La Huesera hat, der Knochenfrau,<br />

und zugleich die einer<br />

La Loba, der Wolfs frau (die auch<br />

eine Schattenfrau ist), und drittens<br />

auch die einer Lilith, die<br />

einst als Göttin und Große Mutter<br />

verehrt wurde (der aber heute<br />

etwas Bedrohliches anhaftet).<br />

Es geht darum, dass sich die Frau<br />

wieder als Ganzes wahrnimmt,<br />

ihre Urinstinkte spürt und sich<br />

mit ihrer ganzen inneren Größe<br />

entfaltet; dass sie sich nicht mit<br />

dem dünnen Aufguss einer gesellschaftlich<br />

gewünschten Projektion<br />

von Weiblichkeit be -<br />

gnügt. »Es wird Zeit, dass wir<br />

dieses schlummernde Potenzial<br />

endlich befreien. Dazu ist es notwendig,<br />

dass die alten Wunden<br />

aus Geschlechterkampf und<br />

Zickenkrieg heilen dürfen und<br />

die Unterdrückung der Weiblichkeit<br />

ein Ende hat«.<br />

Ein sinnvolles Buch, das als begleitender<br />

Ratgeber, oder als beratender<br />

Begleiter, auf dem<br />

Nachttisch sicher wertvolle<br />

Dienste leistet.<br />

Christiane Barth<br />

Für eine bessere<br />

Welt<br />

Das Buch, das der Psychologe<br />

und Erfolgsautor Daniel Goleman,<br />

ein langjähriger Freund des<br />

72 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


BÜCHER<br />

Dalai Lama, zu dessen 80. Geburtstag<br />

geschrieben hat, könnte<br />

die Welt verändern, denn es ist<br />

eine bemerkenswerte Sammlung<br />

der Visionen des Dalai Lama für<br />

eine bessere Welt. Wie ist diese<br />

lebenswertere Welt zu bewerkstelligen?<br />

Allem voran durch die<br />

Botschaft des Mitgefühls. Diese<br />

verkündet der Dalai Lama seit<br />

vielen Jahren unermüdlich in der<br />

hervorragend<br />

IIIII<br />

Daniel Goleman: Die Macht des<br />

Guten – Der Dalai Lama und seine<br />

Vision für die Menschheit. O.W.<br />

Barth 20<strong>15</strong>, HC 304 S., 19,99 €<br />

ganzen Welt, und zwar nicht nur<br />

durch Worte, sondern durch seine<br />

einmalige Persönlichkeit und<br />

seine Taten.<br />

Das Buch vermittelt, wie jeder<br />

einzelne Mensch an der Entstehung<br />

einer besseren Welt mitwirken<br />

kann. Ob es sich dabei um<br />

Umweltthemen oder menschliche<br />

Not, um emotionale Hygiene<br />

oder eine menschenwürdige<br />

Ökonomie handelt: Man kann<br />

überall und jederzeit damit beginnen,<br />

seinen Beitrag zu leisten<br />

und nicht nur zu reden und sich<br />

aufzuregen oder Angst zu haben,<br />

sondern zu handeln und damit<br />

etwas zu bewirken.<br />

In seiner sehr persönlichen Botschaft<br />

zeigt der Dalai Lama einen<br />

Plan für eine bessere Zukunft<br />

der Menschheit auf: Optimismus<br />

statt Pessimismus, Brüderlichkeit<br />

statt Egoismus, das<br />

große Ganze sehen, statt nur an<br />

den eigenen Profit und das eigene<br />

Wohlergehen zu denken. Das<br />

ist genau das, was unsere Welt<br />

heute braucht, um zu einer besseren<br />

Welt zu werden.<br />

Dass auf diesem Weg Religion<br />

und Wissenschaft sich nicht mehr<br />

diametral gegenüberstehen, sondern<br />

zu Partnern werden, ist dem<br />

Dalai Lama ein großes Anliegen.<br />

Und es fehlt auch nicht an praktischen<br />

Beispielen, wie man die<br />

großartigen Ideen einer neuen,<br />

menschlicheren Welt in die Tat<br />

umsetzen kann. Wer sich der<br />

Kraft des Guten anschließen und<br />

sich mit Gleichgesinnten zusammentun<br />

möchte, kann dies über<br />

die Website www.joinafor<br />

ce4goof.org tun.<br />

Marianne Scherer<br />

Begleiter auf dem<br />

Weisheitspfad<br />

Ein Aufklärungs- und Lernbuch,<br />

das nicht nur die kompakte Essenz<br />

der wichtigsten psychologischen<br />

und wissenschaftlichen<br />

Erkenntnisse bereithält, sondern<br />

auch praktikable Übungen zur<br />

tiefgehenden Selbsterkenntnis<br />

und Reflexion, die nicht nur Leute<br />

vom Fach, sondern jeden in<br />

seiner individuellen Lebensgeschichte<br />

abholt: den Anfänger<br />

wie den Meditationserfahrenen.<br />

Das Buch enthält zudem wertvolle<br />

weiterführende Literaturhinweise<br />

zur individuellen Themenvertiefung.<br />

Der Autor beschreibt eine Ebene,<br />

die die kosmischen und irdischen<br />

Zusammenhänge verständlich<br />

und möglich macht. Er<br />

verbindet die Welt der Spiritualität,<br />

Weisheit und Mystik mit<br />

hervorragend<br />

IIIII<br />

Günther Mohr, Achtsamkeits -<br />

coaching – Das Kunstwerk des<br />

Lebens gestalten. Mit vielen<br />

Übungen für die berufliche und<br />

persönliche Praxis (EHP-Praxis),<br />

Edition Humanistische Psychologie<br />

2013, SC 250 S., 21,99 €<br />

SHINUI martial dance – Münchner Schule<br />

„Bewusstheit in Bewegung<br />

und Begegnung“<br />

Eine Synthese aus Tai Chi, Contact<br />

Impro, Aikido, der Feldenkrais -<br />

methode und Meditation<br />

Termine und Infos unter:<br />

www.shinui-muenchnerschule.de<br />

moderner Psychologie und den<br />

verschiedenen Rollenwelten in<br />

unserem Leben, die aus der heutigen<br />

Alltagsrealität, aus Wirtschafts-<br />

und Politikbezügen resultieren<br />

und die Menschen extrem<br />

herausfordern. Als Lösungsweg<br />

beschreibt er mit sehr<br />

klarer Definition den Übungsweg<br />

der Achtsamkeit, was dieser<br />

ist und was er nicht ist. Beeindruckend<br />

verständlich ist auch<br />

der Begriff der nondualen Ebene<br />

erläutert.<br />

Mit seinem Modell »Treppe der<br />

Aufmerksamkeit« schafft Gün -<br />

ther Mohr eine wunderbar klare<br />

Struktur durch alle Lebensstufen<br />

mit den uns zur Verfügung<br />

stehenden Aufmerksamkeitsebenen,<br />

die für jeden gut nachvollziehbar<br />

ist.<br />

Meiner Meinung nach gibt es auf<br />

den 145 Seiten des Buches kein<br />

Thema des großen Weisheitspfades,<br />

das nicht angesprochen<br />

wurde. Insofern ist das Buch ein<br />

wahrer Schatz und Lebensbegleiter<br />

auf dem Weg zur inneren<br />

Ruhe und zum integrativen<br />

Selbst. Unbedingt empfehlenswert!<br />

Gabriele Engelke<br />

»Gegen die<br />

Infamitäten des<br />

Lebens sind die<br />

besten Waffen:<br />

Tapferkeit,<br />

Eigensinn und<br />

Geduld. Die<br />

Tapferkeit stärkt,<br />

der Eigensinn macht<br />

Spaß und die Geduld<br />

gibt Ruhe«<br />

Hermann Hesse<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 73


LESERBRIEFE<br />

Leserbriefe<br />

Ankommen im richtigen<br />

Leben<br />

(zu Connection Spirit 7–8/<strong>15</strong>)<br />

Hallo Herr Schneider, persönlich<br />

kenne ich Sie nicht, lediglich<br />

aus Ihren Kabarett-Stücken und<br />

gelegentlicher Lektüre Ihrer<br />

Zeitschrift, wie letzthin der<br />

Connection Spirit 7/8 20<strong>15</strong>. Fast<br />

hätte ich wieder gesagt »wie witzig!«,<br />

doch auf Ihr dortiges Vorwort<br />

will ich mal ernsthaft eingehen.<br />

»Ankommen im richtigen<br />

Leben« titeln Sie in dieser<br />

Ausgabe. Gibt es denn überhaupt<br />

sowas wie ein »richtiges«<br />

Leben? Demnach müsste es ja<br />

auch ein verkehrtes bzw. unrichtiges,<br />

falsches Leben geben.<br />

Sie wurden geboren – in Ihr Leben<br />

hinein, und durften da bestimmte<br />

Erfahrungen machen.<br />

Ich wurde geboren – in mein Leben<br />

hinein und mein Schicksal.<br />

Sie und ich haben gelebt – so<br />

weit, so gut. War da irgendwas<br />

falsch dran oder verkehrt? Mit<br />

allem, was Sie oder ich getan haben,<br />

sind wir doch genau hier angekommen!<br />

Wie könnten wir<br />

woanders sein? Die blonde Ma<br />

auf dem Titelbild steht an einer<br />

grauen Wand und hat ihr (?) Ziel<br />

erreicht: »Es befindet sich genau<br />

hier.«<br />

Ist das so? Ich staune. Und ich<br />

nehme mal stark an, dass Sie,<br />

Herr Schneider, Ihr Ziel noch<br />

nicht erreicht haben, denn Sie<br />

planen die nächsten Hefte, und<br />

ich plane meinen Herbsturlaub.<br />

Und dann setzen Sie im Vorwort<br />

noch eins drauf: »… wir müssen<br />

erst mal da ankommen, wo wir<br />

wirklich sind, sonst … – Wir müssen<br />

in der Realität landen, im<br />

richtigen Leben.« Ja Hilfe, da<br />

sind wir doch schon! Ein jeder<br />

lebt in seiner Realität; er/sie<br />

kann ja gar nicht anders! Und<br />

gäbe es keine Illusionen und keinen<br />

Schlummer, Ihr Heft wäre<br />

glatt für die Katz.<br />

Mir scheint, dass diese von Ihnen<br />

beschriebene »Realität« ein<br />

Kunst-Begriff ist, um den Leuten<br />

zu sagen, dass es da eine<br />

Messlatte gibt. Wer es bis zu dieser<br />

Messlatte geschafft hat, fühlt<br />

sich dann berufen, den Zurückgebliebenen,<br />

den Nicht-Erwach -<br />

ten, den Erleuchtungsfreaks, etwas<br />

von seiner Stufe der Erkenntnis<br />

mitzuteilen, nämlich<br />

wie »das Ankommen« ins richtige<br />

Leben vor sich geht!? Tja,<br />

Wasserverkäufer …<br />

Erwin Zeh, D-83043 Bad Aibling,<br />

ezeh@gmx.de<br />

Magie ohne Umwege<br />

(zu Connection 9–10/<strong>15</strong>)<br />

Lieber Wolf, endlich komme ich<br />

nochmal dazu, dir zu schreiben.<br />

Die Sommerwochen war ich auf<br />

Reisen, zuletzt in Plumvillage –<br />

Frieden pur. Schade, dass die aktuelle<br />

Connection vermutlich<br />

das vorletzte Heft ist. Wie geht<br />

es dir damit? Findest du es befreiend<br />

oder betrüblich, oder<br />

beides?<br />

Dein Artikel »Sprache und Erkenntnis«<br />

– d’accord! Mir wird<br />

auch immer öfter bewusst, wie<br />

sehr Worte oft einen Schleier<br />

über das Wirklichere legen und<br />

mich auf eine leicht artifizielle<br />

Mentalebene versetzen. Dazu<br />

erwähnst du etwas in deiner Begegnung<br />

mit den Pferden auf der<br />

Almhütte und beschreibst, wie<br />

eine unmittelbare Wahrnehmung<br />

mit Tieren möglich ist.<br />

Auch meine beiden Kater lieben<br />

mich freundlich und schweigend<br />

– zumindest, wenn sie satt sind.<br />

Das ist einfach und pur.<br />

Auch den Artikel von Matthias<br />

Mala fand ich sehr inspirierend.<br />

Zum Bericht »Wort-Medizin«<br />

der Schamanin Nana Nauwald<br />

möchte ich ergänzen, dass wir<br />

solche Wirkungen im Alltag sehr<br />

konkret spüren. Wir spüren, ob<br />

jemand uns wohlgesonnen ist<br />

und deshalb wohltuend auf unser<br />

Befinden wirkt, oder ob er in<br />

einem negativen, kritischen Modus<br />

ist, was beim Kontakt zumindest<br />

bei sensiblen Naturen<br />

eine diffuse innere Anspannung<br />

verursacht. Um mit dieser Art<br />

der »Magie« umzugehen, braucht<br />

es jedoch einfach nur bewusste<br />

Gedanken, die freundlich sind!<br />

Ganz gleich, ob ich das Trinkwasser<br />

für meine beiden Kater<br />

mit einem Lächeln »imprägniere«,<br />

das Essen für meine Lieben<br />

mit Freude bereite oder einem<br />

unsicheren Menschen den<br />

Gedanken schenke: »Ich finde<br />

dich gut. Schön, dass es dich<br />

gibt!« Es wirkt. Kirtans oder<br />

Mantras wirken erst recht, man<br />

braucht damit keinerlei Geister<br />

anzurufen. Falls es die überhaupt<br />

gibt! Und wenn es sie gibt,<br />

auf welchen Egotrips mögen die<br />

sich wohl gerade befinden? Unsere<br />

Quelle – die göttliche Omnipräsenz<br />

– besitzt allumfassende<br />

Energie, Heilungskraft und<br />

Liebe. Wozu Umwege machen<br />

und es komplizierter machen, als<br />

es ist?<br />

Und du nimmst wieder Juxanzeigen<br />

rein, zu guter Letzt? »Das<br />

Geheimnis« dort auf Seite 10<br />

ist bestechend. Selbstverständlich<br />

buche ich die Bahamas zu<br />

4.950,– Euro, um (na endlich)<br />

die Einweihung in die Erschaffung<br />

und Gestaltung von Geheimnissen<br />

zu erhalten. Als Erstes<br />

werde ich eines der größten<br />

Mysterien lüften: Das Verschwinden<br />

einzelner schwarzer<br />

»Wir Menschen sind eine derartige<br />

Paarung von grandioser Intelligenz mit<br />

frappierender Dämlichkeit! Was hat<br />

Gott sich dabei bloß gedacht?«<br />

Gabriele Rossbach, D-52078 Aachen<br />

Socken aus meiner Waschmaschine.<br />

Im Lauf der Jahre sind<br />

daraus mindestens zwanzig einzelne<br />

– immer nur schwarze! –<br />

Socken entschwunden. Meine<br />

Spekulationen reichen über<br />

quantenphysikalische Vorgänge<br />

frei nach Schrödinger bis hin zur<br />

subversiven Verbindung mit ei-<br />

74 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


nem schwarzen Loch. Oder mit einem<br />

Wurmloch? Letzteres wäre spannend zu recherchieren,<br />

da es womöglich einen Transfer<br />

durch die Zeiten erlaubt. Untermalt vom<br />

Plätschern türkisfarbener Brandung werde<br />

ich an diesen Mysterien arbeiten.<br />

»Sind wir komisch?« wird dein nächstes<br />

Heft zum Thema haben. Na, und ob wir komisch<br />

sind, saukomisch sogar, vor allem, weil<br />

es uns nicht bewusst ist! Und wo sonst findet<br />

sich eine derartige Paarung von grandioser<br />

Intelligenz mit frappierender Dämlichkeit<br />

wie beim Menschen? Was hat Gott<br />

sich dabei bloß gedacht! Wäre ihm seine<br />

große göttliche Performance sonst zu langweilig?<br />

Gabriele Rossbach, D-52078 Aachen,<br />

gabriele.rossbach@gmx.de<br />

LESERBRIEFE<br />

te sie doch eine recht lange Existenz! Der<br />

Herausgeber darf stolz sein auf sein Werk<br />

und sich antibuddhistisch ego-streichelnd<br />

auf die Schulter klopfen: Er – und seine<br />

Autoren – haben sicherlich viele Leute mit<br />

dieser Zeitschrift zum Nachdenken gebracht.<br />

Vielleicht zur Erkenntnis geführt,<br />

um damit mal einen geerdeteren Begriff für<br />

das mich nervende Erleuchtungs- und Erwachungsgeplapper<br />

zu benutzen. Eventuell<br />

gar zu einem Wandel der Lebensweise inspiriert.<br />

Das alles wäre schon verdammt viel!<br />

Ärgerlich nur, dass Connection dann in manchen<br />

Zeitschriftenauslagen, vor allem an<br />

Bahnhöfen, nicht mehr zu sehen sein wird<br />

und stattdessen (weiterhin) verdrängt wird<br />

von den vielen Weichspüler-Wellness-Wohlfühl-Medien,<br />

die im Grunde das sich Einnisten<br />

in Nischen im falschen Leben propagieren.<br />

Ach ja, ich wollte sagen: nicht<br />

schluchz, schnief und seufz, stattdessen einfach<br />

Dankbarkeit dafür, dass so eine spirituell-gesellschaftskritische<br />

Publikation<br />

überhaupt so viele Jahre lang das Licht der<br />

Welt erblicken konnte. Ich bin mir ziemlich<br />

sicher, dass jeder, der dieses Magazin liest<br />

und es las, der es mit Beiträgen versorgte<br />

und es herausgab, auch weiterhin im Sinne<br />

dieses Magazins leben und wirken kann. Gewiss<br />

wird es der »legendäre« Herausgeber<br />

tun, dessen Humor und Selbstironie, was seine<br />

eigene Zukunft anbelangt, mich entspannt<br />

zurücklehnen lässt! Und schon droht<br />

er mit der Bloggerei …<br />

Rainer Spallek, D-47057 Duisburg,<br />

info@lernen-und-leben.de<br />

Stirb und werde<br />

(zum Abschied von Connection)<br />

Zuallererst mal recht herzlichen Dank an<br />

dich, Sugata, für das, was du für uns alle<br />

und für eine neue lebens- und liebenswerte<br />

Welt eingebracht und geleistet hast! Mit<br />

deinem sicheren Instinkt für das Wesentliche<br />

hast du in den letzten dreißig Jahren<br />

ganze lebenskulturelle und spirituelle »Aufbruchs-Szenen«<br />

begleitet, hast dabei nie den<br />

Humor verloren und bist dabei nicht in den<br />

jetzt so modernen seicht-esoterischen Gewässern<br />

herumgewatet und auch nicht in<br />

EVENTGUIDE<br />

Der ganzheitliche<br />

Veranstaltungskalender<br />

Kostenloser Eintrag<br />

für Print + App<br />

Event-Guide-App kostenlos downloaden<br />

»Wenn man den Begriff der Vergänglichkeit ernst nimmt,<br />

dann ist es doch wohl klar, dass auch eine solche<br />

Zeitschrift mal ihr Ende findet.<br />

Ich spüre Dankbarkeit dafür, dass so eine<br />

spirituell-gesellschaftskritische Publikation<br />

überhaupt so viele Jahre lang das<br />

Licht der Welt erblicken konnte.«<br />

Ihre Termine erscheinen<br />

in der Event-Guide-App<br />

und zwei Printausgaben<br />

Rainer Spallek, D-47057 Duisburg<br />

Statt schluchz, schnief und seufz<br />

(zum Abschied von Connection)<br />

Lieber Wolf, im Grunde kommt es jetzt ja<br />

so, wie es seit Längerem schon erwartet werden<br />

konnte, musste, durfte: Connection Print<br />

adieu, wir hatten eine gute Zeit – und du sicherlich<br />

eine sehr intensive! Wenn es also<br />

dazu kommt, so gibt es weniger einen Grund<br />

für Schluchz und Schnief. Mein Gott, wenn<br />

man den Begriff der Vergänglichkeit ernst<br />

nimmt, dann ist es doch wohl klar, dass auch<br />

eine solche Zeitschrift mal ihr Ende findet!<br />

Dafür, dass sie so ist, wie sie ist und war, hat-<br />

www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong><br />

»Verschwörungsfallen« festgehangen. Ich<br />

bin stolz darauf, dass ich so viele Jahre lang<br />

als Connection -Autor bei allen drei Magazinen<br />

– Spirit, Tantra und Schamanische Wege<br />

– mitwirken durfte. Die Connection ist<br />

und war einfach einzigartig und großartig.<br />

Ein dickes indianisches Ho darauf!!!<br />

Auf dieses Werk von dir darfst du wirklich<br />

stolz sein. Und nun bist du bereit, einen<br />

großen Teil deines Lebenswerks – die<br />

Connec tion Print und das Connec tionhaus<br />

– loszulassen und dich auf deiner Heldenund<br />

Pilgerreise auf eine neue Lebensstufe<br />

einzulassen.<br />

»Und solang du das nicht hast, dieses: Stirb<br />

und werde, bist du nur ein trüber Gast auf<br />

der dunklen Erde« – Goethe hätte seine<br />

wahre Freude an dir gehabt und ebenso<br />

Termine online buchen<br />

www.eventgui.de


LESERBRIEFE<br />

Osho und Veeresh und viele andere.<br />

Ach, und fast hätte ich Hesse<br />

vergessen: »Kaum sind wir<br />

heimisch einem Lebenskreise<br />

und traulich eingewohnt, so<br />

droht Erschlaffen, Nur wer bereit<br />

zu Aufbruch ist und Reise,<br />

mag lähmender Gewöhnung<br />

sich entraffen.«<br />

»Als angepasster<br />

Mainstream-<br />

Journalist oder<br />

mode-esoterischer<br />

Zampano hättest du<br />

dicke verdient und<br />

stündest nun mit<br />

einer guten Rente<br />

da. Vielen von uns<br />

Idealisten geht es<br />

ähnlich wie dir.«<br />

Gerd Soballa, E-38750 El Paso<br />

Die Kehrseite der Medaille: Materiell<br />

reich bist du dabei nicht<br />

ge worden. Als angepasster Main -<br />

stream-Journalist oder modeesoterischer<br />

Zampano hättest<br />

du dicke verdient und stündest<br />

nun mit einer guten Rente da.<br />

Vielen von uns Idealisten geht<br />

es ähnlich wie dir. Du bist da<br />

nicht allein.<br />

Dafür kannst du aber guten Herzens<br />

und mit Seelenfrieden und<br />

vor allem guten Gewissens in<br />

den Spiegel schauen. Da siehst<br />

du dann einen alten, jung gebliebenen<br />

und weise gewordenen<br />

»Heiligen Narren«, der die<br />

Welt mit seiner Liebe, seinem<br />

Humor und seiner Weisheit weiterhin<br />

erfreuen wird.<br />

Göttin sei Dank bin ich mit meinem<br />

»Nachruf« auf die Connection<br />

und dich gerade noch haarscharf<br />

an einer Grabesrede vorbeigeschliddert<br />

– mit einem lachenden<br />

und weinenden Auge<br />

–, deshalb: Es geht weiter! Auf<br />

einer neuen Ebene. Und not to<br />

forget: Du bist ja auch schon ein<br />

halber »Palmero« geworden,<br />

und ich freue mich schon darauf,<br />

mit dir bald wieder auf unserem<br />

Vulkanhügel in El Paso<br />

oder am Meer in Tazacorte einen<br />

Cortado zu trinken.<br />

Und eines noch: Die dreißig Jahre<br />

Connection mit all ihren vielfältigen<br />

Inhalten für eine Neue<br />

Lebenskultur wären es wert, sie<br />

der Nachwelt zu erhalten. Dafür<br />

müssten die Prints digitalisiert<br />

werden. Das kostet Geld und<br />

Zeit. Wie wäre es mit einem Förderkreis<br />

für diese Aufgabe?<br />

Gerd Soballa,<br />

E-38750 El Paso und D-Konstanz,<br />

gerd.soballa.ag.21@t-online.de<br />

Wer sind hier die<br />

Geisterfahrer?<br />

(zum Abschied von Connection)<br />

Lieber Wolf Sugata Schneider,<br />

mein Leben verläuft nicht gerade<br />

so, wie ich es gerne hätte, aber<br />

mit zunehmendem Alter nimmt<br />

die Gelassenheit zu. Ich bin 58<br />

Jahre alt, habe zwei Kinder von<br />

zwei Frauen, bin noch berufs -<br />

tätig und lebe zur Zeit allein<br />

oder mit meinem siebenjährigen<br />

Sohn zusammen. Eine Konstante<br />

in meinem Leben ist die<br />

Connection, die mich bist jetzt<br />

durch alle Höhen und Tiefen begleitet<br />

hat – seit fast 30 Jahren.<br />

Immer wieder habe ich Kraft,<br />

Energie und Zuversicht aus dieser<br />

Zeitschrift geschöpft. Hat sie<br />

mir doch immer, wenn ich zweifelte,<br />

gezeigt, dass ich nicht der<br />

gesellschaftliche Geisterfahrer<br />

bin, der ziemlich allein und vol -<br />

ler unrealistischer Träume sich<br />

eine bessere Gesellschaft<br />

wünscht, sondern dass ich mich<br />

in guter Gesellschaft befinde.<br />

Danke Connection – und danke<br />

dir dafür!<br />

Zu den beruhigenden oder im<br />

positiven Sinne Unruhe stiftenden<br />

Konstanten in meinem Leben<br />

gehören übrigens auch Hannes<br />

Wader und Konstantin We -<br />

cker. Solange diese noch gehört<br />

werden, gibt es noch Hoffnung!<br />

Und es freut mich sehr, dass<br />

Konstantin Wecker seit einiger<br />

Zeit für Connection schreibt.<br />

Es würde mich schmerzen, sollte<br />

Connection eingestellt werden.<br />

Aber so ist das Leben –<br />

ständig in Bewegung. Ein unab -<br />

lässiges Beenden und wieder<br />

neu Anfangen.<br />

Thomas D. Kunklar, D-66399<br />

Mandelbachtal (keine E-Mail-Adresse)<br />

»Man muss nie<br />

verzweifeln,<br />

wenn einem etwas<br />

verloren geht,<br />

ein Mensch oder<br />

eine Freude<br />

oder ein Glück;<br />

es kommt alles<br />

noch herrlicher<br />

wieder.«<br />

Leela Rebekka Preining, A-4240<br />

Freistadt, zitiert Rilke<br />

Schärfer, klarer, ehrlicher<br />

(zum Abschied von Connection)<br />

Wolf, Sugata, ich kenne dich und<br />

das Connectionhaus sowie deine<br />

Zeitschrift Connection nun<br />

schon viele Jahre – sie war ein<br />

wichtiger Bestandteil meines<br />

spirituellen, künstlerischen und<br />

seelischen Entwicklungsweges.<br />

Nun ist es also so weit, und das<br />

letzte Heft von Connection soll<br />

nun, passend zum Herbst, erscheinen.<br />

Du wirst zwar weiterhin<br />

schreiben, das freut mich,<br />

dennoch hat der Abschied für<br />

mich auch etwas Melancholisches.<br />

Beim Blick zurück denke ich an<br />

Rilkes Zeilen: »Man muss nie<br />

verzweifeln, wenn einem etwas<br />

verloren geht, ein Mensch oder<br />

eine Freude oder ein Glück; es<br />

NEU!<br />

Machen uns unsere<br />

Emotionen<br />

krank?<br />

ISBN 404-2-564-<strong>15</strong>498-6<br />

Es gibt Menschen, die trinken gesundes Wasser,<br />

essen gesund, treiben Sport, laufen, joggen,<br />

machen Yoga, meditieren und ihr Körper spricht<br />

trotzdem immer noch zu ihnen – durch Herzerkrankungen,<br />

Krebs, Allergien und andere<br />

Krankheiten!<br />

Woran liegt das? Sind der Kern des Problems<br />

etwa ihre Emotionen? Erfahrungen und Erinnerungen,<br />

die im Unterbewusstsein begraben<br />

sind und sich so Ausdruck verleihen?<br />

Die Wissenschaft hat erkannt, dass es zu 90 %<br />

diese Altlasten sind, die uns beeinflussen und<br />

unser Leben bestimmen. Unser aktuelles<br />

Leben!<br />

Ein Film für Menschen die sich selbst verstehen<br />

wollen, für Psychologen und Ärzte, die ihren<br />

Horizont erweitern wollen und für all diejenigen,<br />

die endlich den Beweis dafür suchen, was<br />

sie schon lange wussten!<br />

Winner GOLDEN Award<br />

WORLD FILM<br />

AWARDS<br />

2014<br />

emotion-der-film.de


LESERBRIEFE<br />

PIXABAY.COM © HANS<br />

kommt alles noch herrlicher<br />

wieder. Was abfallen muss, fällt<br />

ab; was zu uns gehört, bleibt bei<br />

uns, denn es geht alles nach Gesetzen<br />

vor sich, die größer als unsere<br />

Einsicht sind und mit denen<br />

wir nur scheinbar im Widerspruch<br />

stehen. Man muss in sich<br />

selber leben und an das ganze<br />

Leben denken, an alle seine Millionen<br />

Möglichkeiten, Weiten<br />

und Zukünfte, denen gegenüber<br />

es nichts Vergangenes und Verlorenes<br />

gibt.« (Briefe, 1904)<br />

Die Connection, ihre Themen<br />

und die interessanten Menschen,<br />

die du in deinem Verlag<br />

hast zu Wort kommen lassen, besonders<br />

auch deine Worte und<br />

Sprache, haben sich so oft fein<br />

und nährend an meine eigenen<br />

Lebens- und Entwicklungs the -<br />

men angeschmiegt. Deine Sicht<br />

der Welt hatte für mich oft etwas<br />

sehr Klärendes und Erhellendes.<br />

Ich mag deine aufrichtige Bescheidenheit<br />

(nicht alles zu wissen,<br />

und dir nicht zu sicher zu<br />

sein, außer in dem einen) und<br />

deinen Mut, dir und deinen Lesern<br />

auch unbequeme Fragen zu<br />

stellen.<br />

Ich mag es, dass du mit deinen<br />

Worten immer schärfer, klarer,<br />

ehrlicher wirst. Dein Schreiben<br />

reift wie guter Wein. Darum<br />

freue ich mich, wenn ich weiterhin<br />

lesen darf, was du schreibst,<br />

und so noch tiefer eintauchen<br />

kann ins Mysterium unseres Daseins!<br />

Leela Rebekka Preining,<br />

A-4240 Freistadt, Leelaluna@gmx.at<br />

fehlt die Leiter, auf der wir sicher und bestimmt zur<br />

Wahrheit aufsteigen können<br />

Überdruss … Wer weiß, vielleicht ist er die tiefinnere<br />

Unzufriedenheit der Seele, weil wir ihr keinen Glauben<br />

gelassen haben, die Untröstlichkeit des traurigen Kindes<br />

in unserem Inneren, weil wir ihm nicht das göttliche<br />

Spielzeug gekauft haben. Vielleicht ist er die<br />

Unsicherheit desjenigen, der eine Hand braucht, die ihn<br />

leitet, und der auf dem schwarzen Weg der tiefen<br />

Empfindung nichts anderes fühlt als die stille Nacht<br />

des Nicht-denken-Könnens, als die leere Straße<br />

des Nicht-fühlen-Könnens …<br />

Überdruss … Wer Götter hat, verspürt nie Überdruss.<br />

Überdruss ist ein Mangel an Mythologie. Wer keinen<br />

Glauben hat, dem ist selbst der Zweifel unmöglich,<br />

selbst seinem Skeptizismus fehlt die Kraft zum<br />

Misstrauen. Ja, das ist Überdruss: der Verlust<br />

der seelischen Fähigkeit, sich Illusionen zu machen,<br />

das gedankliche Fehlen der inexistenten Leiter, auf der<br />

er sicher und bestimmt zur Wahrheit aufsteigen kann …<br />

(Fernando Pessoa in Das Buch der Unruhe<br />

des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares)<br />

Ohne Illusionen<br />

Unsere Klassiker zum kleinen Preis!<br />

Wir finden: Diese Filme muss man unbedingt gesehen haben.<br />

Deshalb haben wir für alle Filme auf www.horizonworld.de die Preise gesenkt!<br />

9,<br />

ab<br />

99<br />

EURO<br />

Viele weitere<br />

Angebote unter<br />

Wähle Dir bei<br />

jedem Kauf ein<br />

Geschenk<br />

aus!<br />

*<br />

„<br />

Bleep“ – den Klassiker gibts jetzt<br />

auch zum ONLINE-ANSCHAUEN!


MARKTPLATZ<br />

Marktplatz<br />

Aus- und<br />

Weiterbildungen<br />

Dr. Sylvester Walch<br />

Seminare und Weiterbildungen –<br />

Holotropes Atmen, trans personale<br />

Psychologie/Psycho therapie und<br />

Spiri tualität (seit 2013 auch Spezialsemi<br />

nare für Führungskräfte).<br />

Erfolgreiche Bücher: „Dimensionen<br />

der mensch lichen Seele“ und „Vom<br />

Ego zum Selbst.“<br />

Infos und Interviews unter:<br />

www.walchnet.de oder<br />

sylvester@walchnet.de<br />

HAWAIIANISCHE KÖRPERARBEIT –<br />

Lomi-Lomi, professionelle Ausbildung:<br />

www.kahuna-wissenschaften.de<br />

Beratung<br />

**GRATIS-Telefonberatung** Astrologen,<br />

Kartenleger und Hellseher beantworten<br />

einfühlsam alle Ihre Fragen.<br />

Jetzt gratis anrufen! Tel.: 0800-<br />

90064448 (gebührenfrei)<br />

Gemeinschaften<br />

oekodorf@gemeinschaften.de<br />

07764-933999 Beratung/Adressen<br />

weltweit. Seminar Gemeinschaftssuche/gründung<br />

13.-<strong>15</strong>.<strong>11</strong>. Südbaden.<br />

Festival f. Gemeinschaften & Interessierte<br />

28.<strong>12</strong>.-1.1. Taunus<br />

Heilung & Gesundheit<br />

500 FASTEN-WANDERUNGEN ÜBER-<br />

ALL. Woche ab 300 €. Leiter-Ausbildung!<br />

Fasten-Wander-Buch <strong>15</strong> €.<br />

Tel/Fax 0631-47472,<br />

www.fastenzentrale.de<br />

Kontakte<br />

www.Gleichklang.de: Die alternative<br />

Kennenlern-Plattform im Internet für<br />

naturnahe, umweltbewegte, tierfreundliche<br />

und sozial denkende Menschen.<br />

Sei jetzt dabei!<br />

Tantra<br />

Tantra Seminare und -Massage-Ausbildungen:<br />

www.tantra-heute.de,<br />

Tel.: 05221-693181<br />

Trennungen<br />

»Scheidung in Liebe«? Der »Verein<br />

Humane Trennung und Scheidung –<br />

VHTS« hilft und informiert. Laufende<br />

Vortragsveranstaltungen in München<br />

und Berlin, Infobroschüren und Kurzberatungen.<br />

Telefon 089/530 95 39<br />

www.vhts-muenchen.de<br />

fr ee your soul!<br />

Liebe Eros Bewusst Sein<br />

Einführungswochenenden<br />

Intensivgruppen<br />

Jahrestraining<br />

Ausbildung<br />

mit Saleem Matthias Riek<br />

www.schule-des-seins.de<br />

info@schule-des-seins.de 0761 453690<br />

Für mehr Freude am Leben!<br />

Body De-Armoring - die Sexualität befreien<br />

Zu<br />

Hause<br />

sein<br />

Body De-Armoring Retreats 2016<br />

N Lochem 4. – 17.1.<br />

k Nähe Ulm/Augsbg. 8. – 21.2.<br />

k bei Berlin <strong>15</strong>. – 28.8.<br />

h Glarnerland 7. – 20.<strong>11</strong>.<br />

mit Sabina Tschudi & Johannes Schröder<br />

++41 (0) 55 643 <strong>15</strong> 74<br />

info@bodydearmoring.ch<br />

www.bodydearmoring.ch<br />

SILVESTER im ZEGG<br />

ZEGG<br />

<br />

ZEGG 27.<strong>12</strong>.20<strong>15</strong><br />

1.1.2016<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

www.zegg.de/silvester<br />

Tradition ist eine Laterne,<br />

der Dumme hält sich an ihr fest,<br />

dem Klugen leuchtet sie den Weg<br />

George Bernhard Shaw<br />

78 November – Dezember <strong>11</strong> –<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


Das 2er Konzept – Ihr beruflicher und privater Erfolg<br />

Die Kombination macht den entscheidenden Unterschied!<br />

Das 2er Konzept ist eine Kombination aus Alpha-Synapsen-Business und klassischen Projekt management-<br />

Strategien, die schnell, einfach und effektiv umgesetzt werden können. In einem 2-Tages-Seminar erfahren<br />

Sie alles darüber, wie Sie die angeborenen Funktionen Ihres Gehirns<br />

nutzen können, um in Kombination mit Projekt- und Prozessmanagement<br />

erfolgreich zu werden. Sie erfahren über die eigens dafür entwickelte<br />

Alpha-Business Scheibe, wie einfach und effektiv Führungs kompetenzen<br />

integriert, Werte-Ebenen ermittelt, angehoben und Strategieverhalten<br />

verändert werden können. In diesem Seminar erfahren und lernen Sie,<br />

wie Sie<br />

ihre persönliche Erfolgsstrategie erkennen<br />

ihr ganzes Potential entdecken<br />

ihre verborgenen Ressourcen sichtbar machen und bewusst umsetzen<br />

ihre emotionale Intelligenz als Führungskompetenz einsetzen<br />

Lissy Götz (Programmiererin und Autorin):<br />

„Als erfahrene Programmiererin war ich es gewohnt, analytisch und logisch zu<br />

denken. Mit der Entwicklung von Alpha-Synapsen-Business (ASB) kam der<br />

spirituelle Teil hinzu, und das tiefe Verständnis darüber, dass der Geist die Materie<br />

beherrscht und nicht umgekehrt. Die Programmierung der Synapsen ist dabei der<br />

wichtigste Schlüssel überhaupt. Nach 5 Jahren Erfahrung in Beratungen stellte ich<br />

fest, dass das Erreichen eines gewissen Bewusstseins und das Wissen, wie man sein<br />

Gehirn programmiert, alleine nicht ausreicht, um wirklich erfolgreich zu sein. Das<br />

Wissen muss auch strukturiert umgesetzt werden und dazu brauchen wir die<br />

klassischen Management-Werkzeuge.“<br />

Petra Pfaffinger (Dipl. Projektmanagerin):<br />

„In meiner langjährigen Tätigkeit als Unternehmensberaterin, habe ich festgestellt,<br />

dass die Notwendigkeit der Anwendung von Methoden und Tools aus dem<br />

klassischen Projektmanagement zwar bei den Firmeninhabern Bestätigung fand,<br />

jedoch die erfolgreiche Umsetzung oft ausblieb. Ich habe nach Möglichkeiten und<br />

Wegen gesucht, das vorhandene Potential der Menschen zu aktivieren, um ihnen<br />

einen neuen Zugang zu sich selbst und ihren persönlichen Lebenszielen zu geben.<br />

Mit Alpha-Synapsen-Business habe ich diese Möglichkeit gefunden, vorhandene<br />

Blockaden zu erkennen und zu lösen, hinderliche Glaubenssätze loszulassen,<br />

dauerhaft zu neutralisieren und in Energie umzuwandeln. Damit war der Weg frei für viele persönliche<br />

Erfolgsgeschichten.“<br />

Seminardaten: 13.–14.0.2.2016, 09.–10.04.2016 und <strong>11</strong>.–<strong>12</strong>.06.2016<br />

im Hotel Hofgut Hohenkarpfen, 78595 Hausen ob Verena.<br />

Weitere Infos: www.lissygoetz.de, Fon +49(0)7706-922276<br />

oder www.petra-pfaffinger.de, Fon+49(0)2361-5820877


Veranstaltungs<br />

kalender<br />

TouchLife ® Massage<br />

lernen<br />

Ausbildungsstart: alle zwei Monate. Die<br />

fünf Pfeiler der TouchLife Massage (nach<br />

Leder & von Kalckreuth) sind Massagetechniken,<br />

Gespräch, Atem, Energieausgleich<br />

und Achtsamkeitsschulung. Die<br />

TouchLife-Schule bietet Anfängern und<br />

Fortgeschrittenen seit 1989 eine qualifizierte<br />

Ausbildung (36 Tage, berufsbegleitend)<br />

mit Prüfung und Zertifizierung.<br />

Kursorte: Kassel, Köln, Darmstadt, Jena,<br />

München, CH-Solothurn und A-St. Pölten.<br />

TouchLife-Schule, Breckenheimer Str. 26a,<br />

D-65719 Hofheim, Tel: 06192-24513,<br />

Fax: 24544, www.touchlife.de,<br />

team@touchlife.de.<br />

Tantra-, Tao-, Yoni- und<br />

Lingam-Massage<br />

Aus- und Fortbildungen, auch für die<br />

berufliche Arbeit<br />

Diese Massagen sind eine wunderbare<br />

Möglichkeit, einen Menschen tief in sein<br />

sinnliches Erleben zu führen.<br />

Zeit und absichtslose Berührungen sind<br />

die Grundlage für Ausdehnung und Entspannung,<br />

diese wiederum die Voraussetzung,<br />

dass sich die sexuelle Energie bis in<br />

jede Faser des Seins ausbreiten kann –<br />

Ekstase kann entstehen.<br />

Info: Nhanga Ch. Grunow, Tel.: 0171-<br />

14 19 484, info@nhanga.de,<br />

www.tantramassage-lernen.de<br />

Hilfe zur Selbsthilfe in<br />

der Scheidungskrise<br />

Aktive Mitwirkung der Ehegatten bei der<br />

Regelung der Scheidungsfolgen.<br />

Statt langwieriger und kostspieliger Prozesse<br />

einvernehmliche und faire Scheidungsvereinbarungen<br />

– Paketlösungen -.<br />

Öffentliche Vortragsveranstaltungen, bei denen<br />

auch individuelle Fragen beantwortet<br />

werden – Eintritt für Nichtmitglieder € 5,00.<br />

Dienstag, 10. Nov. 20<strong>15</strong><br />

Veranstaltung im Gasteig, Presseraum,<br />

Raum 0.131, Rosenheimer Str. 5,<br />

81667 München<br />

Beginn: 19.30 Uhr<br />

Eintritt für Nichtmitglieder 5,00 EUR<br />

Thema: »Ehegattenunterhalt – Rechtslage<br />

– Vereinbarungen – Paketlösung«<br />

Ref.: RA Harro Graf von Luxburg<br />

Dienstag, 8. Dez. 20<strong>15</strong><br />

Veranstaltung im Gasteig, Presseraum,<br />

Raum 0.131, Rosenheimer Str. 5,<br />

81667 München<br />

Beginn: 19.30 Uhr<br />

Eintritt für Nichtmitglieder 5,00 EUR<br />

Thema: »Einvernehmliche und humane<br />

Scheidung – Scheidungsvereinbarung«<br />

Ref.: RA Harro Graf von Luxburg<br />

www.vhts-muenchen.de<br />

info@vhts-muenchen.de<br />

Segeln in der Karibik und<br />

Bahamas!<br />

Ein traumhafter Segeltörn<br />

Wir segeln auf einem Luxus-Katamaran mit<br />

4 Doppelkabinen und viel Platz. Keine<br />

Schräglage! Türkises ruhiges Wasser, viele<br />

einsame Strände und bunte Korallenriffe.<br />

Keine Segelerfahrung notwendig. Privat organisiert,<br />

nur Kostenumlage!<br />

Jungferninseln 21.<strong>11</strong>.-5.<strong>12</strong>.20<strong>15</strong><br />

Bahamas Osterferien 19.3.-2.4. sowie<br />

2.-16.4.2016<br />

ab 995 € plus Flug und Verpflegung<br />

Skipper: Neerav Andreas KOCH (vom Parimal)<br />

0172-28<strong>12</strong>328<br />

www.Natur-Segelgemeinschaft.de<br />

Schule des Seins<br />

Seminare zu Liebe, Eros, Bewusstsein mit<br />

Saleem Matthias Riek<br />

26.<strong>12</strong>.-2.1.16 Tantra Jahreswechsel bei<br />

Ulm<br />

Was macht Liebe in ihrem Wesen aus? Wie<br />

erhält Eros Einzug in unsere Erfahrung?<br />

Was hindert uns daran, beides bewusst zu<br />

leben und zu genießen? Die Zeit um den<br />

Jahreswechsel eignet sich gut, sich auf<br />

Wesentliches zu besinnen und die Weichen<br />

im Leben neu zu stellen.<br />

Herzenslust 5.-7.02.16<br />

Info: Schule des Seins 0761 453690,<br />

info@schule-des-seins.de,<br />

www.schule-des-seins.de<br />

Tantra Silvesterseminar<br />

für Singles & Paare vom 29.<strong>12</strong>.-2.1. bei<br />

Wolfach (mittlerer Schwarzwald)<br />

Diese intensive und magische Zeit zwischen<br />

den Jahren ist eine Einladung, sich<br />

nach Innen zu wenden und den Jahreswechsel<br />

in Liebe und Bewußtheit zu begehen.<br />

Im geschützten Energiefeld der Gruppe<br />

hast du die Möglichkeit, dein Herz und<br />

deine Sinne zu öffnen und wirkliche Nähe<br />

zu dir Selbst und zu anderen Menschen zu<br />

erfahren und zuzulassen. Unterstützen werden<br />

uns Meditation, Energiearbeit,Tanz,<br />

Massage und tantrisch-sinnliche Rituale.<br />

Info & Anmeldung: Ludwig Sandner,<br />

www.body-heart-balancing.de<br />

Sinnes-art<br />

Seminarzentrum Dresden<br />

... damit Wesentliches Schule macht.<br />

O20.01. – 24.01. Profiausbildung für<br />

Sinnlich-erotische Massage für Frauen<br />

O13.02. Berühre mich – verführe mich!<br />

Massage und Berührung für Paare unter<br />

sich<br />

O14.02. Intimmassagen (de)light – für<br />

Lust und Heilung. Workshop für Frauen und<br />

Männer<br />

O26.02. – 28.02. Sinnliche Massage –<br />

Grundlagen (Tantramassage 1)<br />

O4.03 – 6.03. AnuKan-Ausbildung –<br />

ganzheitlich-sinnliche Berührungskunst I.<br />

www.sinnes-art-seminarzentrum.de<br />

Tel.: 0351/4224602<br />

Die Inserenten in diesem Heft<br />

Aja-Massagen (G. Schauer) . . . 80<br />

Aruna Institut . . . . . . . . . . . . . <strong>11</strong><br />

Bodhisattva Schule . . . . . . . . . . 2<br />

Body Dearmoring . . . . . . . . . . 78<br />

Connection AG . . . . . . . . . . . . 84<br />

Griebeling, Egbert (Lachyoga) . 71<br />

Götz, Lissy . . . . . . . . . . . . . . . . 79<br />

Horizon Verlag . . . . . . . . . 76, 77<br />

Integral-Verlag . . . . . . . . . . . . . 71<br />

Jembatan Tantra-Institut . . . . . 78<br />

König, Moti Theresia . . . . . . . . 54<br />

L.E.O. Verlag . . . . . . . . . . . . . . 83<br />

Lebensfreude Messen . . . . . . . 10<br />

Mansouri, Sabrina . . . . . . . . . . 73<br />

Nachtschatten Verlag . . . . . . . . 9<br />

Prisma . . . . . . . . . . . . . . . 16, 75<br />

Schule des Seins . . . . . . . . . . . 78<br />

Schütz, Sibylle . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

Shinui Münchner Schule . . . . . 73<br />

Syntropia . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

von Puttkamer, Christina . . . . . <strong>11</strong><br />

Walch, Dr. Sylvester . . . . . . . . . 78<br />

ZEGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />

80 November – Dezember <strong>11</strong> –<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de


Woran du dich hältst,<br />

davon wirst du gehalten<br />

Goethe<br />

© USCHI DREIUCKER / PIXELIO.DE<br />

www.connection.de · November – Dezember <strong>11</strong> –<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 81


Vorschau – anders<br />

Die angekündigten Connection Spirit Themen: 1–2/2016 »Weisheit<br />

und Empathie – warum es gut ist, klug zu sein« und 3-4/2016 »Trans -<br />

spiri tualität – es gibt ein Leben jenseits der Gefäng nisse, die wir uns<br />

auf dem Weg der Befreiung gebaut haben«, die werden nun leider<br />

nicht mehr in Connection erscheinen, da niemand den Verlag kaufen<br />

wollte. Auch das Tantra-Heft Nr. 98 wird nicht erscheinen, für das<br />

»Erotisch leben« als Thema angekündigt war, denn auch die Tantra-<br />

Heft-Reihe ließ sich nicht separat verkaufen. Und auch die Scha -<br />

man-Hefte nicht, für die das Thema »Ganz natürlich« angekündigt<br />

war.<br />

Schamlos bloggen<br />

Die Webseite connection.de wird deshalb zum 1.<strong>11</strong>.20<strong>15</strong> von der<br />

Connection AG an mich persönlich übergeben. Sie wird dann neu<br />

gestaltet sein, blog-orientiert und anzeigenfrei. Dort werde ich unter<br />

anderem zu den angekündigten Themen schreiben, Fotos einstellen<br />

und Links zu (demnächst auch selbst erstellten) Filmen setzen. Ich<br />

möchte dort Interviews einstellen mit Menschen, von denen ich<br />

denke, dass sie was zu sagen haben und selbst geschriebene Repor -<br />

tagen – hoffentlich dann von einem Wohnmobil aus, das ich mir aber<br />

erst erwerben oder mir erschleichen muss. Neben mir werden voraussichtlich<br />

auch weiterhin Torsten Brügge und Marianne Gallen<br />

auf connection.de bloggen und (neu) unsere Filmrezensentin<br />

Barbara Wollstein.<br />

Auf connection.de werde ich mich in Zukunft noch schamloser äu -<br />

ßern können als bisher, was eventuelle Vorbehalte irgendwelcher<br />

Leserkreise anbelangt. Die Anzeigenfreiheit der Seite wird mir<br />

ermög lichen noch ›kommerziell rücksichtsloser‹ zu sein als bisher.<br />

Freier Autor und Publizist<br />

Was ich bisher als Herausgeber von Connection verdient habe, fällt<br />

ab 1. November weg. Ich habe keine Rente und keine Rück lagen<br />

und werde mich dann als Freelancer über Wasser halten müssen.<br />

Trotzdem möchte ich nicht mit einer Paywall die von mir veröffentlichten<br />

Inhalte auf die kleine Gruppe der Zahlungs willigen und<br />

Zahlungsfähigen beschränken, sondern möchte es anders machen:<br />

Ich möchte versuchen von Spenden zu leben. Meine Fans haben bisher<br />

47 € für ein Jahresabo gezahlt, oder 68 € fürs Abo aller drei<br />

Periodika. Wenn mir ein Teil dieser treuen Leser in Zukunft 5 oder<br />

x € monatlich auf mein Konto überweist, kann er/sie dafür u.U.<br />

mehr Inhalte bekommen, und mit Links zu Musik und Filmen<br />

außerdem multimedialer – für so viele Euros, wie er/sie eben zu zahlen<br />

bereit ist. Und ich kann veröffentlichen, was ich will, ohne dafür<br />

einen Verlag zu brauchen, ohne Porto- und Druckgebühren, fast<br />

ohne Bürokratie. Wer von euch damit schon jetzt anfangen will:<br />

Meine Kontonummer ist die IBAN DE72743914000000326550<br />

BIC: GENODEF1EGR (auf den Namen Wolf Schneider; Betreff:<br />

Spende).<br />

Texte von mir im Print<br />

Wer Texte von mir nicht gerne am Bildschirm liest, sondern lieber<br />

auf Papier, findet sie in Zukunft in Ursache & Wirkung (4x/Jahr mindestens<br />

vier Seiten), Visionen (<strong>11</strong>x/Jahr mindestens eine Seite),<br />

Spuren (4x/Jahre mindestens eine Seite), Osho Times und Bud -<br />

dhismus aktuell (gelegentlich), und in den Regionalblättern KGS<br />

Berlin (weiterhin in jeder Ausgabe eine Doppelseite) und Prisma<br />

Franken. In Vorbereitung ist ein Buch zum Thema »Heimat«, eine<br />

Neuauflage des »Kleinen Lexikons esoterischer Irrtümer« und ein<br />

»Kleines Lexikon der Irrtümer in der Liebe« (die letzten beiden im<br />

Syntropia Verlag). Einzelne Connection hefte und Powerpacks<br />

könnt ihr weiterhin über vertrieb@connection.de bestellen.<br />

Wolf S. Schneider, www.connection.de<br />

IMPRESSUM<br />

erschien<br />

Connection Spirit erscheint sechs Mal jährlich<br />

im Verlag Connection AG.<br />

Vorstand: Wolf Schneider<br />

Adresse: Hauptstraße 5,<br />

D-84494 Niedertaufkirchen<br />

schneider@connection.de<br />

www.connection.de<br />

Herausgeber, redaktionelle Leitung:<br />

Wolf Schneider (V.i.S.d.P., Adresse siehe oben)<br />

Grafische Gestaltung:<br />

Christina v. Puttkamer, www.design-angel.de<br />

welcome@design-angel.de<br />

Titelgestaltung:<br />

Christina v. Puttkamer,<br />

Foto: stockfresh.com, © hasenonkel<br />

Redaktion:<br />

Konstantin Wecker (Politik & Spiritualität)<br />

Julia Koloda (Wie es ist, WerWasWo,<br />

Bücher), Julia.Koloda@connection.de<br />

Martin Miethke (Lektorat)<br />

Webredaktion:<br />

Oliver Bartsch, oliver.bartsch@connection.de<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:<br />

Sibylle Schütz, presse@connection.de<br />

Die Einsendung von Texten und Bildern an die<br />

Redak tion ist willkommen. Sie sollten keinen werbenden<br />

Charakter haben und werden nicht honoriert,<br />

auch nicht durch Tauschwerte. Einsendungen<br />

bitte nicht auf Papier, sondern ausschließlich per<br />

E-Mail an schneider@connection.de.<br />

Bilder bitte nicht ohne Ankündigung schicken.<br />

Copyright:<br />

Alle Rechte vorbehalten. Copyright bei der<br />

Connection AG und bei den Autoren. Die einzelnen<br />

Beiträge geben nicht unbe dingt die Meinung<br />

der Redak tion wieder; ins be son dere ist die<br />

Redaktion nicht für die Inhalte der veröffent -<br />

lichten Anzeigen verantwortlich.<br />

Aboverwaltung und Einzel versand:<br />

Irmgard Hauer<br />

versand@connection.de<br />

Connection Medien AG, Adresse siehe oben;<br />

Einzelpreis: 9 €<br />

Abonnement:<br />

47 € in Deutschland; 49 € im europäischen Ausland<br />

Anzeigenservice:<br />

Brigitte Schwab<br />

Connection AG Anzeigenservice<br />

Lindenstr. 14A, D-41363 Jüchen<br />

+49-2165-879749, brigitte.schwab@connection.de<br />

Buchhaltung: buchhaltung@connection.de<br />

Bankverbindung: Connection AG,<br />

Raiffeisenbank Neumarkt St. Veit,<br />

Konto Nr. 904 139, BLZ 701 694 74<br />

Connection Spirit wird auf umweltschonendem<br />

Papier gedruckt.<br />

82<br />

ISSN 0932-5565


Wer verzeiht, findet den Weg<br />

zu Liebe und Geborgenheit<br />

Das Buch für jeden, der<br />

bereit ist, seine Vergangenheit<br />

loszulassen und sich von<br />

Angst zu befreien. Durch<br />

seine eigene therapeutische<br />

Praxis und durch die Arbeit<br />

mit den Engeln hat Kyle<br />

Gray erfahren, dass es kein<br />

anderes Thema gibt, das<br />

Menschen so sehr hilft, die<br />

gerade eine schwere Zeit<br />

durchmachen, wie Vergebung.<br />

Sein Buch ist ein Kurs,<br />

mit dem man lernt, anderen<br />

und sich selbst zu vergeben,<br />

um daran persönlich<br />

zu wachsen und blockierte<br />

Energie freizugeben.<br />

www.leoverlag.de<br />

KYLE GRAY<br />

Lass dein Herz leuchten<br />

Ein Kurs in Vergebung<br />

L·E·O Verlag | 224 Seiten<br />

Klappenbroschur<br />

€ (D) 16,99 / € (A) 17,50


special<br />

3 € 25 Indien – Mutterland der Religionen<br />

26 Alternative Heilmethoden<br />

Sanfte Wege zur Gesundheit<br />

27 Magie der Verbindung – Tantra ’96<br />

30 Heilen durch Berühren<br />

Bewusstheit, Methode, Intuition<br />

32 Eintauchen ins Schwerelose<br />

Heilende Entspannung im warmen Wasser<br />

33 Wege zur Heilung<br />

Aspekte ganzheitlicher Heilung<br />

34 Spirituelle Ökologie<br />

Einklang von Mensch, Natur und Kosmos<br />

38 China<br />

Spirituelle Wege aus dem Reich der Mitte<br />

40 Buddhismus<br />

Die Lehre, die Gemeinschaft, der Buddha<br />

42 Himmlische Klänge<br />

Musik – Stille – Resonanz<br />

44 Oshos Erbe<br />

Sein Leben, seine Schüler, sein Erbe<br />

45 Erotik und Transzendenz<br />

Tantra 2000<br />

46 Buddhismus & Christentum<br />

Interreligiöser Dialog<br />

51 Frauen lieben anders – Männer auch<br />

Tantra 2001<br />

52 Buddhismus im Westen<br />

Fortsetzung unserer Buddhismus-Reihe<br />

53 Bewegung, Berührung, Stille<br />

Ein bewegendes Heft zum Thema Körper<br />

54 Kinder – die neuen Menschen<br />

55 Heilkraft des Wassers<br />

56 Schamanische Wege der Heilung<br />

Hexen, Druiden, weise Frauen<br />

Einzelhefte auch als PDF<br />

für eBook-Reader!<br />

POWER-PACKS<br />

Buddhismus<br />

❏ 7 Hefte – Special Nr. 40, 46, 52, 58,<br />

64, 70 & 76 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . statt 33 € nur 25 €<br />

Tantra<br />

❏ 3 Hefte – Special Nr. 93, 94 & 95 . . . . . . . . . . . . . statt 27 € nur 25 €<br />

❏ 14 Hefte – Sp. Nr. 27, 45, 51, 63, 78,<br />

83, 85, 87, 89, 90, 91, 93, 94 & 95 . . . . . . . . . . . statt 102 € nur 69 €<br />

Schamanismus<br />

❏ 10 Hefte – Schamanismus Nr. 1, 2, 3,<br />

4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 & <strong>11</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . statt 76,20 € nur 62 €<br />

Massage & Körpertherapie<br />

❏ 4 Hefte – Special Nr. 30, 53, 59 & 74 . . . . . . . . . . . statt 18 € nur <strong>12</strong> €<br />

Heilung<br />

❏ 5 Hefte – Special Nr. 26, 33, 61, 68 & 74 . . . . . . . statt 23 € nur 18 €<br />

Massage, Körpertherapie & Heilung<br />

❏ 8 Hefte – Special Nr. 26, 30, 33, 53, 59,<br />

61, 68 & 74 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . statt 34 € nur 22 €<br />

Wasser<br />

❏ 2 Hefte – Special Nr. 32 & 55 . . . . . . . . . . . . . . . . . . statt 6 € nur 5 €<br />

Religiöse Wege<br />

❏ 6 Hefte – Special Nr. 25, 38, 44, 46, 62 & 72 . . . . statt 24 € nur <strong>15</strong> €<br />

5 € 58 Buddha – weiblich<br />

Frauen im heutigen Buddhismus<br />

59 System Mensch Neue Wege in Therapie,<br />

Unternehmensführung & Körperarbeit<br />

61 Asiatische Wege der Heilung<br />

62 Religiöse Wege in West und Ost<br />

63 Liebe, Eros, Transzendenz –<br />

Tantra im Westen Tantra 2003<br />

64 Buddhismus als Weltreligion<br />

68 Der neue Mensch<br />

Sein Bewusstsein, seine Heilmethoden,<br />

seine Religion<br />

7 € 70 Buddhismus & Psychotherapie<br />

72 Aufbruch in den Religionen<br />

73 Frauen heute – Magisch, mystisch,<br />

mütterlich<br />

76 Buddhismus – Körperbewusstsein und<br />

Gesundheit<br />

78 Freiheit – Liebe, Frust und Sinnlichkeit<br />

in den Solophasen des Lebens<br />

9 € 80 Macht und Ohnmacht in der Liebe<br />

Tantra 1/2007<br />

82 Kreativität – Tantra 1/2008<br />

83 Wie schön du bist! – Tantra 2/2008<br />

9 €<br />

2 Schamanismus und Psychotherapie<br />

3 Schamanismus und Schulmedizin<br />

4 Schamanismus und Ökologie<br />

9 Religiosität der Urzeit<br />

10 Religion der Frauen?<br />

<strong>11</strong> Heilkraft des Heiligen<br />

<strong>12</strong> Schamanen heute<br />

13 Zurück zu den Wilden?<br />

5,80 €<br />

5 Schamanismus und Kunst<br />

6 Naturheilweisen<br />

7 Lehrerpflanzen<br />

8 Europäischer Schamanismus<br />

9 €<br />

5 – 6/14 Liebe – beziehungsweise<br />

7 – 8/14 Anders essen<br />

9 – 10/14 Sowohl als auch: Advaita<br />

<strong>11</strong> – <strong>12</strong>/14 Die Welt als Ganzheit<br />

1 – 2/<strong>15</strong> Im Körper ankommen<br />

3 – 4/<strong>15</strong> Pop-Spiritualität<br />

5 – 6/<strong>15</strong> Weibliche Spiritualität<br />

7 – 8/<strong>15</strong> Ankommen im richtigen<br />

Leben<br />

9 – 10/<strong>15</strong> Wie Sprache Welten erschafft<br />

<strong>11</strong> – <strong>12</strong>/<strong>15</strong> Jetzt mal im Ernst:<br />

Sind wir komisch?<br />

85 Dich alle liebe ich!<br />

Solo, Mono, Poly – die Einheit in der Viefalt finden<br />

87 Der Körper als Tempel der Seele<br />

89 Rituale – Akte voller Bedeutung<br />

90 Sexualität & Identität<br />

91 Shiva & Shakti – Ich grüße das Göttliche in dir<br />

93 Tanz der Polaritäten<br />

94 Sex, Lust und Ethik – Die Tabus an den Rändern<br />

unseres Liebeslebens<br />

95 Feiner Genießen – kann Sensibiliät uns retten?<br />

96 Göttinnen – Power und Mysterium des Weiblichen<br />

97 Männerlüste in der Patriarchatsdämmerung<br />

shop.connection.de<br />

Schamanische Wege<br />

© BERND STERZL / PIXELIO.DE<br />

Connection AG · www.connection.de · vertrieb@connection.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!