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titelthema<br />
»wir wollen niemanden<br />
zum umzug zwingen«<br />
Interview mit Christoph Arnegger, Geschäftsführer Facility Management, und Uwe Fischer, Geschäftsführer<br />
Behindertenhilfe, über die (baulichen) Entwicklungen in und um Wilhelmsdorf<br />
Herr Fischer, Herr Arnegger, die fachlich-politischen Entwicklungen,<br />
in denen die Zieglerschen derzeit stecken, sind<br />
enorm. Manche vermuten, dass Inklusion und Dezentralisierung<br />
den ländlichen Raum verwaisen lassen werden. Wie<br />
wird sich das Gesicht des Stammsitzes der Zieglerschen in<br />
Wilhelmsdorf verändern?<br />
Fischer: Wir müssen Wohnraum auf die Anforderung der<br />
Landesheimbauverordnung anpassen, das heißt neu bauen und<br />
umbauen. Wilhelmsdorf selbst wird von uns nicht <strong>zur</strong>ückgebaut<br />
oder verlassen, sondern wir<br />
entwickeln Wilhelmsdorf ganz<br />
massiv weiter. Wir bauen derzeit<br />
ein neues Wohnangebot in der<br />
Friedenstraße. Geplant sind in<br />
Wilhelmsdorf darüber hinaus ein<br />
Förder- und Betreuungsbereich und<br />
ein Seniorenbereich. Im Gewerbegebiet<br />
in Wilhelmsdorf planen wir<br />
unsere neue Werkstatt für Menschen<br />
mit einer Behinderung.<br />
Arnegger: Sicher wird sich Wilhelmsdorf<br />
baulich verändern und<br />
es wird auch ältere Gebäude geben, die nicht mehr benötigt<br />
werden. Es ist aber auch auf das neu Entstehende zu schauen.<br />
Und da werden in Wilhelmsdorf mehr ambulante Angebote<br />
gebaut werden und nicht mehr die klassischen, stationären<br />
Angebote.<br />
Uwe Fischer (l.) und Christoph Arnegger<br />
Apropos Angebote: Komplexstandorte wie die Haslachmühle<br />
sollen »normalisiert« werden. Was sagen Ihre Kunden dazu?<br />
Fischer: Aus Sicht unserer Kunden, ihrer Angehörigen und<br />
unserer Freunde und Förderer haben wir an diesen Orten<br />
bislang genau die Angebote gemacht, die von ihnen gut<br />
bewertet werden. Nun soll sich alles ändern. Ein behütetes,<br />
kommunikationsmäßig gut erschlossenes Angebot [Gebärdensprachraum;<br />
Anm. d. Red.] kann nicht mehr gebucht werden,<br />
weil wir unter anderem aufgrund der gesetzlichen Regelungen<br />
gezwungen sind, Plätze in Wilhelmsdorf und in der Haslachmühle<br />
abzubauen.<br />
Arnegger: An diesem Punkt gestaltet sich auch die Masterplanung<br />
in der Behindertenhilfe schwierig. Denn wir müssen<br />
bei der Dezentralisierung immer berücksichtigen, dass wir mit<br />
Menschen zu tun haben, die an den beiden Hauptstandorten<br />
bisher über Jahrzehnte gewohnt haben. Wir können diese<br />
Leute nicht zwingen, an die dezentralen<br />
Standorte zu gehen, wenn sie<br />
es nicht wollen.<br />
Rund 173 Millionen Euro haben<br />
die Zieglerschen für die kommenden<br />
10 Jahre an Bauvolumen angesetzt.<br />
Reicht das, um alle gesetzlichen<br />
Anforderungen umzusetzen?<br />
Und woher kommt das Geld?<br />
Fischer: Wir können nur die<br />
Gebäude bauen, für die wir eine<br />
entsprechende Förderung oder eine<br />
auskömmliche Refinanzierung über die Leistungsentgelte<br />
hinbekommen. Die Behindertenhilfe muss auf alle fachlichpolitischen<br />
Anforderungen reagieren. Teilweise bekommen<br />
wir keine angemessene Bezahlung für die Umsetzung dieser<br />
Anforderungen.<br />
Arnegger: Die Projekte in der Behindertenhilfe, der Altenhilfe<br />
und im Hör-Sprachzentrum werden über den Investitionskostensatz<br />
finanziert, also über Refinanzierung der<br />
Kostenträger. Dabei müssen wir von Projekt zu Projekt zwischen<br />
Eigenfinanzierung und Investorenmodellen entscheiden.<br />
Vielen Dank für das interessante Gespräch!<br />
Interview: Katharina Stohr<br />
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