Es hätte uns aus dem Karriere - Spouse Career Centre
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Trends Doppelte <strong>Karriere</strong>n<br />
Bill Gates muss einen<br />
besonderen Platz in<br />
ihrem Herzen haben.<br />
Ohne Outlook wären<br />
Monica Dell’Anna<br />
und Alex Brand aufgeschmissen.<br />
Die beiden<br />
t<strong>aus</strong>chen ihre dichten Terminkalender<br />
über dieses Tool <strong>aus</strong> – permanent.<br />
Nur so können sie ihr Leben akkurat bewirtschaften<br />
und sicherstellen, dass «das<br />
System» nicht zusammenbricht.<br />
Das System besteht in diesem Falle<br />
<strong>aus</strong> zwei Menschen mit anspruchsvollen<br />
Kaderjobs und zwei Kindern im Alter<br />
von sieben und drei Jahren. Monica<br />
Dell’Anna (40) ist Leiterin Glasfaser, Entwicklung<br />
und IT Transformation bei der<br />
Swisscom und gehört damit zum Topmanagement<br />
des Telekomriesen. 600 Leute<br />
sind ihr in der Matrix-Organisation unterstellt,<br />
acht rapportieren im Programm<br />
direkt an sie. Ihr Ehemann (42) ist Leiter<br />
Anlagenmanagement Telecom im Infrastrukturbereich<br />
der SBB, er hat 22 Mitarbeitende.<br />
Beide arbeiten 100 Prozent. «<strong>Es</strong><br />
war für mich nie ein Thema, dass ich beruflich<br />
zurückstecke, wenn Kinder da<br />
sind», sagt die Italienerin, die wie Alex<br />
Brand Elektrotechnik studiert hat. Beide<br />
halten einen Doktortitel in Telecom Engineering.<br />
Auch Maksym Kovalenko und Maryna<br />
Bodnarchuk verbindet eine identische<br />
Partnerin zwischen 25 und 63 Jahre, Partner zwischen 25 und 64 Jahre alt,<br />
ohne Erwerbslose. Quelle: SAKE. © BILANZ-Grafik<br />
60 BILANZ 01/2012<br />
Ausbildung. Die beiden arbeiten gar im<br />
selben Departement an der ETH Zürich.<br />
Kovalenko, Jahrgang 1982, ist seit 2011<br />
Assistenzprofessor im Departement für<br />
Chemie und angewandte Biowissenschaften<br />
und ist auch in der Empa in Dübendorf<br />
tätig. Seine Frau ist als Postdoc<br />
an der ETH angestellt. Beide forschen im<br />
Bereich von Nanomaterialien, die in der<br />
Energieversorgung eine wachsende Rolle<br />
spielen. 70- bis 80-Stunden-Wochen sind<br />
für Kovalenko an der Tagesordnung.<br />
Seine Frau ist ebenfalls täglich an der<br />
ETH. Für das siebenjährige Töchterchen,<br />
das tagsüber den öffentlichen Hort besucht,<br />
sind die Stunden zwischen 18 und<br />
21 Uhr und das Wochenende reserviert.<br />
Die Arbeitstage enden meist um 23 Uhr.<br />
Damit das funktioniert, plant Maryna<br />
die Woche exakt durch. «Sie ist extrem<br />
gut organisiert. Sogar das Nachtessen für<br />
die einzelnen Tage steht zum Vor<strong>aus</strong><br />
fest», sagt ihr Ehemann. Seine Frau<br />
ärgert sich zwar über den Planungsdruck.<br />
«<strong>Es</strong> ist schwierig, alles auf die<br />
Reihe zu kriegen. Aber ich möchte es<br />
nicht anders», betont sie. Um gleich<br />
nachzuschieben: «Am liebsten <strong>hätte</strong> ich<br />
noch mehr Zeit für die Arbeit.»<br />
Von Doppelverdienern zu DCC. Kovalenko/Bodnarchuk,<br />
Dell’Anna/Brand –<br />
zwei Paare, die ihre beruflichen Ambitionen<br />
auch mit Kindern unerschütterlich<br />
Teilzeitarbeit bleibt an den Frauen hängen Schweiz: Vollzeit wenig verbreitet<br />
Erwerbsmodelle in Paarh<strong>aus</strong>halten mit Kind(ern) in der Schweiz, 2010 Vollzeit-Erwerbstätigkeit von beiden Partnern<br />
in Paarh<strong>aus</strong>halten mit Kind(ern) nach Alter<br />
Nach Alter des jüngsten Kindes<br />
des jüngsten Kindes, 2006<br />
0–6 Jahre 7–14 Jahre 15–24 Jahre<br />
Prozent<br />
80<br />
4,4<br />
8,6<br />
32,7<br />
11,0<br />
4,0<br />
21,6<br />
3,2<br />
18,7<br />
60<br />
Kind unter 6 Jahren<br />
Kind ab 6 Jahren<br />
14,2<br />
40<br />
% % %<br />
18,7<br />
23,8<br />
25,5<br />
20<br />
33,2<br />
27,8<br />
0<br />
29,9<br />
Partner Vollzeit,<br />
Partnerin nicht<br />
erwerbstätig<br />
Partner Vollzeit,<br />
Partnerin Teilzeit<br />
1–49%<br />
Partner Vollzeit,<br />
Partnerin Teilzeit<br />
50–89%<br />
Beide Vollzeit<br />
Beide Teilzeit<br />
Beide nicht erwerbstätig<br />
Andere Modelle<br />
weiterverfolgen. In Amerika hält man für<br />
diese Lebensform das Kürzel DCC bereit<br />
– Dual <strong>Career</strong> Couples, Doppelkarrierepaare.<br />
Vollzeitpensen und ein überdurchschnittliches<br />
Commitment für den<br />
Job sind für sie eine Selbstverständlichkeit.<br />
Redete man früher primär von<br />
«double earner couples», Doppelverdienern,<br />
so entstand Mitte der achtziger<br />
Jahre der eigenständige Begriff der Doppelkarrierepaare.<br />
Sie sehen die Arbeit<br />
nicht primär als Geldquelle, sondern als<br />
sinnstiftenden Teil ihrer Identität.<br />
Wer sich für das Modell entscheidet,<br />
hat – zumindest in der Schweiz – Exotenstatus.<br />
Gerade mal in 8,6 Prozent der<br />
H<strong>aus</strong>halte mit Kindern unter sechs Jahren<br />
arbeiten gemäss Bundesamt für Statistik<br />
beide Partner Vollzeit. Ein Drittel<br />
der Frauen arbeitet in dieser Altersphase<br />
der Kinder überhaupt nicht oder Teilzeit.<br />
Selbst wenn die Kinder im Teenageralter<br />
sind, bleibt das schwergewichtig so. Die<br />
Gründe sind vielfältig. Der fehlende ökonomische<br />
Anreiz (hohes Einkommen,<br />
hohe Kosten für die Fremdbetreuung) ist<br />
einer, die lückenhafte Betreuungsstruktur<br />
für die Kinder ein anderer.<br />
Das Problem wurzelt aber tiefer.<br />
Frauen, die eine 100-Prozent-<strong>Karriere</strong><br />
mit Kindern anstreben, haben die Moral<br />
einer ganzen Gesellschaft gegen sich.<br />
Dagmar Kamber Borens kann davon ein<br />
Lied singen. Die 39-jährige promovierte<br />
Für <strong>Karriere</strong>paare ist die Arbeit nicht nur Geldquelle,<br />
sondern sinnstiftender Teil ihrer Identität.<br />
Schweiz<br />
Deutschland*<br />
Finnland<br />
Italien<br />
Spanien<br />
* Zahlen 2005. Nur Personen zwischen 25 und 49 Jahren.<br />
Quelle: UNECE Gender Statistics Database<br />
Schweden*<br />
«Ein<br />
anspruchsvoller<br />
Beruf und<br />
Familie<br />
schliessen sich<br />
nicht <strong>aus</strong>.»<br />
Dagmar Kamber Borens (39),<br />
Stabschefin des Konzernbereichs<br />
Finanzen bei der UBS, und<br />
Philippe Borens (44), Wirtschaftsanwalt<br />
in der Kanzlei Schellenberg<br />
Wittmer; Eltern von drei<br />
Kindern im Alter von 4, 6 und<br />
8 Jahren.<br />
Juristin und dreifache Mutter gehört zu<br />
den 55 Frauen, die bei der UBS Schweiz<br />
im Rang eines Managing Director stehen.<br />
Sie ist Stabschefin des Konzernbereichs<br />
Finanzen der UBS mit knapp 2900 Mitarbeitern.<br />
Kein Nine-to-five-Job. Abendliche<br />
Sitzungen, Conference Calls und<br />
Auslandreisen sind fixer Bestandteil<br />
ihrer Agenda.<br />
Doch ihr Pendeln zwischen Job und<br />
Familie musste sie sich zuweilen hart erkämpfen.<br />
«Die vielen Vorurteile gingen<br />
anfangs nicht spurlos an mir vorüber. Ich<br />
wurde in der Schule von anderen Müttern<br />
zum Teil angeschaut, als wüsste ich<br />
die Namen meiner Kinder nicht mehr.<br />
Dass es möglich ist, trotz intensivem Job<br />
eine fürsorgliche Mutter mit <strong>aus</strong>geglichenen<br />
Kindern zu sein, scheint vielen<br />
fremd», erzählt Kamber. Die UBS-Managerin<br />
und ihr Mann Philippe Borens,<br />
Partner in der Zürcher Anwaltskanzlei<br />
Schellenberg Wittmer, gehören zu den<br />
wenigen in ihrem Freundeskreis, die ein<br />
derart durchgetaktetes Leben führen.<br />
In ihrem Wohnort Zumikon sind sie<br />
die Ausnahme, nicht die Regel. Bis das<br />
letzte Kind morgens <strong>aus</strong> <strong>dem</strong> H<strong>aus</strong>e ist,<br />
bleibt einer der beiden daheim. Ab Mittag<br />
übernimmt die Nanny. Abends um 18<br />
Uhr ist wieder abwechslungsweise ein<br />
Elternteil zu H<strong>aus</strong>e, um mit den Kindern<br />
zu essen, H<strong>aus</strong>aufgaben zu korrigieren<br />
und sie ins Bett zu bringen. Danach wird<br />
der PC meist wieder hochgefahren. An<br />
einem Nachmittag pro Woche macht<br />
Dagmar Kamber Home Office. Zeit für<br />
sich selber hat die Juristin kaum. Und<br />
doch ist sie happy, schätzt den intellektuellen<br />
Aust<strong>aus</strong>ch auf Augenhöhe mit<br />
ihrem Mann. «In anderen europäischen<br />
Ländern ist dieses Modell in weiten Teilen<br />
bereits eine Selbstverständlichkeit»,<br />
sagt Philippe Borens. Für Dagmar Kamber<br />
Borens kam es nie in Frage, sich auf<br />
das Leben der gut situierten H<strong>aus</strong>frau zu<br />
beschränken. «Ein anspruchsvoller Beruf<br />
und eine Familie brauchen sich nicht<br />
<strong>aus</strong>zuschliessen. Zu<strong>dem</strong> fühle ich mich<br />
verpflichtet, meine staatlich finanzierte<br />
Ausbildung beruflich umzusetzen.» •<br />
01/2012 BILANZ 61