Rad am Niederrhein
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MÖNCHENGLADBACH<br />
Neue Planungsdenke bei Politik und Verwaltung?<br />
Wind of change and chances<br />
VON THOMAS M. CLASSEN<br />
Es tut sich was in Mönchengladbach. Erstmals werden auf einer Hauptverkehrsachse Aufstellflächen<br />
für Fahrradfahrer vor dem KFZ-Verkehr eingerichtet. Eine Signal von vielen.<br />
Die Tageszeitung an einem Morgen im Januar<br />
2016. Der Leser reibt sich ungläubig die<br />
Augen: „Das Diktat des Autos ist nicht die<br />
Zukunft, der Verkehr soll nicht verbannt, aber<br />
verringert werden. Das Zentrum muss gut erreichbar<br />
bleiben - auch für den Fahrradfahrer<br />
und den Fußgänger, ob alt oder jung.“ – Das<br />
steht da schwarz auf weiß als Zitat eines leitenden<br />
Mitarbeiter der Stadtverwaltung. Nur zwei<br />
Jahre nachdem der Slogan „Die autofreundliche<br />
Stadt“ auf Wink von<br />
oben und unter medienwirks<strong>am</strong>en<br />
Protesten<br />
eines unbelehrbaren<br />
Citymanagers von stadtbezuschussten Plakaten<br />
verbannt wurde.<br />
Mit Rückenwind fährt es sich leichter, eine<br />
bekannte Tatsache, die Fahrradfahrer in Mönchengladbach<br />
aktuell auch im politischen Umfeld<br />
wahrnehmen.<br />
Der in der Zeitung Zitierte heißt Dr. Gregor<br />
Bonin, wurde vor wenigen Monaten Baudezernent<br />
und hat kürzlich dafür gesorgt, dass sein<br />
Dezernat nun „Planen, Bauen, Mobilität und<br />
Umwelt“ heißt. Das alles wäre keine Nachrichtenzeile<br />
wert, aber der staunende Leser hält die<br />
Mönchengladbacher Ausgabe der Rheinischen<br />
Post in Händen.<br />
Mönchengladbach - tatsächlich bewegt sich<br />
etwas in der Stadt. Nicht nur weil Norbert Krauses<br />
200-Tage-Projekt just und hochverdient den<br />
Deutschen Fahrradpreis abgeräumt hat, nicht<br />
nur weil sich der neue Dezernent schnell auch<br />
die Zuständigkeit für „Verkehr“ (neudeutsch<br />
„Mobilität“) auf die Fahne geschrieben hat –<br />
sondern vor allem, weil an der Basis, weil in den<br />
Köpfen vieler hier lebenden und arbeitenden<br />
Menschen ein Umdenken stattgefunden hat.<br />
Da nehmen beachtliche 1.200 Fahrradfahrer<br />
„Das Diktat des Autos ist nicht die Zukunft“<br />
an der lokalen Sternfahrt teil, da startet die<br />
Volksbank ein Spendenprojekt für eine besondere<br />
Fahrradroute (siehe auch Seite 50) - und<br />
in den kommunalen Gremien wird plötzlich<br />
Verkehrswege-Planung in ungeahnter Qualität<br />
beraten.<br />
In Rheydt-Mitte kommt die Anregung zum<br />
fahrradgerechten Ausbau der Gracht-Zoppenbroich-Verbindung<br />
von der CDU und SPD zum Zug.<br />
Im Westend schaffen es die städtischen Planer<br />
die Burggrafen- und<br />
Markgrafenstraße sinnvoll<br />
umzugestalten.<br />
Fahrradfahrer finden<br />
dort nach dem Ausbau ordentliche Schutzstreifen<br />
in regelgerechten Breiten und an einigen<br />
Ampeln Aufstellflächen vor dem KFZ-Verkehr,<br />
wie sie die Stadt auf einer Hauptverkehrsachse<br />
noch nicht gesehen hat. Trotz Reduzierung von<br />
Parkplätzen (!) gelingt diese Planung in Harmonie<br />
mit den Anliegern. Ein Sieg transparenter<br />
Kommunalpolitik, nicht zuletzt, weil führende<br />
Köpfe der Bezirksvertretung Nord früh und stetig<br />
mit den Bürgern geredet haben.<br />
Na ja, im konservativem Eicken läuft nicht<br />
alles Bestens, bei der Planung der neuen Künkelstraße<br />
hakt es. Die Bezirksvertretung streicht<br />
die Beratung über Nacht von der Tagesordnung.<br />
Trotz bald fertigem neuen Nordring setzen das<br />
wenige Bedenkenträger durch, die sich Fahrrad-<br />
Schutzstreifen auf „ihrer“ B57 nicht vorstellen<br />
können. Ein paar Wochen später winkt der Planungsausschuss<br />
die vakante Verwaltungsvorlage<br />
aber einfach durch.<br />
In diesem Frühjahr werden in Gladbach weitere<br />
Einbahnstraßen in Gegenrichtung für den<br />
<strong>Rad</strong>verkehr freigegeben. Eine überfällige Maßnahme,<br />
die der Gesetzgeber bereits 2009 verordnet<br />
hat. So etwas dauert, die geforderte Ein-<br />
58 <strong>Rad</strong> <strong>am</strong> <strong>Niederrhein</strong> 2016-1