Reproduktionsmedizinsche Zentren Baden-Württemberg (RZBW) E.V
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Abstract<br />
1. Fortbildungsseminar<br />
<strong>Reproduktionsmedizinsche</strong> <strong>Zentren</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> (<strong>RZBW</strong>) e.V.<br />
Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin<br />
Universitätsfrauenklinik, Freiburg, den 13. März bis Samstag, den 14.3 März 2009<br />
Endokrinologie I<br />
Physiologie<br />
H.P. Zahradnik, Freiburg i.Br.*<br />
Basisdiagnostik<br />
A. Hanjalic-Beck, Freiburg i.Br.<br />
Adipositas<br />
F. Geisthövel<br />
Endokrinologie II<br />
Leitung: Prof. F. Geisthövel, Freiburg i. Br.<br />
PD. D. Denschlag, Freiburg i. Br.<br />
Hyperprolaktinämie<br />
A. Germeyer, Heidelberg<br />
Orale Kontrazeption<br />
T. Rabe, Heidelberg<br />
Hormontherapie in der Peri- und Postmenopause<br />
D. Denschlag<br />
Reproduktionsmedizin I<br />
Basisdiagnostik<br />
T. Schmidt, Mannheim<br />
Therapieoptionen in-vivo<br />
S. Friebel, Freiburg i. Br.<br />
Therapieoptionen in-vitro<br />
B. Wetzka, Freiburg i. Br.<br />
Reproduktionsmedizin II<br />
Habitueller Abort<br />
E. Strehler, Ulm*<br />
Operative Optionen<br />
U. Karck, Stuttgart*<br />
Endokrionologische- reproduktionsmedizinsche Kasuistiken<br />
Referentinnen/Referenten der UFK bzw. des CERF*<br />
*Abstract wird nachgereicht.<br />
Der vollständige Abstract zu diesem Seminar wird auf der Website des <strong>RZBW</strong> e.V. www.rzbw.de<br />
unter „Aktuelles“ in Kürze als Download zur Verfügung gestellt.<br />
Abstract | 1. Fortbildungsseminar des <strong>RZBW</strong> e.V. | Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin 1
Gynäkologische Endokrinologie – Basisdiagnostik<br />
Aida Hanjalic-Beck, Freiburg i. Br.<br />
Die Diagnose einer endokrinologische Störung ergibt sich immer aus mehreren Bausteinen:<br />
Anamnese, der klinischen und gynäkologischen Untersuchung sowie der speziellen<br />
Hormondiagnostik.<br />
Die Anamnese beinhaltet nicht nur die „klassischen“ Fragen zum Zyklus oder der medizinischen<br />
Vorgeschichte, sondern auch die Fragen nach Symptomen wie Gewichtsschwankungen,<br />
Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Haarausfall.<br />
Bei der körperlichen Untersuchung sollte auf die Entwicklung der sekundären<br />
Geschlechtsmerkmale geachtet werden. Hautveränderungen wie Akne oder Striae sind ebenfalls<br />
wie der Behaarungsmuster zu beachten. Bei der gynäkologischen Untersuchung spielt die<br />
Vaginalsonographie eine wichtige Rolle.<br />
Den wichtigsten Baustein bei der Abklärung der hormonellen Störungen stellt die<br />
Hormondiagnostik dar. Diese beinhaltet einerseits das hormonelle Profil und anderseits die<br />
Funktionstests. In der Diagnostik sind die zirkadianen und zyklusabhängigen Schwankungen zu<br />
beachten, damit es nicht zu Fehlinterpretation kommt. Bezüglich der Hormonparameter sollten<br />
nach der klinischen Verdachstdiagnose die Funktion der folgenden Organen abgeklärt werden:<br />
Hypothalamus / Hypophyse, Ovarien, Schilddrüse und Nebennierenrinde. Die Hypothalamus –<br />
Hypophysen – Ovar - Achse ist primär durch das Zusammenspiel von GnRH, FSH, LH, Östradiol<br />
und Progesteron geregelt. Die Störungen können entweder im Regelkreis selbst die Ursache<br />
haben (z.B. hypogonadotrope oder hypergonadotrope Ovarialinsuffizienz) oder durch andere<br />
Hormone wie Prolaktin bedingt sein. Mit einer Hyperprolaktinämie ist häufig eine Hypothyreose<br />
vergesellschaftet, dies ist nur ein Beispiel für die vielfältige Interaktion zwischen Schilldrüse und<br />
anderen endokrinen Organen. Die Abklärung der Hyperandrogenämie beinhaltet die<br />
Unterscheidung in adrenale und ovarielle Hyperandrogenämie. Bei Verdacht auf adrenalen<br />
Androgenüberproduktion ist auf DHEAS und 17 -Hydroxyprogesteron zu achten. Bei der ovariellen<br />
Hyperandrogenämie sollte neben Testosteron auch das Sexualhormonbindende Globulin SHBG<br />
bestimmt werden, um den Anteil an freiem Testosteron zu bestimmen.<br />
In der weiteren Diagnostik können auch klinische Funktionstest eingesetzt werden. Gerade bei<br />
adrenaler Hyperandrogenämie kommt der ACTH-Test und Dexamethason-Test zum Einsatz. Der<br />
GnRH-Test ist für die Unterscheidung der hypothalamischen / hypophysären Ovarialinsuffizienz<br />
wichtig.<br />
Um hormonelle Störungen richtig abzuklären und zu behandeln, sollten die Ergebnisse der<br />
Hormonanalyse immer im Zusammenhang mit klinischem Bild und Symptomen interpretiert<br />
werden.<br />
Abstract | 1. Fortbildungsseminar des <strong>RZBW</strong> e.V. | Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin 2
Adipositas<br />
Franz Geisthövel, CERF, Freiburg i. Br.<br />
Adipositas – Metabolisches Syndrom: Grundlagen<br />
Der physiologische Fettspeicher hat - evolutionär betrachtet - dem Menschen das Überleben<br />
gesichert. In der heutigen Zeit des ubquitär verfügbaren, energetisch-alimentären Überangebots<br />
signalisiert der übermäßig angefüllte Fettspeicher unübersehbare Warnzeichen für entsprechende<br />
Volkserkrankungen an. Übergewicht und Adipositas breiten sich weltweit geradezu epidemisch<br />
aus; man spricht von einem „socially-contagious“ Merkmal der Globalisierung (Bornstein et al,<br />
2008). Dies geschieht infolge einer grundlegenden Abweichung von einem Ernährungs- und<br />
Lebensstil, der auf den Sammler- und Jäger-Typus unserer Vorfahren zugeschnitten gewesen war,<br />
mit dem der Homo sapiens 95% seiner Existenz verbracht hatte (Martin, 2007). So gibt es in den<br />
USA nach einer Erhebung aus den Jahre 2003 (BRFSS, 2003) keinen Bundesstaat mehr, in dem<br />
25% der Population<br />
übergewichtig oder adipös. In Deutschland sind mittlerweile ca 17% aller 14- bis 17-jährigen<br />
Mädchen übergewichtig. Von Übergewicht spricht man ab dem 18. LJ. bei einem Body Mass Index<br />
(BMI) zwischen 25-29.9 kg/m 2 , von Adipositas I°, II° und III° bei einem BMI ab 30, 35 und 40 kg/m 2<br />
(WHO, 2000). Im Mittel liegt der BMI-Wert bzw der Werte der abdominalen Zirkumferenz mit dem<br />
niedrigsten Mortalitätsrisiko bei 24.3 kg/m 2 bzw. bei ca. 78 cm (Pischon et al, 2008). Allerdings<br />
müssen postpubertär und im Adoleszentenalter die oberen cutoff-Werte reduziert werden (Cole,<br />
2000): so liegt bei einem 12-jährigen Mädchen der obere cutoff-Wert mit 21.7 kg/m 2 wesentlich<br />
niedriger als ab dem 18. LJ.. Auf der anderen Seite kann bei einer >65-jährigen Frau der<br />
empfohlene BMI mit der geringsten Sterblichkeit auf 27 kg/m 2 angehoben werden (Andres, 1985).<br />
Adipositas ist – wie bekannt - hochsignifikant mit dem Typ 2 Diabetes (T2D) assoziiert. Eine<br />
Weltkarte zeigt, dass die allermeisten Ländern erheblich mit T2D belastet sind, allein in Europa<br />
sind mehr als 50 Millionen Menschen an Diabetes erkrankt. Auch Deutschland zeigt mit >10%<br />
Prävalenz eine deutliche Belastung. Auffallend ist, dass Mittelost-Afrika, wo die Wurzeln des Homo<br />
sapiens liegen, zu den Regionen mit der relativ geringsten Prävalenz von Diabetes gehört.<br />
Abgesehen von der Bürde der Unterernährung, die dort herrscht, mag aber auch ein ursprünglicher<br />
Ernährungs- und Lebensstil, mit welcher die Menschheit „groß geworden“ ist, dabei ein inverse<br />
Rolle spielen. Ein T2D wird definiert, wenn der Nüchtern-Blutzuckerwert bei ≥126 mg/dL (≥7.0<br />
mmol/L) liegt; Vorstufen sind die impaired fasting glucose (≥100-125 mg/dL) und die impaired<br />
glucose tolerance (≥140 mg/dL) im 60 min-Wert des oralen Glukosetoleranztest (oGTT)<br />
(Geisthövel et al,1994; Moltz, 2006). Aus gynäkologischer Sicht ist auch die Insulinbestimmung im<br />
oGTT von besonderer Wichtigkeit (s. weiter unten) (Geisthövel et al,1994; Moltz, 2006): die oberen<br />
cutoff-Werte liegen nüchtern und im 60 min-oGTT-Wert bei 100 bzw. 700 mU/mL; ein<br />
pathologischer Anstieg der Insulinwerte ist häufig als allererste Stufe der Imbalanz des Insulin-<br />
Abstract | 1. Fortbildungsseminar des <strong>RZBW</strong> e.V. | Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin 3
Glukose-Metabolismus einzustufen. Entsprechend einer umfangreichen Populationsstudie an ca.<br />
3.2 Millionen dänischen Bürgern im Alter von >30 J (Schramm et al, 2007) steigt bei Frauen das<br />
Mortalitätsrisiko durch Diabetes und erst recht durch Diabetes und Myokardinfarkt mit<br />
zunehmendem Alter, aber bereits auch in jungen Jahren hochsignifikant an (s. auch weiter unten).<br />
Ein extremes Beispiel mag dies verdeutlichen: eine 20-jähriger Mann mit einem BMI >45 kg/m 2<br />
verliert 13 Lebensjahre gegenüber der Kontrolle (Wirth, 2008) aufgrund schwerer mit Adipositas<br />
assoziierter Risiken. Übergewicht und Adipositas sind wesentliche Variablen des sog.<br />
Metabolischen Syndroms, mit dem es zu schwerwiegenden atherovaskulären Erkrankungen<br />
kommt. Das Metabolische Syndrom wird definitionsgemäß diagnostiziert, wenn (zusätzlich zu der<br />
o.g. Definition des Diabetes) der BMI bzw. die abdominale Zirkumferenz einen Wert von 25 kg/m 2<br />
bzw. 88 cm (vergleiche auch weiter unten) übersteigen, die Serumspiegel der Triglyceride bzw. des<br />
High Density Lipoprotein bei >150 mg/dL, bzw bei 130/85 mmHg angestiegen ist. Wenn mindestens 3 dieser cutoff-Werte vorliegen, muss die<br />
Diagnose gestellt werden, eine Konstellation, die leider auch schon bei einer nicht unwesentlichen<br />
Anzahl an jungen Frauen, ja sogar schon bei Adoleszenten vorzufinden ist.<br />
Differenzialdiagnose<br />
Aus klinisch-gynäkologischer Sicht steht die Adipositas im Rahmen der Funktionellen<br />
Androgensierung (FA) im Vordergrund. Ehe auf die FA detaillierter eingegangen werden soll, wird<br />
zunächst die Differenzialdiagnose der Adipositas erörtert. Als erstes sollte nicht übersehen werden,<br />
dass es durchaus adipöse Menschen gibt, die zwar ein höheres Körpergewicht als der<br />
Durchschnitt aufweisen, die aber gleichzeitig keinerlei Androgenisierungseffekte zeigen, gesund<br />
und fertil sind [“metabolically healthy but obese (MHO)” patients] (Brochu et al, 2001), Das<br />
Klimakterium ist eine physiologische Lebensphase, die mit erheblicher Gewichtszunahme<br />
verbunden sein kann (Gostynsky et al, 2004), die aber nicht unbedingt einen Gesundheitsnachteil<br />
ergeben muss, wenn der BMI z. B. bei einer 55-jährigen um 26 kg/m 2 liegt (Andres, 1985).<br />
Abzugrenzen hiervon sind die wenigen internistisch-endokrinologischen Erkrankungen, bei denen<br />
Adipositas ein zentrales, pathognomisches Symptom darstellt. Zu diesen Störformen zählen die<br />
Cushing-Syndrome, deren Phänotyp durch Vollmondgesicht, Plethora, Stiernacken,<br />
Stammesfettsucht, Striae, Hirsutismus, Hypertonie, Diabetes und Osteoporose gekennzeichnet ist.<br />
Neben dem Hypercortisolismus, der mit einer adrenalen Hyperandrogenämie verbunden ist,<br />
besteht ein normo- bis hypogonadotroper Status; die Ovarien sind üblicherweise nicht vergrößert,<br />
noch polyfolllikulär. Differenzialdiagnostisch ist weiterhin die schwerwiegende (non-konnatale)<br />
Hypothyreose zu nennen, die mit deutlichem Übergewicht, trockener, rauer und ödematös-teigiger<br />
Haut (Lidödemen; Myxödem) sowie Hirsutismus, Bradycardie, diabetogener Stoffwechsellage.<br />
Leistungsverminderung und depressivem Verstimmungsmuster einhergeht. Die Veränderungen<br />
der Hypophysen-Schilddrüsenachse mit angehobenem TSH und vermindertem fT4 (häufig auch<br />
mit erhöhten Schilddrüsen-Antikörper-Werten) sind ebenfalls mit einem normo- bis<br />
hypogonadotropen Status assoziiert, wie auch die Ovarien eine unauffällige Struktur zeigen. Sehr<br />
Abstract | 1. Fortbildungsseminar des <strong>RZBW</strong> e.V. | Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin 4
seltene Krankheitsbilder stellen die fünf wichtigsten Adipositassyndrome (Wirth, 2008) aufgrund<br />
monogenetischer Störungen dar; das bekannteste von ihnen ist das Prader-Labhardt-Willi-<br />
Syndrom (aus Witkowski et al, 1995). Die schwere Adipositas, die sich meist schon im<br />
Kleinkindsalter manifest, ist durch eine zwanghafte Hyperphagie verursacht, und wird recht<br />
frühzeitig durch einen T2D verkompliziert; es zeigt sich ein hyogonadotroper Hypogonadismus; aus<br />
differenzialdiagnostischer Sicht sind die Präsenz von Fehlbildungen (z.B. mandelförmige Augen,<br />
kurze Phalangen) und die Oligophrenie richtungsweisend.<br />
Funktionelle Androgenisierung (FA)<br />
Nach einer von unserer Arbeitgruppe neu entwickelten Nomenklatur und Klassikation wird die FA<br />
in 5 Gruppen unterteilt (Geisthövel und Rabe, 2007; Geisthövel et al, 2008), und zwar in die<br />
Funktionell Kutane Androgenisierung (FKA) und das Funktionell Androgenisierende Syndrom<br />
(FAS) I –IV. Die Adipositas tritt an verschiedenen Stellen dieses Klassisfikationssystems zu Tage,<br />
von denen hier nur die FKA und das FAS III genannt sein sollen. Bei der FKA (z. B. Akne vulgaris,<br />
Hirsutismus, androgentische Alopezie) handelt es sich hauptsächlich um ein dermatologisch-<br />
kosmetisches Problem (in der Literatur mit z. B: „idiopathischer Hirsutimus“ bezeichnet);<br />
systemische Ursachen sind nicht vorhanden oder in ihrer Bedeutung untergeordnet. Durchaus<br />
können Patientinnen mit FKA auch übergewichtig sein, wobei definitionsgemäß kein metabolisches<br />
Krankheitskorrelat nach zu weisen ist. Ganz anders sieht die Situation beim FAS III, einem<br />
Polyorgansyndrom aus; das FAS III entspricht dem „PCOS/D“ mit metabolischem Syndrom<br />
(Rotterdam-Konsensus, 2004). Es finden sich neben der androiden Adipositas tonisch erhöhte LH-<br />
Spiegel, eine Hypertestosteronämie, eine Anhebung des free androgen index (FAI) und/oder eine<br />
Hyperinsulinämie/Hyperglucosämie im oralen Glukosetoleranztest; zusätzlich sind häufig eine<br />
Dyslipidämie und eine Hypertonie anzutreffen, so dass nicht selten, sogar schon im<br />
Adoleszentinnenalter, Hinweise für ein Metabolisches Syndrom auszumachen sind. Typisch für<br />
eine bestehende Hypersinulinämie stärkeren Ausmasses ist der Nachweis einer Acanthosis<br />
nigricans, einer schmutzig-graue Hyperpigmentosis im Nacken- Achsel- und Pubesbereich.<br />
Ansonsten ist die Haut von normaler Konsistenz, es zeigen sich kein Striae oder Ödemneigungen.<br />
Schwere endokrine Veränderung der Nebennieren- oder der Schilddrüsenfunktion sind nicht<br />
nachzuweisen. Die Ovarien sind klassisch vergrößert und polyfollikulär. Fehlbildungen treten nicht<br />
in Erscheinung, die Patientinnen weisen eine normale Intelligenz auf. Mit all diesen Symptomen ist<br />
das FAS III eindeutig von denen unter Differenzialdiagnose beschriebenen Erkrankungen<br />
abzugrenzen<br />
Therapeutische Prinzipien<br />
Die einfache Adipositas (MHO) bedarf, wenn kein Leidensdruck bei der entsprechenden Frau<br />
besteht, keiner besonderen aktuellen therapeutischen Maßnahmen. Natürlich wird man auf Fragen<br />
des Ernährungs- und Lebensstils eingehen, aber mehr im Sinne eines sog. „expectant<br />
Abstract | 1. Fortbildungsseminar des <strong>RZBW</strong> e.V. | Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin 5
managements“. Ähnlich sollte eine moderate Gewichtszunahme während des Klimakteriums, wenn<br />
sonst keine Risikofaktoren bestehen, nicht pathologisiert werden. Die internistischen Erkrankungen<br />
und auch die Adipositassyndrome bedürfen der entsprechenden internistisch-endokrinologischen<br />
bzw. der nuklearmedizinischen Betreuung. Hierfür sollte aber von gynäkologischer Seite rechtzeitig<br />
die richtige Weichenstellung getroffen werden.<br />
Bei der FKA ist auch bei adipösen Patientinnen eine topische Therapie (wenn nicht andere<br />
Indikationen wie z. B. Kontrazeptionswunsch bestehen) zunächst vorzuziehen. Die Akne vulgaris,<br />
die allerdings bei Adipösen weniger häufig anzutreffen ist, verlangt eine differenzierte<br />
Vorgehensweise, die von der Ausbreitung (Gesicht, Sternum Rücken), dem Hauttyp (fettig,<br />
trocken, intermediär), und dem Aknetyp (z. B. papulös-pustulös) abhängig ist. Die wichtigsten<br />
Substanzen sind Benzoylperoxid, Azelainsäure, Antibiotika (wie Clindamycin, Erythromycin) und<br />
Vitamin A Säure (cave: teratogen!). Bei Hirsutimus bzw. androgenetischer Alopezie ist der tägliche<br />
Auftrag von Eflornithin bzw. von Minoxidil hilfreich.<br />
Die Diagnose des FAS III muss eine umfassende, oftmals interdisziplinäre Betreuung nach sich<br />
ziehen. Eine Selbstbewertung der Lebensqualität (z. B. mittels Rothenfelder Fragebogen) (Wirth,<br />
2008), des Ernährungsstils oder der körperlichen Aktivität durch Eigenprotokolle (Wirth, 2008) ist<br />
zu empfehlen. Fehlernährung stellt ein individuelles Problem dar und darf nicht holzschnittartig<br />
bewertet werden. Die Gründe sind vielfältig und reichen z. B. von einer Obstallergie oder<br />
Laktoseintoleranz, über mangelndes Alltagsmanagement, fehlender Bildung und sozialem<br />
Gruppenzugehörigkeitsgefühl, bis hin zu Frustrations- und Selbstbestrafungsattacken. Eine FAS<br />
III–Konstellation gerade bei Kinderwunsch kann den Weg zu einer Änderung des Ernährungs- und<br />
Lebensstils öffnen. Andernfalls drohen hier verminderte Erfolgsrate, erhöhte Abortrate und/oder<br />
Entwicklung zu einem Gestationsdiabetes. Insofern können gerade jüngere<br />
Kinderwunschpatientinnen erfolgreich zur moderaten Gewichtsabnahme (5-10%) angespornt<br />
werden.<br />
Prinzipiell sollte eine ausgewogener, niedrig-energetischer, schmackhafter und gesunder<br />
Ernährungsstil erlernt werden (Suter, 2008). Statt einfacher Kohlenhydrate mit hohem<br />
glykämischen Index (GI) und niedrigem Balaststoffgehalt sollten Nahrungsmittel mit niedrigem GI<br />
und hohem Ballaststofgehalt (komplexe Kohlenhydrate, Gemüse, Kerne) vorgezogen werden.<br />
Auch der tägliche Fettgehalt sollte in Grenzen gehalten werden, und innerhalb der Fettfraktion<br />
sollten die gesättigten Fettsäuren („weiße“ Fette, Kokosnussöl, Palmöl, Bratenfett, Frittiertes,)<br />
vermieden und die einfach oder mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Olivenöle, Sonnenblumenöl)<br />
sowie die ω3-Fettsäuren (Fisch) bevorzugt werden; pflanzliches, statt tierisches Eiweiß, und<br />
„weißes“ Fleisch (Geflügel) eher statt „rotem“ Fleisch, vor allem auch reichlich Fisch und<br />
Meersfrüchte. Hinzukommen sollte eine vitaminreiche Kost (Obst), reich auch an Antoxidantien (z.<br />
B. Selen in Paranüssen, Resveratrol in rotem Traubensaft oder Epigallocatechin-3-galat in<br />
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grünem/weissen Tee). Eine solcher Ernährungsstil ist rendmäßif kalorienreduziert, leicht<br />
bekömmlich und schmackhaft, und reduziert die Insulinspiegel.<br />
In einer 4-jährigen Follow-up-Studie (Diabetes Prevention Program Research Group, 2002) hat<br />
sich gezeigt, dass eine adäquater Lebensstil die beste Prävention gegen die Entwicklung zu einem<br />
T2D darstellt. Aber auch Metformin allein konnte einen signifikante Prävention erreichen. Es kann<br />
angenommen werden, dass eine Kombination aus beiden „Präventionsarmen“ die effektivste<br />
Wirkung erzielen könnte. Ob daher eine Patientin mit Hyperinsulinämie ohne Manifestation eines<br />
T2D bereits präventiv mittel- oder langfristig mit Antidiabetika (Stichwort: off-label use) behandelt<br />
werden sollte, muss im Einzelfall geklärt werden.<br />
Eine systemische Therapie mit Äthinylöstradiol und Antiandrogenen ist bei FAS III-Patientinnen<br />
nicht ohne sorgsame Abwägung einzusetzen. Per definitionem können beim FAS III Risiken wie z.<br />
B. eine Hypertonie (als eines der Symptome des Metabolisches Syndroms: s.o.) bestehen, die<br />
durchaus – auch schon bei jüngeren Frauen – als relative Kontraindikationen gegen die Einnahme<br />
synthetischer Sexualsteroide eingestuft werden müssen. Alternativ bieten sich dann nicht-<br />
steroidale Antiandrogene wie Spironolacton und Flutamid an. Hierbei muss aber beachtet werden,<br />
dass diese Substanzen nur unter strenger Antikonzeption (IUD?) einsetzbar sind, da teratogene<br />
Eigenschaften (Feminisierung männlicher Embryonen/Föten) nicht auszuschließen sind.<br />
Bei Kinderwunsch wäre – wie schon bereits erwähnt – eine Gewichtsabnahme dringend anzuraten.<br />
Die Erfolgsrate bessert sich, auch bei der IVF-Therapie, die Abortrate nimmt ab, und das Risiko für<br />
einen Gestationsdiabetes kann gesenkt werden. Eine Clomiphentherapie kann bei Bestehen einer<br />
Hyperinsulinämie mit einer Metforminzusatzbehandlung unterstützt werden, besonders wenn eine<br />
sog. „Clomifenresistenz“ (Lord et al, 2003) besteht, d.h. es nicht zur Ovulation kommt.<br />
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Hyperprolaktinämie – Ursachen, Symptome, Diagnostik und Therapie<br />
Dr. A. Germeyer, Heidelberg<br />
Universitätsfrauenklinik Heidelberg, Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin<br />
Der Begriff Hyperprolaktinämie bedeutet primär eine laborchemische Erhöhung des<br />
Prolaktinspiegels über einen Schwellenwert, der je nach Labor unterschiedlich ausfällt und um die<br />
60-620 mU/l liegt. Neben der physiologisch vorkommenden Hyperprolaktinämie in der<br />
Schwangerschaft und Stillzeit, finden sich häufig pathologisch erhöhte Prolaktinwerte<br />
unterschiedlicher Ursache. Diese können akzidentiell im Rahmen einer Hormonanalyse auffallen<br />
oder im Rahmen einer Abklärung bei entsprechender Symptomatik. D.h. bei Frauen, die an<br />
Galaktorrhoe, Libidoverlust, Zyklusstörungen im Sinne einer Ovarialinsuffizienz, unerfülltem<br />
Kinderwunsch, aber auch an psychischer Labilität leiden, ist u.a. eine Abklärung des<br />
Prolaktinspiegels indiziert. Liegt ein zufällig erhöhter Hormonwert vor, so muss dieser überprüft<br />
werden und eine dafür verantwortliche Manipulation der Brust (Tastuntersuchung oder auch<br />
sexuelle Stimulation vor der Blutentnahme) oder Stresssituation ausgeschlossen werden. Bestätigt<br />
sich der Befund, so sollte eine gezielte Anamnese in Hinblick auf Lebensgewohnheiten,<br />
Eßverhalten, Zyklusstörungen, Medikamenteneinnahme (Psychopharmaka etc.), so wie klinische<br />
Symptome, wie Gesichtsfeldausfälle, Kopfschmerzen, Galaktorrhoe und auch unerfülltem<br />
Kinderwunsch (fehlende Temperaturerhlöhung bei Basaltemperaturkurvemessung) erfolgen.<br />
Eine umfassende Diagnostik beinhaltet neben einer Tastuntersuchung der Mammae, eine<br />
ausführliche Labordiagnostik (Ausschluß einer Hypothyreose, Hyperandrogenämie,<br />
Ovarialinsuffizienz), vaginalen Ultraschall, so wie bei deutlich erhöhten Prolaktinwerten die<br />
kranielle Darstellung mittels MRT. Dieses erfasst nicht nur prolaktinbildende Hypophysenadenome<br />
(Prolaktinome) ab 3mm, sondern auch andere supraselläre Tumoren (z.B. Kraniopharyngiome), die<br />
evtl. eine Unterbrechung der dopaminvermittelten Prolaktinhemmung verursachen. Liegt eine<br />
hypophysäre oder andere supraselläre Raumforderung vor, sollte sich immer eine<br />
Opthalmomethrie anschließen, um eine Gesichtsfeldeinschränkung durch Kompression des N.<br />
opticus auszuschließen. Langfristig anhaltende Hyperprolaktinämien bergen neben den oben<br />
erwähnten Symptomen das Risiko einer Osteoporose aufgrund einer Ovarialinsuffizienz, ebenso<br />
wie ein leicht erhöhtes Risiko eines Endometriumkarzinoms bei mäßiggradiger<br />
Follikelreifungsstörung mit Corpus luteum insuffizienz und entsprechendem Progesteronmangel.<br />
Deshalb besteht nicht nur bei unerfülltem Kinderwunsch, sondern auch bei entsprechender<br />
Anovulation/Ovarialinsuffizienz, ebenso wie bei kraniellen Raumforderungen die Indikation zur<br />
medikamentösen Behandlung. Vor dem Einsatz von Dopaminagonisten, die die<br />
Prolaktinproduktion unterdrücken, sollte eine evtl. vorhandene Hypothyreose ausgeglichen werden,<br />
bzw. evtl. ursächliche Medikamente umgestellt werden. Führen diese Maßnahmen nicht zum<br />
gewünschten Erfolg, ist eine Therapie mit Dopaminagonisten, z.B. Bromocriptin oder ein neueres<br />
Präparat, wie Cabergolin bei prämenopausalen Frauen anzustreben. Weist die Patientin ein<br />
Makroprolaktinom auf, so ist die regelmässige Kontrolle der Tumorgröße und des Gesichtsfeldes<br />
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indiziert. Bei Größenprogredienz oder klinischer Symptomatik (Kopfschmerzen,<br />
Gesichtsfeldeinschränkungen) sollte eine transnasal- transphenoidale Tumorentfernung erfolgen,<br />
bevor es zu dauerhaften Schädigung des Sehnerven kommt.<br />
Darüber hinaus ist zu beachten, dass Prolaktinome in der Schwangerschaft an Größe zunehmen<br />
können und einer regelmässigen Kontrolle bedürfen. Dennoch können die meisten<br />
Schwangerschaften problemlos ausgetragen werden ohne Nachteile für Mutter oder Kind.<br />
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Abstract<br />
Prof. Dr. med. Thomas Rabe, Heidelberg<br />
Bei der Kontrazeption der Frau gibt es drei verschiedene Ansatzpunkte: Die Ovulationshemmung,<br />
die Hemmung der Fertilisierung und die Implantationshemmung. Bei der Ovulationshemmung<br />
werden die Heranreifung der Eizelle und der Eisprung durch unterschiedliche hormonelle<br />
Methoden unterdrückt. Zu den Ovulationshemmern zählen die klassische Kombinationspille, die<br />
östrogenfreie Pille mit ovulationshemmender Wirkung, das Hormonpflaster und der Vaginalring. Im<br />
Folgenden soll speziell auf die orale hormonale Kontrazeption eingegangen werden.<br />
Prinzip der Ovulationshemmung: Zentrale Suppression der GnRH-Sekretion des Hypothalamus<br />
bzw. der LH-/FSH-Sekretion der Hypophyse. Zusätzlich kontrazeptive Wirkung auf Tuben-, Uterus-<br />
und Zervixfaktor.<br />
Vorteile: Hohe kontrazeptive Sicherheit, zusätzlich nicht kontrazeptive Vorteile wie<br />
Zyklusnormalisierung, Abnahme von Dysmenorrhoe, Abnahme von Androgeni-<br />
sierungserscheinungen, wie Seborrhoe, Akne und leichte Form des Hirsutismus, Abnahme von<br />
Ovarialzysten, Eisenmangel, Anämie, Schutz vor Ovarial- und Endometriumkarzinom.<br />
Nachteile: Bei Einnahmebeginn vermehrt Übelkeit, Erbrechen, Brustspannen und<br />
Blutungsstörungen. Abnahme der Beschwerden nach 3-6 Monaten. Geringgradig erhöhte<br />
kardiovaskuläre Risiken, je nach Ausgangssituation erhöhtes Thromboembolierisiko, geringgradig<br />
erhöhte Inzidenz von Brustkrebsdiagnosen unter der Pille.<br />
Indikationen: Kontrazeption, Zyklusverschiebung, Langzyklus (off-label), medizinische Indikation,<br />
Ausnutzung der „non contraceptive benefits“ z.B. bei Akne und Dysmenorrhoe.<br />
Derzeitige Methoden: Zur oralen hormonalen Kontrazeption werden unterschiedliche Mengen von<br />
synthetischen Östrogenen (Ethinylestradiol, Mestranol) mit synthetischen Gestagenen (insgesamt<br />
drei Generationen; unterschiedliche Dosierung) in verschiedenen Schemata (kontinuierlich<br />
kombiniert, sequentiell, Dreiphasenpille, 24+4 Schema) eingesetzt. Weiterhin ist eine<br />
Gestagengabe (oberhalb der Ovulationshemmdosis) ohne gleichzeitige Verabreichung<br />
synthetischer Östrogene (Cerazette) möglich. Bei Patienten mit Androgenisierungserscheinungen<br />
spielen vor allem Gestagene mit antiandrogenhaltiger Wirkung (s.o) eine Rolle. Eine<br />
Neuentwicklung ist eine Vierphasenpille mit Östradiolvalerat und Dienogest (Qlaira). Ein in den<br />
USA schon zugelassenes kontinuierliches Kontrazeptivum (ohne Pillenpause) Lybrel ist derzeit in<br />
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Europa noch nicht verfügbar. Zusätzlich spielen Generic-Präparate der bisherigen klassischen, gut<br />
eingeführten und von zahlreichen Patientinnen akzeptierten Pillen eine immer größere Rolle.<br />
Beratung vor Verordnung: Die Auswahl eines geeigneten Kontrazeptivums unter<br />
Berücksichtigung der unterschiedlichen Produktvorteile, sog. „non contraceptive benefits“, aber<br />
auch der individuellen Risiken (z.B. kardiovaskuläres Risiko, Thrombophilie, familiärer Brustkrebs,<br />
sexuell übertragbare Erkrankungen) wird an Bedeutung gewinnen. Bei der Risikobewertung spielt<br />
die Familienanamnese (z.B. kardiovaskuläre Erkrankungen, Ovarialkarzinom, Diabetes mellitus)<br />
eine bedeutende Rolle.<br />
Aufklärung: Wirkung und Nebenwirkung der entsprechenden Methode, Hinweise zum<br />
Einnahmebeginn und zu Anwendungsfehlern, Hinweise zur kontrazeptiven Sicherheit bei<br />
gleichzeitiger Anwendung von Medikamenten (z.B. Antibiotika) und sexuell übertragbare<br />
Erkrankungen.<br />
Zukunft: Entwicklung neuer Kontrazeptiva, Anwendungsschema, OC mit neuen Progestagenen,<br />
neue Östrogene, z.B. Östradiol oder Östradiolester, Estetrol (hiervon verspricht man sich eine<br />
protektive Wirkung beim Mammakarzinom und weniger kardiovaskuläre Nebenwirkungen). Evtl.<br />
Einsatz von DHEA, Phytoöstrogenen, SERMS oder Antiandrogenen. Weiterhin Suche nach<br />
Genen, die am Prozess der Follikelreifung und der Ovulation beteiligt sind.<br />
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Hormontherapie in der Peri- bzw. Postmenopause<br />
PD Dr. Dominik Denschlag, Freiburg i. Br.<br />
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Über den <strong>RZBW</strong> e.V.<br />
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Basisdiagnostik in der Reproduktionsmedizin<br />
T. Schmidt, Mannheim<br />
Für eine rationale und effektive Sterilitätstherapie ist eine strukturierte Diagnostik wichtigste<br />
Vorraussetzung.<br />
Es sollte keine Therapie begonnen werden, ohne dass die Ursachen der Sterilität so weit wie<br />
möglich erfasst sind. Durch eine exakte Diagnostik kann die Dauer des unerfüllten Kinderwunsches<br />
verkürzt und eine gegebenenfalls erfolgreiche Behandlung zeitnah begonnen werden. Um die<br />
Belastungen für betroffene Paare zu reduzieren und aus wirtschaftlichen Überlegungen, sollte die<br />
Diagnostik aber auf sinnvolle und zielführende Untersuchungen beschränkt werden.<br />
Im Wesentlichen umfasst die Basisdiagnostik folgende vier Punkte:<br />
1. Anamnese<br />
2. Endokrinium<br />
3. Andrologischer Faktor<br />
4. Genitalorgane<br />
1.Anamnese:<br />
Am Anfang der Diagnostik steht immer das Gespräch mit beiden Partnern. Hierbei wird eine<br />
allgemeine Anamnese, eine gynäkologische Anamnese und eine Sexualanamnese erhoben. Auch<br />
Fragen zur Familienanamnese (Sterilität, Aborte, Konsanguinität, Behinderungen) werden gestellt.<br />
2.Endokrinium:<br />
Bei der Überprüfung der hormonellen Funktionen kommen sowohl klinische als auch<br />
laborchemische Untersuchungen zum Einsatz. Die Basaltemperaturkurve kann bereits darüber<br />
Auskunft geben ob und wann eine Ovulation stattfindet. Sie informiert auch über die Qualität der<br />
Lutealphase. Laborchemische Untersuchungen sind der Basishormonstatus am 3.-5. Zyklustag,<br />
und die Lutealphasenkontrolle am 21.Zyklustag.<br />
Bei speziellen Fragestellungen kommen weiterführende Laboruntersuchungen sowie<br />
endokrinologische Funktionstests zum Einsatz.<br />
3. Andrologischer Faktor:<br />
Obligater Bestandteil der Sterilitätsdiagnostik ist immer auch die Evaluation des andrologischen<br />
Faktors. Hier steht zunächst die Ejakulatanalyse im Mittelpunkt des Interesses.<br />
Wichtig ist, dass die Ejakulatanalyse nach den Vorgaben der WHO durchgeführt wird. Bei<br />
auffälligem Spermiogrammbefund sollte immer eine Kontrolluntersuchung durchgeführt werden.<br />
4.Genitalorgane:<br />
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Eine regelrechte und funktionsfähige Anatomie der Genitalorgane ist Vorraussetzung sowohl für<br />
den Eintritt als auch für das Austragen einer Schwangerschaft.<br />
Alle Faktoren welche die Spermienaszension, die Tubenfunktion und die Nidation des Embryos<br />
beeinflussen, sollten im Rahmen der diagnostischen Überlegungen Beachtung finden.<br />
Prinzipiell gehört hierzu die gynäkologische Untersuchung und die Sonographie.<br />
Abhängig von der individuellen Anamnese kann eine erweiterte Diagnostik z.B. mit Postkoitaltest,<br />
Ultraschallkontrastuntersuchung, Hysteroskopie und Laparoskopie sinnvoll sein.<br />
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Reproduktionsmedizin: Therapieoptionen in-vivo<br />
S. Friebel, Freiburg i. Br.<br />
Im Umgang mit Paaren, die sich wegen unerfülltem Kinderwunsch in ärztliche Behandlung<br />
begeben, empfiehlt es sich oftmals, eine Definition von Sterilität und die realistischen<br />
Schwangerschaftschancen zu geben. Von Sterilität spricht man, wenn die Unmöglichkeit einer<br />
Empfängnis besteht, aus welchem Grund auch immer. Man sollte dem Paar mitteilen, dass man<br />
frühestens ab einem Jahr ungewollter Kinderlosigkeit von Sterilität spricht. Die<br />
Konzeptionswahrscheinlichkeit bei einem gesunden Paar beträgt pro Zyklus nicht mehr als<br />
maximal 30%.<br />
Unerfülltem Kinderwunsch liegen in 75% der Fälle eine Ovarfunktionsstörung, eine<br />
Tubenpathologie oder ein pathologischer Spermabefund zugrunde. Die verbleibenden 25%<br />
verteilen sich auf Endometriose (8%), diverse Faktoren wie Zervixfaktoren, immunologische<br />
Ursachen oder Uterussynechien (2%) und idiopathische Sterilität (15%).<br />
Therapieoptionen in-vivo umfassen die Zyklusüberwachung, die hormonelle ovarielle Stimulation<br />
sowie die intrauterine Insemination.<br />
Die Zyklusüberwachung, die auch als Basisdiagnostik eine Einschätzung der Schwere der<br />
Fertilitätseinschränkung widerspiegelt, kann durch verschiedene sich ergänzende Methoden<br />
erfolgen: Urinäre LH-Messung, Basaltemperaturkurve, Zervixfaktoren, serieller Ultraschall,<br />
Hormonbestimmungen im Serum.<br />
Die ovarielle Stimulation kann indirekt (klassisch: das Antiöstrogen Clomifen, off-label:<br />
Aromatasehemmer) oder direkt durch Gonadotropine erfolgen. Eine Sonderstellung nimmt die<br />
hypophysäre Stimulation mit GnRH ein, indiziert bei hypogonadotropen Ovarfunktionsstörungen<br />
der WHO Klasse I. Die Ovulationsinduktion erfolgt durch HCG, die Lutealphasenunterstützung<br />
durch Progesteron, alternativ durch HCG.<br />
Patientinnen mit einer Ovarialfunktionsstörung der WHO Klasse II, unter ihnen die Gruppe der<br />
PCO-Patientinnen, stellen oft eine große Herausforderung bei der ovariellen Stimulation dar. Sie<br />
sind bis zu 40% resistent auf eine Clomifenstimulation und reagieren bei Gonadotropinen oft mit<br />
einer Überstimulation. Eine Verbesserung der ovariellen Ansprechrate kann man bei erhöhtem BMI<br />
der Patientin durch eine Gewichtsreduktion erreichen, bei gestörter Glukosetoleranz durch die<br />
Hinzunahme von Metformin. Durch einen Pillenvorzyklus mit einer antiandrogenen Pille oder durch<br />
Dexamethason-Gabe bei Patientinnen mit zusätzlicher adrenaler Hyperandrogenämie und<br />
DHEAS-Erhöhung im Serum kann ebenfalls die Stimulation verbessert werden.<br />
Sollte eine Dosissteigerung des Clomifens zu einer signifikanten Verschlechterung der<br />
Zervixfaktoren und der Implantationsbedingungen führen (Endometriumsdicke), kann eine Zugabe<br />
von oralen Östrogenen zu einer Verbesserung der Konzeptionsrate führen. Bei der Behandlung<br />
von PCO-Patientinnen mit Gonadotropinen empfiehlt sich eine niedrige Anfangsdosierung und eine<br />
langsame Dosissteigerung in Form eines Step-up Protokolls.<br />
Indikationen für eine intrauterine Insemination im unstimulierten Zyklus sind auf weiblicher Seite<br />
anatomische Veränderungen (Zervixstenose), eine gestörte Spermien-Mukus-Interaktion, die<br />
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idiopathische Sterilität und eine milde Endometriose. Auf männlicher Seite stehen<br />
Ejakulationsstörungen. Vorraussetzungen sind auf weiblicher Seite eine freie Tubenpassage, auf<br />
männlicher ein unauffälliges Spermiogramm. Die Erfolgsrate pro Zyklus beträgt 5-10%.<br />
Indikationen für eine intrauterine Insemination im stimulierten Zyklus sind eine männliche<br />
Subfertilität oder Zyklusstörungen bei der Frau. Die Schwangerschaftrate pro Zyklus beträgt 10%,<br />
die höchste Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft besteht in den ersten 3 Zyklen. In der<br />
Gruppe der Paare mit idiopathischer Sterilität erweist sich die intrauterine Insemination als effektive<br />
Methode.<br />
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Therapieoptionen in-vitro<br />
B. Wetzka, CERF, Freiburg i. Br.<br />
Heute werden fast ausschließlich die Methoden der konventionellen In-vitro-Fertilisierung (IVF) und<br />
der IVF kombiniert mit der intracytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) angewendet, ergänzt<br />
durch die Kryokonservierung von Gameten bzw. Vorkernzellen und die testikuläre<br />
Spermieninjektion (TESE).<br />
Die Indikationen für die konventionelle IVF sind ein- oder beidseitiger Tubenverschluß/-pathologie,<br />
langjähriger Kinderwunsch, erfolglose Durchführung der in-vivo-Therapieverfahren, eine leicht<br />
verminderte Spermienqualität (Oligoasthenoteratozoospermie [OAT] I) und eine idiopathische oder<br />
immunologische Sterilität. Eine deutliche Verminderung der Spermienqualität (OAT II und III) stellt<br />
eine Indikation zur zusätzlichen Anwendung des ICSI-Verfahrens dar.<br />
Die konventionelle IVF, die auch die Basis für das ICSI-Verfahren darstellt, beinhaltet die<br />
kontrollierte ovarielle Überstimulation der Ovarien mit Gonadotropinen. Hierzu können sowohl<br />
urinäre (Menogon ® , Bravelle ® ) als auch rekombinante Produkte (Puregon ® , Gonal f ® ) angewendet<br />
werden. Zur Vermeidung einer vorzeitigen Ovulation und zur besseren Steuerung der<br />
Oozytenentnahme wird ein Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH)-Agonist (meist Decapeptyl ® )<br />
oder -Antagonist (Orgalutran ® , Cetrotide ® ) appliziert. Dafür gibt es heute unterschiedliche<br />
Therapieprotokolle. Zur ovariellen Stimulation wird ab dem 3. Zyklustag Gonadotropin subkutan<br />
injiziert, wobei sich die Auswahl des/der Präparats/e und deren Dosis nach dem ovariellen<br />
Funktionsstatus (Endokrinologie, Ovarscore, Zahl der antralen Follikel, Anti-Müller-Hormon) und<br />
Alter und BMI der Patientin richtet. Wenn mind. 3 Follikel mit einem Durchmesser >18 mm<br />
und/oder ein Serumöstradiolspiegel >2000 pg/ml beobachtet werden, wird die Ovulation durch die<br />
Injektion von Choriongonadotropin (hCG) ausgelöst (Predalon ® 5000, Ovitrelle ® ). 36 h danach ist<br />
die ideale Zeit zur Follikelpunktion, die heute transvaginal meist unter einer intravenösen<br />
Kurznarkose durchgeführt wird. Die Follikelflüssigkeit wird direkt ins IVF-Labor gegeben, wo<br />
Oozyten isoliert werden und später die Zugabe der Spermatozooen entweder direkt oder mittels<br />
ICSI erfolgt. Es ist notwendig, das Ejakulat dazu aufzubereiten, d.h. es wird eine<br />
Dichtegradientenzentrifugation zur Abtrennung verschiedener Substanzen des Ejakulats und<br />
größerer Zellen von den Spermatozoen durchgeführt.<br />
Zur Durchführung der ICSI werden zunächst die Cumuluszellen, die die Oozyten umgeben, mittels<br />
Hyaluronidase entfernt. Anschließend erfolgt die Injektion eines Spermiums, welches nach den<br />
Kriterien ideale Morphologie und gute progressive Motilität ausgewählt wird, in eine reife Oozyte (in<br />
der Metaphase II der Meiose) mittels Mikromanipulatoren.<br />
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Am nächsten Morgen kann die Befruchtung der Oozyten beurteilt werden, indem sich im positiven<br />
Fall Vorkernzellen (2-Pronuklei [PN]-Zellen) gebildet haben. Diese können morphologisch beurteilt<br />
werden hinsichtlich ihres wahrscheinlichen Entwicklungspotentials (2-PN-Score nach Scott).<br />
Gemäß dem Embryonenschutzgesetz werden aus diesen 2-PN-Zellen die beiden Zellen<br />
ausgewählt, welche der Patientin retransferiert werden sollen. Alle anderen Zellen müssen<br />
entweder verworfen oder können kryokonserviert (s.u.) werden für einen möglichen intrauterinen<br />
Transfer in einem späteren Zyklus.<br />
Der Embryotransfer kann zwischen dem 2. und 5. Tag nach der Follikelpunktion stattfinden, d.h.<br />
auch ein Blastozystentransfer ist möglich. Allerdings ist eine Blastozystenselektion aus allen<br />
entstandenen Embryonen durch das Embryonenschutzgesetzt verboten. Die Embryonen werden<br />
mittels eines speziellen Transferkatheters nach sonographischer Evaluation und Ausmessung des<br />
Uteruscavums in die Mitte des Cavum uteri eingesetzt.<br />
Anschließend erfolgt eine Lutealphasenunterstützung mittels transvaginalem Progesteron<br />
(Utrogest ® 3x2 Kapseln/Tag oder Crinone ® 1x/Tag) für 14 Tage. Im Mittel ist mit einer klinischen<br />
Schwangerschaftsrate von 30% pro Zyklus zu rechnen (Deutsches IVF-Register [DIR] 2007).<br />
Bei der IVF- bzw. IVF-ICSI bestehen folgende Risiken: das Mehrlingsrisiko, da in der Regel 2<br />
Embryonen transferiert werden (Gemini in 20% aller Schwangerschaften); Komplikationen bei der<br />
Follikelpunktion (sehr gering); Auftreten eines schweren ovariellen Überstimulations-syndroms<br />
(OHSS, heute in 0,33% aller Zyklen, DIR 2007); eine erhöhte Fehlbildungsrate von 8% im<br />
Gegensatz zu 6% bei spontan entstandenen Schwangerschaften, wobei noch nicht endgültig<br />
geklärt ist, ob diese durch die in vitro Verfahren oder durch die Sterilität des Elternpaares zustande<br />
kommt.<br />
Die Kosten für diese Behandlungen werden unter bestimmten Bedingungen von gesetzlichen<br />
Krankenkassen zu 50% übernommen, dazu muß vor Therapiebeginn ein Antrag gestellt werden.<br />
Bei den privaten Krankenkassen erfolgt eine Einzelfallprüfung mit individueller Kostenerstattung.<br />
Eine weitere Therapieoption besteht in der Kryokonservierung. Zunächst können kryokonservierte<br />
2-PN-Zellen direkt intrauterin transferiert werden, wenn möglich im Spontanzyklus, bei<br />
anovulatorischen Frauen nach einer niedrigdosierten Gonadotropin-Stimulation oder einer<br />
Hormonersatztherapie. Die Zellen werden aufgetaut, über 3 Tage kultiviert und am 3. Tag post<br />
ovulationem in das Cavum uteri eingesetzt (s.o.). Weiterhin ist auch eine Kryokonservierung von<br />
Gameten, d.h. von Spermatozoen und unbefruchteten Eizellen möglich. Die Fertilisierung erfolgt<br />
hier meist mittels ICSI. Diese Möglichkeit wird heute speziell zum Fertilitätserhalt bei malignen<br />
Erkrankungen mit fertilitätsschädigenden Therapien genutzt.<br />
Abstract | 1. Fortbildungsseminar des <strong>RZBW</strong> e.V. | Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin 21
Bei Männern mit Azoospermie besteht die Möglichkeit, Spermatozoen aus einer Hodenbiopsie zu<br />
extrahieren (TESE). Hierbei entnimmt ein Urologe mehrere Biopsien aus einem Hoden. Aus diesen<br />
Gewebeproben werden im IVF-Labor – wenn möglich – Spermatozoen extrahiert und<br />
kryokonserviert. Anschließend wird bei der Partnerin eine IVF-ICSI-Behandlung durchgeführt. Die<br />
Fertilisierung- und Schwangerschaftsraten sind ca. 5% niedriger als bei IVF-ICSI mit ejakulierten<br />
Spermatozoen (DIR 2007).<br />
Möglich ist heute auch eine Präimplantationsdiagnostik. Bei der Polkörperdiagnostik (in<br />
Deutschland erlaubt) werden einer oder beide Polkörper mittels Laser von der reifen Oozyte<br />
entfernt und molekulargenetisch untersucht mit speziellen Sonden für einzelne Chromosomen (X,<br />
Y, 13, 16, 18, 21, 22). Möglich ist auch eine spezifische Diagnostik bei bekannten genetischen<br />
Defekten. Hierdurch ist jedoch nur die Untersuchung der mütterlichen Erbanlagen möglich. Die<br />
Untersuchung von ein oder zwei Blastomeren des Embryos im 8-Zell-Stadium ist in Deutschland<br />
verboten (Embryonenschutzgesetz), dies ist jedoch in vielen europäischen Ländern erlaubt.<br />
Abstract | 1. Fortbildungsseminar des <strong>RZBW</strong> e.V. | Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin 22
Über den <strong>RZBW</strong> e.V.<br />
Die Fortpflanzungsmedizin, international auch als Reproduktionsmedizin bezeichnet, hat durch die<br />
Geburt eines Mädchens nach künstlicher Befruchtung 1978 in England einen enormen Fortschritt<br />
erfahren. Die Belange der Fortpflanzungsmediziner und der von ihnen versorgten Kinderwunsch-<br />
paare im baden-württembergischen Raum werden vom <strong>RZBW</strong> e.V. repräsentiert, entsprechende<br />
Maßnahmen koordiniert und neueste Erkenntnisse verwirklicht.<br />
Der <strong>RZBW</strong> e.V. wird in ganz <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> vertreten durch <strong>Zentren</strong> in:<br />
Aalen, Esslingen, Freiburg, Heidelberg, Karlsruhe, Mannheim, Pforzheim, Rottenburg, Stuttgart,<br />
Tübingen, Ulm<br />
Kontakt:<br />
Reproduktionsmedizinische <strong>Zentren</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> (<strong>RZBW</strong>) e.V.<br />
Geschäftstelle Hans-J. Schwarzer | Friedrichstraße 45 | 79098 Freiburg i.Br. |<br />
Telefon +49 761 559260 | Fax +49 761 5592625 | E-Mail info@rzbw.de<br />
Wir bedanken uns beim<br />
Universitätsklinikum Freiburg, Universitäts-Frauenklink, Freiburg i. Br. für die gute<br />
Zusammenarbeit, sowie den fördernden Unternehmen<br />
ESSEX Pharma GmbH | Ferring Arzneimittel GmbH | Gynemed GmbH | Merck Serono GmbH<br />
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