2005-12-01_IZ - Die zwei Gesichter der Rosco-Gruppe
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Ausgabe <strong>IZ</strong> 25/<strong>2005</strong>, Seite 24<br />
Unternehmen | <strong>01</strong>.<strong>12</strong>.<strong>2005</strong><br />
EINZELHANDEL<br />
<strong>Die</strong> <strong>zwei</strong> <strong>Gesichter</strong> <strong>der</strong> <strong>Rosco</strong>-<strong>Gruppe</strong><br />
Von <strong>IZ</strong><br />
Vom Supermarkt über das Fachmarktzentrum zum innerstädtischen Shoppingcenter: <strong>Die</strong> <strong>Rosco</strong>-<strong>Gruppe</strong> aus Bad<br />
Hersfeld geht und wächst mit den Trends im Einzelhandel. Mit <strong>der</strong> Galerie Neustädter Tor in Gießen steigen die<br />
Rossing-Brü<strong>der</strong> zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz für große Einzelhandels-Entwickler wie ECE und mfi<br />
auf.<br />
<strong>Die</strong> Galerie Neustädter Tor markiert nicht nur für den Einzelhandel in Gießen eine Zäsur, son<strong>der</strong>n auch für die<br />
Geschichte <strong>der</strong> <strong>Rosco</strong>-<strong>Gruppe</strong>. So viel Geld - rund 150 Mio. EUR - hat das mittelständische Unternehmen noch<br />
nie in ein Projekt gesteckt, noch nie auch hat es während <strong>der</strong> Planungsphase (siehe <strong>IZ</strong> 23/04) und bei <strong>der</strong> Eröffnung<br />
eine solche Publicity gegeben. Das ist den Brü<strong>der</strong>n Walter und Dennis Rossing gar nicht recht. "<strong>Die</strong> drehen<br />
lieber im Stillen ein großes Rad", sagt ein Kenner des Marktes. Doch wer es schafft, in einer <strong>der</strong> begehrtesten<br />
Einkaufsstädte <strong>der</strong> deutschen Provinz gegen den vereinten Wi<strong>der</strong>stand <strong>der</strong> Karstadt-Lobby und des lokalen Einzelhandels<br />
ein Shoppingcenter durchzusetzen und dabei den Marktführer ECE an den benachbarten B-Standort<br />
http://www.immobilien-zeitung.de/49133/<strong>zwei</strong>-gesichter-rosco-gruppe
Wetzlar abzudrängen, über den möchte die Fachöffentlichkeit mehr wissen.<br />
Aus dem wenigen, was Dennis Rossing im Interview über sich und die Firma preisgibt, entsteht folgendes Bild.<br />
Der Hang zur Immobilie kam über den Großvater in die Familie. Der sei Handwerker gewesen und habe sich,<br />
wenn es nichts zu tun gegeben habe, durch den Kauf von Häusern Arbeit selber verschafft, erzählt <strong>der</strong> Enkel.<br />
Walter (51), <strong>der</strong> ältere <strong>der</strong> Rossing-Brü<strong>der</strong>, machte die Immobilien-Entwicklung Ende <strong>der</strong> 80er Jahre zu seiner<br />
Profession. Sein Interesse galt von Anfang an dem Einzelhandel. "Mein Bru<strong>der</strong> hat erkannt, dass neue Vertriebsformen<br />
im Einzelhandel auch neue Immobilientypen erfor<strong>der</strong>n", beschreibt Dennis (43) den konzeptionellen Ansatz<br />
von <strong>Rosco</strong>, <strong>der</strong> bis heute gilt. Zunächst bauten die Brü<strong>der</strong> Supermärkte, dann Fachmärkte und 1995 mit <strong>der</strong><br />
Südharz-Galerie im thüringischen Nordhausen das erste innerstädtische Shoppingcenter. Weitere Center in Son<strong>der</strong>shausen<br />
(Galerie am Schlossberg) und Bad Salzungen (Goethepark-Center) folgten.<br />
Rossing: "<strong>Die</strong> Zukunft gehört dem Sortimentsspezialisten"<br />
Dennis Rossing zufolge hat <strong>Rosco</strong> den "qualifizierten Verbraucher" im Blick, <strong>der</strong> sich auf einem Markt mit Preistransparenz<br />
bewege. "Über Preis Verkaufen ist im Zeitalter des Internets nicht mehr möglich", meint er. Zugleich<br />
habe <strong>der</strong> Kunde einen ausgeprägten Sinn dafür, welcher Händler von seinen Produkten wirklich etwas verstehe.<br />
<strong>Die</strong> Zukunft gehöre dem "Sortimentsspezialisten", <strong>der</strong> Lebensmittel, Elektrogeräte o<strong>der</strong> Sportschuhe in ihrer ganzen<br />
Angebotsvielfalt präsentieren könne. Für den baut <strong>Rosco</strong>. "Der Mehrsortimenter mit einer Medienabteilung<br />
von 600 m2 hat gegen den Medienfachmarkt mit 4.500 m2 Verkaufsfläche keine Chance", sagt Rossing. "Agglomerationen<br />
von Sortimentsspezialisten", wie Rossing das Shoppingcenter <strong>der</strong> Zukunft beschreibt, brauchen viel<br />
Platz. Da <strong>der</strong> auf <strong>der</strong> grünen Wiese immer schwerer zu bekommen ist, bringt <strong>Rosco</strong> - wie an<strong>der</strong>e auch - die großen<br />
Flächen samt großer Parkhäuser eben in die Zentren.<br />
Gerade Mittelstädte haben an dieser Entwicklung schwer zu schlucken. Man sieht es an Gießen. Aus <strong>der</strong> Luft<br />
sieht man, welch gigantische Ausmaße die Galerie Neustädter Tor, die ein 19.000 m2 großes Grundstück vollständig<br />
bedeckt, im Verhältnis zu den an<strong>der</strong>en Gebäuden in <strong>der</strong> Gießener Innenstadt hat. Das Karstadt-Haus, das<br />
nächstgrößte Bauwerk, wirkt dagegen zwergenhaft. Es ist, als habe jemand einen Felsbrocken in ein Bett von<br />
Kieselsteinen gelegt. Rossing behauptet gleichwohl, dass solche Innenstadt-Center gegenüber dem Einkaufszentrum<br />
auf <strong>der</strong> grünen Wiese einen Fortschritt darstellten. "Innerstädtische Shoppingcenter machen die Stadt zum<br />
Einkaufszentrum, während im umgekehrten Fall das Einkaufszentrum zur Stadt wird." Um zu beweisen, dass<br />
<strong>Rosco</strong>-Projekte eine Stadt nicht zerstören, son<strong>der</strong>n stärken, zeigt er einen Film, <strong>der</strong> zum zehnten Geburtstag <strong>der</strong><br />
Südharz-Galerie in Nordhausen produziert wurde. Der Baudezernent <strong>der</strong> Stadt zieht darin ein rundum positives<br />
Fazit <strong>der</strong> vergangenen Dekade. Letzten Endes ist die Botschaft Rossings aber die Gleiche wie die an<strong>der</strong>er Shoppingcenter-Entwickler<br />
auch: Entscheidend ist, wo <strong>der</strong> Kunde einkaufen will. Der wird, da muss man kein Prophet<br />
sein, die helle, warme und trockene <strong>Rosco</strong>-Galerie mit ihrer Ansammlung von 90 Geschäften, Cafés und Espresso-Bars<br />
gerade im langen, dunklen und nassen deutschen Winter sehr gerne frequentieren. Auf die Gießener Fußgängerzone<br />
kommen harte Zeiten zu.<br />
Walter, <strong>der</strong> Kaufmann - Dennis, <strong>der</strong> "Künstler"<br />
Zum Erfolg von <strong>Rosco</strong> trägt neben einer intensiven Markt- und Konkurrenzbeobachtung offenbar auch eine gut<br />
funktionierende Arbeitsteilung bei. Walter Rossing gilt als <strong>der</strong> Kaufmann und strategische Kopf <strong>der</strong> Firma. Kenner<br />
beschreiben ihn als "sehr sorgfältig und sehr detailliert" in seiner Vorgehensweise sowie als "sehr harten Arbeiter",<br />
<strong>der</strong> Philosophie und Auftritt <strong>der</strong> Firma präge. Dennis Rossing sei eher <strong>der</strong> "künstlerische Typ" mit einem<br />
Gespür für Trends und die Bedürfnisse des Einzelhandels. Er denkt viel darüber nach, warum bestimmte Handelskonzepte<br />
Erfolg haben und an<strong>der</strong>e nicht. Hinter den Brü<strong>der</strong>n stehen mit Herbert Kramer (kaufmännische Angelegenheiten),<br />
Alfred Funke (Bau) und Ruediger W. Pinno (Centermanagement) Spezialisten ihres Fachs mit langjähriger<br />
Berufserfahrung. Dennis Rossing meint, dass "Leute, die keine Shoppingcenter betreiben, auch nur<br />
schwer welche entwickeln können. Der Betrieb gibt den Input für die Entwicklung."<br />
Unternehmen weicht nach Osteuropa aus<br />
Insgesamt beschäftigt die <strong>Rosco</strong>-<strong>Gruppe</strong> mit Sitz in Bad Hersfeld 45 Personen. Über die Zahl <strong>der</strong> <strong>Rosco</strong> gehörenden<br />
Immobilien macht Dennis Rossing nur vage Angaben. "Einige" antwortet er, darunter neben Shoppingcentern<br />
und Fachmärkten auch das ein o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Bürogebäude. Das bisherige Wachstum habe <strong>Rosco</strong> allein aus eigener<br />
Kraft finanziert. "Stille Gesellschafter gibt es nicht. Wir finanzieren und entwickeln alles selber und brauchen keinen<br />
Dritten", versichert Rossing.<br />
Den Markt für Shoppingcenter-Entwickler in Deutschland beschreibt Rossing als "brutal hart". "Es gibt keine<br />
Standorte mehr. Sie schaffen es nur noch, wenn Sie die Qualität und Bonität haben, um lange Entwicklungszeit-<br />
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äume zu überbrücken." Was das bedeutet, erlebt <strong>Rosco</strong> in Kassel. <strong>Die</strong> Sanierung <strong>der</strong> Salzmann-Fabrik samt Ergänzung<br />
zu einem Fachmarktzentrum kommt wegen politischer Wi<strong>der</strong>stände seit Monaten nicht voran. Angesichts<br />
solch zäher Projekte weicht <strong>Rosco</strong>, dem Vorbild von ECE folgend, nach Osteuropa aus. Derzeit prüft<br />
<strong>Rosco</strong> Standorte in Kroatien, darunter Zagreb, Dubrovnik und Riejka. "<strong>Die</strong> Städte haben Charme, die Bevölkerung<br />
ist sehr motiviert und will Shoppingcenter", fasst Rossing die Vorzüge des Landes zusammen. Im Unterschied<br />
zu Deutschland, wo die Leute "high quality wollten, aber nicht um jeden Preis", könne man sich dort "über<br />
Marken und Statussymbole profilieren". <strong>Rosco</strong> habe an <strong>der</strong> Adria "sehr interessante und qualifizierte Partner,<br />
zum Teil aus <strong>der</strong> Bauwirtschaft", verrät Rossing. Auch in Russland und Rumänien prüfen die Brü<strong>der</strong> Standorte.<br />
Für deutschlandverrückte ausländische Investoren ist <strong>Rosco</strong> spätestens nach dem Gießener Coup eine erste<br />
Adresse. "<strong>Die</strong> rennen denen die Bude ein", weiß ein Investmentberater zu berichten. Dennis Rossing versichert<br />
jedoch, dass ein Verkauf von Immobilien des Kalibers Gießen nicht zur Debatte stehe. Lediglich von "vier bis<br />
fünf kleineren Objekten" ( z.B. Brunnencenter in Bad Vilbel und Goethepark-Center) habe man sich getrennt.<br />
<strong>Die</strong> Brü<strong>der</strong> sind auch im Saarland unterwegs<br />
<strong>Die</strong> Spezialisierung auf Einzelhandelsimmobilien bedeutet nicht, dass <strong>Rosco</strong> nichts an<strong>der</strong>es kann. Für Aufsehen<br />
sorgte <strong>der</strong> Kauf des früheren Abspannwerkes Scharnhorst in Berlin. <strong>Rosco</strong> hat den denkmalgeschützten Backstein-Bau<br />
vom Energieversorger Bewag übernommen, baut ihn um und vermietet ihn an Bewag langfristig als<br />
Call Center zurück. Investitionsvolumen: 40,6 Mio. EUR. "<strong>Die</strong>ser Deal ist extrem professionell gelaufen", meint<br />
ein Berliner Makler anerkennend. Vom Sinn für die Chancen, die abseits <strong>der</strong> großen Zentren schlummern, zeugt<br />
die Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> saarländischen Landesentwicklungsgesellschaft. <strong>Die</strong> Gesellschaft Roleg, an <strong>der</strong><br />
<strong>Rosco</strong> die Mehrheitsanteile hält, soll großflächige Immobilien vornehmlich im Saarland entwickeln. Es dürfte<br />
nicht lange dauern, bis <strong>Rosco</strong> an <strong>der</strong> Saar den ersten großen Fisch an Land zieht. (cvs)<br />
http://www.immobilien-zeitung.de/49133/<strong>zwei</strong>-gesichter-rosco-gruppe