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O-Ton: Sven Wassmer | 19<br />
«Es gibt meiner Ansicht nach<br />
<strong>keine</strong> Region der Schweiz,<br />
die kulinarisch so viel hergibt<br />
wie das Bündnerland.»<br />
Seit Sie letzten Herbst zur «Entdeckung des Jahres» gekürt und mit<br />
Punkten, Sternen und Lob überhäuft wurden, bekommen Sie enorm<br />
viel Aufmerksamkeit. Hat Sie das verändert?<br />
Sven Wassmer: Nein, gar nicht. Wobei – doch. Ich bin gelassener<br />
geworden. Man muss es geniessen, dabei aber authentisch<br />
bleiben. Ich gebe mich, wie ich bin, und stehe zu meiner<br />
Message. Die kann ich dank der Publizität heute auch nach<br />
aussen tragen.<br />
Wie lautet sie denn, Ihre Botschaft?<br />
Ein wichtiges Anliegen ist mir die Nachhaltigkeit, die sich in<br />
meiner Arbeit zeigt. Ich finde es toll, auf 1250 Metern in alpiner<br />
Höhe zu kochen: Vals ist mein Garten. Mein Team und<br />
ich gehen raus, sammeln, was die Natur hergibt, und verkochen<br />
es direkt oder machen es ein. Ich habe aber auch sonst<br />
viel gesehen und tolle Beziehungen über die Landesgrenzen<br />
hinaus – zum Beispiel nach Norwegen zu einem Herrn, der<br />
nach Jakobsmuscheln taucht. Mein Verhältnis zu Fisch und<br />
Meeresfrüchten wurde während meiner Zeit in London neu<br />
geprägt, da war die Küste plötzlich nah und Seafood bekam<br />
eine andere Dimension. Entscheidend ist die Saison: Wenn Jakobsmuscheln<br />
Saison haben, kaufe ich sie auch fürs «Silver» ein<br />
und kombiniere sie mit Produkten aus der Umgebung. Das ist<br />
Teil meiner Message: Nicht nur Früchte oder Gemüse kennen<br />
eine Saison, sondern eben auch Fisch oder Krustentiere. Dann<br />
bin ich davon überzeugt: <strong>Genuss</strong> <strong>kennt</strong> <strong>keine</strong> <strong>Grenzen</strong>.<br />
Ein eingängiger Slogan.<br />
Der Satz ist kurz, aber wahr. Wobei man die eigene Region<br />
nie vernachlässigen darf.<br />
Aber von der Beschränkung auf regionale Zutaten halten Sie nicht viel?<br />
Ich interpretiere sie anders. Ich koche mit dem, was im Wald<br />
wächst und wir sammeln: Tanne und Moos, allerlei Beeren,<br />
Pilze, Wildkräuter ... Da kaufe ich nichts ein und finde, es<br />
liegt an uns, die Sachen zu ernten, wenn sie reif sind, und zu<br />
verarbeiten oder haltbar zu machen. Ich plane im Jahresturnus,<br />
da bin ich superregional. Auch beim Fleisch und Fisch orientiere<br />
ich mich in der Umgebung. Zum Glück gibts in Vals<br />
einen, der schottische Hochlandrinder züchtet – das Fleisch<br />
ist regional und qualitativ hochwertig. Regional bedeutet ja<br />
nicht automatisch eine hohe Qualität, und für mich muss schon<br />
beides stimmen. Das tut es auch bei den Saiblingen, die ich aus<br />
dem Zervreilasee bekomme, oder bei den Produkten aus der<br />
alpinen Fischzucht in Cumbel. Es gibt meiner Ansicht nach<br />
<strong>keine</strong> Region der Schweiz, die kulinarisch so viel hergibt wie<br />
das Bündnerland mit seinen Einflüssen aus Italien und Österreich.<br />
Die spielen seit jeher eine Rolle hier. In Vals wurde<br />
früher Käse gegen Salami getauscht. Eben weil <strong>Genuss</strong> <strong>keine</strong><br />
<strong>Grenzen</strong> <strong>kennt</strong>.<br />
Ihre Art zu kochen, sei eigen, sagen Sie. Wie ist das zu verstehen?<br />
Wenn ich meinen Kochstil beschreiben soll, sage ich immer: