Hakuna matata - Dr. Birgit Klaubert
Hakuna matata - Dr. Birgit Klaubert
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<strong>Hakuna</strong> <strong>matata</strong><br />
Wer reist schon am Freitag, dem 13. eines Monats?<br />
Irgendetwas musste passieren. Der zweite Freitag des<br />
Jahres 2012 fällt auf einen 13. Schon am Morgen erklären<br />
die Moderatoren in den Rundfunk- und Fernsehsendung,<br />
dass das ein Unglückstag sein könnte, was sich allerdings in<br />
keiner Statistik nachweisen lässt. Also breche ich mit den<br />
Freunden des Vereins „education4kenya“ frohgemut auf,<br />
um den weiten Weg zum Äquator per Bahn und Flugzeug<br />
bis zum Morgen des 14. Januar geschafft zu haben. Wir<br />
wollen unsere Patenkinder und die Schule des Vereins in<br />
Mombasa besuchen. Mit dem recht guten Gefühl, alle<br />
Geschenke und persönlichen Dinge im Koffer verstaut,<br />
Gewichtsgrenzen nicht überschritten und erst einmal alle<br />
Bahnanschlüsse erreicht zu haben, treffen wir am<br />
Frankfurter Flughafen ein. Die Unruhe weicht langsam der<br />
Vorfreude auf das ferne Land im tiefen Afrika. Das<br />
Einchecken geht flott voran, wir nehmen noch einen kleinen<br />
Imbiss ein, schwatzen fröhlich miteinander und erzählen<br />
von früheren Pannen. Es ist schließlich Freitag, der 13.<br />
Es wird Zeit, die Zollkontrolle zu passieren, vor die der Flughafenablauf die Kontrolle der Bordkarte<br />
gesetzt hat. Der Bedienstete meint, mein Flug ginge erst am 14. Januar, ich tippe auf die 13 auf<br />
meine Bordkarte und widerspreche. Er lässt mich ziehen und erklärt Michaele ebenfalls, dass wir erst<br />
am nächsten Tag fliegen. So jedenfalls zeigt es sein Computer an. Michaele erklärt im Brustton der<br />
Überzeugung, die 14 stehe deshalb auf dem Bildschirm, weil wir an diesem Tag in Mombasa<br />
ankommen.<br />
Unser Widerstand gegen das Schicksal ist zwecklos. Der Computer hat Recht. Wir verbringen die<br />
Nacht im Zimmer 740 des Airport Hotels am Flughafen Frankfurt. Der Flug DE 5364 nach Mombasa<br />
über Nairobi startet erst am nächsten Morgen, 12 Stunden später als geplant. Die Maschine ist<br />
kaputt, ein neues Flugzeug muss besorgt werden und es braucht einige Zeit, ehe der Ersatz für den<br />
Riesenvogel Boeing 767 zur Verfügung steht.<br />
<strong>Hakuna</strong> <strong>matata</strong>, würden unsere Freunde in Kenia sagen, kein Problem,<br />
pole pole, langsam!<br />
Am Samstag werden wir um 4.45 Uhr<br />
geweckt und zum Neustart auf den Weg<br />
nach Afrika geschickt. Wir fliegen bei<br />
wunderschönem Sonnenwetter ab. Die<br />
Sonne verlässt uns bis Afrika nicht mehr.<br />
Nach dem Blick auf die verschneiten Berge<br />
der Alpen öffnet sich der Blick auf die<br />
Urlaubsorte an der Adriaküste und das<br />
Blau des Mittelmeers. Die griechischen<br />
Inseln liegen unter uns und dann geht der<br />
Flug schier endlos lang über rote und<br />
gelbe Wüstengebiete. Manchmal tun sich<br />
Wasserflächen auf, Flussläufe sind
erkennbar, später dann felsige Formationen und hin und wieder Ansiedlungen. Ich hätte gern<br />
Informationen über die Erde unter mir und lausche einem Gespräch einer Reisenden mit der<br />
Stewardess. Die Stewardess erklärt, dass nun Filmzeit sei und während dieser gäbe es keine<br />
Durchsagen. Die Reisenden hätten schließlich ihre Kopfhörer für 3,50 € erworben, um die<br />
Unterhaltungsprogramme zu genießen und nun laufe halt der Film.<br />
Unter mir hat die Wüste wieder einen rötlichen Farbton angenommen und lockt nicht zum längeren<br />
Verweilen. Das Flugzeug zieht ca. 10 bis 12 Tausend Meter über ihr seine Bahn. Die Sonne brennt<br />
durch das Fenster. Ich versuche, die Eindrücke mit meinem kleinen Fotoapparat einzufangen.<br />
Dann nehme ich den Marco-Polo-Reiseführer Kenia zur Hand und lese: „Der ganze Reichtum Afrikas<br />
in einem Land, das ist Kenia… So viel Vielfalt gibt es in Afrika kein zweites Mal.“ Es folgen aber auch<br />
Stichworte wie AIDS und Korruption. Bald werde ich mir mein eigenes Bild machen können.<br />
Unser Ziel ist Mombasa, die zweitgrößte Stadt Kenias. Hier befindet sich das Schulprojekt des Vereins<br />
education4kenya und hier leben unsere Patenkinder.<br />
Nach so viel Wüste unter mir und vielen Gedanken, die kreuz und quer durch meinen Kopf schießen,<br />
entschlummere ich. Ägypten und der Sudan sind überflogen. Entlang der äthiopischen Grenze fliegen<br />
wir Richtung Kenia und senken uns dann zur Zwischenlandung auf Nairobi. Die Sonne ist<br />
untergegangen, nach kurzer Dämmerung bricht die Nacht herein. Das Flugzeug startet zur letzten<br />
Etappe nach Mombasa. Die Landschaft ist nach der Regenzeit grün. In sie sind Anwesen eingestreut<br />
mit deutlich sichtbaren Feldern und Wasserhalterungen.<br />
Auf dem Flughafen in Mombasa erwartet uns die nächste Überraschung. Nach dem Ausstellen und<br />
natürlich Bezahlen des Einreisevisums, der Pass- und Zollkontrolle sowie des langen Wartens auf<br />
unser Gepäck stellen wir fest, dass es keinen Transfer für uns zum Hotel gibt. Irgendetwas ist schief<br />
gegangen. Zum Glück hat Jürgen Benson benachrichtigt. Dieser kennt die Schule und den Verein und<br />
fährt mit seinem Taxi oftmals für Gäste der Schule. Er rettet uns aus unserem „Transportnotstand“<br />
und lenkt sein Auto geschickt durch ein schier undurchschaubares nächtliches Gewirr aus Fahrzeugen<br />
und Menschen.<br />
<strong>Hakuna</strong> <strong>matata</strong>, kein Problem.<br />
Es ist spät in der Nacht, als wir erschöpft im Hotel Bahari Beach ankommen. Die Küche hat trotz<br />
unserer späten Ankunft für uns geöffnet und wir erleben zum ersten Mal diese freundlichen<br />
Menschen Kenias. Die erste Nacht unter dem Moskitonetz im fremden Land umfängt uns.<br />
Am nächsten Tag ist Sonntag. Unter<br />
den Klippen des Hotels liegt der<br />
Indische Ozean. Nach der Flut geht<br />
das Wasser wieder zurück und es<br />
herrscht geschäftiges Treiben der<br />
„fliegenden“ Händlerinnen und<br />
Händler. Sie hängen hunderte von<br />
farbigen Tüchern auf Leinen auf,<br />
platzieren Holzfiguren und Schmuck.<br />
Zwei Kamele werden entlang<br />
geführt, um Touristen am Strand<br />
entlang zu schaukeln. Wir schauen<br />
zunächst von oben zu und müssen<br />
uns erst einmal gegenseitig<br />
versichern, dass wir nicht träumen.
Um 13 Uhr sind wir mit Gunter, den Vorsitzenden des Vereins education4kenya verabredet. Bis dahin<br />
schaffe ich es, mir den ersten Sonnenbrand zu holen und am Strand einige dieser prächtig bunten<br />
Tücher sowie einen Elefanten zu erwerben. Der Preis dafür sichert nach Insider-Aussagen den<br />
Unterhalt einer Familie für eine ganze Woche. Trotz Handelns habe ich viel zu viel bezahlt und ärgere<br />
mich trotzdem nicht. Meine Verkäuferin Agnes wird mich nun jeden Tag besonders freundlich grüßen<br />
und ich rufe ihr zu, dass ich nichts mehr brauche. <strong>Hakuna</strong> <strong>matata</strong>.<br />
Mittags fahren wir mit dem Schulbus zur Schule unseres Vereins. Ihr Name „Altenburger Land“ wirkt<br />
wie ein Gruß aus der Heimat. Daneben steht „ELYMU YA KENYA SCHOOL“. Das ist die Übersetzung<br />
des Vereinsnamens in Kisuaheli.<br />
In der Schule versammeln sich schon die Eltern. Später werden wir mit ihnen eine<br />
Elternversammlung haben.<br />
Zunächst aber besichtigen wir die<br />
Schule, die vor zwei Jahren erbaut<br />
wurde, schauen in jeden<br />
Klassenraum, in die Küche und in<br />
die Sanitäreinrichtungen. Jeden<br />
Tag erhalten unsere Kinder ein<br />
Mittagessen. Es wird auf einem<br />
Holzkohlefeuer zubereitet und<br />
sichert den Kindern ausreichend<br />
Energie für den Schultag.<br />
Gegenüber erhebt sich schon der<br />
zweite Neubau auf dem Gelände.<br />
Im April soll er eröffnet werden.<br />
Dann wird jede Klasse ihren<br />
eigenen Klassenraum haben.
Zudem sollen ein Computerkabinett, ein Werkraum und einen Nähwerkstatt entstehen. Später soll es<br />
dann einen Sportplatz zwischen den beiden Gebäuden geben.<br />
Um das Schulgelände zieht sich ein Entwässerungsgraben, der<br />
in der Regenzeit verhindert, dass das gesamte Terrain zur<br />
Schlammwüste wird. Auf der Baustelle arbeitet ein<br />
Bauingenieur. Er organisiert den gesamten Bauablauf von<br />
Montag bis Sonntag. In der Nacht wird das Gelände von einem<br />
Masai bewacht. Für die begrenzte Zeit der Bauarbeiten sichert<br />
ihm diese Aufgabe den Familienunterhalt. Fröhlich gesellt er<br />
sich zu uns und lässt sich bereitwillig fotografieren.<br />
Wir klettern im Neubau ins Obergeschoss. Jedem deutschen<br />
Bürokraten wäre das ein Graus, mindestens zehn Vorschriften<br />
würden diese Art von Baustellenbesichtigung verbieten.<br />
Wir hingegen schmieden Pläne, wie wir helfen können, wen wir<br />
ansprechen müssen, damit die Hilfe weiter gehen kann. Uns<br />
Frauen hat es besonders der Plan angetan, das Geld für<br />
mechanische Nähmaschinen zu sammeln, damit in der<br />
künftigen Nähwerkstatt die Schülerrinnen Grundfertigkeiten im<br />
Nähen erwerben können. Diese Ausbildung könnte in eine<br />
berufliche Perspektive münden und manches Mädchen vor dem Schicksal als Prostituierte bewahren.<br />
Nebenbei erfahren wir, dass die Frauen wesentlich verantwortungsbewusster mit dem Thema AIDS<br />
umgehen. Sie lassen sich freiwillig testen, die Männer oftmals nicht. Für den polytechnischen<br />
Unterricht der Jungs warten in Altenburg schon 27 Schraubstöcke und diverse Materialien. Sie sollen<br />
demnächst mit dem zweiten Schulbus von Deutschland nach Kenia auf die Reise gehen.<br />
Nach dem Schulrundgang hat sich der große Veranstaltungsraum gefüllt. Die Eltern erwarten uns<br />
festlich bunt gekleidet, zwei <strong>Dr</strong>ittel der Anwesenden sind Frauen. Ich werde gebeten, einige Worte<br />
zum Zweck unseres Besuchs zu sagen und mühe mich, das in englischer Sprache zu tun. Meine<br />
Ausführungen werden in Kisuaheli übersetzt und dann geht das Frage-Antwort-Spiel wieder zurück in<br />
Englisch. Man sagt uns herzlich Danke und benennt gleichzeitig, wofür der Verein in der näheren und<br />
weiteren Zukunft sorgen soll:<br />
1. Es soll kontinuierlich Deutschunterricht angeboten werden.<br />
2. In unmittelbarere Schulnähe soll es einen Kindergarten geben.<br />
3. Der Verein solle für eine weiterführende Schulbildung nach der Primary-School sorgen.<br />
Die Probleme sind weder dem<br />
Verein in Deutschland noch dem<br />
Partnerverein aus Mombasa<br />
unbekannt, doch jegliches braucht<br />
seine Zeit. Ich erkläre gemeinsam<br />
mit Gunter und Lilian, der<br />
Vorsitzenden des Partnervereins,<br />
dass auch unsere Kräfte nur<br />
begrenzt sind. Vieles wird step by<br />
step“ entstehen, die Erwartungen<br />
jedoch sind größer als die<br />
Möglichkeiten. Wir versichern uns<br />
gegenseitig, dass für die Kinder<br />
Bildung der Schlüssel für ein<br />
besseres Leben in der Zukunft ist.
Wir sorgen mit unseren Patenschaften für die Schulbildung und das Essen, die Eltern müssen<br />
Schulkleidung und –bücher finanzieren. Staatliche Zuschüsse gibt es nicht. Das ganze Projekt ist eine<br />
Lebensaufgabe.<br />
Wir besuchen die Nachbarn, eine muslimische Gemeinde neben der Schule. Nach dem Besuch der<br />
Moschee und der Einladung zu frischer Kokosmilch erhalten wir einen Brief mit der Bitte um<br />
finanzielle Hilfe aus Deutschland. Auch diese Gemeinde will Land erwerben und Bildungs- und<br />
medizinische Angebote organisieren.<br />
Zunächst aber ist ein<br />
afrikanisches Kulturprogramm<br />
vorbereitet worden.<br />
Unzählige Kinder begleiten<br />
uns zum Dorfplatz. Wir<br />
sitzen mit dem Vorsteher<br />
der Gemeinde, der<br />
gleichzeitig der<br />
Medizinmann ist, unter dem<br />
schattigen Palmendach und<br />
vor uns wirbeln die<br />
Halbwüchsigen in<br />
Überschlägen über den<br />
Platz und bauen lebendige<br />
Pyramiden. Afrikanische<br />
Rhythmen erklingen. Wir<br />
werden der Reihe nach zum Tanz geholt und mühen uns redlich, unsere Körper so ähnlich wie unsere<br />
Gastgeberinnen und Gastgeber zu bewegen. So richtig gut sieht das nicht aus. Fröhliches Gelächter<br />
und Beifall begleitet uns. Und es folgt der unvermeidliche Kauf kleiner Musikinstrumente.<br />
Voller Eindrücke reisen wir zurück ins Hotel und haben das Gefühl, schon tagelang hier zu sein.<br />
Der nächste Tag bietet zunächst Entspannung mit Sonne und Meer. Am Abend bereiten wir uns auf<br />
die Exkursion in alle Schulen des Patenschaftsbereichs vor. Wir sortieren die Geschenke und<br />
besuchen einen Einkaufsmarkt, um ein Gefühl für die Preise vor Ort zu bekommen. Was wir hier<br />
kaufen können, müssen wir nicht aus Deutschland mitbringen. Ich stelle fest, dass viele Dinge vor Ort<br />
in guter Qualität und zu einem ähnlichen Preis wie in Deutschland erworben werden können. Die<br />
einheimische Bevölkerung kann sich das allerdings kaum leisten. Wer aber nach Kenia fährt und seine<br />
Patenkinder besucht, kann durchaus Geschenke in Mombasa einkaufen. 20 Kilogramm Gepäck sind<br />
schnell erreicht und der Preis für das Übergepäck kann sinnvoller eingesetzt werden.<br />
Zu fast mitternächtlicher Stunde warten wir in einem kleinen Kaffee neben dem Supermarkt auf<br />
unser Taxi zurück ins Hotel. Sofort werden wir auf unsere Herkunft und den Zweck unserer Reise<br />
angesprochen, schwatzen fröhlich mit dem Kellner und lassen uns einige Worte in Kisuaheli erklären.<br />
Das immer wiederkehrende hakuna <strong>matata</strong> gehört natürlich dazu, ebenso wie karibu für<br />
Willkommen, jambo für Guten Tag, asante für danke oder maisha marefu als Spruch, wenn man das<br />
Glas erhebt… auf das Leben!<br />
Die Kenianer sind ein stolzes und freundliches Volk. Ein Dollar Trinkgeld macht sie noch freundlicher.<br />
Er bessert das spärliche Einkommen auf. Die Preise sind in den letzten Jahren sehr angestiegen.
Am Dienstag besuchen wir drei<br />
Schulen und den Kindergarten<br />
des Vereins in Kiembeni. Die<br />
Unterschiede zwischen den<br />
Schulen sind groß. Mein<br />
Patenkind Naomi lernt in der<br />
Tumaini Junior School. Die<br />
Schulleiterin wird aufgrund einer<br />
Operation im Sommer die Schule<br />
verlassen und die Schule macht<br />
einen eher traurigen Eindruck.<br />
Ich kann nicht einmal genau in<br />
Erfahrung bringen, wie alt<br />
Naomi ist. Wenn der<br />
Schulneubau fertig ist, werden<br />
„unsere“ 46 Kinder dieser Schule mit in das neue Gebäude einziehen, es wird eine enorme<br />
Verbesserung sein.<br />
An der Pearl Sworth School ist der Schulalltag besser geregelt. Auch hier besuchen wir Patenkinder.<br />
In einer Klasse frage ich, ob man mir ein Lied vorsingt und sofort erschallt fröhlicher Gesang.<br />
Im Kindergarten verschenken wir alle Kuscheltiere, die mit auf die Reise gegangen sind. Die<br />
Atmosphäre ist angenehm. In Windeseile werden die Bonbons genascht, die wir mitgebracht haben.<br />
Die Exkursion endet in „unserer“ Schule, die<br />
wir am Sonntag erst einmal ohne Kinder<br />
erlebten. Nun hospitieren wir im Unterricht,<br />
sehen zu, wie die Kinder erlernen, wie man<br />
einen offiziellen Brief oder einen kleinen<br />
Aufsatz schreibt und freuen uns an den für<br />
kenianische Verhältnisse wirklich guten<br />
Bedingungen des Gebäudes. Seit einiger Zeit<br />
gibt es sogar einen Stromanschluss. Vier<br />
Lehrerinnen und zwei Lehrer unterrichten die<br />
Kinder in einzelnen Klassen. Die Schuluniform<br />
ist in den Farben des Vereins gehalten.<br />
Wieder folgt die Übergabe von Geschenken, auch an dieser Schule habe ich ein Patenkind. Der<br />
Schulmanager bringt uns den besten Schüler der Schule, er muss einige Rechenaufgaben lösen und<br />
ist ganz aufgeregt.<br />
Zum Abschluss versammeln<br />
sich alle vor dem Schulportal<br />
und wir nehmen Abschied.<br />
Schon jetzt haben wir das<br />
sichere Gefühl, dass dieser<br />
Besuch nicht unser letzter<br />
war.<br />
Für den Ausbau des<br />
Bildungsangebotes an der<br />
Schule sind neben Geld,<br />
Geduld und Zeit Netzwerke<br />
notwendig, die helfen,<br />
administrative Hürden zu<br />
überwinden und die Hilfe<br />
dorthin zu lenken, wo sie<br />
unmittelbar gebraucht wird.
Am Abend führt uns Gunter zu Schweizer<br />
Freunden in den Nguuni Sanctuary Parc, einem<br />
künstlich angelegten Naturpark in Mombasa.<br />
Wir versammeln uns zur sun-downer-party.<br />
Inmitten von Giraffen und Straußen wird ein<br />
Feuer entzündet, der Wildhüter geht mit mir<br />
zum Futterplatz und eine Giraffe frisst mir aus<br />
der Hand. Die Sonne geht unter und die Bilder<br />
sind unwirklich schön. Brigitte, die Schweizerin,<br />
sagt: Afrika kann man nur lieben oder hassen<br />
und schreibt mir später: „na dann hat dich das<br />
Afrika-Fieber doch gepackt“.<br />
Was nun folgt, ist Urlaub pur. Wir gehen auf Safari. Am frühen Morgen des nächsten Tages werden<br />
wir von Michael abgeholt und fahren zunächst in den Nationalpark Tsavo-Ost, später dann nach<br />
Tsavo-West. Rote Erde empfängt uns. Michael erklärt uns Vegetation und Tierwelt. Giraffen, Zebras,<br />
Antilopen und natürlich die berühmten roten Elefanten Kenias sind in freier Wildbahn zu sehen und<br />
zu fotografieren. Auf dem Fahrweg hat sich eine Straußenfamilie bequem bemacht. Michael fährt<br />
vorsichtig am Rand vorbei. In der Mittagshitze versammeln sich die Tiere im Schatten der<br />
Schirmakazien. Per Funk werden wir zu einem Platz gerufen, an dem ein stolzer Gepard lagert. In den<br />
Bäumen hängen die Nester der Webervögel wie Kugelschmuck. Am übernächsten Tag werden wir<br />
noch eine große Herde Elefanten sehen, die übermütig im Wasserloch badet. Danach überstäuben<br />
sich die Tiere mit der feuerroten Erde und werden wieder zu den roten Elefanten Kenias. Ich kann die<br />
Eindrücke kaum fassen.<br />
Die Übernachtung in einer Lodge im Busch, in der es nur am Abend und am Morgen für eine kurze<br />
Zeit Strom gibt und wir ansagen sollen, wann wir warmes Wasser brauchen, wird zum besonderen<br />
Erlebnis.
Wir befinden uns in der Nähe der Stelle, an der einst eine Brücke für die Uganda Railway gebaut<br />
wurde. Sie ist Schauplatz des Filmes „Der Geist und die Dunkelheit“ aus dem Jahr 1966, der auf der<br />
Grundlage des Buches „Die<br />
Menschenfresser von Tsavo“ von<br />
John Henry Patterson gedreht<br />
wurde. Erzählt wird die Geschichte<br />
zweier menschenfressender<br />
Löwen, die in das Lager der<br />
Bauarbeiter einfielen.<br />
Die Lodge heißt Patterson-Camp<br />
und nach Masai-Tänzen und<br />
Abendessen sitzen wir in der<br />
Rezeption und bekommen den Film<br />
gezeigt. Auf Nachfrage erklärt man,<br />
dass vor zwei Tagen ein Löwe um<br />
das Camp gestrichen sei, die<br />
beiden Masai jedoch mit ihren<br />
Speeren ausreichend bewaffnet seien. Sie tauschen bei Einbruch der Nacht ihren Stab gegen einen<br />
Speer, ohne ihr Messer gehen sie nirgendwohin. Ohne Begleitschutz durch die Masai dürfen auch wir<br />
nirgendwohin, nicht einmal aufs Klo. Vom gegenüberliegenden Ufer hören wir die Hyänen.<br />
<strong>Hakuna</strong> <strong>matata</strong> oder Safari -Latein?<br />
Die Masai in ihrem roten Stammesgewand begleiten uns am nächsten Morgen auch zum „natural<br />
walk“. Kurz vor Sonnenaufgang tasten wir uns in völliger Dunkelheit zu unseren Kleidern und<br />
verlassen das Zelt in Richtung Flussufer. Gegenüber sehen wir Krokodile, die Flusspferde<br />
hingegen tauchen einfach ab. Am Ufer zeigen uns die Masai die Spuren verschiedener Tiere: die<br />
Pfotenabdrücke des Löwen, die Schlängelbewegung der Krokodile, die Abdrücke der Flusspferde.<br />
Am nächsten Tag werden wir zu gleicher Stunde an anderer Stelle die Krokodile vor uns lagern sehen<br />
und die Flusspferde in Großfamilie beobachten können. Die aufgehende Sonne lässt die Umgebung in<br />
vielerlei Pastelltönen erstrahlen. Der Respekt vor der Natur mischt sich mit dem Gefühl der<br />
Dankbarkeit für diese Schönheit.<br />
Das Aufstehen vor Sonnenaufgang behalte ich bis zur Abreise bei. Zurück in unserem Hotel nutze ich<br />
die frühe Stunde, um im Indischen Ozean schwimmend den Sonnenaufgang zu betrachten. Ein Lied<br />
von Gerhard Schöne geht mir immer wieder durch den Kopf:“Vielleicht wird’s nie wieder so schön.“<br />
Asante!<br />
Wohl niemand wird aus Kenia<br />
zurückkehren, ohne sich jene<br />
wunderbaren Schnitzarbeiten<br />
gekauft zu haben, die für<br />
Afrika berühmt sind. Wir<br />
besuchen eine Kooperative, in<br />
der mehrere Schnitzer<br />
zusammen arbeiten. Das Holz<br />
wird ihnen zur Verfügung<br />
gestellt und jeder hat eine Art<br />
„Standnummer“, die auf den<br />
Kunstwerken steht. Wird<br />
etwas mit dieser Nummer<br />
gekauft, bekommt der<br />
Schöpfer der Arbeit einen
Obolus. Der Verkauf darf nur im angrenzenden Laden geschehen.<br />
Die Umstände, unter welchem die Arbeiten entstehen sind unglaublich. Ärmlich und abgerissen<br />
gekleidet sitzen die Arbeiter in ihren Hütten und fertigen aus Holz oder Speckstein Tiere, Masken,<br />
Schmuck oder Gebrauchsgegenstände. Ihre Arbeitszeit geht von Montag bis Samstag jeweils von 9<br />
bis 17 Uhr. Die Sanitäranlagen stinken zum Himmel. Ein Rinnsal durchzieht ebenso übel riechend das<br />
Gelände.<br />
Aufgeschlossen reden die<br />
Männer mit uns und bitten<br />
uns, etwas mit ihrer Nummer<br />
zu kaufen.<br />
Ein junger Mann fragt mich,<br />
ob ich Christin sei, denn er<br />
sei auch Christ wie ca. 80 %<br />
seiner Landsleute. Ich<br />
verneine und er fragt alle<br />
Weltreligionen ab. Ich erkläre<br />
ihm, dass Gott für alle<br />
Menschen da ist und ich<br />
dafür keine Kirche brauche.<br />
Daraufhin erklärt er mir, dass<br />
ich deshalb Christin sei.<br />
<strong>Hakuna</strong> <strong>matata</strong>!<br />
Stolz präsentiert mir ein anderer Junge seine Identitäts-Karte. Ich lese darauf seinen Namen und sein<br />
Geburtsjahr 1990, das Datum fehlt.<br />
Natürlich kaufe ich im angrenzenden Shop Geschenke für Familie und Freunde. Um den Preis handle<br />
ich gar nicht mehr.<br />
Die Zeit in Afrika geht zu Ende. Von<br />
Sonntag bis Sonntag währte unser<br />
Aufenthalt. Wir haben das Gefühl, viel<br />
länger in Kenia gewesen zu sein. Die<br />
Informationen und Eindrücke müssen<br />
später noch verarbeitet werden. Wir<br />
haben erfahren, dass dieses Land ein<br />
wirklich reiches Land ist, in dem trotzdem<br />
bittere Armut herrscht. Würde die<br />
Straßenverbindung hinauf ins Hochland<br />
und von dort nach Tansania besser sein,<br />
könnten Obst und Gemüse des<br />
Hochlandes viel günstiger an der Küste<br />
verkauft werden. Wer einmal auf kenianischen Straßen unterwegs war, wird in Deutschland anders<br />
über Verkehrswege nachdenken.<br />
Die alte Eisenbahnverbindung, die am Patterson-Camp vorbeiführte, ist zurzeit gar nicht mehr<br />
nutzbar. Sie wäre eine wichtige Lebensader. Doch wer die Aufgeschlossenheit der Menschen und die<br />
vielen Kinder sieht, schaut in das wahre Gesicht des Landes.<br />
Im Hotel verabschieden wir uns von etlichen Bediensteten, die wir jeden Tag sahen. Der Gärtner holt<br />
uns die letzten Kokosnüsse vom Baum, verziert sie mit einer Hibiskusblüte und bekommt dafür den<br />
unvermeidlichen Dollar. Der Maler besteht darauf, dass ich ihm das kleine Elefantenbild abkaufe, es<br />
passt doch noch ins Handgepäck.
Das letzte Frühstück bekommen wir morgens um 5 Uhr serviert. Niemand zieht ein mürrisches<br />
Gesicht und sogar die Mangofrüchte werden frisch aufgeschnitten. Auf dem Flughafen warten wir auf<br />
den Abflug, alles dauert ein bisschen länger, Durchsagen gibt es auch nicht und die Klimaanlage in<br />
den Geschäften ist kaputt. <strong>Hakuna</strong> <strong>matata</strong> und pole pole!<br />
Wir steigen in den Flieger und wieder ist es eine Boeing 767, die uns über Sansibar zurück nach<br />
Deutschland bringt. Ich sitze am Fenster, blicke von oben auf Kenia und dann auf den<br />
schneeumkränzten Kraterrand des Kilimandscharo. Ich komme zurück, asante!