Reisebericht Feb 2016
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<strong>Reisebericht</strong> Gambia <strong>Feb</strong>ruar <strong>2016</strong><br />
Im <strong>Feb</strong>ruar <strong>2016</strong> besuchte ich unsere Kooperationspartner in Banjul, Gambia. Nachdem ich zehn Jahre<br />
nur Kontakt über Email und Fax mit ihnen hatte, war dies nun meine erste Begegnung mit Afrika. Es war<br />
ein überwältigendes Erlebnis.<br />
Ich bin von Beruf Heilpraktikerin mit der Methode Osteopathie und Dozentin an einer Berufsfachschule<br />
für Physiotherapie.<br />
Also besuchte ich nicht nur die Orthopädiewerkstatt der GAPD, sondern stellte auch einen Kontakt zur<br />
Physiotherapie des Royal Victoria Teaching Hospital her.<br />
Als ich das erste Mal in der Orthopädiewerkstatt eintraf, herrschte dort reges Treiben. Alle Mitarbeiter<br />
waren voll beschäftigt mit dem Bauen und Reparieren von Prothesen und Rollstühlen. Auf der Bank saß<br />
eine lange Schlange wartender PatientInnen. Also wollte ich hier nicht weiter die Arbeit aufhalten und<br />
verabredete mit den Mechanikern einen Termin nach Arbeitsschluß, damit wir uns austauschen könnten<br />
und für ein Interview.<br />
Die Wartezeit verbrachte ich damit, mir die Hauptstadt Banjul anzuschauen, das rege Treiben auf den<br />
Straßen, die Altstadt mit kolonialzeitlichen Bauten, den Hafen und den Markt.<br />
Nach Arbeitsschluß waren die Mitarbeiter der Werkstatt natürlich erschöpft. Sie können erst Feierabend<br />
machen, wenn auch der letzte Patient oder die letzte Patientin versorgt sind. Denn übernachten können<br />
die PatientInnen, die teils von weit her anreisen, in Banjul nicht, sie müssen am gleichen Tag wieder<br />
nach Hause fahren. Wir hatten aber ein wenig Zeit für ein Gespräch und für die Übergabe der Spenden,<br />
die ich aus Deutschland mitgebracht hatte.<br />
Außerdem gingen wir durch die Werkstatt, und Gabriel, der gelernte Orthopädiemechaniker erklärte mir,<br />
welches Material dringend benötigt wird. Unter anderem hat die Werkstatt vor ein paar Jahren eine<br />
Schleifmaschine für die Prothesen geschenkt bekommen, ein altes Modell, das aber noch gute Dienste<br />
tut. Für diese Maschine werden dringend neue Schleifbänder benötigt. Außerdem fehlt es an einfachem<br />
Werkzeug, wie Schraubendreher, Imbusschlüssel usw.<br />
Ich konnte während meines Aufenthalts noch ein paar Mal eine Stippvisite in der Werksstatt machen,<br />
und bekam einen Eindruck davon, was für eine wertvolle Arbeit hier geleistet wird.<br />
Mein Besuch in der Physiotherapie des Royal Victoria Teaching Hospital war ebenfalls beeindruckend.<br />
Auch der Leiter der Abteilung hatte wenig Zeit, aber wir vereinbarten einen Termin für einen Workshop.<br />
In Gambia gibt es erst seit zwei Jahren die Ausbildung zur/m Physiotherapeuten/tin.<br />
Davor mußte die Ausbildung im Ausland absolviert werden, weshalb es nur wenige ausgebildete<br />
PhysiotherapeutInnen gibt.
Die Physiotherapieausbildung jetzt ist der Medizinischen Fakultät der Unviversity of the Gambia<br />
angegliedert und kooperiert mit einer spanischen Universität (Lleida University). Die Ausbildung dauert<br />
vier Jahre und endet mit dem Bachelor of Science in Physiotherapy. Es ist sehr schwierig, DozentInnen<br />
für die Ausbildung zu finden, auch hier ist die Universität auf europäische Kooperation angewiesen. In<br />
diesem ersten Studiengang befinden sich 7 AbsolventInnen, die zweite Gruppe Auszubildender soll<br />
Mitte dieses Jahres folgen.<br />
Außerdem gibt es in Gambia den Beruf des Physiotherapieassistenten, der weisungsgebunden an die<br />
Voll-Physiotherapeuten arbeitet. Diese Ausbildung gibt es seit 2010 und wird auch an der University of<br />
the Gambia durchgeführt. Hier gibt es eine einjährige Ausbildung mit einem Zertifikat und eine<br />
zweijährige Ausbildung mit einem Diplom. AbsolventInnen dieser Ausbildung werden in die<br />
Krankenhäuser in ganz Gambia verteilt.<br />
Zu meinem Workshop kam eine große Gruppe interessierter Auszubildender, AssistentInnen und<br />
PhysiotherapeutInnen. Inhaltlich setzten wir uns zunächst mit dem Bobath-Konzept auseinander, eine<br />
spezielle Therapieform für Kinder und Erwachsene mit neurologischen Erkrankungen. In Gambia gibt es<br />
viele PatientInnen, die einen Schlaganfall erleiden, es gibt viele Kinder, die aufgrund der ungenügenden<br />
Geburtshilfe mit einem Gehirnschaden zur Welt kommen (infantile Cerebralparese). Außerdem ist trotz<br />
Impfkampagnen Polio ein Problem in Gambia. All dies sind PatientInnen, die dringend Physiotherapie<br />
benötigen, und die am erfolgreichsten nach dem Bobath-Konzept behandelt werden können.<br />
Da an dem Tag, an dem ich den Workshop hielt, keine neurologischen PatientInnen eingeplant waren,<br />
dieser Tag war den orthopädischen PatientInnen vorbehalten, suchten die gambischen KollegInnen<br />
einen ihrer wartenden PatientInnen heraus, der besonders schwierig zu behandeln war, und an diesem<br />
Fallbeispiel zeigte ich Befundungs- und Behandlungsmöglichkeiten. Das hat mir sehr viel Freude<br />
gemacht, denn ich hatte ein sehr aufmerksames Publikum.<br />
Einer der Physiotherapeuten nahm sich dann noch die Zeit, mir das Krankenhaus zu zeigen. Das<br />
Hospital von Banjul ist das modernste Krankenhaus von ganz Gambia. Dennoch sieht man hier sehr<br />
deutlich die Not der Menschen. Aber es war auch hier beeindruckend zu sehen, mit welch wenig Mitteln<br />
das medizinische Personal alles menschenmögliche versucht, um zu helfen und zu heilen.<br />
Allein um die Physiotherapie zu unterstützen, in Behandlung und Ausbildung, habe ich mir fest<br />
vorgenommen, Gambia noch mehr als einmal zu besuchen. Dabei werde ich bestimmt die anderen<br />
Bereiche, besonders unsere Freunde von der Orthopädiewerkstatt, nicht außer Acht lassen.<br />
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