11-12-15 Gesamt
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DAS MAGAZIN FÜRS WESENTLICHE<br />
Schweiz 16,80 sfr, EU-Länder außer Deutschland 9,40 € <strong>11</strong>–<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 31. Jg. B 6<strong>12</strong>8<br />
9 €<br />
Sind wir komisch?<br />
www.connection.de<br />
Jetzt mal im Ernst:<br />
Sind wir komisch?<br />
Abschied<br />
nach dreißig Jahren<br />
Mit Nachrufen von:<br />
Konstantin Wecker<br />
Christina Kessler<br />
Torsten Brügge<br />
und vielen anderen
Die Formen<br />
ändern sich<br />
… und wohin fliegt der Geist?<br />
Im April 1985 erschien das erste<br />
Heft von Connection. Damals<br />
planten wir noch ein zweiwöchentliches<br />
Erscheinen. Bald<br />
darauf erschien sie viele Jahre lang<br />
monatlich, und zeitweilig hatten wir<br />
bis zu sechs verschiedene regionale<br />
Beihefter mit regionalen Infos<br />
und Anzeigen. Die Preise für ein<br />
Exemplar schwankten zwischen<br />
2,80 € und 9 €, die Auflagen zwischen<br />
5.000 und 60.000 Stück. Ganz<br />
zu Anfang waren es sogar nur 300<br />
fotokopierte Ausgaben, per Hand<br />
zusammengelegt, doch das Verteilungsgebiet<br />
war schon bald die<br />
ganze Welt: Japan, Australien, Argentinien,<br />
Hawaii, und natürlich<br />
vor allem der deutsche Sprachraum<br />
in Mitteleuropa. Und über all die<br />
Jahre ist diese Zeitschrift mehr als<br />
eine Million mal gekauft worden,<br />
und fast jedes Exemplar wurde<br />
weitergereicht und von mehreren<br />
Menschen gelesen.<br />
Ein halbes Leben …<br />
Mit dieser letzten Ausgabe von<br />
Connection blicke ich jetzt, mit<br />
meinen 62 Jahren Lebensalter, auf<br />
ziemlich genau mein halbes Leben<br />
zurück – fast 31 Jahre waren es.<br />
Es war das abenteuerlichste und<br />
vielfältigste Projekt, das ich je<br />
durchgeführt habe. Die Führung<br />
und die Aufgaben wechselten, die<br />
Herstellungstechniken sowieso.<br />
Zeitweilig wurde der Verlag von einer<br />
Gemeinschaft betrieben, die<br />
letzten Jahre immer mehr von mir.<br />
Als wir begannen, waren gerade die<br />
ersten PCs auf dem Markt, Texte<br />
schrieb man damals noch auf der<br />
Typenradschreibmaschine. Die<br />
Druckvorstufe mit ihren Repro -<br />
kameras usw. ist inzwischen durch<br />
mehrere technische Revolutionen<br />
auf ein PDF zusammengeschnurrt,<br />
und jetzt gibt es das Internet, das<br />
unsere ganze Weltkultur verändert.<br />
Fast jeder hat heute ein Smartphone<br />
und einen Facebook-Account,<br />
und für Medienunternehmen, die<br />
für »die mobilen Endgeräte« nichts<br />
anzubieten haben, sieht es nicht gut<br />
aus.<br />
Connected bleiben<br />
Der Geist der Verbindung, des Verbundenseins<br />
und miteinander con -<br />
nectens aber hat sich nicht geändert,<br />
nur die Kommunikationswege haben<br />
sich geändert. Wer künftig mit<br />
dem Geist dieser Zeitschrift verbunden<br />
sein will, schaue auf connection.de,<br />
dort werde ich ab November<br />
bloggen – so multimedial, wie<br />
es meine Mittel und Fähigkeiten erlauben.<br />
Dort kann man sich für den<br />
kostenlosen Newsletter anmelden,<br />
und das kann man auch schon jetzt,<br />
denn der jetzige Verlagsnewsletter<br />
wird dann mein (wahrscheinlich<br />
monatliches) Kommunikations -<br />
medium sein, und auch meine E-<br />
Mail-Adresse bleibt.<br />
Auf der Titelseite seht ihr den Narren<br />
nach unten abtauchen. Er wird<br />
jedoch nicht ganz verschwinden,<br />
sondern ich werde an anderen Stellen<br />
weiterhin mein Unwesen treiben.<br />
Ja, ich werde auch in Zukunft schreiben!<br />
Das Schreiben war schon immer<br />
mein Ding, viel mehr als das<br />
Organisieren eines Verlages oder einer<br />
Gemeinschaft. Ich werde die<br />
Welt deshalb weiterhin und sogar<br />
noch mehr als bisher mit meinen<br />
Worten belästigen und erfreuen<br />
und hoffentlich zwischendurch<br />
trotz dem mehr Zeit haben für persönliche<br />
Begegnungen. Einige der<br />
Zeitschriften, für die ich schreiben<br />
werde, findet ihr in dieser Ausgabe<br />
genannt, und es wird auch bald neue<br />
Bücher geben von mir. Im Connection-Shop<br />
und auf Syntropia.de<br />
könnt ihr weiterhin Connection-<br />
Hefte und Connection-Powerpacks<br />
kaufen, ab 23. Oktober in Deutschland<br />
versandkostenfrei. Weitere Infos<br />
über mich und Connection findet<br />
ihr auch in Zukunft auf connection.de<br />
und in meinem Newsletter.<br />
Bewegend sein<br />
Es freut mich, dass für diese letzte<br />
Ausgabe von Connection neben<br />
dem »komischen« Schwerpunktthema<br />
noch so viele in leidenschaftlicher<br />
und witziger Weise<br />
würdigende Abschiedsgrüße zustande<br />
gekommen sind! Ich fühle<br />
mich geehrt und geliebt, gelobt und<br />
an einigen Stellen zu Recht getadelt<br />
– auch das nehme ich ernst.<br />
Ich möchte mit euch in Kommu -<br />
nikation bleiben, nun eben auf andere<br />
Weise. Nun nicht mehr durch<br />
dieses Printmedium, das sich mehr<br />
als 30 Jahre lang in vieler Hinsicht<br />
sehr bewegt hat, von euch bewegt<br />
wurde und euch bewegt hat.<br />
Wolf S. Schneider,<br />
schneider@connection.de<br />
FOTO: ANIELA ADAMS<br />
[<br />
Editorial<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 3
NOVEMBER-DEZEMBER <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong><br />
Dorit und Dirk David<br />
Herr Du<br />
Eine Ente liebt eine Kuh. Ihre Liebe bleibt unerwidert.<br />
Die Ente erliegt ihrer schwarzweißen<br />
Sehnsucht, selbst dann noch, als die Kuh längst<br />
fort ist. In seinem schwarzbunten Haus beginnt<br />
für die Ente eine Reise in die Vergangenheit...<br />
54 Seiten, ISBN 978-3-940392-87-9 <strong>12</strong>,90 €<br />
WonderFool<br />
Ein Fool lebt außerhalb jeder Ordnung auf<br />
einem Zaun. Von dort aus beobachtet er, wie<br />
sich das Rad des Lebens dreht. Konflikte dienen<br />
ihm zum vergnügten Spiel. Es lohnt sich, im<br />
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Jetzt mal im Ernst:<br />
Sind wir komisch?<br />
Ja, wir sind komisch – aber es kommt<br />
darauf an, wie man hinschaut. Für den<br />
mitfühlenden Blick und den Blick, der<br />
den Einzelnen sieht, den Begrenzten<br />
und sich Begrenzenden sind wir<br />
Menschen jedoch auch tragische<br />
Gestalten. Erst wenn das Bewusstsein<br />
sich weitet und die Gestalt in ihrem<br />
ganzen Kontext sieht, wird das<br />
Komische sichtbar.<br />
S. 14 – 33<br />
30 Jahre Connection Verlag<br />
Nachrufe, Würdigungen, ein Interview<br />
mit dem Gründer und sein Fazit aus drei<br />
Jahrzehnten Verlegersein zeigen das<br />
Bild von einem wilden, mutigen und auf<br />
seine Art konsequenten Unternehmen,<br />
das mit dieser Ausgabe endet.<br />
S. 34 – 53 und 74 – 77<br />
Anders sprechen,<br />
anders sein<br />
Je nachdem, in welcher Sprache wir<br />
uns ausdrücken, sind wir jeweils<br />
andere. Das macht das Sprachenlernen<br />
zu einer Abenteuer- und Forschungs -<br />
reise in neue Identitäten hinein. Wir<br />
sprachen mit einem Erforscher seiner<br />
selbst in 30 Sprachen, von denen er<br />
<strong>15</strong> fließend spricht.<br />
S. 56 – 59<br />
4 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
I N H A LT<br />
6 Salama I. Heinrichs über das Menschsein<br />
7 Wie es ist – Nachrichten von heute<br />
10 Wie es sein könnte – Nachrichten aus einer Welt von morgen<br />
<strong>12</strong> Nachruf von Christina von Puttkamer<br />
Schwerpunkt: Sind wir komisch?<br />
14 Der Mensch ist eine tragikomische Figur, findet Rainer Selbstzweck<br />
18 Warum bin ich eine lächerliche Existenz? fragt sich Johannes Galli<br />
20 Manifest des Nullyoga – Pier Zellin meint: Es hilft alles nichts<br />
22 Warum Lachen göttlich ist, erklärt Sabrina Mansouri<br />
24 Wie der Erwachte lachte, erzählt Matthias Mala<br />
26 Lerne zu lachen ohne Grund, empfiehlt Robert Meisner<br />
30 Das Mysterium des Treppensteigens und der Vergänglichkeit erkennt<br />
Friedemann Schulz von Thun im Gespräch mit Bernhard Pörksen<br />
Rückblicke / Nachrufe:<br />
34 Abschied von der Szene? – Boaz Frank Leder sprach mit Wolf über die fast 31 Jahre, in<br />
denen die Connection-Macher »wild und gefährlich« lebten<br />
38 Gibt es ein Leben ohne Connection? fragt sich Saleem Matthias Riek<br />
39 Freiheit braucht Commitment, behauptet Christina Kessler<br />
40 Der Weg entsteht im Weitergehen, findet Mike Kauschke von evolve<br />
41 Die Person ist wichtig! findet Ronald Engert von Tattva Viveka<br />
42 Hellsichtige Spinner und intelligente Brahmanen, fand Konstantin Wecker bei Connection<br />
43 Von dem Komischen Verleger und dem bayerischen Sufi erzählt Ingo Taleb Rashid<br />
44 Adios Connection – Udo Pochert nimmt Abschied von einer mutig gelebten Utopie<br />
45 Für ein Integrales Update von Connection war es noch zu früh, meint Katharina Ceming<br />
46 Verbindung bitte! wünscht sich Martin Frischknecht von Spuren<br />
47 Ein Loch in der Seele bleibt für Torsten Brügge<br />
48 Das Wissen nicht allein zu sein war für Brigitte Schwab das Wesentliche<br />
49 Aber ein kleines Dorf in Gallien…. erfreute ReinO Kropfgans<br />
50 Unternehmer sein – Wolf Schneider zur ökonomischen Seite der Veranstaltung<br />
S. 14<br />
S. 24<br />
S. 30<br />
54 WerWasWo<br />
56 In uns wohnen viele Ichs – Wolf Schneider sprach mit dem Sprachgenie Daniel Krasa<br />
60 Bilder der Seele – Portraits von Menschen aus Asien zeigt der Fotograf Bernd Kolb<br />
64 Promotion: Tantra ist tot, es lebe Tantra! – eine Betrachtung von Herbert Barkmann<br />
66 Promotion: Identitätsyoga – Verena Hirschmann stellt Arjunas Awakening Coaching vor<br />
68 Filme<br />
70 Bücher<br />
74 Leserbriefe<br />
78 Marktplatz<br />
80 Veranstaltungskalender und Inserentenverzeichnis<br />
82 Vorschau/Impressum<br />
S. 55<br />
S. 60<br />
, Zeitschrift für Spiritualität & Politik, Mystik, Ökologie, Lebenskunst und Humor.<br />
Sie erschien in den letzten Jahren zweimonatlich mit einem starken Schwerpunkt. Gegründet 1985,<br />
ist Connection Spirit die älteste transkonfessionelle spirituelle Zeitschrift auf deutsch.<br />
Fachmagazine über Tantra und Schamanismus aus demselben Verlag ergänzen sie.<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 5
EINSICHT<br />
Mensch<br />
In dir entscheidet sich Schicksal<br />
In dir endet Geschichte und<br />
Zukunft ist dein Werk<br />
Du bist der Ort zwischen Innen<br />
Und Außen<br />
Dein Sein ist die Zwischenstation<br />
Die in beiden Richtungen wahrnimmt<br />
Zur gleichen Zeit und handelt oder<br />
Verweigert und Verantwortung abschiebt<br />
Du bist das Herz das zerbricht oder<br />
Sich öffnet für die Wunder der Wandlung<br />
Salama Inge Heinrichs<br />
PIXABAY.DE , PUBLIC DOMAIN<br />
6 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
WIE ES IST<br />
FLICKR.COM © BLONDINRIKARD<br />
FLICKR.COM © IMAGENS EVANGELICANS<br />
Kollision der Weltdeutungen<br />
Naturphänomene haben schon<br />
immer bei Menschen Angst hervorgerufen.<br />
Aber doch nicht bei<br />
uns modernen Menschen, oder?<br />
Es ist kaum zu glauben, wozu<br />
so ein schöner Anblick wie der<br />
des roten Mondes, wie er uns in<br />
diesem Jahr zuteil wurde, auch<br />
moderne Menschen inspiriert.<br />
Der Ende September zu sehende<br />
rote Mond war der Abschluss<br />
einer sogenannten Blutmond-<br />
Tetrade. So nennt man vier aufeinanderfolgende<br />
Mondfinsternisse,<br />
die am <strong>15</strong>. April 2014, 8.<br />
Oktober, 4. April 20<strong>15</strong> und 28.<br />
September stattfanden (nicht alle<br />
konnte man in Europa sehen).<br />
Solche Tetraden sind ein seltenes<br />
Naturphänomen, und auch<br />
in den zweitausender Jahren gibt<br />
es Leute, die hinter solchen Erscheinungen<br />
Zeichen und Wunder<br />
wittern. So zum Beispiel der<br />
US-amerikanische Prediger<br />
John Hagee. In seinem Buch, das<br />
2013 erschienen ist, kündigte er<br />
die kommende Tetrade als ein<br />
Frauensolidarität Fehlanzeige<br />
Zeichen für etwas ganz Schreckliches<br />
an, das in Israel stattfinden<br />
würde. Leider wurde und<br />
wird die Phantasie der christlichen<br />
Fanatiker dadurch befeuert,<br />
dass die jüdischen Feiertage<br />
auf die Mondfinsternisse fallen.<br />
Kann das ein Zufall sein?<br />
Nein, es ist kein Zufall, aber man<br />
kann es leicht dadurch erklären,<br />
dass der jüdische Kalender ein<br />
Mondkalender ist, er orientiert<br />
sich an den Mondphasen.<br />
Quelle: www.web.de<br />
Nun soll Sklaverei wieder eingeführt<br />
werden, zumindest in<br />
Kuwait und zumindest für die<br />
sexuellen Dienste. Das findet<br />
Salwa el-Matayri, die sich als<br />
Frauenrechtlerin definiert.<br />
In einem Video auf YouTube erklärt<br />
Salwa el-Matayri, dass es<br />
sehr wohl im Sinn von islamischen<br />
religiösen Autoritäten sei,<br />
wenn ein muslimischer Mann<br />
sich vor dem Ehebruch hütet, jedenfalls<br />
dem mit einer Muslimin.<br />
Stattdessen sollte er seine<br />
Begierde an einer ungläubigen<br />
Frau ausleben, zum Beispiel einem<br />
gekauften Kriegsopfer, einer<br />
Sexsklavin. Dann wären alle<br />
zufrieden: die kuwaitische<br />
Händler, die nun ein Geschäft<br />
mit legaler Sklaverei machen,<br />
die kuwaitischen Männer, die<br />
sich austoben dürfen, und die<br />
kuwaitischen Frauen, die beruhigt<br />
sein können, dass ihre Männer<br />
nach islamischer Ordnung<br />
leben, und ebenso die religiösen<br />
Autoritäten, die diese vergessene<br />
Seite des Islam wiederbeleben<br />
dürfen.<br />
Salwa el-Matayri plädiert in Kuwait<br />
für die Legalisierung und<br />
Einführung der Sex-Sklaverei.<br />
Wir wünschen ihr ein Aufwachen<br />
aus diesem Nebeltraum<br />
und der kuwaitischen Rechtsprechung<br />
mehr gesunden Menschenverstand.<br />
Quelle: www.youtube.de<br />
Kurzmeldungen<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 7
WIE ES IST<br />
ZEICHNUNG GERHARD MESTER<br />
Die Ungläubigkeit der Moderne<br />
Die Repräsentanten der großen Kirchen in<br />
Deutschland klagen über die schwindenden<br />
Schäfchen-Zahlen und die Ungläubigkeit der<br />
Moderne. Viele Meinungsforschungsinstitute<br />
beforschen die Trends, die im Zusammenhang<br />
mit Religiosität stehen. Darunter auch<br />
das Meinungsforschungsinstitut WIN Gallup,<br />
das kürzlich eine große weltweite Studie<br />
durchführte. Im Zentrum dieser Studie stand<br />
nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten<br />
Kirche oder Bewegung, sondern die persönliche<br />
Einstellung, das persönliche religiöse<br />
Gefühl. Mehr als sechs von zehn Menschen<br />
auf der Welt bezeichnen sich als religiös. Dieser<br />
Studie nach leben die religiösesten Menschen<br />
der Welt in Thailand, die meisten Atheisten<br />
in China. Europa bewegt sich im Mittelfeld.<br />
In Westeuropa bezeichnen sich 43 Prozent der<br />
Menschen als religiös. Die Formen dieser Religiosität<br />
sind bunt und synkretistisch. Die<br />
Menschen hier brauchen keine großen Glaubenssysteme<br />
mehr, wie es scheint. In der weltweiten<br />
Analyse kamen Forscher zu der nicht<br />
völlig überraschenden Einsicht, dass die Menschen<br />
umso religiöser sind, je ärmer das Land<br />
ist, in dem sie leben.<br />
Quelle: www.sueddeutsche.de<br />
FLICKR.COM © POLITICALLY UNMOTIVATED<br />
Willkommen in der bunten Welt<br />
Nun hat ein polnischer Priester, der offensichtlich<br />
ein hohes Amt im Vatikan bekleidete,<br />
offiziell verkündet, er sei ein glücklicher<br />
homosexueller Priester. Den Zeitpunkt<br />
für diese Verkündigung hat er klug ausgewählt:<br />
kurz vor der Familiensynode, auf der<br />
in Rom hunderte von Theologen um Themen<br />
wie Abtreibung, Scheidung und Homosexualität<br />
streiten. Krzystof Chamsara,<br />
so heißt der glückliche Noch-Priester, will<br />
sich für die sexuellen Minderheiten und ihre<br />
Familien einsetzen, die unter der Ablehnung<br />
der Kirche leiden. Er möchte etwas bewegen,<br />
er möchte der Kirche helfen, deren<br />
Priester zum größten Teil, wie er sagt, selbst<br />
homosexuell, aber leider homophob seien,<br />
sie würden sich selbst nicht akzeptieren können.<br />
Quelle: www.sueddeutsche.de<br />
FLICKR.COM © EP–JHU<br />
8 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
Gesellschaftsmagazin ellsc<br />
für psychoaktive<br />
Kultur<br />
Ralph<br />
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DMT und 5-MeO-DMT<br />
Cannabis<br />
als<br />
Medizin/Dabbing<br />
Steve Stoned<br />
im<br />
Gespräch<br />
Auf<br />
dem<br />
Peyote-Weg<br />
WIE ES IST<br />
FLICKR.COM © JENSIMON7 FLICKR.COM © FREEDOM HOUSE<br />
FLICKR.COM © SYMPHONY OF LOVE<br />
»Alternativer Nobelpreis«<br />
In Stockholm wurden am 1. Oktober vier<br />
Preisträger und das Volk der Marshallinseln<br />
mit Right Livelihood Awards geehrt.<br />
Aus <strong>12</strong>8 Nominierungen aus 53 Ländern<br />
hatte die Kommission schließlich die Inuit-Aktivistin<br />
Sheila Watt-Cloutier aus Kanada<br />
ausgewählt, die sich für die Fragen<br />
der Umwelt und der Bildung einsetzt; die<br />
Menschenrechtlerin Kasha Jacqueline Nabagesera<br />
aus Uganda,<br />
die mit juristischen<br />
Mitteln gegen<br />
die Verfolgung von<br />
lesbischen, schwulen,<br />
bisexuellen, transsexuellen<br />
und intersexuellen<br />
Menschen in<br />
Uganda kämpft; den<br />
italienischen Chirurgen<br />
Gino Strada, der<br />
mit seiner Organisation<br />
Emergency in<br />
Konfliktgebieten medizinische<br />
Hilfe leistet.<br />
Und schließlich<br />
bekamen Tony de<br />
Brum und das Volk<br />
der Marshallinseln<br />
einen Ehrenpreis für ihren Kampf für die<br />
atomare Abrüstung weltweit und den Einsatz<br />
für die Umwelt. Der Right Livelihood<br />
Award, auch »Alternativer Nobelpreis«<br />
genannt, wird an die Menschen verliehen,<br />
die sich aktiv für eine bessere Welt einsetzen.<br />
Quelle: www.spektrum.de<br />
Sprache und Macht<br />
Israel ist das veganste Land der Welt<br />
In Israel ist es leicht, vegan zu leben. Gemüse<br />
und Obst wachsen das ganze Jahr über in<br />
einem lebensfreundlichen Klima, das traditionelle<br />
Fastfood Falafel mit Hummus besteht<br />
aus Kichererbsen.<br />
Das vegane Leben in Israel ist jedoch anders<br />
als das in Deutschland. Bei uns gehört<br />
das vegane Leben zu einem bewusst gesunden<br />
Leben. Bei den Israelis wird zum veganen<br />
Essen viel geraucht und viel Alkohol getrunken.<br />
Es stehen dort offenbar andere<br />
Gründe im Vordergrund als die eigene Gesundheit.<br />
Für das Leiden der Tiere, das manche<br />
Aktivistinnen mit dem Holocaust vergleichen,<br />
wollen viele der Israelis nicht verantwortlich<br />
sein.<br />
Psychologisch interessant ist die Theorie,<br />
dass für die Fokussierung auf die Umgestaltung<br />
des eigenen Lebens in Richtung Veganismus<br />
einer der Gründe die als stagnierend<br />
empfundene Situation des politischen<br />
Konfliktes mit Palästinensern sei, der nunmehr<br />
seit 50 Jahren andauert.<br />
Quelle: www.faz.de<br />
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CH-4500 Solothurn info@nachtschatten.ch<br />
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Die Medien berichten heute anders über<br />
Flüchtlinge als in den 90ern, stellten Sprachforscher<br />
kürzlich fest. Sie beobachten einen<br />
Trend zur Darstellung von Einzelschicksalen.<br />
Eine solche Darstellung hat<br />
natürlich eine andere Wirkung auf die Rezipienten<br />
als ein Bericht über Flüchtlinge als<br />
anonyme Masse. Einzelschicksale bewirken<br />
Empathie.<br />
In dieser Veränderung der Darstellung spiegelt<br />
sich die veränderte gesellschaftliche Einstellung<br />
zu dem Thema, die seit Anfang der<br />
2000er Jahre unter der rot-grünen Regierung<br />
zu beobachten ist. Aktuell ist im Journalismus<br />
zudem das Konzept von »Constructive<br />
News« in aller Munde; das ist das<br />
Konzept einer Presse, die nicht nur die Schattenseiten<br />
einer Sache beleuchtet, sondern<br />
auch und mit Nachdruck konstruktive Lösungen<br />
und Auswege anbietet.<br />
Quelle: www.migazin.de<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 9
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Eines Tages werden wir alle sterben. Die Welt<br />
um uns, so wie wir sie wahrgenommen haben,<br />
wird dann nicht mehr sein, denn du und<br />
ich und wir alle, die Subjekte dieser Wahrnehmung,<br />
sind dann nicht mehr. Den von der<br />
UNESCO in den 2020er Jahren errichteten<br />
»Bildungsstätten des Innen und Außen« gelang<br />
es, in den in diesen Jahren Heranwachsenden<br />
die Unterscheidungsfähigkeit zu<br />
schärfen zwischen dem, was außerhalb und<br />
was innerhalb von ihnen geschieht. Frühkindliche<br />
Traumata machten nun aus den Betroffenen<br />
nicht mehr unbedingt Krieger, Todesfürchtige<br />
wurden nicht mehr automatisch<br />
zu Apokalyptikern, und immer mehr der Heranwachsenden<br />
konnten die Zeit der Lebendigkeit<br />
zwischen Geburt und Tod genießen.<br />
Aber erst jetzt, in den 40er Jahren dieses Jahrhunderts,<br />
kommen diese Menschen allmählich<br />
an den Schnittstellen gesellschaftlicher<br />
Macht an. Zu spät für uns alle? Wir werden<br />
sehen.<br />
Die Hagia Sophia als Vorbild<br />
Der »Hier-und-Jetzt«-Wahn der Jahrtausendwende<br />
hat sich gelegt, und so schauen<br />
heute, in den 40er Jahren unseres Jahrhunderts,<br />
die Menschen wieder gerne in die Zukunft.<br />
Und auch in die Vergangenheit! Mehr<br />
denn je ist der Weltbevölkerung bewusst, dass<br />
wir alle aus Afrika kommen. Kaum 40 bis 60<br />
tausend Jahre ist es her, da wanderten unsere<br />
Vorfahren über die Landbrücke zwischen<br />
Afrika und Asien nach Eurasien aus und begannen<br />
so im Lauf der Zeit alle Kontinente<br />
zu bevölkern.<br />
Am Ort oder in der Nähe dieser Landbrücke<br />
entstanden in den Jahrtausenden des Patriarchats<br />
aus ein und derselben Quelle die abrahamitischen<br />
Religionen. Und sie bekämpften<br />
einander, teils schlimmer als Kulturen einander<br />
je bekämpft haben, und machten einander<br />
ihre heiligsten Orte streitig, allen voran<br />
Jerusalem.<br />
Mit dem Heraufdämmern des Bewusstseins,<br />
dass unser aller Ahnen über diese Schnittstelle<br />
Afrika verlassen haben und wir Menschen<br />
ab hier von Afrikanern zu Weltbürgern wurden,<br />
ließen diese Religionsstreitereien allmählich<br />
nach. Jerusalem wurde nun, ebenso<br />
wie Mekka, nach dem Vorbild des sakralen<br />
Raums der »Hagia Sophia« (übersetzt: Heilige<br />
Weisheit; der Raum wurde von einer Kirche<br />
zur Moschee, dann zum Museum) in Is tanbul,<br />
als städtisches Ensemble zum für alle zugänglichen<br />
Museum erklärt. Nun kann keine<br />
partielle Religionsmacht mehr Besuchern anderer<br />
Entwicklungswege den Zugang zu diesen<br />
als heilig empfundenen Stätten verwehren.<br />
10 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
WIE ES SEIN KÖNNTE<br />
Ausgabe: 9.20<strong>15</strong><br />
Die »Goldenen Vierziger«<br />
E R O S · L I E B E<br />
M E D I T A T I O N<br />
PIXABAY.DE © BEN KERCKX<br />
Frauen konnten damals so richtig<br />
zickig sein, fies, intrigant und nachtragend.<br />
Vor allem anderen Frauen<br />
gegenüber, mit denen sie um die<br />
Gunst der Männer konkurrieren<br />
zu müssen glaubten. Zu Zeiten des<br />
Patriarchats war dieser Konkurrenzkampf<br />
zeitweise und regional<br />
gnadenlos hart. Heute können sich<br />
in den meisten Teilen der Welt<br />
Frauen ihre Liebhaber selbst<br />
wählen, und wenn sie eine Beziehung<br />
beenden wollen, wird ihnen<br />
das nicht verwehrt. Das fördert die<br />
Die Befreiung vom Glauben<br />
Bereitschaft, sich mit anderen<br />
Frauen schwesterlich zu verhalten.<br />
Im Zuge dessen entdeckten seit<br />
den 10er Jahren immer mehr Frauen,<br />
wie schön es ist, mit anderen<br />
Frauen zusammen ihre Weiblichkeit<br />
zu feiern. Manche entschlossen<br />
sich daraufhin, zusammen zu<br />
wohnen, so wie einst die Beginen,<br />
nur weniger asketisch. Manche<br />
verschenkten ihre Liebesgaben<br />
nun hauptsächlich an andere Frauen.<br />
Wieder andere wandten sich<br />
nun, gestärkt und selbstbewusst,<br />
erneut den Männern zu, so dass<br />
nach den Jahren der Egalisierung<br />
und des Geschlechterkampfes das<br />
Liebesleben zwischen Männern<br />
und Frauen aufblühen konnte wie<br />
nie zuvor in der Geschichte. Deshalb<br />
nennt man diese Zeit nun die<br />
»Goldenen Vierziger«.<br />
Regina König und Hellwig Schinko<br />
OFFENE SEMINARE<br />
TANTRA-BODY<br />
20. - 22.<strong>11</strong>.<strong>15</strong> mit Regina König,<br />
bei Schwäbisch Hall<br />
FEUER, HERZ UND STILLE<br />
25.<strong>12</strong>. - 1.1.16 Tantra-Silvestergruppe,<br />
bei Salzburg<br />
TANTRA-BODY<br />
19. - 21.2.16 mit Beatrix Rettenbacher<br />
und Jens Hartwig, bei Ulm<br />
FEUER, HERZ UND STILLE<br />
21. – 27.3.16 Tantra-Ostergruppe bei Ulm<br />
VISION QUEST FÜR MÄNNER<br />
27.6. - 10.7.16 Visionssuche in<br />
wilder Natur, Südtoskana/I<br />
TRAININGS & AUSBILDUNGEN<br />
IM GARTEN DER LIEBE<br />
46-täg. tantrisches Selbsterfahrungs- und<br />
Fortbildungstraining; Beginn des 20. Basis -<br />
trainings: 31.7. – <strong>11</strong>.8.16 Ortasee / Italien<br />
Ein Ungläubiger zu sein galt jahrtausendelang<br />
als Schimpfwort.<br />
Mancherorts wurden Menschen,<br />
die von Nachbarn oder Herrschenden<br />
als »nicht Glaubende«<br />
denunziert waren, sogar hingerichtet.<br />
Einen gemeinsamen<br />
Glauben, eine einigermaßen einheitliche<br />
Besessenheit von bestimmten<br />
Überzeugungen zu haben,<br />
war für die Stämme der<br />
Frühzeit bis hin zu den Nationen<br />
des Zeitalters der Kriege noch<br />
wichtig, teils überlebenswichtig.<br />
Heute aber, im Zeitalter der Vielfalt,<br />
hat sich Ungläubigkeit als der<br />
höhere Wert erwiesen. Wer noch<br />
von einem Glauben besessen ist,<br />
wird immer mehr bedauert, und<br />
die Angebote zur Heilung von<br />
dieser Besessenheit nehmen zu.<br />
Niemand muss mehr verzweifeln:<br />
Dehypno ist möglich!<br />
Als letztes, in diesen »Goldenen<br />
40ern«, verlieren wir Überlebende<br />
des Patriarchats und der<br />
Rechthaber-Kriege, der Ausbeutung<br />
und Naturzerstörung auch<br />
unsere naive Sprachgläubigkeit,<br />
die uns Menschen seit mehr als<br />
40.000 Jahren zwar vieles ermöglicht,<br />
aber auch höllisch eingeschränkt<br />
hat. Worte können was,<br />
das stimmt! Aber das können sie<br />
nicht: Wahrheit wiedergeben. Da<br />
müssen wir schon selbst hinschauen,<br />
hinhören und hinfühlen,<br />
mit allen unseren Sinnen. Und<br />
so lebt heute, in den Jahren nach<br />
der Sprachgläubigkeit, auch die<br />
Sinnlichkeit wieder auf.<br />
Infos & Programm: ARUNA-Institut<br />
St. Nepomukstr.13 · 74673 Mulfingen<br />
Tel. 07936/6 21 · Fax 079 36/6 46<br />
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Engel und andere<br />
freundliche Wesen<br />
ein Kunstprojekt von<br />
Christina v. Puttkamer<br />
und Guntram Prochaska<br />
ZEICHNUNG GERHARD MESTER<br />
www.unsere-gutengeister.de<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> <strong>11</strong>
NACHRUF<br />
Lieber Sugata,<br />
Danke für 17 Jahre gute Zusammenarbeit!<br />
Auch für mich geht eine Ära zu Ende.<br />
Die Connection war weit mehr für mich als Broterwerb,<br />
sie war eine Wegbegleiterin voller wertvoller Impulse.<br />
Ohne dich und Connection wäre ich eine andere!<br />
Christina<br />
Connection Grafik, Layout und Bildredaktion seit 1998<br />
<strong>12</strong> November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
NACHRUF<br />
CHRISTINA V. PUTTKAMER, WWW.DESIGN-ANGEL.DE, WWW.INNERGARDENS.DE<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 13
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
Der Mensch<br />
als tragikomische Figur<br />
Von der Freiheit, sich sowohl als tragisch<br />
wie auch komisch empfinden zu können<br />
Das Lachen über Objekte, speziell über menschliche Objekte, ist ein mächtiger<br />
sozialer Baumeister: Es grenzt die aus, über die gelacht wird, und verbindet die<br />
miteinander, die gemeinsam über dieselben Objekte lachen, meint unser Autor<br />
Rainer Selbstzweck, dem wir diesmal den Leitartikel überließen.<br />
Humor in seiner geistreichsten und liebevollsten Form ist es, sagt Rainer, wenn das<br />
Objekt meines Lachen zunächst, vor allem und auch am Ende ich selbst bin. Aus<br />
diesem Bezug zu sich selbst heraus entscheidet sich der Mensch, dem dies<br />
bewusst ist, für eine eher tragische oder eher komische Rolle im Leben<br />
VON RAINER SELBSTZWECK<br />
14 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
PIXABAY.DE © TERIMAKASIH0 /<br />
M<br />
it dem Humor ist es so eine Sache<br />
– er versteckt sich gerne. Wer nach<br />
außen hin humorvoll ist, Witze<br />
macht, über dies und das lacht, der ist es inwendig<br />
manchmal gar nicht. Wenn ich mir<br />
die Sache jetzt mal aus der Perspektive des<br />
reinen Selbstzwecks ansehe, möchte ich zuallererst,<br />
dass es mir selbst gut geht. Und<br />
dazu brauche ich die anderen, euch: dass es<br />
auch euch gut geht. Folglich darf ich nicht<br />
über andere Menschen lachen – oder nur<br />
dann, wenn sie wissen, dass ich sie damit nicht<br />
ablehne und ausgrenze, sondern dabei eigentlich<br />
über mich selbst lache – über das,<br />
was ich an ihnen sehe, weil ich es bei mir<br />
selbst, wegen der zu großen Nähe zu mir<br />
selbst, nicht sehen kann.<br />
Oh, wie tragisch!<br />
Im Grunde bin ich eine tragische Figur, denn<br />
ich leide; das meiste, was ich im Leben versuche,<br />
gelingt mir nicht. Ab und zu klappt<br />
mal was, aber in den meisten Fällen scheitere<br />
ich. Selig sind die, die nur die Erfolge im<br />
Gedächtnis behalten. Ich selbst aber kann<br />
mich, Hand aufs Herz, auch an die anderen<br />
Ereignisse erinnern.<br />
Wenn ich tiefer forsche, entdecke ich, dass<br />
ich mir immer dann selbst leidtue – also eine<br />
tragische Figur bin –, wenn ich die Ursache<br />
meines Unglücks außen verorte. Vielleicht<br />
liegt sie ja wirklich außerhalb von mir<br />
– wie der Zeckenbiss, den ich mir im eigenen<br />
Garten geholt habe; der Auffahrunfall,<br />
bei dem mir jemand hinten rein gefahren<br />
ist; oder der Taschendieb, der mir am Hauptbahnhof<br />
beim Anrempeln meinen Geldbeutel<br />
gestohlen hat. Oder bei Krankheiten, die<br />
mich treffen, ohne dass ich sie mir durch eine<br />
ungesunde Lebensweise zugezogen hätte.<br />
In allen diesen Fällen kann ich die außen verortete<br />
Ursache als solche dort stehen lassen<br />
und mir die Freiheit nehmen zu entscheiden,<br />
wie ich damit umgehe. Dann bin ich nicht<br />
mehr das Opfer der Umstände, und die Situation<br />
fängt an, ein bisschen komisch zu<br />
werden. Zumindest wird sie leichter erträglich.<br />
Echte Zumutungen<br />
Komisch finde ich mich selbst, wenn ich das,<br />
was ich gerade mache, wo auch immer, wann<br />
auch immer, als Auftritt erkenne, als meinen<br />
eigenen Auftritt auf der Bühne des Lebens.<br />
Dann weiß ich, dass ich auch anders<br />
sein könnte, und wenn mein Auftritt nicht<br />
die erwünschte soziale Resonanz erzeugt,<br />
kann ich ihn ändern. Ich kann ja auch anders!<br />
Ich komme nur so selten dazu. Bin ich dabei<br />
unecht? Nein, denn Echtheit ist nicht dasselbe<br />
wie die Hilflosigkeit des Nicht-anders-Könnens.<br />
Echt sein, authentisch sein,<br />
wahrhaftig heißt, dem sozialen Resonanzkörper<br />
–, sei es ein Partner, Kind, Kollege,<br />
Publikum oder wer oder was auch immer –<br />
das zu zeigen, was jetzt gerade für mich wahr<br />
ist. Wenn möglich das Wichtigste davon, alles<br />
kann man ja nicht zeigen, schon aus zeitlichen<br />
Gründen. Und zwar unumwunden,<br />
aufs Wesentliche reduziert und in dem Maße,<br />
wie man es ihm, ihr, ihnen zumuten kann.<br />
Ein bisschen komisch<br />
»Im Grunde bin ich eine tragische Figur,<br />
denn ich leide, und das meiste,<br />
was ich im Leben versuche, gelingt mir nicht«<br />
Wenn ich diese Auftritte nicht martinlutherisch<br />
gestalte (»Hier stehe ich, ich kann nicht<br />
anders«), fühle ich mich damit freier, ja, komischer.<br />
Dann ist dieses Kribbeln in meinen<br />
Gliedern da, dieser Thrill des Daseins – lebendig<br />
zu sein, frei, ungezwungen. Und ich<br />
finde mich dabei immer ein bisschen komisch.<br />
Ich gehe dabei mit dem, der ich bin,<br />
spielerisch um, das macht es leicht.<br />
Beim tragischen Auftritt hingegen fehlt das<br />
Spielerische, das macht es schwer. Durch<br />
die Zuweisung der Schuld bzw. Ursache nach<br />
draußen, an Stellen, die man nicht ändern,<br />
oft nicht einmal beeinflussen kann, macht<br />
man sich zum Opfer und leidet dann noch<br />
mehr als sowieso schon. Das Leben ist dann<br />
Schicksal, es ist mir geschickt worden, ich<br />
kann es nicht ändern, ach … wie tragisch.<br />
Entscheidungsfreiheit<br />
Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich<br />
möchte hiermit niemanden beeinflussen, das<br />
Anliegen dieser Darstellung ist reiner Selbstzweck.<br />
Möge sich als tragisch empfinden, wer<br />
das will. Möge sich oder mich als komisch<br />
empfinden, wer das will. Ich plädiere hier nur<br />
für die Entscheidungsfreiheit, sich so oder so<br />
darzustellen, sei es als tragisch oder als komisch.<br />
Freiheit geht mir über … äh, fast alles.<br />
Die reine Ursachenzuweisung nach innen,<br />
wie die Spiris sie mögen, ist nicht so mein<br />
Ding, das finde ich einseitig. In manchen Situationen<br />
ist es wirklich angemessen, von<br />
Schuld zu sprechen und zum Beispiel zu sagen,<br />
dass ein Mensch einem anderen dies<br />
oder das angetan hat, und für das Opfer ist<br />
das dann tragisch.<br />
Die Freiheit des Narren<br />
Wenn das Opfer sich bei einem Angriff auf<br />
seine Souveränität aber der Freiheit bewusst<br />
wird, sich selbst auch als Figur zu verstehen,<br />
die innerhalb des von der Außenwelt gegebenen<br />
Rahmens Spielräume hat – Räume<br />
zum Spielen, um auch mal eine andere Hal-<br />
tung auszuprobieren, ein anderer zu sein –,<br />
dann ist damit was gewonnen. Es ist ein Gewinn<br />
an Freiheit – und Komik. So wie wenn<br />
dem im Rollstuhl in einer Schlange Wartenden<br />
angeboten wird, ihn nach vorn zu lassen,<br />
und er das vergnügt grinsend kommentiert:<br />
»Nicht nötig, immerhin habe ich einen Sitzplatz«.<br />
Anscheinend hat Freiheit etwas mit Komik<br />
zu tun. Schließlich ist der Joker im Kartenspiel<br />
die freieste Karte: Er kann überall hin,<br />
überall passt er. Er ist ein Chamäleon, er<br />
kann sich anpassen und dabei die Farbe seiner<br />
Umgebung annehmen, er kann zu dem<br />
werden, was von ihm erwartet wird, und dann<br />
doch blitzschnell umschwenken und wieder<br />
ein anderer sein. Deshalb wurden Gaukler,<br />
Narren, Schauspieler und Clowns seit je für<br />
gefährlich gehalten und galten in früheren<br />
Zeiten und Kulturen nicht als seriöse Bürger<br />
der Gesellschaft.<br />
Die Weltkarriere des Smileys<br />
Heutzutage wird das Flimmern der Identität<br />
akzeptiert, teils sogar gepriesen. Lachen zu<br />
können und viel zu lachen gilt als gut und gesund.<br />
Lachyoga hat sich über die ganze Welt<br />
ausgebreitet, und der Smiley ist zum universellen<br />
Symbol geworden, das inzwischen<br />
sogar häufiger verwendet wird als das Herz,<br />
dieses rot gefärbte Symbol mit diesen zwei<br />
schönen, runden Wölbungen, das, wie Leser<br />
der Connection-Tantra-Hefte wissen, einen<br />
ganz heißen sexuellen Ursprung hat, den<br />
ich hier im Connection Spirit nicht verraten<br />
darf. Und wenn nun das indische Namasté<br />
(»Ich grüße das Göttliche in dir«) oder das<br />
süddeutsch-österreichische »Grüß Gott« sich<br />
ebenso weltweit ausbreitet, dürfte der Erleuchtung<br />
der planetarischen Zivilisation eigentlich<br />
nichts mehr im Weg stehen.<br />
Lachen ist nicht generell gut<br />
Halt, stopp, nicht ganz so! Denn das mit<br />
dem Lachen hat noch eine dunkle Ecke. Lachen<br />
und Lachyoga gelten generell als gesund<br />
und sogar gut. Es kommt dabei aber auf<br />
die Einstellung an, meine ich und sage dies<br />
ganz unmissionarisch aus Gründen des reinen<br />
Selbstzwecks. Es kommt auf die Haltung<br />
an, wem oder was gegenüber man lacht, und<br />
worüber. Lachen ist ein mächtiger Baumeister<br />
sozialer Strukturen. Es grenzt die aus,<br />
die nicht zur Gruppe der gemeinsam Lachenden<br />
gehören, vor allem dann, wenn über<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> <strong>15</strong>
Mystische Orte<br />
der Kraft<br />
in Franken entdecken<br />
Mit genauen GPS-Koordinaten als QR-Code<br />
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
sie gelacht wird, und es bindet die aneinander,<br />
die gemeinsam lachen. Es schafft also in<br />
den Gesellschaften soziale Einheiten, sowas<br />
wie in der Biologie die Zellmembranen, die<br />
ja Grenzen setzen zwischen außen und innen<br />
und vielzelliges Leben dadurch erst ermöglichen.<br />
Lachen ist nicht generell gut, sondern<br />
wir müssen da genauer sein, achtsamer<br />
und immer auch auf das Objekt des<br />
Lachens achten und auf unsere Fähigkeit,<br />
dieses Objekt variieren zu können, bis hin<br />
zu der von den Lachyogis angestrebten<br />
Fähigkeit grundlos zu lachen.<br />
Subjektivität<br />
(Anatta) oder der zu Lebzeiten immer nur<br />
annäherbaren Erleuchtung meinten. Alles<br />
klar? Vom Standpunkt des reinen Selbstzwecks<br />
aus gesehen, müsste das eigentlich<br />
klar sein.<br />
Das träge Ich<br />
Und damit ist es auch komisch und zugleich<br />
tragisch. Komisch ist es, weil die Ich-Konstruktion<br />
wandelbar ist, und tragisch, weil<br />
wir nie völlig vergangenheitslos, spontan,<br />
perfekt adäquat einer Situation hingegeben<br />
sind, sondern wir sind immer beheimatet<br />
in einer Ich-Struktur mit suboptimaler<br />
Flexibilität, sagen wir ruhig: mit einer gewissen<br />
Trägheit. Und was nicht perfekt flexibel<br />
ist, chamäleonartig anpassbar, das muss<br />
sterben, immer wieder sterben. Tragisch,<br />
oder? Deshalb haben die Buddhisten so ein<br />
Ding mit der Anhaftung, und ihr Guru, der<br />
Buddha, hat das Leben zum Leiden erklärt.<br />
Und das ist es auch schon, was die Großen,<br />
die Heiligen und die Weisen mit dem Selbst,<br />
dem Zeugen und dem Nicht-Ich meinten<br />
VIVITAVERLAG.DE<br />
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Wolfgang Körner & Wolfram Murr (Fotografie)<br />
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Nun noch ein paar Worte zu mir selbst, der<br />
mir hier die Ehre zuteil wird, in der historisch<br />
letzten Ausgabe von Connection als Experte<br />
zum Thema Tragik und Komik zu sprechen.<br />
Als Rainer Selbstzweck habe ich mich<br />
aus einer anderen Persönlichkeit herausgeschält,<br />
ich habe mich gehäutet. Namen von<br />
Rudeltieren oder sowas wie »wohl gegangen«<br />
empfinde ich für mich inzwischen als<br />
sehr einschränkend und insofern nicht mehr<br />
angemessen. Wir Menschen sind doch Identitätsreisende,<br />
wir entwickeln uns! Als solcher<br />
bin ich nun ganz bei mir selbst angekommen,<br />
als reiner … äh, Rainer Selbstzweck.<br />
Ich habe verstanden, dass ich die Mitte<br />
des Universums bin – du übrigens auch!<br />
Jeder von euch. Und all meine Liebe und<br />
Hinwendung zu den Menschen und Tieren,<br />
zur ganzen Umwelt, resultiert aus dieser<br />
Subjektivität.<br />
Anatta<br />
»Sei doch mal ein bisschen objektiver!« Warum<br />
wollen Menschen nur immer und immer<br />
wieder objektiv sein? Ich bin mit meiner<br />
Subjektivität zufrieden. Dass ich »da<br />
draußen« Objekte wahrnehme, mal mehr,<br />
mal weniger realistisch, das ist doch eh klar.<br />
Die Perspektive ist dabei das Entscheidende,<br />
und dass der Standpunkt, auf dem ich stehe,<br />
während ich in die Welt hinausschaue, die<br />
Fläche, von der aus ich da schaue, dass die<br />
eine Addition oder gar Fusion aller meiner<br />
blinden Flecken ist. Möge diese Fläche optimal<br />
klein sein und als mich selbst erkennender<br />
Mensch gegen Null gehen! Und das<br />
ist es auch schon, was die Großen, Heiligen<br />
und Weisen aller Zeiten und Kulturen mit<br />
dem Selbst, dem Zeugen, dem Nicht-Ich<br />
Es ist nur die Trägheit der Ich-Konstruk tion,<br />
die das Leben zum Leiden macht.<br />
Werde komisch!<br />
Damit bin ich auch schon beim Fazit dieses<br />
genialen Artikels angekommen: Werde komisch!<br />
Das flexibilisiert die Ich-Konstruk -<br />
tion, deine Ich-Konstruktion, und macht dein<br />
Leben damit leidfreier. Dass ein Ritzer in<br />
der Haut oder ein entzündeter Zahn dann<br />
immer noch weh tut, dem lässt sich mit diesem<br />
Trick nicht beikommen. Es hört dann<br />
jedwedes psychische Leiden auf, das ja da -<br />
raus resultiert, dass irgendwer dich für einen<br />
anderen hält, als du denkst, dass du bist. Oder<br />
dass irgendeine Situation von dir etwas anderes<br />
zu fordern scheint, als du denkst, dass<br />
du, als Held deines Lebens, leisten kannst<br />
oder leisten solltest.<br />
Wenn solches Leiden wegfällt, das ist schon<br />
eine ganze Menge, finde ich. Die Zahnschmerzen<br />
lassen sich dann, in einer Art<br />
rainen Betrachtung derselben, viel leichter<br />
ertragen.<br />
RAINER SELBSTZWECK, Jg. 52, Studium des Lebens<br />
und der menschlichen Eigenarten, Scharlatan-<br />
Meister (10. Dan, Schwarzgürtel), Cardio-Sakral-<br />
Practitioner und Initiat in den Pseu-Weg (koreanisch<br />
pseudo), info@connection.de<br />
[<br />
November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
PIXABAY.COM © SPLITSHIRE<br />
Der Mensch spielt nur, wo er in voller<br />
Bedeutung des Wortes Mensch ist,<br />
und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt<br />
Friedrich von Schiller, 1795<br />
(in »Briefe über die ästhetische Erziehung des Menschen«)<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 17
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
Warum ich eine<br />
lächerliche<br />
Existenz<br />
bin<br />
Eine Nabelschau mit weitreichenden Konsequenzen<br />
FOTOLIA.COM © RANGIZZZ<br />
Über andere Menschen zu lachen ist unhöflich, es<br />
verletzt sie und grenzt sie aus. Doch wenn wir<br />
dürften, würden wir über sie lachen. Genauso wie<br />
sie über uns, denn in ihren Augen sind wir so<br />
lächerlich wie sie in unseren. Und wie kam unser<br />
Hofnarr Johannes Galli zu diesen Einsichten?<br />
Durch schonungslose Selbstbeobachtung<br />
VON JOHANNES GALLI<br />
H<br />
allo? Geht’s noch? Hier schreibt Johannes<br />
Galli. Das Leben ging mir<br />
an den Kragen. Und was mach ich?<br />
Ich geh jetzt dir an den Kragen. Wieso denn?<br />
fragst du mich. Und ich sage: Einfach so,<br />
aus Jux und Dollerei!<br />
Es ist nämlich so, dass wir Menschen gern<br />
über andere lachen. Wir finden es urkomisch,<br />
wenn andere Fehler machen, dumm dastehen,<br />
sich blamieren oder peinliche Auftritte<br />
haben.<br />
18 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
Verdrängung<br />
Wenn du um dich blickst, siehst du das an<br />
tausend Beispielen. Schau mal, da ist Helga:<br />
Sie hat ein Übergewicht von zwanzig Kilo<br />
und trägt hautenge Jeans. Einmal hat sie sich<br />
gebückt, da riss die Jeans hinten an der Naht<br />
auf … Da ist Heinz-Werner, der sich die Haare<br />
von hinten nach vorne kämmt, damit man<br />
seine Glatze nicht sieht. Wenn dann bei Gegenwind<br />
sich seine Haare erst himmelhochjauchzend<br />
aufstellen, dann zu Tode betrübt<br />
als Matte bis zur Schulter runterhängen und<br />
die Glatze freilegen. Und da ist Gudrun, das<br />
mit fünfzig Jahren faltenfreie Botoxwunder:<br />
Einmal musste sie lachen, aber es ging<br />
nicht mehr, denn ihre Mimik war festgefroren.<br />
Häufig ist es aber so, dass wir nicht lachen<br />
dürfen. Da müssen wir aus Gründen der Höflichkeit<br />
und der beliebten schmerzfreien<br />
Kommunikation so tun, als würden wir nichts<br />
bemerken. Wie zum Beispiel bei Jörgfred,<br />
der glaubt, sich nicht waschen zu müssen, weil<br />
er so wohl duftet. Du riechst zwar was völlig<br />
anderes, beschließt aber nichts zu sagen,<br />
weil es doch zu peinlich ist, und lächelst verständnisvoll.<br />
Oder nehmen wir ein anderes<br />
Beispiel: Da ist Regula, die alle vierzehn Tage<br />
ihre Haare blondieren lässt, die jetzt aussehen<br />
wie Stroh, dünn und brüchig. Wenn sie<br />
dich fragt, wie du ihre neue Frisur findest,<br />
lügst du: »Gut, wirklich gut!«, und lächelst<br />
freundlich. Und da ist Hans-Helmut mit den<br />
schmalen Schultern und dem Bierbauch, der<br />
behauptet, dass es ihm schon viel besser geht,<br />
seitdem er regelmäßig Sport treibt. Du<br />
nickst, obwohl du dir ein Lachen kaum verbeißen<br />
kannst, aber dann wird es doch noch<br />
ein freundliches Lächeln.<br />
Selbsttäuschung<br />
Willst du noch andere Beispiele, die nicht so<br />
körperfixiert sind? Also gut, hier sind sie:<br />
Erika beteuert, sie liebe die Wahrheit und<br />
spreche immer wahrhaftig, während sie aber<br />
dir ins Gesicht lügt. Und Horst-Dietrich beteuert,<br />
dass er sein Alkoholproblem unter<br />
Kontrolle hat und dies sein letztes Gläschen<br />
sei. Oder Waltraud, die behauptet, sie habe eine<br />
einschmeichelnde Stimme, aber du musst<br />
dreimal nachfragen, weil sie nuschelt. Und<br />
Fridtjof behauptet, sich eine politisch eigenständige<br />
Meinung erarbeitet zu haben, wobei<br />
dir aber auffällt, gerade diese Worte<br />
soeben in der FAZ gelesen zu haben. Oder<br />
Karola, die behauptet, dass sie sich von niemandem<br />
etwas gefallen lässt, obwohl du<br />
weißt, dass ihr Chef und ihr Vater ihr sagen,<br />
wo’s lang geht, und ihre Kinder ihr auf der<br />
Nase rumtanzen. Und Willibald spricht von<br />
seinem enormen finanziellen Erfolg, fragt<br />
dann aber leise, ob du ihm etwas Geld leihen<br />
kannst.<br />
Waren das jetzt genug Beispiele, damit du<br />
selbständig weiter in diese Richtung forschen<br />
kannst? Waaaas, du bist inzwischen süchtig<br />
geworden und willst noch mehr Beispiele von<br />
»Durch lange, intensive und scharfsinnige<br />
Selbstbeobachtung habe ich herausgefunden,<br />
dass ich eine lächerliche Existenz bin«<br />
mir? Also gut, ich bin ja kein Unmensch.<br />
Dann kriegst du halt noch eins: Ich saß mal<br />
in einer Hotellobby, da stolzierte an mir eine<br />
Frau vorbei, der hinten aus dem Rock<br />
ein langes Stück Klopapier hing. Irgendwie<br />
hatte sich da was verwurschtelt. Kein Mensch<br />
wagte es, sie anzusprechen. Ich auch nicht.<br />
Und so lief sie mit dem klopapiernen Drachenschwanz<br />
selbstbewusst, weil ihr alle<br />
nachblickten, durchs Hotel.<br />
Die hammerharte Wahrheit<br />
Jetzt sind es aber endgültig genug Beispiele,<br />
in denen andere peinlich sind. Und jetzt bring<br />
ich’s hammerhart. Egal, ob du darauf vorbereitet<br />
bist oder nicht: Die Überschrift und<br />
alle Beispiele bis hierher waren nur eine Falle.<br />
In die bist du reingetappt. Jetzt hab ich<br />
dich und sag es dir jetzt: Du bist eine lächerliche<br />
Existenz! Was, du glaubst das nicht?<br />
Hey, du hast doch nix hingekriegt. Schau mal:<br />
Deine Figur ist nicht perfekt. Dein Sprechen<br />
ist verunsichert. Deine Bewegungen<br />
sind linkisch. Deine Kleiderwahl ist unvorteilhaft.<br />
Die Witze, die du nicht erzählst,<br />
weil du sie dir nicht merken kannst, sind<br />
längst nicht so komisch wie deine gesamte<br />
Existenz.<br />
Erkenntnisse aus<br />
Selbstbeobachtung<br />
Jetzt willst du eigentlich nicht weiterlesen<br />
und findest mich unverschämt. Aber du wirst<br />
weiterlesen. Warum? Weil du im Grunde deines<br />
Herzens weißt, dass ich Recht habe. Und<br />
wieso bin ich so sicher? Weil ich durch lange,<br />
intensive und scharfsinnige Selbstbeobachtung<br />
herausgefunden habe, dass ich selbst<br />
eine lächerliche Existenz bin. Das kannst<br />
du mir ruhig glauben! Zur Absicherung liefere<br />
ich hier noch ein paar Beispiele: Ich<br />
war immer zu dick, zwanzig Kilo Übergewicht.<br />
Ich konnte machen, was ich wollte:<br />
Sport, günstige Kleider, Bauch einziehen,<br />
wahnwitzige Diät, es hat nichts geholfen.<br />
Meine Ehe habe ich in den Sand gesetzt. Sie<br />
war zart wie ein Reh, ich stark wie ein Bär.<br />
Nach der Heirat verwandelte sie sich in eine<br />
Hyäne und ich in einen Werwolf. Als bei<br />
mir Diabetes festgestellt wurde, habe ich den<br />
Helden gespielt und gesagt: Ich brauche kein<br />
Insulin, ich schaffe es, mit Diät meinen Blutzucker<br />
unter Kontrolle zu halten. Als Folge<br />
dessen bin ich heute blind und lahm und dialysepflichtig.<br />
Reicht das, oder willst du noch<br />
mehr? Na gut, hier ist noch einer: Alle Autos,<br />
die ich gebraucht gekauft habe, waren<br />
innerhalb kürzester Zeit reparaturpflichtig,<br />
und zwar so, dass die Reparaturkosten bald<br />
den Neupreis überstiegen. Komm, jetzt<br />
reicht’s aber, oder? Mach mich doch nicht<br />
fertig!<br />
Jetzt habe ich dir bewiesen, dass ich eine<br />
lächerliche Existenz bin. Und jetzt schließe<br />
ich hieraus einfach, dass du es auch bist. Ich<br />
könnte es nicht ertragen, alleine eine lächerliche<br />
Existenz zu sein. Ich brauche dich zum<br />
Trost.<br />
Natürlich bist du jetzt wütend und willst<br />
mir beweisen, dass du keine lächerliche Existenz<br />
bist. Du wirst dich rechtfertigen, immer<br />
wilder und lauter, je mehr ich über dich<br />
grinse, weil ich weiß, dass getroffene Hunde<br />
bellen. Und du bellst ziemlich laut.<br />
Alles wird gut<br />
Jetzt endlich ist der Punkt erreicht, wo du<br />
nicht mehr weiterlesen willst. Aber komm,<br />
halte durch. Am Ende wird alles gut, denn<br />
ich bin der blinde Seher und gebe ungefragt<br />
Visionen preis, die einen Ausweg aufzeigen.<br />
Dereinst wird kommen der Tag, da werden<br />
sich alle lächerlichen Existenzen auf der Welt<br />
versammeln. In großen Übungsreihen werden<br />
wir kleine Gruppen bilden und werden<br />
Geschichten erzählen, in denen wir eine<br />
peinliche, unsichere, kurz: lächerliche Figur<br />
abgegeben haben – körperlich oder geistig.<br />
Und wir werden die Begebenheiten so gut<br />
erzählen, dass wir vor Lachen schreien müssen.<br />
Und wir werden so lange erzählen und<br />
lachen, bis wir nach Luft schnappen müssen.<br />
Tränen lachend liegen wir uns in den<br />
Armen und freuen uns am Leben wie noch<br />
nie.<br />
[<br />
JOHANNES GALLI, Jg. 52,<br />
war in den 80er Jahren als<br />
Clown Galli bekannt. 1990<br />
erschien sein Buch Clown,<br />
die Lust am Schei tern. Er<br />
ist der Begründer der<br />
»Galli-Methode ® «, der<br />
»Sieben Kellerkinder ® «<br />
und der Galli-Theater.<br />
2007 schuf er zusammen mit Wolf Schneider die<br />
Bühnenfassung von dessen Buch »Zauberkraft der<br />
Sprache«. www.galli.de<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 19
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
Manifest des<br />
Nullyoga<br />
Das ganze Leben ist eine erleuchtete Meditation<br />
Kann man es tun? Natürlich nicht. Kann man es vermeiden? Auch nicht. Und doch gibt es<br />
eine ganze Menge Kultur und Bruhaha um das Dada des Hierseins, wie man es finden und<br />
wie das Finden vermeiden kann. Pier Zellin von der »Liga der Leeren« liest hier denen die Leviten,<br />
die es nicht lassen können, das zu suchen, was schon da ist<br />
VON PIER ZELLIN<br />
20 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
FLICKR.COM © ROBERT CUDMORE<br />
Y<br />
ogastile von Detox Yoga über Desk<br />
Yoga bis Divine Yoga wirken wie<br />
eine Parodie auf spirituelle Körperarbeit.<br />
Es gibt zum Beispiel Soft, Sexy, Senior,<br />
Street, Sukha, Sakti, Shakti, Sadhana,<br />
Sivananda, Tao, Tara, Tala, Total, Tanga, Tantra,<br />
Power, Padma, Beauty, Bhakti, Mindful,<br />
Mantra, Moksha, Naked, Nude, Narada,<br />
Ashtanga, Fitness, Fusion, Flow, Glow, Gauri,<br />
Gaia, Chakra, Children, Chair, Gentle,<br />
Kundalini, Karma, Karuna, Happy, Hatha,<br />
Heat, Hot, Holiday, Hormon, Holistic, Holy,<br />
Wellness, Acro, Eco, Om, Vinyasa, Vidya, Yin<br />
und Yinyang Yoga. Und jetzt gibt es auch<br />
noch Nullyoga!<br />
Sei dein eigener Antiguru!<br />
Nullyoga ist eine brandneue Modeerscheinung<br />
und gleichzeitig eine Satire auf Sekten<br />
und Antisekten. Jeder Anhänger von Null -<br />
yoga ist sein eigener Antiguru.<br />
Im Gegensatz zu echtem Yoga (»authentisches<br />
Yoga«) kennt Nullyoga keinen spirituellen<br />
Fortschritt und hat keinerlei Ziel<br />
vor Augen. Es geht dabei einzig und allein<br />
darum, jede einzelne Bewegung aus reinem<br />
Selbstzweck wahrzunehmen und keinerlei<br />
zusätzliche Handlung zu erzwingen. Anstatt<br />
des Leistungsdrucks, den normales Yoga auf<br />
seine Schüler ausübt, vermeiden wir im<br />
Nullyoga jeden Druck und jede Bemühung.<br />
Wir tun nur das, was wir sowieso tun, und<br />
genießen jeden Schritt als den wahren Schritt<br />
durchs Leben. Das klingt eigentlich sehr<br />
leicht und entspannt, aber es bricht ein Tabu<br />
und erlöst von einem Fluch, der auf der<br />
gesamten Spiriszene lastet: die harte Arbeit<br />
an der Erleuchtung.<br />
Ein Nullyogi hat dieses Problem nicht mehr.<br />
Er empfindet sich weder als erleuchtet noch<br />
als nichterleuchtet, denn sein abgespaltenes<br />
Ego hat sich in Luft aufgelöst. Da ist niemand<br />
mehr, der sich als erleuchtet deklarieren<br />
könnte. Da ist einfach der Mensch mit seiner<br />
Wahrnehmung der Welt übrig geblieben.<br />
Insofern richtet sich Nullyoga vor allem an<br />
diese »gnadenlos Erwachten«. Wer von sich<br />
sagt »ich mache Nullyoga«, der outet sich<br />
quasi als Nicht-mehr-Sucher, sondern als Angekommener.<br />
Transspirituell<br />
Gurus sind prinzipiell in die Erleuchtungsfalle<br />
getappt und glauben an irgendeine spirituelle<br />
Sensation, wie zum Beispiel die<br />
»innere Stille« oder das »Höhere Selbst«,<br />
manchmal auch an Gott oder Außerirdische.<br />
Antigurus versuchen den Schülern von Gurus<br />
klarzumachen, dass sie einer Selbstlüge<br />
hinterherlaufen und niemals aufwachen,<br />
solange sie irgendwelche Erleuchtungstechniken<br />
praktizieren. Solche Antigurus haben<br />
inzwischen auch einige Anhänger, die natürlich<br />
ebenso wenig aufwachen wie die Anhänger<br />
von echten Gurus.<br />
Die Nullyoga-Bewegung hat keine Lehrer,<br />
weil es keine Lehre gibt. Ich sage es noch einmal:<br />
Jeder Anhänger von Nullyoga ist sein<br />
eigener Antiguru. Was macht der »innere Antiguru«?<br />
Er hat kein Gesicht. Und er hat<br />
keine Botschaft. Er befreit dich von dem spirituellen<br />
Druck, mehr verstehen zu wollen,<br />
als sich verstehen lässt. Du gibst dir dadurch<br />
selbst die Erlaubnis, in jeder Bewegung deines<br />
Körpers das Leben als Wahrheit zu<br />
spüren. Wer ist dieses Selbst? Dein Körper<br />
selbst, der sich bewusst wahrnimmt.<br />
Der spirituelle Sucher verleugnet sein groß -<br />
artiges Gehirn, weil er ein »reines« Bewusst -<br />
sein jenseits der Materie erhofft. Das ist<br />
natürlich esoterischer Quatsch, aber sehr<br />
viele glauben daran. Früher nannte man das<br />
»religiös«, heute nennt man es spirituell.<br />
Insofern ist Nullyoga eine transspirituelle<br />
Lebenshaltung.<br />
Null Nullyoga<br />
Alles Wahrgenommene wird als wahr empfunden.<br />
Es bedarf keiner »göttlichen« Extra-<br />
Ebene hinter der Wirklichkeit, wo man in<br />
»stillem Frieden ruht« und sich »bedingungslose<br />
Liebe« einbildet. Das sind abgespaltene<br />
Emotionen des Egos, das sich gern<br />
frei fühlen möchte, anstatt sich tatsächlich<br />
aufzulösen. Es klammert sich an spirituelle<br />
Ideale, um andere Emotionen (Verletzungen<br />
Gott war nur ein seelischer Phantomschmerz<br />
und das Nichts der Fluchtpunkt am Horizont<br />
und Sorgen) zu verdrängen. Es erfindet geis -<br />
tige Räume, in die es »Stille« und »Frieden«<br />
projiziert, damit Lärm und Krieg da draußen<br />
erträglicher werden.<br />
Erst wenn sich das Ego als eingebildeter Innenraum<br />
in Luft aufgelöst hat, stellt der<br />
Mensch fest, dass er nicht zwischen heiligen<br />
Bewusstseinszuständen und dem verspannten<br />
Alltag zu unterscheiden braucht. Plötzlich<br />
ist alles weder heilig noch »Psycho«, sondern<br />
alles darf sein, wie es ist. Weil es ist. Weil<br />
nicht mehr ist. Wer »mehr« sucht, macht Yoga.<br />
Wer nichts sucht, macht Nullyoga. So einfach<br />
ist das.<br />
Der innere Antiguru bricht in schallendes<br />
Gelächter aus, und dir wird klar, dass du es<br />
selber bist, der da lacht. Es gibt keinen inne -<br />
ren Antiguru. Null Guru, null Antiguru. Null<br />
Nullyoga. Solange du Nullyoga machst,<br />
machst du kein Nullyoga. Erst wenn niemand<br />
mehr da ist, um etwas zu machen, geschieht<br />
das Leben von selbst. Und du freust dich<br />
dann aus tiefstem Herzen darüber, ein Teil<br />
dieses Wunders zu sein. Jetzt siehst du, wie<br />
alles Nullyoga macht.<br />
Reiner Selbstzweck<br />
Sogar der verkrampfte Yoga-Schüler macht<br />
aus deiner Sicht eigentlich Nullyoga, weil<br />
du seine angestrengte Meditationsposition<br />
auch als reinen Selbstzweck erleben kannst.<br />
Er natürlich nicht, er kämpft um Erlösung.<br />
Er hat das Ziel noch vor Augen, das sich<br />
sein Ego einbildet. Und er übt und übt und<br />
übt. Er praktiziert Detox Yoga, Desk Yoga,<br />
Divine Yoga, Soft, Sexy, Senior, Street, Sakti,<br />
Shakti, Sadhana, Tao, Total, Tanga, Tantra,<br />
Power, Padma, Beauty, Bhakti, Mindful,<br />
Mantra, Moksha, Naked, Nude, Ashtanga,<br />
Fitness, Fusion, Flow, Glow, Gauri, Gaia,<br />
Chakra, Children, Chair, Gentle, Kundalini,<br />
Happy, Hatha, Heat, Hot, Holiday, Hormon,<br />
Wellness, Acro, Om, Vinyasa, Vidya, Yin und<br />
Yinyang Yoga. Er wird niemals aufwachen,<br />
weil er nicht wissen will, dass er nicht aufzuwachen<br />
braucht, weil alles sowieso wach<br />
ist. Wacher geht nicht. Jede Bewegung ist reiner<br />
Selbstzweck. Denn alles findet jetzt, wirklich<br />
jetzt statt.<br />
Nullmeditation<br />
Auch dein Ego macht Nullyoga, indem es<br />
sich selber erlaubt, das Ego zu sein. Du bist<br />
einfach das, was geschieht. Wenn dein Ego<br />
Angst hat, dann erlaube ihm seine Angst.<br />
Wenn es verzweifelt den Sinn sucht, dann lass<br />
es verzweifelt suchen. Aber spür dich dabei<br />
als ganzer Mensch, der schon angekommen<br />
und wach ist und sich nicht von seinem Ego<br />
abhängig macht.<br />
Nimm deine Füße und deine Arme genauso<br />
ernst wie dein Ego. Mach einen Schritt. Geh<br />
los. Hör auf zu meditieren! Null Meditation<br />
mehr! Nullmeditation. Das ganze Leben ist<br />
eine erleuchtete Meditation. Jeder Grashalm<br />
ist ein Grashalm. Das Universum ist das Universum.<br />
Gott war nur ein seelischer Phantomschmerz.<br />
Das Nichts war nur der Fluchtpunkt<br />
am Horizont. Die Unendlichkeit hat<br />
keinen Horizont. Kein Gott, kein Nichts. Die<br />
Unendlichkeit offenbart die Null. Die Unendlichkeit<br />
ist die Null. Das Yoga der Unendlichkeit<br />
ist Nullyoga …<br />
PIER ZELLIN, geb. 9.9.1974, lebt in Berlin, studierte<br />
Religionswissenschaften und Germanistik. Als<br />
Pressesprecher der »Liga der Leeren« lektoriert<br />
er die Homepage Urruhe.de.<br />
[<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 21
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
Warum Lachen<br />
göttlich ist<br />
Eine tiefschürfende<br />
Erörterung des<br />
kosmischen<br />
Bewusstseins<br />
Ernsthaft und komisch, das sind für<br />
uns Sterbliche zwei Gegensätze. Für<br />
die weise Narafin ist das nicht so.<br />
Sie versteht, dass sich das Leben in<br />
fünf Dimensionen erfassen lässt<br />
VON SABRINA MANSOURI<br />
E<br />
ntweder ernsthaft oder komisch?<br />
Wie ist es denn nun, unser Leben,<br />
unser Sein? Meistens ernsthaft, wird<br />
sich der eine oder andere vielleicht an dieser<br />
Stelle eingestehen und sich fragen: Kann<br />
es denn auch überwiegend komisch sein?<br />
Schnell eilt nun der Verstand herbei und erklärt<br />
uns bereitwillig: Auf jeden Fall liegt im<br />
Ernsthaften mehr Kontrolle, mehr Sicherheit.<br />
Das Komische ist doch eher unberechenbar,<br />
ungewiss.<br />
Und so verbinden wir die Worte miteinander,<br />
geben ihnen Bedeutung und Sinn und<br />
glauben nun, dass ernsthaft sicher ist und komisch<br />
ungewiss – und vergessen dabei, dass<br />
wir es waren, die ihnen diese Bedeutung gaben,<br />
und dass wir sie jederzeit wieder aufheben<br />
könnten. Und verlieren uns schließlich<br />
ganz und gar in diesem Narrenspiel mit<br />
uns selbst.<br />
Und im Himmel währenddessen, da sitzen sie<br />
und lachen sich krumm und schief über uns.<br />
Aber was wissen die da oben denn, das ihnen<br />
das Tor zum lachenden Erwachen öffnet,<br />
während unseres noch fest verschlossen ist?<br />
Ich werde es euch verraten! Woher ich das<br />
weiß? Ich traf einmal eine von den Lachenden<br />
dort oben hier auf Erden. Sie hat es mir<br />
verraten, auf dass das Wissen auch uns hier<br />
unten zumindest ein Stück weit aus unserem<br />
Leiden befreien möge. Bist du bereit für<br />
das kosmische Bewusstsein? Hier ist es, das<br />
fünfdimensionale Bewusstsein der Götter!<br />
1. Dimension<br />
entweder<br />
5. Dimension<br />
Es ist nicht. Darum ist ES.<br />
3. Dimension<br />
sowohl als auch<br />
2. Dimension<br />
oder<br />
4. Dimension<br />
weder noch<br />
22 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
SATIRE<br />
DIE NACHTEILE DES ERLEUCHTET-SEINS<br />
FLICKR.COM © MATTHEW GRAPENGIESSER<br />
Erleuchtet-Sein ist schon eine schöne Sache. Es bedeutet, von 60% des<br />
Leidens befreit und dem ewigen Rad der Wiedergeburt entkommen zu<br />
sein. Zumindest, wenn man das lachende Erwachen über Gut & Böse<br />
erreicht hat. Doch es bringt in der dualen Welt, in der man trotzdem<br />
weiterhin lebt, auch so einige Nachteile mit sich. Ein Nachteil ist, dass<br />
man oft falsch verstanden wird. Insbesondere, was man humorvoll<br />
meint, wird oft ernst genommen, während über das Ernstgemeinte<br />
gelacht wird. Ein weiterer Nachteil ist, dass man keine großen Dramen<br />
mehr drehen kann, weil man weiß, es geht immer um nichts. Das hört<br />
sich jetzt nicht so dramatisch an, aber im Alltag ist es manchmal echt<br />
hinderlich.<br />
Es geht immer um nichts<br />
Zum Beispiel kam ich gestern aus dem Keller hoch, da hörte ich aus<br />
dem Wohnzimmer meine Jungs singen: »Es schneit, es schneit, … « –<br />
»Na?«, sagte da meine innere Stimme, »schneit doch gar nicht!<br />
Geh lieber mal nachschauen!«<br />
Doch es schneite wirklich und das nicht nur ein bisschen. Frau Holle<br />
meinte es gut. Frau Holle hieß in diesem Fall Joke, und der hatte diesen<br />
Puderzuckerstreubehälter eines bekannten Haushaltswarenherstellers<br />
in der Hand. Gerade wollte ich zum großen Donnerwetter ausholen, da<br />
erblickte mich mein ältester Sohn und änderte kurzerhand den Song in:<br />
»Es geht immer um nichts, kannst du’s sehen?« Peng, ausgebremst!<br />
Aber ganz auf der Nase rumtanzen lasse ich mir nun doch nicht. Ich hab<br />
daraufhin den Fernseher genommen und ihn aus dem Fenster geschmissen.<br />
Und gesungen hab ich dabei natürlich auch: »Es geht immer um<br />
nichts, könnt ihr’s sehen?« Seitdem ist Ruhe. Zu wissen, dass es immer<br />
um nichts geht, ist halt nicht immer leicht zu ertragen.<br />
… und wir wissen nichts<br />
Auch der Entglaube vom Glauben, der mit dem Erleuchtetsein einhergeht,<br />
bringt manche Tücke mit sich. So kam neulich mein Sohn mit der<br />
Aufgabe zu mir, zu recherchieren, wie der Mensch entstanden ist. Das<br />
haben wir auch gemacht, nur so richtig glauben konnten wir halt keine<br />
der Theorien. Also war unser Fazit: Ich weiß nicht. Ein Smiley mit<br />
Mundwinkel nach unten war der Kommentar des Lehrers dazu. »Mein<br />
lieber Sohn«, hab ich da zu meinem recht sensiblen Sohnemann gesagt,<br />
»dein Lehrer konnte die Genialität der Aussage einfach nicht erfassen.<br />
Doch wir wissen, dass auch er nichts weiß. Dieser Schnösel von Pauker<br />
existiert nicht einmal!«<br />
Das hat mein Sohn auch so weitergegeben. Die Genialität dieser Aussage<br />
hat der Lehrer dann aber ebenfalls nicht verstanden.<br />
Deshalb: Gebt acht, wenn ihr einen Erleuchteten trefft!<br />
Eure Narafin<br />
Die Dimension des Friedens<br />
Die erste Dimension heißt entweder, die<br />
zweite oder. Bis hierhin kennen wir uns aus,<br />
denn das ist unsere Welt der Wahrnehmung<br />
von: Entweder ist es ernsthaft, oder es ist<br />
komisch. Entweder der Apfel schmeckt, oder<br />
er schmeckt nicht.<br />
Die dritte Dimension heißt sowohl als auch.<br />
Sie schafft Unglaubliches, denn sie vereint<br />
die Gegensätze zu einer neuen übergeordneten<br />
Wahrheit: Sowohl kann man nun sagen,<br />
dass mein Leben ernsthaft ist, als auch,<br />
dass es komisch ist. Sowohl kann ich sagen,<br />
dass der Apfel schmeckt, als auch, dass er<br />
nicht schmeckt. Leben wir noch in der Dimension<br />
von entweder oder, also in der Welt<br />
von Krieg und Rechthaberei, innen wie<br />
außen, so katapultiert uns die Einsicht sowohl<br />
als auch bereits in die Dimension des<br />
Friedens.<br />
Die Dimension der Freiheit<br />
Erkennen wir nun zusätzlich noch, dass es<br />
keine Rolle spielt, ob der Apfel schmeckt<br />
oder nicht schmeckt. Dass unser Leben weder<br />
ernst noch komisch ist, weil es auf einmal<br />
sinnlos wird, Dingen Bedeutung zu geben,<br />
dann sind wir schon da: in der vierten<br />
Dimension des Bewusstseins! In der von weder<br />
noch, der Dimension der Freiheit.<br />
Wichtig aber ist, diese Dimension nicht mit<br />
der Ebene von alles egal zu verwechseln!!!<br />
Denn dieser vierten Dimension liegt die tiefere<br />
Erkenntnis zugrunde, dass man weder<br />
sagen kann »Es ist«, noch sagen kann »Es<br />
ist nicht«. Und das ist alles andere als egal!<br />
Es ist nicht, darum ist ES<br />
Bleibt nun noch der Quantensprung unserer<br />
Bewusstseinsentwicklung hinein in die fünfte<br />
Dimension des humorvollen, paradoxen,<br />
kosmischen Bewusstseins von: Es ist nicht,<br />
darum ist es!<br />
Oder, anders gesagt: Es gibt nichts, was exis -<br />
tiert, außer der Existenz!<br />
Hier endet die Reise – zumindest für unseren<br />
Verstand. Für jene, die den Witz über ihr<br />
Sein, ihr Leben, das Ernsthaftsein und das<br />
Komischsein und über Äpfel entdecken wollen,<br />
geht es hier jedoch erst richtig los! Denn<br />
dieses humorvolle, paradoxe, komische Bewusstsein<br />
springt permanent im Fünfzack.<br />
Es schöpft Alles aus dem Nichts und führt<br />
es im Handumdrehen wieder dorthin zurück.<br />
Es führt sich selbst immer wieder ad absurdum.<br />
Unser Verstand, zu Hause im zweidimensionalen<br />
Denken, kommt da nicht mit. Träfen<br />
wir tatsächlich einen Erwachten in der<br />
fünften Dimension, so könnten wir seine Genialität<br />
nicht einmal erfassen. Aber vermutlich<br />
würden wir es uns dann leicht machen<br />
und einfach sagen: Der ist doch verrückt!<br />
Und wir würden uns selbst glauben.<br />
Doch die gute Nachricht ist: Man kann sein<br />
Bewusstsein tatsächlich trainieren. Das Denken<br />
in Paradoxien ist das Geistestraining, das<br />
unserem meist eher ernsthaften Leben humorvoll<br />
auf die Sprünge hilft und uns das Tor<br />
zum lachenden Erwachen öffnet.<br />
Also worauf wartet ihr?<br />
Eure Narafin<br />
[<br />
SABRINA MANSOURI,<br />
Jg. 84, Butterfly von Ava -<br />
tara Devi († 2010), erbte<br />
die heilige Narrenkappe<br />
ihrer »Divine Mother«.<br />
Diese Erbschaft tritt sie<br />
nun in Dankbarkeit &<br />
Liebe an, mit dem Ziel,<br />
Menschen über die Ernst -<br />
haftigkeit des Lebens hinauszuführen.<br />
gehbewusst@web.de<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 23
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
Wie der<br />
Erwachte lachte<br />
Buddha war kein Erleuchteter, sondern ein Entspannter<br />
Gautama Siddhartha war ein Narr, stellt der freiberufliche Narr<br />
Matthias Mala nach einer tiefen Innen- und Außenschau fest.<br />
Die wahren Erlöser sind, damals wie heute, die Mücken,<br />
und damals wie heute fürchten wir, in unserer Eigenart<br />
erkannt zu werden. Stattdessen passen wir uns an<br />
und halten dies für Individualisierung<br />
A<br />
ls Siddhartha unter einem Feigenbaum<br />
meditierte, näherte sich ihm<br />
eine Gazelle und legte sich ihm zu<br />
Füßen. Siddhartha lächelte darüber milde,<br />
galt ihm doch das zutrauliche Verhalten des<br />
Tieres als Zeichen für seine innere Ruhe und<br />
die grenzenlose Weite seines Bewusstseins.<br />
Das zutrauliche Tier zog aber auch einen<br />
Schwarm von Mücken mit, die den Asketen<br />
umschwirrten und piesackten. Schließlich<br />
wurde es Siddhartha zu viel. Er sprang auf,<br />
mit ihm die Gazelle, lief zum nahen Fluss<br />
und stürzte sich hinein. Die Gazelle sprang<br />
davon, die Mücken folgten ihr. Vielfach gestochen<br />
von den Quälgeistern, doch von ihrer<br />
weiteren Verfolgung endlich erlöst, stieg<br />
Siddhartha aus dem Wasser.<br />
Befreiung<br />
VON MATTHIAS MALA<br />
Als er so befreit ans Ufer watete, wurde er<br />
gewahr, dass er in einem noch viel weiteren<br />
24 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
FLICKR.COM © MARTINA RATHGENS, HAYASHI / COLLAGE C.V. PUTTKAMER<br />
Sinne befreit war. Die ihm gewährte Zuneigung<br />
der Gazelle, die erlittene Qual der Mü -<br />
cken stiche, sein Spurt zum Fluss, die schlagartige<br />
Erfrischung und die Erlösung von<br />
irdischer Plage hoben ihn in eine andere<br />
Sphäre. Er war nun ein anderer. Als er so<br />
vom nahen Fluss zurückkam, bemerkten seine<br />
Begleiter, die mit ihm meditiert hatten,<br />
seine plötzliche Wandlung und hielten ihn<br />
für erleuchtet. Doch Siddhartha entgegnete<br />
ihnen, es seien nur die Mücken gewesen.<br />
Hierauf lachten sie herzlich, denn sie wuss -<br />
ten, es war die Erleuchtung, was den Meister<br />
verklärte. Siddhartha jedoch blieb hartnäckig<br />
dabei, es seien nur Mücken gewesen.<br />
Dies verdross seine Jünger zunehmend. Einer<br />
nach dem anderen wandte sich von ihm<br />
ab, ging seiner Wege und berichtete von dem<br />
Geschehen. So kündeten sie von der Erleuchtung<br />
ihres Meisters und verbreiteten<br />
seine Reden. Seine letzte Erklärung aber,<br />
dass alle Erleuchtung nicht mehr als ein paar<br />
Mückenstiche zuviel sei, verschwiegen sie.<br />
Siddhartha kümmerte das nicht. Er war mit<br />
sich und der Welt eins und blieb dies bis zu<br />
seinem Lebensende.<br />
Der Meister und sein<br />
Fliegenwedler<br />
So hätte sich die letzte und höchste Weisheit<br />
beinahe aus der Welt verloren, hätte es<br />
nicht den Fliegenwedler gegeben, der Sid -<br />
dhar tha treu geblieben war. Seine Aufgabe<br />
war es fortan, dem Erwachten alle Mücken<br />
und Fliegen aus seiner Aura zu wedeln, auf<br />
dass sein Geist weiterhin von irdischer Dichte<br />
verschont blieb. Zugleich wedelte er das<br />
Bewusstsein des Erwachten in die Weite.<br />
Die beiden hatten ihr Vergnügen bei der Betrachtung<br />
der Welt. Die meisten der Gedanken<br />
und Sorgen, die man ihnen antrug, fanden<br />
sie lachhaft und lachten deshalb viel und<br />
herzlich, wenn Schüler den Erwachten aufsuchten<br />
und sich bemühten, ihm mit trickreichen<br />
Fragen die letzte Wahrheit zu entlo -<br />
cken. Die meisten der Besucher verließen<br />
daraufhin das seltsame Paar irritiert und<br />
sprachen später vom Erwachten und seinem<br />
Narren. Obgleich nur der Erwachte ein<br />
wahrer Narr war, sein Mückenwedler war<br />
bloß ein Schelm. Einige wenige aber begannen,<br />
selbst zu lachen. Worauf Siddhartha sie<br />
fragte, warum sie lachten. Die meisten wuss -<br />
ten darauf keine rechte Antwort. Einige wenige<br />
antworteten lachend, dass sie über sich<br />
selbst und ihre einfältigen Fragen lachten.<br />
Daraufhin wurde der Erwachte ernst und<br />
schwieg mit ihnen eine Weile. Zum Abschied<br />
umarmte er sie und wünschte ihnen eine gute<br />
Reise auf ihrem weglosen Pfad.<br />
Der Erwachte als Narr<br />
Nur so mag ich mir den Buddha vorstellen:<br />
als einen entspannten Geist, der über den Eifer<br />
seiner Mitwelt nach Sein und Haben nur<br />
noch lachen konnte. Ein Mensch, der über<br />
die blinden und eingeschlossenen Seelen aus<br />
grenzenlosem Mitleid lachte. Denn oft ist das<br />
Lachen über eine eingefleischte Dummheit<br />
das einzige und beste Argument. Indem der<br />
Narr sagt, lieber Mensch, was du machst<br />
und anstrebst, ist nicht einmal lustig, sondern<br />
so traurig, dass ich in meinem mitleidigen<br />
Schmerz über soviel Unverstand nur noch<br />
lachen kann. Einem solchen Buddha würde<br />
ich statt der Ushnisha (dem Haarknoten, den<br />
der Erwachte in den frühbuddhistischen<br />
Darstellungen trug) gerne eine Narrenkappe<br />
aufsetzen, um seine grenzenlose Weisheit<br />
und seinen feinsinnigen Humor hervorzuheben.<br />
Jedenfalls sollten wir einem Narren von dieser<br />
Statur keine Überheblichkeit unterstellen,<br />
auch wenn es vielen, die sich ob seines<br />
Gelächters auf den Schlips getreten fühlen,<br />
so anmutet. Schließlich ist es das besondere<br />
Talent eines Narren, dass er unsere Regeln<br />
und Notwendigkeiten hinterfragt und erkennt,<br />
dass sie selten dem Zweck dienen, der<br />
ihnen zugedacht wurde, sondern vielmehr einem<br />
komplizierten Geflecht der Anpassung,<br />
Unter- und Überordnung.<br />
Wir uniformieren uns in jeder Beziehung und<br />
Lebensäußerung und glauben zugleich, uns<br />
dadurch zu individualisieren. Dabei fürchten<br />
sich die meisten unter uns, in ihrer tat säch -<br />
lichen Eigenartigkeit erkannt zu werden,<br />
weswegen sie sich lieber durch Gleichartigkeit<br />
tarnen. Ein weiser Narr hingegen erfasst<br />
all diese Verdrehtheit mit einem Blick. Er<br />
durchschaut sein Gegenüber, und er durchschaut<br />
die Gleichförmigkeit von Moden und<br />
Meinungen. Und weil er so ihren Unsinn<br />
zutiefst erkennt, bleibt ihm nur himmlisches<br />
Gelächter.<br />
Den Narren meiden<br />
Der Narr nimmt dem Menschen<br />
seine Wichtigkeit, obwohl er ihn zugleich<br />
aus tiefstem Herzen ernst nimmt<br />
Andernfalls müsste er weinen. Womit er in<br />
die Rolle des Harlekins schlüpfte, des Narren<br />
mit der kullernden Träne. Doch zerbricht<br />
der Harlekin, anders als der anarchische<br />
Narr, nicht die übliche Sicht, sondern bemäntelt<br />
sie mit seiner Träne. Er ist ein Tröster und<br />
Reformer, ein Kabarettist und kein Umstürz -<br />
ler und Erschütterer. Das aber ist der weise<br />
Narr unbedingt. Er weiß, sobald sein Gegenüber<br />
die Welt mit seinen Augen sieht,<br />
wird er aus ihr fallen und selbst zum Narren<br />
werden. Weswegen die meisten von uns ei-<br />
nen solchen Narren meiden oder wie einst<br />
Siddharthas Jünger schnell das Weite suchen.<br />
Wahrscheinlich gibt es deswegen so wenige<br />
erkennbar echte Narren in der spirituellen<br />
Szene. Schließlich will kaum jemand in seinem<br />
Wahrheits- und Erkenntnisstreben zum<br />
Gegenstand des Spottes eines Durch- und<br />
Überblickers werden, der ihm zuruft: Vergiss<br />
deine Erleuchtung! Erleuchtung ist doch nur<br />
ein Mückenstich zuviel. Auch will niemand,<br />
dem die Beine im Lotossitz erbärmlich<br />
schmer zen, hören, dass sein Kasteien nur eitler<br />
Unsinn ist. Ebenso wenig verträgt es ein<br />
religiöser Mensch, wenn ein heiliger Narr die<br />
Dogmen seiner Religion zerpflückt und so<br />
seine Glaubensgewissheit erschüttert. Solche<br />
Narreteien bezahlten viele Narren mit<br />
ihrem Leben, denn ein gläubiger Mensch versteht<br />
in Glaubensdingen keinen Spaß. Sein<br />
Glaube ist ihm existentiell: Wer ihn infrage<br />
stellt, der stellt den Menschen infrage und<br />
verneint seinen Daseinsgrund. Der Narr<br />
nimmt dem Menschen seine Wichtigkeit, obwohl<br />
er ihn zugleich aus tiefstem Herzen<br />
ernst nimmt.<br />
Auf Erleuchtung verzichten<br />
Mensch, nimm dich nicht so wichtig! Dies geben<br />
wir anderen im Gefühl unserer eigenen<br />
Bedeutung gerne zum Rat. Doch wenn jemand<br />
das zu uns sagt, empören wir uns ob<br />
der Anmaßung. Das ist zwar närrisch, macht<br />
aber noch keinen Narren aus uns, sondern<br />
nur einen Selbstverblendeten.<br />
Lassen wir diese offensichtliche Einsicht hingegen<br />
für uns zu, können wir uns selbst zum<br />
Narren machen und zu uns selbst sagen: Vergiss<br />
deine Erleuchtung, du wirst sie eh nicht<br />
bekommen. Und der Erleuchtung ist es<br />
gleich dreimal egal, ob du sie erlangst. Also<br />
ernsthaft: Sich nicht so wichtig zu nehmen,<br />
bedeutet, auf Erleuchtung ernsthaft zu verzichten!<br />
[<br />
MATTHIAS MALA, Jg. 1950,<br />
Handelsfachwirt, seit<br />
1977 freiberuflicher<br />
Künstler, seit 1986 überwiegend<br />
Schriftsteller.<br />
Mitglied im Verband deutscher<br />
Schriftsteller VS<br />
und im Internationalen<br />
PEN-Club. www.mala.eu<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 25
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
Lerne zu lachen<br />
ohne Grund<br />
Lachen ist die beste Medizin<br />
und Lachyoga emotionale Katharsis<br />
FOTOLIA.DE © VOLNYANSKYY<br />
Der Krankenpfleger und Lachyoga-Trainer Robert Meisner geht mit der enormen Kraft des Lachens sehr feinfühlig<br />
um. Sterbenden und Trauernden lässt er ihren »heiligen Raum«. In seinen Lachyogakursen aber ermutigt er die<br />
Teilnehmer zu grundlosem Lachen, um so auch schwierigen Lebenssituationen lachend begegnen zu können<br />
WOLF SCHNEIDER IM GESPRÄCH MIT DEM LACHYOGI ROBERT MEISNER<br />
26 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
FLICKR.COM © E. COHEN<br />
H<br />
allo Robert, wie kommt es, dass das Lachen<br />
in deinem Leben eine so zentrale<br />
Rolle eingenommen hat?<br />
Das Ganze war erstmal kurios, und dann erst<br />
wurde es lustig. Ich habe schon als Kind gerne<br />
gelacht. Das hat mir eine positive und<br />
optimistische Lebenseinstellung beschert<br />
und oft im Alltag gut geholfen. Dass Lachen<br />
gesund ist, das weiß ja schon der Volksmund.<br />
Aber als ich erfuhr, dass man da auch auch<br />
sozusagen »professionell lachen« kann, eben<br />
im Lachyoga, war ich umso mehr verblüfft.<br />
Es hat bei mir allerdings nicht gleich gefunkt.<br />
Das erste und zweite Mal Lachyoga war für<br />
mich nur nett. Erst nach dem dritten Mal war<br />
ich Feuer und Flamme. Seitdem rollt die<br />
Lachbombe, und rollt und rollt …<br />
Ein großes Hindernis für Anfänger beim Lachyoga<br />
ist ja, dass sie erstmal denken: Ohne Grund<br />
kann ich nicht lachen. Dazu aufgefordert zu<br />
wer den, das macht es ja noch schlimmer, und<br />
dann ist Schluss mit lustig. Erst wenn man merkt,<br />
dass wir nicht nur Maschinchen sind, die wie ein<br />
pawlowscher Hund in einer Reiz-Reaktions-Kette<br />
von witzigen Auslösern zum Lachen gebracht<br />
werden, fängt es an zu zünden. Die Fähigkeit,<br />
etwas komisch zu finden, steckt ja in uns selbst.<br />
Wir sind frei auch in der Hinsicht, über alles lachen<br />
zu können. Ob das jeweils klug ist, das ist<br />
eine andere Frage. Aber es zu können, das ist<br />
doch gut, oder?<br />
Ja, der Mensch steckt voller Überraschungen.<br />
Wenn er etwas lustig findet, kann es ihm<br />
ein Lächeln entreißen, ja sogar ein kräftiges<br />
Lachen kommt dabei raus. Etwas komisch<br />
zu finden kann aber auch das Gegenteil auslösen:<br />
von skeptischen Blicken bis hin zum<br />
abwertenden Kopfschütteln. Der Mensch<br />
kann selbstverständlich über alles lachen. Es<br />
kommt aber auch auf den Kontext an: Wo<br />
befinde ich mich, wer ist noch in der Nähe,<br />
wie ist die Tageslaune, Tageszeit und Situation.<br />
Jederzeit und überall lachen zu können,<br />
muss nicht unbedingt was mit »klug sein«<br />
zu tun haben. Früher von sozialen und religiösen<br />
Instanzen aufs Schärfste sanktioniert,<br />
gehört das freie Lachen heutzutage fast zu<br />
den Errungenschaften der modernen Demokratie.<br />
Aber, wie gesagt, es gibt Momente,<br />
Situationen, Orte und Umstände, wo es<br />
deplatziert wirkt. Es sei denn, man will bewusst<br />
provozieren. Deshalb gibt es den geschützten<br />
Rahmen eines Lachyoga-Clubs, wo<br />
man laut und aus ganzem Herzen (besser gesagt<br />
aus dem Zwerchfell) lachen kann, ohne<br />
sich zu blamieren.<br />
Du triffst dich mit anderen Lachenden in Lachyoga-Clubs<br />
und gibst Lachyoga-Workshops. Was<br />
sind da die größten Hindernisse oder Bedenken,<br />
die die Leute mitbringen, wenn sie mit sowas<br />
anfangen?<br />
Wenn jemand zum ersten Mal kommt, ist es<br />
Neugier, was ihn dorthin treibt. Ich spüre zuerst<br />
die (meist nicht ausgesprochenen) Bedenken<br />
der Menschen und versuche dann<br />
denjenigen abzufangen, der die stärksten Bedenken<br />
hat, und ihn oder sie in die Gruppe<br />
zu integrieren. Die größte Angst, die die Leute<br />
im typischen Fall mitbringen, ist sich dabei<br />
lächerlich zu machen. Dann stellt sich so<br />
mancher die Frage: Wie kann ich spontan,<br />
aus dem Nichts heraus lachen, ohne dass<br />
mir jemand einen Witz erzählt oder ich mir<br />
einen lustigen Film anschaue? Ist es möglich,<br />
grundlos zu lachen? Ich brauch doch einen<br />
Sinn für Humor, um so frei lachen zu können!<br />
Kinder lachen auch<br />
ohne Witze oder komische<br />
Objekte, einfach weil es<br />
natürlich ist und sich<br />
gut anfühlt<br />
Dieser »Sinn für Humor« steht für die Gabe<br />
unseres Gehirns, eine gegebene Situation<br />
wahrzunehmen, um dann zu urteilen, ob<br />
sie lustig ist oder nicht. Ich gebe dann den<br />
Teilnehmern das Beispiel von kleinen Kindern:<br />
Die lachen auch ohne Witze oder komische<br />
Objekte, einfach weil es natürlich ist<br />
und sich gut anfühlt. Diese Fähigkeit wurde<br />
uns abtrainiert durch unsere Sozialisierung<br />
in Elternhaus, Schule und Gesellschaft. Der<br />
Weg zu diesem verloren geglaubten »inneren<br />
Kind« ist das Lachen in der Gruppe. Spätestens<br />
dann wälzen sich alle vor Lachen am<br />
Boden.<br />
Das erinnert mich an die Osho-Meditation der<br />
»Mystic Rose«, die vor ungefähr 25 Jahren das<br />
damalige Connection-Team mal zusammen ge-<br />
macht hat. Da haben wir eine Woche lang jeden<br />
Abend drei Stunden lang in einem Raum gemeinsam<br />
gelacht. In der zweiten Woche war in<br />
derselben Struktur Weinen dran und in der dritten<br />
Stille. Das war eine grandiose Gruppenerfahrung!<br />
Wir fingen einfach an zu lachen, egal,<br />
ob wir einen Grund dazu hatten oder nicht. Wer<br />
keinen hatte, fand oder erfand einen.<br />
Jetzt könnte einer sagen: Wenn ihr Menschen dahingehend<br />
trainiert, über alles lachen zu können,<br />
trainiert ihr ihnen dann nicht das Mitgefühl<br />
ab? Wenn vor den Augen eines solchen lachyoga-trainierten<br />
Menschen ein Unfall geschieht,<br />
und er sieht den Verletzten vor sich auf der Straße<br />
liegen, dann fängt der doch nicht an zu lachen,<br />
oder? Brüht einen dieses Lachyoga-Training nicht<br />
ab gegenüber dem Leiden der Menschen?<br />
Ja, Oshos »Mystic rose« ist eine feine Sache.<br />
Darüber schreibt auch Barbara Rütting in<br />
ihrem Buch »Lach dich gesund«. Lachyoga<br />
trainiert nicht Menschen, um über alles lachen<br />
zu können, und noch weniger stumpft<br />
man dabei ab gegenüber edlen Gefühlen.<br />
Es geht primär darum, dass man lernt, auch<br />
in verzweifelten Situationen oder Situationen,<br />
die einen sonst zornig oder wütend machen,<br />
lachen zu können. Am besten über sich<br />
selbst. Lachyoga ist weder religiös noch politisch.<br />
Es geht hier vielmehr um das Lachen<br />
für den Welt-Frieden. Ein Vorteil von<br />
Lachyoga ist, dass man dann lachen kann<br />
auch im Angesicht von Herausforderungen.<br />
Das sorgt für Festigkeit in schwierigen Zeiten<br />
und hilft zentriert zu bleiben und eine<br />
positive Lebenseinstellung beizubehalten. In<br />
»sonnigen« Zeiten kann ja jeder lachen.<br />
Voriges Jahr war ich in Salzburg auf dem von dir<br />
organisierten Lachyoga-Kongress. Da kam ich<br />
am Samstag Abend auf die Bühne, wollte anfangen<br />
zu spielen, mein Kabarett »Alles ist eins –<br />
und noch eins drauf«, war angekündigt, aber …<br />
es fingen alle schon an zu lachen, als ich auf<br />
die Bühne kam, noch ehe ich den ersten Gag gebracht<br />
hatte. Das war ein so warmer Empfang<br />
für mich! Ein Bad in dieser Menge von 200 mich<br />
freudestrahlend Anlachenden, ehe ich noch irgendwas<br />
getan hatte. Als komische Figur verstanden<br />
zu werden, ehe ich noch irgendwas<br />
Witziges »geleistet« hatte, das war für mich der<br />
17. Himmel (Wer den noch nicht kennt: Das ist<br />
das Paradies der Clowns, Narren und Kabarettis -<br />
ten)! Ein so gutes, lachmuskeltrainiertes Publikum<br />
zu haben, ist für einen Komödianten ers te<br />
Sahne, ein Heimspiel …<br />
Oh ja, der erste interalpine Lachyoga-Kongress<br />
in Salzburg war ein voller Erfolg. Zusammen<br />
mit meiner österreichischen Kollegin<br />
Gabi Fink habe ich da jede Menge »Lachwurzn«<br />
aus ganz Europa zusammentrommeln<br />
können. Viele von ihnen hatten schon<br />
jahrelang ihre Lachmuskeln trainiert. Es gab<br />
ja vor deinem Auftritt schon zwei Tage vol -<br />
ler Workshops und Vorträge, und einige der<br />
Teilnehmer hatten davor sogar schon an einem<br />
Fünf-Tage Intensiv-Seminar mit Dr.<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 27
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
Madan Kataria teilgenommen, dem Erfinder<br />
von Lachyoga. Dein Kabarett-Programm<br />
war eines der Highlights auf dem<br />
Kongress, das hörte ich von vielen Teilnehmern.<br />
Aber du hast recht: »Geübte« tun sich<br />
beim freien Lachen eindeutig leichter. Das<br />
Motto der Deutschen Gesellschaft für Alternative<br />
Medizin lautet: »Gesundheit beginnt<br />
mit Genießen«, und ich setze da noch<br />
eins drauf: »Genießen beginnt mit einem Lachen«.<br />
Der Genuss ist ja unsere natürliche Einrichtung<br />
der Belohnung für biologisch richtiges Verhalten.<br />
Unter zivilisatorischen Bedingungen funktioniert<br />
das nicht immer so, aber grundsätzlich<br />
ist Genuss Belohnung für richtiges Verhalten und<br />
Schmerz Strafe für falsches Verhalten, das sollten<br />
wir nicht vergessen. Dann ist klar, dass Genießen<br />
gesund ist, und wenn Lachen genuss -<br />
voll ist, dann ist Lachen gesund.<br />
Dass Lachen allerdings auch mitleidslos und aggressiv<br />
sein kann, das Thema hatten wir grad<br />
eben schon gestreift. Lachen über andere, wenn<br />
es ohne das Bewusstsein geschieht, dass man<br />
dabei auch über sich selbst lacht, grenzt aus.<br />
Ich würde das Spott nennen und dem den Humor<br />
entgegensetzen, das Lachen oder Schmunzeln<br />
über sich selbst. Insofern könnte man Humor<br />
vielleicht als wesentlich für die geistige Gesund -<br />
heit bezeichnen.<br />
Lachyoga ist eine<br />
ideale, gewaltfreie<br />
Methode der<br />
emotionalen Katharsis,<br />
ein wahrhafter<br />
Jungbrunnen<br />
Wie, meinst du, können wir das Ideal einer geis -<br />
tig gesunden Gesellschaft erreichen, in der die<br />
Menschen nicht über andere spotten und sie dadurch<br />
ausgrenzen, sondern sich selbst auf die<br />
Schippe nehmen? Braucht es dafür, zusätzlich<br />
zu den Lachyogaübungen, auch noch ein geistiges<br />
Training?<br />
Um über eine geistig gesunde Gesellschaft<br />
zu reden, müsste man die Manipulationen<br />
aus Wirtschaft und Politik ausblenden. Es<br />
gab schon immer hohe Ideale, Utopien, die<br />
dann an der sogenannten Realität gescheitert<br />
sind. Ich beobachte zum Beispiel seit<br />
25 Jahren die alternative Bewegung. Anfang<br />
der Neunziger bin ich noch durch halb<br />
Deutschland gereist, um den ersten Grad in<br />
Reiki machen zu können, und Bücher zu<br />
bestimmten Themen waren rar. Dann kam<br />
eine inflationäre Phase, wo fast jeder Verlag<br />
ein Buch über Qi Gong oder Aromatherapie<br />
rausbringen musste, da waren die Menschen<br />
dann so langsam gesättigt mit sowas,<br />
auch mit Seminaren. Immer mehr Leute aus<br />
der Wirtschaft zog es dort hin, denn dort<br />
konnte man Kohle machen. Vielleicht sind<br />
auch Provokateure eingeschleust worden,<br />
und auf einmal war es nicht mehr »in«, Esoteriker<br />
zu sein.<br />
Was auch immer ein Spotten über andere<br />
hervorruft, ob es das Bedürfnis ist, sich selbst<br />
in den Vordergrund zu stellen, oder ob es<br />
Minderwertigkeitskomplexe sind, es löst eine<br />
Reaktion bei dem anderen aus, manchmal<br />
sogar eine sehr heftige. Das erinnert<br />
mich an meine Schulzeit. Da haben wir als<br />
Halbwüchsige instinktiv herausgefunden,<br />
dass wir jemanden fertigmachen konnten, indem<br />
wir mit einem anderen tuschelten, dabei<br />
lachten und »denjenigen« dabei nur anschauten,<br />
das genügte. Das war für den Betroffenen<br />
schlimmer, als wenn er eine Ohrfeige<br />
bekommen hätte.<br />
Im Lachyoga gibt es keinen Spott und kein<br />
Lachen über andere. Wenn jemand bei den<br />
Lachspielen einen Fehler macht, dann geht<br />
er in die Mitte des Kreises und zeigt mit dem<br />
Daumen lachend auf sich selbst. Die anderen<br />
quittieren das mit einem anerkennenden<br />
Klatschen. Es gibt nur eine einzige Übung<br />
im Lachyoga, wo man mit erhobenem Zeigefinger<br />
in der »Na, na, na«-Stellung durch<br />
den Raum geht. Die wird aber mit einem<br />
Lächeln von den anderen aufgenommen.<br />
Lachen verbindet Kollektive nach innen, und es<br />
hat die Tendenz, die auszugrenzen, die nicht mitlachen<br />
– können oder es nicht wollen. Deshalb<br />
muss man mit diesem mächtigen sozialen Instrument<br />
sehr achtsam umgehen. Dass es für den<br />
Lachenden gesund ist, zu lachen, steht für mich<br />
außer Frage. Als Spott aber kann es sehr verletzen.<br />
Jetzt noch eine Frage an dich als Lachyogatrainer:<br />
Wie gehst du mit Tragik um? Gibt es Situationen,<br />
die du als zutiefst tragisch empfindest,<br />
sei es in deinem eigenen Leben, oder wenn einem<br />
Lachyogaschüler von dir etwas passiert,<br />
wo du vielleicht nur noch weinen möchtest,<br />
oder laut aufschreien, wo dir kein bisschen mehr<br />
zum Lachen zumute ist?<br />
Mir sind bei den Lachyoga-Sessions zum<br />
Glück noch nie tragische oder traurige Ereignisse<br />
passiert. Selbstverständlich können<br />
bei zu viel Lachen auch traurige oder<br />
schmerzhafte Erinnerungen hervorgerufen<br />
werden. Die Neurowissenschaft steckt ja<br />
noch in den Kinderschuhen. Noch ist nicht<br />
genau erforscht, welche Gehirnareale für<br />
welche emotionalen Reaktionen verantwortlich<br />
sind. Der Spruch »mit einem lachenden<br />
und einem weinenden Auge« zeigt<br />
nur, dass die Tränendrüse sich in unmittelbarer<br />
Nachbarschaft der Lachfalten (um die<br />
Augen) befindet und zu einem »Ich habe Tränen<br />
gelacht« führen kann. Lachyoga begünstigt<br />
das freie Fließen der Emotionen. Dabei<br />
können blockierte Gefühle freigesetzt<br />
werden. Viele körperliche, mentale und emotionale<br />
Probleme sind dann ihre Ursache los,<br />
und das Leben macht wieder mehr Spaß.<br />
Lachyoga ist eine ideale, gewaltfreie Methode<br />
der emotionalen Katharsis, ein wahrhafter<br />
Jungbrunnen.<br />
Und nochmal zu deinem eigenen, in einem engeren<br />
Sinne privaten Leben: Gibt es da Situationen,<br />
die du nicht als komisch empfinden kannst,<br />
bei denen dir sozusagen das Lachen im Halse<br />
stecken bleibt?<br />
Selbstverständlich gibt es solche Situationen.<br />
In der meisten Zeit des Tages ist man ja angepasst<br />
und funktionstüchtig und erfüllt bestimmte<br />
Rollen, die familiär oder gesellschaftlich<br />
von einem erwartet werden. Aber<br />
bei mir persönlich müssen schon starke<br />
Angstgefühle entstehen, dass mir das Lachen<br />
im Hals stecken bleibt. Bei wütenden oder<br />
zornigen Personen kann ich mir manchmal<br />
ein Lächeln, Grinsen oder Lachen nicht verkneifen,<br />
weil dabei sehr oft (aus meiner Perspektive)<br />
die Gründe dafür einfach nur<br />
»lächerlich« sind. Mit Trauer ist es was anderes:<br />
Trauernde Menschen brauchen ihre<br />
Zeit, man sollte ihnen dazu ihren Raum auch<br />
geben. Dann gibt es noch die Momente, die<br />
ich nicht komisch finde, wenn etwa jemand<br />
im Sterben liegt. Ich persönlich möchte mit<br />
Rockmusik zum Grabe getragen werden,<br />
dort dürfen die Lachyogis dann mal eine<br />
Runde Bärenlachen für mich einleiten. Aber<br />
in meinem Beruf als Krankenpfleger habe<br />
ich schon hunderte von Sterbenden in ihren<br />
letzten Stunden begleiten dürfen. Das sind<br />
sehr sensible Momente, weil sowohl der im<br />
Sterben Liegende als auch die Verwandten<br />
unterschiedliche philosophisch-religiöse<br />
Auffassungen vom Sterbeprozess haben. Es<br />
entsteht somit ein »heiliger Raum«, der die<br />
Verabschiedungsrituale der Angehörigen ermöglicht<br />
– und der ist voller Respekt und<br />
Mitgefühl.<br />
[<br />
ROBERT MEISNER, Jg. 65,<br />
Lachyoga-Lehrer, Gesund -<br />
heitspraktiker BfG, Kran -<br />
ken pfleger, ist am liebsten<br />
in Wäldern und an Kraft -<br />
orten in Europa unterwegs.<br />
Bekennender Wasser trin -<br />
ker, staatlich anerkannter<br />
Fußgänger.<br />
Info@gesundheitszentrumsonnenblume.de.<br />
28 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
Jedes Ding hat drei Seiten,<br />
eine positive, eine negative<br />
und eine komische<br />
Karl Valentin<br />
© SUSAN KLINGLER<br />
Auf dem von Robert Meisner organisierten<br />
Lachyogakongress 2014 in Salzburg<br />
vermittelte Shri Mahatma Mahasiddha<br />
den Anwesenden das okkulte Wissen<br />
um das achte Chakra<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 29
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
Das Mysterium des<br />
Treppensteigens<br />
Wir werden sterben, das ist sicher.<br />
Macht das unser Leben tragisch?<br />
der Psychologe Friedemann schulz von thun und der medienwissenschaftler Bernhard Pörksen sprechen<br />
über den tod und das damit unausweichliche ende der kommunikation – und fragen sich, ob uns diese<br />
tatsachen empören sollten oder eher erstaunen lassen über die kosmische megasensation, die wir sind<br />
Bernhard Pörksen im GesPräch mit Friedemann schulz von thun<br />
30 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
PIXABAY.COM © VLANKA<br />
P<br />
örksen: Sie haben Ihr Leben lang<br />
über Kommunikation nachgedacht,<br />
geforscht, publiziert. Und Sie sind als<br />
Kommu ni kationspsychologe dabei immer<br />
von einer zentralen Annahme ausgegangen,<br />
nämlich dass man – lebendig genug, kräftig<br />
und gesund genug – noch einmal sprechen<br />
kann. Wir alle wissen aber, dass dies irgendwann<br />
nicht mehr geht. Irgendwann kommen<br />
Krankheit, Gebrechen und Tod. Man könnte<br />
sagen: Der Tod ist ein Skandal, der die<br />
Chance eines kommunikativen Neuanfangs<br />
brutal zerstört.<br />
Schulz von Thun: Dem kann ich nur entgegnen:<br />
Ob ich den Tod als Skandal empfinde,<br />
hängt von meiner Weltsicht ab, von meinem<br />
existenziellen Selbstverständnis. Wenn ich<br />
mich als individuelle Krönung der Schöpfung<br />
begreife und vielleicht ein wenig narzisstisch<br />
begabt bin, dann ist der Tod eine maximale<br />
Kränkung. Wenn ich mir vor Augen halte, dass<br />
mein Leben überaus qualvoll werden kann,<br />
kann der Tod eine Erlösung bedeuten – eine<br />
Art Lebensversicherung, dass die Qual nicht<br />
ewig sein wird. Vielleicht werde ich ihn dann<br />
wie einen guten Freund empfangen, mit der<br />
Aussicht auf gnädige Sterbehilfe? Und wenn<br />
ich mir vor Augen halte, dass ich als Glied einer<br />
Kette erfunden worden bin, genau zwischen<br />
denen, die vor mir waren und die nach<br />
mir kommen, dann macht es Sinn, Platz zu<br />
machen.<br />
Pörksen: Und doch ist es nur zu verständlich,<br />
den Tod als Feind zu betrachten. Er ist,<br />
allen Tröstungsversuchen von Religion und<br />
Philosophie zum Trotz, ein furchtbares Faktum.<br />
Er zerstört alles<br />
Schulz von Thun: Weil er alles zerstört, was<br />
uns lieb ist? Natürlich könnte man mit Arthur<br />
Schopenhauer sagen, dass es eine unerträgliche<br />
Gemeinheit darstellt, wie unser Dasein<br />
konstruiert ist: Zuerst werden wir dazu verführt,<br />
uns in das Leben zu verlieben. Und<br />
dann, wenn wir uns so richtig mit uns selbst<br />
identifiziert und befreundet haben, folgt das<br />
Todesurteil, das wir eigentlich immer schon<br />
in der Tasche tragen.<br />
Pörksen: Woody Allen hat dieses Bedauern<br />
über die eigene Endlichkeit einmal auf eine<br />
gleichermaßen scherzhafte und doch melancholische<br />
Weise formuliert: »Man hat<br />
mich einmal gefragt, ob es mein Traum wäre,<br />
in den Herzen der Menschen weiterzuleben,<br />
und ich sagte, ich würde gerne in meiner<br />
Wohnung weiterleben.«<br />
Schulz von Thun: Für mich stellt sich die Frage:<br />
Welche Haltung ist dem Tode gegenüber<br />
erstrebenswert? Welche Haltung kann es mir<br />
erleichtern, mein Dasein zu bejahen, auch<br />
wenn es diese Begrenzung in sich trägt? Ich<br />
mache mal einen Versuch: Ist nicht der Schlaf<br />
auch skandalös? Wir sind nur für eine kurze<br />
Stippvisite auf dieser Welt – und dann verpennen<br />
wir auch noch ein ganzes Drittel dieser<br />
kostbaren Zeit!? Und doch, wenn der Tag<br />
anstrengend und reich war, ist es wunderbar,<br />
in den Schlaf zu gleiten, ich werde dagegen<br />
keine Beschwerde einreichen. Und könnte es<br />
nicht, ganz analog zu diesem kleinen Tod, so<br />
sein, dass ein erfülltes und reichhaltiges Leben<br />
irgendwann eine lebenssatte Müdigkeit<br />
nach sich zieht, die ein sanftes Hinübergleiten<br />
als stimmig und richtig erscheinen lässt?<br />
Sterben ohne Gewissheit<br />
Pörksen: Aber die Gewissheit, dass ich am<br />
nächsten Morgen wieder aufwache, macht<br />
dieses Hinübergleiten unendlich viel leichter<br />
und vielleicht überhaupt erst wirklich<br />
schön.<br />
Schulz von Thun: Das stimmt. Hätte ich die<br />
Gewissheit, dass auch das Sterben nur der Anfang<br />
einer Transformation zu etwas Neuem<br />
ist, dass wieder ein Erwachen und ein neuer<br />
Tag folgen werden, der vielleicht kein Tag im<br />
herkömmlichen Sinne sein wird, dann wäre<br />
es viel leichter, dieses Gefühl einer köstlichen<br />
Müdigkeit zuzulassen und die Augen getrost<br />
zu schließen. Leider habe ich diese Gewissheit<br />
nicht, und Sie, wenn ich richtig sehe, auch<br />
nicht.<br />
Pörksen: Nein. Mir erscheint ein solcher<br />
Glaube letztlich als der Versuch, sich über eine<br />
existenzielle Sinnlosigkeit und eine Unbehaustheit<br />
hinwegzutrösten, die man nicht<br />
sehen will.<br />
Das Leben vor dem Tod<br />
Schulz von Thun: Aber ganz so existenziell<br />
unbehaust sind wir doch gar nicht. Dass wir<br />
beide hier sitzen, dass wir atmen und freundlich<br />
miteinander sprechen und bei Regen ein<br />
Dach über dem Kopf haben, zeigt doch schon,<br />
dass wir auf dieser Erde sehr zu Hause sind.<br />
Worauf ich hinauswill: Ihre These von einer<br />
grausamen Sinnlosigkeit und Unbehaustheit<br />
trifft mein eigenes Lebensgefühl nicht wirklich.<br />
Pörksen: Aber am Schluss bleibt doch nur<br />
eine Menge Staub.<br />
Schulz von Thun: Ja, am Schluss! Aber davor<br />
ist unser ganzes Leben, zum Beispiel jetzt<br />
in diesem Augenblick, wo wir einander als<br />
Schicksalsgenossen begegnen und in die Augen<br />
schauen. Es ist wahr, dass wir unsere<br />
Existenz auf dieser Erde nicht verewigen können.<br />
Aber indem Sie alles vom Ende her be-<br />
trachten, laufen Sie Gefahr, den Tod zu dämonisieren<br />
und ihm eine Bedeutung zu geben,<br />
die das ganze Leben definiert und überschattet.<br />
Pörksen: Das ist eine andere Betrachtungsweise.<br />
Würden Sie sagen, dass es hier einfach<br />
um verschiedene Perspektiven geht, die man<br />
mehr oder minder frei wählt?<br />
Schulz von Thun: Mehr oder minder. Es ist<br />
auch eine Entscheidung, ob ich mich von<br />
diesem sensationellen und mysteriösen Leben<br />
beeindrucken lasse oder ob mich das Faktum<br />
meiner eigenen Endlichkeit ganz und gar<br />
gefangen nimmt. Tatsächlich glaube ich, dass<br />
es richtig und geboten ist, den Gedanken an<br />
das Ende keine übergroße Macht zu geben,<br />
um nicht im Extremfall Kindheit, Jugend und<br />
Erwachsenenleben unter dem Damoklesschwert<br />
des Todes zu verbringen. Das wäre<br />
doch ein Jammer. Der Tod ist zwar mächtig<br />
und bedeutend, aber eines kann er uns immerhin<br />
nicht nehmen, nämlich gelebt zu haben<br />
und dieses Leben womöglich in seiner<br />
Ist der Tod schrecklich? Woody Allen wollte lieber<br />
in seiner Wohnung weiterleben<br />
als »in den Herzen der Menschen«<br />
wunderbaren Fülle ausgekostet zu haben. In<br />
dieser Hinsicht ist er ein machtloser Geselle.<br />
Ende der Kommunikation<br />
Pörksen: Ihr gesamtes Werk, Ihre gesamte<br />
Kommunikationspsychologie zielt auf das<br />
miteinander Reden, die Aushandlung, den<br />
Kompromiss. Aber der Tod ist nicht kompromissfähig,<br />
sondern endgültig. Insofern<br />
wundert mich, dass Sie die Tatsache des Todes<br />
nicht sehr viel wütender macht. Er bedroht<br />
das Leben und eine Lebenskunst, die<br />
den Ausgleich sucht. Er ist existenziell und<br />
intellektuell vernichtend.<br />
Schulz von Thun: Tatsächlich bin ich in dieser<br />
Frage nicht so empörungsfähig und wütend<br />
wie Sie. Das Bewusstsein davon, dass ich<br />
einem menschlichen Lebensschicksal preisgegeben<br />
bin, dass ich ungefragt entbunden<br />
wurde, dass ich ungefragt sterben werde und<br />
dass das Schicksal mir in der Zeit dazwischen<br />
manches bietet und manches aufzwingt, was<br />
ich mir wahrlich nicht zurechnen kann, dieses<br />
Bewusstsein, gelebt zu werden, legt eine gewisse<br />
Schicksalsdemut als stimmige Lebenshaltung<br />
nahe. Andererseits ist es auch eine<br />
Aufgabe, das aus mir zu machen, was als<br />
Möglichkeit und als Verheißung in mir steckt,<br />
und so, mehr oder minder, zum eigenverantwortlichen<br />
Subjekt und zum Autor meiner<br />
Lebensgeschichte zu werden. Tatsächlich<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 31
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
kommt es darauf an, beides zusammenzudenken<br />
und zusammenzuleben.<br />
Schicksalsdemut und<br />
Selbstbestimmung<br />
Pörksen: Es geht, wenn ich Sie richtig verstehe,<br />
um eine Balance von Schicksalsdemut<br />
und Selbstbestimmung.<br />
Schulz von Thun: Das sehe ich so, ja. Denn<br />
wer nur die Schicksalsdemut kennt, landet in<br />
einem resignativen Fatalismus, der für das<br />
eigene Leben keine Verantwortung übernimmt.<br />
Wer nur die Selbstbestimmung gelten<br />
lässt, versteigt sich in eine Omnipotenz,<br />
die nicht nur wahnhaft ist, sondern auch eine<br />
schmerzliche Überverantwortlichkeit mit<br />
sich bringt, nach dem Motto: Für alles, was<br />
mir widerfährt, trage ich, als wahrer Urheber<br />
dieses Geschehens, die Verantwortung.<br />
Pörksen: Der Schriftsteller Wilhelm Schmid,<br />
Autor zahlreicher Werke zu einer philosophisch<br />
inspirierten Lebenskunst, hat einmal<br />
eine Art Reflexionslösung für das Problem<br />
des Todes präsentiert. Es sei in jedem<br />
Fall klug, so seine These, sich den Tod nur als<br />
einen Übergang vorzustellen, denn dies mache<br />
das Leben im Hier und Jetzt leichter,<br />
erträglicher. Und schließlich sei alles Glaube<br />
und niemand wisse Genaueres. Insofern<br />
ließe sich auch schlicht wählen, was man<br />
glauben wolle. Und wenn es dann tatsächlich<br />
weiterginge, dann könnte man die eigene<br />
Existenz weiterhin auskosten. Und wenn<br />
gar nichts folge, dann sei dies auch egal – und<br />
ohnehin alles aus und vorbei. Kurzum:<br />
Schmid empfiehlt den Glauben an ein Leben<br />
nach dem Tod als glücksfördernde Hypothese.<br />
Glauben, was gut tut<br />
Schulz von Thun: Das scheint eine kluge, jedenfalls<br />
eine pfiffige Lösung zu sein. Die<br />
Rechnung wird aber wohl nur aufgehen,<br />
wenn dieser Glaube auch aus den tieferen<br />
Wir sind nur für eine kurze Stippvisite auf dieser Welt,<br />
und dann verpennen wir auch noch ein<br />
ganzes Drittel dieser kostbaren Zeit<br />
Etagen der Seele bestätigt wird, sonst bleibt<br />
er eine mentale Kopfgeburt, die nicht den<br />
ganzen Menschen ergreifen kann. Ich will diesen<br />
Vorschlag nicht tadeln, nur – mir würde<br />
das wohl nicht gelingen. Denn es setzt voraus,<br />
dass man aus den verschiedenen möglichen<br />
Positionen zuerst die bekömmlichste<br />
auswählt und sich dann dafür entscheidet,<br />
an sie zu glauben. Ginge ich selbst so vor,<br />
dann würde ich den Verdacht nicht los, dass<br />
ich mir gerade etwas vormache, um mich zu<br />
trösten.<br />
Pörksen: Wie würden Sie Ihre eigene Position<br />
beschreiben?<br />
Schulz von Thun: Ich bin mir keineswegs sicher,<br />
dass etwas folgt, was über mein jetziges<br />
Dasein hinausgeht. Am ehesten rechne ich damit,<br />
dass für mich alles so sein wird wie vor<br />
PIXABAY.COM © PUBLIC DOAMIN PICTURES<br />
32 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
ERNSTHAFT KOMISCH<br />
meiner Zeugung – also ein endloses Nichts,<br />
soweit ich mich erinnern kann. Aber sicher<br />
kann ich mir dessen auch nicht sein, denn<br />
ich bin nur ein Staubkorn dieses mysteriösen<br />
Universums, ausgestattet mit einem Erkenntnisapparat,<br />
der gerade mal dazu taugt,<br />
auf dem Planeten Erde für eine Weile über<br />
die Runden zu kommen. Ja, diese Welt ist<br />
mir von oben bis unten ein großes Myste rium,<br />
einschließlich meiner selbst und meines Daseins<br />
auf Erden. Zuweilen erfasst mich ein<br />
demütiges Staunen – und dies ist für mich exis -<br />
tenziell stimmiger, als wenn ich eine Glaubensgewissheit<br />
vorgeben würde.<br />
Das ganz Andere<br />
Pörksen: Was Sie als ein Mysterium bezeichnen,<br />
würde ein Mystiker vermutlich<br />
Gott nennen. Gott wäre – so betrachtet – eine<br />
Chiffre für das ganz Andere, das sich in<br />
den Kategorien des Verstandes nicht fassen<br />
lässt.<br />
Schulz von Thun: Wenn Sie Gott so definie -<br />
ren, als eine Chiffre für das Mysterium des<br />
Seins, dann bin ich ihm zuweilen nahe – er<br />
ist dann für mich der vollkommen unbekannte<br />
Adressat meiner Dankbarkeit als Geschöpf.<br />
Ich sage »Geschöpf«, weil alles, was<br />
an mir dran ist – die Augen, die Ohren, das<br />
Herz, die Gene, das Blut, die Hände, die Beine,<br />
das Geschlecht, das Gehirn … – das alles<br />
habe ich nicht gemacht, nicht bestellt, nicht<br />
erfunden, sondern fertig vorgefunden – mitsamt<br />
dem ganzen »Ich«, das sich mit diesem<br />
vorgefundenen Lebenskunstwerk identifiziert.<br />
Pörksen: Hat diese Formulierung von dem<br />
unbekannten Adressaten der eigenen Dankbarkeit<br />
für Sie eine im engeren Sinne religiöse<br />
Bedeutung?<br />
Schulz von Thun: Religiös wohl schon, wenn<br />
auch nicht im kirchlichen Sinne. Mir erscheint<br />
die Schöpfungsgeschichte, die uns die Evolutionstheorie,<br />
die Astronomie und die Natur -<br />
wissenschaften insgesamt vorspielen, noch<br />
sehr viel Ehrfurcht gebietender als die Schöpfungsgeschichte,<br />
die wir der Bibel entnehmen<br />
können. Ich soll also aus zwei winzigen Zellen<br />
entstanden sein, je einer von Mutter und<br />
Vater? Und dann soll dieser Mini-Zellklumpen<br />
im Bauch eines Nachfahren von Raubund<br />
Säugetieren millionenfach gewachsen<br />
sein, nach einem Bauplan, der den beiden Zellen<br />
innewohnt? Und, wie bitte? Meine Vorfahren<br />
lassen sich zurückverfolgen bis in die<br />
Anfänge des Lebens auf Erden? Und noch<br />
immer ist etwas vom Fisch in mir, jenem Vorfahren,<br />
der im Wasser lebte, der fraß und gefressen<br />
wurde? Und, wie bitte? Alle meine<br />
Vorfahren haben sich ohne eine einzige Ausnahme<br />
»fortgepflanzt«, bevor sie gefressen<br />
wurden oder sonstwie starben? Was für eine<br />
Tradition von Überlebenskünstlern über hunderte<br />
Millionen von Jahren hinweg! Das alles<br />
ist doch unglaublich und atemberaubend,<br />
oder?<br />
Figur und Hintergrund<br />
Unser Erkenntnisapparat taugt gerade<br />
mal dazu, auf dem Planeten Erde für eine Weile<br />
über die Runden zu kommen – diese Welt ist<br />
von oben bis unten ein großes Mysterium<br />
Treppensteigen, plötzlich das wundersame<br />
Mys teriums meines Daseins zu fassen. Das<br />
Treppensteigen ist dann nicht bloß Mittel zum<br />
Zweck, um irgendwohin zu gelangen, sondern<br />
ein Augenblick, der um seiner selbst willen<br />
geschieht.<br />
Dieses kostbare Leben<br />
Pörksen: Können Sie diesen Gedanken noch<br />
genauer ausführen?<br />
Schulz von Thun: Das ist nicht leicht zu erklären.<br />
Ich bin dann von ehrfürchtigem Staunen<br />
erfasst, dass ich jetzt mit aufrechtem Gang<br />
(eine Errungenschaft meiner jüngsten Vorfahren!)<br />
und mit einem Ziel im Kopf, sehend<br />
und atmend und mit einer inneren Stimmungslage,<br />
die Treppe emporsteige. In diesem<br />
Moment tritt dann die kosmische Megasensation,<br />
von der ich ein letzter Abkömmling<br />
bin, aus dem Hintergrund der beiläufigen<br />
Selbstverständlichkeit in den Vordergrund<br />
des Innewerdens. Und dann kann ein<br />
Gefühl von Kostbarkeit aufkommen, von Lebenskostbarkeit,<br />
das sich noch verstärkt, wenn<br />
ich weiß, dass ich nicht ewig diese Treppe werde<br />
steigen können.<br />
[<br />
dieses Gespräch ist ein bearbeiteter und gekürzter<br />
auszug aus dem Buch von Bernhard Pörksen und<br />
Friedemann schulz von thun: Kommunikation als<br />
Lebenskunst. Philosophie und Praxis des Miteinander-<br />
Redens. heidelberg 2014, carl-auer verlag, 224 seiten,<br />
24,95 €.<br />
in dem Buch erkunden der Psychologe Friedemann<br />
schulz von thun und der medienwissenschaftler<br />
Bernhard Pörksen die verbindung von humanistischer<br />
Psychologie und systemischem denken. sie diskutieren<br />
die Bedeutung von glückender kommunikation für die<br />
berufliche Praxis und zeigen, in welcher Weise sich die<br />
reflexionswerkzeuge der kommunikationspsychologie<br />
als gedankliche Geländer einer individuell stimmigen<br />
lebensführung verwenden lassen.<br />
Pörksen: Es fällt mir auf, dass sich viele Protagonisten<br />
der Humanistischen Psychologie<br />
im Alter mit religiösen Fragen beschäftigt<br />
haben: Abraham Maslow begründete die<br />
Transpersonale Psychologie, eine Psychologie<br />
der spirituellen Erfahrung. Der Gestalttherapeut<br />
Fritz Perls wandte sich dem Zen-<br />
Buddhismus zu. Und die Therapeutin Ruth<br />
Cohn schrieb offen über ihre Gottes -<br />
erlebnisse in den Schweizer Bergen.<br />
Schulz von Thun: Nun bin ich selbst natürlich,<br />
wenn Sie mir diese leise ironische Brechung<br />
Ihrer großen, schweren Fragen gestatten,<br />
noch ein junger Mann – wer weiß, was<br />
sich da bei mir noch alles tut, sollte ich tatsächlich<br />
einmal so alt werden wie Ruth Cohn?!<br />
Noch stecke ich eher in einer erdgebundenen<br />
Pragmatik fest und öffne mich erst allmählich<br />
und etwas scheu und zögerlich den<br />
spirituellen Fragen. Fast hätte ich gesagt, ich<br />
bin »spirituell unbegabt«. Aber langsam tut<br />
sich etwas. Ich merke, dass sich gelegentlich<br />
und zunehmend Figur und Hintergrund vertauschen.<br />
Pörksen: Was meinen Sie mit dieser Analogie<br />
aus der Gestaltpsychologie?<br />
Schulz von Thun: Gemeint ist: In meinem<br />
Normalleben bleibt das Bewusstsein vom<br />
Mys terium meines Seins ganz im Hintergrund.<br />
Die Figur im Vordergrund besteht aus<br />
dem realitätsgerechten Pragmatismus der alltäglichen<br />
Angelegenheiten, die mich ganz in<br />
Beschlag nehmen. Aber dann und wann, und<br />
immer häufiger (und halb geschieht es von<br />
selbst und halb versuche ich es herbeizuführen),<br />
vertauschen sich Figur und Hintergrund:<br />
dann habe ich, auch bei ganz alltäg -<br />
lichen Verrichtungen, zum Beispiel beim<br />
Bernhard Pörksen,<br />
Jg. 69, ist Professor für<br />
medienwissenschaft an der<br />
universität tübingen.<br />
bernhard.poerksen@<br />
uni-tuebingen.de<br />
Friedemann schulz von<br />
thun, Jg. 44, war<br />
Professor für Psychologie<br />
an der universität<br />
hamburg und ist als<br />
Berater und trainer tätig.<br />
svt@schulz-von-thun.de<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 33
RÜCKBLICK<br />
Abschied<br />
von der Szene?<br />
Gate, gate – gehen, mitgehen, weitergehen<br />
30 oder 31 Jahre Leben und Publizieren mit Menschen, die mit diesen Themen ringen und deren Leben<br />
dadurch verändert wurde, das ist eine lange Zeit. Die Seiten, die in dieser Zeit veröffentlicht wurden, im<br />
Hochformat nahtlos nebeneinander gelegt, ergeben eine Strecke von mehr als fünf Kilometern. »Lebe wild<br />
und gefährlich« stand auf den Witz-Postkarten an unseren Pin-Boards und Kühlschranktüren. Ja, das war<br />
es. Wirtschaftlich waren wir immer an der Kante, und manchmal auch im menschlichen Miteinander<br />
BOAZ FRANK LEDER SPRACH MIT WOLF SCHNEIDER ÜBER SEINE 30 JAHRE HERZBLUT-ENGAGEMENT<br />
34 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
RÜCKBLICK<br />
E<br />
s gab eine Zeit vor der Connection. Nach<br />
deinem Studium generale in München<br />
(71–75) in Naturwissenschaften und<br />
Philosophie bist du in die Welt gezogen. 1976<br />
hast du getestet, wie es sich als buddhistischer<br />
Mönch in Thailand lebt, und 1977 bist du Schüler<br />
von Osho geworden.<br />
Osho hat mir am 22.7.1977 den Namen Swami<br />
Deva Sugata gegeben. Damals konnte<br />
man noch vor ihm sitzen und mit ihm sprechen.<br />
»Sugata« ist ein buddhistischer Name,<br />
ein Beinahme des Gautama Siddharta, der<br />
nach seinem Erwachen »Buddha« genannt<br />
wurde – Erleuchteter / Erloschener. Mein<br />
Name bedeutet »Well-gone«, wohl-gegangen.<br />
Gemäß Oshos Worten in der Bedeutung:<br />
(auf gute Art) »darüber hinaus gegangen«.<br />
Su ist im Sanskrit eine Vorsilbe ähnlich dem<br />
griechischen eu (wie in Eu-phorie). Gata<br />
bedeutet gegangen, so wie in gate, gate, paragate,<br />
bodhi svaha. Man sagt das von einem,<br />
der das Rad des Leidens, der Wiederkehr verlassen<br />
hat, oder – wie immer bei Namen, die<br />
ja ein Omen sein wollen – einer, der dahin<br />
strebt. Nach einiger Zeit war mir diese Übersetzung<br />
zu brav, und ich hab sie umgangssprachlicher<br />
übersetzt als »abgefahren« oder<br />
»verduftet«.<br />
Ich fühle mich auch heute noch im Bud -<br />
dhismus sehr zuhause. Als ich 1980 anfing<br />
Gruppen zu leiten, begann ich mit Vipassana-Retreats.<br />
Die fanden in Holland, Bel gien,<br />
Deutschland statt, und ich war eine Zeitlang<br />
am Schwanken, ob ich weiter als Vipas -<br />
sana-Leiter touren sollte. Zugleich war ich<br />
aber für den Divya-Ashram in Langenfeld,<br />
Mittelfranken, verantwortlich, den ich zusammen<br />
mit meiner damaligen Freundin Sabrina<br />
gegründet hatte, und entschied mich<br />
dann fürs Zuhause-Sein und gegen das Touren<br />
als Gruppenleiter.<br />
eigenen Mustern verhaftet. Das ist die noble<br />
Aufgabe von Satire: durch Übertreibung die<br />
Muster aufzuzeigen.<br />
noch kommen würde. Der Rest der Gesellschaft<br />
ist halt noch nicht so weit, dachte ich.<br />
Nach 20 Jahren, in denen ich vielleicht eine<br />
halbe Million an Zinsen gezahlt hatte, waren<br />
die Kredite aber nicht mehr bedienbar. Ich<br />
habe dann Privat-Insolvenz angemeldet und<br />
konnte so den Verlag retten, der zu einer kleinen<br />
AG wurde, und meine Kreditgeber zu<br />
Aktionären. Ich habe über all die Jahre von<br />
weniger als 1.000 € pro Monat gelebt und<br />
war damit zufrieden, denn ich tat genau das,<br />
was ich wollte – von der Bürokratie und dem<br />
Finanzmanagement mal abgesehen. Insofern<br />
war ich glücklich.<br />
30 Jahre Connection, inklusive 20<strong>15</strong> sind es 31<br />
Jahre, ich hab das mal überschlagen: Das sind –<br />
Monatshefte und Specials zusammengerechnet –<br />
an die 400 Magazine, plus deine sechs Bücher,<br />
die du als Redakteur, Autor und Herausgeber gefüllt<br />
hast. Wie fühlt sich das an, auf so eine kreative<br />
und produktive Schaffenszeit zu schauen?<br />
Gib noch 50 bis 80 Artikel in anderen Zeitschriften<br />
und die vielleicht 100 Blogtexte dazu<br />
– ja, das ist viel. Wenn man die von mir<br />
verantworteten und redaktionell betreuten<br />
Seiten im Hochformat nebeneinander legt,<br />
ergäbe das einen abzuschreitenden Weg von<br />
ungefähr fünf bis sechs Kilometern. Stolz<br />
darauf bin ich allerdings nicht, es ist eher<br />
ein Staunen über diese Menge und die lange<br />
Zeit. Wenn ich mir die Hunderte an Titelbildern<br />
ansehe, die hier im Haus an den<br />
»Ich startete ohne Knowhow und ohne Geld,<br />
was ich durch Mut und Improvisationtalent<br />
auszugleichen versuchte«<br />
Ein Ashram – in welcher Tradition?<br />
Das war ein Osho-Ashram, so würde man es<br />
heute nennen. Damals hieß Osho »Bhagwan<br />
Shree Rajneesh«. 13 Jahre lang war er mein<br />
spiritueller Meister und gab mir den Namen<br />
für dieses Meditationszentrum, das zugleich<br />
Wohnstätte (Ashram) und Therapie-Institut<br />
war. Es war nicht ganz so wie diese Kinofilm-Satire<br />
»Sommer in Orange« von Markus<br />
Rosenmüller, die mich damals, als ich sie<br />
als Rezensent in einem Münchner Kino ansah,<br />
zugleich zum Lachen und Weinen brachte.<br />
Lachen, weil der Film von der Essenz her<br />
so gut getroffen war. Weinen, weil … es war<br />
so eine Art Fremdschämen. Auch der Divya-<br />
Ashram war ja für das fränkische Dorf, in dem<br />
wir lebten, ein Affront. Aber wir hatten in<br />
diesem Dorf auch etliche Bewunderer. Es war<br />
ein culture clash, so wie er heute vielleicht<br />
durch die Flüchtlinge geschieht, die gerade<br />
in Massen zu uns kommen. Unser Anspruch<br />
im Divya war natürlich, wie wohl in allen gu -<br />
ten Ashramas, transkulturell zu sein. Rosenmüllers<br />
Satire zeigt das Projekt jedoch als in<br />
Wie kam es 1985 zur Idee, eine spirituelle Szenezeitschrift,<br />
die Connection, und den gleichnamigen<br />
Verlag zu gründen? Woher kam das spezielle<br />
Fachwissen, das man für so eine Geschäfts -<br />
idee braucht, z. B. die journalistische Schulung,<br />
das grafisch-kreative Know-how, die administrativen,<br />
kaufmännischen und EDV-Kennt nisse?<br />
Ich hatte damals einfach Lust etwas anzupacken.<br />
Nicht alleine, sondern mit anderen.<br />
Dadurch, dass ich der einzige war, der bei<br />
jeder tieferen Erschütterung dran blieb und<br />
weitermachte, wurde ich allmählich zum<br />
Zentrum des entstehenden Verlages. Es war<br />
zwar nahezu meine Idee – mit Ideen war ich<br />
schon immer gut, meist habe ich zu viele davon<br />
–, aber dass ich den Verlag »gegründet«<br />
hätte, das ist übertrieben. Dazu hatte ich zu<br />
wenig Plan. Und auch Knowhow hatte ich<br />
keines. Ich hatte nicht mal eine kaufmännische<br />
Grundausbildung und auch kein Branchenwissen.<br />
Ich hatte einige Erfahrungen in<br />
mehreren asiatischen Schulungswegen, ebenso<br />
in einigen Methoden der Humanistischen<br />
Psychologie. Ich hatte eine passable Allgemeinbildung,<br />
die nicht deutschlandzentriert<br />
war, und einen scharfen analytischen Verstand,<br />
trainiert u.a. durch acht Semester Studium<br />
der Wissenschaftstheorie & Logik, und<br />
ich war mit Naturwissenschaftlern aufgewachsen.<br />
Ich startete also im Unternehmerischen<br />
ohne Knowhow und ohne Geld, was<br />
ich durch Mut und Improvisationstalent auszugleichen<br />
versuchte und durch Lernbereitschaft<br />
im Sinne des Anfängergeistes – Zen<br />
Mind, Beginner’s Mind, so hatte Shunryu Suzuki<br />
es genannt. Ich lebte damals in diversen<br />
Münchner WGs und verdiente mein Geld<br />
als Taxifahrer, was ein viel leichteres Geldverdienen<br />
war als die 30 Jahre danach als Unternehmer.<br />
Echt? Da haben doch neben dir viele Leute, Redakteure,<br />
Grafiker, Anzeigenprofis, Vertriebsleute<br />
mitgeschafft. Ich dachte, da bleibt auch mal<br />
Geld hängen – war dir das nicht so wichtig oder<br />
hast du immer wieder reinvestiert?<br />
Ich wollte, dass dieser Verlag existiert. Dafür<br />
habe ich mich richtig reingehängt. Zuerst hab<br />
ich die Defizite des Verlages mit Taxifahren<br />
beglichen, und als ich dann ganztags im Büro<br />
gebraucht wurde, habe ich Kredite aufgenommen,<br />
die zum Teil hoch verzinst waren.<br />
Ich dachte dabei immer, dass unsere Zeit<br />
Wänden hängen, jedes mit einer Geschichte<br />
dran, mit Menschen, die mit diesen Themen<br />
gerungen haben und deren Leben dadurch<br />
verändert wurde, dann wird mir<br />
schwin delig, und ich kann mir kaum mehr erklären,<br />
wie das alles zustande kam. Ich schreibe<br />
gerne, inzwischen auch sehr schnell, und<br />
immer wachse ich dabei ein bisschen mit. Am<br />
Ende eines Artikels weiß ich mehr als am<br />
Anfang, auch wenn ich dazu nichts recherchieren<br />
musste, einfach deshalb, weil die<br />
Sprache mich zur Klarheit zwingt. Ähnlich<br />
geht es mir beim Herausgeben von Texten<br />
anderer. Auch da muss ich mich mit dem Thema<br />
befassen, ich zwinge mich (und, seufz,<br />
auch meine Autoren, die das inzwischen aber<br />
sehr schätzen) zur Klarheit und Unmissverständlichkeit.<br />
Sprache kann Geschwafel sein<br />
und ist das leider sehr oft. Sie kann aber auch<br />
klären, gottseidank kann sie das, und sie tut<br />
es auch gelegentlich, und genau diese Fähigkeit<br />
ihr zu entlocken ist immer mein Anspruch.<br />
Wenn schon Reden oder Schreiben,<br />
dann soll es auch Sinn haben und nützen,<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 35
RÜCKBLICK<br />
sonst lässt man es lieber bleiben. Es gibt ja<br />
nicht nur Umweltverschmutzung durch Materie<br />
und Lärm. Im heutigen Internet, aber<br />
auch durch gedruckte Werbeschriften, werden<br />
wir exzessiver denn je geistig zugemüllt<br />
durch unnötige, unklare, missverständliche<br />
und irreführende Sprache.<br />
»Am Ende eines Artikels weiß ich mehr als am Anfang,<br />
auch wenn ich dazu nichts recherchieren musste,<br />
einfach deshalb, weil die Sprache mich zur Klarheit zwingt«<br />
Magazine wie die Connection erscheinen regelmäßig.<br />
Sowohl Abonnenten als auch Inserenten<br />
erwarten das Heft pünktlich. Du standest<br />
in der Verantwortung. Wie bist du mit dem Termindruck<br />
umgegangen, und was hast du dabei<br />
gelernt?<br />
Die Erscheinungstermine konnte ich fast immer<br />
einhalten. Anfangs war ich noch sehr<br />
scheu im Schreiben und Entscheiden über<br />
Texte und Bilder. Die ersten zwei Jahre<br />
schlief ich die letzten beiden Nächte vor<br />
Drucklegung nicht. Eine Verschiebung des<br />
Drucktermins hätte wirtschaftlich für uns<br />
böse Folgen gehabt, und wirtschaftlich standen<br />
wir immer an der Kante. Es war zu viel<br />
zu tun. In diesen Nächten verlor ich meine<br />
Schreibhemmungen und entschied dann<br />
einfach im Rausch der Nacht. Mir kam in<br />
dieser intensiven Anfangszeit auch meine<br />
Erfahrung als Leiter von Extremgruppen zu<br />
Hilfe. Ich hatte in den Jahren davor diese<br />
berüchtigten 48-Stunden-Marathons geleitet.<br />
Das waren Selbsterfahrungsgruppen, in<br />
denen man 48 Stunden lang nichts aß und<br />
nicht schlief und in einem Gruppenraum zusammenblieb.<br />
Dabei fallen die Hemmungen.<br />
Man wird echter, authentischer, mutiger, und<br />
sei es, weil man nach einer Weile einfach<br />
nicht mehr die Kraft hat, die üblichen Masken<br />
und Barrieren aufrechtzuerhalten. Das<br />
sind Rauscherfahrungen, die sehr befreiend<br />
sein können. Natürlich kann man nicht<br />
auf Dauer so arbeiten. Damals war ich jung<br />
und belastbar, da ging das. Heute, mit meinen<br />
62 Jahren, bin ich immer noch fit, aber<br />
ich teile mir meine Arbeit gut ein. Nachtschichten<br />
sind für mich heute völlig out.<br />
Dafür kann ich fast auf Knopfdruck schreiben,<br />
in sehr kurzer Zeit, zu einer großen<br />
Bandbreite von Themen. Das verdanke ich<br />
diesen 30 Jahren der Übung.<br />
Esoterik boomt. Immer noch? Du hast mit deinem<br />
Projekt drei Jahrzehnte spirituellen Wachstums<br />
in Deutschland begleitet und bist sowohl Kenner<br />
als auch Insider dieser Szene.<br />
Kenner und Insider, ach ja … und auch Teilnehmer.<br />
Manchmal nenne ich meine Beziehung<br />
zu dieser Szene im Spaß eine Hassliebe.<br />
Es ist wohl hoffentlich mehr Liebe, Hass<br />
ist es gewiss nicht, aber ich kann auch wütend<br />
werden, wenn ich in meiner geliebten<br />
Zielgruppe auf Gestalten treffen, die immer<br />
wieder dieselben Dummheiten machen<br />
ohne dazuzulernen. Es bewegt sich zwar alles<br />
– »alles fließt«, wie die Spiris so gerne<br />
sagen –, aber manches bewegt sich leider nur<br />
sehr langsam. Seit den 70er Jahren haben die<br />
westlichen Gesellschaften allmählich asiatisches<br />
Kulturgut in sich aufgenommen.<br />
Achtsamkeitspraktiken, stille Meditation<br />
und Yoga sind heute in der Mitte der Gesellschaft<br />
angekommen. Das meditationsweise<br />
oder auch urlaubs- und sabbatical-weise<br />
Austreten aus dem Alltagsbewusstsein<br />
wird heute akzeptiert, aber die Landungen<br />
danach noch nicht – es sei denn, man landet<br />
dabei wieder an genau demselben Platz wie<br />
vorher. Ein radikales Raustreten aber hinterlässt<br />
einen anderen Menschen, einen Verwandelten.<br />
Einen Mystiker, der dann wieder<br />
sozial aktiv wird. Es ist eine »Umkehr«, wie<br />
die Christen es einst nannten. Diese Umkehr<br />
und Rückkehr in die Gesellschaft ist eine<br />
notwendige Folge des radikalen Raustretens,<br />
aber damit tut sich meine geliebte Szene<br />
BEWUSSTHEIT<br />
FÜR KÖRPER UND GEIST<br />
Frank Boaz Leder im Wildpark Edersee mit<br />
Rosarita, einem Wüstenbussard. Seine Freunde<br />
finden, dass er bei aller guten Bemühung doch<br />
manchmal auch einen Vogel hat.<br />
TouchLife ist eine von vier Massagemethoden, die seit den 70ern in<br />
Deutschland im komplementärtherapeutischen Bereich begründet wurden,<br />
die anderen sind Biodynamische Massage nach Boyesen,<br />
Fußrefloxzonenmassage nach Marquart und Breuss-Massage. Frank Boaz<br />
Leder und Sylvia von Kalckreuth sind die Begründer von TouchLife und<br />
definierten fünf Pfeiler für ihre ganzheitliche Massage: Massagetechniken,<br />
Gespräch, Energieausgleich, Atem und Achtsamkeit. »Bewusstheit für<br />
Körper und Geist« ist ihr Leitmotiv. 1991 wurde TouchLife im Connection<br />
Special »Bewegen, Berühren, Heilen« erstmals redaktionell vorgestellt.<br />
Leder und von Kalckreuth definierten mit dem TouchLife Praktiker einen<br />
neuen Gesundheitsberuf, unterrichten Anfänger und Fortgeschrittene in der<br />
Methode und initiierten das internationale TouchLife Massage-Netzwerk.<br />
20<strong>12</strong> führten sie in Kooperation mit der Steinbeis-Hochschule Berlin die<br />
Methode im Studiengang Bachelor of Science für Komplementärtherapie in<br />
der Vertiefungsrichtung TouchLife bis ins akademische Feld. Mehr dazu<br />
unter: www.touchlife.de und www.achtsamkeitsmeditation.net<br />
36 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
RÜCKBLICK<br />
PIXABAY.COM © HANS<br />
noch sehr schwer. Nach den Ausflügen ins<br />
Niemandsland der egotranszendenten Einsicht<br />
brauchen wir wieder eine neue »Heimat«.<br />
Die Hardcore-Spiris versuchen stattdessen<br />
ihre Zelte im Niemandsland aufzuschlagen<br />
– und scheitern damit natürlich, was<br />
man dann an ihren Verdrängungen sieht.<br />
Mich beschäftigt auch unsere Freiheit, Grenzen<br />
nicht nur zu überwinden, weil sie uns<br />
trennen, sondern auch unsere ebenso große<br />
Freiheit, Grenzen neu zu setzen, nachdem<br />
man sich der Überwindbarkeit oder Nichtigkeit<br />
der vorgefundenen Grenzen vergewissert<br />
hat. Wir dürfen bei dem »bloß Überwinden«<br />
von Grenzen nicht stehen bleiben.<br />
Das ist auch jetzt in der Flüchtlingsfrage<br />
ein ganz wichtiger Punkt, und das wird voraussichtlich<br />
das Thema meines ersten Buchs<br />
sein, wenn ich mit der Abwicklung des Verlages<br />
fertig bin und hoffentlich dann auch<br />
das Connectionhaus gut übergeben habe.<br />
Du hast den kritischen Dialog gefördert. Leserbriefe<br />
an die Connection durften gepfeffert sein,<br />
da wurde Dampf abgelassen oder auch die eigene<br />
Weisheit zur Schau gestellt, manchmal<br />
spaltenlang.<br />
Die Beiträge und Reaktionen meiner Leser<br />
waren mir immer sehr wichtig. Zur indischen<br />
Kultur gehört der kritische Dialog ja eher<br />
nicht. Dort gibt es stattdessen Bhakti, Huldigungen,<br />
Guruverehrung. Europa zeichnet<br />
sich durch eine Kultur der kritischen Einwände<br />
aus, durch die Akzeptanz des Widersachers,<br />
des Mephisto, der eben auch das<br />
Gute schafft, nicht nur (zunächst) den Konflikt.<br />
Deshalb mag ich auch Heraklit mit<br />
seiner »verborgenen Harmonie« so sehr und<br />
die Polaritäten, aus denen sich Neues entwickeln<br />
kann und tatsächlich oft Neues entwickelt.<br />
Im Blätterwald der spirituellen Magazine gehört<br />
die Connection zu den Gewächsen, die über<br />
dreißig Jahre lang einen dicken Stamm und tiefe<br />
Wurzeln entwickeln konnten. In den weit verzweigten<br />
Ästen dieses geistigen Baumes haben<br />
sich viele bunte Vögel aufgehalten und fröhlich<br />
gezwitschert. Deine Arbeit hat zahlreiche Menschen<br />
erreicht, die Connection bot Orientierung<br />
und lud zur Reflexion ein, sie hat sich spirituell<br />
pluralistisch gegeben. Bist du zufrieden mit dem,<br />
was du erreicht hast, oder musst du als eine Art<br />
Henri Nannen nochmal inkarnieren und eins<br />
draufsetzen?<br />
Lustig, diese Vorstellung, nochmal inkarnieren<br />
zu müssen … Ich habe in der Hinsicht<br />
Nicht loslassen können?<br />
Das Festhalten war die<br />
schwierigere Übung<br />
mehrere Seelen in meiner Brust. Die eine<br />
sagt: Ich habe getan, was ich konnte. Für<br />
manches war ich nicht gut genug, vielleicht<br />
nicht selbstsicher genug, nicht führungsstark<br />
Wir dürfen bei dem »bloß Überwinden«<br />
von Grenzen nicht stehen bleiben. Das ist auch jetzt<br />
in der Flüchtlingsfrage ein ganz wichtiger Punkt<br />
oder führungswillig genug, oder meine Einsicht<br />
war und ist noch immer nicht tief genug.<br />
Aber ich bin auch zufrieden mit dem.<br />
Circa eine Million Mal ist ein Connection-<br />
Heft gekauft worden, gelesen von jeweils<br />
vielleicht zwei bis drei Menschen. In etwa<br />
10.000 Seelen hat das tiefe Spuren hinterlassen.<br />
Meine Arbeit konnte Einsichten fördern,<br />
oft auch Impulse zu sozialem und aufklärerischem<br />
Engagement geben. Aber das<br />
ist natürlich nichts gegen die Krake, die da<br />
unsere Welt gefangen hält. Der religiöse und<br />
anderswie ideologiebesessene Wahnsinn,<br />
dieses Schachern und Raffen und einander<br />
Blenden in der Außenwelt, ohne Einsicht in<br />
das, was Menschen glücklich macht und was<br />
wir Menschen im Innersten sind, hält nach<br />
wie vor unsere Welt gefangen. Man könnte<br />
verrückt werden vor Wut oder Verzweiflung.<br />
Also vielleicht doch nochmal reinkarnieren?<br />
Eine alte Freundin, die fünf Jahre bei uns<br />
mitgearbeitet hat, nennt mich penetrant bohrend<br />
immer wieder einen Bodhisattva …<br />
eines Bodhisattvas wäre dieses Wiederkommen<br />
doch wohl würdig, hehe ...<br />
Stichwort Loslassen: Wie geht es dir damit, die<br />
Connection loszulassen?<br />
Gut! Das dran Festhalten, das Durchhalten<br />
dieses Commitments war schwieriger. Für<br />
mich wird es gut sein, das alles nicht mehr<br />
tragen zu müssen. Ich möchte Bücher schreiben<br />
und auf Bühnen stehen, auf denen ich<br />
Menschen mit meinem Witz erfreuen kann.<br />
Vorträge halten, die Komik des Menschseins<br />
aufzeigen inmitten all der Tragik. Humorworkshops<br />
geben und – vorerst – mal eine<br />
Weile in einem Wohnmobil leben, wenn ich<br />
nicht grad, im Winter, auf La Palma bin. Ich<br />
möchte auf diese Weise beweglicher sein,<br />
möchte Transportmittel, Büro und Wohnung<br />
in einem haben und so möglichst viele der<br />
Menschen und ihre Wirkungsstätten besuchen,<br />
mit denen ich in all diesen Jahren leider<br />
nur E-Mail-Kontakt hatte. Und ich<br />
möchte darüber nicht nur schreiben, sondern<br />
auch filmen.<br />
Gibt es eine Abschiedsfeier mit Wegbegleitern<br />
oder eher ein einsames Ritual?<br />
Diese letzte Ausgabe von Connection ist<br />
mein Abschiedsritual. Dann wird es auch<br />
noch irgendwann eine Feier im Connectionhaus<br />
geben, das ich hoffentlich an Flüchtlinge<br />
werde übergeben können.<br />
Die gute Fee möchte dir drei Wünsche erfül len ...<br />
Das fällt mir leicht zu beantworten: Ich<br />
möchte vom Schreiben leben können, in einer<br />
glücklichen Liebesbeziehung ruhen und<br />
gesund sein, bis ich sterbe.<br />
Mögen deine Wünsche in Erfüllung gehen! Als<br />
Abonnent, Inserent und gelegentlicher Autor deines<br />
Magazins danke ich dir für deine Arbeit und<br />
die Inspiration, die ich dadurch erhalten durfte!<br />
FRANK BOAZ LEDER ist körpertherapeutisch ausgebildet.<br />
Seine spirituelle Schulung erhielt er von<br />
Ruth Denison und Michael Barnett. Zusammen mit<br />
Sylvia von Kalckreuth begründete er in den 80ern<br />
die TouchLife Massage. Beide praktizieren und<br />
lehren die Achtsamkeitsmeditation.<br />
team@touchlife.de<br />
[<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 37
NACHRUFE<br />
Gibt es ein Leben<br />
ohne Connection?<br />
Jetzt mal im Ernst, die ungeschminkte Wahrheit,<br />
ohne Süßholzgeraspel<br />
VON SALEEM MATTHIAS RIEK<br />
L<br />
ieber Sugata, du möchtest zum<br />
Schluss die ungeschminkte Wahrheit?<br />
Kein Süßholzgeraspel? Also<br />
gut. Los geht’s.<br />
Ich komme gleich zur Kernfrage. Gibt es ein<br />
Leben ohne Connection? Wohl kaum. Wenn<br />
die Connection ihren Dienst an unserer Verbundenheit<br />
einstellt, ist dies ein lebensgefährlicher<br />
Akt, verantwortungslos und<br />
selbst süchtig! Sugata, wie kannst du nur so<br />
egoistisch sein, jetzt nur an dein eigenes<br />
Wohl zu denken und deine jahrzehntelange<br />
Selbstausbeutung zu beenden? Du machst<br />
doch nicht jetzt etwa – nach all den Jahren!<br />
– doch noch einen auf Selbstverwirklichung?<br />
Marktwirtschaftliche<br />
Todsünden<br />
Wir brauchen dich! Wir brauchen einen,<br />
der dumm genug ist, seinen unternehmerischen<br />
Erfolg stets zu gefährden, indem er<br />
auch seine eigenen Kunden aufs Korn<br />
nimmt. Du hast Megatrends des Esomarktes<br />
entzaubert. Du hast gnadenlos deren Anzeigen<br />
karikiert. Du hast die Gutgläubigkeit<br />
deiner Leserinnen und Leser nicht nur nicht<br />
gewürdigt, sondern mit Füßen getreten. Du<br />
ließest sie einfach nicht damit durchkommen,<br />
ihren Verstand abzuschalten und ganz<br />
im Vertrauen zu leben. Nein, sie sollten weiter<br />
kritisch hinterfragen, was ihnen auf dem<br />
Psycho- und Esomarkt so alles feilgeboten<br />
wird. Dabei geht es doch ums Loslassen!!!<br />
Sugata, da musst du dich doch nicht wundern,<br />
dass nur Hartgesottene und Zwangsneurotiker,<br />
wie ich einer bin, nicht losließen,<br />
sondern an deinem Produkt unverdrossen<br />
festhielten.<br />
Jedoch: Du hast all die Jahre genau das Richtige<br />
getan, du hast deine marktwirtschaftlichen<br />
Todsünden mit grandiosem persönlichen<br />
Engagement wettgemacht. Du hast Unmögliches<br />
geschafft, nämlich das Magazin<br />
stets am Rande des Finanz- und Nervenzusammenbruchs<br />
am Leben gehalten. Und nun<br />
Saleem befürchtet, dass Sugata im<br />
nächsten Leben eine Zeitschrift wird<br />
herausgeben müssen, die noch<br />
schwerer zu vermarkten ist<br />
glaubst du das Recht zu haben, einfach aufzuhören?<br />
So ganz ohne Burnout oder sonsti -<br />
ge sozial akzeptable Gründe? Geht’s noch?<br />
Was fällt dir überhaupt ein?<br />
Dem Ego zum Opfer<br />
Ganz unschuldig bin ich an dieser Entwicklung<br />
vielleicht auch nicht. In manchen meiner<br />
Texte, die du – fast immer mit großer<br />
Wert schätzung, danke! – abgedruckt hast, habe<br />
ich ähnlich wie du die These vertreten,<br />
dass das Ego eigentlich nichts Böses oder<br />
Verdammenswertes ist, sondern ein Aspekt<br />
unseres Daseins, der genau wie alles andere<br />
seinen Part spielen möchte.<br />
Doch nun fällst du dem Ego zum Opfer! Das<br />
ist etwas ganz anderes! Die spirituelle Szene<br />
kann darüber nicht amüsiert sein. War deine<br />
Kritik am Egobashing etwa nur die ideologische<br />
Einstimmung dafür, dass wir deinen<br />
unverschämten Ich-mach-die-Biege-Coup<br />
jetzt einfach so hinnehmen? Du glaubst doch<br />
wohl kaum, du könntest einfach so deinen<br />
persönlichen Bedürfnissen folgen? Ohne im<br />
nächsten Leben wieder eine Zeitschrift herausbringen<br />
zu müssen, die noch viel schwe -<br />
rer zu vermarkten ist?<br />
Süßholzplantagen<br />
Also gut. Auch ich lasse los. Ein Leben ohne<br />
die Connection ist zwar unvorstellbar,<br />
aber ich bin sicher, sie wird uns virtuell, energetisch<br />
und in freundschaftlicher Verbundenheit<br />
erhalten bleiben. Und dein Verdienst<br />
unvergessen.<br />
Mist, jetzt konnte ich es doch nicht lassen,<br />
ein wenig Süßholz zu raspeln. Das ist wie<br />
eine Sucht. Sugata, ich werde dich als medialen<br />
Kritiker spiritueller Süßholz-Monokultur<br />
echt vermissen.<br />
Manche Süßholzplantagen der Mainstream-<br />
Esoterik erinnern mich an die endlosen<br />
Apfel plantagen in Südtirol. Hast du die<br />
schon mal gesehen? Ein Apfel pausbäckiger<br />
als der andere, wie eine Verheißung vom Paradies.<br />
Bis man erfährt, dass die Pestizide,<br />
die dort ausgebracht werden, jeweils das<br />
ganze Tal beglücken und es so gut wie unmöglich<br />
machen, dort Bio anzubauen. Die<br />
wenigen dortigen Biobauern müssen ein<br />
ähnliches Ausdauer-Gen haben wie du. Wäre<br />
schön, das würde zu einer ansteckenden<br />
Gesundheit. Vielleicht leben unsere Connections<br />
dann eines Tages ganz ohne ein entsprechendes<br />
Printmagazin. Aber die Zeit bis<br />
dahin … sie wird hart.<br />
SALEEM MATTHIAS RIEK, Tantralehrer, Paar- und<br />
Sexualtherapeut, Buchautor, leitet seit vielen<br />
Jahren Seminare und Trainings rund um Liebe,<br />
Eros und Bewusstsein, seit 2010 im Rahmen der<br />
»Schule des Seins«. Seit 1996 erschienen ca.<br />
50 seiner Texte in der Connection.<br />
saleem@schule-des-seins.de<br />
[<br />
© SALEEM MATTHIAS RIEK<br />
38 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
NACHRUFE<br />
Freiheit braucht<br />
Commitment<br />
30 Jahre Szene-Mitgestaltung, von der »neuen Twen«<br />
zur Aufklärung über den Eso-Zirkus<br />
VON CHRISTINA KESSLER<br />
© WOLF SCHNEIDER<br />
A<br />
ls ich jung war, so um die dreißig,<br />
war die Connection das coolste Magazin,<br />
das ich kannte. Für mich war<br />
sie die Nachfolgerin der Twen. Sie stand für<br />
sexuelle Revolution, globale und spirituelle<br />
Öffnung und einen neuen, genussvollen<br />
Lifestyle jenseits traditioneller Tabus. Ein<br />
ganz eigener Mix aus Sex & Spirit an der magnetischen<br />
Schwelle zum Verbotenen. Die<br />
neue Spiritualität war damals eine Projektionsfläche<br />
für unsere Vorstellungen von<br />
Freiheit und spektakulären Weltinnenräumen,<br />
gepaart mit kühnen Entwürfen individualistischer<br />
Lebens-Scripts. Ich selbst<br />
schmökerte gern in der Connection, mitmachen<br />
war allerdings nicht mein Ding. Gerade<br />
die freie Liebe schreckte mich ab, ich<br />
konnte mir ständig wechselnde Sexualpartner<br />
einfach nicht vorstellen. Manchmal aber<br />
kam ich mir neben diesen so beeindruckend<br />
enthemmten Menschen etwas verklemmt<br />
und schüchtern vor.<br />
Heute glaube ich, dass wir damals das Kind<br />
mit dem Bade ausgeschüttet haben. Echte<br />
Freiheit braucht eine doppelte Menge an<br />
Commitment. Wenn Partnerschaften und Familien<br />
nicht mehr tragen, kollabiert auch die<br />
Gesellschaft, deren Keimzellen sie sind.<br />
Wissenschaft und<br />
Transzendenz<br />
Dich, Wolf Schneider, lernte ich um 2002<br />
kennen, als mein erstes spirituelles Buch<br />
»amo ergo sum – ich liebe, also bin ich« herauskam.<br />
Trotz der Unterschiede in unseren<br />
Auffassungen über Mann-Frau-Beziehungen<br />
waren und sind wir uns in unserem Denken<br />
sehr nah. Uns verbindet die Brücke zwischen<br />
Wissenschaft und Transzendenz, die<br />
Suche nach einer alltagstauglichen Innerlichkeit,<br />
der Appell an die Selbstverantwortung<br />
des Einzelnen – und nicht zuletzt<br />
der Jammer über die Dekadenz des Geistigen<br />
und den immer unerträglicher werdenden<br />
Eso-Zirkus.<br />
Du selbst hast eine geniale Lösung gefunden,<br />
diesen Jammer in Aufklärung zu verwandeln<br />
– den Humor. Als ich zum ersten<br />
Mal deine Meister-Sketche erlebte, lachte ich<br />
mich fast kaputt. So kann nur einer spielen,<br />
der die Ego-Fallstricke der spirituellen Szene<br />
genau kennt. Auf deine einmalige Weise<br />
gelingt es dir, die typischen Entgleisungen<br />
aufzuzeigen und gleichzeitig die Szene zusammenzuhalten,<br />
in der du eine so große<br />
Rolle spielst.<br />
Nachruf und Aufruf<br />
Bist du dir eigentlich bewusst, dass die<br />
Connection für eine ganze Ära steht – eine<br />
Ära, auf die du prägenden Einfluss hattest?<br />
Wenn man auf ein solches Werk zurückblicken<br />
kann, darf man zu Recht stolz sein.<br />
»Es ist wie es ist« verriet Shri Shitananda<br />
seinen Zuhörern beim Satsang auf dem<br />
Lachyogakongress 2014 in Salzburg<br />
Ich jedenfalls bin stolz darauf dich zu kennen.<br />
Deshalb wünsche ich mir von ganzem<br />
Herzen, dass dein Wirken auch nach dem<br />
Ende der Connection weite Kreise zieht.<br />
Mag dies ein Nachruf auf die Connection<br />
sein, gleichzeitig ist es ein Aufruf an dich,<br />
Wolf Schneider, uns weiterhin an deiner<br />
scharfen Wachheit partizipieren zu lassen.<br />
[<br />
Dr. phil. CHRISTINA<br />
KESSLER, Jg. 55, studierte<br />
Kulturanthropologie,<br />
Religionswissenschaft<br />
und Philosophie.<br />
www.christinakessler.com<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 39
NACHRUFE<br />
Der Weg entsteht<br />
im Weitergehen<br />
Die Zeitschrift evolve geht den Weg weiter,<br />
den u.a. Connection vorbereitet hat<br />
VON MIKE KAUSCHKE<br />
V<br />
or einiger Zeit traf ich Wolf bei einer<br />
Konferenz und konnte persönlich<br />
mit ihm über das nahende Ende<br />
der Print-Ausgabe von Connection sprechen,<br />
von dem ich schon vorher etwas ungläubig<br />
aus E-Mails erfahren hatte. Ich<br />
konnte nicht wirklich verstehen, dass alle<br />
Versuche, von denen Wolf mir sicher nur<br />
einige erzählt hatte, nicht dazu geführt hatten,<br />
dass sich für ein so gestandenes Zeitschriften-Projekt<br />
wie Connection niemand<br />
fand, der es übernehmen wollte. Und es<br />
schien, als könnte Wolf es selbst noch nicht<br />
ganz fassen.<br />
Gate Gate Paragate …<br />
Aber sobald wir über seine neuen Pläne<br />
spra chen, glänzten seine Augen, und die<br />
Ideen sprühten. Besonders beeindruckt hat<br />
mich unser Abschied. Nach dem gemeinsamen<br />
Essen faltete er die Hände und sagte,<br />
oder besser chantete: »Gate Gate Paragate<br />
Parasamgate Bodhi Svaha«, das buddhistische<br />
Mantra, das ich gut aus dem Zen kannte.<br />
Man kann es in etwa übersetzen mit: »Gegangen,<br />
gegangen, hinübergegangen, ganz<br />
hinübergegangen, oh welch ein Erwachen,<br />
vollkommener Segen!« Für mich war das<br />
immer ein Satz gewesen, der mich daran<br />
erinnert und darin bestärkt hatte, den spirituellen<br />
Weg unbeirrt weiterzugehen, auch gegen<br />
alle inneren und äußeren Schwierigkeiten<br />
und Hindernisse. So eine Art Kernformel<br />
»spiritueller Resilienz«.<br />
Spiritualität mit Humor<br />
Später dachte ich, wie gut dieser Satz und<br />
diese Haltung doch zur langen Geschichte<br />
von Connection passen. In den letzten Jahren<br />
konnte ich diese Geschichte<br />
aus der »Nachbarschaft«<br />
begleiten, als<br />
Redakteurs kollege, denn<br />
mit unserem Magazin<br />
evolve wenden wir uns an<br />
eine ähnliche Zielgruppe:<br />
an Menschen, die nach<br />
zeitgemäßen Formen von<br />
Spiritualität suchen. Und<br />
ich denke, es ist nicht<br />
übertrieben zu sagen, dass<br />
Connection zur Entwicklung<br />
und zum Selbstverständnis<br />
einer pluralistischen<br />
spirituellen Bewegung<br />
im deutschsprachigen<br />
Raum Entscheidendes<br />
beigetragen hat. Dazu gehört auch, dass<br />
der spirituellen Szene ein ums andere Mal<br />
humorvoll der Spiegel vorgehalten wurde.<br />
Spiritualität muss sich zeigen<br />
Was mich an der redaktionellen Arbeit von<br />
Connection immer wieder beeindruckt hat,<br />
war die Offenheit, sich auf Neues einzulassen.<br />
Für uns in der Redaktion von evolve, wo<br />
uns eine integrale Spiritualität sehr am Herzen<br />
liegt, war es eine besonders schöne Überraschung,<br />
als Wolf und Connection vor einigen<br />
Jahren »das Integrale« entdeckten. Wir<br />
luden ihn in unserer Radio evolve ein und<br />
verfolgten die Ausgaben von Connection mit<br />
neuem Interesse. Mein Eindruck war, dass es<br />
für Wolf und die Connection immer wichtiger<br />
wurde, dass Spiritualität sich auch in der<br />
Welt zeigen und unsere Kultur verändern<br />
muss, wenn sie authentisch sein will.<br />
Schnittstelle sein<br />
Das ist ein Berührungspunkt mit unserem<br />
Anliegen mit evolve, das wir deshalb auch<br />
»Magazin für Bewusstsein und Kultur« nennen.<br />
Wir versuchen, Spiritualität und Bewusstseinsentwicklung<br />
an den Schnitt stellen<br />
zu Politik, Ökologie, Wissenschaft, Kunst, sozialem<br />
Aktivismus, Psychologie und Philosophie<br />
immer wieder neu zu verstehen und<br />
wirksam werden zu lassen. Dabei sehen wir<br />
uns im Dialog mit vielen Menschen und Ini -<br />
tiativen, die aus anderen Hintergründen einer<br />
ähnlichen Vision folgen.<br />
Angesichts der vielen globalen und lokalen<br />
Herausforderungen, wie aktuell die Integration<br />
vieler Menschen, die bei uns Schutz<br />
suchen, haben wir als spirituell Praktizierende<br />
eine besondere Verantwortung. Vielleicht<br />
kann in den nächsten Jahren die spirituelle<br />
Bewegung, an deren Entwicklung<br />
Connection so einen wichtigen Anteil hatte,<br />
neue kulturelle Früchte hervorbringen.<br />
Für alles, was Wolf dazu beigetragen hat und<br />
weiter beitragen wird, sagen wir: Danke!<br />
Und: Gate Gate Paragate Parasamgate Bodhi<br />
Svaha!<br />
Gemeinsam die Welt bewegen:<br />
evolve – Magazin für Bewusstsein und Kultur<br />
www.evolve-magazin.de<br />
www.facebook.com/evolve.magazin<br />
[<br />
MIKE KAUSCHKE, leitender<br />
Redakteur Magazin evolve,<br />
mike.kauschke@<br />
evolve-magazin.de<br />
Die Nachrufe auf den Seiten 40 und 41 werben für die Zeitschriften evolve und Tattva Viveka und wurden deshalb von den entsprechenden Verlagen bezahlt. Alle anderen Nachrufe<br />
40 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
NACHRUFE<br />
Die Person ist wichtig!<br />
denn »unser wahres Wesen ist ein ewiges individuelles Selbst«<br />
FLICKR.COM © SUSAN KLINGLER, BEARBEITET VON C. V. PUTTKAMER<br />
VON RON ENGERT<br />
L<br />
ieber Sugata, nun ist es tatsächlich so<br />
weit: 31 Jahre engagierter spiritueller<br />
Journalismus mit eigener Zeitschrift<br />
gehen zu Ende. Das ist ein Lebenswerk und<br />
Du hast Beachtliches geleistet. Ich freue<br />
mich, Dir mit dieser Seite im letzten Heft die<br />
Ehre zu erweisen, und ich verstehe das auf<br />
jeden Fall als Hommage an ein wundervolles,<br />
engagiertes und idealistisches Projekt,<br />
das zur Bewusstseinsentwicklung der Menschen<br />
beigetragen hat. Das verbindet uns beide.<br />
Ich bin ja auch Zeitschriftenmacher und<br />
Journalist (Tattva Viveka), und auch mir geht<br />
es um die Entwicklung des Bewusstseins.<br />
Tacheles zum Eigenlob<br />
Du hast mich ermutigt, Tacheles zu reden.<br />
Deshalb gleich zu den kritischen Aspekten.<br />
Immer wieder bringst du dieses grenzenlose<br />
Eigenlob: »Wir seien die beste spirituelle<br />
Zeitschrift auf Deutsch, die einzige tiefenspirituelle,<br />
szenekritische, politische und<br />
ge sell schaftskritische dieser Art und Tiefe.«<br />
(Nr. 9-10/20<strong>15</strong>). Gut, das ist das Lob der Leser,<br />
aber das hörte ich oft auch von dir, und<br />
das stimmt so nicht. Die Tattva Viveka ist eine<br />
mindestens genauso gute spirituelle Zeitschrift<br />
mit reichlich Tiefgang.<br />
Wie wichtig ist die Person?<br />
Dieses Eigenlob wäre kein großes Ding,<br />
wenn es nicht mit deiner spirituellen Grund -<br />
auffassung des Advaita im Widerspruch stünde.<br />
Du erscheinst mir immer sehr von Dir<br />
überzeugt und selbstverliebt. Aber Du beklagst<br />
dich in der gleichen Ausgabe, dass die<br />
Leute mehr Interesse an Deiner Person als<br />
an deinem Produkt haben und Du doch eigentlich<br />
eine »transpersonale Vision in die<br />
Welt setzen« wolltest: »und dann feststellen<br />
müssen, dass die Leute vor allem auf die Person<br />
schauen, das tut weh«.<br />
Mir ist deine Selbstinszenierung als Person<br />
um so schleierhafter, als du der Idee des<br />
Advaita anhängst. Ist das Ich eine Illusion?<br />
Ich persönlich finde diese Idee des Advaita<br />
falsch. Es tut Dir weh, dass niemand diese<br />
transpersonale Vision aufgegriffen hat. Und<br />
Du schreibst, »die Klügeren bewerten die<br />
Personen danach, was an Transpersonalem<br />
durch sie hindurchschimmert«. Das sind also<br />
die Klugen, und die andern sind die Dummen?<br />
Und was bleibt am Ende? Du wirst<br />
zum Narr. Ist das nun Deine Schlussfolgerung<br />
fürs Leben?<br />
Der verwirrte Narr<br />
Meine Meinung: Natürlich sind die Menschen<br />
an Dir als Person interessiert, weil es<br />
um Personen geht! Der Narr stellt seine<br />
Identität in Frage und macht daraus einen<br />
Witz, weil er nicht sicher ist, was seine Identität<br />
ist. Einerseits möchtest Du eine transpersonale<br />
Vision. Andererseits machst Du<br />
Personenbranding mit Dir selbst. Das verwirrt<br />
und führt zu einem Widerspruch, und<br />
da hast Du die Leser/innen auch in die Irre<br />
geführt. Das funktioniert so nicht, und vielleicht<br />
ist solch ein Ansatz auf Dauer nicht lebensfähig.<br />
Dein wahres Wesen ist ein ewiges individuelles<br />
Selbst, das wahre Ich, und dein Werk ist<br />
das Sekundäre. Die Menschen orientieren<br />
sich an Dir als Person, weil sie dazu eine Beziehung<br />
aufbauen und etwas fühlen können.<br />
Deshalb nehmen sie Dich wahr. Du bist unverwechselbar<br />
und einzigartig, so wie jeder<br />
andere auch. Das sollte aber zu Demut und<br />
zu einem Bewusstsein des Dienens führen.<br />
Dann dienst Du der Wahrheit und Gott.<br />
Wenn das philosophisch klar ist, dann kann<br />
man auch eine klare Beziehung zu Dir und<br />
Deinem Produkt aufbauen – und dann kann<br />
Wolf S. Schneider<br />
bei dem Versuch,<br />
transpersonal zu werden<br />
das Produkt funktionieren. Es braucht keine<br />
transpersonale Vision, sondern eine persönliche<br />
Beziehung.<br />
Zum Schluss noch mein Angebot: Alle Abonnent/innen<br />
von Connection können aus ih rem<br />
Guthaben eine gedruckte Ausgabe von Tattva<br />
Viveka kostenlos bestellen: bit.ly/tattvaconnection.<br />
Alle Connection-Leser/innen<br />
können außerdem ein kostenloses digitales<br />
Probeheft hier bestellen: bit.ly/gratisheft.<br />
P.S. von der Redaktion: Ron bestand darauf, das Du groß<br />
zu schreiben. Das ist zwar gegen die neuen Recht -<br />
schreib regeln, für ihn aber ein stilitisches Statement,<br />
mit dem er zeigen will, wie wichtig ihm die Person ist.<br />
Auf S. 53 findet ihr eine mini Antwort von Sugata darauf<br />
– mehr dazu bald in seinem Blog auf connection.de<br />
RONALD ENGERT, geb.<br />
1961. Studium der Ger -<br />
manistik, Romanistik und<br />
Philosophie. 1994 Mit -<br />
gründung der Zeitschrift<br />
Tattva Viveka, seit 1996<br />
Herausgeber und Chef -<br />
redakteur. Autor von<br />
»Gut, dass es mich gibt.<br />
Tagebuch einer<br />
Genesung« und »Der<br />
absolute Ort. Philosophie des Subjekts«. Blog:<br />
www.ronaldengert.com / Zeitschrift: www.tattva.de<br />
[<br />
sind Gratis-Veröffentlichungen und Saleem Matthias Riek hat uns etwas gespendet.<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 41
NACHRUFE<br />
Hellsichtige Spinner,<br />
intelligente Brahmanen<br />
VON KONSTANTIN WECKER<br />
I<br />
m jüdischen Restaurant am Münchener<br />
Jakobsplatz hängt ein Schild mit der Aufschrift:<br />
»Man muss kein Jude sein, um hier<br />
zu essen, aber man muss einen guten Appetit<br />
mitbringen.« Ein bisschen ähnlich ist<br />
es mit der Connection. Man muss kein<br />
Sannyasin sein, um die Connection zu lesen<br />
oder eines der wunderbar herzlichen und<br />
fantasievollen Connection-Feste zu besuchen;<br />
aber man muss Appetit mitbringen:<br />
Hunger nach Erkenntnis, mystische Glut<br />
und eine Portion Lebenslust, was keineswegs<br />
mit etwas Banalem und Unmystischen verwechselt<br />
werden darf.<br />
FLICKR.COM © HARTWIG KOPP-DELANEY<br />
Mystik und Rebellion<br />
Die Zeitschrift wie ihr Gründer Wolf Schneider<br />
entstammen ja der Osho-Bewegung. Ich<br />
habe vieles von Osho gelesen, was mich sehr<br />
angesprochen hat; aber jede noch so schöne<br />
und vitale Bewegung wird unerträglich,<br />
wenn sie ins Dogmatische und Starre umkippt.<br />
Die Connection hat sich eine Freiheit<br />
und Weite des Geistes bewahrt, die nicht<br />
nur gegen die Geistesfesseln fremder Mächte<br />
aus Kirche und Staat, sondern auch gegen<br />
die Begrenztheit der eigenen »Szene«<br />
immer wieder lustvoll rebelliert. Nur so<br />
bleibt das durch seichte oder gar rechtslas -<br />
tige Esoterik mehr als einmal geschändete,<br />
etwas schwammige Terrain der Spirituali -<br />
tät nicht nur erträglich, sondern anziehend<br />
und inspirierend. Mystik ist, richtig verstanden,<br />
Rebellion; und Rebellion erhält<br />
durch Mystik eine Tiefe, die sie vor ideologischer<br />
Verhärtung schützt.<br />
Der Heilige Tanz<br />
Ich selbst werde als Liedermacher und<br />
Mensch ja nicht zu Unrecht immer wieder<br />
mit drei »Eckdaten« in Verbindung gebracht:<br />
einer überbordenden, gänzlich ungenügsamen<br />
Lebenslust, dem Aufbegehren<br />
gegen politisches Unrecht und einer mystischen<br />
Innerlichkeit, die mir in den letzten<br />
Jahren zunehmend wichtig geworden ist und<br />
die zu den anderen beiden in scheinbarem<br />
Widerspruch steht. Es gibt nur ganz wenige,<br />
die zu allen drei Facetten meines Wesens<br />
in Resonanz gehen können. Wolf Schneider<br />
und die Connection gehören dazu.<br />
Wenn man in die Welt der Connection eintauchte,<br />
was ich als Interviewpartner, Leser<br />
und Gast über Jahre immer wieder tat, spürte<br />
man gleich, dass da Leute am Werk waren,<br />
denen dürre Spekulation nicht genug war.<br />
Da war ein Medienunternehmen, waren<br />
Men schen mit Fleisch und Saft, eine Zeitschrift,<br />
die eigentlich nicht nur eine Zeitschrift<br />
war, sondern eine Form der Lebenskunst.<br />
Der »Heilige Tanz«, in einem meiner<br />
jüngsten Lieder beschworen, hier wurde er<br />
getanzt – mit ebensoviel Herz wie kritischem<br />
Verstand.<br />
Es muss etwas passieren<br />
»Was für eine Nacht, nur Spinner und Brahmanen«<br />
habe ich in einer oft missverstandenen<br />
Zeile meines Lieds »Questa nuova<br />
real tà« geschrieben. Ich musste manchmal<br />
daran denken, wenn ich hierher kam. Allerdings<br />
ist das aus meinem Munde ein Kompliment.<br />
Es waren hellsichtige »Spinner« und<br />
intelligente »Brahmanen«, die ich hier traf,<br />
und in einem anderen Lied sang ich nicht ohne<br />
Grund: »Wir brauchen Spinner und Verrückte,<br />
es muss etwas passieren. Man sieht<br />
ja, wohin es führt, wenn die Normalen regie -<br />
ren.« Und auch die »nuova realtà«, die neue<br />
Realität der liebevollen Gemeinschaft in<br />
Freiheit von Wahn und Zwang – hier konnte<br />
man ihren Atem schon ein bisschen<br />
spüren.<br />
Stirb und werde<br />
Das Ende der Connection wird auch das Ende<br />
einer zwar vom Mainstream ignorierten,<br />
aber nichtsdestotrotz wichtigen Epoche im<br />
geistigen Leben unserer Kultur sein. Viele –<br />
so auch ich – werden diesen menschlich und<br />
ökonomisch nachvollziehbaren Abgang mit<br />
Trauer begleiten, weil ihnen vielleicht jetzt<br />
erst bewusst wird, was sie lange Zeit hatten.<br />
Die Spiritualität aber kennt etwas wie die<br />
Unsterblichkeit des Geistes. Die Form Con -<br />
nection ist vergangen. Was sie repräsentierte,<br />
wird nun freigesetzt, um in neue Formen<br />
zu fließen. Wer mit der Connection intensiver<br />
in Berührung kam, in dessen Geist und<br />
Herzen hat sie Spuren hinterlassen. Dieser<br />
Same wird anderswo neue Blüten treiben:<br />
Sterben und Wiederauferstehen ist das Wesen<br />
der Welt.<br />
[<br />
KONSTANTIN WECKER,<br />
geb. 1947 in München, ist<br />
verheiratet und Vater<br />
zweier Söhne. Er komponiert<br />
und singt seine<br />
selbst getexteten Lieder<br />
über Liebe, den Menschen<br />
und die Welt und ist dabei<br />
ein scharfer Gesellschaftskritiker und unerschütterlicher<br />
Pazifist. www.wecker.de<br />
42 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
NACHRUFE<br />
Der komische Verleger<br />
& der bayerische Sufi<br />
VON INGO TALEB RASHID<br />
L<br />
eider geht eine Epoche zu Ende, denn<br />
die Connection in ihrer bisherigen<br />
Form wird eingestellt. Das motiviert<br />
mich, von meiner Begegnung und meinem<br />
»Tanz« mit Wolf Sugata Schneider, dem Herausgeber<br />
und führenden Kopf hinter der<br />
Connection, zu erzählen.<br />
Christl Oberhuber öffnet sich energetisch<br />
und wird ergriffen von Satana<br />
Die Rose und der Lotus<br />
Vor einigen Jahren hatte ich einen Artikel<br />
über Sufismus und Körperarbeit für die<br />
Connection geschrieben. Daraufhin schickte<br />
Sugata eine Mitarbeiterin zur El Haddawi<br />
Winterschool auf die Fraueninsel im Chiemsee,<br />
um darüber für Connection einen Bericht<br />
zu erhalten. Er selbst hatte für sowas<br />
leider fast nie Zeit. Zwei Jahre später kam<br />
er dann jedoch für einen Tag zu unserer <strong>11</strong>.<br />
Winterschool »Die Rose und der Lotus« –<br />
die Verbindung zwischen der Mystik des<br />
Buddhismus und der des Sufismus war für<br />
ihn von jeher ein großes Thema.<br />
Am Anfang unseres ersten Telefonats hatte<br />
ich den Eindruck, in ihm einen völlig vergeistigten<br />
Eso-Zeitschriften-Herausgeber<br />
anzutreffen, und war entsprechend höflich<br />
und vorsichtig in meiner Wortwahl. Während<br />
er sich gefragt haben mag, was er da wohl für<br />
einen Dschihadisten im Schafspelz am anderen<br />
Ende der Leitung hatte. Trotzdem bekam<br />
ich in diesem Gespräch einen Eindruck<br />
davon, wie viel Erfahrung und Wissen er in<br />
den Jahrzehnten der Arbeit mit Connection<br />
angesammelt hatte. Bald darauf sprachen wir<br />
uns gegenseitig freudig auf den AB, bis endlich<br />
mal eine face-to-face Begegnung klappte.<br />
Auftritt in »Marias Kino«<br />
Da erzählte er von seinem Eso-Kabarett, und<br />
ich wurde hellhörig. Hatte ich doch Anfang<br />
der 80er Jahre im Wirtshaus am Schlachthof<br />
in München mal selbst Kabarett gemacht und<br />
schon lange Lust auf ein Eso-Kabarett. Wir<br />
beschlossen zusammen aufzutreten, und es<br />
folgte ein amüsanter Probenprozess, aus dem<br />
unter anderem die Figur des »bayerischen<br />
Sufi« hervorging. Im Verlauf der Proben hatten<br />
wir spannende Gespräche über unsere<br />
Arbeitsgebiete und Zielgruppen, zu denen<br />
ja auch die schillernde Welt der Gurus, Heiler<br />
und Esoteriker gehört. Wir hatten beide<br />
Spaß daran, uns auf die Schippe zu nehmen<br />
(Sugata betont immer, jemand auf die Schippe<br />
zu nehmen, das sei eine Erhöhung), und<br />
konnten das schließlich auf der Kabarettbühne<br />
in Marias Kino in Bad Endorf umsetzen<br />
(einige kennen das Kino durch Doris<br />
Dörries ersten Film).<br />
Weite, Komplexität, Empathie<br />
Aus diesem Anfang entwickelte sich eine<br />
schöne Freundschaft. In Sugata fand ich einen<br />
guten Intervisionspartner, mit dem ich<br />
verschiedenste Probleme und Themen besprechen<br />
konnte. Dass wir unterschiedliche<br />
Standpunkte hatten, war dabei eher inspirierend,<br />
und es war für mich interessant, mich<br />
in seine Warte hineinzuversetzen. Sugata<br />
gehört für mich zu den Menschen, die genug<br />
Weite haben, um die Komplexität und<br />
Widersprüchlichkeit des menschlichen Seins<br />
in der Welt mit Empathie in sich aufzunehmen.<br />
Bei unserer <strong>12</strong>. Winterschool mit dem Thema<br />
»Sprachen der Weisheit« hatte ich ihn als<br />
Gastdozent dabei. Seine Erfahrung als Buchautor,<br />
Herausgeber und Coach konnte er dabei<br />
perfekt einbringen und die Verbindung<br />
zwischen Körperarbeit und Sprache aufzeigen.<br />
Wir spielten noch einige Male zusammen<br />
Kabarett. Meine Lieblingsfigur darin<br />
war auf seiner Seite die Christl Oberhuber,<br />
die so grandios Satana channelt. Sein absurdes<br />
Lachen als ankommender Satana im<br />
Dirndl meiner Mutter wird mir unvergessen<br />
bleiben.<br />
Lachend, weinend …<br />
Nun sehe ich das Ende der Connection mit<br />
einem lachenden und einem weinenden Auge.<br />
Ich glaube, es ist wunderbar für Sugata,<br />
neuen Freiraum als Künstler, Autor, Coach<br />
und in noch vielem anderen zu finden und<br />
dabei vielleicht auch für ganz neue gemeinsame<br />
Projekte offen zu sein. Schade, dass damit<br />
die wohl beste Zeitschrift zu spirituellen<br />
Themen als Printmedium vom Markt<br />
genommen wird. Seine Editorials werden mir<br />
fehlen.<br />
[<br />
INGO TALEB RASHID, Jg.<br />
63, ist ein aus dem Irak<br />
stammender Sufi-Sheikh<br />
und Tanztheater-Regi -<br />
sseur. Connection 3/2009<br />
enthielt einen Bericht<br />
über seine Winterschool,<br />
Connection 2/2013<br />
Sugatas Interview mit<br />
ihm. www.elhaddawi.de<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 43
NACHRUFE<br />
Adios Connection<br />
Ein kleines, der Aufklärung gewidmetes Blatt<br />
kann ökonomisch nicht bestehen<br />
VON PARITOSH UDO POCHERT<br />
A<br />
uf Wunsch des Patienten werden alle<br />
lebensverlängernden Maßnahmen<br />
eingestellt, irgendwann muss<br />
ja auch mal gut sein. Alle Kredite sind verbraucht,<br />
und es gibt kein Amt, das sowas subventioniert.<br />
Alle hatten in der letzten Zeit wunderbare<br />
Konzepte, Strategien und Ideen, aber keiner<br />
hatte die Eier, ein paar Kröten auf den<br />
Tisch zu legen, außer denen, die vor Jahren<br />
diesen Traum hatten, einer guten Sache zu<br />
dienen und nebenbei etwas zu verdienen.<br />
Nun ist auch dieser Traum ausgeträumt.<br />
Der Captain geht zwar von Bord und nimmt<br />
seinen Kompass mit, aber der alte Kahn (das<br />
Connectionhaus) dümpelt noch ein bisschen<br />
rum und wartet auf einen Käufer. Wenn<br />
dann alle Schulden bezahlt sind, bleibt für<br />
die Träumer von gestern vielleicht noch ein<br />
bisschen übrig. Das ist am Ende gar nicht<br />
so schlecht. Hätte ich die letzten 30 Jahre<br />
Kirchensteuer bezahlt, wäre das Geld auch<br />
weg, und es hätte mich nicht 30 Jahre lang<br />
so schön »beschrieben«.<br />
Rein ökonomisch gesehen …<br />
1987 stand ich zum ersten Mal in den Redaktionsräumen<br />
der Connection in München.<br />
Das Engagement der Macher begeis -<br />
terte mich. Sie brachten eine Zeitschrift<br />
auf den Markt, die damals einmalig war: kein<br />
Sektenblatt, keine Huldigung an übernatürliche<br />
Kräfte, sondern ein der Aufklärung<br />
in der Nach-APO-Zeit gewidmetes<br />
Blatt. Wolfs Verdienst war, dass das bis<br />
heute so geblieben ist. Dafür habe ich ihn<br />
unterstützt. Seit acht Jahren versuchte ich<br />
mit anderen im Aufsichtsrat dieser AG den<br />
Prozess der geschäftlichen Gesundung hinzukriegen.<br />
Ist dieser Prozess nun gescheitert,<br />
weil der Patient nicht in der Lage ist,<br />
auf eigenen Beinen zu stehen? Rein ökonomisch<br />
gesehen: Ja. Rein ökonomisch gesehen,<br />
ist Griechenland auch schon lange<br />
pleite, und kein großes Magazin in Deutschland<br />
kann auf eigenen Beinen stehen, ein<br />
kleines erst recht nicht. Also sagen wir:<br />
Adios Connection-Magazin.<br />
Ich würde es wieder tun, ja, ich tue es schon<br />
wieder, denn ich unterstütze ein Medi ta -<br />
tions zentrum auf Mallorca. Rein ökonomisch<br />
ist der Ausgang eigentlich klar, aber<br />
Leser einfangen mit einer Zeitschrift,<br />
die doch die Freiheit liebt, wie soll das gehen?<br />
ich habe die Hoffnung, dass es genauso lange<br />
besteht wie Connection. Dafür braucht<br />
man Träumer, und zwar Träumer, die auch<br />
mal spendabel sein wollen. Jedem einzelnem<br />
Träumer sei Dank, er oder sie hat mit seinem<br />
Engagement den Traum von Connection am<br />
Leben gehalten, immerhin 30 Jahre lang!<br />
Höchstrichterliche<br />
Anerkennung<br />
Letztes Jahr war ich bei einem Prozess, in<br />
dem Wolf Schneider wegen Betrug und Veruntreuung<br />
angeklagt war. Ich war als Zeuge<br />
der Anklage vorgeladen, andere waren nicht<br />
erschienen. Der Staatsanwalt wollte mit Hilfe<br />
eines vereidigten Sachverständigen nachweisen,<br />
dass Herr Schneider ein Halunke sei,<br />
der sich zwar noch in Bayern aufhält, aber<br />
seine Millionen aus der Connection schon<br />
längst in einem Steuerparadies gebunkert<br />
hatte.<br />
Als ich nach Stunden des Wartens endlich<br />
den schwer beladenen Raum betreten durfte,<br />
erzählte ich meine Geschichte. Wolf hatte<br />
mir in einer Pause das neueste Exemplar<br />
der Connection gegeben. Das lag nun wäh -<br />
rend meiner Vernehmung vor mir auf dem<br />
Tisch. Nach einiger Zeit fragte der Richter<br />
mich: Sagen Sie mal … diese Zeitschrift exis -<br />
tiert wirklich? Ich gab ihm mein Exemplar.<br />
Nun schauten Richter, Beisitzer und Staatsanwalt<br />
sich dieses Magazin an. Konstantin<br />
Wecker hatte damals das Vorwort geschrieben.<br />
Sie blätterten und blätterten, und nach<br />
einer Zeit sagte der Richter: Ich muss ja nicht<br />
mit allem einverstanden sein, aber das ist ja<br />
ein richtiges Magazin, sehr professionell gemacht<br />
und anspruchsvoll. Und das gibt es<br />
schon seit fast 30 Jahren?<br />
Das Verfahren gegen Wolf Schneider wurde<br />
eingestellt, es ließ sich ihm kein Betrug nachweisen.<br />
Er musste also nicht in den Knast,<br />
und Connection bekam die höchstrichter -<br />
liche bayerische Amtsgerichts-Bestätigung,<br />
ein richtiges, professionelles Magazin zu sein,<br />
das sich Themen widmet, an die sich sonst<br />
keiner rantraut. Dafür kann man sich zwar<br />
nichts kaufen, aber vielleicht wollte dieser<br />
Wolf Schneider all die Jahre ja vor allem das:<br />
ein richtig gutes Magazin machen über Themen,<br />
an die sich sonst keiner rantraut.<br />
PARITOSH-UDO POCHERT,<br />
Dipl.-Betriebswirt, Sport<br />
und Religionslehrer,<br />
heute Golflehrer in Mal -<br />
lor ca, Mitglied im Auf -<br />
sichts rat der Connec tion<br />
AG.<br />
paritoshudo@<br />
hotmail.com<br />
[<br />
© PARITOSH-UDO POCHERT<br />
44 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
NACHRUFE<br />
Integrales Update<br />
Vielleicht war die Zeit hierfür noch nicht reif<br />
VON KATHARINA CEMING<br />
I<br />
st es wirklich an der Zeit, Tschüss<br />
und Auf Wiedersehen zu sagen?<br />
Für alles im Leben gibt es eine<br />
Zeit. Eine Zeit zum Säen und zum<br />
Ernten. Eine zum Leben und zum<br />
Sterben, heißt es im Alten Testament<br />
im Buch Kohelet. So wie es scheint,<br />
ist es nun an der Zeit, eine Zeitschrift<br />
zu Grabe zu tragen, die viele<br />
Jahre ein Sprachrohr der deutschsprachigen<br />
Spiriszene war.<br />
Spiritualität darf<br />
nichts kosten<br />
FOTOLIA.COM © JEFF GYNANE<br />
Wolf, du hast in den letzten paar Jahren<br />
immer wieder selbstkritisch darauf<br />
verwiesen, dass sich ein gutes<br />
Produkt nicht von alleine verkauft.<br />
Gutes Marketing ist heute unverzichtbar<br />
und kostet. Wer das Geld<br />
hat, kann den Markt aufrollen. Der<br />
Erfolg von Happinez und Flow zeigt<br />
dies sehr deutlich.<br />
Leider ist das liebe Geld aber immer<br />
noch ein großes Schattenthema<br />
in vielen spirituellen Kreisen. Spiritualität<br />
und alles, was sie umgibt,<br />
sollte nichts oder nur sehr wenig kosten.<br />
Darunter hat Connection sicherlich<br />
auch gelitten. Aber ich glaube, das wahre Dilemma<br />
von Connection bestand in einem<br />
nicht mehr zu leistenden Spagat zwischen<br />
dem Anspruch, keine weichgespülte Well -<br />
ness-Spirizeitschrift zu sein, aber auch nicht<br />
mehr den Vorstellungen der Esoszene zu entsprechen.<br />
Raus aus der Spiri-Ecke …<br />
In den letzten beiden Jahren wolltest du die<br />
Connection im Wilberschen Sinne einem integralen<br />
Update unterziehen. Raus aus der<br />
spirituellen, alles-ist-gleich, »Wir-haben-unsalle-lieb«-Ecke<br />
hin zu einer reflektierten, integralen<br />
Weltsicht, in der nicht nur die Spiritualität,<br />
sondern auch das politische und<br />
für die Welt verantwortliche Handeln seinen<br />
Platz hat. Ich habe deinen Mut und viele deiner<br />
Artikel, die mir einen reflektierten, kritischen,<br />
empathischen Menschen zeigten, der<br />
mit Hirn und Herzblut viele interessante<br />
Themen aufgegriffen hat, bewundert. Gerade<br />
deinen sehr kritischen Blick auf die Spiritualität<br />
fand ich wohltuend.<br />
… wurde Connection zu einem<br />
Zwitterwesen<br />
Aber hier zeigt sich wohl auch das Hauptdilemma,<br />
denn bei Weitem nicht alle empfanden<br />
diesen Kurs als Bereicherung. Forderte<br />
er doch, Abschied zu nehmen vom vertrauten<br />
und bekannten Blick auf Spiritualität.<br />
Um nicht alle Leser zu vergraulen, wurde<br />
Connection zu einem Zwitterwesen: Integrales<br />
auf der einen Seite, das Gewohnte<br />
auf der anderen Seite.<br />
Dass man momentan mit einer Zeitschrift,<br />
die ein neues Bewusstsein entwickeln möchte,<br />
ökonomisch nicht erfolgreich sein kann,<br />
erklärt sich fast von selbst. Solange dieses<br />
Bewusstsein nur hier und da aufblitzt, ist<br />
der Bedarf nach einem eigenen Publika -<br />
tionsorgan noch nicht allzu groß.<br />
Vielleicht braucht diese Art des Bewusstseins<br />
aber auch gar keine der traditionellen Medien.<br />
Ich weiß es nicht. Was immer auch kommen<br />
wird, Connection war als Ausdruck eines<br />
bestimmten Bewusstseins eine Bereicherung<br />
für alle, die etwas Neues wagen wollten<br />
und andere Wege gingen. Vielen gab sie<br />
gute Impulse und die Möglichkeit, sich mit<br />
Spiritualität zu beschäftigen, als Spiritualität<br />
noch ein Randphänomen war. Danke für die<br />
gute Zeit!<br />
[<br />
Prof. Dr. Dr. KATHARINA<br />
CEMING, Jg. 70, promovierte<br />
in Philosophie zu<br />
Meister Eckhart und<br />
Johann Gottlieb Fichte<br />
und in Theologie zum<br />
Verhältnis von Menschen -<br />
rechten und Religion.<br />
2008 erhielt sie den<br />
Mystikpreis der Theo -<br />
phrastus-Stiftung. Sie lebt als freie Seminarleiterin<br />
und Publizistin in Augsburg.<br />
www.quelle-des-guten-lebens.de<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 45
NACHRUFE<br />
Verbindung bitte!<br />
Mit Hand und Fuß, Herz und Seele<br />
VON MARTIN FRISCHKNECHT<br />
V<br />
erbindung bitte«, so meldeten sich<br />
Telefonistinnen, als es noch keine<br />
Telefone gab, mit denen man sich<br />
selber durchwählen konnte. Wer hat sich in<br />
den dreißig Jahren Connection mit wem verbunden?<br />
Im Ursprung war Connection die<br />
Orange Taxi Connection, eine Verbindung<br />
von Münchner Taxifahrern, die großenteils<br />
»orange« waren, also Schüler des indischen<br />
Gurus Bhagwan Shri Rajneesh, der heute<br />
als Osho bekannt ist. Dann fiel das »Taxi«<br />
weg und bald auch das »Orange«, und eine<br />
Zeitschrift für alle spirituellen Richtungen<br />
war geboren, die einen Gegenentwurf für<br />
eine neue Gesellschaft bieten wollte.<br />
In etwa zur gleichen Zeit legte ich in der<br />
Schweiz los mit meiner Zeitschrift Spuren.<br />
Ich kam vom Journalismus her und hatte<br />
im Verlauf einer ausgedehnten Recherche<br />
bei Sannyasins in Zürich meditieren gelernt.<br />
Darüber wollte ich schreiben, mit Herz und<br />
Verstand. Das tue ich immer noch.<br />
Besessen von einer Vision<br />
Den Stallgeruch des Orangen teile ich nicht,<br />
aber ich habe in Sugata/Wolf einen Bruder<br />
im Geiste kennen und schätzen gelernt. Uns<br />
treibt dieselbe Macht. Wir sind Besessene<br />
einer Vision: Obwohl wir es längst besser<br />
wissen müssten, vertrauen wir darauf, die<br />
spirituelle Szene sei einem guten Argument<br />
gegenüber nicht verschlossen. Wir fordern<br />
und fördern den Dialog, wo oft fixe Überzeugungen<br />
herrschen und dem Nachdenken<br />
der Ruch des Kopflastigen anhaftet. Unbelehrbar<br />
versuchen wir wieder und wieder,<br />
Dinge zur Sprache zu bringen, von denen<br />
andere behaupten, sie seien eh schon klar,<br />
ohne sich je die Mühe gemacht zu haben, sie<br />
selber zu bedenken.<br />
Als wir vor dreißig Jahren mit unseren Zeitschriften<br />
loslegten, gab es noch die Esotera.<br />
Die galt von ihrer Auflage und ihren<br />
Möglichkeiten her als Flaggschiff einer<br />
wachsenden Bewegung. Natürlich wollten<br />
wir »Herzblutisten« es besser machen als die<br />
in Freiburg. Mit dem Abflachen der Esoterikwelle<br />
ging auch die gleichnamige Zeitschrift<br />
den Bach runter. Heute haben wir<br />
es zu tun mit einer Konkurrenz anderen Zuschnitts:<br />
Happinez, eine bunte Postille, die<br />
Spiritualität erfolgreich als Lifestyle vermarktet,<br />
vom Connection-Gründer treffend<br />
charakterisiert als »Landlust der Spirituellen«.<br />
Wir sind connected<br />
Unsere Vision ist so banal, dass ich mich<br />
fast nicht traue, sie hier niederzuschreiben:<br />
Kraft spiritueller Einsicht und Erfahrung am<br />
eigenen Leib stellt der Mensch fest, dass er<br />
untrennbar verbunden ist mit allem Lebendigen.<br />
Entsprechend beginnt sie oder er zu<br />
handeln. Das wäre dann connected.<br />
Aber das sind wir doch schon! Über WLAN<br />
und Handy-Netz sind wir heute allesamt<br />
connected, was uns erlaubt, uns wechselweise<br />
mit Selfies einzudecken rund um die<br />
Uhr. So war das mit Connection nicht gemeint.<br />
Die Rede von der Erleuchtung war<br />
nicht gedacht als Aufforderung, sich auch diese<br />
Erfahrung noch irgendwie zu verschaffen,<br />
um sich vor anderen damit zu brüsten. Statt<br />
eines wachsenden Bewusstseins der Verbindung<br />
erleben wir eine weitere Atomisierung<br />
der Gesellschaft.<br />
Sich auf eine Bindung<br />
einlassen<br />
Und jetzt ist Schluss mit Connection. Eine<br />
Träne – eine mindestens! – werde ich dem<br />
stets anregenden Schwesterblatt nachweinen,<br />
bevor ich mich weiter daranmache, das<br />
Spuren-Schiffchen über Wasser zu halten.<br />
In einer Zeit, in der Informationen gedankenlos<br />
häppchenweise kostenlos konsumiert<br />
werden, fällt es den Leuten zunehmend<br />
schwer, sich bewusst auf eine längerfristige<br />
Bindung einzulassen – und sei es »bloß« das<br />
Abonnement einer Zeitschrift. Menschen<br />
wie Sugata und ich, die sich über Jahrzehnte<br />
mit Haut und Haar einem solchen Unternehmen<br />
verschreiben, stehen als Bindungsmonster<br />
da.<br />
Schließen will ich nicht wehmütig, sondern<br />
mit einem Lächeln. Am meisten connected<br />
mit Niedertaufkirchen war ich, als ich mich<br />
dort an einer Verlegerkonferenz beteiligte<br />
und mich nachts unverhofft im Bett einer<br />
liebreizenden Redakteurin wiederfand. Auch<br />
diese Verbindung hat über die Jahre gut gehalten.<br />
[<br />
MARTIN FRISCHKNECHT,<br />
geb. 1957 in Zürich, ist<br />
Begründer und Heraus -<br />
geber der vierteljährlichen<br />
Schweizer Zeit -<br />
schrift »Spuren – Das<br />
Leben neu entdecken«.<br />
Daneben veröffentlicht er<br />
bei Edition Spuren kernige<br />
spirituelle Bücher.<br />
www.spuren.ch<br />
PIXABAY.COM © VAIT MCRIGHT<br />
46 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
NACHRUFE<br />
Loch in der Seele<br />
Wer führt das nun weiter?<br />
Nach 30 Jahren bleibt eine Lücke<br />
VON TORSTEN BRÜGGE<br />
FLICKR.COM © SHELLEY FREEDMAN<br />
A<br />
ls ich davon erfuhr, tat sich ein Loch<br />
in mir auf. Ein Verlustgefühl von der<br />
Sorte: Erst wenn es weg ist, wird bewusst,<br />
wie wertvoll es war. Ein Teil des<br />
Schmerzes mag ichbezogen sein. Wolf<br />
Schnei der hat mir und meiner Partnerin<br />
Padma in seiner Zeitschrift viel Raum gegeben.<br />
Zahlreiche Artikel von uns sind in<br />
den letzten Jahren dort erschienen, viele davon<br />
in Überlänge. Das ist nun vorbei. Zugleich<br />
glaube ich eine Art Kollektiv-Schmerz<br />
in der »Seele deutschsprachiger Spiritualität«<br />
zu verspüren. Das Verschwinden der<br />
Connection hinterlässt eine Lücke. Das tut<br />
weh.<br />
Alternative zu den<br />
Menüstillleben<br />
Andere Zeitschriften setzen sich besser<br />
durch. Viele richten sich nach dem »pop -<br />
spirituellen Mainstream« (Wolf). Zwischen<br />
Kuschelseiten mit Wellnesstipps, veganen<br />
Menüstillleben und Varianten von »Welcher<br />
Energie-Typ bist du?« findet man zwar<br />
manchmal auch dort Schätze spiritueller<br />
Tiefe. Doch häufiger bleibt es beim Kratzen<br />
an der Oberfläche. An der Connection<br />
schätzte ich das wohltuend Andere. Ja, auch<br />
hier fand sich einiger Eso-Hokuspokus, doch<br />
immer seltener. Stattdessen wurde immer<br />
häufiger die Tiefe ausgelotet.<br />
Das zeigte sich auch an der Länge der Texte.<br />
Um die unmittelbare Erfahrung mystischer<br />
Erkenntnis zu beschreiben, mag<br />
manchmal ein Dreizeiler reichen oder nur<br />
ein Satz wie »Frieden ist hier«. In Connection<br />
fand man solche Hinweise immer wieder<br />
zwischen den Zeilen in weißer Schrift<br />
auf weißem Grund. Doch wenn Spirituelles<br />
aus einer Metaperspektive beleuchtet wird,<br />
braucht es mehr als nur ein oder zwei Seiten.<br />
Connection räumte ihren Autoren oft<br />
diesen Platz ein.<br />
Auch inhaltlich hat Connection im Laufe ihrer<br />
langen Entwicklung an Tiefe gewonnen.<br />
Meine drei Favoriten: 1. Moderner Advaita<br />
als Erfahrungszugang zum Nondualen.<br />
2. Das Integrale Modell nach Ken Wilber zur<br />
Beschreibung der Erscheinungswelt und ihrer<br />
Evolution zur nondualen Erkenntnis. 3.<br />
Die Synthese von spiritueller Friedenserfahrung<br />
und politischer Friedensarbeit.<br />
Solche und andere Themen<br />
bekamen zunehmend Raum. Wer<br />
wird das weiterführen?<br />
Herausforderung für<br />
die Forschung<br />
Beim Nachdenken über Wolf kamen<br />
mir zwei merkwürdige Bilder<br />
in den Sinn: erstens ein Taxifahrer.<br />
Zweitens Scheibchen fein<br />
geraspelten Gehirns. Nein, ich will<br />
ihn nicht tot oder seziert, als Strafe<br />
dafür, dass er die Connection<br />
nun nicht weiterführt. Ich glaube<br />
aber, die Hirnforschung würde davon<br />
profitieren, Wolfs Synapsennetzwerk<br />
unter die Lupe zu nehmen.<br />
Heutzutage muss man das<br />
Gehirn eines Menschen nicht mehr<br />
in hauchdünne Streifen schneiden,<br />
um sie unterm Mikroskop zu betrachten.<br />
Der Gehirnaktivität kann<br />
man in einem Magnetresonanz -<br />
tomographen live zuschauen. Bei<br />
Taxifahrern hat man festgestellt,<br />
welche Hirnbereiche für die<br />
Orien tierung in einer Großstadt<br />
verantwortlich sind, und fand heraus,<br />
dass sich der hintere Teil des<br />
Hippocampus vergrößert, wenn er<br />
trainiert wird.<br />
Wie sieht das nun in Wolfs Gehirn aus? Seine<br />
jahrzehntelange leidenschaftliche Beschäftigung<br />
mit psychologisch-spirituellen<br />
Themen muss dort sichtbare Auswirkungen<br />
hinterlassen haben. Wenn es sowas wie ein<br />
»Spiri-Zentrum« im Gehirn geben sollte,<br />
müsste die Forschung es dort finden, in Wolfs<br />
Gehirn. Vermutlich entdeckt man dann dort<br />
verschlungene Schaltstationen in Form eines<br />
Om-Symbols …<br />
Spiri-Redakteur-Guru<br />
Ich habe großen Respekt vor Wolfs reichem<br />
Erfahrungsschatz im psychologisch-spirituellen<br />
Themenfeld! Kein Wunder, wenn einer<br />
über dreißig Jahre lang Spiri-Redakteur-Guru<br />
ist. Wir fachsimpelten und inspirierten uns<br />
gegenseitig und lachten und lästerten dabei<br />
auch gerne mal herzhaft über manch einen<br />
spirituellen Lehrer – natürlich nur privat.<br />
Wolfs Lebensleistung mit seinem Engagement<br />
für den Verlag und seine Leser, oft<br />
unter Opferung privater Belange, verdient<br />
höchste Wertschätzung. Ich hoffe sehr, dass<br />
er sich mit seinem Erfahrungsschatz auch<br />
weiterhin zu Wort meldet.<br />
TORSTEN BRÜGGE (HP) leitet<br />
zusammen mit seiner<br />
Partnerin Padma Wolff<br />
(Dipl. Psych.) in Hamburg<br />
die Praxis für Meditation<br />
und Selbsterforschung<br />
sowie die Bodhisattva<br />
Schule. www.sevaa.de,<br />
www.bodhisat.de.<br />
Außerdem bloggt er auf<br />
connection.de und wird das weiterhin tun.<br />
[<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 47
NACHRUFE<br />
Das Wissen<br />
nicht allein zu sein<br />
Siebzehn Jahre in Begleitung von Connection,<br />
die letzten drei Jahre aktiv<br />
VON BRIGITTE SCHWAB<br />
D<br />
ass es Connection nicht mehr geben<br />
wird, kann ich mir nicht vorstellen.<br />
Ich weiß es und erzähle es jeden Tag<br />
den Anzeigenkunden, die ich seit drei Jahren<br />
betreue, aber richtig angekommen ist<br />
es noch nicht.<br />
Leider habe ich die Zeitschrift erst spät entdeckt,<br />
1998. Seitdem begleitet sie mich. Das<br />
passt zu mir: Ich war immer schon in allem<br />
eher langsam, und wenn ich etwas Gutes<br />
gefunden habe, bleibe ich dabei.<br />
Paul Boyesen<br />
Als mir damals das erste Connection-Heft<br />
in die Hände fiel, hatte ich gerade eine fünf -<br />
jährige therapeutische Ausbildung bei Paul<br />
Boyesen abgeschlossen, einem genialen Therapeuten<br />
und sehr guten Lehrer. Ich war<br />
gründlich durch meinen eigenen Prozess gegangen,<br />
wie man so sagt, hatte einen Koffer<br />
mit Handwerkszeug, Erfahrungen in Gruppenleitung<br />
und Begleitung von Einzel -<br />
klienten gesammelt und war wild entschlossen,<br />
mir eine therapeutische Praxis<br />
aufzubauen. Dazu brauchte ich allerdings einen<br />
Halbtagsjob, der mich erst mal über Wasser<br />
halten sollte. Also ab zur Zeitarbeit …<br />
und bin dann als Vorstandssekretärin in einer<br />
Bank hängengeblieben …<br />
Banksekretariat<br />
Seltsame Runden dreht man manchmal.<br />
Nach fünf Jahren hatte ich die Nase voll vom<br />
Bankbusiness. Ich kündigte und hatte eigentlich<br />
vor, erst einmal für mindestens ein<br />
halbes Jahr in ein buddhistisches Kloster zu<br />
gehen. Die Suche nach dem geeigneten Platz<br />
gestaltete sich allerdings als schwierig. An<br />
einem meiner letzten Arbeitstage in der<br />
Bank – ich hatte dort sowieso nichts mehr<br />
zu tun – habe ich, in der Hoffnung auf eine<br />
Erleuchtung, die damals aktuelle Connection<br />
Spirit Ausgabe studiert. Die Erleuchtung<br />
hatte ich dabei nicht im Sinn, die war<br />
mir auch nach mittlerweile fünf Jahren<br />
Connection-Lesen immer noch ein Mysterium.<br />
Ich war einfach auf der Suche nach etwas,<br />
das mich wieder zurück zu meinen therapeutischen<br />
Wurzeln bringen würde, mit spirituellem<br />
Link.<br />
Eli Jaxon-Bear<br />
Und da schaute mich aus einer Anzeige Eli<br />
Jaxon-Bear an. Nach diesem Blick in Elis Augen<br />
auf dem beworbenen Retreat war’s um<br />
mich geschehen: Bumms. Ende. Blank. So begann<br />
diese Liebesgeschichte. Ich hatte meinen<br />
Lehrer gefunden, und bald begann ich,<br />
in der Organisation der Leela Foundation<br />
ehrenamtlich mitzuarbeiten. Dazu gehörte<br />
unter anderem die Werbung für Elis Europa-Touren.<br />
So hatte ich nun als Vertreterin<br />
eines Anzeigenkunden noch einmal auf eine<br />
andere Art mit Connection zu tun. Als<br />
dann 20<strong>12</strong> Gritta von Fircks allen Anzeigenkunden<br />
mitteilte, dass sie mit dem Job<br />
aufhöre und es noch keine Nachfolge für sie<br />
gebe, meldete ich mich sofort bei Sugata<br />
Schneider.<br />
Sprungbrett<br />
Ich habe diesen Job sehr gerne gemacht, mit<br />
ganzem Herzen, mit Leidenschaft. Leider<br />
Blick vom Gipfel des heiligen<br />
Berges Arunachala in Südindien<br />
reichte das nicht, um<br />
Connection mehr als eine<br />
schwarze Null zu ermöglichen.<br />
Trotz aller<br />
meiner Bemühungen<br />
schrumpfte das Anzeigenvolumen.<br />
Dass das<br />
branchenweit nicht anders<br />
war, tröstete mich<br />
nur wenig.<br />
Ich habe in diesen drei<br />
Jahren sehr viel gelernt.<br />
Habe mit einem wunderbaren<br />
Team zusammenarbeiten dürfen<br />
und sehr viele, sehr schöne Menschen kennengelernt,<br />
wenn auch vor allem nur übers<br />
Telefon oder per E-Mail. Dafür bin ich sehr<br />
dankbar. Aber das größte Geschenk, das<br />
Sugata und die Con nection mir gemacht haben,<br />
ist die ständige Begleitung, das Wissen,<br />
nicht allein zu sein, und an allererster Stelle:<br />
Durch Connection habe ich Eli Jaxon-<br />
Bear gefunden, meinen Meister.<br />
Wir werden sehen, wohin die Reise nun weitergeht.<br />
Ich wünsche Sugata und allen, die<br />
an Connection mitgearbeitet haben, allen Autoren<br />
und allen, mit denen ich in den letzten<br />
drei Jahren durch diese Arbeit zu tun hatte,<br />
dass sie etwas finden, das die nun entstandene<br />
Lücke füllen wird. Möge die Zeit mit<br />
Connection sich als Sprungbrett in etwas erweisen,<br />
das noch besser ist als das, was wir<br />
dabei verlassen!<br />
[<br />
BRIGITTE SCHWAB, Jg. 61,<br />
Beraterin in Psychoorga -<br />
nischer Analyse nach<br />
Paul Boyesen, lebt mit<br />
Mann und Hund am<br />
Niederrhein.<br />
brigitte.schwab@<br />
connection.de,<br />
brigitte@richschwab.de<br />
FLICKR.COM © MARTIN EHRENSVÄRD<br />
48 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
NACHRUFE<br />
Aber ein kleines Dorf<br />
in Gallien …<br />
leistete Widerstand<br />
gegen den Massenwahn<br />
VON REINO KROPFGANS<br />
FLICKR.COM © DAVID BLACKWELL<br />
E<br />
inen Nachruf auf die<br />
Connection? Als ich spät<br />
abends nach Hause kam<br />
und dieses Ansinnen von dir, lieber<br />
Wolf, auf dem AB hörte, kam mir<br />
das schlicht befremdlich vor. Monate,<br />
ja Jahre hatten wir das in irgendeiner<br />
Besenkammer unseres<br />
Be wusstseins gespeichert: Eines Tages<br />
wird’s die Connection nicht<br />
mehr geben. Aber … das war ja<br />
noch lange hin.<br />
Und jetzt erscheint plötzlich die definitiv<br />
letzte Ausgabe unseres spirituellen,<br />
intellektuellen, politischen,<br />
sexuellen und ökologischen Hei -<br />
matmediums. Das nicht ein Magazin<br />
war, das uns als freidenkerisches<br />
Feigenblatt von irgendeinem Medienmulti<br />
generös zugestanden wurde,<br />
sondern das unsere eigene Spielwiese<br />
war, die wir uns und vor allem<br />
du, Wolf, selbst geschaffen hatten.<br />
Herzbluttexte<br />
Mit der Connection geht für viele<br />
von uns ein Stück Authentizität unter,<br />
denn wir, die honorarfreien Autoren, haben<br />
grundsätzlich Herzbluttexte geschrieben,<br />
die kommer zielle Interessen außen vor<br />
ließen. Egal, ob das Hans-Peter Dürr, Konstantin<br />
Wecker, Christina Kessler oder Joanna<br />
Macy waren. Und manchmal waren<br />
auch ein paar liebens werte Spinner dabei.<br />
Wir alle haben versucht, der uferlosen Gier,<br />
der systemimmanenten Massenverblödung,<br />
der linkshirnigen Welt der Statussymbole etwas<br />
entgegenzusetzen: das Bewusstsein der<br />
Verbundenheit, die Rückbesinnung auf Demut,<br />
das Erkennen des Konsumwahns. Wir<br />
haben uns für das Agens eingesetzt, das den<br />
meisten Menschen heute so sehr fehlt, dass<br />
es ihnen nicht mal mehr bewusst ist: die<br />
Liebe.<br />
Als ich dir, Wolf, kurz gesimst habe, dass ich<br />
mir einen Epitaph auf die Connection vorstelle,<br />
klickerte die Assoziationskette plötzlich<br />
zurück auf die Siebziger, auf die Popgruppe<br />
King Crimson und 21st Century Schizoid<br />
Man mit der Zeile: »Confusion will be<br />
my Epitaph« – ich hab’ den Song heute noch<br />
im Ohr.<br />
Inseln des Widerstands<br />
Und Confusion ist mehr denn je das, was uns<br />
heute nahezu unentrinnbar umgibt – in der<br />
Innenwelt der Medienverseuchung ebenso<br />
wie in der Außenwelt besinnungsloser Gier.<br />
Wir sind ethik-befreiten Global Playern ausgeliefert,<br />
die die Reise nach Jerusalem mit<br />
uns machen, nur dass hier nicht nur einer<br />
zurückbleibt, sondern der größte Teil der<br />
Menschheit. Ein Fake, den Demokratie zu<br />
nennen uns immer schwerer von den Lippen<br />
geht.<br />
Doch es gab und gibt immer noch kleine Inseln<br />
des Widerstands ähnlich dem berühmten<br />
Dorf in Gallien, das unentwegt gegen<br />
den Mainstream schwimmt. So eine kleine<br />
Insel war auch die Connection Spirit, die geeignet<br />
war, die innere Orientierung ihrer Leser<br />
wieder einzunorden, falls sie dem Schwall<br />
der bunten Bilder und der Fast-food-Text -<br />
häppchen anheim zu fallen drohten. Ein Magazin<br />
für kritische Selbstdenker, spirituelle<br />
Autonomie und augenzwinkernde Selbstironie.<br />
Mit der Connection ist ein Stückchen<br />
Wildwuchs im Inneren verschwunden, das<br />
Symbol unserer Verbundenheit gegenüber<br />
der globalisierten Entmenschlichung war.<br />
Nach 30 Jahren ist die Connection am Ende.<br />
Doch wir machen weiter …<br />
[<br />
REINO KROPFGANS, Jg.<br />
1949, TV-redaktionelle<br />
Ausbildung, dann fast 40<br />
Jahre Zeitungsverlag, lebt<br />
in Wuppertal, buddh. orientiert,<br />
Sprach-Skeptiker frei<br />
nach Arthur Koestler,<br />
Esoterik-Skeptiker frei<br />
nach Wolf Schneider,<br />
Gelegenheitshedonist.<br />
Kontakt@reino-kropfgans.de<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 49
WIRTSCHAFT<br />
Die Banken geben uns keinen Dispo mehr?<br />
Dass ich nicht lache …<br />
An Optimismus hat es nicht gefehlt<br />
Unternehmer sein<br />
in einem System, in dem der Wurm dem Fisch schmecken muss<br />
Verleger werden ist nicht schwer, Verleger sein dagegen sehr – nach drei Jahrzehnten einer<br />
ereignisreichen Zeit in wirtschaftlicher Verantwortung steigt der Herausgeber der<br />
Zeitschrift Connection aus dieser Rolle nun wieder aus. Der Narr dankt ab mit einem<br />
bitter-fröhlichen Seufzer und einiger Vorfreude auf die kommende Zeit<br />
als Freelancer. Und dem Anfang eines Fazits, das sich in den nächsten<br />
Jahren hoffentlich noch weiterentwickeln wird<br />
VON WOLF SCHNEIDER<br />
50 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
WIRTSCHAFT<br />
I<br />
ch will nichts beschönigen: Als Unternehmer<br />
bin ich gescheitert. Auch wenn mich<br />
jetzt einige gutmeinende Menschen versuchen<br />
zu trösten, speziell in dieser, unserer<br />
letzten Ausgabe, die mich so überschwänglich<br />
lobt. 30 Jahre lang solch ein Projekt zu<br />
stemmen, ja, das ist was. Dafür darf ich mir<br />
auf die Schulter klopfen. Dennoch bin ich im<br />
Wirtschaftlichen, als Unternehmer dieses<br />
Projekts, gescheitert. Ich habe dabei all mein<br />
Geld verloren und, schlimmer, einem bedeutenden<br />
Teil meiner Kreditgeber ihren<br />
Einsatz nicht zurückzahlen können. Und<br />
schließlich habe ich mein Projekt nicht in<br />
neue, jüngere Hände übergeben können,<br />
auch darin bin ich gescheitert. Obwohl mein<br />
Verlag in den letzten Jahren, in der Zeit der<br />
AG, einigermaßen kostendeckend agierte,<br />
hat niemand das Projekt übernehmen wollen.<br />
Vier Jahre habe ich intensiv nach einem<br />
Nachfolger gesucht und mich selbst als Macher<br />
der Inhalte dabei mit angeboten.<br />
Scheitern und wachsen<br />
Ich brauche wegen dieses Scheiterns aber<br />
keine Therapie und auch kein Bedauern.<br />
Ich habe mir das selbst eingebrockt, leichtsinnig<br />
zwar, wie ich rückblickend sagen muss,<br />
ohne Vorbereitung aufs Unternehmersein,<br />
aber doch nicht völlig ignorant. Was ich dabei<br />
erlebt und gelernt habe, ich könnte<br />
Bücher darüber schreiben. Vielleicht werde<br />
ich das auch noch tun, wenigstens eines, das<br />
diese Erfahrung zusammenfasst. Sie war sehr<br />
reichhaltig und ernüchternd, mit einigen<br />
Höhen flügen. Vor allem implizierte sie sehr<br />
viel Arbeit und das Bestehen immer wieder<br />
neuer, unerwarteter Herausforderungen, auf<br />
die ich mich nicht vorbereitet fühlte, die mich<br />
dann aber doch irgendwie Lösungen finden<br />
ließen. Als Gefangener meiner Verschuldung,<br />
meiner Verträge und Verpflichtungen,<br />
musste ich ja; ein freundlicher Blick auf<br />
das Geschehene würde vielleicht sagen, dass<br />
ich daran gewachsen bin.<br />
Taxifahren<br />
Warum habe ich überhaupt damit angefangen?<br />
Ich war damals, 1985, Taxifahrer in<br />
München und nicht unzufrieden mit meinem<br />
Job. Doch es gab da auch Keime für was anderes.<br />
Ich hatte in Asien einiges gelernt, vor<br />
allem aus zwei Quellen: Buddha und Osho,<br />
und hatte das dann mit meiner guten europäischen<br />
Ausbildung, meiner »Beheimatung«<br />
in Europa verquickt, und dachte<br />
manchmal: Da könntest du doch mehr draus<br />
machen! Mehr als nur Menschen zum Flughafen<br />
oder Bahnhof zu chauffieren, in Nachtschichten<br />
Besoffene zu trösten, die mir ihr<br />
Herz ausschütteten, und wenn mir einer nach<br />
dem Oktoberfest den Wagen vollgekotzt hatte,<br />
ihn gleich reinigen zu lassen, sonst hat man<br />
ja den ganzen Gestank auch am nächsten Tag<br />
noch im Auto. Das Taxifahren hatte aber<br />
durchaus einige positive Seiten: Ich hatte immer<br />
genug Geld, genug Zeit und lebte sehr<br />
frei und ungebunden.<br />
Lernen auf Augenhöhe<br />
Warum ich mich dann doch in die Verantwortung<br />
für eine Zeitschrift hab reinziehen<br />
lassen, lag wohl daran, dass ich darin eine Gelegenheit<br />
sah, mich weiterzuentwickeln. Mit<br />
dem, was ich bei Buddha und Osho gelernt<br />
hatte, war ich an einem Ende angekommen.<br />
Jetzt noch eine weitere Ausbildung zu machen,<br />
erschien mir als abwegig. Ich war Medi -<br />
tationsleiter, Therapeut, hatte einen ganzen<br />
Ashram zu leiten gehabt, was nun? Jetzt noch<br />
ein bisschen Cranio-Sakral oben drauf? Nein<br />
danke, da könnte ich ja ewig so weiter machen.<br />
Als Zeitschriftenmacher aber würde<br />
ich all die Leute interviewen, auf die ich was<br />
gab, ich würde deren Aussagen veröffentlichen<br />
können und durch diese Kooperation<br />
mit ihnen ›auf Augenhöhe‹ mehr lernen, als<br />
wenn ich ihr Kunde in irgendeiner dieser<br />
Ausbildungen wäre.<br />
Hinter den Kulissen<br />
Kunde zu sein, ist nicht so mein Ding. Da ist<br />
man Objekt einer Zielgruppenansprache, eines<br />
Angebotes, das ja irgendwie auf irgendeinem<br />
Markt bestehen können muss. Man<br />
ching-Jargon heißt. Beides konnte ich als persönliche<br />
Defizite sehen und habe mich da -<br />
rin bestmöglich weitergebildet, aber einiges<br />
davon blieb doch so, wie es war. Nach wie<br />
vor bin ich lieber Einzelunternehmer, Künstler<br />
oder kokreativ in einem Team von Gleich -<br />
rangigen, obwohl ich inzwischen die Vorzüge<br />
klarer, manchmal auch strenger Hierarchien<br />
sehr zu schätzen weiß.<br />
Qualität und Erfolg<br />
Was mir in all den Jahren am meisten zu<br />
schaffen machte, war die Erfahrung, dass<br />
Qualität nicht unbedingt zum Verkaufs erfolg<br />
beiträgt. Qualität muss den Erfolg auch nicht<br />
behindern, aber in den meisten Fällen begünstigt<br />
sie ihn nicht einmal. So ist das jedenfalls<br />
im Mediengeschäft. Bei den Zulieferteilen<br />
für Autos kenne ich mich nicht so<br />
gut aus, da mag das anders sein. Es sei denn,<br />
man hat ein so geniales Programm entwickelt<br />
wie das, was bei VW die Abgaswerte manipulierte.<br />
Das war ja <strong>11</strong> Millionen mal erfolg -<br />
reich! Dass nun auch das gescheitert ist, ach<br />
je …<br />
Die Geheimnisse der<br />
Pyramiden<br />
Zurück zum Mediengeschäft. Dort bestimmen<br />
längst nicht mehr ethisch hoch motivierte<br />
Verleger das, was im Programm steht,<br />
Ein freundlicher Blick auf das Geschehene<br />
würde vielleicht sagen, dass ich daran gewachsen bin<br />
bucht das Seminar oder die Ausbildung und<br />
wird dann mit den entsprechenden Inhalten<br />
beschallt. Das ist nicht grundsätzlich schlecht,<br />
aber ich wollte etwas anderes. Ich wollte die<br />
Menschen kennenlernen, die solche Angebote<br />
fabrizieren, und erleben, wie sie hinter<br />
den Kulissen funktionieren. Das ist mir auch<br />
gelungen. Ich habe gesehen, wie diese spirituellen<br />
Lehrer, Therapeuten und Autoren der<br />
Bestseller mit Geld umgehen, mit Zeit, mit<br />
Macht, wie sie im Alltag sind und in ihren Intimbeziehungen.<br />
Das war lehrreich. Und ich<br />
bin dabei nicht zum Zyniker geworden.<br />
Persönliche Defizite<br />
Was mich selbst anbelangt, die Betrachtung<br />
meines eigenen Umgangs mit Geld, Zeit,<br />
Macht und so weiter, war diese Zeit natürlich<br />
noch viel ergiebiger. Man ist sich auf dem<br />
Weg der Erkenntnis doch immer selbst das<br />
beste Objekt. Ich bin eher machtscheu als<br />
machtgeil und bin nicht gerne Autorität, sondern<br />
»führungsschwach«, wie das im Coa-<br />
sondern die Vertriebler. Und das nicht nur<br />
beim TV und im Internet, sondern längst<br />
auch in der Buchbranche und noch mehr<br />
bei Zeitschriften. Ein solcher mit allen Wassern<br />
gewaschener professioneller Vertriebler<br />
hat mir vor Jahren mal einen Tipp gegeben:<br />
»Die Geheimnis der Pyramiden, das geht immer!<br />
Bringen sie das auf den Titel, Herr<br />
Schneider!« Das hat nicht nur bei Magazin<br />
2000, Esotera und anderen Spiri-Zeitschriften<br />
funktioniert, sondern auch bei PM und<br />
sogar bei Geo und National Geographic.<br />
Der Angler und sein Wurm<br />
Dieser Professional hatte durchaus recht.<br />
Branchenwissen kann sehr wertvoll sein.<br />
Auch insofern die alte Vermarktungsweisheit<br />
»Der Wurm muss muss dem Fisch<br />
schmecken, nicht dem Angler« gilt, hatte er<br />
recht. Hier war ich jedoch bei einem Thema<br />
angekommen, das mich über meine gesamte<br />
Unternehmerzeit begleiten sollte, und das<br />
zu meinem Scheitern beigetragen haben<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 51
WIRTSCHAFT<br />
An esoterischen Beratungen hat es<br />
in all den Jahren nicht gemangelt<br />
Mengen von Papier auf den Markt werfe,<br />
von dem der weitaus größte Teil, nicht anders<br />
als bei den Mitbewerbern, doch schon<br />
nach kurzer Präsentationszeit den Weg alles<br />
Irdischen, Zeitschriftigen, zum Altpapier<br />
ging. Ich aber wollte konsolidieren. Dieses<br />
Qualität muss den Erfolg nicht behindern.<br />
In den meisten Fällen begünstigt<br />
sie ihn jedoch auch nicht<br />
dürfte: Ich wollte nicht Menschen mit etwas<br />
ködern, das mir nicht auch selbst schmeckt.<br />
Ich wollte mich nicht, auch nach all den Jahren<br />
des Reifens und der Verwandlung, so<br />
sehr von meiner Zielgruppe distanzieren,<br />
dass ich ihnen nur noch geben würde, was<br />
ich selbst längst als unbrauchbar und nicht<br />
zielführend erkannt hätte.<br />
Selbst Teil der Zielgruppe zu sein, ist für einen<br />
Produktdesigner gefährlich. Wenn ein<br />
Schuster in einem Dorf lebt und für die Dorfbewohner<br />
Schuhe macht, ist es von Vorteil,<br />
wenn er selbst nicht grundsätzlich das Barfußgehen<br />
bevorzugt. Wenn aber ein Autor,<br />
Musiker oder Zeitschriftenmacher für den<br />
Weltmarkt produziert oder mit Produkten<br />
des Weltmarktes konkurriert, ist es nicht<br />
mehr unbedingt von Vorteil, wenn er auch<br />
Nutzer oder Genießer seines eigenen Produktes<br />
ist. Dann fehlt ihm nämlich unter<br />
Umständen der kühle Blick für das, was auf<br />
dem Markt am meisten Umsatz bringt.<br />
Der Markt, der Markt …<br />
Warum hat Nestlé mehr Erfolg als … sagen<br />
wir mal Rapunzel Naturkost, wo ich immer<br />
mein Müsli einkaufe? Liegt es daran, dass<br />
Nestlé die besseren Produkte macht, oder<br />
dass dort das Preis-Leistungs-Verhältnis besser<br />
ist? Mitnichten. Es fällt mir jedoch nicht<br />
leicht, die Entscheider und im Konzern mitfunktionierenden<br />
Mitarbeiter von Nestlé als<br />
schlechtere Menschen zu bezeichnen, denen<br />
Geld über alles geht und für die Ethik nicht<br />
zählt, und entsprechend im Mediengeschäft<br />
die Macher von BILD oder dem üblichen<br />
Trash-TV. Denn wenn die Entscheider von<br />
Nestlé oder BILD plötzlich ins Zenkloster<br />
gehen würden oder als Aussteiger in die Toscana,<br />
würden sie in ihren Konzernen ersetzt<br />
durch andere, die für solche soft values<br />
nicht anfällig sind. Und wenn dort das<br />
ganze Unternehmen plötzlich ethisch gut<br />
würde und keinen Trash mehr produzierte,<br />
dann würde es vom Markt verschwinden und<br />
durch andere Anbieter ersetzt werden, und<br />
für die Verbraucher, die Umwelt und die Generationen,<br />
die nach uns kommen, wäre das<br />
Ergebnis wieder dasselbe.<br />
J’accuse<br />
Deshalb habe ich vor Jahren mal in meiner<br />
Wut und Verzweiflung darüber, dass ich nicht<br />
imstande war, ein gutes Produkt zu machen,<br />
das sich auch gut verkaufen ließ, in Connection<br />
ein langes Lamento geschrieben unter<br />
der Überschrift »J’accuse« (damit anspielend<br />
auf die berühmte Anklage von Emile<br />
Zola in der Dreyfusaffäre von 1898). Seitdem<br />
sind die Inhalte von Connection politischer<br />
geworden, weniger fokussiert auf den<br />
Primat der Introspektion und Einsicht. Das<br />
führte uns zu Ken Wilber, zum »Erdheilungsjahr«<br />
(2014) und zu einer engeren Zusammenarbeit<br />
mit dem Pazifisten und enga -<br />
gierten Systemkritiker Konstantin Wecker.<br />
Getragen auch von der Hoffnung, dass die<br />
linken Systemkritiker und die auch außenweltlich<br />
engagierten Spiris eine gemeinsame<br />
Basis finden würden – was jedoch nicht<br />
gelang.<br />
Die Mitte ist nicht lebbar<br />
Was ich nicht nochmal machen würde, ist,<br />
ohne Know-how und ohne Kapital solch<br />
ein Projekt zu beginnen und mich dabei hoch<br />
zu verschulden. Oder wenn schon Überschuldung,<br />
dann richtig: Als ich in den späten<br />
80er Jahren mit meinem damaligen Vertriebspartner<br />
– Herr Hawly von VPM – überlegte,<br />
was zu tun sei, riet er mir zu weiterer<br />
Expansion. Während die stellvertretende<br />
Chefredakteurin des damaligen Marktführers<br />
sich wünschte, dass ihr Chef sich an mir<br />
ein Vorbild nähme, sowohl in der Qualität<br />
seiner Editorials wie auch in Sachen walk<br />
your talk (er hatte noch nie ein Seminar gemacht,<br />
er praktizierte und meditierte nicht).<br />
Hawly wollte, dass ich immer noch größere<br />
immer weiter, größer, mehr (meines Umsatzes,<br />
aber auch meiner Schulden) passte<br />
mir nicht. Und so verharrte ich mit meiner<br />
Zeitschrift zwischen groß und klein in einer<br />
Mitte, die in einem dem exponienziellen<br />
Wachstum verpflichteten Wirtschaftssystem<br />
nur schwer lebbar ist.<br />
The winner takes it all<br />
In Sonderfällen kann jedoch auch ein mittel -<br />
großer Verlag existieren. Einige meiner Verlegerfreunde<br />
hatten das Glück, einen Bestseller<br />
im Programm zu haben – wenigstens<br />
einen. Volker Karrer hatte »Die fünf Tibeter«<br />
im Programm, allein dieses Buch und<br />
die darauf basierenden Bücher, wie »Das Arbeitsbuch<br />
zu den fünf Tibetern«, finanzierten<br />
den gesamten Verlag. Kein einziges seiner<br />
anderen Bücher erreichte auch nur Kos -<br />
tendeckung. Ähnlich erging es Alf Lüchow,<br />
sein Verlag wurde von den Louise Hay<br />
Büchern finanziert. Den Kamphausen Verlag<br />
trug der Eckhart Tolle Erfolg nach oben.<br />
Bärbel Mohr (»Bestellungen beim Universum«)<br />
verhalf gleich mehreren Verlagen zu<br />
immerhin kurzfristigem Glück, nur ich hatte<br />
keinen Beststeller im Programm. Mein<br />
ers tes und mein letztes Buch, auf das ich als<br />
Verleger im Wettbüro des Marktes je ein<br />
paar tausend Euro setzte, verband Humor<br />
mit Spiritualität – diese beiden wurden meine<br />
größten verlegerischen Flops.<br />
Ja, man kann auch verlieren. Wenn irgendwo<br />
jemand einen Gewinn macht, dann macht<br />
irgendwo anders jemand einen Verlust, und<br />
mein Verlag gehörte zu den Verlierern. Lag<br />
das an meinem fehlenden Reichtumsbewusstsein?<br />
Keineswegs. Ich hatte das Glück<br />
(oder eher Pech?), über die Jahre reichlich<br />
beschenkt zu sein mit Menschen, die mich<br />
nachhaltig in Richtung Reichtumsbewusstsein<br />
drängten, und halte mich inzwischen in<br />
der Hinsicht für den bestgecoachten Menschen<br />
der Welt.<br />
Das Resonanzprinzip<br />
Das bringt mich zum Thema des so viel gelobten<br />
Resonanzprinzips. In den Anfangs-<br />
52 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
WIRTSCHAFT<br />
jahren von Connection gehörte ich zu denen,<br />
die diesbezüglich mehr Mut bewiesen als<br />
Menschen, die nur davon sprachen, aber in<br />
Sachen Geld knauserig waren. Ich inves -<br />
tierte, nahm Kredite auf und war zuversichtlich,<br />
dass unsere guten Taten und »unsere<br />
gute Energie« den Erfolg schon bringen<br />
würden. Ich war überzeugt, dass, wer vertrauensvoll<br />
und eher großzügig Geld ausgibt,<br />
dies nach dem Resonanzprinzip auch in<br />
ähnlicher Weise zurückbekommt. Inzwischen<br />
bin ich in der Hinsicht stonewashed<br />
und halte das Resonanzprinzip für den größten<br />
Unsinn, den die Eso-Szene zu bieten<br />
hat – neben vielem anderen Unsinn, denn<br />
wenigstens in dieser Hinsicht ist diese Szene<br />
sehr kreativ und auch sehr reich.<br />
Auf der Prominenzleiter<br />
Zum schwierigen »Leben in der Mitte« wäre<br />
auch noch zu sagen, dass in den Medien<br />
Bekanntheit über alles geschätzt wird. Das<br />
A & O ist dabei, welche Person, welches Thema<br />
und welche Marke is getting attention –<br />
wer Aufmerksamkeit bekommt, Medienpräsenz.<br />
Wer schon prominent ist, wird damit<br />
überschüttet, wer sie (noch) sucht, geht<br />
dabei leer aus. Wer nichts hat, dem wird auch<br />
das noch genommen, so steht es ja schon in<br />
der Bibel. Umgangssprachlicher: Der Teufel<br />
kackt immer auf den größten Haufen.<br />
Oder, mit Piketty: Unsere Gesellschaften<br />
driften zwischen reich und arm immer weiter<br />
auseinander, und sie tun das auch zwischen<br />
bekannt und unbekannt. Ich kenne<br />
so viele geniale Autoren, die im Selfpubli -<br />
shing ein Buch rausbringen, dafür eine eigene<br />
Webseite basteln, und dann sieht man,<br />
dass diese in zwei Jahren erst gut 200 mal besucht<br />
wurde, das heißt, das Buch erschien<br />
»unter Ausschluss der Öffentlichkeit«. Das<br />
Internet ermöglicht zwar, dass jeder dort fast<br />
alles sagen und veröffentlichen darf, mit<br />
minimalen Kosten, aber wer nicht schon<br />
ander weitig bekannt ist, der wird es auch<br />
durchs Internet nicht.<br />
Your attention please!<br />
In der Zeit vor dem Internet regierten Groß -<br />
unternehmen den Medienmarkt. Heute ist<br />
der Unterschied zwischen groß und klein<br />
durch das Internet und die Globalisierung<br />
noch größer geworden. Besonders schmerzlich<br />
trifft mich das, wenn Menschen meine<br />
Aufmerksamkeit suchen, weil sie denken, ich<br />
sei ja bekannt, ich hätte es geschafft (Aufmerksamkeit<br />
zu bekommen), und nun wollen<br />
sie meine Aufmerksamkeit für sich, für<br />
ihr Buch, ihre CD, ihre Webseite, ihren Yoga -<br />
weg oder ihre tiefen spirituellen Einsichten,<br />
und ich habe nicht mal Zeit, ihre gerade<br />
mal mittellange Mail ganz zu Ende zu lesen,<br />
weil ich 70 bis 90 geschäftlich relevante<br />
Mails pro Tag bekomme, die ich wohl -<br />
überlegt beantworten muss. Da bleibt mir<br />
keine Zeit, auch nur ein Buch-Exposé durchzusehen<br />
oder eine 30-zeilige Mail zu lesen,<br />
und … bitte, bitte, schickt mir keine ganzen<br />
Bücher zu, wie soll denn einer wie ich Zeit<br />
Hat der Kapitalismus auch einen Markt<br />
für echte, nonduale Narren?<br />
Immerhin 30 Jahre lang ließ Mutter Erde den Unternehmer gewähren<br />
finden zum Lesen? Aufmerksamkeit verschenken<br />
können, was für ein Luxus! Dass<br />
ich mir das als Verleger nicht leisten kann,<br />
ist einer der triftigsten Gründen, warum ich<br />
diesen Verlag jetzt beende.<br />
Wahrhaftig oder angepasst?<br />
Hier nochmal mein bitter-fröhliches Fazit:<br />
Innerhalb dieses Wirtschaftssystems eine<br />
ehrliche, philosophische oder spirituell-mys -<br />
tische Zeitschrift zu machen ist fast unmöglich.<br />
Sie unterliegt dann dem Druck, entweder<br />
aus Rücksicht auf Leser und Anzeigenkunden<br />
nur weichgespülte Inhalte zu bringen,<br />
so wie die wellness-spirituellen Zeitschriften<br />
es tun, oder sie besteht zu 90 % aus<br />
PR, aus von Anzeigenkunden gekaufter Redaktion,<br />
wie zum Beispiel die Zeitschrift<br />
New(s)Age und die vielleicht hundert im<br />
deutschen Sprachraum regional gratis verteilten<br />
spirituellen Blätter, oder sie ist von<br />
Sponsoren abhängig. Dem mich anpassen<br />
möchte ich nicht. Deshalb in den letzten Jahren<br />
meine immer stärkere Hinwendung zum<br />
Humor, zur Komik, zur lustigen, teils auch<br />
schonungslosen Szenekritik.<br />
Geht da noch was, jetzt vielleicht doch? Der<br />
Kapitalismus hat einen Markt auch noch<br />
für seine eigenen Totengräber, heißt es. Hat<br />
er auch einen Markt für echte, nonduale Narren?<br />
We stay connected!<br />
Zu meinen Fehlern als Unternehmer gäbe<br />
es noch viel zu sagen. Auch über die Medienprojekte,<br />
die aus Connection direkt oder<br />
indirekt hervorgegangen sind, die Beziehungen,<br />
Freundschaften, Familien, beruflichen<br />
Visionsfindungen und anderes. Diese<br />
dreißig Jahre waren eine an Initiativen reiche<br />
und weithin wirkende Zeit. Und auch<br />
das Dialogische, Unfertige, soll weiterleben.<br />
Die Impulse zum Beispiel, die mein alter<br />
Freund Ron Engert – vor Jahren hat er mal<br />
ein Praktikum bei uns im Haus gemacht,<br />
wir empfinden uns als Kollegen – in seinem<br />
Nachruf auf Seite 41 in diesem Heft gesetzt<br />
hat, greife ich gerne auf, demnächst in meinem<br />
Blog auf connection.de, vielleicht auch<br />
in einem Buch über das Selbst, Ich, Ego, das<br />
ich seit langem plane.<br />
Auch wenn dieser Verlag jetzt beendet wird<br />
– we stay connected!<br />
WOLF SCHNEIDER, Jg. 1952. Autor, Redakteur,<br />
Kursleiter. Studium der Naturwissenschaften und<br />
Philosophie (1971–75) in München. 1975–77 in<br />
Asien. 1985–20<strong>15</strong> Herausgebe der Zeitschrift<br />
Connection. Seit 2007 Theaterspiel & Kabarett.<br />
Kontakt: schneider@connection.de<br />
[<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 53
WERWASWO<br />
Wer Was Wo<br />
Selbsterforschung an heiligen Orten Indiens Retreats am Arunachala und Ganges<br />
Stilles Gewahrsein ist unsere wahre<br />
Natur. Hier finden wir inneren<br />
Frieden und echte Erfüllung. Das<br />
ist die Grundbotschaft des Weisen<br />
Sri Ramana Maharshi, der am Berg<br />
Arunachala im Süden Indiens lebte<br />
und wirkte. Rishikesh, ein jahrhundertealtes<br />
Pilgerziel nahe den<br />
Ursprüngen der heiligen Ganga<br />
am Fuß des Himalaya, diente Sri<br />
Poonjaji, einem Schüler Ramanas,<br />
als Retreat-Ort.<br />
Auf Ramanas und Poonjajis Übermittlung<br />
von Stille und Selbst-Erforschung<br />
beziehen sich die Sat -<br />
sang-Lehrer Torsten und Padma.<br />
2016 bieten sie wieder Retreats an<br />
Karten der Weisheit Tarot als Wegweiser<br />
beiden Orten an. Tägliche Satsangs<br />
mit den beiden und der Besuch von<br />
Wirkungsorten Ramanas am Arunachala<br />
und kraftvollen Orten stiller<br />
Präsenz am Ganges stehen auf<br />
dem Programm. Die Teilnehmer<br />
werden am Arunachala in einem<br />
nahegelegenen Ashram untergebracht.<br />
Am Ganges steht ein wunderschön<br />
gelegenes Guesthouse<br />
mit Blick auf den Fluss zur Verfügung.<br />
Der Ganges zeigt sich hier<br />
noch so ursprünglich und sauber,<br />
dass man darin bedenkenlos baden<br />
kann. Die Retreats können einzeln<br />
oder in Kombination gebucht werden.<br />
Arunachala-Retreat: 27.2.–<strong>12</strong>.3.16.<br />
Ganges-Retreat: 13.3.–26.3.16<br />
www.bodhisat.de<br />
0049-(0)40-55775577<br />
AMORC, die Rosenkreuzer, bringen<br />
in der nächsten Ausgabe ihrer<br />
Zeitschrift Zeitlose Weisheit – Das<br />
Magazin (4/20<strong>15</strong>) das Titelthema<br />
Tarot.<br />
Der Tarot ist eines der traditionellen<br />
Symbolmodelle der Rosenkreuzer.<br />
In seinen Bildern zeigt er<br />
den Weg der Bewusstseinsentfaltung<br />
des Menschen, der letztlich in<br />
die Reintegration in die kosmische<br />
Ordnung mündet. Verborgen in<br />
den Bilder-Schlüsseln sind Bezüge<br />
zum Baum des Lebens, den hebrä -<br />
ischen Buchstaben, zur Astrologie,<br />
Mythologie und Alchemie bis hin<br />
zur Numerologie. Das Magazin<br />
wendet sich verstärkt an ein breites<br />
Publikum, allerdings nach wie<br />
vor fokussiert auf die spirituell und<br />
mystisch Suchenden. Als e-paper<br />
steht es unter folgendem Link zur<br />
Verfügung:<br />
http://www.amorc.de/AMORC-<br />
Magazin/Ausgabe04-20<strong>15</strong>/<br />
Die Erweckung des Inneren Geliebten<br />
Offenes Dakini-Tantra-Seminar mit Moti Theresia König,<br />
13. – 20. November 20<strong>15</strong> im Connectionhaus, Niedertaufkirchen<br />
Tantra wird im Westen oft falsch verstanden. Die Aufmerksamkeit ist zu sehr außen, in Abhängigkeit von<br />
einem Partner oder beim Erlernen von »besseren, neuen Sexpraktiken«. Diese Seminarwoche kann eine<br />
neue Sicht und Erfahrung bieten, festgefahrene Gewohnheiten (wie lebe ich Sexualität) und ihre<br />
Muster zu erkennen und neue Möglichkeiten einzuladen.<br />
Tantra lehrt, dass jeder von uns beide Pole der Energie in sich trägt, den aktiven und den<br />
passiven, den eindringenden und den einhüllenden. In diesen sieben Tagen praktizieren<br />
wir den Umgang mit Energie und deren Verteilung im eigenen Körper. Wie kann ich<br />
eine hohe Energieladung in einem entspannten Organismus ohne Kontraktion<br />
aufrechthalten? Wie kann Energieaufbau unabhängig von einem anderen<br />
Menschen erlebt werden?<br />
Millionen-und millionenmal tiefer,<br />
millionen- und millionenmal höher ist Mahamudra.<br />
Es ist ein totaler Orgasmus mit dem Ganzen,<br />
mit dem Universum,<br />
es ist Schmelzen in die Quelle des Seins.<br />
Tilopa, das Lied des Mahamudra<br />
Seminarkosten: 750,– € zzgl. Unterkunft und Verpflegung<br />
Weitere Infos: Mo, Di, Do 10ž– 13 h, Tel: 0(49)700-32546482<br />
info@dakini-tantra.de, www.dakini-tantra.de, www.menlha-touch.de<br />
54 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
EINSICHT<br />
Im Jetzt<br />
PIXABAY.COM © UNSPLASH<br />
kann das Leid<br />
nicht überleben<br />
Die meisten Menschen tragen in sich eine Unzufriedenheit, ein Gefühl, nicht angekommen zu sein. Sie sind nie im gegenwärtigen<br />
Moment, sondern im Stress, in der Zukunft, sie sagen sich: Dieses und jenes will und muss ich noch erreichen, und dann wird<br />
alles gut. Aber dieser Moment kommt nie.<br />
Sei so absolut, so vollkommen gegenwärtig, dass kein Problem, kein Leid, nichts, was du nicht vom Wesen her wirklich bist,<br />
in dir überleben kann. Im Jetzt, in der Abwesenheit von Zeit, lösen sich all deine Probleme auf. Das Leiden benötigt Zeit; im<br />
Jetzt kann es nicht überleben.<br />
Eckhart Tolle<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 55
ASIEN<br />
Bilder<br />
der Seele<br />
nach einer Karriere als internet-Pionier, unternehmer und innovationsvorstand der deutschen Telekom wandte<br />
sich Bernd Kolb anderen Themen zu. 2010 gründete er den Club of Marrakesh, ein internationales netzwerk<br />
kreativer Köpfe. 20<strong>15</strong> erschien mit Schwestern der Revolution bei Herbig erstmals ein Buch mit Fotografien von<br />
ihm. und nun der Bildband Atman, mit seinen Fotoportraits von Menschen aus indonesien (Bali, Java), Kambodscha,<br />
Thailand, Burma und nepal, in denen er und die von im Portraitierten sich über die Augen wortlos miteinander<br />
verbinden.<br />
»im Westen glauben wir, wir sind unsere Körper und haben eine Seele«, schreibt er dazu, »im osten sind die<br />
Menschen die Seele und haben einen Körper«. in innigen, geradezu intimen Bildern zeigt dieses Buch unser<br />
Menschsein als Hineingeworfene in die Polarität von Körper und Seele, Haben und Sein<br />
TexT und Bilder von Bernd KolB<br />
A<br />
ls ich 20<strong>12</strong> aufbrach, um mich auf die Suche nach den Quellen<br />
der Weisheit zu machen, ahnte ich nicht, dass dabei dieses<br />
Buch entstehen sollte. Meine Reise begann da, wo ich<br />
mein erstes tiefes spirituelles Erlebnis hatte – auf Bali. Dort, in der<br />
stockdunklen Meditationshöhle eines balinesischen Schamanen mitten<br />
im Dschungel, fühlte ich zum ersten Mal die Verbundenheit aller<br />
Geschöpfe der Natur mit mir selbst. Im absoluten »Nichts«<br />
fühlte ich das »All«.<br />
Ich war zum ersten Mal wunschlos glücklich. Es war eine Erfahrung<br />
jenseits von Geburt und Tod, diesseits der Welt, wie ich sie<br />
bisher noch niemals wahrgenommen hatte. Aber wie bei vielen dieser<br />
Erfahrungen versagt eine Beschreibung in Worten. Dies sagt<br />
schon Laotse im großen Buch des TAO (übersetzt: »der Weg«), der<br />
ältesten chinesischen Weisheitslehre im ersten Satz: »Das Tao, das<br />
man beschreiben kann, ist nicht das wirkliche Tao«.<br />
Die Erfahrung auf Bali hatte in mir wieder diesen Entdeckergeist<br />
geweckt, der mein Leben lang in mir war. Mit fünfzehn hatte ich<br />
»Siddhartha« von Hermann Hesse gelesen. Obwohl ich damals wohl<br />
eher nur »geahnt« als wirklich verstanden hatte. Doch wurde der<br />
Satz »Dorthin zu dringen, zum Ich, zu mir, zum Atman – gab es einen<br />
andern Weg, den zu suchen sich lohnte?« aus diesem Buch, ohne<br />
es vorher zu wissen, zum Leitstern meiner Expedition.<br />
Während dieser langen Reise hatte ich viele dieser unbeschreiblichen<br />
Erlebnisse, die meine Perspektiven auf das Leben tiefgehend<br />
erweitert haben. Begleitet von meiner Kamera, die vieles von diesem<br />
Unbeschreiblichen zu sehen bekam. Erst im Laufe meiner<br />
Reise begriff ich, dass es diese Bilder sind, die am eindrücklichsten<br />
erzählen, was so schwer nur in Worte zu fassen ist.<br />
Es sind Bilder von den wundervollen Menschen, die ich auf meiner<br />
Suche nach den alten Weisheitstraditionen Asiens getroffen habe.<br />
Achtsamkeit, Respekt und Offenheit waren meine Leitplanken. Ich<br />
wollte herausfinden, was diese Menschen so tief zufrieden erscheinen<br />
ließ. Sie luden mich ein, nahmen mich auf und teilten ihre<br />
Weisheit mit mir. Zeit spielte dabei keine Rolle, ich hatte sehr früh<br />
bereits sämtliche Planungen über Bord geworfen. Ich folgte nur<br />
noch meiner Intuition, und alles fügte sich.<br />
Oft war es nur ein leises Gefühl, ein Augen-Blick, der mich anzog.<br />
Manchmal mitten in einer Menschenmenge, wie beispielsweise das<br />
Mädchen aus Nepal auf dem Buchtitel. Ich war am Krishna-Geburtstags-Fest<br />
auf dem Durbar Square in Kathmandu. Es waren dort<br />
sicher 5.000 Menschen zum Feiern und Tanzen versammelt. Aus etwa<br />
50 Metern Abstand schaute sie mich an, und ich spürte ihren<br />
Blick in meinem Rücken. Als ich mich umdrehte, sah ich sie inmitten<br />
des Trubels auf einer Treppe sitzen. Als wäre es magnetisch,<br />
ging ich auf sie zu. Das alles geschah wie selbstverständlich. Wir begrüßten<br />
uns mit dem landesüblichen »Namasté«, dem traditionellen<br />
Gruß der Hindus, der etwa soviel bedeutet wie »Ich ehre in dir<br />
den göttlichen Geist, den ich auch in mir selbst ehre – und ich weiß,<br />
dass wir somit eins sind.«<br />
Genau das, was diese Geste aussagt, fühlte ich auch. Fremde, aus<br />
scheinbar unterschiedlichen Welten, die sich voller Vertrauen, Respekt<br />
und »Zu-Neigung« begegnen und Nähe zulassen. Sie erzählte<br />
mir ihre Geschichten, ihre Beobachtungen, ihre Sicht auf die Welt<br />
und stellte auch mir viele neugierige Fragen. In solchen Situationen<br />
sind sehr viele dieser Bilder entstanden. Auf einer Ebene des<br />
Gefühls und des absoluten Gewahrseins.<br />
60 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
ASIEN<br />
Bernd Kolb traf diese Frau in Nepal. Sie reist<br />
dort durch die Pagoden und Tempelstätten und wird<br />
von den Einheimischen als Heilige verehrt<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 61
ASIEN<br />
Links und rechts oben: Die buddhistische Nonne Suvarnabhumi<br />
ist 103 Jahre alt. Seit 60 Jahren sitzt sie in einer kleinen<br />
Nische der Haupthalle von Angkor Wat, wo Bernd sie traf<br />
62 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
SPRACHE<br />
In uns wohnen<br />
viele Ichs<br />
und jedes spricht<br />
eine andere Sprache<br />
erst durch die Begriffe unserer Sprachen entstehen unsere partikularisierten Weltbilder in ihren<br />
gängigen ausprägungen, und jeder Sprache entspricht ein anderes Bild von der Welt und andere<br />
Sprecherpersönlichkeiten. daniel Krasa hat sich schon als Kind auf solche abenteuerreisen in<br />
andere Weltbilder und ich-persönlichkeiten begeben. Wolf Schneider traf diesen so lustvoll<br />
vielsprachigen menschen auf der Buchmesse am Stand eines Sprachlerninstitutes und wurde<br />
neugierig, wie es ist, eine so vielfältig schillernde persönlichkeit zu sein<br />
Wolf Schneider im GeSpräch mit dem multilinGualen SprachforScher daniel KraSa<br />
56 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
SPRACHE<br />
FOTOS: © DANIEL KRASA<br />
H<br />
allo Daniel, wie kommt es, dass du so<br />
viele Sprachen sprichst?<br />
Sprache war für mich schon als Kind<br />
wichtig. An einen Moment, an dem diese Leidenschaft<br />
ausgelöst wurde, kann ich mich<br />
nicht erinnern. In meinem Elternhaus wurde<br />
ausschließlich Hochdeutsch gesprochen,<br />
in meinem Umfeld habe ich aber verschiedene<br />
Sprachen und Mundarten gehört. So<br />
habe ich sehr früh angefangen, die Nuancen<br />
zwischen Hochsprache und Dialekt zu unterscheiden,<br />
und es gab immer wieder Momente,<br />
wo die Fremdsprachenkenntnisse von<br />
erwachsenen Freunden und Familienmitgliedern<br />
mich sehr beeindruckt haben. Ich<br />
habe mich wohl bereits damals in meiner<br />
kindlichen Art unterbewusst dafür entschie -<br />
den, dass auch ich in Zukunft mit Menschen<br />
aus anderen Ländern in deren Idiom kommunizieren<br />
möchte.<br />
In der Schule war meine erste Fremdsprache<br />
Französisch, dann Englisch. Mit etwa 13 fing<br />
ich an, mich für orientalische Sprachen zu interessieren.<br />
Zuerst auf eigene Faust, dann mit<br />
Unterstützung von muttersprachlichen Privatlehrern<br />
begann ich Türkisch und Arabisch<br />
zu lernen. Dann kam Spanisch dazu, das ich<br />
daraufhin – genau wie Russisch – auch in der<br />
Schule gelernt habe. Damit hatte ich eine Basis,<br />
die mir auf der einen Seite das Erlernen<br />
vieler weiterer Sprachen sehr erleichterte,<br />
an dererseits ermöglichte es mir den Blick auf<br />
die Welt von einer sehr speziellen Warte<br />
aus. Nach Abschluss meiner Schullaufbahn<br />
verfeinerte ich diesen Blick durch Aufenthalte<br />
im Ausland und beschäftigte mich dabei<br />
mit einigen weiteren Sprachen.<br />
Einige der Sprachen, die ich »vor Ort« gelernt<br />
habe, sind sehr tief in meinem Gedächtnis verwurzelt;<br />
auch bei längerer Nicht-Anwendung<br />
verlerne ich sie nie. Es waren auch diese Auslandsaufenthalte,<br />
die mich immer wieder da -<br />
rin bestätigt haben, meine Berufung »Sprachen«<br />
zu meinem Beruf zu machen. So paradox<br />
es auch klingen mag: Sprachenlernen<br />
kann abhängig machen! Dieser Abhängigkeit<br />
bin ich definitiv verfallen …<br />
Es gibt schlimmere Obsessionen als diese … du<br />
bleibst dabei ja weltoffen, neugierig und beweg -<br />
lich. Kürzlich habe ich gelesen, dass Multilingualität<br />
(Mehrsprachigkeit) die Demenz um viele<br />
Jahre hinauszögert. Bei vier Sprachen fließend<br />
angeblich um neun Jahre. Demnach müsstest du<br />
mit ungefähr <strong>15</strong>0 Jahren noch geistig ziemlich<br />
fit sein!<br />
So kann man es natürlich auch sehen. Doch<br />
ehrlich gesagt tun mir jetzt schon diejenigen<br />
leid, die sich mal um mich kümmern müssen.<br />
Denn sollte ich anfangen, die verschiedenen<br />
Sprachen durcheinanderzubringen,<br />
bräuch te es ja eine Heerschar von Kranken -<br />
schwes tern aus verschiedensten Ländern, um<br />
zu wissen, ob ich Kamillen- oder Pfefferminztee<br />
möchte. Spaß beiseite! Sprachen<br />
sind – wie vieles andere natürlich auch – eine<br />
großartige Möglichkeit, um geistig fit zu<br />
bleiben. Was habe ich gerade gesagt?<br />
(lacht) … vielleicht ist ja auch der Humor etwas,<br />
das durch die Vielsprachigkeit gefördert<br />
wird. Und was mich daran auch noch sehr interessiert,<br />
sogar noch mehr als wie alt ich damit<br />
werden kann, ist der Wechsel der Persönlichkeit<br />
beim Wechseln von einer Sprache in eine andere.<br />
Wenn du in ein anderes Sprachuniversum eintauchst,<br />
nimmst du mit den Begriffen und Idiomen<br />
ja auch die Gefühlswelt dieser Kultur auf<br />
und wirst so gewissermaßen ein anderer.<br />
Ja, absolut! Das fasziniert auch mich extrem.<br />
Jede Sprache, mit der ich mich beschäftigt<br />
habe, habe ich am liebsten im Land selber<br />
gelernt. Das führt unweigerlich dazu, dass<br />
man Nuancen der Art und Weise annimmt,<br />
wie die Muttersprachler miteinander umgehen<br />
und kommunizieren. Man macht sie nach<br />
und merkt dabei, dass man damit sogar besser<br />
verstanden wird, denn jede Sprache spiegelt<br />
ja eine gewisse kulturelle Einheit wider,<br />
die sich natürlich durch ganz verschiedene<br />
Dinge auszeichnet.<br />
Beim Sprachenlernen wird oft gefragt, was<br />
denn wichtiger sei, die Grammatik oder die<br />
Mit jeder Sprache<br />
entsteht auch ein neues<br />
»Ich«. Anfangs<br />
schauspielert man<br />
vielleicht noch,<br />
doch bald wird das<br />
neue Ich zur echten<br />
zweiten, dritten,<br />
vierten Persönlichkeit<br />
Aussprache. Die Antwort ist einfach: Es ist<br />
die Aussprache! Denn selbst wenn ich sage<br />
»Ich gehen zur Krankenhaus«, versteht jeder,<br />
was ich meine. Spreche ich hingegen un -<br />
deutlich, versteht mich keiner, auch wenn ich<br />
dabei grammatikalisch korrekt bin. Doch<br />
auch der kulturelle Rahmen, die Mentalität<br />
der Sprecher und deren Gestik und Mimik<br />
spielen eine enorme Rolle dabei, wie gut man<br />
verstanden wird. Bei einigen ost- und südost -<br />
asiatischen Sprachen ist das sogar eine der<br />
Voraussetzungen, um überhaupt verstanden<br />
zu werden. Insofern stimmt es, dass mit jeder<br />
Sprache auch ein neues »Ich« entsteht.<br />
Anfangs schauspielert man vielleicht noch,<br />
doch je mehr Kontakt man in der jeweiligen<br />
Sprache hat, desto mehr wird das neue Ich<br />
zur echten zweiten, dritten, vierten Persönlichkeit.<br />
Demnach musst du eine sehr vielfältig schillernde<br />
Persönlichkeit sein! Was zu meiner nächsten Frage<br />
führt: In welcher oder welchen Sprachen schillerst<br />
du am liebsten? Hast du in sprachlicher Hinsicht<br />
ein Heimat-Ich, in dem du dich am wohls -<br />
ten fühlst? Oder beflügelt dich vor allem der<br />
Wechsel, die Lust daran, manchmal »ein anderer«<br />
zu sein? Du kannst ja, wenn du Heimweh bekommst,<br />
immer zurückkehren in dein Ursprungs-<br />
Ich, die Sprache deiner Herkunft, deine Muttersprache<br />
– falls die es ist, die deiner Persönlichkeit<br />
am meisten entspricht.<br />
Jede Sprache, die ich lerne oder mit der ich<br />
mich beschäftige, hat eine gewisse Leidenschaft<br />
in mir ausgelöst und mich bereichert.<br />
Insofern kann ich nicht sagen, dass ich in einer<br />
bestimmten Sprache mehr »ich selbst«<br />
bin als in einer anderen, denn es ist ja im Umkehrschluss<br />
eher so, dass mein »ich selbst«<br />
mit jeder Sprache neue Formen annimmt.<br />
Eine Fremdsprache zu erlernen – speziell<br />
wenn man dies in unmittelbarer Nähe zu<br />
Muttersprachlern tut – führt unweigerlich<br />
dazu, dass man seine Persönlichkeit erweitert.<br />
Ich bin in verschiedenen Sprachen eine andere<br />
Person, sprich, ich habe eine andere Mimik,<br />
Körpersprache, einen anderen Tonfall,<br />
aber auch eine andere Art mich auszudrü -<br />
cken. So gibt es in bestimmten Kulturkreisen<br />
rein sprachlich andere Gesetzmäßigkeiten;<br />
etwas, das in der einen Sprache frech,<br />
anmaßend oder gar unhöflich klingt, ist dies<br />
in einer anderen Sprache vielleicht überhaupt<br />
nicht. Daher würde ich eher sagen, dass<br />
ich für jede Sprache auch ein bisschen in eine<br />
andere Rolle schlüpfe, mich aber in all<br />
diesen Rollen wohlfühle, da sie ja Teil meiner<br />
selbst sind. Natürlich hängt der Grad des<br />
Wohlfühlens von der Sprachkompetenz ab.<br />
So fühle ich mich in meiner Muttersprache<br />
mehr »zuhause« als beispielsweise auf Ungarisch,<br />
das ich gerade lerne. Doch habe ich<br />
verstanden, dass alle diese Rollen mittlerweile<br />
zu mir gehören, und das heißt paradoxerweise<br />
sogar, dass auch meine Muttersprache<br />
nicht mehr unweigerlich die ist, in<br />
der ich wirklich und ausschließlich ich selbst<br />
bin.<br />
Wir sind eben vielfältig. Nicht nur schizophren,<br />
in zwei gespalten, sondern polyphren, wir sind<br />
viele. Das gilt für alle Menschen, auch die nur<br />
einsprachigen, meine ich, aber die Multilingualen<br />
haben den Vorteil, mit jeder weiteren Sprache<br />
den ihr entsprechenden Persönlichkeitsanteil<br />
auf kommunikative, interaktive Weise erweitern<br />
und ausdehnen zu können, und sie haben<br />
dabei gleich eine Community, in der sie das<br />
praktizieren können!<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 57
SPRACHE<br />
Jetzt habe ich noch eine Frage zu dem Wechsel<br />
zwischen Sprachen, den du beim Übersetzen,<br />
insbesondere beim Dolmetschen erlebst. Man<br />
sagt ja, das Wesentliche an der Musik sei die<br />
Stille zwischen den Tönen. Vielleicht ist es auch<br />
beim Wechsel der Persönlichkeit von einer Sprache<br />
in die andere so, dass wir dabei ein Niemandsland<br />
durchlaufen. Einen Raum, in dem wir<br />
niemand sind, charakterlos, und erst wenn wir<br />
mit dem übersetzten Wort oder Satz in der anderen<br />
Sprache wieder auftauchen, sind wir<br />
wieder jemand – eben jener Jemand, der unserer<br />
Persönlichkeit in dieser Sprache entspricht.<br />
Erlebst du das auch so?<br />
Ja, doch muss ich dazu nochmals wiederholen,<br />
dass ich mich in all meinen Persönlichkeiten<br />
wohlfühle, also nicht bemüht bin, aus<br />
einer in eine andere zu kommen. Dennoch<br />
gibt es sicher Teile in mir, die stärker sind<br />
als andere. Das macht sich auch dann bemerkbar,<br />
wenn ich zwei oder mehrere Sprachen<br />
parallel spreche. So kann der »aufbrausende<br />
Italiener« mit den fuchtelnden<br />
Händen durchaus auch noch zwei Sätze später<br />
im Englischen sehr präsent sein. Das Niemandsland,<br />
das du benennst, kenne ich zwar,<br />
nehme es aber nicht so aktiv wahr, da ich ja<br />
die Persönlichkeiten verinnerlicht habe und<br />
sie Teil von mir sind, ich also entsprechend<br />
– anders als vielleicht ein Schauspieler, der<br />
in einem Ein-Mann-Stück mehrere Rollen<br />
Selbst wenn ich nicht<br />
rede, so denke ich<br />
doch auch immer wieder<br />
in Fremdsprachen.<br />
Ich träume darin,<br />
schimpfe im Auto<br />
und mache mir sogar<br />
beim Einkaufen<br />
Notizen auf Hindi,<br />
Portugiesisch oder<br />
Arabisch<br />
spielt – nicht innehalten muss, um mir die<br />
kommende »Rolle« wieder einzuverleiben.<br />
Doch bin ich auch kein Dolmetscher, oder<br />
das nur sporadisch und dann eher auf einer<br />
semiprofessionellen Ebene. Somit sind die<br />
Situationen, in denen ich mehrgleisig Sprachen<br />
benutze, eher selten und daher auch<br />
»polyglott« (von griech. poly, viele, und glotta, Zunge, Sprache) heißt dasselbe wie multilingual<br />
(von lat. multi, viele, und lingua, Zunge, Sprache). daniel Krasas hauptinteresse gilt<br />
den nord indischen und semitischen Sprachen. Während seiner Studien in indien und<br />
Jordanien hat er sich vorrangig auf arabisch, hindi, urdu und marathi spezialisiert.<br />
daneben spricht er englisch, französisch, Spanisch, italienisch, portugiesisch, russisch,<br />
hebräisch, türkisch, hochchinesisch, thai, indonesisch/malaiisch und manche weitere<br />
Sprache. derzeit befasst er sich u. a. mit ungarisch, Serbisch und Zulu. Von ihm sind viele<br />
Sprachlehrbücher und reiseführer erschienen.<br />
die Momente zwischen zwei Idiomen nicht<br />
so präsent.<br />
Interessanterweise bin ich ohne Sprachen<br />
nicht ich. Selbst wenn ich nicht rede, so denke<br />
ich doch auch immer wieder in Fremdsprachen,<br />
träume darin, schimpfe im Auto<br />
und mache mir sogar beim Einkaufen Notizen<br />
in verschiedenen Sprachen, eben weil<br />
mir das ein oder andere gerade zum Beispiel<br />
auf Hindi, Portugiesisch oder Arabisch einfällt.<br />
Lustig: innere Dialoge und Einkaufsnotizen auf<br />
Hindi und Arabisch! Weniger stark und mehr im<br />
Europäischen kenne ich das auch. Da ich viele<br />
Therapiegruppen erlebt habe, in denen sehr emotional<br />
auf Englisch interagiert wurde, kommen<br />
mir in manchen emotional geladenen zwischen -<br />
menschlichen Situationen eher englische Sentenzen<br />
in den Sinn. Früher waren es auch öfters<br />
POLYGLOTT<br />
französische – als Jugendlicher war das für mich<br />
eine Flucht- und Exilsprache.<br />
Ich möchte nochmal kurz bei dem Wechsel von<br />
einer Sprache in die andere bleiben, den ja auch<br />
Nicht-Dolmetscher erleben, und der auch beim<br />
Wechsel zwischen Dialekt und Hochsprache<br />
geschieht. Hast du den Eindruck, dass die Zwischenräume<br />
zwischen den Sprachpersönlichkeiten<br />
für dich präsenter oder spürbarer sind<br />
als für einen Einsprachigen? Sei es, weil du öfter<br />
wechselst oder durch die große Vielfalt dessen,<br />
»wer du bist«, sonst gar kein Zuhause hättest?<br />
Ich kann mir mich selbst natürlich gar nicht<br />
mehr als Einsprachigen denken. Doch genau<br />
wie du sagst, es gibt sowas wie Einsprachigkeit<br />
eigentlich sowieso nicht, denn wir sind<br />
ja alle mehrsprachig, sei es durch Hochsprache<br />
und Dialekt, aber auch durch die vielen<br />
Sprachregister (mündlich und schrift-<br />
FOTOLIA.COM © NOCHE<br />
58 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
SPRACHE<br />
lich), derer wir uns ständig bedienen, z. B.<br />
im Gespräch mit einem Freund in der Bar<br />
oder auf einem Vortrag vor illustrer Runde,<br />
bei schnell mal getippter WhatsApp-Nachricht<br />
oder einem Bewerbungsanschreiben.<br />
Dennoch bin ich wahrscheinlich häufiger in<br />
der Situation dieses Switchens, möglicherweise<br />
auch intensiver als viele andere, da sich<br />
die Aura einer jeden Sprache doch enorm<br />
von denen der anderen Sprachen unterscheidet.<br />
Ich nehme die Zwischenräume<br />
wahrscheinlich v. a. unterbewusst wahr. Klar<br />
bleibe ich manchmal in einer Persönlichkeit<br />
»hängen«, bevor ich zur nächsten komme.<br />
Was da genau im Gehirn passiert, kann ich<br />
nicht sagen, doch es fühlt sich für mich so<br />
an, als hätte ich einen Schubladenschrank,<br />
bei dem eine Schublade geschlossen werden<br />
muss, bevor ich die nächste öffne.<br />
Mit einer Sprache, die ich lange nicht gesprochen<br />
habe, ist es dann so, als würde ich<br />
eine Schublade, die ich schon fast vergessen<br />
hatte und die inzwischen ein bisschen verstaubt<br />
ist, wieder einmal öffnen. Wenn ich<br />
dann anfange darin zu suchen und zu stöbern,<br />
fällt mir alles wieder ein, und so kommt<br />
dann auch die entsprechende Sprachfähigkeit<br />
zurück. Der Impuls, die Schublade zu<br />
öffnen, kommt hier zum Beispiel durch ein<br />
spontanes Treffen mit einem Menschen, der<br />
mich in seiner Muttersprache anspricht.<br />
Dann bleibe ich manchmal erst einmal hängen<br />
und muss mich sammeln, ehe ich ihm antworten<br />
kann.<br />
Nun noch eine Frage zu Esperanto, einer Sprache,<br />
die Ende des 19. Jahrhunderts von dem Polen<br />
Ludwik Lejzer Zamenhof erfunden wurde. Er<br />
wollte durch diese Kunstsprache die Verständigung<br />
der Menschen der Welt untereinander erleichtern,<br />
ohne dass die weniger hegemonialen<br />
Sprachen der Welt der Dominanz einer Weltsprache<br />
nachgeben und diese mit allen ihren<br />
Schwächen unverändert übernehmen müssen.<br />
Esperanto setzt sich aus einem Vokabular zusam -<br />
men, das vor allem den romanischen Sprachen<br />
entnommen ist, aber auch vielen germanischen<br />
und slawischen. Wurzeln außereuropäischer<br />
Sprachen kommen dort kaum vor, das entspricht<br />
der damaligen Dominanz der europäischen Länder,<br />
die den Rest der Welt weitgehend kolonialisiert<br />
hatten. Es basiert auf einer Grammatik, die<br />
versucht, sehr einfach zu sein, und die Schreibweise<br />
entspricht immer der Sprechweise. Beides<br />
sollte das Lernen erleichtern, ohne den Ausdrucksreichtum<br />
einzuschränken. Damals war<br />
Englisch noch nicht annähernd in dem Maße<br />
Weltsprache wie heute; Französisch, Spanisch,<br />
Deutsch, Russisch und andere Sprachen hatten<br />
großen Einfluss. Trotzdem konnte sich Esperanto<br />
nicht durchsetzen. Warum, glaubst du, gelang<br />
das nicht?<br />
Der Anspruch von Esperanto war, eine Verständigung<br />
der Weltbürger untereinander zu erreichen,<br />
ohne sich der Dominanz der mächtigsten<br />
Sprache unterwerfen zu müssen. Heute gibt es<br />
Versuche, Weltfrieden zu erreichen durch Einigung<br />
auf eine allgemein akzeptierte (religiöse<br />
oder profane) Kultur, ohne sich dabei der Kultur<br />
unterwerfen zu müssen, die aus wirtschaftlichen<br />
Gründen die mächtigste ist, obwohl ethische<br />
Gründe für eine andere Art der Kultur sprechen<br />
würden. Siehst du hier eine Parallele zu der<br />
Hoffnung, die Esperanto damals auslöste?<br />
Ob Esperanto ein Erfolg war oder nicht, lässt<br />
sich nicht ohne Weiteres beantworten. Natürlich<br />
hatte es nicht den Erfolg, den sich Zamenhof<br />
gewünscht hatte, und es hat erst recht<br />
Vielleicht kann der<br />
großartige Gedanke<br />
des Esperanto doch noch<br />
weitergedacht werden<br />
und eine wirkliche<br />
Weltsprache mit<br />
Einflüssen aller<br />
Sprachfamilien bilden<br />
nicht die ehemaligen Kolonialsprachen als<br />
überregionale Verkehrssprachen ersetzen<br />
können. Doch bis heute erfreut sich die Sprache<br />
aktiver Sprecher, darunter mittlerweile<br />
sogar einiger, die Esperanto als Muttersprache<br />
sprechen. Und der Spirit lebt in den<br />
Gruppen, ihren Foren und auf ihren Konferenzen<br />
weiter.<br />
Zamenhofs Ambition, dass Esperanto die<br />
neue, neutrale Weltsprache werden könnte,<br />
die hat sich nicht verwirklicht. Dies hat wohl<br />
mehrere Gründe. Esperanto entstand in einer<br />
Zeit, in der weltweit ein Trend zum Nationalismus<br />
herrschte. Zamenhof starb 1917,<br />
also noch während des Ersten Weltkriegs.<br />
Sein Leben war geprägt von Konflikten zwischen<br />
den Großmächten, aber auch von den<br />
Ideen der Herausbildung neuer Nationalstaaten,<br />
die damit zu tun hatten, ihre eigene<br />
Identität (auch oder vor allem sprachlich) zu<br />
kreieren. In dieser düsteren Periode der Europäischen<br />
Geschichte an Völkerverbindung<br />
und überregionale Verständigung zu denken,<br />
war eine unglaubliche Pionierarbeit. Ich<br />
glaube, sie kam einfach zu spät.<br />
Die Bereitschaft für ein gemeinsames Kommunikationsmittel<br />
war damals fast ausnahmslos<br />
in intellektuellen Kreisen Europas<br />
vorhanden. Die Regierungen der Groß -<br />
mächte hingegen, aber auch die der Staaten,<br />
die zum Beispiel durch das Auseinanderbrechen<br />
Österreich-Ungarns oder des<br />
Osmanischen Reiches entstanden und durch<br />
die Neubildung des Balkan – die predigten<br />
Abgrenzung und Nationalismus. Und auch<br />
in den anderen Kontinenten entstand damals<br />
gerade das Aufbegehren gegen die Kolonial -<br />
mächte und damit auch das Besinnen auf<br />
eine eigene, nicht-europäische Kultur. Man<br />
bemühte sich, einheimische Sprachen wie<br />
Arabisch, Hindustani, Chinesisch und andere<br />
als bindendes Element im Widerstand<br />
gegen die fremden Herrscher einzusetzen.<br />
Und wie du schon sagtest: Esperanto ist leider<br />
doch noch sehr europäisch in seinem System<br />
und Wortschatz. Als letzter Faktor<br />
kommt wohl noch dazu, dass Zamenhof Jude<br />
war und aus Polen kam, das damals zum<br />
Russischen Reich gehörte. Er hatte schon<br />
deshalb nicht den Rückhalt von offizieller<br />
Seite, was seine Arbeit unterstützt hätte.<br />
Zwar gab es bereits um 1900 Vereine und<br />
Konferenzen, die Esperanto im großen Stil<br />
propagierten, doch die staatliche Anerkennung<br />
blieb aus.<br />
Ich habe mich mit sehr vielen Sprachen befasst<br />
und bin ein großer Fan ost- und südost -<br />
asiatischer Idiome wie Indonesisch-Malaiisch<br />
oder Thai und Hochchinesisch, denn diese<br />
Sprachen sind in ihrem Aufbau und in ihrer<br />
Grammatik extrem einfach, viel einfacher<br />
als Esperanto. Wobei z.B. Thai und<br />
Hoch chinesisch zwar von der Grammatik<br />
her einfach sind, von der Aussprache und den<br />
Schriftsystemen her aber nicht.<br />
Vielleicht kann der großartige Gedanke des<br />
Esperanto ja doch noch weitergedacht werden<br />
und auf lange Zeit eine wirkliche Weltsprache<br />
mit Einflüssen aller Sprachfamilien<br />
bilden. Diese Idee ist in meinen Augen auf<br />
jeden Fall schöner, als dass wir bald alle nur<br />
noch durch Übersetzungs-Apps miteinander<br />
kommunizieren.<br />
[<br />
Connection Spirit 9–10/20<strong>15</strong> befasst sich in einem 36<br />
Seiten langen Schwerpunkt damit, »Wie Sprache Welten<br />
erschafft«. das heft ist noch erhältlich, sowohl als print<br />
wie als pdf, und kostet 9 €.<br />
Zu bestellen über vertrieb@connection.de.<br />
daniel KraSa ist freiberuflicher<br />
autor von zahlreichen<br />
Konversations- und<br />
lehrbüchern zu diversen<br />
Sprachen, aber auch von<br />
reiseführern. er befasst<br />
sich mit über 30 Sprachen<br />
und spricht mehr als die<br />
hälfte davon fließend.<br />
dkrasa@hotmail.com<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 59
ASIEN<br />
Verbundenheit<br />
Ich mag mich an jede einzelne dieser Begegnungen gerne erinnern,<br />
jede davon hat mein Herz berührt. In dem Augenblick, wo ich diese<br />
totale Verbundenheit intensiv gefühlt habe, drückte ich auf den Auslöser.<br />
Die Kamera wurde dabei nebensächlich, sie existierte gar nicht<br />
mehr. Aber sie hielt fest, was das bloße Auge alleine nicht sehen<br />
konnte.<br />
Die Bilder sind keine »Schnappschüsse«, sondern sie entstehen in dem<br />
von mir und meinem Gegenüber gefühlten Eins-sein. Ohne Kalkül,<br />
frei von Absicht. Deshalb ist das Kennzeichnende der von mir portraitierten<br />
Menschen nicht ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten<br />
Gruppe, Religion oder Kultur, sondern der ganz individuelle Grad und<br />
Moment des Gewahrseins.<br />
Ich bin Hunderten von Mönchen, Schamanen, Sadhus oder Priestern<br />
begegnet – aber fotografiert habe ich nur wenige. Denn lange nicht in<br />
allen Begegnungen ist dieser magische Moment entstanden.<br />
Nonne in<br />
Mandalay, Myanmar<br />
Mädchen auf einem<br />
Hindufest in Nepal<br />
»Im Wesen von Beobachtung – seiner wahren Bedeutung – gibt es kein<br />
Denken; da gibt es kein Zentrum eines ›Ichs‹, das ›dich‹ anschaut«,<br />
sagt Jiddu Krishnamurti in seinem Buch »Der Spiegel der Liebe«.<br />
Genau so war es.<br />
www.atman.de<br />
die obigen Textausschnitte sind der einleitung von Bernd Kolb zu seinem Bildband<br />
»Atman« entnommen, der im September 20<strong>15</strong> in der edition Terra Magica im Münchner<br />
verlag langenmüller erschien, mit einem vorwort von Jane Goodall. 192 Seiten,<br />
Breitformat, gebunden, durchgehend farbig, in deutschland für 50 €.<br />
[<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 63
PROMOTION<br />
Tantra ist tot –<br />
es lebe Tantra!<br />
Persönliche Betrachtungen zur »Tantra«-Kultur,<br />
von Herbert Barkmann, Tantra Experience, Freiburg<br />
VON HERBERT BARKMANN<br />
64 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
PROMOTION<br />
I<br />
n den sieben Jahren, die ich als Tantra-<br />
Lehrer unterwegs war, konnte ich den<br />
Menschen eigentlich nicht wirklich etwas<br />
beibringen. Außer vielleicht, ein wenig<br />
unbefangener und freier mit ihrer Lust umzugehen.<br />
Je länger ich den Job machte, desto<br />
mehr stieg der Anspruch und desto unzufriedener<br />
wurde ich mit den Ergebnissen.<br />
Den Höhepunkt dieser »Karriere« bildeten<br />
die Tantra-Serails. Das waren Räume,<br />
in denen tantrische Sexualität von der Theorie<br />
her in warmer Herzensatmosphäre gelebt<br />
werden können sollte. Trotz aller Faszination<br />
und aller Höhepunkte wurde auch<br />
dieser Anspruch nicht erreicht.<br />
Je länger ich mit der Materie befasst bin,<br />
und das sind nunmehr bald zwanzig Jahre,<br />
desto mehr verstehe ich, dass wir, d.h. die<br />
westliche Gesellschaft, von »Tantra« eigentlich<br />
nichts verstehen. Was Osho und seine<br />
Schüler ursprünglich unter diesem Namen<br />
in die Welt gesetzt haben, ist wunderbar.<br />
Es ist ein großes Geschenk und war unbedingt<br />
notwendig. Aber Tantra war und<br />
ist das nicht. Sexual erziehung, sexuelle Befreiung,<br />
das eigene sexuelle Wesen kennenlernen,<br />
alles das trifft es. Tantra, im besten<br />
Sinne des Begriffs, ist jedoch etwas<br />
anderes.<br />
Die Bedürfnisse des Ego<br />
Nun kann ich nicht behaupten, dass ich das<br />
schnell verstanden hätte. Mehr als zehn Jahre<br />
lang hielt mein eigener Irrtum damit an,<br />
ungefähr so lange, wie ich selbst brauchte,<br />
um durch alle diese Teile meines Erwachsenwerdens<br />
zu wandern. Erst mit dem Glück,<br />
dem erwachten Geist in einer konkreten<br />
Menschengestalt zu begegnen, änderte sich<br />
meine Sicht. Dann allerdings ziemlich gründlich<br />
und recht schnell. Es wurde klar, dass<br />
alles, was ich und die Menschen um mich bisher<br />
verfolgt hatten, unmittelbar aus dem Ego<br />
und seinen unerfüllten Bedürfnissen quillt,<br />
und dass wir uns nicht mit dem Eigentlichen,<br />
sondern mit den Phänomenen beschäftigen.<br />
Dass wir uns besseren Sex, den richtigen<br />
Partner, Erfolg, Selbstbewusstsein, Erlösung<br />
aus Einsamkeit, Erfüllung von Sehnsüchten<br />
usw. wünschen und erstreben und all dies<br />
im »Tantra« suchen.<br />
Sex und Erleuchtung<br />
Attraktiv ist dieser Weg vor allem, weil da -<br />
rin die Verheißung mitschwingt, endlich mal<br />
genug und ohne Schuldgefühle dem Sex frönen<br />
zu können (das mag eine mehr männliche<br />
Perspektive sein, Frau kann für sich sprechen).<br />
Von da an versuchte ich mich an der<br />
Synthese von Sex und Erleuchtung. Wenn<br />
man nur genug sexuelle Energie freisetzt,<br />
sollte diese die inneren Blockaden, Prägungen<br />
und Verwirrungen wegbrennen. Also her<br />
mit der Lust, das Becken aufwecken, immer<br />
nahe am Orgasmus entlang, uns so hoch wie<br />
möglich energetisch aufladen. Mehr sei eigentlich<br />
nicht nötig, sagt die Theorie, schluss -<br />
endlich bleibt der Kundalini dann gar nichts<br />
anderes übrig, als zu erwachen und aufzusteigen.<br />
Denkste.<br />
Die Irrungen des Ich<br />
»The Ego is very cunning« (das Ego ist ziemlich<br />
clever), sagte Osho einmal und trifft<br />
damit den Nagel auf den Kopf. In all den<br />
»Tantra«-Gruppen (oder Freiraumpartys<br />
oder, oder), egal ob ich sie als Leiter oder<br />
Teilneh mer erlebt habe, geschah mit dem<br />
Großteil der Teilnehmer/innen ebenso wie<br />
mit mir selbst immer das gleiche: Statt in<br />
die innere Qualität von Weite, Wahrheit,<br />
Herzensöffnung zu treten, übernahm eben<br />
dieses Ego und sorgte dafür, die inneren und<br />
unreflektierten Bedürfnisse möglichst egoistisch<br />
zu erfüllen. Anschließend fühlte es<br />
sich toll und wollte mehr davon. Zusätzlich<br />
konnte »Ich« noch damit prahlen, wie weit<br />
»Ich« schon auf dem »tantrischen Weg« ist.<br />
Gruselig eigentlich.<br />
Die Kosmische Kobra Atmung<br />
Aus der Begegnung mit dem erwachten Geist<br />
hatte ich auch etwas bekommen, was sich mit<br />
der Zeit als der größte Segen meiner geistigen<br />
Praxis erwiesen hat, die »Kosmische<br />
Kobra Atmung«, eine Technik aus dem Tantrischen<br />
Kriya-Yoga. »Tantrisches Yoga« ist<br />
ja eigentlich ein seltsamer Begriff, aber genau<br />
das ist es. Der tantrische Aspekt ist die<br />
bedingungslose Anerkennung, dass alles, was<br />
mir begegnet, mit mir zu tun hat, von mir erschaffen<br />
ist und mir dazu dienen kann, über<br />
das kleine Ich hinauszuwachsen. Nichts ist<br />
falsch, alles kann genutzt werden. Das Yoga<br />
daran ist der Wille und Weg, mit steter und<br />
persönlicher Anstrengung an mir zu arbeiten<br />
und das Paradoxon anzuerkennen, dass<br />
alles, was und wie es ist, genau richtig ist<br />
und ich doch stets darum bemüht bin, mich<br />
immer weiter zu entwickeln. Entwickeln in<br />
diesem Sinne meint, über die Handlungsantriebe<br />
der inneren unbewussten Bedürfnisse<br />
und Verwirrungen (im Yoga »Samskaras«,<br />
in der Psychologie »unbewusste Persönlichkeitsanteile«)<br />
hinauszuwachsen, sie zu erkennen<br />
und anzuerkennen, aber ihnen keine<br />
Kraft zu geben, sich im Leben weiterhin<br />
störend und verletzend bemerkbar zu machen.<br />
Stattdessen werden sie liebevoll als zu<br />
mir gehörende Anteile anerkannt. Das bedeutet<br />
nicht weniger, als Herr meines eigenen<br />
Lebens zu sein.<br />
Die Arbeit an mir selbst<br />
Die Arbeit mit mir selbst beginnt ganz unten.<br />
Stille, Präsenz, Zulassen was ist, Gefüh-<br />
le erleben und akzeptieren, Schmerz aushalten<br />
und in Selbstverantwortung nehmen,<br />
bei Bedarf teilen mit anderen, ohne eine Forderung<br />
daran zu knüpfen. Alles, was ich erlebe,<br />
ist in mir, sonst könnte ich es nicht erleben.<br />
Nichts geschieht, was ich nicht eingeladen<br />
habe. Über lange Zeit mit mir alleine<br />
gehen, bevor ich bereit bin, in Freiheit von<br />
Bedürftigkeit einen Partner, eine Partnerin<br />
an meiner Seite zu lieben, anstatt diesen<br />
Menschen zu brauchen.<br />
Zuletzt hatte ich das Glück, zwei ganz besondere<br />
Tantrabücher (»Juwel im Lotos« und<br />
»Tantra Bliss«, beide im Hans-Nietsch-Verlag)<br />
übersetzen und herausgeben zu dürfen.<br />
Hier habe ich die Heimat gefunden, die der<br />
oben beschriebenen Haltung entspricht. Dahin<br />
hat sich meine Arbeit mit Menschen gewandelt.<br />
Und die ist heute nicht mehr von<br />
Großartigkeit: »was bin ich für ein toller Tantra-Lehrer«,<br />
sondern von Demut erfüllt:<br />
»welche schöne Aufgabe hat das Leben mir<br />
da gegeben«.<br />
Tantra: die Essenz<br />
Tantra ist für mich heute die Energie, die<br />
die Wirbelsäule hinauf und hinunter fließt.<br />
Sex ist fein, wenn er da ist, und kein Thema,<br />
wenn er nicht da ist. Tantra ist meine Achtsamkeit,<br />
möglichst in jedem Moment Klarheit<br />
darüber zu haben, was mich gerade wirklich<br />
antreibt. Welche Themen in mir zu welchen<br />
Gedanken, Bedürfnissen und Handlungen<br />
führen – und dann zu entscheiden, ob<br />
ich das eine tun oder das andere lassen will.<br />
Tantra ist die Freiheit, aus tiefstem Herzen<br />
für mich zu sorgen und damit Energie freizusetzen,<br />
für andere da zu sein. Tantra ist<br />
meine Bereitschaft, ganz und gar ich zu sein,<br />
egal was irgendwer darüber denkt oder<br />
meint. Tantra ist auch die Bereitschaft, aus<br />
dieser Haltung immer wieder herauszufallen<br />
in die alten Muster und dann, wenn ich<br />
es erkenne, darüber zu lächeln, mir zu verzeihen<br />
und wieder in die Klarheit zurückzukehren.<br />
Tantra ist, die Lebensenergie einzuladen, in<br />
mir zu toben – selbst wenn es »mIch« kos tet.<br />
Es lebe Tantra!<br />
Die Bücher »Juwel im Lotos«, von Bodhi Avinasha und<br />
Sunyata Saraswati und »Tantra Bliss« von Bodhi<br />
Avinasha (beide im Hans-Nietsch-Verlag 20<strong>15</strong>) wurden<br />
auf Deutsch von Herbert Barkmann herausgegeben.<br />
[<br />
HERBERT BARKMANN<br />
lehrt Tantrischen Kriya<br />
Yoga und ist ermächtigt,<br />
die Einweihung in die<br />
Kosmische Kobra Atmung<br />
zu geben. Einzel- und<br />
Gruppenangebote in<br />
Deutschland und Italien.<br />
www.tantra-experience.de,<br />
info@tantra-experience.de<br />
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Identitätsyoga<br />
Das Awakening Coaching von Arjuna Ardagh<br />
VON VERENA HIRSCHMANN<br />
I<br />
m Hatha-Yoga nehmen wir viele mögliche<br />
Haltungen ein. Kopfüber, zusammengefaltet,<br />
rückwärtsgewandt und verdreht. Das<br />
spielt sich auf der körperlichen Ebene ab und<br />
macht wach, stark, flexibel und durchlässig.<br />
Auch im Bereich des Geistigen bemühen sich<br />
viele von uns um eine ethisch korrekte Haltung,<br />
um eine liebevolle Zugewandtheit zu unseren<br />
Mitwesen. Um Gewaltlosigkeit zum Beispiel.<br />
Oder Ehrlichkeit. Nichts nehmen, was<br />
einem nicht freiwillig gegeben wurde. Friedfertigkeit.<br />
Gelassenheit ist auch hoch im Kurs.<br />
Gewalttätigkeit, Betrügerei und ungeduldige<br />
Gereiztheit – das sind nicht nur in den Augen<br />
von Spiris Untugenden.<br />
»Über meine Grenzen«<br />
Ich finde, in der simplen Ablehnung bestimmter<br />
Regungen als »negativ« liegt jedoch<br />
auch eine Gefahr – jedenfalls dann,<br />
wenn wir es ablehnen, ihr Vorhandensein und<br />
Wirken in uns selbst anzuerkennen. Mir wird<br />
jedenfalls ganz anders, wenn (nicht nur) spirituell<br />
Belesene verkün den, sie könnten »niemals<br />
jemandem Gewalt antun«. In derartigen<br />
Verlautbarungen schwingt die Angst<br />
dessen mit, der sich jede Vorstellung von<br />
Grenzsituationen vom Leibe hält, in der seine<br />
monstranzartig hochgehaltene Gewaltlosigkeit<br />
ins Wanken kommen könnte.<br />
Solche Zeitgenossen, die unsere genetischen<br />
Dispositionen ignorieren, machen mir mehr<br />
Angst als jemand, der sagt »Ich weiß genau,<br />
wie sich Mordlust anfühlt.« Wer »seine«<br />
Mordlust kennt, wird sie nicht so leicht ausagieren<br />
wie einer, der sie kategorisch ausgeschlossen<br />
hatte, damit aber plötzlich konfrontiert<br />
wird und dann damit schlagartig<br />
überfordert ist. Hatte er doch immer Sanftmut<br />
propagiert, und jetzt das! Da wird wahrscheinlich<br />
auch nicht gleich ein Mord begangen,<br />
aber vielleicht unter die Gürtellinie<br />
geschossen. Und dann wird das eigene Unvermögen<br />
auf einen Schuldigen im Außen<br />
projiziert, um zu rechtfertigen, dass die Kontrolle<br />
nicht mehr aufrechtzuerhalten war:<br />
»Das ging einfach über meine Grenzen!« Eine<br />
Falle, in die viele von uns tappen, und die<br />
es gilt ins Bewusstsein zu holen.<br />
66 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
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Klar. Wenn wir Grenzen ziehen und behaupten,<br />
irgendeine menschliche Regung<br />
gehöre nicht zum Repertoire des Homo sapiens,<br />
dann kann man diese Grenzen scheinbar<br />
überschreiten und (pathologische) Reak -<br />
tionen auslösen. Die Buddhisten nennen das<br />
»die Wurzelkrankheit« – die Überzeugung,<br />
dass die Ursache von Krankheit außen entsteht.<br />
Doch tatsächlich liegen ihr betonharte<br />
Überzeugungen im Bewusstsein zugrunde.<br />
Zum Beispiel die, wir würden lediglich<br />
als hautverkapselte Egos und Einzelkämpfer<br />
existieren. Alles Leid kommt aus der<br />
Quelle dieses Irrglaubens.<br />
Erwachen<br />
Seit Jahrtausenden bemühen sich die Weisheitslehrer,<br />
uns von dieser Illusion von einem<br />
getrennten Ich zu befreien und die verbindende<br />
Kraft der Liebe zu erkennen. Einer<br />
von ihnen ist Arjuna Ardagh. Und er ist<br />
darin sehr erfolgreich. Er selbst sagt, die zunehmende<br />
Erkenntnis von egoloser Selbsterfahrung<br />
basiere darauf, dass die Menschheit<br />
sich insgesamt weiterentwickelt (vgl. Die<br />
lautlose Revolution).<br />
In seinem Buch »Die lautlose Revolution«<br />
beschreibt er, wie immer mehr Menschen die<br />
Erkenntnis von egoloser Selbsterfahrung gewinnen<br />
– jenseits der traditionellen Strukturen,<br />
in denen dies früher geschah. Er sagt,<br />
kein Lehrer, kein Guru sei nötig, um diese<br />
Erkenntnis zu vermitteln. Und er bildet Awakening<br />
Coaches aus. Menschen, die lernen,<br />
vollkommen präsent mit einem anderen zu<br />
sein, in der Gewissheit zu ruhen, dass die<br />
Kraft, die ihn selbst, Arjuna, Ramana Maharshi,<br />
Buddha, Christus, Amma und Heidi<br />
Klum am Leben hält und durchdringt, auch<br />
die Natur seines Gegenübers ist. Da ist kein<br />
Unterschied. Wir alle sind materialisierte Liebe.<br />
Wir alle sind Gott. (Oder wie immer man<br />
diese Kraft nennen will, die die vitalen Abläufe<br />
im Unterbewusstsein aufrechterhält<br />
und das Biotop Erde als Ganzes lebendig hält<br />
– auch gegen den Widerstand weltweiter<br />
pathologischer Verblendung.)<br />
Diese Erkenntnis nennt er »Erwachen«. Aus<br />
dem Traum eines vom Rest der Welt getrennten<br />
Ichs aufzuwachen ist verblüffend<br />
einfach. Ich war über die letzten Jahre Zeugin,<br />
wie Arjuna mit etwa 300 Menschen gearbeitet<br />
hat, und ich habe selbst als Awakening<br />
Coach mit etwa 40 Personen gearbeitet<br />
– alle, wirklich alle! gelangen an den<br />
Punkt, an dem sie feststellen, dass dieses Ich,<br />
das ihnen so viele Schwierigkeiten macht, lediglich<br />
ein Gedanke, eine fixe Idee war und<br />
mithin nicht existiert.<br />
Werdet wie die Kinder!<br />
Diese Erkenntnis allein führt noch nicht zu<br />
einem Leben in Erfüllung oder gar tiefer Verbundenheit.<br />
Aber sie erleichtert den Zugang<br />
zu etwas, das ungeheure Freude aus dem<br />
Nichts entstehen lässt und ziemlich aufregend<br />
sein kann: Identitätsyoga. Wenn wir<br />
zweifelsfrei begriffen haben, dass das, was<br />
wir unsere Persönlichkeit nennen, kein festgefügtes<br />
Ding ist, sondern im Grunde genommen<br />
aus lauter Vorlieben und Abneigungen<br />
besteht, die zum größten Teil nicht<br />
die Einzigartigkeit dieser formgewordenen<br />
Göttlichkeit widerspiegeln, sondern das anerzogen<br />
und konditioniert ist, dann können<br />
wir die »Arbeit an uns« aufgeben und uns<br />
auf dem Spielplatz des Lebens ordentlich<br />
austoben.<br />
Schon Jesus hat uns aufgefordert: Werdet wie<br />
die Kinder! Ein Kind ist noch unverbildet<br />
und erlebt Entzücken und Wut und Schmerz<br />
und Angst einfach pur. Da wird gequietscht<br />
und eine Sekunde später geschrien und im<br />
nächsten Moment gelacht – so geht das, bis<br />
es lernt, dass bestimmte Gefühle willkommen<br />
sind und andere nicht. Es erlebt vielleicht<br />
Ohnmacht angesichts der Forderung,<br />
seine Wut zu begründen – und entscheidet,<br />
lieber nicht mehr wütend zu werden, anstatt<br />
diese Ohnmacht zu erleben. Für das Kind<br />
ist das sinnvoll.<br />
Grenzen ziehen<br />
Für Erwachsene, die keinen Zugriff mehr auf<br />
ihre Wut haben und sich unterwerfen, wo es<br />
besser wäre, zu widersprechen (wenn der<br />
Chef unangemessene Forderungen stellt),<br />
und die unkontrollierte Wutausbrüche haben,<br />
wo es besser wäre, klar aber freundlich<br />
Grenzen zu ziehen (wenn die Kinder mit dem<br />
Essen spielen), ist die Strategie nicht mehr<br />
hilfreich. Im Gegenteil, sie kann richtig krank<br />
machen. Wobei nicht die Wut das Problem<br />
ist, sondern der Widerstand gegen die Wut.<br />
So geht das mit vielem. Widerstand gegen das<br />
Gefühl, Hilfe zu brauchen, kann zum Burnout<br />
führen. Das Gefühl von Unterlegenheit<br />
abzulehnen kann zu arrogantem Auftreten<br />
führen und zu Einsamkeit. Widerstand gegen<br />
das Gefühl von Überlegenheit kann dazu<br />
führen, dass man immer hinter den eigenen<br />
Möglichkeiten zurückbleibt, um die anderen<br />
nicht zu desavouieren.<br />
Aufmerksamkeit<br />
Arjuna Ardagh hat einen einfachen, sehr wirkungsvollen<br />
Weg gefunden, Widerstände aufzulösen.<br />
Nicht das Gefühl wird aufgelöst, sondern<br />
der Widerstand dagegen. Dabei wird<br />
nicht eine »Methode« angewendet, sondern<br />
im Grunde genommen wird lediglich die Aufmerksamkeit<br />
voll und ganz auf das gerichtet,<br />
was da ist. Wie Eckhart Tolle sagt, und<br />
das ist für jeden einfach überprüfbar: Du<br />
kannst nicht hundertprozentige Aufmerksamkeit<br />
auf etwas richten und Widerstand<br />
dagegen haben. Auf einmal ist das selbst verordnete<br />
Dogma »Ich könnte nie jemandem<br />
Gewalt antun« einfach überflüssig. Das Korsett<br />
unserer Definitionen dessen, wer oder<br />
was wir sind und was nicht, lockert sich.<br />
Und das Ergebnis ist nicht mehr Gewalt (um<br />
beim Thema zu bleiben), sondern mehr Freude,<br />
Intensität, Überraschungen, Authentizität!<br />
Wenn das Gefühl von aktivem Gestalten-Wollen<br />
mit Bewusstheit wahrgenommen<br />
wird, dann kann es sich immer öfter in Kunst,<br />
in Liebe verwandeln. Dann können wir unseren<br />
Partner zum Lachen bringen mit dem<br />
bewusst gestalteten Versuch, ihn das tun zu<br />
lassen, was wir wollen.<br />
Ungewohntes ausprobieren<br />
Das ist Identitätsyoga: Wir probieren bewusst<br />
ungewohnte Rollen, Gesten, Blicke,<br />
Haltungen aus. Der Kontrollfreak spielt für<br />
zwei Wochen lang täglich fünf Minuten die<br />
Rolle eines Zwangsneurotikers oder beratungsresistenten<br />
Messies, die ewige Nörglerin<br />
lobt in höchsten Tönen alles, was sie sieht<br />
– und auf einmal kann das, was vorher vielleicht<br />
Anlass zu Beziehungskrisen und getrennten<br />
Schlafzimmern war, der Auftakt für<br />
eine lustvolle Begegnung werden.<br />
Awakening Coaches sind ausgebildet darin,<br />
vor allem durch diese drei Schritte – Erwachen<br />
(Radical Awakening), Auflösung von<br />
Widerständen (Radical Releasing) und Identitätsyoga<br />
– andere darin zu unterstützen,<br />
lustvoll das zu leben, was sie sind: paradoxe<br />
Existenzen. Einerseits vollkommene Wesen,<br />
die nur hier sind, um einander zu lieben – genau<br />
wie Buddha – andererseits mit »hausgemachten«<br />
Konditionierungen behaftete<br />
Geschöpfe, die oft ein Leben lang unter diesen<br />
alten Mustern leiden, ohne zu ahnen, wie<br />
kinderleicht es sein kann, sich davon zu befreien.<br />
[<br />
VERENA HIRSCHMANN ist Dipl.-<br />
Pädagogin und Awakening<br />
Coach. Nachdem sie Arjuna<br />
Ardaghs Methode des<br />
Erwachens in den USA kennengelernt<br />
hatte, machte sie es<br />
sich zur Aufgabe, seine Arbeit<br />
auch in Deutschland zugänglich<br />
zu machen.<br />
www.awakeningcoaching.de<br />
ARJUNA ARDAGH ist Autor von<br />
acht Büchern, u.a. Die lautlose<br />
Revolution und Besser als Sex.<br />
Vielen ist er aus dem Film<br />
Awake von C. Roland bekannt.<br />
Wer ihn und seine Methoden<br />
persönlich erleben will, erfährt<br />
unter www.awakeningcoaching.de<br />
die<br />
Veranstaltungs daten.<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 67
Kino<br />
FILM<br />
8 Sekunden –<br />
ein Augenblick<br />
Unendlichkeit<br />
Kinostart:<br />
29. Oktober 20<strong>15</strong><br />
IIII sehr gut<br />
Eine Reise<br />
zur Erkenntnis<br />
Um es gleich zu sagen: Mit<br />
dem Titel dieses eindrucksvollen<br />
deutsch-türkischen<br />
Films habe ich so meine Probleme.<br />
Da wird errechnet, dass ein<br />
Menschenleben so lange dauert<br />
wie 8 Sekunden eines »Sonnenjahres«.<br />
Was soll das? Reicht unser<br />
irdisches Zeitgefühl nicht?<br />
Der Sonne, der Milchstraße und<br />
dem Universum ist jedes Menschenleben<br />
egal, und das dauert,<br />
so lange es eben dauert. Und ob<br />
es ein erfülltes ist, hängt nicht<br />
von der Länge ab.<br />
Der Film erzählt das Leben der<br />
1981 in Berlin geborenen Esra<br />
Inal. Sie hat am Drehbuch mitgeschrieben<br />
und spielt sich<br />
selbst. Das macht die Handlung<br />
so unmittelbar und überzeugend.<br />
Regie führt Ömer Faruk<br />
Sorak.<br />
Esra ist die mit Abstand jüngste<br />
von drei Töchtern türkischer Eltern.<br />
Sie wächst verwöhnt und<br />
behütet heran, übernimmt die islamische<br />
Religiosität des Vaters<br />
und hat von Kindheit an sehr<br />
lebhafte und klare Träume, in denen<br />
sich Ängste und Sehnsüchte<br />
spiegeln.<br />
Als junge Erwachsene rebelliert<br />
Esra gegen traditionelle weibliche<br />
Rollenbilder. Sie will sich<br />
weder vom Vater noch vom<br />
Schwager, in dessen Haushalt sie<br />
zeitweise lebt, bevormunden lassen.<br />
Sehr gut wird gezeigt, wie<br />
männliche Verantwortung und<br />
Fürsorge für die Frauen in der<br />
Familie in Bevormundung und<br />
Gewalt umschlagen können.<br />
Wenn Esra dagegen angeht, bin<br />
ich ganz auf ihrer Seite und freue<br />
mich mit ihr über den selbst gewählten<br />
Ehemann. Doch auch<br />
der entpuppt sich als türkischer<br />
Macho, und Esra trennt sich von<br />
ihm. Sie muss und will schon in<br />
der Ehe und jetzt erst recht auf<br />
eigenen Füßen stehen.<br />
Das klappt aber nicht so gut. Im<br />
Job passt sie sich nicht im nötigen<br />
Maß an, sie ist arrogant, unvernünftig,<br />
und immer sind die<br />
anderen schuld. Jetzt ist sie mir<br />
unsympathisch. Sie hat nur eine<br />
Hälfte der Emanzipation vollzogen:<br />
Sie hat sich von der Bevormundung<br />
befreit. Es fehlt<br />
aber die zweite, noch wichtigere:<br />
Sie muss nun Verantwortung<br />
für sich übernehmen, Mitmenschen<br />
achten, dem Leben einen<br />
Sinn geben. Dabei kann ihr auch<br />
der charmante neue Mann an ihrer<br />
Seite nicht wirklich helfen.<br />
Liebe ist schön und gut, manchmal<br />
aber auch nur eine Droge,<br />
die über eine innere Leere hinwegtäuscht.<br />
Esra gerät in eine tiefe Krise. Sie<br />
wird unsicher, ziellos und schließ -<br />
lich ernsthaft psychisch krank.<br />
Die ganze Zeit spielen ihre Träume<br />
eine wichtige Rolle. Sie sind<br />
vom realen Erleben kaum zu<br />
trennen und machen sie »verrückt«.<br />
In diesen Träumen, die<br />
mit Spezialeffekten wunderschön<br />
gestaltet sind, taucht im-<br />
Bob Hunter<br />
mer wieder ein freundlich lä -<br />
cheln der, fremdländisch aussehender<br />
Mann auf, der wie ein<br />
Hort der Weisheit und Geborgenheit<br />
wirkt. Esra weiß, er<br />
könnte sie erlösen, aber noch<br />
kämpft sie gegen albtraumhafte<br />
Ungeheuer und einstürzende<br />
Luftschlösser. Dann sieht sie zufällig<br />
ein Foto des geheimnisvollen<br />
Mannes – es gibt ihn wirklich!<br />
Es ist Miguel Ruiz, ein spiritueller<br />
Lehrer aus Mexiko.<br />
Auch er spielt in diesem Film<br />
sich selbst, und er wird Esra zur<br />
Erkenntnis führen: dass sie lernen<br />
muss, wahrhaft zu lieben, zu<br />
verzeihen und ihre Potentiale<br />
verantwortungsvoll zu entfalten.<br />
Das ist der Start in ein neues,<br />
gelingendes Leben.<br />
Barbara Wollstein<br />
BILDER: WWW.FILMSTARTS.DE<br />
68 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
FILM<br />
Klug und witzig<br />
Silvia Doberenz zeigt das<br />
Mudra der Ablehnung<br />
© ROBERT BOBICZ<br />
DVD<br />
Spirituelles Kabarett führt<br />
ein Schattendasein abseits<br />
der großen Bühne. Umso schöner<br />
ist es, Perlen zu finden, dort<br />
wo man sie nicht vermutet.<br />
Im letzten Jahr ist die Show von<br />
Silvia Doberenz, einer Kabarettistin<br />
und Yogalehrerin aus der<br />
ehemaligen DDR, als DVD erschienen.<br />
Die Aufnahme ist gut<br />
gemacht. Man hat das Gefühl<br />
selbst in Publikum zu sitzen und<br />
der Kabarettistin zuzuschauen,<br />
wie sie über uns alle und über<br />
sich selbst herzhaft lacht. Ihre<br />
Bewusstseinserheiterung führt<br />
zu einer echten Bewusstseinserweiterung,<br />
weil sie schonungslos<br />
und dennoch liebevoll etliche<br />
Ab sur ditäten der spirituellen<br />
Szene auf die Bühne bringt. Als<br />
Zuschauer, der vielleicht auch<br />
mal diesem Irrsinn Glauben geschenkt<br />
hat, kann man nun auch<br />
herzhaft über sich selbst lachen.<br />
Doberenz kennt sich gut aus in<br />
der Eso-Szene, bravourös ver -<br />
flicht sie die Esotrends der letzten<br />
Jahre mit der deutschen Geschichte,<br />
Politik und dem Alltagsleben.<br />
Ein wichtiges Thema<br />
im Programm ist ihre Kindheit<br />
in der DDR, die sie auch spirituell<br />
»verfremdet«. Für ihr Programm<br />
schlüpft sie in viele Rollen.<br />
Ein besonderes Highlight war<br />
für mich die Simultanübersetzerin<br />
Ivonne, die die befreiende<br />
Lehre ihrer Lachyogalehrerin,<br />
die vor innerer Liebe und vor<br />
Freude nur so sprüht, aus dem<br />
indischen Englisch ins Berlinerische<br />
überträgt. Was die Meisterin<br />
an Freude ausstrahlt, kompensiert<br />
die Übersetzerin mit<br />
Missmut.<br />
Aber auch Sandra Sommer, die<br />
wie viele der großen spirituellen<br />
Lehrer aus dem Osten<br />
kommt, zwar nicht aus dem fernen,<br />
sondern nur dem sehr nahem<br />
Osten, in ihrem Fall aus<br />
Sachsen, beglückt ihr Publikum<br />
als ausgebildete Scheng-Fui-Expertin,<br />
Lebensglücks-Beraterin<br />
und Yogalehrerin mit fundiertem<br />
Wissen zum Thema Glücklichsein:<br />
Wenn man glücklich<br />
sein will, dann muss man sich zu<br />
100% so lieben, wie man ist.<br />
Doberenz ist immer überzeugend<br />
und komisch, ja sie ist richtig<br />
komisch und unglaublich professionell,<br />
trotzdem frisch-rüh -<br />
rend, eben nicht abgebrüht und<br />
selbstverliebt, wie diverse der<br />
großen Stars des Kabaretts.<br />
Unerwartete Pointen, reichhaltige<br />
Accessoires, die jedem Spirituellen<br />
bekannt vorkommen<br />
dürften, und eine ungezwungene<br />
und souveräne Kommunikation<br />
mit dem Publikum machen<br />
das Programm zu einem Erlebnis.<br />
Hoffentlich dürfen wir uns<br />
bald auf das neue Programm<br />
freuen. Die DVD ist gelungen.<br />
Für eine gute Laune und ein biss -<br />
chen Abstand von unserem sehr<br />
ernsten spirituellen Ich empfehle<br />
ich als Wunderwaffe: Silvia<br />
Doberenz.<br />
Helmut Schröder<br />
Erleuchtung<br />
für Anfänger<br />
Regisseurin: Tina Richter<br />
Tao Cinemathek 2014<br />
16,99 €<br />
IIIII hervorragend<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 69
BÜCHER<br />
Bücher<br />
Arbeit neu<br />
definieren<br />
Kinder lernen gerne. Sie ahmen<br />
lustvoll nach, weil sie es aus innerer<br />
Motivation heraus tun. In<br />
der Schule werden sie von außen<br />
nach einem vorgegebenen Schulprogramm<br />
zu mehr Leistung getrieben.<br />
Dies ist ihrer Lernlust<br />
abträglich, die dann meistens<br />
rasch schwindet. Aber vielleicht<br />
ist es ja gerade der Zweck der<br />
hervorragend<br />
IIIII<br />
Frederic Laloux: Reinventing<br />
Organizations – Ein Leitfaden zur<br />
Gestaltung sinnstiftender Formen<br />
der Zusammenarbeit. Vahlen 20<strong>15</strong>,<br />
HC 356 S., 39,80 €<br />
Schule, den Kindern beizubringen,<br />
stundenlang etwas zu tun,<br />
was eigentlich ihrem Wesen nicht<br />
entspricht. Damit werden sie auf<br />
eine Berufswelt vorbereitet, in<br />
der die Anliegen des Einzelnen<br />
kaum zählen. Studien zeigen,<br />
dass die meisten am Arbeitsplatz<br />
eher unzufrieden sind oder gar<br />
krank werden. Dass das aber<br />
nicht so sein muss, zeigt das Buch<br />
»Reinventing Organizations«<br />
von Frederic Laloux eindrucksvoll.<br />
Laloux geht der Frage nach, wie<br />
sich Organisationen auf einer integralen<br />
evolutionären Bewusst -<br />
seinsstufe manifestieren. Die<br />
meisten Unternehmen funktionieren<br />
heutzutage immer noch<br />
nach traditionellen Mustern, mit<br />
formellen konformistischen<br />
Hierarchien, nach dem modernen<br />
leistungsorientierten Paradigma,<br />
oder bestenfalls mit einer<br />
postmodernen Sichtweise, die etwa<br />
auf motivationsförderndes<br />
Empowerment setzt. Laloux untersuchte<br />
<strong>12</strong> Organisationen aus<br />
verschiedenen Ländern mit jeweils<br />
mindestens 100 Mitarbeitern<br />
und fand dabei drei zukunftsweisende<br />
Dimensionen<br />
heraus: Selbstführung ohne<br />
Hierarchie, ganzheitliches Einbringen<br />
des vollständigen Selbst<br />
der Mitarbeiter und das Hinhören,<br />
um herauszufinden, welchem<br />
evolutionären Sinn die Organisation<br />
dienen will.<br />
Strukturen, Arbeitsprozesse, allgemeine<br />
Praktiken und Personalprozesse<br />
der Musterorganisationen<br />
werden beschrieben<br />
und mit teilweise erstaunlichen<br />
Berichten untermalt. Erfahrungen<br />
einzelner Firmen und die<br />
spannende Schilderung einzelner<br />
Schicksale machen das Buch<br />
zu einem lebendigen Erlebnis.<br />
Die Frage, welche Bedingungen<br />
gegeben sein müssen, wenn man<br />
eine evolutionäre Organisation,<br />
sei es ein Konsumgüter produzierendes<br />
Unternehmen, ein<br />
Krankenhaus oder eine Schule,<br />
gründen oder eine bestehende<br />
Organisation verändern möchte,<br />
werden erörtert. Das Buch kann<br />
also einen ganz praktischen Wert<br />
haben, wenn man wirklich aktiv<br />
werden möchte. Eines der Ergebnisse<br />
der Untersuchungen<br />
besagt: »Auf der integralen evolutionären<br />
Stufe richten sich die<br />
Menschen […] nach einer intrin -<br />
sischen Motivation – ihr Handeln<br />
richtet sich nach inneren Werten<br />
und Grundannahmen.« Was<br />
vielen Menschen in jungen Jahren<br />
verloren ging, kann jetzt in<br />
zukunftsweisenden Organisationen<br />
nachgeholt werden. Dort<br />
wird man als ganzheitlicher<br />
Mensch gefordert. Man findet eine<br />
Arbeit, deren Sinn man teilt<br />
und die weit über das Geldverdienen<br />
oder Machtausüben hinausgeht.<br />
Interessanterweise sind<br />
die Gewinne, die dort nur sekun -<br />
där angestrebt werden, in evolu -<br />
tionären Unternehmen oft höher<br />
als in konventionellen Unternehmen.<br />
Dies ist ein hervorragendes<br />
Buch, mit einem Nachwort von<br />
Ken Wilber. Es ist lesenswert<br />
auch für Nichtinsider, die sich<br />
Gedanken über die Zukunft machen<br />
und die nicht nur meinen,<br />
dass sich die Welt verändern sollte,<br />
man selbst aber bei all den<br />
Veränderungen außen vor bleiben<br />
dürfte.<br />
Alfred Groff<br />
Unverdauter<br />
Mischmasch<br />
Dieses Buch ist eine Kombina -<br />
tion aus Entwicklungspsychologie,<br />
griechischer Mythologie, Yoga,<br />
wie man ihn in Yogalehrekursen<br />
lehrt, und einer etwas unkritischen<br />
Lektüre von Oswald<br />
Spenglers »Untergang des Abend -<br />
landes«. Auch Arnold Toyn bee<br />
kommt darin vor und Mircea<br />
Eliade. Laut Klappentext will der<br />
Autor die Möglichkeiten eines<br />
neuen Bewusstseins erkunden,<br />
das den Menschen in diesen verwirrenden<br />
und globalisierenden<br />
Zeiten zu einer sinnvollen Navigation<br />
befähigt. Auf 328 Seiten<br />
sollen das Abendland, die Antike<br />
und die »Yogische Kultur« Indiens<br />
interpretiert werden. Da<br />
der Yoga nur eines von sechs<br />
klassischen Systemen der indischen<br />
Philosophie ist und unter<br />
den heterodoxen Systemen in Indien<br />
es der Jainismus immerhin<br />
enttäuschend<br />
I<br />
Matthias Thiele: Das stolze Licht –<br />
Wie Zorngeborene die Welt<br />
erschaffen. Phänomen Verlag<br />
2014, SC 336 S., 19,90 €<br />
zu einer Religion gebracht hat,<br />
die Mahatma Gandhi entscheidend<br />
inspirierte, von der Weltreligion<br />
Buddhismus ganz zu<br />
schweigen, ist die Interpreta tion<br />
Indiens als Yogische Kultur, die<br />
Die Bewertung auf diesen Seiten ist weitgehend eine der einzelnen Rezensenten und nicht der Redaktion: hervorragend HHHHH sehr gut HHHH gut HHH lau HH enttäuschend H<br />
70 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
BÜCHER<br />
dieses Buch vertritt, etwas einseitig.<br />
Und dass das Abendland<br />
eine eher extravertierte Weltansicht<br />
und der Orient eher zur Innenschau<br />
neigt, das haben wir<br />
auch woanders schon mal gelesen.<br />
Die tantrische Chakra-Lehre<br />
wird hier als Kartographie für<br />
»Perspektiven – Sphären« verwendet.<br />
Peter Sloterdijks Sphä -<br />
renprojekt soll einen a-perspektivischen<br />
Blick ermöglichen. Das<br />
Erstaunlichste an dieser Weltsicht<br />
ist der latente Nihilismus,<br />
der Kultur aus dem Nichts als<br />
bloße Fantasie aufgrund kindlicher<br />
Angst vor dem Alleinsein<br />
entstehen lassen will. Was hier offenbar<br />
als großer Wurf postmoderner<br />
Weltinterpretation geplant<br />
war, scheitert leider bereits<br />
im Ansatz, denn eine Berücksichtigung<br />
der chinesischen Zivilisation<br />
fehlt hier, ebenso wie<br />
ein tragfähiger verbindender Gedanke.<br />
Als neue »Architektur des Geis -<br />
tes« für die Menschheit in einer<br />
globalisierten Welt schlägt der<br />
Autor tatsächlich vor, dass man<br />
»achtsam wie die Yogis« behutsam<br />
»faustisches Wissen« nutzen<br />
solle, um sich als »unverzagt und<br />
stolz vor der Unveränderlichkeit<br />
des Schicksals« zu zeigen. Oswald<br />
Spengler würde sich über<br />
seinen geistigen Enkel etwas<br />
wundern, der den Zorn des<br />
Achilles und die List des Odysseus<br />
mit faustischer Kulturseele<br />
und der Chakra-Lehre zusammenbringt,<br />
und mit »aufdeckenden<br />
Psychotechniken«, die sich<br />
als C.G. Jung-Rezeption entpuppen.<br />
Auf weiten Strecken vermittelt<br />
das Buch den Eindruck, dass hier<br />
jemand seine Lieblingsbücher<br />
geradezu naiv zwischen zwei<br />
Buchdeckel zusammengefasst<br />
hat, ohne die Lektüre dieser<br />
Bücher wirklich verdaut zu haben.<br />
Was entscheidend fehlt, ist<br />
die Fähigkeit zu Kritik oder zumindest<br />
das Nachlesen von Sekundärliteratur.<br />
Eine argumentative<br />
Auseinandersetzung findet<br />
in diesem Buch nicht statt, sondern<br />
hier wird zusammengeschrieben,<br />
was nicht zusammengehört.<br />
Eine »sinnvolle Navigation in<br />
globalisierten Zeiten« ist damit<br />
jedenfalls kaum möglich. Trotz<br />
offenbar guter Absichten kann<br />
ich dieses Buch nicht empfehlen.<br />
Es wirkt auf mich wie eine vertane<br />
Chance.<br />
Salam Kietzinger<br />
sehr gut<br />
IIII<br />
Susan Pollak, Thomas Pedulla,<br />
Ronald Siegel: Gemeinsam sein –<br />
Grundlegende Kompetenzen für die<br />
achtsamkeitsbasierte Psycho -<br />
therapie. Arbor Verlag 20<strong>15</strong>,<br />
HC 352 S., 29,90 €<br />
Achtsamkeit für<br />
die Heilung<br />
Mit Hilfe von Achtsamkeitsmeditation<br />
können Psychotherapeut/innen<br />
eine Geisteshaltung<br />
einüben, die sie befähigt, gut zentriert<br />
anwesend zu sein, liebende<br />
Güte und Mitgefühl zu verkörpern,<br />
auch in schwierigen<br />
emotionalen Situationen und bei<br />
den traurigsten Geschichten ihrer<br />
Patient/innen Gleichmut zu<br />
bewahren und sich nicht in eigene<br />
Reaktivität zu den Störungsmustern<br />
ihrer Patienten hineinziehen<br />
zu lassen.<br />
Unter dem Titel »Gemeinsam<br />
sein« stellen die drei US-amerikanischen<br />
Autoren, die alle selbst<br />
praktizierende und lehrende<br />
Psychotherapeuten sind, ein<br />
Handbuch vor, das auf die Praxis<br />
ausgerichtet ist und an vielen<br />
Beispielen zeigt, wie das möglich<br />
wird.<br />
Im Einleitungskapitel wird der<br />
Dalai Lama zitiert, der gesagt haben<br />
soll, dass die Einführung einer<br />
Achtsamkeitspraxis in die<br />
Psychotherapie kompliziert ist,<br />
sich aber lohnen würde. Wenn<br />
es gelingt, als Therapeut die Haltung<br />
stetig präsenter Achtsamkeit<br />
einzunehmen, wird manches<br />
möglich, was nicht-achtsamen<br />
Therapeuten eher schwer fallen<br />
dürfte: Das Persönliche, das Ichhafte<br />
tritt in den Hintergrund,<br />
und unsere Patienten können in<br />
diesem Beziehungsraum lernen,<br />
auch ihre Schmerzen, ihr Leid,<br />
ihre schwierigen Gefühle und<br />
Verhaltensmuster zunehmend<br />
als nicht zu sich gehörig zu erleben.<br />
Nicht-Identifikation geschieht.<br />
Das Buch bietet unzählige ganz<br />
konkrete Übungsvorschläge an,<br />
die sogar in einem Anhang noch<br />
nach Störungsbildern systematisiert<br />
werden. Anhand vieler Fallgeschichten<br />
wird dargestellt, welche<br />
Wirkungen diese Übungen<br />
auf einzelne Klienten hatten und<br />
wie sie im Lauf der Therapien<br />
lernten, sie für sich zu nutzen. Vor<br />
allem die radikal mitfühlende<br />
Annahme jeglicher Rückschläge<br />
und aller destruktiven und selbst -<br />
schädigenden Verhaltensweisen<br />
scheint dabei eine immense heilende<br />
Kraft zu entfalten.<br />
Der Titel handelt vom gemeinsamen<br />
Sein. Wie so oft begegnen<br />
wir auch hier der Paradoxie,<br />
dass dieser besondere Beziehungsraum<br />
sich vermeintlich<br />
nur durch ein fleißig übendes Tun<br />
zu erschließen scheint. Handlungsanleitungen,<br />
wie diese Wege<br />
beschritten werden können,<br />
füllen nahezu alle Seiten. Dieses<br />
Therapeuten-Handbuch ist in<br />
seinem klaren Aufbau und der<br />
Fülle seiner Anregungen überzeugend.<br />
Jedem Kollegen, der an<br />
ganz konkreten Achtsamkeits -<br />
übungen interessiert ist, die sich<br />
unmittelbar in die Praxis umsetzen<br />
lassen, sei es wärmstens empfohlen.<br />
Maria-Anne Gallen<br />
Eine Kraft des Seins<br />
Dieses Buch ist der erste Band<br />
einer Trilogie, die den drei emotionalen<br />
Grundkräften des denkenden<br />
Geistes gewidmet ist:<br />
Angst, Zorn und unerfüllte Liebe.<br />
Es ist gegliedert in eine Einführung<br />
von Ulrike Porep, einen<br />
Bericht aus der Welt einer<br />
Angstfixierung von Johannes<br />
Spath und einen Essay von OM<br />
C. Parkin, in dem das Phänomen<br />
Wirksame Erste Hilfe<br />
bei Depressionen<br />
bei Depressionen<br />
Gabriele Rossbach<br />
HEILSAME MEDITATIONEN<br />
BEI DEPRESSIONEN<br />
208 Seiten | € 17,99<br />
ISBN 978-3-7787-9263-6<br />
Das innovative Selbst hilfeprogramm<br />
zur Behandlung von<br />
depressiven Verstimmungen.<br />
Heilsame Meditationen befreien<br />
aus Apathie und Hilflosigkeit,<br />
bauen das Selbstwert gefühl auf<br />
und stärken die Resilienz.<br />
Mit Audio-CD.<br />
integral-verlag.de<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 71
BÜCHER<br />
Angst anhand des Enneagramms<br />
erklärt wird. Der größte Teil des<br />
Buches sind Dialoge zum Thema<br />
Angst unter der Überschrift<br />
»Darshan mit OM C. Parkin«.<br />
Soweit zum Aufbau des Buchs.<br />
Viel wichtiger ist natürlich sein<br />
Inhalt.<br />
Angst: Was ist das denn überhaupt,<br />
und wie behindert sie uns?<br />
Das Buch enthält das Potenzial,<br />
zu erforschen und zu entdecken,<br />
was Angst wirklich ist. Letztlich<br />
steckt hinter jeder Angst die<br />
Angst vor dem Tod. Die Verleugnung<br />
oder das Nicht-Erkennen<br />
dieser Angst führt zur Angst<br />
vor der Angst, der wir zu entkommen<br />
suchen. So flüchten wir<br />
in eine vermeintliche Sicherheit<br />
im Außen, eine Sicherheit, die<br />
sich bei genauerer Betrachtung<br />
als Scheinsicherheit entpuppt<br />
und damit als eine Flucht vor der<br />
Wirklichkeit.<br />
Nun geht es bei OM C. Parkin<br />
nicht darum, die Angst zu therapieren,<br />
oder gar darum, sie loszu -<br />
werden. Vielmehr geht es darum,<br />
der Angst ganz sanft sehr nahe<br />
zu kommen. Das bedeutet nicht<br />
mehr »Ich habe Angst«, sondern<br />
»Ich bin Angst«. Dadurch verändert<br />
sich die Haltung zur<br />
Angst, oder, wie OM C. Parkin<br />
es ausdrückt: »Doch unversehens<br />
ist Angst nicht mehr das,<br />
gut<br />
III<br />
OM C. Parkin: Angst – Die Flucht<br />
aus der Wirklichkeit. Die drei<br />
emotionalen Grundkräfte des<br />
Enneagramms der Charakter -<br />
fixierungen 1. Band. advaitaMedia<br />
20<strong>15</strong>, HC 176 S., 14,80 €<br />
was sie einmal war, nämlich dein<br />
Feindbild; plötzlich wird sie zu<br />
einem Verbündeten auf deinem<br />
spirituellen Weg, so wie alles zu<br />
einem Verbündeten auf deinem<br />
spirituellen Weg werden kann,<br />
wenn du bereit bist, es zu sehen<br />
und zu nehmen.«<br />
So dient dieses Buch dazu, den<br />
Bogen, den wir um die Angst gemacht<br />
haben, zu beenden und<br />
uns dem zu nähern, was sie wirklich<br />
ist: eine elementare Kraft des<br />
Seins. Das ist die Quintessenz der<br />
über 20 Jahre gesammelten Dialoge<br />
über die Angst, der den letzten<br />
und größten Abschnitt des<br />
Buchs kennzeichnet.<br />
Meines Erachtens enthält das<br />
Buch eine sehr tiefe Sicht auf das<br />
Phänomen Angst. Was mir, der<br />
ich kein Kenner des Enneagramms<br />
bin, schwer fällt, ist die<br />
Verbindung zu diesem Abschnitt<br />
des Buches herzustellen. Aber<br />
was ich als spiritueller Sucher bei<br />
einem spirituellen Lehrer vor allem<br />
vermisse, ist die Verbindung<br />
zum Herzen, die ich hier nur ansatzweise<br />
spüren konnte.<br />
Martin Wagner<br />
sehr gut<br />
IIII<br />
Anna Gamma: Schön, wild und<br />
weise – Frauen auf dem Weg zu<br />
sich selbst und in die Welt.<br />
Theseus Verlag 20<strong>15</strong>, SC 208 S.,<br />
16,95 €<br />
Knochenfrau,<br />
Wolfsfrau, Lilith<br />
Lilith und Eva, die Wolfsfrau,<br />
Maria, Pele: Mit Anna Gamma<br />
treffen wir sie alle wieder, diese<br />
wichtigen Frauengestalten, die<br />
uns aus den alten Mythen zuflüstern<br />
und uns auffordern, dem<br />
Archetyp der Heldin nachzuspüren<br />
– eine Kraft, die heute fast<br />
verkommen scheint. Was stellt<br />
man nun an mit einem Buch, das<br />
sich akribisch genau an Schöpfungsmythen<br />
und Märchen entlang<br />
hangelt, um der Frau wieder<br />
ihre wahre Macht vor Augen zu<br />
führen, die sie bereitwillig abzugeben<br />
bereit war, oder die über<br />
viele Jahrhunderte hinweg Opfer<br />
vieler Verfälschungen war?<br />
»Das vorliegende Buch entstand<br />
aus der Auseinandersetzung mit<br />
dem Patriarchat«, schreibt die<br />
Autorin. Diesen ersten Satz<br />
glaubt man ihr sofort. Auch der<br />
letzte Absatz wirkt wahrhaftig:<br />
»Möge dieses Buch Frauen ermutigen,<br />
in der Verbundenheit<br />
mit den Ahnenfrauen ihren ganz<br />
persönlichen Weg zu gehen und<br />
kraftvoll und mutig ihren Beitrag<br />
in Familie, Partnerschaft und Gesellschaft<br />
einzubringen. Sie bereiten<br />
damit den Weg für die<br />
nachkommenden Töchter und<br />
Schwestern«.<br />
Wie ist das nun mit der Emanzipation?<br />
Brauchen wir solche<br />
Bücher heute noch? Ich würde<br />
sagen: Ja. Denn diese Buch ist<br />
weit weg von der überheblichen<br />
intellektuellen Ebene einstiger<br />
Frauenliteratur; es hat etwas<br />
Wärmendes, Kluges. Die Autorin<br />
richtet sich an Frauen auf der<br />
Suche nach weiblicher Identität<br />
und Gestaltungskraft. Jene weibliche<br />
Identität ist es sicher wert,<br />
genauer untersucht zu werden.<br />
Was ist weibliche Identität überhaupt?<br />
Ist das ein Mann mit<br />
Gelnägeln? Eine Frau, die ein<br />
Unternehmen führt? All die Derivate,<br />
die heute zu finden sind,<br />
die meint die Autorin nicht,<br />
wenn sie Expertinnen für Spiritualität<br />
und Sexualität ins Feld<br />
führt, wenn sie von der Herz-Gebärmutter-Saite<br />
oder dem goldenen<br />
Orgasmus spricht und<br />
schreibt: »In unseren Zellen<br />
scheint geheimnisvoll das leidende<br />
Erbe – Schmerz und<br />
Schuld – aller Frauen in unserer<br />
Ahnenreihe gespeichert.«<br />
Die Frage, ob sie zur Feministin<br />
geworden sei, verneint die Autorin.<br />
»Nein, wenn damit Frauen<br />
gemeint sind, die für die Sache<br />
der Frauen unerbittlich und mit<br />
großer Entschlossenheit kämpfen,<br />
die gelegentlich auch in Verbissenheit<br />
umschlägt. Diese Strategie<br />
war einmal sehr notwendig«.<br />
Wenn aber jene Frauen gemeint<br />
sind, die ganz nüchtern<br />
nach dem Beitrag der Frau zum<br />
Patriarchat fragen, in der Analyse<br />
jedoch nicht stehen bleiben,<br />
sondern nach dem Neuen suchen<br />
und bereits Elemente einer<br />
neuen Beziehung zu sich selbst<br />
und zwischen den Geschlechtern<br />
entdeckt haben, dann antwortet<br />
sie mit Ja.<br />
Die Autorin will brachliegendes<br />
Potenzial, das in den Frauen<br />
schlummert, erforschen. Ein Potenzial,<br />
das Männer und Frauen<br />
gleichermaßen dabei unterstützt,<br />
sich aus den für beide<br />
Geschlech ter schwierigen und<br />
schmerzhaften Fesseln des Patriarchats<br />
zu befreien. Sie geht<br />
vor gegen unterdrückte Weiblichkeit<br />
in ihrer ureigenen, reinsten<br />
Form, alle Wildheit, Urkraft<br />
inbegriffen. Sie meint nicht das<br />
domestizierte Weibchen, sondern<br />
die Frau, die die Elemente<br />
einer La Huesera hat, der Knochenfrau,<br />
und zugleich die einer<br />
La Loba, der Wolfs frau (die auch<br />
eine Schattenfrau ist), und drittens<br />
auch die einer Lilith, die<br />
einst als Göttin und Große Mutter<br />
verehrt wurde (der aber heute<br />
etwas Bedrohliches anhaftet).<br />
Es geht darum, dass sich die Frau<br />
wieder als Ganzes wahrnimmt,<br />
ihre Urinstinkte spürt und sich<br />
mit ihrer ganzen inneren Größe<br />
entfaltet; dass sie sich nicht mit<br />
dem dünnen Aufguss einer gesellschaftlich<br />
gewünschten Projektion<br />
von Weiblichkeit be -<br />
gnügt. »Es wird Zeit, dass wir<br />
dieses schlummernde Potenzial<br />
endlich befreien. Dazu ist es notwendig,<br />
dass die alten Wunden<br />
aus Geschlechterkampf und<br />
Zickenkrieg heilen dürfen und<br />
die Unterdrückung der Weiblichkeit<br />
ein Ende hat«.<br />
Ein sinnvolles Buch, das als begleitender<br />
Ratgeber, oder als beratender<br />
Begleiter, auf dem<br />
Nachttisch sicher wertvolle<br />
Dienste leistet.<br />
Christiane Barth<br />
Für eine bessere<br />
Welt<br />
Das Buch, das der Psychologe<br />
und Erfolgsautor Daniel Goleman,<br />
ein langjähriger Freund des<br />
72 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
BÜCHER<br />
Dalai Lama, zu dessen 80. Geburtstag<br />
geschrieben hat, könnte<br />
die Welt verändern, denn es ist<br />
eine bemerkenswerte Sammlung<br />
der Visionen des Dalai Lama für<br />
eine bessere Welt. Wie ist diese<br />
lebenswertere Welt zu bewerkstelligen?<br />
Allem voran durch die<br />
Botschaft des Mitgefühls. Diese<br />
verkündet der Dalai Lama seit<br />
vielen Jahren unermüdlich in der<br />
hervorragend<br />
IIIII<br />
Daniel Goleman: Die Macht des<br />
Guten – Der Dalai Lama und seine<br />
Vision für die Menschheit. O.W.<br />
Barth 20<strong>15</strong>, HC 304 S., 19,99 €<br />
ganzen Welt, und zwar nicht nur<br />
durch Worte, sondern durch seine<br />
einmalige Persönlichkeit und<br />
seine Taten.<br />
Das Buch vermittelt, wie jeder<br />
einzelne Mensch an der Entstehung<br />
einer besseren Welt mitwirken<br />
kann. Ob es sich dabei um<br />
Umweltthemen oder menschliche<br />
Not, um emotionale Hygiene<br />
oder eine menschenwürdige<br />
Ökonomie handelt: Man kann<br />
überall und jederzeit damit beginnen,<br />
seinen Beitrag zu leisten<br />
und nicht nur zu reden und sich<br />
aufzuregen oder Angst zu haben,<br />
sondern zu handeln und damit<br />
etwas zu bewirken.<br />
In seiner sehr persönlichen Botschaft<br />
zeigt der Dalai Lama einen<br />
Plan für eine bessere Zukunft<br />
der Menschheit auf: Optimismus<br />
statt Pessimismus, Brüderlichkeit<br />
statt Egoismus, das<br />
große Ganze sehen, statt nur an<br />
den eigenen Profit und das eigene<br />
Wohlergehen zu denken. Das<br />
ist genau das, was unsere Welt<br />
heute braucht, um zu einer besseren<br />
Welt zu werden.<br />
Dass auf diesem Weg Religion<br />
und Wissenschaft sich nicht mehr<br />
diametral gegenüberstehen, sondern<br />
zu Partnern werden, ist dem<br />
Dalai Lama ein großes Anliegen.<br />
Und es fehlt auch nicht an praktischen<br />
Beispielen, wie man die<br />
großartigen Ideen einer neuen,<br />
menschlicheren Welt in die Tat<br />
umsetzen kann. Wer sich der<br />
Kraft des Guten anschließen und<br />
sich mit Gleichgesinnten zusammentun<br />
möchte, kann dies über<br />
die Website www.joinafor<br />
ce4goof.org tun.<br />
Marianne Scherer<br />
Begleiter auf dem<br />
Weisheitspfad<br />
Ein Aufklärungs- und Lernbuch,<br />
das nicht nur die kompakte Essenz<br />
der wichtigsten psychologischen<br />
und wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisse bereithält, sondern<br />
auch praktikable Übungen zur<br />
tiefgehenden Selbsterkenntnis<br />
und Reflexion, die nicht nur Leute<br />
vom Fach, sondern jeden in<br />
seiner individuellen Lebensgeschichte<br />
abholt: den Anfänger<br />
wie den Meditationserfahrenen.<br />
Das Buch enthält zudem wertvolle<br />
weiterführende Literaturhinweise<br />
zur individuellen Themenvertiefung.<br />
Der Autor beschreibt eine Ebene,<br />
die die kosmischen und irdischen<br />
Zusammenhänge verständlich<br />
und möglich macht. Er<br />
verbindet die Welt der Spiritualität,<br />
Weisheit und Mystik mit<br />
hervorragend<br />
IIIII<br />
Günther Mohr, Achtsamkeits -<br />
coaching – Das Kunstwerk des<br />
Lebens gestalten. Mit vielen<br />
Übungen für die berufliche und<br />
persönliche Praxis (EHP-Praxis),<br />
Edition Humanistische Psychologie<br />
2013, SC 250 S., 21,99 €<br />
SHINUI martial dance – Münchner Schule<br />
„Bewusstheit in Bewegung<br />
und Begegnung“<br />
Eine Synthese aus Tai Chi, Contact<br />
Impro, Aikido, der Feldenkrais -<br />
methode und Meditation<br />
Termine und Infos unter:<br />
www.shinui-muenchnerschule.de<br />
moderner Psychologie und den<br />
verschiedenen Rollenwelten in<br />
unserem Leben, die aus der heutigen<br />
Alltagsrealität, aus Wirtschafts-<br />
und Politikbezügen resultieren<br />
und die Menschen extrem<br />
herausfordern. Als Lösungsweg<br />
beschreibt er mit sehr<br />
klarer Definition den Übungsweg<br />
der Achtsamkeit, was dieser<br />
ist und was er nicht ist. Beeindruckend<br />
verständlich ist auch<br />
der Begriff der nondualen Ebene<br />
erläutert.<br />
Mit seinem Modell »Treppe der<br />
Aufmerksamkeit« schafft Gün -<br />
ther Mohr eine wunderbar klare<br />
Struktur durch alle Lebensstufen<br />
mit den uns zur Verfügung<br />
stehenden Aufmerksamkeitsebenen,<br />
die für jeden gut nachvollziehbar<br />
ist.<br />
Meiner Meinung nach gibt es auf<br />
den 145 Seiten des Buches kein<br />
Thema des großen Weisheitspfades,<br />
das nicht angesprochen<br />
wurde. Insofern ist das Buch ein<br />
wahrer Schatz und Lebensbegleiter<br />
auf dem Weg zur inneren<br />
Ruhe und zum integrativen<br />
Selbst. Unbedingt empfehlenswert!<br />
Gabriele Engelke<br />
»Gegen die<br />
Infamitäten des<br />
Lebens sind die<br />
besten Waffen:<br />
Tapferkeit,<br />
Eigensinn und<br />
Geduld. Die<br />
Tapferkeit stärkt,<br />
der Eigensinn macht<br />
Spaß und die Geduld<br />
gibt Ruhe«<br />
Hermann Hesse<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> 73
LESERBRIEFE<br />
Leserbriefe<br />
Ankommen im richtigen<br />
Leben<br />
(zu Connection Spirit 7–8/<strong>15</strong>)<br />
Hallo Herr Schneider, persönlich<br />
kenne ich Sie nicht, lediglich<br />
aus Ihren Kabarett-Stücken und<br />
gelegentlicher Lektüre Ihrer<br />
Zeitschrift, wie letzthin der<br />
Connection Spirit 7/8 20<strong>15</strong>. Fast<br />
hätte ich wieder gesagt »wie witzig!«,<br />
doch auf Ihr dortiges Vorwort<br />
will ich mal ernsthaft eingehen.<br />
»Ankommen im richtigen<br />
Leben« titeln Sie in dieser<br />
Ausgabe. Gibt es denn überhaupt<br />
sowas wie ein »richtiges«<br />
Leben? Demnach müsste es ja<br />
auch ein verkehrtes bzw. unrichtiges,<br />
falsches Leben geben.<br />
Sie wurden geboren – in Ihr Leben<br />
hinein, und durften da bestimmte<br />
Erfahrungen machen.<br />
Ich wurde geboren – in mein Leben<br />
hinein und mein Schicksal.<br />
Sie und ich haben gelebt – so<br />
weit, so gut. War da irgendwas<br />
falsch dran oder verkehrt? Mit<br />
allem, was Sie oder ich getan haben,<br />
sind wir doch genau hier angekommen!<br />
Wie könnten wir<br />
woanders sein? Die blonde Ma<br />
auf dem Titelbild steht an einer<br />
grauen Wand und hat ihr (?) Ziel<br />
erreicht: »Es befindet sich genau<br />
hier.«<br />
Ist das so? Ich staune. Und ich<br />
nehme mal stark an, dass Sie,<br />
Herr Schneider, Ihr Ziel noch<br />
nicht erreicht haben, denn Sie<br />
planen die nächsten Hefte, und<br />
ich plane meinen Herbsturlaub.<br />
Und dann setzen Sie im Vorwort<br />
noch eins drauf: »… wir müssen<br />
erst mal da ankommen, wo wir<br />
wirklich sind, sonst … – Wir müssen<br />
in der Realität landen, im<br />
richtigen Leben.« Ja Hilfe, da<br />
sind wir doch schon! Ein jeder<br />
lebt in seiner Realität; er/sie<br />
kann ja gar nicht anders! Und<br />
gäbe es keine Illusionen und keinen<br />
Schlummer, Ihr Heft wäre<br />
glatt für die Katz.<br />
Mir scheint, dass diese von Ihnen<br />
beschriebene »Realität« ein<br />
Kunst-Begriff ist, um den Leuten<br />
zu sagen, dass es da eine<br />
Messlatte gibt. Wer es bis zu dieser<br />
Messlatte geschafft hat, fühlt<br />
sich dann berufen, den Zurückgebliebenen,<br />
den Nicht-Erwach -<br />
ten, den Erleuchtungsfreaks, etwas<br />
von seiner Stufe der Erkenntnis<br />
mitzuteilen, nämlich<br />
wie »das Ankommen« ins richtige<br />
Leben vor sich geht!? Tja,<br />
Wasserverkäufer …<br />
Erwin Zeh, D-83043 Bad Aibling,<br />
ezeh@gmx.de<br />
Magie ohne Umwege<br />
(zu Connection 9–10/<strong>15</strong>)<br />
Lieber Wolf, endlich komme ich<br />
nochmal dazu, dir zu schreiben.<br />
Die Sommerwochen war ich auf<br />
Reisen, zuletzt in Plumvillage –<br />
Frieden pur. Schade, dass die aktuelle<br />
Connection vermutlich<br />
das vorletzte Heft ist. Wie geht<br />
es dir damit? Findest du es befreiend<br />
oder betrüblich, oder<br />
beides?<br />
Dein Artikel »Sprache und Erkenntnis«<br />
– d’accord! Mir wird<br />
auch immer öfter bewusst, wie<br />
sehr Worte oft einen Schleier<br />
über das Wirklichere legen und<br />
mich auf eine leicht artifizielle<br />
Mentalebene versetzen. Dazu<br />
erwähnst du etwas in deiner Begegnung<br />
mit den Pferden auf der<br />
Almhütte und beschreibst, wie<br />
eine unmittelbare Wahrnehmung<br />
mit Tieren möglich ist.<br />
Auch meine beiden Kater lieben<br />
mich freundlich und schweigend<br />
– zumindest, wenn sie satt sind.<br />
Das ist einfach und pur.<br />
Auch den Artikel von Matthias<br />
Mala fand ich sehr inspirierend.<br />
Zum Bericht »Wort-Medizin«<br />
der Schamanin Nana Nauwald<br />
möchte ich ergänzen, dass wir<br />
solche Wirkungen im Alltag sehr<br />
konkret spüren. Wir spüren, ob<br />
jemand uns wohlgesonnen ist<br />
und deshalb wohltuend auf unser<br />
Befinden wirkt, oder ob er in<br />
einem negativen, kritischen Modus<br />
ist, was beim Kontakt zumindest<br />
bei sensiblen Naturen<br />
eine diffuse innere Anspannung<br />
verursacht. Um mit dieser Art<br />
der »Magie« umzugehen, braucht<br />
es jedoch einfach nur bewusste<br />
Gedanken, die freundlich sind!<br />
Ganz gleich, ob ich das Trinkwasser<br />
für meine beiden Kater<br />
mit einem Lächeln »imprägniere«,<br />
das Essen für meine Lieben<br />
mit Freude bereite oder einem<br />
unsicheren Menschen den<br />
Gedanken schenke: »Ich finde<br />
dich gut. Schön, dass es dich<br />
gibt!« Es wirkt. Kirtans oder<br />
Mantras wirken erst recht, man<br />
braucht damit keinerlei Geister<br />
anzurufen. Falls es die überhaupt<br />
gibt! Und wenn es sie gibt,<br />
auf welchen Egotrips mögen die<br />
sich wohl gerade befinden? Unsere<br />
Quelle – die göttliche Omnipräsenz<br />
– besitzt allumfassende<br />
Energie, Heilungskraft und<br />
Liebe. Wozu Umwege machen<br />
und es komplizierter machen, als<br />
es ist?<br />
Und du nimmst wieder Juxanzeigen<br />
rein, zu guter Letzt? »Das<br />
Geheimnis« dort auf Seite 10<br />
ist bestechend. Selbstverständlich<br />
buche ich die Bahamas zu<br />
4.950,– Euro, um (na endlich)<br />
die Einweihung in die Erschaffung<br />
und Gestaltung von Geheimnissen<br />
zu erhalten. Als Erstes<br />
werde ich eines der größten<br />
Mysterien lüften: Das Verschwinden<br />
einzelner schwarzer<br />
»Wir Menschen sind eine derartige<br />
Paarung von grandioser Intelligenz mit<br />
frappierender Dämlichkeit! Was hat<br />
Gott sich dabei bloß gedacht?«<br />
Gabriele Rossbach, D-52078 Aachen<br />
Socken aus meiner Waschmaschine.<br />
Im Lauf der Jahre sind<br />
daraus mindestens zwanzig einzelne<br />
– immer nur schwarze! –<br />
Socken entschwunden. Meine<br />
Spekulationen reichen über<br />
quantenphysikalische Vorgänge<br />
frei nach Schrödinger bis hin zur<br />
subversiven Verbindung mit ei-<br />
74 November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong> · www.connection.de
nem schwarzen Loch. Oder mit einem<br />
Wurmloch? Letzteres wäre spannend zu recherchieren,<br />
da es womöglich einen Transfer<br />
durch die Zeiten erlaubt. Untermalt vom<br />
Plätschern türkisfarbener Brandung werde<br />
ich an diesen Mysterien arbeiten.<br />
»Sind wir komisch?« wird dein nächstes<br />
Heft zum Thema haben. Na, und ob wir komisch<br />
sind, saukomisch sogar, vor allem, weil<br />
es uns nicht bewusst ist! Und wo sonst findet<br />
sich eine derartige Paarung von grandioser<br />
Intelligenz mit frappierender Dämlichkeit<br />
wie beim Menschen? Was hat Gott<br />
sich dabei bloß gedacht! Wäre ihm seine<br />
große göttliche Performance sonst zu langweilig?<br />
Gabriele Rossbach, D-52078 Aachen,<br />
gabriele.rossbach@gmx.de<br />
LESERBRIEFE<br />
te sie doch eine recht lange Existenz! Der<br />
Herausgeber darf stolz sein auf sein Werk<br />
und sich antibuddhistisch ego-streichelnd<br />
auf die Schulter klopfen: Er – und seine<br />
Autoren – haben sicherlich viele Leute mit<br />
dieser Zeitschrift zum Nachdenken gebracht.<br />
Vielleicht zur Erkenntnis geführt,<br />
um damit mal einen geerdeteren Begriff für<br />
das mich nervende Erleuchtungs- und Erwachungsgeplapper<br />
zu benutzen. Eventuell<br />
gar zu einem Wandel der Lebensweise inspiriert.<br />
Das alles wäre schon verdammt viel!<br />
Ärgerlich nur, dass Connection dann in manchen<br />
Zeitschriftenauslagen, vor allem an<br />
Bahnhöfen, nicht mehr zu sehen sein wird<br />
und stattdessen (weiterhin) verdrängt wird<br />
von den vielen Weichspüler-Wellness-Wohlfühl-Medien,<br />
die im Grunde das sich Einnisten<br />
in Nischen im falschen Leben propagieren.<br />
Ach ja, ich wollte sagen: nicht<br />
schluchz, schnief und seufz, stattdessen einfach<br />
Dankbarkeit dafür, dass so eine spirituell-gesellschaftskritische<br />
Publikation<br />
überhaupt so viele Jahre lang das Licht der<br />
Welt erblicken konnte. Ich bin mir ziemlich<br />
sicher, dass jeder, der dieses Magazin liest<br />
und es las, der es mit Beiträgen versorgte<br />
und es herausgab, auch weiterhin im Sinne<br />
dieses Magazins leben und wirken kann. Gewiss<br />
wird es der »legendäre« Herausgeber<br />
tun, dessen Humor und Selbstironie, was seine<br />
eigene Zukunft anbelangt, mich entspannt<br />
zurücklehnen lässt! Und schon droht<br />
er mit der Bloggerei …<br />
Rainer Spallek, D-47057 Duisburg,<br />
info@lernen-und-leben.de<br />
Stirb und werde<br />
(zum Abschied von Connection)<br />
Zuallererst mal recht herzlichen Dank an<br />
dich, Sugata, für das, was du für uns alle<br />
und für eine neue lebens- und liebenswerte<br />
Welt eingebracht und geleistet hast! Mit<br />
deinem sicheren Instinkt für das Wesentliche<br />
hast du in den letzten dreißig Jahren<br />
ganze lebenskulturelle und spirituelle »Aufbruchs-Szenen«<br />
begleitet, hast dabei nie den<br />
Humor verloren und bist dabei nicht in den<br />
jetzt so modernen seicht-esoterischen Gewässern<br />
herumgewatet und auch nicht in<br />
EVENTGUIDE<br />
Der ganzheitliche<br />
Veranstaltungskalender<br />
Kostenloser Eintrag<br />
für Print + App<br />
Event-Guide-App kostenlos downloaden<br />
»Wenn man den Begriff der Vergänglichkeit ernst nimmt,<br />
dann ist es doch wohl klar, dass auch eine solche<br />
Zeitschrift mal ihr Ende findet.<br />
Ich spüre Dankbarkeit dafür, dass so eine<br />
spirituell-gesellschaftskritische Publikation<br />
überhaupt so viele Jahre lang das<br />
Licht der Welt erblicken konnte.«<br />
Ihre Termine erscheinen<br />
in der Event-Guide-App<br />
und zwei Printausgaben<br />
Rainer Spallek, D-47057 Duisburg<br />
Statt schluchz, schnief und seufz<br />
(zum Abschied von Connection)<br />
Lieber Wolf, im Grunde kommt es jetzt ja<br />
so, wie es seit Längerem schon erwartet werden<br />
konnte, musste, durfte: Connection Print<br />
adieu, wir hatten eine gute Zeit – und du sicherlich<br />
eine sehr intensive! Wenn es also<br />
dazu kommt, so gibt es weniger einen Grund<br />
für Schluchz und Schnief. Mein Gott, wenn<br />
man den Begriff der Vergänglichkeit ernst<br />
nimmt, dann ist es doch wohl klar, dass auch<br />
eine solche Zeitschrift mal ihr Ende findet!<br />
Dafür, dass sie so ist, wie sie ist und war, hat-<br />
www.connection.de · November-Dezember <strong>11</strong>-<strong>12</strong>/20<strong>15</strong><br />
»Verschwörungsfallen« festgehangen. Ich<br />
bin stolz darauf, dass ich so viele Jahre lang<br />
als Connection -Autor bei allen drei Magazinen<br />
– Spirit, Tantra und Schamanische Wege<br />
– mitwirken durfte. Die Connection ist<br />
und war einfach einzigartig und großartig.<br />
Ein dickes indianisches Ho darauf!!!<br />
Auf dieses Werk von dir darfst du wirklich<br />
stolz sein. Und nun bist du bereit, einen<br />
großen Teil deines Lebenswerks – die<br />
Connec tion Print und das Connec tionhaus<br />
– loszulassen und dich auf deiner Heldenund<br />
Pilgerreise auf eine neue Lebensstufe<br />
einzulassen.<br />
»Und solang du das nicht hast, dieses: Stirb<br />
und werde, bist du nur ein trüber Gast auf<br />
der dunklen Erde« – Goethe hätte seine<br />
wahre Freude an dir gehabt und ebenso<br />
Termine online buchen<br />
www.eventgui.de
LESERBRIEFE<br />
Osho und Veeresh und viele andere.<br />
Ach, und fast hätte ich Hesse<br />
vergessen: »Kaum sind wir<br />
heimisch einem Lebenskreise<br />
und traulich eingewohnt, so<br />
droht Erschlaffen, Nur wer bereit<br />
zu Aufbruch ist und Reise,<br />
mag lähmender Gewöhnung<br />
sich entraffen.«<br />
»Als angepasster<br />
Mainstream-<br />
Journalist oder<br />
mode-esoterischer<br />
Zampano hättest du<br />
dicke verdient und<br />
stündest nun mit<br />
einer guten Rente<br />
da. Vielen von uns<br />
Idealisten geht es<br />
ähnlich wie dir.«<br />
Gerd Soballa, E-38750 El Paso<br />
Die Kehrseite der Medaille: Materiell<br />
reich bist du dabei nicht<br />
ge worden. Als angepasster Main -<br />
stream-Journalist oder modeesoterischer<br />
Zampano hättest<br />
du dicke verdient und stündest<br />
nun mit einer guten Rente da.<br />
Vielen von uns Idealisten geht<br />
es ähnlich wie dir. Du bist da<br />
nicht allein.<br />
Dafür kannst du aber guten Herzens<br />
und mit Seelenfrieden und<br />
vor allem guten Gewissens in<br />
den Spiegel schauen. Da siehst<br />
du dann einen alten, jung gebliebenen<br />
und weise gewordenen<br />
»Heiligen Narren«, der die<br />
Welt mit seiner Liebe, seinem<br />
Humor und seiner Weisheit weiterhin<br />
erfreuen wird.<br />
Göttin sei Dank bin ich mit meinem<br />
»Nachruf« auf die Connection<br />
und dich gerade noch haarscharf<br />
an einer Grabesrede vorbeigeschliddert<br />
– mit einem lachenden<br />
und weinenden Auge<br />
–, deshalb: Es geht weiter! Auf<br />
einer neuen Ebene. Und not to<br />
forget: Du bist ja auch schon ein<br />
halber »Palmero« geworden,<br />
und ich freue mich schon darauf,<br />
mit dir bald wieder auf unserem<br />
Vulkanhügel in El Paso<br />
oder am Meer in Tazacorte einen<br />
Cortado zu trinken.<br />
Und eines noch: Die dreißig Jahre<br />
Connection mit all ihren vielfältigen<br />
Inhalten für eine Neue<br />
Lebenskultur wären es wert, sie<br />
der Nachwelt zu erhalten. Dafür<br />
müssten die Prints digitalisiert<br />
werden. Das kostet Geld und<br />
Zeit. Wie wäre es mit einem Förderkreis<br />
für diese Aufgabe?<br />
Gerd Soballa,<br />
E-38750 El Paso und D-Konstanz,<br />
gerd.soballa.ag.21@t-online.de<br />
Wer sind hier die<br />
Geisterfahrer?<br />
(zum Abschied von Connection)<br />
Lieber Wolf Sugata Schneider,<br />
mein Leben verläuft nicht gerade<br />
so, wie ich es gerne hätte, aber<br />
mit zunehmendem Alter nimmt<br />
die Gelassenheit zu. Ich bin 58<br />
Jahre alt, habe zwei Kinder von<br />
zwei Frauen, bin noch berufs -<br />
tätig und lebe zur Zeit allein<br />
oder mit meinem siebenjährigen<br />
Sohn zusammen. Eine Konstante<br />
in meinem Leben ist die<br />
Connection, die mich bist jetzt<br />
durch alle Höhen und Tiefen begleitet<br />
hat – seit fast 30 Jahren.<br />
Immer wieder habe ich Kraft,<br />
Energie und Zuversicht aus dieser<br />
Zeitschrift geschöpft. Hat sie<br />
mir doch immer, wenn ich zweifelte,<br />
gezeigt, dass ich nicht der<br />
gesellschaftliche Geisterfahrer<br />
bin, der ziemlich allein und vol -<br />
ler unrealistischer Träume sich<br />
eine bessere Gesellschaft<br />
wünscht, sondern dass ich mich<br />
in guter Gesellschaft befinde.<br />
Danke Connection – und danke<br />
dir dafür!<br />
Zu den beruhigenden oder im<br />
positiven Sinne Unruhe stiftenden<br />
Konstanten in meinem Leben<br />
gehören übrigens auch Hannes<br />
Wader und Konstantin We -<br />
cker. Solange diese noch gehört<br />
werden, gibt es noch Hoffnung!<br />
Und es freut mich sehr, dass<br />
Konstantin Wecker seit einiger<br />
Zeit für Connection schreibt.<br />
Es würde mich schmerzen, sollte<br />
Connection eingestellt werden.<br />
Aber so ist das Leben –<br />
ständig in Bewegung. Ein unab -<br />
lässiges Beenden und wieder<br />
neu Anfangen.<br />
Thomas D. Kunklar, D-66399<br />
Mandelbachtal (keine E-Mail-Adresse)<br />
»Man muss nie<br />
verzweifeln,<br />
wenn einem etwas<br />
verloren geht,<br />
ein Mensch oder<br />
eine Freude<br />
oder ein Glück;<br />
es kommt alles<br />
noch herrlicher<br />
wieder.«<br />
Leela Rebekka Preining, A-4240<br />
Freistadt, zitiert Rilke<br />
Schärfer, klarer, ehrlicher<br />
(zum Abschied von Connection)<br />
Wolf, Sugata, ich kenne dich und<br />
das Connectionhaus sowie deine<br />
Zeitschrift Connection nun<br />
schon viele Jahre – sie war ein<br />
wichtiger Bestandteil meines<br />
spirituellen, künstlerischen und<br />
seelischen Entwicklungsweges.<br />
Nun ist es also so weit, und das<br />
letzte Heft von Connection soll<br />
nun, passend zum Herbst, erscheinen.<br />
Du wirst zwar weiterhin<br />
schreiben, das freut mich,<br />
dennoch hat der Abschied für<br />
mich auch etwas Melancholisches.<br />
Beim Blick zurück denke ich an<br />
Rilkes Zeilen: »Man muss nie<br />
verzweifeln, wenn einem etwas<br />
verloren geht, ein Mensch oder<br />
eine Freude oder ein Glück; es<br />
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essen gesund, treiben Sport, laufen, joggen,<br />
machen Yoga, meditieren und ihr Körper spricht<br />
trotzdem immer noch zu ihnen – durch Herzerkrankungen,<br />
Krebs, Allergien und andere<br />
Krankheiten!<br />
Woran liegt das? Sind der Kern des Problems<br />
etwa ihre Emotionen? Erfahrungen und Erinnerungen,<br />
die im Unterbewusstsein begraben<br />
sind und sich so Ausdruck verleihen?<br />
Die Wissenschaft hat erkannt, dass es zu 90 %<br />
diese Altlasten sind, die uns beeinflussen und<br />
unser Leben bestimmen. Unser aktuelles<br />
Leben!<br />
Ein Film für Menschen die sich selbst verstehen<br />
wollen, für Psychologen und Ärzte, die ihren<br />
Horizont erweitern wollen und für all diejenigen,<br />
die endlich den Beweis dafür suchen, was<br />
sie schon lange wussten!<br />
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2014<br />
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LESERBRIEFE<br />
PIXABAY.COM © HANS<br />
kommt alles noch herrlicher<br />
wieder. Was abfallen muss, fällt<br />
ab; was zu uns gehört, bleibt bei<br />
uns, denn es geht alles nach Gesetzen<br />
vor sich, die größer als unsere<br />
Einsicht sind und mit denen<br />
wir nur scheinbar im Widerspruch<br />
stehen. Man muss in sich<br />
selber leben und an das ganze<br />
Leben denken, an alle seine Millionen<br />
Möglichkeiten, Weiten<br />
und Zukünfte, denen gegenüber<br />
es nichts Vergangenes und Verlorenes<br />
gibt.« (Briefe, 1904)<br />
Die Connection, ihre Themen<br />
und die interessanten Menschen,<br />
die du in deinem Verlag<br />
hast zu Wort kommen lassen, besonders<br />
auch deine Worte und<br />
Sprache, haben sich so oft fein<br />
und nährend an meine eigenen<br />
Lebens- und Entwicklungs the -<br />
men angeschmiegt. Deine Sicht<br />
der Welt hatte für mich oft etwas<br />
sehr Klärendes und Erhellendes.<br />
Ich mag deine aufrichtige Bescheidenheit<br />
(nicht alles zu wissen,<br />
und dir nicht zu sicher zu<br />
sein, außer in dem einen) und<br />
deinen Mut, dir und deinen Lesern<br />
auch unbequeme Fragen zu<br />
stellen.<br />
Ich mag es, dass du mit deinen<br />
Worten immer schärfer, klarer,<br />
ehrlicher wirst. Dein Schreiben<br />
reift wie guter Wein. Darum<br />
freue ich mich, wenn ich weiterhin<br />
lesen darf, was du schreibst,<br />
und so noch tiefer eintauchen<br />
kann ins Mysterium unseres Daseins!<br />
Leela Rebekka Preining,<br />
A-4240 Freistadt, Leelaluna@gmx.at<br />
fehlt die Leiter, auf der wir sicher und bestimmt zur<br />
Wahrheit aufsteigen können<br />
Überdruss … Wer weiß, vielleicht ist er die tiefinnere<br />
Unzufriedenheit der Seele, weil wir ihr keinen Glauben<br />
gelassen haben, die Untröstlichkeit des traurigen Kindes<br />
in unserem Inneren, weil wir ihm nicht das göttliche<br />
Spielzeug gekauft haben. Vielleicht ist er die<br />
Unsicherheit desjenigen, der eine Hand braucht, die ihn<br />
leitet, und der auf dem schwarzen Weg der tiefen<br />
Empfindung nichts anderes fühlt als die stille Nacht<br />
des Nicht-denken-Könnens, als die leere Straße<br />
des Nicht-fühlen-Könnens …<br />
Überdruss … Wer Götter hat, verspürt nie Überdruss.<br />
Überdruss ist ein Mangel an Mythologie. Wer keinen<br />
Glauben hat, dem ist selbst der Zweifel unmöglich,<br />
selbst seinem Skeptizismus fehlt die Kraft zum<br />
Misstrauen. Ja, das ist Überdruss: der Verlust<br />
der seelischen Fähigkeit, sich Illusionen zu machen,<br />
das gedankliche Fehlen der inexistenten Leiter, auf der<br />
er sicher und bestimmt zur Wahrheit aufsteigen kann …<br />
(Fernando Pessoa in Das Buch der Unruhe<br />
des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares)<br />
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Lissy Götz (Programmiererin und Autorin):<br />
„Als erfahrene Programmiererin war ich es gewohnt, analytisch und logisch zu<br />
denken. Mit der Entwicklung von Alpha-Synapsen-Business (ASB) kam der<br />
spirituelle Teil hinzu, und das tiefe Verständnis darüber, dass der Geist die Materie<br />
beherrscht und nicht umgekehrt. Die Programmierung der Synapsen ist dabei der<br />
wichtigste Schlüssel überhaupt. Nach 5 Jahren Erfahrung in Beratungen stellte ich<br />
fest, dass das Erreichen eines gewissen Bewusstseins und das Wissen, wie man sein<br />
Gehirn programmiert, alleine nicht ausreicht, um wirklich erfolgreich zu sein. Das<br />
Wissen muss auch strukturiert umgesetzt werden und dazu brauchen wir die<br />
klassischen Management-Werkzeuge.“<br />
Petra Pfaffinger (Dipl. Projektmanagerin):<br />
„In meiner langjährigen Tätigkeit als Unternehmensberaterin, habe ich festgestellt,<br />
dass die Notwendigkeit der Anwendung von Methoden und Tools aus dem<br />
klassischen Projektmanagement zwar bei den Firmeninhabern Bestätigung fand,<br />
jedoch die erfolgreiche Umsetzung oft ausblieb. Ich habe nach Möglichkeiten und<br />
Wegen gesucht, das vorhandene Potential der Menschen zu aktivieren, um ihnen<br />
einen neuen Zugang zu sich selbst und ihren persönlichen Lebenszielen zu geben.<br />
Mit Alpha-Synapsen-Business habe ich diese Möglichkeit gefunden, vorhandene<br />
Blockaden zu erkennen und zu lösen, hinderliche Glaubenssätze loszulassen,<br />
dauerhaft zu neutralisieren und in Energie umzuwandeln. Damit war der Weg frei für viele persönliche<br />
Erfolgsgeschichten.“<br />
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im Hotel Hofgut Hohenkarpfen, 78595 Hausen ob Verena.<br />
Weitere Infos: www.lissygoetz.de, Fon +49(0)7706-922276<br />
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Beginn: 19.30 Uhr<br />
Eintritt für Nichtmitglieder 5,00 EUR<br />
Thema: »Ehegattenunterhalt – Rechtslage<br />
– Vereinbarungen – Paketlösung«<br />
Ref.: RA Harro Graf von Luxburg<br />
Dienstag, 8. Dez. 20<strong>15</strong><br />
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Raum 0.131, Rosenheimer Str. 5,<br />
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Beginn: 19.30 Uhr<br />
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Thema: »Einvernehmliche und humane<br />
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erhält Eros Einzug in unsere Erfahrung?<br />
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leben und zu genießen? Die Zeit um den<br />
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Die Inserenten in diesem Heft<br />
Aja-Massagen (G. Schauer) . . . 80<br />
Aruna Institut . . . . . . . . . . . . . <strong>11</strong><br />
Bodhisattva Schule . . . . . . . . . . 2<br />
Body Dearmoring . . . . . . . . . . 78<br />
Connection AG . . . . . . . . . . . . 84<br />
Griebeling, Egbert (Lachyoga) . 71<br />
Götz, Lissy . . . . . . . . . . . . . . . . 79<br />
Horizon Verlag . . . . . . . . . 76, 77<br />
Integral-Verlag . . . . . . . . . . . . . 71<br />
Jembatan Tantra-Institut . . . . . 78<br />
König, Moti Theresia . . . . . . . . 54<br />
L.E.O. Verlag . . . . . . . . . . . . . . 83<br />
Lebensfreude Messen . . . . . . . 10<br />
Mansouri, Sabrina . . . . . . . . . . 73<br />
Nachtschatten Verlag . . . . . . . . 9<br />
Prisma . . . . . . . . . . . . . . . 16, 75<br />
Schule des Seins . . . . . . . . . . . 78<br />
Schütz, Sibylle . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
Shinui Münchner Schule . . . . . 73<br />
Syntropia . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />
von Puttkamer, Christina . . . . . <strong>11</strong><br />
Walch, Dr. Sylvester . . . . . . . . . 78<br />
ZEGG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78<br />
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Woran du dich hältst,<br />
davon wirst du gehalten<br />
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Vorschau – anders<br />
Die angekündigten Connection Spirit Themen: 1–2/2016 »Weisheit<br />
und Empathie – warum es gut ist, klug zu sein« und 3-4/2016 »Trans -<br />
spiri tualität – es gibt ein Leben jenseits der Gefäng nisse, die wir uns<br />
auf dem Weg der Befreiung gebaut haben«, die werden nun leider<br />
nicht mehr in Connection erscheinen, da niemand den Verlag kaufen<br />
wollte. Auch das Tantra-Heft Nr. 98 wird nicht erscheinen, für das<br />
»Erotisch leben« als Thema angekündigt war, denn auch die Tantra-<br />
Heft-Reihe ließ sich nicht separat verkaufen. Und auch die Scha -<br />
man-Hefte nicht, für die das Thema »Ganz natürlich« angekündigt<br />
war.<br />
Schamlos bloggen<br />
Die Webseite connection.de wird deshalb zum 1.<strong>11</strong>.20<strong>15</strong> von der<br />
Connection AG an mich persönlich übergeben. Sie wird dann neu<br />
gestaltet sein, blog-orientiert und anzeigenfrei. Dort werde ich unter<br />
anderem zu den angekündigten Themen schreiben, Fotos einstellen<br />
und Links zu (demnächst auch selbst erstellten) Filmen setzen. Ich<br />
möchte dort Interviews einstellen mit Menschen, von denen ich<br />
denke, dass sie was zu sagen haben und selbst geschriebene Repor -<br />
tagen – hoffentlich dann von einem Wohnmobil aus, das ich mir aber<br />
erst erwerben oder mir erschleichen muss. Neben mir werden voraussichtlich<br />
auch weiterhin Torsten Brügge und Marianne Gallen<br />
auf connection.de bloggen und (neu) unsere Filmrezensentin<br />
Barbara Wollstein.<br />
Auf connection.de werde ich mich in Zukunft noch schamloser äu -<br />
ßern können als bisher, was eventuelle Vorbehalte irgendwelcher<br />
Leserkreise anbelangt. Die Anzeigenfreiheit der Seite wird mir<br />
ermög lichen noch ›kommerziell rücksichtsloser‹ zu sein als bisher.<br />
Freier Autor und Publizist<br />
Was ich bisher als Herausgeber von Connection verdient habe, fällt<br />
ab 1. November weg. Ich habe keine Rente und keine Rück lagen<br />
und werde mich dann als Freelancer über Wasser halten müssen.<br />
Trotzdem möchte ich nicht mit einer Paywall die von mir veröffentlichten<br />
Inhalte auf die kleine Gruppe der Zahlungs willigen und<br />
Zahlungsfähigen beschränken, sondern möchte es anders machen:<br />
Ich möchte versuchen von Spenden zu leben. Meine Fans haben bisher<br />
47 € für ein Jahresabo gezahlt, oder 68 € fürs Abo aller drei<br />
Periodika. Wenn mir ein Teil dieser treuen Leser in Zukunft 5 oder<br />
x € monatlich auf mein Konto überweist, kann er/sie dafür u.U.<br />
mehr Inhalte bekommen, und mit Links zu Musik und Filmen<br />
außerdem multimedialer – für so viele Euros, wie er/sie eben zu zahlen<br />
bereit ist. Und ich kann veröffentlichen, was ich will, ohne dafür<br />
einen Verlag zu brauchen, ohne Porto- und Druckgebühren, fast<br />
ohne Bürokratie. Wer von euch damit schon jetzt anfangen will:<br />
Meine Kontonummer ist die IBAN DE72743914000000326550<br />
BIC: GENODEF1EGR (auf den Namen Wolf Schneider; Betreff:<br />
Spende).<br />
Texte von mir im Print<br />
Wer Texte von mir nicht gerne am Bildschirm liest, sondern lieber<br />
auf Papier, findet sie in Zukunft in Ursache & Wirkung (4x/Jahr mindestens<br />
vier Seiten), Visionen (<strong>11</strong>x/Jahr mindestens eine Seite),<br />
Spuren (4x/Jahre mindestens eine Seite), Osho Times und Bud -<br />
dhismus aktuell (gelegentlich), und in den Regionalblättern KGS<br />
Berlin (weiterhin in jeder Ausgabe eine Doppelseite) und Prisma<br />
Franken. In Vorbereitung ist ein Buch zum Thema »Heimat«, eine<br />
Neuauflage des »Kleinen Lexikons esoterischer Irrtümer« und ein<br />
»Kleines Lexikon der Irrtümer in der Liebe« (die letzten beiden im<br />
Syntropia Verlag). Einzelne Connection hefte und Powerpacks<br />
könnt ihr weiterhin über vertrieb@connection.de bestellen.<br />
Wolf S. Schneider, www.connection.de<br />
IMPRESSUM<br />
erschien<br />
Connection Spirit erscheint sechs Mal jährlich<br />
im Verlag Connection AG.<br />
Vorstand: Wolf Schneider<br />
Adresse: Hauptstraße 5,<br />
D-84494 Niedertaufkirchen<br />
schneider@connection.de<br />
www.connection.de<br />
Herausgeber, redaktionelle Leitung:<br />
Wolf Schneider (V.i.S.d.P., Adresse siehe oben)<br />
Grafische Gestaltung:<br />
Christina v. Puttkamer, www.design-angel.de<br />
welcome@design-angel.de<br />
Titelgestaltung:<br />
Christina v. Puttkamer,<br />
Foto: stockfresh.com, © hasenonkel<br />
Redaktion:<br />
Konstantin Wecker (Politik & Spiritualität)<br />
Julia Koloda (Wie es ist, WerWasWo,<br />
Bücher), Julia.Koloda@connection.de<br />
Martin Miethke (Lektorat)<br />
Webredaktion:<br />
Oliver Bartsch, oliver.bartsch@connection.de<br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit:<br />
Sibylle Schütz, presse@connection.de<br />
Die Einsendung von Texten und Bildern an die<br />
Redak tion ist willkommen. Sie sollten keinen werbenden<br />
Charakter haben und werden nicht honoriert,<br />
auch nicht durch Tauschwerte. Einsendungen<br />
bitte nicht auf Papier, sondern ausschließlich per<br />
E-Mail an schneider@connection.de.<br />
Bilder bitte nicht ohne Ankündigung schicken.<br />
Copyright:<br />
Alle Rechte vorbehalten. Copyright bei der<br />
Connection AG und bei den Autoren. Die einzelnen<br />
Beiträge geben nicht unbe dingt die Meinung<br />
der Redak tion wieder; ins be son dere ist die<br />
Redaktion nicht für die Inhalte der veröffent -<br />
lichten Anzeigen verantwortlich.<br />
Aboverwaltung und Einzel versand:<br />
Irmgard Hauer<br />
versand@connection.de<br />
Connection Medien AG, Adresse siehe oben;<br />
Einzelpreis: 9 €<br />
Abonnement:<br />
47 € in Deutschland; 49 € im europäischen Ausland<br />
Anzeigenservice:<br />
Brigitte Schwab<br />
Connection AG Anzeigenservice<br />
Lindenstr. 14A, D-41363 Jüchen<br />
+49-2165-879749, brigitte.schwab@connection.de<br />
Buchhaltung: buchhaltung@connection.de<br />
Bankverbindung: Connection AG,<br />
Raiffeisenbank Neumarkt St. Veit,<br />
Konto Nr. 904 139, BLZ 701 694 74<br />
Connection Spirit wird auf umweltschonendem<br />
Papier gedruckt.<br />
82<br />
ISSN 0932-5565
Wer verzeiht, findet den Weg<br />
zu Liebe und Geborgenheit<br />
Das Buch für jeden, der<br />
bereit ist, seine Vergangenheit<br />
loszulassen und sich von<br />
Angst zu befreien. Durch<br />
seine eigene therapeutische<br />
Praxis und durch die Arbeit<br />
mit den Engeln hat Kyle<br />
Gray erfahren, dass es kein<br />
anderes Thema gibt, das<br />
Menschen so sehr hilft, die<br />
gerade eine schwere Zeit<br />
durchmachen, wie Vergebung.<br />
Sein Buch ist ein Kurs,<br />
mit dem man lernt, anderen<br />
und sich selbst zu vergeben,<br />
um daran persönlich<br />
zu wachsen und blockierte<br />
Energie freizugeben.<br />
www.leoverlag.de<br />
KYLE GRAY<br />
Lass dein Herz leuchten<br />
Ein Kurs in Vergebung<br />
L·E·O Verlag | 224 Seiten<br />
Klappenbroschur<br />
€ (D) 16,99 / € (A) 17,50
special<br />
3 € 25 Indien – Mutterland der Religionen<br />
26 Alternative Heilmethoden<br />
Sanfte Wege zur Gesundheit<br />
27 Magie der Verbindung – Tantra ’96<br />
30 Heilen durch Berühren<br />
Bewusstheit, Methode, Intuition<br />
32 Eintauchen ins Schwerelose<br />
Heilende Entspannung im warmen Wasser<br />
33 Wege zur Heilung<br />
Aspekte ganzheitlicher Heilung<br />
34 Spirituelle Ökologie<br />
Einklang von Mensch, Natur und Kosmos<br />
38 China<br />
Spirituelle Wege aus dem Reich der Mitte<br />
40 Buddhismus<br />
Die Lehre, die Gemeinschaft, der Buddha<br />
42 Himmlische Klänge<br />
Musik – Stille – Resonanz<br />
44 Oshos Erbe<br />
Sein Leben, seine Schüler, sein Erbe<br />
45 Erotik und Transzendenz<br />
Tantra 2000<br />
46 Buddhismus & Christentum<br />
Interreligiöser Dialog<br />
51 Frauen lieben anders – Männer auch<br />
Tantra 2001<br />
52 Buddhismus im Westen<br />
Fortsetzung unserer Buddhismus-Reihe<br />
53 Bewegung, Berührung, Stille<br />
Ein bewegendes Heft zum Thema Körper<br />
54 Kinder – die neuen Menschen<br />
55 Heilkraft des Wassers<br />
56 Schamanische Wege der Heilung<br />
Hexen, Druiden, weise Frauen<br />
Einzelhefte auch als PDF<br />
für eBook-Reader!<br />
POWER-PACKS<br />
Buddhismus<br />
❏ 7 Hefte – Special Nr. 40, 46, 52, 58,<br />
64, 70 & 76 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . statt 33 € nur 25 €<br />
Tantra<br />
❏ 3 Hefte – Special Nr. 93, 94 & 95 . . . . . . . . . . . . . statt 27 € nur 25 €<br />
❏ 14 Hefte – Sp. Nr. 27, 45, 51, 63, 78,<br />
83, 85, 87, 89, 90, 91, 93, 94 & 95 . . . . . . . . . . . statt 102 € nur 69 €<br />
Schamanismus<br />
❏ 10 Hefte – Schamanismus Nr. 1, 2, 3,<br />
4, 5, 6, 7, 8, 9, 10 & <strong>11</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . statt 76,20 € nur 62 €<br />
Massage & Körpertherapie<br />
❏ 4 Hefte – Special Nr. 30, 53, 59 & 74 . . . . . . . . . . . statt 18 € nur <strong>12</strong> €<br />
Heilung<br />
❏ 5 Hefte – Special Nr. 26, 33, 61, 68 & 74 . . . . . . . statt 23 € nur 18 €<br />
Massage, Körpertherapie & Heilung<br />
❏ 8 Hefte – Special Nr. 26, 30, 33, 53, 59,<br />
61, 68 & 74 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . statt 34 € nur 22 €<br />
Wasser<br />
❏ 2 Hefte – Special Nr. 32 & 55 . . . . . . . . . . . . . . . . . . statt 6 € nur 5 €<br />
Religiöse Wege<br />
❏ 6 Hefte – Special Nr. 25, 38, 44, 46, 62 & 72 . . . . statt 24 € nur <strong>15</strong> €<br />
5 € 58 Buddha – weiblich<br />
Frauen im heutigen Buddhismus<br />
59 System Mensch Neue Wege in Therapie,<br />
Unternehmensführung & Körperarbeit<br />
61 Asiatische Wege der Heilung<br />
62 Religiöse Wege in West und Ost<br />
63 Liebe, Eros, Transzendenz –<br />
Tantra im Westen Tantra 2003<br />
64 Buddhismus als Weltreligion<br />
68 Der neue Mensch<br />
Sein Bewusstsein, seine Heilmethoden,<br />
seine Religion<br />
7 € 70 Buddhismus & Psychotherapie<br />
72 Aufbruch in den Religionen<br />
73 Frauen heute – Magisch, mystisch,<br />
mütterlich<br />
76 Buddhismus – Körperbewusstsein und<br />
Gesundheit<br />
78 Freiheit – Liebe, Frust und Sinnlichkeit<br />
in den Solophasen des Lebens<br />
9 € 80 Macht und Ohnmacht in der Liebe<br />
Tantra 1/2007<br />
82 Kreativität – Tantra 1/2008<br />
83 Wie schön du bist! – Tantra 2/2008<br />
9 €<br />
2 Schamanismus und Psychotherapie<br />
3 Schamanismus und Schulmedizin<br />
4 Schamanismus und Ökologie<br />
9 Religiosität der Urzeit<br />
10 Religion der Frauen?<br />
<strong>11</strong> Heilkraft des Heiligen<br />
<strong>12</strong> Schamanen heute<br />
13 Zurück zu den Wilden?<br />
5,80 €<br />
5 Schamanismus und Kunst<br />
6 Naturheilweisen<br />
7 Lehrerpflanzen<br />
8 Europäischer Schamanismus<br />
9 €<br />
5 – 6/14 Liebe – beziehungsweise<br />
7 – 8/14 Anders essen<br />
9 – 10/14 Sowohl als auch: Advaita<br />
<strong>11</strong> – <strong>12</strong>/14 Die Welt als Ganzheit<br />
1 – 2/<strong>15</strong> Im Körper ankommen<br />
3 – 4/<strong>15</strong> Pop-Spiritualität<br />
5 – 6/<strong>15</strong> Weibliche Spiritualität<br />
7 – 8/<strong>15</strong> Ankommen im richtigen<br />
Leben<br />
9 – 10/<strong>15</strong> Wie Sprache Welten erschafft<br />
<strong>11</strong> – <strong>12</strong>/<strong>15</strong> Jetzt mal im Ernst:<br />
Sind wir komisch?<br />
85 Dich alle liebe ich!<br />
Solo, Mono, Poly – die Einheit in der Viefalt finden<br />
87 Der Körper als Tempel der Seele<br />
89 Rituale – Akte voller Bedeutung<br />
90 Sexualität & Identität<br />
91 Shiva & Shakti – Ich grüße das Göttliche in dir<br />
93 Tanz der Polaritäten<br />
94 Sex, Lust und Ethik – Die Tabus an den Rändern<br />
unseres Liebeslebens<br />
95 Feiner Genießen – kann Sensibiliät uns retten?<br />
96 Göttinnen – Power und Mysterium des Weiblichen<br />
97 Männerlüste in der Patriarchatsdämmerung<br />
shop.connection.de<br />
Schamanische Wege<br />
© BERND STERZL / PIXELIO.DE<br />
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