ANSTOSS_Ausgabe Mai
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<strong>ANSTOSS</strong><br />
Magazindes des DEUTSCHEN FUSSBALLMUSEUMS<br />
AUSGABE NR. 1 1 | MAI | MAI 2016 2016<br />
Die EM<br />
im Blick<br />
AUF DEM ZENIT<br />
Die Europameister von 1972, 1980 und 1996<br />
MEINE FUSSBALLWELT<br />
Ein Spieltag mit Peter Lohmeyer<br />
KULTURPROGRAMM<br />
Der aktuelle Spielplan<br />
fussballmuseum.de
2 _EDITORIAL<br />
EIN BALLFAHRTSORT<br />
FÜR DEUTSCHLAND<br />
Das Deutsche Fußballmuseum ist am 25. Oktober 2015 mit dem ehrgeizigen Ziel angetreten, der Ort<br />
für Fußballkultur in Deutschland zu sein. Der Anfang ist mit der ersten Dauerausstellung zur<br />
nationalen Fußballhistorie gemacht – mit 1.600 Exponaten, mit 25 Stunden Filmmaterial, mit<br />
künstlerischen Installationen und zahlreichen Interaktionen. Das Ausstellungsformat orientiert<br />
sich mit seinem Konzept an dem Kommunikationsverhalten von heute und bricht an bestimmten<br />
Stellen ganz bewusst mit den Funktionen eines klassischen Museums: Im Deutschen Fußballmuseum<br />
werden Objekte, Texte, Medien, Sound, Design, Licht, Klänge, Kulissen und Raumbilder ganz<br />
neuartig miteinander in Verbindung gesetzt. Das faszinierende Universum Fußball, seine Themen<br />
und Zusammenhänge, werden in begehbare und dramaturgisch aufbereitete Räume transformieret,<br />
immer erlebnisorientiert, immer auf den Besucher ausgerichtet. Als Herzstück der Ausstellung<br />
präsentieren sich, eingebettet in die raumbildende Szenografie, vielfältige Exponate, die der Fußball<br />
in seiner langen Geschichte hervorgebracht hat. Objektwelten, die Spuren vergangener Geschehnisse<br />
tragen, die unterschiedlichste Gefühle und Bilder bei den Besuchern auslösen, aber<br />
gleichsam auch Orientierungspunkte für Bedeutungszusammenhänge des komplexen und faszinierenden<br />
Fußballs sind. Das Deutsche Fußballmuseum inszeniert so die großen und kleinen Fußballmythen,<br />
die sich mit ihren Schlüsselbildern eingebrannt haben in das persönliche und nationale<br />
Gedächtnis, die zu Merksteinen der Erinnerungen geworden sind – ikonografische Momente, die<br />
sich um die Geschichte der Nationalmannschaft und der Bundesliga ranken, um Ruhm und Scheitern,<br />
um strahlende und traurige Helden, um Fans und Fankulturen, um Augenblicke, die sich mit<br />
zeitlicher Distanz von einem flüchtigen Moment zur bleibenden Erinnerung wandeln. Diese kulturelle<br />
Lebendigkeit greift das Deutsche Fußballmuseum auch mit seinem Veranstaltungsprogramm<br />
<strong>ANSTOSS</strong> auf, das quartalsweise ebenfalls ganz neuartige Betrachtungen zur wichtigsten<br />
Nebensache der Welt anstellt. Der Fußballsport in Deutschland ist in den vergangenen hundert<br />
Jahren zu einer besonderen Spielart nationaler Kulturgeschichte geworden. Das Deutsche Fußballmuseum<br />
in Dortmund bietet hierzu mit seiner Ausstellung und seinem Veranstaltungskalender<br />
ein neues Erinnerungsmedium – ein Museum 2.0. Einen Ballfahrtsort für Deutschland. <br />
Ihr Manuel Neukirchner<br />
Museumsdirektor<br />
<strong>ANSTOSS</strong>
INHALT _ 3<br />
Die EM im Blick: 24 Teams kämpfen vom 10. Juni bis 10. Juli 2016 in Frankreich um den Titel.<br />
EDITORIAL<br />
Ein Ballfahrtsort für Deutschland _ 2<br />
TITELTHEMA<br />
Die EM im Blick _ 4<br />
Eine kleine EM-Geschichte _ 8<br />
Zahlen und Fakten zum Turnier _ 10<br />
ZEITZEUGE<br />
Thomas Helmer _ 12<br />
KULTURPROGRAMM<br />
<strong>ANSTOSS</strong> für Fußballkultur _ 16<br />
Spielplan _ 18<br />
Rückpass: Schulklasse sieht „Liga Terezin” _ 21<br />
Kleine EM-Geschichte: Horst Hrubesch und<br />
Manfred Kaltz haben 1980 Grund zum Feiern.<br />
PASSIERT NOTIERT<br />
Begegnungen im Deutschen Fußballmuseum _ 22<br />
Jahrestage _ 24<br />
FUSSBALL KULINARISCH<br />
Holger Stromberg kocht für den EM-Erfolg _ 26<br />
MEINE FUSSBALLWELT<br />
Ein Spieltag mit Peter Lohmeyer _ 28<br />
Kulturprogramm: Talkrunden, Lesungen und<br />
Kinoabende im Deutschen Fußballmuseum.<br />
FUSSBALLBUCH<br />
Mehr als ein Spiel _ 29<br />
DAUERAUSSTELLUNG<br />
Blick in die Dauerausstellung _ 30<br />
Drei Fragen an: Mathias Schmidt _ 32<br />
Fundstück: Abschiedsgrüße aus Hamburg _ 33<br />
FUSSBALLKULTUR<br />
VORSCHAU<br />
Die Sonderausstellung Wembley '66 _ 34<br />
IMPRESSUM _ 35<br />
Meine Fußballwelt: Peter Lohmeyer zelebriert<br />
seinen Spieltag.
4 _TITELTHEMA<br />
DIE EM IM BLICK<br />
Der Europameister-Titel würde die Weltmeister von 2014 vollenden<br />
Die großen Turniere geben im Fußball den Rhythmus vor. Sie prägen Stars, stehen für den Erfolg eines Spielstils<br />
und sorgen für unvergessene Momente. Ein Blick in die deutsche Turnier-Historie verrät, dass gerade die Europameister-Teams<br />
Mannschaften und Spielergenerationen repräsentieren, die auf der Höhe ihres Schaffens standen.<br />
<strong>ANSTOSS</strong>
_ 5
6 _TITELTHEMA<br />
Für viele Fußballexperten die beste deutsche Nationalmannschaft<br />
aller Zeiten: die Europameister von 1972.<br />
So gelten die Europameister von 1972 als beste deutsche Nationalmannschaft<br />
aller Zeiten: mit Spielerpersönlichkeiten wie Sepp <strong>Mai</strong>er, Franz Beckenbauer,<br />
Gerd Müller, Günter Netzer und Jürgen Grabowski. Vor allem das Team, das damals<br />
im Viertelfinale mit spielerischer Eleganz und traumhaftem Kombinationsfußball<br />
England ausschaltete, hat sich als glanzvolles Ensemble ins<br />
Gedächtnis der Fußballfans gespielt. Gewiss, der Stamm dieser Mannschaft kam<br />
zwei Jahre später auch zu Weltmeister-Ehren. Aber schon nicht mehr mit dieser<br />
scheinbaren Leichtigkeit und Überzeugung. Die im WM-Endspiel unterlegenen<br />
Niederländer hatten mit ihrem „Voetbal Total“ bereits neue Maßstäbe gesetzt.<br />
Mit drei Spieler-Rücktritten unmittelbar nach der WM 1974 brach die beste deutsche<br />
Nationalmannschaft aller Zeiten endgültig auseinander.<br />
Doppeltorschütze Horst Hrubesch und Manfred Kaltz bejubeln den 2:1-Sieg gegen<br />
Belgien im EM-Finale von 1980.<br />
Eindeutig auf dem Zenit ihres Könnens präsentierte sich die Mannschaft<br />
von Bundestrainer Jupp Derwall, die 1980 den EM-Titel in Italien gewann. Zum<br />
Zeitpunkt des Endspiels hatte sie knapp zwei Jahre lang nicht verloren. Der Kader<br />
besaß eine hervorragende Mischung: Die Achse des Teams bildeten die erfahrenen<br />
Haudegen Bernard Dietz und Uli Stielike gemeinsam mit dem Vorstopper-Talent<br />
Karlheinz Förster, den hoch veranlagten Jungstars Bernd Schuster und Hansi Müller<br />
sowie dem zweimaligen Fußballer Europas Karl-Heinz Rummenigge. Daneben<br />
agierten mit Toni Schumacher, Manfred Kaltz, Hans-Peter Briegel, Klaus Allofs<br />
und Horst Hrubesch allesamt international erprobte Spieler im besten Fußballeralter.<br />
Wenige Monate nach dem EM-Triumph setzte es bei der sogenannten Mini-<br />
WM in Uruguay nach 23 Länderspielen erstmals wieder eine Niederlage gegen<br />
Argentinien, an die sich wenige Tage später eine zweite gegen Brasilien anschloss.<br />
23 SPIELE OHNE NIEDERLAGE<br />
Unruhe kam auf, Bundestrainer Jupp Derwall überwarf sich mit Bernd Schuster.<br />
Mit Paul Breitner wurde ein Weltmeister von 1974 zurück ins Team geholt. „Irgendwie<br />
stimmte plötzlich das ganze Gefüge nicht mehr“, erinnert sich der damalige<br />
Kapitän Bernard Dietz. Als er das öffentlich ansprach, wurde der Duisburger<br />
zu Länderspielen nicht mehr eingeladen. Zwar nahmen noch etliche Europameister<br />
an der WM 1982 in Spanien teil und erreichten dort das Finale, doch die einst<br />
harmonische Mannschaft war in Grüppchen zerfallen.<br />
Die Stärke des Europameisterteams von 1996 lag in der Ansammlung von<br />
zahlreichen Führungsspielern. Es gab kaum einen Akteur in den Reihen von Berti<br />
Vogts‘ Team, der in seinem Verein nicht schon einmal die Rolle des Kapitäns aus-<br />
<strong>ANSTOSS</strong><br />
TEXT: KNUT HARTWIG
_ 7<br />
Bei der Europameisterschaft 1996 in England triumphiert die deutsche Nationalmannschaft<br />
mit einer Ansammlung von Führungsspielern.<br />
gefüllt hatte. Bei aller Rivalität, die eine solche Konstellation auch mit sich bringt,<br />
überwog das Verantwortungsbewusstsein der Spieler, im Sinne des gemeinsamen<br />
Erfolgs an einem Strang zu ziehen. Es herrschte enorme Erfahrung in der Mannschaft.<br />
So absolvierte Mehmet Scholl im Endspiel zwar erst sein 12. Länderspiel, in<br />
der Bundesliga standen aber bereits knapp 180 Einsätze für ihn zu Buche. Mit Matthias<br />
Sammer und Jürgen Klinsmann gab es zwei herausragende Häuptlinge, beide<br />
Individualisten, aber beide immer mit dem Blick für das große Ganze. Zudem hatten<br />
alle Spieler in der Anfangsformation des EM-Endspiels im Verein oder mit der<br />
Nationalmannschaft zuvor schon mindestens einen Titel errungen. Durch die Rückkehr<br />
von Lothar Matthäus und Jürgen Kohler bildeten bei der WM 1998 dann wieder<br />
die 1990er-Weltmeister das Gerüst der Mannschaft. Das frühzeitige Aus im Viertelfinale<br />
war der Beleg dafür, dass das Team seinen Zenit überschritten hatte.<br />
Kapitän Jürgen Klinsmann nimmt aus den Händen von Queen Elizabeth II.<br />
den EM-Pokal entgegen.<br />
Natürlich bedeutet es für die Weltmeister von 2014 eine große Herausforderung,<br />
bei der anstehenden EM in Frankreich noch einen drauf zu setzen,<br />
zumal es der Nationalmannschaft noch nie gelungen ist, nach dem WM- auch<br />
den EM-Titel zu erringen. Die Franzosen im Jahr 2000 und die Spanier vor vier<br />
Jahren haben es vorgemacht. Beide entwickelten sich auf hohem Niveau noch<br />
einmal weiter. Bei den jeweils darauffolgenden WM-Turnieren schieden sie allerdings<br />
in der Gruppenphase aus. Auch sie hatten bei den Europameisterschaften<br />
ihren endgültigen Zenit erreicht. <br />
Aufstrebende Jungstars und erfahrene Spielerpersönlichkeiten prägen das Gesicht<br />
des Europameister-Teams von 1980.<br />
EM LIVE IM DEUTSCHEN FUSSBALLMUSEUM<br />
Alle Partien der deutschen Nationalmannschaft sowie ausgesuchte weitere Spiele der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich<br />
werden auf einer großen Videowand im EM-Garten des Deutschen Fußballmuseums übertragen. In der mit den Fahnen<br />
aller Teilnehmerländer ausstaffierten Multifunktions-Arena unweit der Ausstellungsflächen ist die Nähe zur Nationalmannschaft<br />
unmittelbar zu spüren. Die tribünenartigen Stufen der Arena bieten viel Raum für begeisterndes Mitfiebern in prickelnder<br />
Stadion-Atmosphäre. Wer es etwas bequemer mag, kann die Begegnungen in komfortablen Liegestühlen entspannt verfolgen.<br />
Die exklusive Ausstellung des EM-Pokals gibt den Gästen Gelegenheit für ein spektakuläres Foto-Motiv. Das Fan-Bistro hält<br />
frische Getränke, Klassiker aus der Stadion-Gastronomie sowie köstliche Spezialitäten<br />
aus der Küche des EM-Gastgeberlandes Frankreich bereit. Der Besuch des<br />
EM-Gartens im Deutschen Fußballmuseum kostet fünf Euro Eintritt, Inhaber<br />
eines Tickets für die Dauerausstellung am gleichen Tag haben freien Zugang.
8 _TITELTHEMA<br />
EINE KLEINE<br />
EM-GESCHICHTE<br />
Grund- und Spezialwissen zu dem seit 1960 ausgetragenen Turnier des Kontinentalverbandes<br />
Die Fußball-Europameisterschaft hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zu einem attraktiven und lukrativen Spektakel entwickelt. Die Anfänge<br />
waren allerdings bescheiden. Viele Nationalverbände zeigten zunächst wenig Interesse an einer Teilnahme. Doch jedes Turnier trug mit<br />
seinen Besonderheiten dazu bei, das Prestige des Events zu steigern. Eine kleine EM-Geschichte, die sich am stetigen Wandel sowie an kleinen<br />
und großen EM-Rekorden orientiert.<br />
Als der kontinentale Wettbewerb vor 56 Jahren ins Leben gerufen wurde, reagierten<br />
die Fußballfans eher reserviert. Die Spiele der EM 1960, damals noch<br />
unter dem Titel „Europapokal der Nationen“ in Frankreich ausgetragen, weisen<br />
mit rund 19.000 Besuchern den bis dato geringsten Zuschauerschnitt auf. Die<br />
Endrunde sah damals die Teilnahme von nur vier Mannschaften vor. Das Turnier<br />
startete dementsprechend gleich mit den Halbfinalspielen. Insgesamt fanden<br />
vier Partien statt, da es auch noch das Spiel um Platz drei gab. Dieser Modus<br />
wurde bis 1976 beibehalten.<br />
Herrschte beim Finale von 1960 noch eine Minuskulisse, wurde bis heute<br />
kein EM-Spiel von mehr Zuschauern im Stadion verfolgt als das Finale vier Jahre<br />
später. Vor 79.700 Zuschauern im Estadio Santiago Bernabéu von Madrid standen<br />
sich Spanien und Titelverteidiger Sowjetunion gegenüber. Die Gastgeber<br />
nutzten den stimmgewaltigen Heimvorteil und holten sich den Titel.<br />
Das Turnier von 1968 hatte schon im Vorfeld seine Besonderheit, die sich<br />
allerdings erst aus der Historie der darauffolgenden Jahre ergibt. Denn die Qualifikation<br />
zur damaligen EM in Italien ist – sowohl was Europameisterschaften<br />
als auch WM-Turniere angeht - die bis heute einzige, in der die deutsche Nationalmannschaft<br />
scheiterte. Verantwortlich dafür war die „Schmach von Tirana“,<br />
als das Team von Bundestrainer Helmut Schön gegen den vermeintlichen Fußballzwerg<br />
Albanien nicht über ein 0:0 hinauskam. Ein einfacher Sieg hätte für<br />
die Qualifikation gereicht.<br />
VOM MÜNZWURF ZUM ELFMETERSCHIESSEN<br />
Beim Turnier selbst waren die Gastgeber vom Glück begünstigt. Das Halbfinalspiel<br />
der Italiener gegen die Sowjetunion endete 0:0 nach Verlängerung. Da das<br />
Elfmeterschießen noch nicht erfunden worden war, entschied ein Münzwurf über<br />
das Weiterkommen zugunsten der Azzurri, die dann im Finale ein Wiederholungsspiel<br />
benötigten, um sich gegen Jugoslawien den Titel zu sichern.<br />
Der deutschen Mannschaft gelang vier Jahre später die Wiedergutmachung<br />
für die erlittene Schmach. Im Viertelfinale, seinerzeit die letzte Qualifikationshürde<br />
für die Endrunde, erzielten Gerd Müller und Co. mit dem ersten Erfolg<br />
gegen England auf englischem Boden einen historischen Sieg. Historisch war<br />
dann auch wenige Monate später der erste EM-Titel für die Nationalelf durch<br />
das 3:0 gegen die Sowjetunion im Brüsseler Heysel-Stadion.<br />
Eine Premiere erfuhr das EM-Endspiel 1976 in Jugoslawien. Erstmals sorgte<br />
bei einem großen Turnier das Elfmeterschießen für die Entscheidung. Uli Hoeneß<br />
fabrizierte Richtung Belgrader Nachthimmel einen der berühmtesten Fehlschüsse<br />
der Fußballgeschichte und ermöglichte so der Tschechoslowakei den<br />
Endspiel-Erfolg gegen die deutsche Mannschaft.<br />
PLATINI SETZT REKORDMARKE<br />
An der EM 1980 in Italien nahmen erstmals und letztmals acht Mannschaften<br />
teil. Sie erwiesen sich als Minimalisten. Es fielen lediglich 1,93 Treffer<br />
pro Spiel, bis heute Negativrekord. Deutschland sicherte sich im Finale gegen<br />
Belgien als erste Mannschaft zum zweiten Mal den Titel.<br />
Bei der EM 1984 in Frankreich wurde das kleine Finale abgeschafft, gleichzeitig<br />
die Anzahl der teilnehmenden Nationen auf 16 erhöht. Nie zuvor und nie<br />
nachher gab es einen treffsicheren Spieler als den Franzosen Michel Platini. Mit<br />
neun Toren führte der geniale Spielmacher die Equipe Tricolore zum EM-Sieg.<br />
Auch im Finale steuerte er beim 2:0-Sieg gegen Spanien einen Treffer bei.<br />
Mit durchschnittlich 69.000 Zuschauern pro Spiel fand die bislang bestbesuchte<br />
Europameisterschaft 1988 in Deutschland statt, die der niederländischen<br />
Nationalmannschaft ihren bisher einzigen Titel bescherte. Einen neuen<br />
Anlauf auf den Gewinn einer begehrten Trophäe wird sie frühestens bei der WM<br />
2018 in Russland nehmen können, da sie in der Qualifikation für die diesjährige<br />
EM gescheitert ist.<br />
So erging es 1992 den Dänen auch, dennoch konnten sie bei der EM in<br />
Schweden Europas Fußball-Thron erklimmen. Die Skandinavier rückten kurz-<br />
Nach der „Schmach von Tirana” verlassen Wolfgang Overath, Günter<br />
Netzer, Hans Küppers und Bernd Patzke (v.r.) enttäuscht den Platz.<br />
<strong>ANSTOSS</strong><br />
TEXT: KNUT HARTWIG
_ 9<br />
Michael Ballacks Freistoßtor gegen Österreich sichert der deutschen Mannschaft bei der EM 2008 den Einzug ins Viertelfinale und besiegelt das frühe Aus des Gastgebers.<br />
Otto Rehhagel (r.) gewinnt 2004 mit Griechenland überraschend<br />
die EM beim Turnier in Portugal.<br />
fristig für das eigentlich qualifizierte Jugoslawien nach, das auf Grund des Balkankriegs<br />
vom Wettbewerb ausgeschlossen wurde. Es geht die Mär, dass die dänischen<br />
Spieler quasi aus ihren Urlaubsdomizilen anreisten und von Fastfood<br />
gestärkt ihre Gegner übertölpelten. Zuletzt die deutsche Mannschaft, die sich<br />
im Finale dem Überraschungsteam mit 0:2 geschlagen geben musste.<br />
DIE ÄRA DES GOLDEN GOAL<br />
Auch wenn sich die Nationalmannschaft nach 1976 zum Spezialisten für<br />
Elfmeterschießen entwickelte, profitierte sie als erste von dessen vorübergehender<br />
Abschaffung. Das sogenannte Golden Goal sollte von 1994 an eine vorzeitige<br />
Entscheidung in der Verlängerung ermöglichen. Das erste seiner Art in<br />
einem offiziellen Wettbewerb gelang Oliver Bierhoff, praktischerweise im EM-Finale<br />
von 1996. Das 2:1 in der 5. Minute der Verlängerung gegen Tschechien bedeutete<br />
den dritten Triumph für Deutschland bei Europameisterschaften. Damit<br />
ist das DFB-Team bis heute Rekord-Titelträger, seit 2012 gemeinsam mit Spanien.<br />
Die EM 2000 wurde ebenfalls durch ein Golden Goal entschieden. Die Franzosen<br />
waren gleich zweimal Nutznießer der Regel. Sowohl im Halbfinale gegen<br />
Portugal als auch im Endspiel gegen Italien gelang ihnen der ultimative Treffer.<br />
Der amtierende Weltmeister kürte sich damit auch zum Europameister. Diese<br />
Konstellation hatte es bis dahin noch nicht gegeben. Neu bei dieser Europameisterschaft<br />
war auch, dass sie mit der Niederlande und Belgien in zwei Gastgeberländern<br />
ausgetragen wurde. Ein Ausrichter-Modell, das auch 2008 (Österreich/Schweiz)<br />
und 2012 (Polen/Ukraine) Anwendung fand.<br />
Das Außergewöhnliche an der EM 2004 war der Sieg des großen Außenseiters<br />
Griechenland, noch dazu mit einem deutschen Trainer. Nach zahlreichen<br />
Erfolgen auf Vereinsebene hievte sich „König“ Otto Rehhagel als Coach der Hellenen<br />
endgültig auf den Trainer-Olymp.<br />
Bei der EM 2008 kam der – in dem Fall kamen die – Gastgeber erstmals<br />
nicht über die Gruppenphase hinaus. Sowohl Österreich als auch die Schweiz<br />
scheiterten vorzeitig. Der Sieg Spaniens machte den „Tiki-Taka“-Fußball populär.<br />
Diesem durch Kurzpässe und hohen Ballbesitzanteil gekennzeichneten Spielstil<br />
blieben die Spanier bis zur EM 2012 erfolgreich treu. Beim Turnier in Polen und<br />
der Ukraine schafften sie die Titelverteidigung, was noch keinem Team zuvor<br />
gelungen war.<br />
Nun also eine EM mit 24 Mannschaften. Rekord. Damit nehmen rund 45<br />
Prozent der 54 UEFA-Mitgliedsverbände teil. Zum Vergleich: Sähe die Qualifikationsquote<br />
für eine Weltmeisterschaft ähnlich aus, würde das Teilnehmerfeld<br />
94 Teams umfassen. Wir dürfen gespannt sein, welche Besonderheiten die 15.<br />
Auflage der Europameisterschaft zu bieten haben wird. Aus deutscher Sicht<br />
wäre es sicher eine besondere Geschichte, wenn der amtierende Weltmeister<br />
auch Europameister würde. Aber das gab’s ja schon… <br />
Der Franzose David Trezeguet sichert seinem Team mit<br />
einem Golden Goal gegen Italien im Jahr 2000 den EM-Titel.
10_TITELTHEMA<br />
ZAHLEN UND FAKTEN<br />
ZUM TURNIER<br />
IN FRANKREICH<br />
1<br />
Die EM dauert exakt einen Monat. Am Freitag, den 10. Juni trifft Gastgeber Frankeich im Eröffnungsspiel auf Rumänien. Das<br />
Finale steigt am Sonntag, den 10. Juli. Beide Begegnungen werden jeweils um 21 Uhr angepfiffen und finden im Stade de<br />
France im Pariser Vorort Saint-Denis statt.<br />
2<br />
Titelverteidiger ist die spanische Nationalmannschaft, die als einzige die EM zweimal nacheinander gewinnen konnte. Sie<br />
war nicht nur vor vier Jahren beim Turnier in Polen und der Ukraine erfolgreich, sondern gewann auch die EM 2008 in Österreich<br />
und der Schweiz.<br />
3<br />
Frankreich richtet nach 1960 und 1984 bereits zum dritten Mal die Fußball-Europameisterschaft aus: so oft wie kein anderes<br />
Land. Vor 32 Jahren nutzte die Equipe Tricolore ihren Heimvorteil zum Titelgewinn, ebenso wie bei der WM 1998.<br />
6<br />
Auf Grund der Rekordteilnehmerzahl wird in sechs Gruppen zu vier Mannschaften gespielt. Neben den Gruppenersten und –<br />
zweiten qualifizieren sich auch die vier besten Gruppendritten für das erstmals ausgetragene Achtelfinale. Nach der ersten<br />
Turnierphase mit insgesamt 24 Spielen scheiden somit nur acht Mannschaften aus dem Wettbewerb aus.<br />
10<br />
Die Spiele der Europameisterschaft verteilen sich auf zehn Austragungsorte. In Saint-Denis befindet sich mit dem Stade de<br />
France das größte EM-Stadion. Es bietet Platz für 81.000 Zuschauer. Die kleinste Arena steht in Nizza, die eine Kapazität<br />
von 35.000 Zuschauern hat. Die Stadien in Bordeaux, Lille, Lyon und Nizza sind Neubauten, die im Laufe der vergangenen<br />
vier Jahre eröffnet wurden. Die größte EM-Stadt ist Paris mit über 2,2 Millionen Einwohnern. In Lens, dem kleinsten Austragungsort,<br />
leben lediglich etwas mehr als 30.000 Menschen.<br />
14<br />
Von den aktiven Spielern haben Portugals Cristiano Ronaldo und der spanische Nationaltorhüter Iker Casillas die meisten EM-<br />
Spiele. Sie kommen auf jeweils 14 Einsätze und könnten beim Turnier in Frankreich die Führenden in der ewigen Bestenliste,<br />
den Franzosen Lilian Thuram und den Niederländer Edwin van der Saar, die beide 16 EM-Spiele aufweisen, ablösen. Im aktuellen<br />
Kader der deutschen Nationalmannschaft liegt Kapitän Bastian Schweinsteiger mit 13 Einsätzen vorn.<br />
18<br />
Die 18 Turnier-Schiedsrichter kommen aus 17 Nationen und leiten 39 Begegnungen. Einzig der englische Fußballverband stellt<br />
zwei Unparteiische. Aus Deutschland wurde von der UEFA Dr. Felix Brych nominiert.<br />
24<br />
Erstmals nehmen 24 Mannschaften an einer Europameisterschaft teil. Für Albanien, Wales, die Slowakei, Nordirland und<br />
Island ist die Qualifikation für die EM-Endrunde eine Premiere. Mit der Niederlande, Dänemark und Griechenland konnten<br />
sich gleich drei ehemalige Europameister nicht qualifizieren. <br />
<strong>ANSTOSS</strong><br />
ZUSAMMENGESTELLT VON: KNUT HARTWIG
_ 11
12_ZEITZEUGE<br />
„WIR HABEN UNS<br />
ZUSAMMENGERAUFT“<br />
Zeitzeugengespräch mit Thomas Helmer<br />
Er spielte sechs Jahre für Borussia Dortmund, war einst der teuerste Bundesliga-Transfer, erzielte eine Phantomtor und wurde<br />
1996 Europameister: Es gibt viele gute Gründe, Thomas Helmer zu einem Zeitzeugengespräch einzuladen. Der 50-Jährige nahm<br />
sich viel Zeit für das Deutsche Fußballmuseum, um seine bewegte Spieler-Karriere Revue passieren zu lassen.<br />
Herr Helmer, haben Sie Michael Wollitz eigentlich<br />
jemals gedankt?<br />
Wenn ich recht überlege: persönlich bis dato<br />
nicht. Dabei kennen wir uns schon sehr lange. Sowohl<br />
Michael als auch Pele Wollitz haben für die<br />
SpVg Brakel gespielt. Der Verein hat sich mit meinem<br />
Heimatclub SC Bad Salzuflen viele heiße Duelle<br />
geliefert. So waren mir die Wollitz-Brüder<br />
nicht unbekannt. Ich ahne aber, worauf Sie hinauswollen…<br />
Die Geschichte, dass Borussia Dortmund einen<br />
Linksfuß für die Defensive gesucht hat und zu<br />
Beginn Ihren Bielefelder Teamkollegen Michael<br />
Wollitz verpflichten wollte. Weil der jedoch bereits<br />
beim 1. FC Köln unterschrieben hatte, fand<br />
der damalige BVB-Trainer Reinhard Saftig Gefallen<br />
an Ihnen.<br />
Und die Geschichte ist wirklich wahr. Genau wie die<br />
Anekdote, dass mir mein Vater zu meinem ersten<br />
Profivertrag verholfen hat.<br />
Wie ist das passiert?<br />
Dabei muss man wissen, dass ich lange nicht davon<br />
überzeugt war, es zu den Profis zu schaffen. Nach<br />
meinem ersten A-Jugend-Jahr in Salzuflen wollte<br />
ich gar mit dem Fußball aufhören. Ich habe in der<br />
Jugend immer in der Kreisliga gespielt und wurde<br />
nie in eine Auswahlmannschaft berufen. Doch die<br />
Verantwortlichen vom SC ließen nicht locker. Sie<br />
boten mir 500 D-Mark und zwei Paar Fußballschuhe<br />
pro Saison. Schließlich habe ich eingewilligt.<br />
Als ich dann das Abitur bestanden hatte, wollte ich<br />
mit Freunden nach Mallorca fliegen, um zu feiern.<br />
Kaum war ich auf der Insel gelandet, rief mein Vater<br />
an und sagte mir, dass ich zurückkommen müsse.<br />
Arminia Bielefeld wolle mich unter Vertrag nehmen.<br />
Dann hat also der Vater die Karriere in Schwung<br />
gebracht?<br />
Und meine Bodenständigkeit. Oder besser gesagt:<br />
meine Unentschlossenheit. Vielleicht war auch<br />
etwas Feigheit dabei… Ich hatte nach dem bestandenen<br />
Abitur keinen Plan, was ich studieren<br />
sollte. Da kam mir das Angebot von Bielefeld gerade<br />
recht.<br />
Ich habe gelesen, dass Ihr Wechsel von Bielefeld<br />
nach Dortmund fast an der Distanz zwischen den<br />
beiden Städten gescheitert wäre.<br />
So kann man das ausdrücken. Die 120 km waren mir<br />
zu Beginn zu weit. Überhaupt erschien mir ein<br />
Wechsel zum BVB damals unwirklich zu sein. Auf<br />
dem Weg zu einem Bundeswehr-Lehrgang bin ich<br />
durch Dortmund gefahren. An dem Tag fand das<br />
Relegationsrückspiel 1986 zwischen Dortmund und<br />
Fortuna Köln statt. Ich ergatterte noch eine Stehplatzkarte<br />
und kann mich daran erinnern, den Außenseiter<br />
angefeuert zu haben. Als Spieler von<br />
Arminia Bielefeld wollte ich in der nächsten Saison<br />
eben lieber gegen Borussia Dortmund spielen. Doch<br />
dann kam Jürgen Wegmann in der Nachspielzeit,<br />
und wenige Wochen später habe ich einen Vertrag<br />
beim BVB unterschrieben.<br />
In unserem <strong>ANSTOSS</strong>-Programm beleuchten wir<br />
auch das Thema „Revierderby“. Welche Erinnerungen<br />
haben Sie an diese Duelle in den 1980er-<br />
Jahren?<br />
An die Spiele selbst habe ich keine großen Erinnerungen.<br />
Vielmehr ist mir das Drumherum noch sehr<br />
präsent. In den Wochen vor den Spielen hat dich<br />
jeder auf das Derby angesprochen. Nach dem<br />
Motto: „Ihr könnt jedes Spiel verlieren, aber nicht<br />
gegen Schalke!“ Die ganze Stadt stand unter Strom,<br />
wenn es gegen den „geliebten Nachbarn“ ging.<br />
Haben Sie eine Erklärung dafür, warum das Derby<br />
so einen emotionalen Stellenwert hat?<br />
Die Stadt Dortmund lebt für die Borussia. Da wird<br />
die Dauerkarte von Generation zu Generation vererbt.<br />
Ich habe zwar auch Derbys zwischen dem FC<br />
Bayern und 1860 München erlebt, doch das Ruhrgebietsduell<br />
ist eine andere Nummer. Vielleicht<br />
hängt das auch damit zusammen, dass die Vereine<br />
oft auf Augenhöhe agiert haben. Einen echten Favoriten<br />
gab es nie. Warum die Abneigung untereinander<br />
so groß ist, ist jedoch schwer zu erklären.<br />
Denn die Vereine sind sich durchaus ähnlich. Beide<br />
hat schon immer eine ausgeprägte Malocher-Mentalität<br />
ausgezeichnet. Beide Kurven sind sehr leidensfähig<br />
und honorieren es sofort, wenn eine<br />
Mannschaft erkennbar Gas gibt.<br />
1989 hat Borussia Dortmund mit dem Sieg im DFB-<br />
Pokalfinale nach 23 Jahren wieder einen Titel gewonnen.<br />
Was war das für ein Erlebnis?<br />
<strong>ANSTOSS</strong><br />
INTERVIEW: CHRISTIAN SCHÖNHALS
_ 13<br />
Zwischen 1986 und 1992 bestreitet Thomas Helmer 156 Bundesligaspiele für Borussia Dortmund.<br />
Das war gigantisch. Ganz Berlin schien an diesem<br />
Wochenende Schwarz-Gelb zu sein. Dabei war<br />
Werder Bremen als Deutscher Meister sicherlich<br />
favorisiert. Alle Borussen fieberten dieser großen<br />
Chance entgegen. Wahrscheinlich hat das auch<br />
für meinen Freund Norbert Dickel eine Rolle gespielt.<br />
Er laborierte an einer schweren Knieverletzung<br />
und hätte aus Ärzte-Sicht niemals spielen<br />
dürfen. Nobby und ich haben in unserer gemeinsamen<br />
BVB-Zeit stets das Zimmer geteilt und bis<br />
tief in die Nacht diskutiert, ob er spielen soll.<br />
Unter dem Strich hat er seine Karriere für diesen<br />
Erfolg geopfert.<br />
Permanent ein Zimmer geteilt: Bestand nicht die<br />
Gefahr, sich irgendwann gegenseitig auf die Nerven<br />
gegangen?<br />
Nein, ganz im Gegenteil. Wir haben sogar zusammen<br />
gewohnt. Er und seine Frau hatten die Dachgeschoss-Wohnung<br />
und ich habe im Souterrain<br />
gelebt. Das hatte für mich einen großen Vorteil:<br />
Gegessen habe ich nämlich meist unter dem Dach…<br />
1992 dann der Wechsel von Borussia Dortmund<br />
zum FC Bayern. Gab es Ärger mit den BVB-Fans?<br />
Es war zu Beginn alles andere als einfach, zumal<br />
ich gar nicht wechseln wollte. Meine damalige<br />
Frau stammt aus Dortmund, wir waren in der<br />
Stadt tief verwurzelt. Doch ich hatte den Eindruck,<br />
dass der Verein meinen Vertrag nicht zwingend<br />
verlängern wollte. Als man mir das Angebot gemacht<br />
hat, war meine Ex-Frau dabei. Anschließend<br />
hat sie als Durch-und-Durch-Dortmunderin gesagt:<br />
Der größte Erfolg von Helmer beim BVB ist der Gewinn des DFB-Pokals 1989. Im Finale schlagen die Schwarz-<br />
Gelben Werder Bremen mit 4:1.<br />
„Wir gehen!“ In der Öffentlichkeit fiel das Urteil<br />
indes anders aus: Der wechselt wegen der Kohle<br />
zu den Bayern.<br />
Dementsprechend ist dann wahrscheinlich der<br />
Empfang beim ersten Aufeinandertreffen zwischen<br />
dem alten und dem neuen Arbeitgeber ausgefallen?<br />
Es wurde auf jeden Fall richtig laut im Westfalenstadion.<br />
Wobei ich daran nicht ganz unschuldig war.<br />
Als ich nämlich zum ersten Mal aus dem Spielertunnel<br />
kam, bin ich gewohnheitsmäßig Richtung Süd<br />
gelaufen. Ein gellendes Pfeifkonzert setzte ein. Im<br />
Spiel war es dann recht schnell ruhig. Ich habe nach<br />
einer halben Stunde per Kopf das 1:0 für die Bayern<br />
erzielt und wenig später das 2:0 vorbereitet. Danach<br />
war mein Wechsel kein Thema mehr.<br />
Haben Sie gejubelt?<br />
Äh… ich glaube ja.<br />
Also keine Zurückhaltung aus Verbundenheit zum<br />
ehemaligen Verein?<br />
Davon halte ich nichts. Ich erziele ja kein Tor gegen<br />
meinen alten Club, sondern für meinen neuen. Das<br />
finde ich etwas albern. Und ich hätte mich auch niemals<br />
im Spielertunnel warm gemacht…<br />
Mit rund 8 Millionen Euro waren Sie 1992 der teuerste<br />
Transfer der Bundesliga-Geschichte. War das<br />
eine große Hypothek für den Start in München?<br />
Die ersten sechs Monate waren die Hölle. Obwohl<br />
wir die ersten fünf Spiele allesamt gewonnen hatten,<br />
durfte ich am Tag nach dem Spiel in der Zeitung<br />
lesen: Diese drei Spieler müssen weg! Und<br />
immer war auch die Nr. 5 dabei. Ich hatte damals
14_ZEITZEUGE<br />
zwei Optionen: Entweder stelle ich den Journalisten<br />
zur Rede, oder ich kann den unterschriebenen Vertrag<br />
gleich zurückgeben. Ich habe mich für das Agieren<br />
entschieden und mir den Medienvertreter nach<br />
einer Trainingseinheit geschnappt. Auf meine Frage,<br />
ob er etwas Persönliches gegen mich habe, fing er<br />
an zu stottern. Ich wirke so arrogant und unnahbar.<br />
Nach der anschließenden Diskussion hatten wir ein<br />
super Verhältnis.<br />
Natürlich müssen wir auch über den 23. April 1994<br />
sprechen: das Phantomtor gegen den 1. FC Nürnberg.<br />
Würden Sie als TV-Experte dem Spieler Helmer<br />
raten zuzugeben, dass der Ball nicht hinter der<br />
Linie war?<br />
Ich war mir zu dem Zeitpunkt unsicher. Natürlich<br />
habe ich am Ende den Ball in Toraus gestochert,<br />
doch vorher befand er sich zwischen meinen Beinen.<br />
Ich konnte ihn kaum sehen. Und weil Andreas<br />
Köpke hinter der Linie lag, fing ich für einen Moment<br />
an zu zweifeln. Ich habe jedoch erst Andi beim Aufstehen<br />
geholfen und wollte zurück in die Verteidigung<br />
laufen. Plötzlich kamen die Mitspieler jubelnd<br />
auf mich zu.<br />
Hat der Schiedsrichter sich nicht bei Ihnen<br />
erkundigt?<br />
Nein. Herr Osmers hat nach Blickkontakt mit seinem<br />
Assistenten direkt auf Tor entschieden.<br />
Was hätten Sie geantwortet, wenn er Sie gefragt<br />
hätte?<br />
Das ist hypothetisch und ehrlich gesagt: Ich weiß es<br />
nicht. Im Nachhinein muss ich jedoch zugeben, dass<br />
es ein Fehler war, den Schiedsrichter nicht selbst<br />
darüber informiert zu haben, dass ich den Eindruck<br />
hatte: Der Ball war nicht hinter der Linie.<br />
Kommen wir zum Finale der Champions League<br />
1999, der Tragödie von Camp Nou, als der FC Bayern<br />
durch zwei Tore in der Nachspielzeit Manchester<br />
United unterlag. Sie waren Kapitän der<br />
Das Phantomtor vom 23. April 1994.<br />
Mannschaft, wurden aber nicht eingewechselt.<br />
Kommt da nicht der Gedanke: Mit mir wäre das<br />
nicht passiert?<br />
Mir war ja schon vorher klar, dass ich wohl nicht eingewechselt<br />
werde. Zwar habe ich in der Bundesliga<br />
noch regelmäßig Einsätze gehabt, doch nach meinem<br />
Eigentor gegen Bröndby IF in der Gruppenphase<br />
der Champions League habe ich in der Königsklasse<br />
nicht mehr gespielt. In der Winterpause hatte mir<br />
Ottmar Hitzfeld bereits mitgeteilt, dass er nicht<br />
mehr mit mir plane, sondern auf jüngere Spieler<br />
setze. Doch als Lothar Matthäus das Feld verließ,<br />
hätte es durchaus Sinn gemacht, mich als kopfballstarken<br />
Spieler zu bringen. Zumal United zu dem<br />
Zeitpunkt vier Stürmer auf dem Platz hatte. Der<br />
Trainer hat sich jedoch für Thorsten Fink entschieden.<br />
Ich habe das nach dem Spiel mit einer obszönen<br />
Geste quittiert, danach hat man mich für den<br />
Rest der Saison suspendiert.<br />
Sie haben nicht nur mit dem FC Bayern Triumphe<br />
feiern können, auch die Zeit mit der Nationalmannschaft<br />
war sehr erfolgreich. Können Sie sich<br />
noch an Ihr Debüt gegen Schweden am 10. Oktober<br />
1990 erinnern?<br />
Sehr gut sogar. Es fehlten einige Spieler verletzungsbedingt,<br />
so dass ich etwas überraschend in der<br />
Startelf stand. Dabei hatte ich einen dicken Zeh.<br />
Doch wenn du den Adler auf der Brust trägst und die<br />
Nationalhymne hörst, dann spielst du auch mit<br />
einem gebrochenen Bein. Ich habe jedes Länderspiel<br />
genossen.<br />
Zwei Jahre später war ein Auftritt in Schweden weniger<br />
erfreulich: Im EM-Finale hat die deutsche<br />
Mannschaft 0:2 gegen Außenseiter Dänemark verloren.<br />
Warum konnte der amtierende Weltmeister<br />
nicht auch den kontinentalen Titel gewinnen?<br />
Unterschätzt haben wir die Dänen auf keinen Fall.<br />
Die hatten gute Fußballer in ihren Reihen. Vielmehr<br />
hatte ich den Eindruck, dass die Mannschaft ob des<br />
WM-Titels insgesamt etwas zu satt war. Wir hatten<br />
nicht die richtige Spannung.<br />
Und woran hat es 1994 gelegen, dass der WM-Titel<br />
in den USA nicht verteidigt werden konnte?<br />
Dieses Turnier ärgert mich noch heute. Denn wir hätten<br />
ob der individuellen Qualität Weltmeister werden<br />
müssen. Alleine der Sturm mit Völler,<br />
Klinsmann, Riedle, Kuntz und dazu noch Ulf Kirsten:<br />
Die waren alle Weltklasse. Wir waren aber kein<br />
Team. Es gab zu viele Gruppen. Das war sehr bitter.<br />
Anders lief es bei der EURO zwei Jahre später.<br />
Da war es vielleicht ein Vorteil, dass uns im Laufe<br />
des Turniers verletzungsbedingt Leistungsträger<br />
weggebrochen sind. Wir haben uns zusammengerauft.<br />
Fußballerisch waren wir sicherlich nicht die<br />
beste Mannschaft des Turniers, doch jeder ist für<br />
den anderen in die Bresche gesprungen. Es gab<br />
keine Eitelkeiten in der Mannschaft. So kannst du<br />
Titel gewinnen.<br />
Nach dem blamablen Ausscheiden der DFB-Elf<br />
nach der Vorrunde bei den EM 2000, in der lediglich<br />
Mehmet Scholl ein Tor für Deutschland erzielt<br />
hatte, gab es eine regelgerechte Revolution beim<br />
DFB. Man hatte erkannt, dass andere Nationen<br />
technisch und taktisch an den Deutschen vorbeigezogen<br />
waren und krempelte die Nachwuchsförderung<br />
um. Beim DFB entstanden Stützpunkte, in<br />
den Vereinen Leistungszentren. Sehen Sie das als<br />
beteiligter Spieler ähnlich, dass der EM-Erfolg 1996<br />
für die Entwicklung des deutschen Fußballs eher<br />
kontraproduktiv war?<br />
Grundsätzlich ist ein Titel immer etwas Positives.<br />
Doch Sie haben durchaus Recht. Andere Mannschaften<br />
wirkten taktisch besser geschult als wir.<br />
Doch das haben wir durch Mentalität und Physis<br />
kompensiert.<br />
Welcher Trainer hat Ihnen taktisch am meisten<br />
mitgegeben?<br />
Giovanni Trapattoni. Er hat uns auf die wichtigen<br />
Dinge in einem Spiel aufmerksam gemacht und uns<br />
stets sehr gut auf den nächsten Gegner vorbereitet.<br />
<strong>ANSTOSS</strong><br />
INTERVIEW: CHRISTIAN SCHÖNHALS
_ 15<br />
Am Ziel aller Träume: Thomas Helmer wird 1996 gemeinsam Matthias Sammer und Thomas Häßler in England Europameister.<br />
Zum Ende eine offene Frage: Ist Fußball für Sie<br />
Kultur?<br />
Das ist eine schwierige Frage. Natürlich ist der Fußball<br />
mehr als die 90 Minuten auf dem Platz. Er ist<br />
zu einem Event geworden, zu einem Spektakel. Und<br />
Fußball ist ein permanentes Gesprächsthema, egal,<br />
wohin man kommt. Wenn tägliche Auseinandersetzung<br />
und die Diskussionen über die verschiedenen<br />
Facetten des Spiels Indikatoren für ein Kulturgut<br />
sind, dann ist Fußball Kultur.<br />
Ich habe Ihnen jeweils eine Kurzbeschreibung der<br />
Veranstaltungen mitgebracht, die wir im Rahmen<br />
unseres Kulturprogramms <strong>ANSTOSS</strong> in den kommenden<br />
Wochen durchführen werden. Was halten<br />
Sie davon?<br />
Fankultur ist sicherlich ein gutes Thema. Soccer<br />
Slam? Das hätte ich nicht erwartet, klingt aber interessant.<br />
EURO in Frankreich: Klar. Da scheint für<br />
jeden etwas dabei zu sein. Fehlt eigentlich nur noch<br />
Kochen.<br />
Das kommt noch. Wir arbeiten bei dem Thema mit<br />
Holger Stromberg zusammen, dem Koch der Nationalmannschaft.<br />
Dann kann ja nichts mehr schiefgehen. Auf jeden<br />
Fall scheint das ein sehr abwechslungsreiches Programm<br />
zu sein. Viel Erfolg damit.<br />
Würden Sie mal vorbeischauen?<br />
Ich lebe in Hamburg, arbeite viel in München und bin<br />
häufig unterwegs. Aber wenn es passt, komme ich<br />
gerne vorbei. <br />
ZUR PERSON<br />
THOMAS HELMER<br />
21.04.1965 in Herford<br />
PROFI-VEREINE<br />
DSC Arminia Bielefeld (1984-86)<br />
Borussia Dortmund (1986-92)<br />
FC Bayern München (1992-99)<br />
FC Sunderland (1999)<br />
Hertha BSC (1999)<br />
SPIELE<br />
390 Bundesligaspiele (41 Tore)<br />
68 Länderspiele (5 Tore)<br />
Königliche Begegnung: Elisabeth II. begrüßt vor dem EM-Finale die Spieler der deutschen Nationalmannschaft.
16_KULTURPROGRAMM<br />
FUSSBALLKULTUR<br />
<strong>ANSTOSS</strong><br />
FÜR DAS KULTURPROGRAMM<br />
Museumsdirektor Manuel Neukirchner (2. v.l.) und Hermann Beckfeld,<br />
Chefredakteur der Ruhr Nachrichten (2. v.r.), begrüßten bei der Auftaktveranstaltung<br />
des Kulturprogramms <strong>ANSTOSS</strong> Klaus Fischer,<br />
Christoph Metzelder und Willi Lippens im Deutschen Fußballmuseum.<br />
Das Deutsche Fußballmuseum versteht sich als zentrale Begegnungsstätte für die Fußballfans in Deutschland. Aus<br />
diesem Grund ist im April 2016 zusätzlich zur Dauerausstellung das Kultur- und Veranstaltungsprogramm <strong>ANSTOSS</strong><br />
gestartet. In diesem Programm werden einzigartige Events zur Fußballkultur und -geschichte angeboten.<br />
Der Fußball hat und ist eine ganz eigene Kultur. Egal ob alt oder jung, ob arm<br />
oder reich – Fußball verbindet alle Teile der Gesellschaft und ist ein Spiegel biographischer,<br />
sozialer oder künstlerischer Erfahrungen. Das Deutsche Fußballmuseum<br />
greift diese Kraft des Sports auf und bindet sie in sein Kultur- und<br />
Veranstaltungsprogramm ein. Im Rahmen von <strong>ANSTOSS</strong> präsentiert das Museum<br />
einen Spielplan mit zahlreichen Veranstaltungen rund um die Fußballkultur.<br />
<strong>ANSTOSS</strong> bewegt sich dabei auf sieben unterschiedlichen „Spielfeldern”. Diese<br />
spannen einen weiten Bogen von Traditionsabenden mit Fußball-Legenden über<br />
Taktik Talks bis hin zu Filmvorführungen und bieten damit für jeden Fußballbegeisterten<br />
in Deutschland ein abwechslungsreiches und einzigartiges Programm.<br />
Ein erstes Highlight im <strong>ANSTOSS</strong>-Spielplan war die Auftaktveranstaltung „Derbyfieber“<br />
am 4. April, wenige Tage vor dem 170. Pflichtspiel-Aufeinandertreffen zwischen<br />
Borussia Dortmund und Schalke 04. Unvergessene Legenden des Revierfußballs<br />
wie Klaus Fischer, Willi Lippens und Christoph Metzelder, aber auch treue Fans<br />
aus den Stadionkurven beider Clubs diskutierten einen ganzen Abend lang über Geschichte<br />
und Geschichten des heißesten Derbys im deutschen Fußball.<br />
Ein weiterer Höhepunkt des Programms ist der Auftritt der besten Poetry Slammer<br />
des Ruhrgebiets. Sie ermitteln mit ihren Fußballtexten im Wortgefecht den 1.<br />
Soccer Slam Cup Ruhr. Am 25. <strong>Mai</strong> begrüßt Moderator Ben Redelings, einer der<br />
bekanntesten Fußball-Comedians Deutschlands, den Kult-Trainer Peter Neururer<br />
und BVB-Legende Norbert Dickel zu einem unterhaltsamen Saisonrückblick in der<br />
„Dreierkette“. Im Juni rückt die Europameisterschaft in den Fokus des Kulturprogramms:<br />
Ab dem 12.6. zeigt das Deutsche Fußballmuseum in seinem ‚EM-Garten‘<br />
in einem unverwechselbaren Ambiente alle Spiele der deutschen Nationalmannschaft<br />
sowie weitere ausgesuchte EM-Partien live.<br />
<strong>ANSTOSS</strong><br />
TEXT: DR. HENRY WAHLIG
KOLUMNE<br />
_ 17<br />
Als ich vor 15 Jahren mein Geschichtsstudium<br />
begann, wurde ich von vielen Professoren noch<br />
eher mitleidig belächelt, wenn ich ihnen ein Fußballthema<br />
für ein Referat oder eine Hausarbeit<br />
vorschlug: „Suchen Sie sich besser etwas Anständiges“,<br />
bekam ich nicht nur einmal zu hören.<br />
Fußball galt in diesen Kreisen immer noch als<br />
‚Proletenbeschäftigung‘ ohne jede gesellschaftliche<br />
oder gar kulturelle Bedeutung.<br />
Seitdem ist viel in Bewegung geraten. Mein persönliches ‚Erweckungserlebnis‘<br />
hatte ich im Frühjahr 2006, als der DFB im Vorfeld der Weltmeisterschaft<br />
damit begann, seine eigene Geschichte in der NS-Zeit erforschen zu lassen. Im<br />
Rahmen einer vom Verband geförderten Ausstellung im Centrum Judaicum<br />
Berlin durfte ich die Historie der jüdischen Fußballmannschaft meiner Wahlheimatstadt<br />
Bochum erforschen.<br />
Dieses bis dahin vergessene Kapitel der Geschichte hat mir deutlich wie nie<br />
zuvor vor Augen geführt, welch immense gesellschaftliche und soziale Kraft<br />
vom Fußball ausgehen kann: Die Bochumer Kicker liebten ihren Sport so sehr,<br />
dass sie ihn auch im Schatten von Verfolgung und Terror nicht aufgeben wollten.<br />
Noch im Sommer 1938, wenige Monate bevor die Nationalsozialisten in<br />
der Pogromnacht alles noch verbliebene kulturelle jüdische Leben in Schutt<br />
und Asche rissen, wurde die Elf zum letzten Deutschen Meister der bereits stark<br />
dezimierten jüdischen Fußballliga. Der Fußball ging diesen jungen Männern<br />
über alles – bis sie erst der Holocaust für immer auseinanderriss.<br />
DIE SPIELFELDER DES<br />
<strong>ANSTOSS</strong>-PROGRAMMES<br />
HEIMSPIEL<br />
Innenansicht: Fußball-Themen aus deutscher Perspektive<br />
GLOBALL-PLAYER<br />
Außensicht: Ein internationaler Blick auf den deutschen Fußball<br />
BALLKUNST<br />
Impulsgeber: Gemeinsam mit Künstlern aller Sparten entwickelte<br />
Kunst-Formate rund um den deutschen Fußball<br />
FOOTBALL FICTION<br />
Zukunftsthemen: Aussichten und Perspektiven des Fußballs<br />
im 21. Jahrhundert<br />
FOOD BALL<br />
Fußball kulinarisch: Guter Geschmack von Stadionwurst<br />
bis Kaviar aus den VIP-Logen<br />
SPIELZEIT<br />
Live-Formate: Entertainment von Public Viewing bis hin zu<br />
interaktiven Fußball-Events<br />
NACHWUCHSSPIELER<br />
Kinder und Jugendliche: Kultur-Formate für den Fußball-Nachwuchs<br />
Um zu spüren, wie stark der Fußball unsere Gesellschaft verändert, brauchen<br />
wir aber nicht nur in die Geschichte blicken: So sind zum Beispiel unsere WM-<br />
Helden um Miroslav Klose, Lukas Podolski, Mesut Özil und Co. heute in allen<br />
Teilen der Erde zu Botschaftern für ein neues, weltoffenes und sympathisches<br />
Deutschland geworden. Auch hier ist der Fußball nicht nur ein Spiegel, sondern<br />
ein Impulsgeber für das Land und seine Menschen.<br />
Genau diesen Kräften des Sports möchten wir künftig in unserem <strong>ANSTOSS</strong>-<br />
Programm nachspüren. In ihm werden neben den großen Fragen der Fußballgeschichte<br />
auch aktuelle Themen aus den Stadionkurven und unterhaltsame<br />
Momente rund um das Fußballgeschehen ihren Platz finden. Schließlich bleibt<br />
der Fußball, trotz aller gesellschaftlichen Relevanz, für viele Menschen ganz<br />
einfach die schönste Nebensache der Welt.<br />
Ich freue mich auf viele Entdeckungsreisen in die kulturelle Welt des Fußballs<br />
mit Ihnen und lade auch Sie ganz herzlich zu einem Besuch bei uns ein. <br />
Dr. Henry Wahlig<br />
Manager <strong>ANSTOSS</strong>-Programm
18_VIRTUELLER RUNDGANG<br />
FUSSBALLKULTUR<br />
SPIELPLAN<br />
APRIL - JUNI 2016<br />
DAS VERANSTALTUNGSPROGRAMM DES DEUTSCHEN FUSSBALLMUSEUMS<br />
APRIL – JUNI 2016<br />
VERANSTALTUNGSTIPP<br />
DERBYFIEBER 4.4.2016__20:00 Uhr<br />
Wenige Tage vor dem 170. Revierderby treffen sich die beiden Ruhr-Rivalen zum großen<br />
Zweikampf im Deutschen Fußballmuseum: Unvergessene Spieler-Legenden und treue<br />
Fans aus der Stadionkurve von Borussia Dortmund und Schalke 04 ermitteln im Rededuell<br />
und an der Original ZDF-Sportstudio Torwand ihren ultimativen Derbysieger. Wer wird im<br />
ewigen Duell die Nase vorn haben?<br />
Freuen Sie sich auf einen unvergesslichen Abend mit u.a. Christoph Metzelder, Klaus<br />
Fischer und Willi Lippens.<br />
Ein Muss für alle Fußball-Fans im Ruhrgebiet – und darüber hinaus!<br />
In Zusammenarbeit mit den Ruhr Nachrichten.<br />
Eintrittspreis: 12 € VVK<br />
Fairplay ist eine Haltung – Buchpräsentation mit Urs Meier 13.4.2016__19:00 Uhr<br />
Der bekannte FIFA-Schiedsrichter und ZDF-Experte Urs Meier präsentiert in einer exklusiven Premierenlesung seine Biographie<br />
„Mein Leben auf Ballhöhe“. Darin gibt er spannende Einblicke in die Welt des Fußballs – und in die Seele des manchmal<br />
einsamsten Mannes auf dem Platz.<br />
Eintrittspreis: 5 € VVK<br />
Das N11 Fußballquiz 21.4.2016__19:00 Uhr<br />
Die bunte Welt des Fußballs kompakt in 60 Fragen. Vier Runden lang testet Moderator Ben Redelings, bekannt als Deutschlands<br />
erfolgreichster Fußball-Comedian, das Fachwissen rund um den Fußball. Anmelden können sich Einzelstarter; vor Ort werden<br />
Teams aus 4 bis 6 Personen gebildet. Die größten Fußballexperten werden mit attraktiven Gewinnen belohnt.<br />
Eintrittspreis: 7 € VVK<br />
1. Soccer Slam Cup Ruhr 29.4.2016__19:00 Uhr<br />
Am 29. April verbinden sich zwei Welten: Im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund steigt der Soccer Poetry Slam! Einige der<br />
bekanntesten Poetry Slammer Deutschlands steigen auf die Bühne und zeigen, warum die lebendigste Spielart der Literatur<br />
mit der wichtigsten Nebensache der Welt unbedingt zusammengehört.<br />
Eintrittspreis: 8 € VVK<br />
Fußballkino: Im Derby-Dreieck 3.5.2016__19:00 Uhr<br />
Ab <strong>Mai</strong> 2016 präsentiert das Deutsche Fußballmuseum in Kooperation mit dem 11mm Filmfestival jeden Monat die besten Fußballfilme.<br />
Zum Auftakt zeigt der Dokumentarfilm „Im Derby-Dreieck“ die erbitterte Rivalität zwischen den Traditionsvereinen Arminia<br />
Bielefeld, Preußen Münster und VfL Osnabrück. Zu Gast ist Kult-Kicker Ansgar Brinkmann, der für alle drei Klubs gespielt hat.<br />
Eintrittspreis: 7 € VVK<br />
BALLKUNST<br />
NACHWUCHS<br />
HEIMSPIEL GLOBALL<br />
HEIMSPIEL<br />
<strong>ANSTOSS</strong>
INHALT _ 19<br />
DORTBUNT! Das Deutsche Fußballmuseum ist dabei 8.5.2016 ab 12 Uhr<br />
Ein Stadtfest für ein vielfältiges, offenes und multikulturelles Dortmund: Das Deutsche Fußballmuseum ist als Veranstaltungsort<br />
mit einem bunten Programm bei DORTBUNT! dabei. In Zusammenarbeit mit dem Jugendamt der Stadt wird am 8. <strong>Mai</strong> auf dem<br />
Vorplatz des Museums der 1. DORTBUNT!-Pokal ausgetragen. Mitspielen werden u.a. mehrere Flüchtlingsteams.<br />
Gunter Gebauer im Gespräch mit Peter Großmann 19.5.2016__20:00 Uhr<br />
Der profilierte Fußballkenner und Sportdenker Gunter Gebauer entwickelt mit großer Lust am Spiel eine Philosophie des<br />
Fußballs, die uns das Geschehen auf dem Platz und drumherum nicht besser, aber anders verstehen lässt. Sein Buch „Das<br />
Leben in 90 Minuten. Eine Philosophie des Fußballs“ stellt er im Gespräch mit Moderator Peter Großmann vor.<br />
Eintrittspreis: 5 € VVK<br />
Internationaler Museumstag 22.5.2016<br />
Zum Internationalen Museumstag präsentieren sich das Dortmunder U, das Museum für Kunst und Kultur und das Deutsche<br />
Fußballmuseum gemeinsam der Öffentlichkeit. Die drei Häuser bilden künftig als abwechlungsreiches Ensemble die Dortmunder<br />
Museumsmeile, die das kulturelle Profil der Stadt weiter stärkt. Zur inoffiziellen Eröffnung dieser Meile veranstaltet das<br />
Deutsche Fußballmuseum auf seinem Vorplatz spannende Mitmach-Aktionen für die ganze Familie.<br />
Dreierkette – Der Fußball-Saisonrückblick 25.5.2016__20:00 Uhr<br />
Die Saison geht zu Ende, »Dreierkette - Der Fußball-Saisonrückblick« kommt. Wir freuen uns auf einen Saisonrückblick<br />
2015/2016 mit Moderator Ben Redelings sowie seine Gäste BVB-Legende Norbert Dickel und Kult-Trainer Peter Neururer.<br />
Also auf einen spannenden Abend unter dem Motto: 365 unvergessliche Fußball-Tage in 90 amüsanten Minuten!<br />
Eintrittspreis: 12 € VVK<br />
„Ohne Fans wär hier gar nix los!“ – Podiumsdiskussion zur Fankultur 2.6.2016__20:00 Uhr<br />
Die Debatten über den Fußball und seine leidenschaftlichsten Anhänger werden seit einigen Jahren mit zunehmender Intensität<br />
geführt. Wie kann das Zusammenspiel aller Beteiligten verbessert werden? Dieser Frage gehen verschiedene Fanvertreter,<br />
Wissenschaftler und Verantwortliche des DFB nach. In Kooperation mit dem kicker Sportmagazin.<br />
Eintrittspreis: 7 € VVK<br />
Fußballkino: Les Yeux dans les Bleus 6.6.2016__19:30 Uhr<br />
Als die ‚Equipe Tricolore‘ bei der WM 1998 im eigenen Land den Titel errang, gelang es dem französischen Filmemacher Stéphane<br />
Meunier, den „Bleus” so nahe zu kommen, als sei er selbst Teil der Mannschaft. Die ideale Einstimmung auf die Fußball-EM in<br />
Frankreich! Auf Französisch mit englischen Untertiteln.<br />
Eintrittspreis: 7 € VVK<br />
EM live im Deutschen Fußballmuseum 10.6.2016 – 10.7.2016<br />
Verfolgen Sie alle Spiele der deutschen Nationalelf sowie ausgesuchte weitere Spiele in einzigartiger Atmosphäre im EM-Garten<br />
des Deutschen Fußballmuseums. Bei uns können Sie den EM-Pokal bestaunen und damit bei allen Spielen Endspiel-Atmosphäre<br />
schnuppern. Für genussvolle Momente sorgt die museumseigene Gastronomie mit Speisen aus den Küchen der EM-Teilnehmer.<br />
ExtraSchicht: Wir sind Fußball! 25.6.2016__16:00 Uhr bis 2:00 Uhr<br />
Erstmals beteiligt sich das Deutsche Fußballmuseum an der ExtraSchicht, der Nacht der Industriekultur im Ruhrgebiet. Kurzführungen<br />
vermitteln einen spannenden Überblick über die Themen der Dauerausstellung. Ein besonderer Fokus an diesem<br />
Abend: Führungen zu Geschichte und Gegenwart des Revierfußballs. Eintrittskarten ab 10.5. an allen Spielorten<br />
SPIELZEIT SPIELZEIT BALLKUNST HEIMSPIEL HEIMSPIEL SPIELZEIT<br />
BALLKUNST SPIELZEIT
20_RÜCKPASS<br />
<strong>ANSTOSS</strong><br />
AUTOR: HENRI NANNEN
_ 21<br />
Die Klasse 10d der Johann-Gutenberg-Realschule in Dortmund besuchte das Deutsche Fußballmuseum. Anlass war die Vorführung des Films<br />
„Liga Terezin” im Rahmen des Kulturprogramms <strong>ANSTOSS</strong>. Ihre Eindrücke fassten die Schülerinnen und Schüler in diesem Artikel zusammen.<br />
FUSSBALL AUS EINEM<br />
ANDEREN BLICKWINKEL<br />
„Liga Terezin“ – ein Film über einen Film<br />
Ein Bild oder ein Film beeinflusst uns in Sekunden. Wir werden hineinversetzt in eine andere<br />
Zeit, an einen anderen Ort. Sehr schnell – so scheint es – finden wir uns zurecht.<br />
Im Deutschen Fußballmuseum sehen wir bei der<br />
Veranstaltungsreihe <strong>ANSTOSS</strong> den Dokumentarfilm<br />
„Liga Terezin” der Israelis Oded Breda und Mike<br />
Schwartz. Der Termin ist bewusst gewählt, der Film<br />
wird zum Gedenken an die Befreiung des Konzentrationslagers<br />
Auschwitz gezeigt.<br />
Es geht um Aufnahmen im Konzentrationslager<br />
Theresienstadt – Aufnahmen von einer Fußballliga,<br />
von fußballbegeisterten Menschen, die<br />
mitten im Konzentrationslager Fußball spielen, jubeln,<br />
anfeuern.<br />
Wir sind verunsichert. War das Leben im Konzentrationslager<br />
doch nicht so schlimm? Wie kann<br />
man denn bei solch einem Elend als Inhaftierter<br />
Fußball spielen?<br />
Doch dann der Schock. Fast alle diese Menschen,<br />
die wir gerade noch gesehen haben, starben<br />
wenige Wochen später in Auschwitz, wurden vergast,<br />
hingerichtet, ermordet – ihre Asche wurde im<br />
Fluss versenkt.<br />
Wir erfahren, dass die Filmaufnahmen von den<br />
Nationalsozialisten für einen Propagandafilm gemacht<br />
worden waren, eine ganze Filmcrew war vor<br />
Ort gewesen und hatte „fröhliche“ Inhaftierte des<br />
Konzentrationslagers beim Fußballspielen gefilmt.<br />
Oded Breda (rechts) und Mike Schwartz<br />
stellten den Film vor.<br />
Der Propagandafilm hat damals seine Ziele<br />
erreicht. Und wenn wir ehrlich sind, hat er uns in<br />
Sekundenschnelle verunsichert. Wir müssen wachsamer<br />
sein.<br />
Doch dieser Film hat noch etwas ganz anderes<br />
erreicht. Der Israeli Oded Breda hat in dem Propagandafilm<br />
der Nationalsozialisten seinen Onkel<br />
Pavel entdeckt. Daraus entstand der Dokumentarfilm<br />
„Liga Terezin“. In diesem Dokumentarfilm geht<br />
er der Vergangenheit seiner Familie – aber auch der<br />
Fußballliga in Theresienstadt nach. Lang gehütete<br />
Geheimnisse von Familien werden gelüftet, das<br />
Schweigen von Großvätern und Vätern sowie Großmüttern<br />
und Müttern gebrochen. Er entdeckt eine<br />
Spur zu seiner Familie. Oded Breda und der israelische<br />
Filmemacher Mike Schwartz begeben sich auf<br />
die Suche nach weiteren Spuren. Gemeinsam treffen<br />
sie Überlebende des Propagandafilms. Sie berichten<br />
voller Emotionen. Oded Breda kehrt an den<br />
Ort des Fußballspiels in Theresienstadt zurück. Er<br />
spielt Fußball - wie damals sein Onkel – und fühlt<br />
sich ihm in diesem Moment nah. Im Saal im Deutschen<br />
Fußballmuseum wird es ganz still.<br />
Wir haben verstanden, dass der Fußball für die<br />
Inhaftierten ein Zeichen des Lebens, des Überlebenwollens,<br />
war. Und wir haben begriffen: Manipulation<br />
begegnet uns überall und auch heute ist<br />
Fremdenhass verborgen oder offen erkennbar –<br />
auch im Fußball.<br />
Und deshalb ist es gut, dass das Deutsche Fußballmuseum<br />
diesen Film gezeigt hat und sich in der<br />
Dauerausstellung auch mit der Zeit des Nationalsozialismus<br />
auseinandersetzt. Schulklassen können<br />
sogar einen Besuch zu diesem Thema buchen.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
fussballmuseum.de<br />
www.fussballmuseum.de/besuch/kinderschule/schule-im-museum<br />
www.ligaterezin.com<br />
AUTOREN: 10d UND MEDIENCHECKER DER JOHANN-GUTENBERG-REALSCHULE UNTER DER LEITUNG VON CLAUDIA WERNER JOANA KONOPKA, TANIA PUVANESARAJAH, EMRE ELIJAZICI, EDIS MURATOVIC
22_PASSIERT NOTIERT<br />
BEGEGNUNGEN IM DEUTSCHEN<br />
FUSSBALLMUSEUM<br />
Das Deutsche Fußballmuseum ist nicht nur ein Ausstellungs-, sondern auch ein Veranstaltungshaus.<br />
Ein Forum für Diskussionen, Gespräche und Begegnungen, das von den Freunden und Mitgliedern der<br />
nationalen und internationalen Fußballfamilie rege genutzt wird.<br />
URS MEIER LIEST AUS SEINER BIOGRAFIE<br />
JUGENDMANNSCHAFTEN DES MONATS<br />
Der ehemaliger Schweizer Spitzen-Referee Urs Meier stattete dem Deutschen<br />
Fußballmuseum in den vergangenen Monaten gleich drei Besuche ab.<br />
Im Januar hatte er ein besonderes Exponat im Gepäck: die Gelbe Karte, die<br />
er einst Michael Ballack im WM-Halbfinale 2002 in Seoul gezeigt hatte. Mit der<br />
Konsequenz, dass Ballack, der mit seinen Toren für das Weiterkommen der deutschen<br />
Nationalmannschaft sowohl im Viertelfinale gegen die USA als auch in<br />
jenem Spiel gegen Südkorea sorgte, im Endspiel gegen Brasilien gesperrt fehlte.<br />
Im März war Meier erneut zu Gast, um im Museums-Ambiente einen Spot<br />
für sein neues Buch zu drehen. Die Biografie mit dem Titel „Mein Leben auf Ballhöhe“<br />
stellte der 57-Jährige schließlich im April bei einer Lesung im Rahmen des<br />
Kulturprogramms <strong>ANSTOSS</strong> vor.<br />
Darin erzählt Urs Meier unter anderem, wie er durch eine Fehlentscheidung<br />
bei der Qualifikation zur EM 2004 bei den rumänischen Fans in Ungnade fiel, wie<br />
ein nicht anerkanntes Tor der Engländer im EM-Viertelfinale 2004 Polizeischutz<br />
nach sich zog und wie Michael Ballack auf die folgenschwere Gelbe Karte reagierte.<br />
Meiers Lesung und Gesprächs-Anekdoten gewährten spannende Einblicke<br />
in die Welt des Fußballs und in die Seele des manchmal einsamsten Mannes auf<br />
dem Platz.<br />
Für die „Jugendmannschaft des Monats“ im Deutschen Fußballmuseum kann sich<br />
von den Bambini bis zur A-Jugend jedes Nachwuchsteam aus Deutschland bewerben.<br />
Die Gewinner werden zu einem VIP-Besuch ins Museum nach Dortmund eingeladen<br />
und erhalten einen von der Deutschen Post gesponserten neuen<br />
Trikotsatz. In einer gesonderten Vitrine sind dann Exponate der Jugendmannschaft<br />
des Monats für vier Wochen Teil der Dauerausstellung. Die bisherigen Gewinner<br />
waren die U15-Junioren von Fortuna Bredeney, die U11 des FC Iserlohn 46/49, die<br />
U6 des SV Oppum 1910 und die U7 des FC Gierskämpen. Informationen zum Bewerbungsverfahren<br />
gibt es unter fussballmuseum.de.<br />
FUSSBALL IST BUNT<br />
Fußball ist bunt, Fußball verbindet! Hier versteht man sich ohne Worte. Eine ganz<br />
besondere Schulklasse war zu Besuch im Deutschen Fußballmuseum: ein Einstiegskurs<br />
Deutsch für Flüchtlinge. Den Schülern hat die Ausstellung sehr gut gefallen,<br />
das Fußballspiel anschließend war für alle ein großer Spaß.<br />
Ein Dank geht an das engagierte Dozentinnen-Team Daria Matus, Daniela<br />
Schindler, Ulrike Eichenauer und Clarissa Eichenauer vom Grone Bildungszentrum<br />
Dortmund, die diesen Besuch ermöglicht haben.<br />
JUGENDMANNSCHAFT DES MONATS<br />
FUSSBALL IST BUNT<br />
<strong>ANSTOSS</strong>
_ 23<br />
URS MEIER LIEST AUS SEINER BIOGRAFIE<br />
VERLEIHUNG DES INTEGRATIONSPREISES<br />
Das Deutsche Fußballmuseum bot die stimmungsvolle Kulisse für die Verleihung<br />
des diesjährigen Integrationspreises des DFB und von Mercedes-Benz. In den Kategorien<br />
Verein, Freie und Kommunale Träger sowie Schule gab es jeweils drei<br />
Preisträger. Gewürdigt wurden damit die vielen ehrenamtlich tätigen Menschen,<br />
die Flüchtlinge im vergangenen Jahr eingeladen haben, gemeinsam Fußball zu<br />
spielen. Immer nach dem Motto: Fußball: viele Kulturen – eine Leidenschaft.<br />
Schirmherr Oliver Bierhoff: „Das Deutsche Fußballmuseum ist eine Begegnungsstätte<br />
für die gesamte Fußballfamilie und daher besonders geeignet als Veranstaltungsort<br />
für die Verleihung des Integrationspreises.“<br />
BAYER LEVERKUSEN VERANSTALTET<br />
SPONSOREN-TREFFEN<br />
Im Beisein von Sportdirektor Rudi Völler, Trainer Roger Schmidt und Nationalspieler<br />
Lars Bender veranstaltete Bayer 04 Leverkusen am 18. April ein Sponsoren-<br />
Treffen im Deutschen Fußballmuseum. Moderiert wurde der Abend, an dem rund<br />
150 Förderer und Freunde des Vereins teilnahmen, von Tom Bartels, der mit seinem<br />
mitreißenden Kommentar des WM-Endspiels von 2014 selbst ein Stück Fußballgeschichte<br />
geschrieben hat. Seine Notizen, die er sich in Vorbereitung auf das<br />
Finale gemacht hatte, hat Bartels für die Dauerausstellung des Deutschen Fußballmuseums<br />
zur Verfügung gestellt.<br />
JUBILÄUMSTICKET<br />
Eine deutsch-österreichische Reisegruppe hat die 100.000. Eintrittskarte für die<br />
Ausstellung des Deutschen Fußballmuseums erworben. Die zwölf Männer aus<br />
Unterfranken und Tirol lösten Anfang März ein Gruppenticket. Die Jubiläumsbesucher<br />
erhielten als kleine Überraschung ein Trikot der deutschen Nationalmannschaft<br />
und eine <strong>Ausgabe</strong> von „Mehr als ein Spiel“, dem Begleitbuch zur<br />
Ausstellung. Die weitgereisten BVB- und Bayern-Fans pilgerten nach ihrem Rundgang<br />
durch 140 Jahre Fußballgeschichte in Richtung BVB-Stadion, um den Bundesligagipfel<br />
zwischen Borussia Dortmund und Bayern München live zu verfolgen.<br />
BAYER LEVERKUSEN VERANSTALTET SPONSOREN-TREFFEN<br />
VERLEIHUNG DES INTEGRATIONSPREISES<br />
JUBILÄUMSTICKET
24_PASSIERT NOTIERT<br />
JAHRESTAGE<br />
„BULLE“ ROTH SCHIESST BAYERN ZUM EUROPAPOKAL-SIEG<br />
DRAMA AUF SCHALKE<br />
AUFARBEITUNG DES BUNDESLIGASKANDALS<br />
EREIGNISSE<br />
5. <strong>Mai</strong><br />
Der erste deutsche Europapokalsieger: Vor 50 Jahren siegt Borussia Dortmund<br />
im Finale des Europapokals der Pokalsieger gegen den FC Liverpool<br />
mit 2:1 nach Verlängerung (Torschützen: Sigi Held und Stan Libuda).<br />
12. <strong>Mai</strong><br />
Bayern München gewinnt vor 40 Jahren zum dritten Mal in Folge den Europapokal<br />
der Landesmeister: Franz „Bulle“ Roth sorgt für den 1:0-Siegtreffer<br />
gegen AS St. Etienne.<br />
13. <strong>Mai</strong><br />
Der FC Carl Zeiss Jena unterliegt vor 35 Jahren im Finale des Europapokals<br />
der Pokalsieger Dynamo Tiflis mit 1:2.<br />
15. <strong>Mai</strong><br />
Der Titel hat bis dato gefehlt: 1996 gewinnt der FC Bayern München den<br />
UEFA-Pokal (heute: Europa League). In den Endspielen hat Girondins Bordeaux<br />
das Nachsehen.<br />
19. <strong>Mai</strong><br />
Drama auf Schalke: Die Knappen stehen 2001 kurz vor der ersten Meisterschaft<br />
nach 43 Jahren. Doch ein später wie umstrittener Treffer des Bayern-<br />
Verteidigers Patrick Andersson in Hamburg lässt den FCB an S04<br />
vor beiziehen und sichert dem Rekordmeister den Titel.<br />
23. <strong>Mai</strong><br />
Vor 15 Jahren ist der FC Bayern wieder auf Europas Thron. Im Finale der<br />
Champions League wird der FC Valencia mit 5:4 nach Elftmeterschießen<br />
bezwungen.<br />
6. Juni<br />
Horst-Gregorio Canellas bringt vor 45 Jahren die Aufarbeitung des Bundesligaskandals<br />
ins Rollen. Auf seiner Gartenparty zum 50. Geburtstag spielt der<br />
Präsident von Kickers Offenbach mitgeschnittene Telefongespräche vor, bei<br />
dem ihm der Kauf von Bundesliga-Spielen angeboten worden ist. Das Aufzeichnungsgerät<br />
ist im Deutschen Fußballmuseum zu sehen.<br />
24. Juni<br />
Vor 60 Jahren ist Borussia Dortmund zum ersten Mal Deutscher Meister.<br />
Im Finale bezwingt der BVB den Karlsruher SC mit 4:2.<br />
30. Juni<br />
Deutschland ist zum dritten Mal Europameister: Im Finale 1996 erzielt<br />
Oliver Bierhoff gegen Tschechien erst den Ausgleich und später das Golden<br />
Goal zum 2:1. Die komplette Kluft des heutigen Managers der Nationalmannschaft<br />
befindet sich im Deutschen Fußballmuseum.<br />
<strong>ANSTOSS</strong><br />
ZUSAMMENGESTELLT VON: CHRISTIAN SCHÖNHALS
ERSTER DEUTSCHER EUROPAPOKALSIEGER: BVB-KAPITÄN WOLFGANG PAUL PRÄSENTIERT DIE TROPHÄE<br />
_ 25
26_FUSSBALL KULINARISCH<br />
DER EUROPA-<br />
MEISTERKOCH<br />
Foto: Erwin Lanzensberger<br />
Fußballprofis sind Spitzensportler. Ihr Körper ist ihr Kapital. Dementsprechend brauchen sie den richtigen Brennstoff, um ihre maximale<br />
Leistung abrufen zu können. Folgerichtig hat sich nicht nur im Training und in der Regeneration, sondern auch in Sachen Ernährung in den<br />
vergangenen Jahren viel getan. Holger Stromberg, seit 2007 Koch der Nationalelf, hat diesen Prozess der Professionalisierung eng begleitet<br />
und mit initiiert. Gute Zutaten sind für Stromberg das A und O eines schmackhaften Gerichtes. Sein Maxime, auch im Hinblick auf die EM-<br />
Vorbereitung: Genuss im Zusammenspiel mit bewusster Ernährung.<br />
Holger, in wenigen Wochen beginnt die EM. Die<br />
eigentlichen Vorbereitungen aber starten schon<br />
viel früher. Ab wann steigt das Küchenteam konkret<br />
in die EM-Vorbereitungen ein?<br />
Seit Anfang März laufen die Planungen auf Hochtouren.<br />
Wenn es dann soweit ist, reise ich, zwei bis<br />
drei Tage bevor die Mannschaft ins Mannschaftshotel<br />
einzieht, mit einer Servicekraft und einem<br />
Sous-Chef an. Der Rest des Küchenteams wird vor<br />
Ort von den jeweiligen Hotels gestellt. Mir ist es<br />
von Anfang an extrem wichtig, ein wirklich gutes<br />
Klima zu etablieren, sich viel auszutauschen, miteinander<br />
zu lachen. Denn ich brauche in der Küche<br />
Freunde und Verbündete und keine Gegner.<br />
Wie viele eigene Produkte nehmt ihr mit nach<br />
Frankreich? Oder bedient ihr euch komplett bei<br />
den Produkten vor Ort?<br />
Von meiner Seite reist sicher eine hohe Europalette<br />
mit mehreren Aluminiumkisten mit. Von<br />
der kleinen Induktionsplatte über Messer, Töpfe<br />
und Siebe sowie viele Gewürze und spezielle Zutaten<br />
ist darin vieles, was ich zum Kochen brauche.<br />
Natürlich kein Fleisch oder Fisch, Gemüse<br />
oder Obst. Lebensmittel werden geliefert. Aber<br />
Kleinigkeiten, mit denen ich Grundprodukten ein<br />
ganz anderes Gesicht geben kann. Sobald dann<br />
das gesamte Küchenequipment und das Büffet<br />
aufgebaut sind, besuche ich, um den Spielern eine<br />
abwechslungsreiche Küche zu bieten, vor Ort einen<br />
Bäcker, Fleischer oder einen Gemüsemarkt und<br />
kaufe dort nochmals regionale Spezialitäten ein.<br />
Wie können wir uns das Buffet für die Nationalspieler<br />
vorstellen?<br />
Ich koche vor Ort für 23 Spieler und den Betreuerstab,<br />
für rund 65 Personen also. Natürlich kann<br />
ich nicht für jeden individuell kochen, daher stelle<br />
ich immer ein Buffet zusammen, das möglichst<br />
bunt und vielseitig ist, auf die Bedürfnisse der<br />
Mannschaft abgestimmt ist und sowohl die unterschiedlichen<br />
ernährungsphysiologischen Optionen<br />
berücksichtigt, wie auch die kulinarischen<br />
Vorlieben: Suppen, Salate, Gemüse, Hauptspeisen<br />
und Nachtisch - natürlich alles selbst und<br />
frisch zubereitet.<br />
Dabei lege ich höchsten Wert auf hochwertige Lebensmittel<br />
in natürlicher und allerbester Qualität.<br />
Und schmecken muss es natürlich! Aber gesunde<br />
und genussvolle Küche schließen sich ja in keinster<br />
Weise aus, sondern sie bedingen sich vielmehr. Denn<br />
nur, wo Gutes drin ist, kommt auch Gutes raus.<br />
Was gibt es unmittelbar vor dem Spiel?<br />
Rund dreieinhalb Stunden vor dem Spiel gibt es<br />
den sogenannten Pre-Match-Snack, eine leichte<br />
kohlenhydratbasierte Kost, damit zur anstrengenden<br />
Spieldauer auch die Energiereserven aufgetankt<br />
sind. Vollkornpasta und Bolognese oder<br />
Kartoffelpüree mit geschwenktem Gemüse stehen<br />
auf dem Speiseplan, zusammen mit Milchreis<br />
und Griesbrei. Das mögen wirklich alle.<br />
Getrunken werden über den Tag verteilt zwei bis<br />
drei Liter stilles Wasser, zudem empfehle ich<br />
stoffwechselfördernde Kräutertees.<br />
Was sind die Lieblingsspeisen der Mannschaft?<br />
Pasta und Sushi werden gerne gegessen, Kartoffelpüree<br />
ist sehr beliebt. Ein Klassiker ist die Tomatensuppe<br />
"Spezial", die wir auch im N11 Bar &<br />
Restaurant des Fußballmuseums anbieten. Aber<br />
Gemüse steht immer mehr im Vordergrund und die<br />
meisten essen mittags sehr gerne abwechslungsreiche<br />
Salate. Es wie bei allen anderen Menschen:<br />
Wenn mit Liebe, Begeisterung und Leidenschaft<br />
gekocht wird, schmeckt es jedem.<br />
Isst ein Torwart wie Manuel Neuer anders als ein<br />
Mittelfeldspieler, der viel läuft?<br />
In der Tat. Die Ernährung trägt einen wichtigen Teil<br />
dazu bei, die Reaktionsschnelligkeit und die Konzentrationsfähigkeit<br />
eines Torwarts zu verbessern.<br />
Das heißt mehr eiweißreiche Kost und weniger Kohlenhydrate<br />
als die Feldspieler, die ja viel laufen müssen.<br />
Ebenfalls auf dem Speiseplan stehen für<br />
Torhüter Gewürze, Kräuter sowie belebende Tees.<br />
Wie hat sich die Ernährung in den letzten Jahren<br />
verändert? Du bist seit 2007 beim DFB.<br />
Als Oliver Bierhoff 2006 mich fragte, ob ich für die<br />
Nationalmannschaft kochen möchte, war mir ein<br />
Umdenken wichtig. Ich wollte nicht nur der Koch<br />
sein, der die Pasta aufwärmt, sondern dem Part Ernährung<br />
einen höheren Stellenwert beim Fußball<br />
verschaffen. Diesen ganzheitlichen Prozess "vom<br />
<strong>ANSTOSS</strong><br />
INTERVIEW: JUDITH WEITZEL
_ 27<br />
KALBSSTEAKS MIT<br />
THUNFISCHCREME<br />
ZUTATEN<br />
Weißbrot zum Vollkornbrot", wie ich ihn für mich Liebe gemacht ist. Am allerbesten schmeckt es mir<br />
nenne, haben wir damals eingeleitet und stringent in guter Gesellschaft.<br />
verfolgt. Heute essen die Spieler unisono, ganz<br />
selbstverständlich und vor allem gerne Vollkornprodukte<br />
und Lebensmittel, die von Natur aus gut und der EM in Polen/Ukraine. Was sind die besten ku-<br />
Zuletzt warst du bei der WM in Brasilien und bei<br />
lecker sind. Ich denke, dass wir bei der Mannschaft linarischen Erfahrungen, die du gemacht hast?<br />
das Thema Ernährung sehr professionell aufgehängt<br />
haben, leben und vorleben.<br />
Wenn ich an Brasilien zurückdenke, sind es beispielsweise<br />
eine Sauce aus Maracuja zum Fisch, die ich dort<br />
Wir sind nicht alle Leistungssportler. Was kann kennengelernt, optimiert und mit nach Hause gebracht<br />
habe. Einfach sensationell! Zudem denke ich<br />
der Büroarbeiter von den Erkenntnissen aus der<br />
Sportlerernährung mitnehmen?<br />
immer wieder gerne an die Gastfreundschaft, die begeisterungsfähigen<br />
Menschen und mein Küchen-<br />
Ernährung hat einen erheblichen Einfluss auf<br />
unsere Gesundheit und unsere Leistung im team, das wie ein zwölfter Mann zu und hinter uns<br />
mentalen sowie körperlichen Bereich. Nur sollte stand. Und bei der EM in Polen/Ukraine erinnere ich<br />
man zwei Dinge wissen: a) dass jeder Mensch mich sehr gerne an den tollen Markt in Danzig und natürlich<br />
auch die traditionellen Pierogi und Teigtaschen,<br />
eine andere Genetik hat. b) dass gesunde Lebensmittel<br />
aus Eiweißen, Fetten, Kohlenhydraten, die auch auf unserem Buffet nicht fehlen durften.<br />
Vitaminen und Mineralstoffen bestehen. Anders<br />
als unsere Muskeln kann das Gehirn keine Auf welche Lebensmittel oder Küchengeheimnisse<br />
freust du dich in Frankreich am meisten?<br />
Energie speichern. Seine Leistungsfähigkeit<br />
hängt davon ab, welche Nährstoffe es zur Verfügung<br />
hat, sprich, dass wir ihm echtes Brain lichkeit und die Vielfalt der französischen Küche.<br />
Ich freue mich über jede Art von Frische und Natür-<br />
Food zuführen.<br />
Was immer das sein wird und in den Ernährungsplan<br />
passt, wird bei unserer Mannschaft für Abwechslung<br />
auf dem Büffet sorgen. Dann freue ich mich na-<br />
Was ist dein eigenes Lieblingsgericht?<br />
Ehrlich gesagt, ich habe keins. Das hängt ganz von türlich noch auf positive Küchengeheimnisse. Ich<br />
Stimmung, Körpergefühl, Saison und körperlich-geistiger<br />
Beanspruchung ab. Aber auf alle Fälle stehe wer weiß, vielleicht wird auch ein neues Gericht für<br />
werde auf alle Fälle Neues berichten können. Und<br />
ich auf Qualität, denn ich esse und mag eigentlich die Speisekarte des Deutschen Fußballmuseums<br />
alles, sofern es mit guten, frischen Zutaten und daraus entstehen. <br />
Die Küche der Nationalmannschaft ist auch im Deutschen Fußballmuseum zu Hause. Gemeinsam mit<br />
Holger Stromberg wurde eine abwechslungsreiche Menüauswahl zusammengestellt, die sowohl die Lieblingsgerichte<br />
der Nationalspieler als auch die der Fußballfans beinhaltet. Für genussvolle Momente zu<br />
Hause hat der Koch der Nationalmannschaft folgenden Rezept-Vorschlag aus seinem neuen Kochbuch:<br />
Foto: Reiner Schmitz/Edel Books<br />
100 g Kürbis, geschält und in Stücke geschnitten<br />
100 g violette Kartoffeln, ungeschält und in Stücke<br />
geschnitten<br />
100 g Möhren, geschält und in dünne<br />
Streifen geschnitten<br />
100 g Kartoffeln, geschält und in Streifen<br />
geschnitten<br />
100 g Süßkartoffeln, geschält und<br />
in Stücke geschnitten<br />
20 ml Olivenöl<br />
Pfeffer, schwarz, frisch gemahlen<br />
30 g Petersilie, gehackt<br />
1 Knoblauchzehe, geschält und fein gewürfelt<br />
30 g Parmesan, frisch gerieben<br />
1 Prise Meersalz<br />
1 kg Minuten-Steaks vom Kalb<br />
2 EL Rapsöl<br />
50 g Thunfisch, aus der Dose, im eigenen Saft<br />
10 g Marillenmarmelade<br />
50 g Crème fraîche<br />
30 g Oliven, schwarz, fein gehackt<br />
½ Limette, entsaftet<br />
ZUBEREITUNG<br />
1. Für das Ofengemüse alle geschnittenen Gemüseund<br />
die Kartoffelstücke mit Olivenöl in einer Schüssel<br />
marinieren und auf einem mit Backpapier ausgelegten<br />
Blech bei 200 °C 30 Minuten im Ofen<br />
garen.<br />
2. Im Anschluss frischen Pfeffer über das fertige<br />
Ofengemüse streuen, die gehackte Petersilie,<br />
Knoblauch und den geriebenen Parmesan darübergeben.<br />
3. Die Kalbssteaks mit Rapsöl einstreichen und kurz<br />
in einer beschichteten Pfanne ohne zusätzliches Öl<br />
auf höchster Stufe von beiden Seiten anbraten.<br />
Danach die Steaks in der Pfanne bei 100 °C für ca.<br />
6 Minuten in den Backofen geben. Mit Meersalz<br />
und Pfeffer würzen.<br />
4. Für die Thunfischcreme den Thunfisch in einem<br />
Sieb abtropfen lassen und in eine Schüssel geben.<br />
Marillenmarmelade, Crème fraîche, die gehackten<br />
Oliven und den Limettensaft hinzugeben und mit<br />
dem Pürierstab zu einer cremigen Masse verarbeiten.<br />
Mit Meersalz und gemahlenem schwarzem<br />
Pfeffer abschmecken.<br />
5. Die Steaks auf das Ofengemüse setzen und mit<br />
einem Klacks Thunfischcreme garnieren.
28_MEINE FUSSBALLWELT<br />
PETER<br />
LOHMEYER<br />
Sobald die Gäste des Deutschen Fußballmuseums mit ihrer Eintrittskarte die Zutrittsdrehkreuze passiert haben, erwartet sie schon das<br />
erste Ausstellungserlebnis: zwei überdimensionale Wimmelbilder, je 2,80 Meter hoch, eines 30 Meter lang und das andere rund 25 Meter.<br />
Sie sind an beiden Seiten der Rolltreppe zu bestaunen, die hinauf ins zweite Museumsobergeschoss führt, wo der eigentliche Ausstellungsrundgang<br />
beginnt. Die Bilder sind eine Reise durch Fußball-Deutschland und zeigen Fans aller Couleur. Und wer genau hinschaut,<br />
entdeckt immer wieder Prominente in den Trikots ihrer Lieblingsvereine. Peter Lohmeyer beispielsweise trägt Blau-Weiß.<br />
Peter Lohmeyer ist ein Vollblut-Schauspieler. Wenn<br />
auch die Begrifflichkeit nicht klar definiert ist, verbirgt<br />
sich dahinter zumindest eine große Leidenschaft<br />
für seinen Beruf und die Intensität, mit der er<br />
ihn ausübt. In seiner Freizeit ist der gebürtige Sauerländer<br />
so gesehen auch ein Vollblut-Fan. Seine Leidenschaft<br />
gilt dem FC Schalke 04. Hier ist er schon<br />
ewig Mitglied und egal, wo er auftritt, offenbart er<br />
gerne, für welchen Verein sein Herz schlägt. Immer<br />
wenn es die Zeit zwischen Dreharbeiten, Promotion-<br />
Touren und Theaterspielen erlaubt, macht sich Lohmeyer<br />
von seinem Wohnort Hamburg auf den Weg<br />
nach Gelsenkirchen, um die Heimspiele der „Knappen“<br />
live in der Arena zu verfolgen. Solche Tage werden<br />
zelebriert.<br />
„Die rechtzeitige Anreise ist wichtig, schließlich<br />
möchte ich vor dem Anpfiff in Ruhe die Mannschaftsaufstellung<br />
studieren und lauthals das<br />
Steiger-Lied mitsingen“, erzählt der 54-jährige. „Von<br />
Hamburg aus fahre ich gerne mit dem Zug. Das gibt<br />
mir Gelegenheit, mit meinesgleichen ins Gespräch zu<br />
kommen.“ Häufig ist es natürlich Lohmeyer, der von<br />
„blau-weißen“ Mitreisenden erkannt und auf die aktuelle<br />
Lage des Vereins angesprochen wird.<br />
„Hömma, Pedder, was sachst Du denn dazu“, bekommt<br />
er dann zu hören. „Manchmal habe ich aber<br />
auch gerne meine Ruhe.“<br />
Den Ausflug verbindet er regelmäßig mit Besuchen<br />
bei Familie und Bekannten. Das Ruhrgebiet<br />
ist Lohmeyers alte Heimat. Hier, an der westfälischen<br />
Schauspielschule in Bochum, hat er seinen<br />
Beruf erlernt. Seine Mutter lebt in der Region und<br />
auch einer seiner besten Freunde, der Bochumer<br />
Künstler Marcus Kiel. „Marcus ist zumeist meine Anlaufstation,<br />
da er mich häufig auch ins Stadion begleitet.<br />
Von seiner Wohnung aus kennen wir tolle<br />
Schleichwege. Ich hasse Staus und vor allem beim<br />
Derby will ich vorher möglichst wenig schwarz-gelbe<br />
Schals sehen.“ Das sagt er mehr mit Schalk im Nakken<br />
als mit Schalke im Herzen. „Ich mag grundsätzlich<br />
die Rivalität der beiden Vereine. Doch alles, was<br />
in Richtung Hass ausartet, ist nicht meine Welt.“<br />
Sein Kumpel Kiel ist dem VfL Bochum zugeneigt.<br />
„Es ist ganz gut, dass ein neutraler Zuschauer<br />
mich begleitet. Das erleichtert die Fokussierung auf<br />
das Wesentliche. Denn bei aller Sympathie für die<br />
Schalker möchte ich bei meinem Stadionbesuch in<br />
erster Linie Spaß haben, guten Fußball und Tore<br />
sehen.“ 3:2 lautet Lohmeyers Lieblingsergebnis -<br />
auch als Reminiszens an seine Hauptrolle in Sönke<br />
Wortmanns „Das Wunder von Bern“, in dem das berühmteste<br />
3:2 der deutschen Fußballgeschichte ein<br />
filmisches Denkmal erhalten hat. Einen Fußballer<br />
aus der legendären Weltmeister-Elf von 1954 hat er<br />
damals nicht gespielt. Gleichwohl gönnte ihm der<br />
Regisseur eine Szene, in der er auf einer Hinterhofwiese<br />
zu einem spektakulären Fallrückzieher ansetzt.<br />
„Da war nichts gefaked, nichts gedoubled“,<br />
insistiert der Vollblut-Schauspieler.<br />
Sicher wird er sich Tipps geholt haben. Denn es<br />
gehört auch zu seinen Spieltags-Ritualen, in der<br />
Halbzeitpause mit Schalke-Idol und Mr. Fallrückzieher<br />
Klaus Fischer fachzusimpeln. „Klaus ist ein herausragender<br />
Experte. Er ist ja kein Lautsprecher und<br />
wird deshalb vielleicht etwas unterschätzt. Aber dass<br />
zum Beispiel Leroy Sané den Durchbruch schafft, hat<br />
Klaus schon prophezeit, lange bevor der Junge gegen<br />
Real Madrid ein Tor erzielt hat.“<br />
Lohmeyer genießt spürbar die Stunden, die er<br />
sich Schalke 04 und dem Fußball widmen kann. Und<br />
wenn es am Ende auch mal 2:3 ausgeht, so ist das<br />
zu verschmerzen, „solange die Mannschaft alles aus<br />
sich herausgeholt hat. Das ist wie im Theater. Wenn<br />
da einer auf der Bühne steht, der seinen Part nur runterspult,<br />
dann wird der Funke zum Publikum nicht<br />
überspringen.“ Das Schwierige nach Niederlagen sind<br />
für Lohmeyer eher die hämischen Kommentare, die<br />
ihn gelegentlich von seinen Schauspieler-Kollegen<br />
und BVB-Sympathisanten Dietmar Bär und Joachim<br />
Król per SMS übermittelt werden. Doch nach einem<br />
Samstagsspiel ist am Sonntagmittag alles verarbeitet,<br />
spätestens um 13 Uhr, wenn Anstoß ist. Im<br />
Hamburger Jenischpark, beim Kick mit den Kumpels.<br />
Und dann ist er nicht mehr zu halten: der Vollblut-<br />
Stürmer Peter Lohmeyer.<br />
<br />
<strong>ANSTOSS</strong><br />
TEXT: KNUT HARTWIG
FUSSBALLBUCH_ 29<br />
MEHR ALS<br />
EIN SPIEL<br />
Das Begleitbuch zur Dauerausstellung des Deutschen Fußballmuseums<br />
Als sich am 28. Januar 1900 in der Leipziger Gaststätte Mariengarten 36 Delegierte aus 86<br />
Vereinen versammelten und den Deutschen Fußball-Bund ins Leben riefen, ahnte noch<br />
keiner von ihnen, dass der Fußball zur weltweit führenden Sportart aufsteigen sollte.<br />
Fußball ist längst mehr als nur ein Spiel, Fußball ist<br />
Leidenschaft, pure Emotion, aber auch ein globaler<br />
Wirtschaftsfaktor, Kulturgut und gesellschaftliche<br />
Kraft. Allein in Deutschland organisieren sich nahezu<br />
sieben Millionen Menschen im DFB, in 25.000<br />
Vereinen spielen 180.000 Mannschaften Fußball,<br />
Tag für Tag, Woche für Woche.<br />
Das Deutsche Fußballmuseum hat begleitend<br />
zu seiner Dauerausstellung das Buch „Mehr<br />
als ein Spiel“ aufgelegt. Mit Texten namhafter<br />
Autoren und eindrucksvollem Bildmaterial erzählt<br />
das Buch die Geschichte des deutschen Fußballs<br />
von den Anfängen bis heute. Dargestellt werden<br />
die großen und kleinen Fußballmythen, die sich<br />
mit ihren Schlüsselbildern ins kollektive Sport-<br />
Gedächtnis eingeprägt haben und fester Bestandteil<br />
deutscher Erinnerungsgeschichte geworden<br />
sind. Das Buch befasst sich mit triumphalen Erfolgen<br />
und großen Persönlichkeiten, aber auch<br />
mit schmerzlichen Niederlagen und wechselvollen<br />
Entwicklungen.<br />
Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff<br />
hat als einer der Ersten einen Blick in das<br />
Werk werfen können. „Es ist ein toller Text-Bild-<br />
Band geworden, der einen umfangreichen Überblick<br />
über die verschiedenen Facetten dieses faszinierenden<br />
Sports bietet.“<br />
Preisgekrönte Autoren wie Ronald Reng,<br />
Christoph Biermann, Ludger Schulze, Nils Havemann,<br />
Jochen Hieber oder Hermann Beckfeld widmen<br />
sich den großen Themen des Fußballs. Im<br />
Fokus stehen neben der Nationalmannschaft<br />
auch die Bundesliga, die großen Spielerpersönlichkeiten<br />
sowie prägende Trainer und ihre Systeme,<br />
Fans und Fankulturen, die Medien, die Kommerzialisierung<br />
und natürlich auch der Fußball als<br />
Breitensport.<br />
„Dieses Buch ist eine perfekte Ergänzung zur<br />
Dauerausstellung im Deutschen Fußballmuseum.<br />
Hier haben wir verschiedene Themen vertieft, die im<br />
Museum nur angedeutet werden können“, sagt Herausgeber<br />
und Museumsdirektor Manuel Neukirchner,<br />
der für „Mehr als ein Spiel“ in einer exklusiven<br />
Interviewreihe mit den großen Kapitänen der Nationalmannschaft<br />
Uwe Seeler, Franz Beckenbauer,<br />
Lothar Matthäus und Philipp Lahm über Meilensteine<br />
deutscher Fußballgeschichte gesprochen hat.<br />
Die 258 Seiten umfassende Publikation ist<br />
im Buchhandel, im Museumsshop und online<br />
unter fussballmuseum.de erhältlich. <br />
Nationalmannschafts-Manager Oliver Bierhoff (l.) und Museumsdirektor Manuel Neukirchner (Mitte) bei der<br />
Präsentation von „Mehr als ein Spiel” auf der Frankfurter Buchmesse.<br />
Manuel Neukirchner (Hrsg.):<br />
„Mehr als ein Spiel“,<br />
254+4 Seiten,<br />
Großformat, Festeinband<br />
Preis: 19,95 Euro,<br />
Klartext-Verlag,<br />
ISBN 978-3-8375-0973-1
30_DAUERAUSSTELLUNG<br />
BLICK IN DIE<br />
DAUERAUSSTELLUNG<br />
Seit dem 25. Oktober 2015 ist das Deutsche Fußballmuseum in Dortmund für die Öffentlichkeit zugänglich. An Spitzentagen begeben sich<br />
über 2.000 Gäste auf den Rundgang durch 140 Jahre deutsche Fußballgeschichte. Sie kommen dabei auf eine durchschnittliche Verweildauer<br />
von etwa drei Stunden. Die multimediale und interaktive Erlebniswelt des deutschen Fußballs enthält rund 1.600 Exponate sowie 25 Stunden<br />
Filmmaterial auf einer Ausstellungsfläche von 3.300m².<br />
Mit einer emotionalen Inszenierung des ersten WM-<br />
Gewinns der deutschen Nationalmannschaft beginnt<br />
der Rundgang durch die Ausstellung. Im Zentrum<br />
leuchtet der Original-Endspielball von 1954. Die legendäre<br />
WM-Elf begrüßt die Besucher.<br />
<strong>ANSTOSS</strong><br />
Die zeitlosen Zitate und Weisheiten von Trainerlegende<br />
Sepp Herberger sind im Ausstellungsbereich<br />
zum „Wunder von Bern“ allgegenwärtig.
_ 31<br />
Das erste Obergeschoss des Deutschen Fußballmuseums<br />
ist der Welt des Vereinsfußballs gewidmet.<br />
Zum Ende der ersten Ausstellungs-Halbzeit gewährt<br />
die Schatzkammer einen Blick auf die bedeutendsten<br />
Trophäen des deutschen Fußballs.
32_DAUERAUSSTELLUNG<br />
3 FRAGEN AN:<br />
Mathias Schmidt<br />
Mathias Schmidt ist einer von zehn Gästeführern<br />
im Deutschen Fußballmuseum.<br />
Was kommt bei den Gästen im Fußballmuseum<br />
besonders gut an?<br />
Gleich am Anfang, in der Inszenierung des Wunders<br />
von Berns, wenn akustisch das Fritz Walter-<br />
Wetter eingespielt wird, werden alle hellhörig.<br />
Dann erzähle ich, welche Gründe dahinter liegen,<br />
dass Fritz Walter gern bei Regen gespielt hat. Das<br />
wissen auch viele der älteren Besucher nicht. Und<br />
die Kinder und Jugendlichen kennen den Ausdruck<br />
vom FIFA-Spielen auf der Playstation… Ebenfalls<br />
sehr spannend für die Besucher ist unsere historische<br />
Konstruktion des WM-Finales 1954 mit den<br />
Kinobildern und dem Radiokommentar. Für viele<br />
ist das ein Aha-Erlebnis, weil sie gar nicht wissen,<br />
dass der bekannte Ton von Herbert Zimmermann<br />
ein reiner Radiokommentar war.<br />
Eine beeindruckende Inszenierung zeigt die Entwicklung der Nationalmannschaft<br />
über mehrere Jahre bis zur 113. Minute des WM-Endspiels von 2014.<br />
Und bei den Exponaten aus der aktuelleren<br />
Geschichte?<br />
Beim Tauschwimpel im Bereich Goldene Generation<br />
erzähle ich gerne, dass die 1:7-Niederlage der Brasilianer<br />
gegen die Deutschen Einzug in den portugiesischen<br />
Sprachgebrauch gehalten hat. Da Brasilien<br />
ein unglaublich großes Land ist, hat „sete a um“, portugiesisch<br />
für 7:1, zwar an unterschiedlichen Orten<br />
eine unterschiedliche Bedeutung. Es dient beispielsweise<br />
als Synonym für „vergonha“ – „Schande“.<br />
„Sete a um“ wird von vielen gebildeten Brasilianern<br />
auch mit einer ironischen oder sogar humoristischen<br />
Absicht verwendet. Oft meinen die Brasilianer mit<br />
„sete a um“ aber schlicht, dass etwas – Verzeihung–<br />
„Scheiße“ ist. Die Besucher schätzen den Blick über<br />
den Tellerrand des deutschen Fußballs hinaus.<br />
Was magst du an deiner Arbeit am liebsten?<br />
Hier sind einfach meine Interessen abgebildet. Ich<br />
habe Sendungsbewusstsein und setze gern Themen.<br />
Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht, der noch<br />
dazu sehr abwechslungsreich ist. Dafür bin ich auch<br />
selber verantwortlich: Den Job für mich frischzuhalten,<br />
indem ich immer wieder neue Aspekte in eine<br />
Führung einbaue. Und ich mag es sehr, dass jede<br />
Gruppe und damit jede Führung anders ist. <br />
<strong>ANSTOSS</strong>
Nach der Meisterschaft 1979 verabschiedet sich Kevin Keegan wieder in Richtung Heimat.<br />
FUNDSTÜCK_33<br />
ABSCHIEDSGRÜSSE<br />
AUS HAMBURG<br />
Der Kabinen-Spind von Kevin Keegan und Franz Beckenbauer<br />
Unter den 1.600 Exponaten des Deutschen Fußballmuseums befinden sich viele interessante Objekte, die keinen direkten Bezug zum<br />
Geschehen auf dem Spielfeld haben, hinter denen sich aber spannende, überraschende oder zuweilen skurrile Geschichten verbergen.<br />
So haben zwei Weltstars des Fußballs ihre Zeit beim HSV unter Trainer Branko Zebec auf besondere Weise protokolliert.<br />
Als Manager Günter Netzer 1978 Branko Zebec als Trainer für den schwächelnden<br />
Hamburger SV verpflichtete, begann für die Mannschaft um Ivan Buljan,<br />
Manfred Kaltz und Horst Hrubesch eine neue Zeitrechnung: Zebec führte die<br />
Raumdeckung ein - und die harte Trainerschule. Bei den Laufeinheiten griff der<br />
studierte Mathematiker gerne auch mal in die Kiesgrube, nahm eine Handvoll<br />
Steinchen auf, um dann jedes einzelne wieder fallen zu lassen. Erst danach war<br />
das Laufpensum für die Spieler beendet. Das<br />
Star-Ensemble des FC Bayern hatte gegen den<br />
„harten Hund“ Ende der 1960er-Jahre bereits rebelliert<br />
– die HSV-Profis sollte es 1980 ebenfalls<br />
tun, als sie angeblich wegen zu harten Trainings<br />
in vier Tagen ausgelaugt die Meisterschaft und<br />
den Europacup verspielten.<br />
Auch der 1,69 Meter großen „Mighty Mouse“<br />
Kevin Keegan war es zu viel geworden. Der erste<br />
Bundesliga-Engländer, der die Fans mit seinem<br />
leichten Spiel begeisterte, flüchtete mit schweren<br />
Beinen zurück auf die Insel. Seine letzten sechzehn<br />
Tage in Hamburg hakte er auf der linken Tür<br />
seines Kabinen-Spinds mit einem schwarzen Filzstift ab. Am Ende stand in Großbuchstaben:<br />
„FREI“. Den Umkleideschrank übernahm — ausgerechnet — Franz<br />
Beckenbauer, der nach Keegans Abschied zum FC Southampton von Cosmos New<br />
York nach Hamburg gekommen war. Nach zwei Bundesliga-Spielzeiten und einer<br />
Meisterschaft für den HSV hatte sich auch der Kaiser zu seinem Abschied auf dem<br />
Wandgemälde verewigt: Seine Zeichnung auf der rechten Schranktüre zeigt ihn<br />
beim Tennisspielen, Golfen und Skifahren, während die Kollegen unter Ernst Happel<br />
bei Liegestützen und Krafttraining schwitzen. Der Holzschrank mit den Abschiedsmalereien<br />
wurde vom langjährigen Kult-Masseur Hermann Rieger für das<br />
HSV-Museum gerettet. Jetzt ist er auch im Deutschen Fußballmuseum in Dortmund<br />
als Reminiszenz an den Hamburger SV der 1980er-Jahre zu sehen.<br />
So kreativ wie Kevin Keegan und Franz Bekkenbauer<br />
ihre Abschiedsgrüße aus Hamburg hinterließen,<br />
agierten beide auch auf dem Platz. Sie<br />
waren Stilisten, der eine als kombinationssicherer<br />
Tempomacher im Mittelfeld und Angriff, der andere<br />
als freier Mittelfeldspieler hinter der Abwehr,<br />
der den Rhythmus des Spiels bestimmte. Und<br />
beide zählten zu den Pop-Ikonen ihrer Zeit, die<br />
Mode vorführten, sich als Schauspieler versuchten<br />
oder sangen – Beckenbauers Schlager „Gute<br />
Freunde kann niemand trennen“ schaffte es wie<br />
Keegans Song „Head Over Heels in Love“ in die<br />
Hitparade. Dem 1988 verstorbenen Branko Zebec<br />
haftet hingegen der Ruf als autoritärer, kompromissloser und unnahbarer Trainer-Stratege<br />
an. Ihm gilt aber gleichermaßen auch der allerhöchste Respekt der<br />
gesamten Fachwelt für seinen außergewöhnlichen fußballerischen Sachverstand,<br />
der ihn unbestritten zu einem der ganz großen Trainer in der Fußball-<br />
Bundesliga machte. <br />
TEXT: MANUEL NEUKIRCHNER
34_VORSCHAU<br />
VORSCHAU<br />
Das dritte Quartal des Kulturprogramms <strong>ANSTOSS</strong> steht ganz im Zeichen der Fußball-WM 1966 und des legendären Wembley-Tores.<br />
Dabei wird das Deutsche Fußballmuseum vom Flair der Swinging Sixties erfüllt sein – dem kulturellen, politischen<br />
und modischen Trend ab Mitte der 1960er-Jahre, der vor allem in London allgegenwärtig war. Beginnen wird die Reihe mit<br />
einer Matinee am 31. Juli, einen Tag nach dem 50. Jahrestag des WM-Endspiels. Mit diesem Event wird eine Sonderausstellung<br />
eröffnet, die auf vielen eindrucksvollen Fotografien vom Finale basiert, die teilweise zum ersten Mal in Deutschland zu sehen<br />
sind. In den folgenden Wochen werden dann im <strong>ANSTOSS</strong>-Programm englische Fußballfilme gezeigt und verschiedene Protagonisten<br />
zu Gast sein, die vom Verhältnis zwischen dem englischen und dem deutschen Fußball berichten. <br />
<strong>ANSTOSS</strong>
IMPRESSUM_ 35<br />
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Herausgeber<br />
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Knut Hartwig (Leitung), Judith Weitzel,<br />
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