GRÜNER WOHLSTANDS- BERICHT 2016
Reader-18-55-Gruener_Wohlstandsbericht__2016_web
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1. ANLASS FÜR EINEN JAHRES<strong>WOHLSTANDS</strong><strong>BERICHT</strong><br />
1.1. ZUR INTENTION DES NEUEN <strong>BERICHT</strong>S<br />
Diese Studie ist die erste Ausgabe einer neuen<br />
Form wirtschaftlicher Berichterstattung.<br />
Im Zentrum steht die Frage, wie sich der Wohlstand<br />
in Deutschland entwickelt hat und welche<br />
Ausprägung er zukünftig aufweisen soll.<br />
Wohlstand schließt hier – durchaus unterschiedlich<br />
gegenüber den traditionellen Formen der<br />
Wirtschaftsberichterstattung – auch die soziale<br />
und die ökologische Seite mit ein: Es ist nicht nur<br />
die Wirtschaft, welche unsere Lebensqualität und<br />
unser Wohlergehen bestimmt. Vielmehr entsteht<br />
der „Reichtum“ einer Gesellschaft auch aus dem<br />
richtigen Umgang mit dem Human- und dem Sozialkapital<br />
sowie dem vorhandenen Naturkapital. 1<br />
Diese Erweiterung hat gute Gründe. Die Konzentration<br />
auf wirtschaftliches Wachstum in einem bereits<br />
wohlhabenden Land wie Deutschland entspricht<br />
eigentlich immer noch dem Denken, wie es<br />
nach Ende des Zweiten Weltkriegs vorherrschte,<br />
um mit einer quantitativen Ausweitung von Gütern<br />
und Dienstleistungen den Wiederaufbau zu meistern.<br />
Auch die sprichwörtliche „Tonnenideologie“<br />
zu Zeiten der DDR entspricht diesem quantitativen<br />
Verständnis von Wirtschaften – und hat diese<br />
Phase der Geschichte sogar überlebt. Inzwischen<br />
wird nun den Fähigkeiten der Menschen, der Stabilität<br />
sozialer Strukturen, dem Vertrauen auch in<br />
Institutionen sowie der politischen Infrastruktur<br />
eine große Bedeutung beigemessen. Genauso ist<br />
bei näherem Hinsehen der Zustand unserer natürlichen<br />
Umwelt einschließlich der Funktionsfähigkeit<br />
unserer unterschiedlichen Ökosysteme ein<br />
weiterer, entscheidender Faktor des Wohlstands<br />
„jenseits“ einer reinen Wirtschaftsbetrachtung.<br />
Aber auch, wenn man nur die Wirtschaft betrachten<br />
würde, kann eine reine, auf Wirtschaftswachstum<br />
und andere traditionelle Kenngrößen fixierte<br />
Analyse in die Irre führen, da sie einem ökonomischen<br />
Leitbild folgt, das weder nachhaltig noch<br />
zukunftsverträglich ist. Der vorliegende Bericht will<br />
hier einen anderen Akzent setzen. Wie sich zeigen<br />
wird, bewegen sich die hier vorgeschlagene Denkweise<br />
und die damit verbundenen Indikatoren in<br />
einem Kontext, der durch Überlegungen und Innovationen<br />
auf internationaler Ebene durchaus unterstützt<br />
wird.<br />
Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen<br />
hatte sich 2014 zum Ziel gesetzt, einen „Jahreswohlstandsbericht“<br />
zu erstellen. Dieser Bericht<br />
sollte dem Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung<br />
gegenüber gestellt werden und auch ökologische,<br />
soziale sowie sozio-ökonomische Aspekte<br />
und Perspektiven gesamtgesellschaftlicher Wohlfahrt<br />
mit einbeziehen.<br />
Als letzter Impuls für diesen Bericht sei die Arbeit<br />
der Enquête-Kommission „Wachstum, Wohlstand,<br />
Lebensqualität“ des Deutschen Bundestages 2013<br />
erwähnt. Sie hat in ihrem Abschlussbericht gewissermaßen<br />
die Weichen mit gestellt, um diese zentralen<br />
Begriffe in neuer Weise miteinander zu verbinden.<br />
Dem hier nun erstmals vorliegenden Bericht für<br />
<strong>2016</strong> ging im Juli 2015 eine Machbarkeitsstudie<br />
voraus (siehe Zieschank/Diefenbacher 2015). Diese<br />
griff auch die vier Dimensionen auf, welche in<br />
dem damaligen Vorschlag von Bündnis 90/Die Grünen<br />
zur Messung von Wohlstand enthalten waren.<br />
2<br />
Das Ziel des Jahreswohlstandsberichtes besteht<br />
darin, die Diskussion über die Art und Weise des<br />
Wirtschaftens anhand einer konzeptionellen wie<br />
gleichermaßen empirischen Basis fortzuführen.<br />
Was soll zukünftig den gesellschaftlichen Wohl-<br />
1<br />
Wie später noch erläutert wird, verbindet sich mit dieser eher<br />
ökonomischen Terminologie eigentlich ein soziales und ökologisches<br />
Potenzial, das in einem kreativen Sinne zum gesellschaftlichen<br />
Wohlstand eines Landes beiträgt.<br />
2<br />
Enquête-Kommission „Wachstum, Wohlfahrt, Lebensqualität“<br />
2013. Darin Sondervotum von Bündnis 90/Die Grünen zum Indikatorensatz<br />
der Projektgruppe 2, siehe S. 277 – 283; Übersicht<br />
„Wohlfahrtskompass“ S. 279.<br />
4 | Grüner Wohlstandsbericht <strong>2016</strong>| Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion | 01/<strong>2016</strong>