6020 Stadtmagazin - Mai 2016
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als-Auch. Was Innsbruck seit jeher auszeichnet,<br />
das „Und“ bzw. „Aber“, ist heute nicht mehr Plan<br />
B, sondern <strong>Mai</strong>nstream. Work-Life-Balance, der<br />
anhaltende Einklang von Berufs- und Privatleben gilt<br />
als Megatrend schlechthin. Keine Marktforschung,<br />
keine Meinungsumfrage, kein<br />
globaler Survey, die nicht<br />
diese zeitgeistige Inkarnation<br />
von Yin und Yang als Endstation<br />
Sehnsucht der Lebensziele<br />
herauskristallisieren. Je<br />
europäischer, umso mehr. Je<br />
asiatischer, desto weniger.<br />
GELOBTES LAND DER<br />
GENERATION Z.<br />
Aber mehr noch trennt das<br />
Alter die Interpretation von<br />
„Arbeit macht das Leben süß,<br />
Faulheit stärkt die Glieder.“ Wo<br />
Baby Boomer (Geburtsjahrgänge<br />
bis 1965) unverdrossen<br />
dem Schaffen und Raffen als<br />
Aufstiegshilfe ihren Freizeit-Tribut zollen, sind die<br />
Generationen X (bis 1980), mehr noch Y (bis 1998)<br />
und am meisten Z nicht nur Erben, sondern wollen<br />
zwar davon zehren, aber von sich selbst weniger<br />
verbrauchen. So wird das Mittelmaß neu definiert.<br />
Nicht als Elend der Durchschnittlichkeit, sondern als<br />
Lebensglück infolge Interessenaugleichs. Nirgendwo<br />
funktioniert das besser als hier. Denn zur Grundverfassung<br />
aus Urbanität und Natur kommt längst:<br />
Gelegenheit macht Liebe.<br />
// Wenn du einem Nicht-Einheimischen erzählt,<br />
dass du im Winter nach Feierabend die Ski anschnallst,<br />
um nachts mit Stirnlampe herunterzufahren<br />
in die Stadt, will er es erst nicht glauben. Doch wenn<br />
WENN DU EINEM NICHT-<br />
EINHEIMISCHEN ER-<br />
ZÄHLST, DASS DU IM<br />
WINTER NACH FEIER-<br />
ABEND DIE SKI AN-<br />
SCHNALLST, UM NACHTS<br />
MIT STIRNLAMPE HER-<br />
UNTERZUFAHREN IN DIE<br />
STADT, WILL ER ES ERST<br />
NICHT GLAUBEN.<br />
du ihm Bilder zeigst, Videos vorführst, auf Facebook,<br />
YouTube und Instagram teilst, was diese Stadt so<br />
geil macht, dann versteht er es, dann leuchten seine<br />
Augen, dann sehnt er sich nach Work-Life-Balance.<br />
Mehr noch als eine Weltstadt vermag Innsbruck ein<br />
globales Zentrum dieser Work-<br />
Life-Balance sein.<br />
// Doch die Alpenhauptstadt<br />
kann nur dann Avantgarde<br />
im ursprünglichen Wortsinn<br />
des Voranschreitens sein,<br />
wenn auch das Land sie lässt.<br />
Das Spannungsfeld zwischen<br />
Tirol und Innsbruck ist bloß so<br />
lange fruchtbar, wie das Urbane<br />
nicht gefesselt wird von der<br />
Beharrlichkeit des Landläufigen.<br />
Der Tourismus, nicht erst<br />
seit dem Wellness-Boom der<br />
Vorbote des allumfassenden<br />
Trends zur Work-Life-Balance,<br />
ist andernorts stärker: Doch<br />
Ischgl und Sölden sind zwar<br />
Vorreiter im alpinen Fremdenverkehr, aber damit<br />
bloß Nachhechler großstädtischer Moden – so wie<br />
Kitzbühel und Arlberg sich als Winterfrische behaupten.<br />
Auch die Industrie ist keine Innsbrucker Domäne,<br />
eher gehorcht sie Wattener wie Außerferner und<br />
Kundler wie Telfer Ansprüchen. Doch sie mag noch<br />
so sehr auf die vierte industrielle Revolution alias<br />
4.0 pochen – gesellschaftliche Paradigmenwechsel<br />
schafft sie hierzulande nicht mehr. Dazu taugt eher<br />
und gut die einzige wirkliche Stadt im Lande, die eher<br />
zufällig zum Musterbeispiel jener Work-Life-Balance<br />
geworden ist, die sich nun mehr als alles andere für<br />
Zukunftsvision und -strategie eignet. Olympia war<br />
gestern. Leben im Einklang ist morgen.<br />
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