Wie kann man kleine und mittlere Unternehmen ... - Systemkonzept
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<strong>Wie</strong> <strong>kann</strong> <strong>man</strong> <strong>kleine</strong> <strong>und</strong> <strong>mittlere</strong> <strong>Unternehmen</strong> beim präventiven<br />
Lärmschutz effizient unterstützen?<br />
Dipl.-Ing. Christof Barth,<br />
<strong>Systemkonzept</strong> –<br />
Gesellschaft für Systemforschung <strong>und</strong> Konzeptentwicklung mbH, Köln<br />
Christof.Barth@systemkonzept.de<br />
Meine sehr geehrten Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
„<strong>Wie</strong> <strong>kann</strong> <strong>man</strong> <strong>kleine</strong> <strong>und</strong> <strong>mittlere</strong> <strong>Unternehmen</strong> beim präventiven Lärmschutz effizient<br />
unterstützen?“ – Mit dieser Frage möchte ich Sie ein klein wenig aus den Niederungen<br />
der Lärm- <strong>und</strong> Vibrations-Arbeitsschutzverordnung entführen, um sie aus<br />
einer anderen Perspektive zu betrachten.<br />
Aber zunächst – damit Sie das<br />
im Folgenden gesagte besser<br />
einordnen können, drei Sätze zu<br />
<strong>Systemkonzept</strong>:<br />
Wir sind ein interdisziplinäres<br />
Team, das Forschung mit der<br />
Praxis verbindet in Betriebsprojekten,<br />
<strong>Unternehmen</strong>sberatung<br />
<strong>und</strong> Qualifizierung verknüpft.<br />
Wir kümmern uns um Sicherheit<br />
<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit bei der Arbeit<br />
mit all den betrieblichen <strong>und</strong><br />
überbetrieblichen Schnittstellen.<br />
systemkonzept<br />
Forschung<br />
Forschungstransfer<br />
Betriebsprojekte<br />
<strong>Unternehmen</strong>sberatung<br />
Aus- <strong>und</strong> Fortbildung<br />
Betriebliche Qualifizierung<br />
<strong>Systemkonzept</strong> – Gesellschaft für<br />
Systemforschung <strong>und</strong> Konzeptentwicklung mbH<br />
Aachener Straße 68, 50674 Köln<br />
Sicherheit <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />
Arbeit <strong>und</strong> Technik<br />
Organisation <strong>und</strong> Management<br />
Qualität <strong>und</strong> Umweltschutz<br />
Konzepte <strong>und</strong> Durchführung<br />
Lärm – 21. 9. 2007 – F 2 systemkonzept<br />
Wir entwickeln nicht nur Konzepte, sondern setzen uns auch dem Risiko der Praxis<br />
aus.<br />
So ist das auch mit dem BAuA-<br />
Projekt, von dem ich Ihnen in<br />
meinem <strong>kleine</strong>n Vortrag berichten<br />
möchte. Darin geht es um<br />
die „Entwicklung wirksamer<br />
Strukturen zur Lärmminderung<br />
in KMU“. In einem Vorprojekt<br />
hatten wir analysiert, wie KMU<br />
zu ihren Lärmproblemen kommen.<br />
Jetzt wollten wir Vermeidungskonzepte<br />
entwickeln <strong>und</strong><br />
nach KMU suchen, bei denen<br />
wir die Konzepte exemplarisch<br />
erproben konnten.<br />
BAuA-Projekt „Entwicklung wirksamer Strukturen zur Lärmminderung in KMU“<br />
Vorprojekt: <strong>Wie</strong> entsteht Lärm in KMU?<br />
Entwicklung von Konzepten<br />
Sondierung von Kleinunternehmen-Berater-System mit<br />
Investitionsabsichten<br />
Beispielhafte Erprobung mit Auswertung von Erfahrungen<br />
Lärm – 21. 9. 2007 – F 3 systemkonzept
Aus dem Vorprojekt haben wir<br />
u.a. folgende Erkenntnisse gewonnen<br />
<strong>und</strong> für die Konzeptentwicklung<br />
herangezogen:<br />
1.) Maschinen haben in KMU<br />
meist hohe Standzeiten <strong>und</strong><br />
größere Baumaßnahmen<br />
macht ein Kleinunternehmer<br />
wohl nur einmal in seinem<br />
Unternehmerleben.<br />
Prämissen aus dem Vorprojekt<br />
Beschaffungs- <strong>und</strong> Bauprojekte sind bei Kleinunternehmen<br />
seltene Ereignisse.<br />
Kleinbetriebe haben weder die personellen noch die fachlichen<br />
Ressourcen für systematische Planungsprozesse.<br />
Investitionsideen reifen im Kopf des Unternehmers;<br />
wenn die Entscheidung fällt, muss es schnell gehen.<br />
Arbeitsschutzberatung kommt in Planungsprozessen<br />
regelmäßig zu spät.<br />
Kleinbetriebe verausgaben sich bei Investitionen häufig<br />
so stark, dass Arbeitsschutzmaßnahmen <strong>und</strong> Nachbesserungen<br />
auf längere Sicht nicht mehr möglich sind.<br />
2.) Meist läuft alles über den<br />
Unternehmer. Der ist dann<br />
überlastet. Sein Know-how<br />
<strong>und</strong> seine Erfahrungen mit solchen Planungsprozessen sind gering.<br />
Lärm – 21. 9. 2007 – F 4 systemkonzept<br />
3.) Investitionsideen reifen lange in seinem Kopf. Wenn er sich dann entschlossen<br />
hat (<strong>und</strong> vielleicht noch ein K<strong>und</strong>e entsprechend bearbeitete Produkte nachfragt),<br />
muss die Investition schnell realisiert werden.<br />
4.) An Arbeitsschutz denkt der Unternehmer häufig erst, wenn Probleme auftreten<br />
oder Auflagen drohen, im günstigsten Fall bei der Inbetriebnahme. Dann ist der<br />
Berater automatisch derjenige, der an der schönen neuen Maschine, auf die <strong>man</strong><br />
so stolz ist <strong>und</strong> für die <strong>man</strong> viel Geld ausgegeben hat, herummäkelt <strong>und</strong> – neue<br />
Kosten verursacht.<br />
5.) Leider verausgaben sich <strong>kleine</strong>re <strong>Unternehmen</strong> bei Investitionen häufig so stark,<br />
dass für Nachbesserungen kein Geld mehr zur Verfügung steht. So schließt sich<br />
der Kreis <strong>und</strong> erklärt die hohen Standzeiten <strong>und</strong> seltenen Ereignisse aus der 1.<br />
Prämisse.<br />
Wenn Sie die Prämissen insgesamt ansehen, fallen zwei Dinge auf:<br />
• Plötzlich ist hier von Kleinbetrieben die Rede. Die Strukturen von Mittelbetrieben<br />
(bis 250 Beschäftigte) unterscheiden sich von Klein- <strong>und</strong> Kleinstbetriebsstrukturen<br />
deutlich: Was bei Mittelbetrieben noch klappt, funktioniert bei Klein- <strong>und</strong> Kleinstbetrieben<br />
noch lange nicht. Umgekehrt schon eher. Deshalb fokussieren wir im Folgenden<br />
auf Kleinbetriebe.<br />
• Zweitens kommt das Thema Lärm hier gar nicht vor. Denn diese Merkmale gelten<br />
übergreifend. Unsere weiteren Überlegungen sind daher auch Pionierleistungen<br />
für andere Aspekte. Und Lärmaspekte schwingen bei allen Prämissen mit: Beschafft<br />
werden häufig leistungsstärkere Maschinen (damit auch höherem Lärmpotenzial).<br />
Die Fachkenntnisse des Unternehmers zu Lärmentstehung <strong>und</strong> Lärmschutz<br />
dürften bescheiden sein. In dem <strong>kleine</strong>n Planungszeitfenster bis zur Beschaffung<br />
wird es auch mit Gefährdungsbeurteilung, Lärmprognose <strong>und</strong> Maßnahmenableitung<br />
knapp. Und Nachbesserungen zum Lärmschutz sind besonders<br />
teuer bei geringer Wirksamkeit.<br />
Aus diesen Prämissen haben wir Konsequenzen für die Konzeptentwicklung gezogen:
• Lärmschutz muss insbesondere<br />
in Kleinunternehmen<br />
präventiv in der Planung erfolgen,<br />
oder er erfolgt gar<br />
nicht.<br />
• Der Berater muss vom Unternehmer<br />
frühzeitig informiert<br />
werden. Das ist ein Knackpunkt.<br />
Konsequenzen<br />
Lärmschutz/Arbeitsschutz funktioniert in Kleinbetrieben nur<br />
präventiv.<br />
Unternehmer muss den Berater frühzeitig informieren.<br />
Beratung bei Investitionsplanungen muss absoluten Vorrang<br />
haben.<br />
Die Beratung muss zeitnahe <strong>und</strong> bedarfsgerecht erfolgen.<br />
Der Berater muss den Kleinunternehmer sowohl fachlich als<br />
auch zeitlich unterstützen <strong>und</strong> entlasten.<br />
• Die seltenen Chancen zur<br />
Beratung bei Investitionsplanungen<br />
müssen konsequent<br />
genutzt werden. Hierfür benö-<br />
Lärm – 21. 9. 2007 – F 5 systemkonzept<br />
tigt der Berater Spielräume. Er muss buchstäblich alles stehen <strong>und</strong> liegen lassen,<br />
sobald er die Chance zur Beratung in der Planung hat.<br />
• Die Beratung muss zeitnah praxistaugliche konkrete Entscheidungsvorlagen liefern.<br />
• In der Investitionsplanung ist der Unternehmer als meist einziger Hauptakteur<br />
(Planer/Manager/Entscheider) völlig überlastet. Er muss die Investition seines Lebens<br />
vorantreiben, was für ihn Neuland ist, <strong>und</strong> gleichzeitig den Betrieb aufrechterhalten.<br />
Dazu muss er zahlreiche Vertragspartner koordinieren. Häufig kommen<br />
weitere Schwierigkeiten hinzu, die den Unternehmer überhaupt erst zu der Investition<br />
bewegt haben, z. B. wirtschaftliche Schwierigkeiten, zunehmende Konkurrenz,<br />
neue Technologien. Das ist die Chance des Beraters, wenn er es versteht, das<br />
Vertrauen des Unternehmers zu gewinnen <strong>und</strong> ihn effizient zu entlasten.<br />
Unser Gr<strong>und</strong>konzept sieht vor,<br />
dass der Berater unabhängig<br />
von konkreten Beratungsanlässen<br />
zunächst einige Aufbauarbeit<br />
leisten muss, um die Voraussetzungen<br />
dafür zu schaffen,<br />
bei einem konkreten Handlungsanlass<br />
sofort reagieren zu<br />
können:<br />
• Er muss die präventiven Beratungsangebote<br />
formulieren<br />
<strong>und</strong> vor allem organisatorische<br />
Voraussetzungen schaffen.<br />
Konzepte<br />
Sondierungsphase<br />
Aufbau- <strong>und</strong> Ausbauprozess des Beraters<br />
Beratungsprofil definieren <strong>und</strong> Voraussetzungen schaffen<br />
K<strong>und</strong>enbeziehung pflegen <strong>und</strong> Beratungsprofil vermitteln<br />
Netzwerk <strong>und</strong> Wissenspool aufbauen <strong>und</strong> pflegen<br />
Handlungsanlässe für Investitionsplanungen sondieren<br />
Prozessbegleitende Beratung<br />
Planungsphase<br />
Handlungsanlass<br />
Realisierungsphase<br />
Investitionsprozess im <strong>Unternehmen</strong><br />
Nutzungsphase<br />
Lärm – 21. 9. 2007 – F 7 systemkonzept<br />
• Er muss den Kontakt zu seinen K<strong>und</strong>en pflegen, sie sensibilisieren <strong>und</strong> Beratungsangebote<br />
praxisnah vermitteln<br />
• Er muss ein möglichst branchenspezifisches Expertennetzwerk <strong>und</strong> einen Wissenspool<br />
aufbauen. Solche Ansätze gibt es ja teilweise schon. Sie befassen sich
allerdings vor allem mit<br />
Arbeitsschutz<strong>man</strong>agement<br />
<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung.<br />
Hieran <strong>kann</strong> angeknüpft werden.<br />
• Er muss schließlich bei Gesprächen<br />
mit dem Unternehmer<br />
Investitionsplanungen ak-<br />
tiv aufspüren.<br />
Will dann ein Unternehmer investieren,<br />
beginnt möglichst früh<br />
in der Planung die prozessbegleitende<br />
Beratung.<br />
Dann haben wir in der Sondierung<br />
Berater gesucht, die Kleinbetriebe<br />
mit Investitionsabsichten<br />
betreuen, bei denen lärmintensive<br />
Verfahren eine Rolle<br />
spielen. Die Berater mussten<br />
guten Zugang zu dem Kleinbetrieb<br />
haben. Sowohl Berater als<br />
auch Kleinbetrieb mussten bereit<br />
sein, sich auf das Projekt mit<br />
seiner präventiven Ausrichtung<br />
einzulassen. Das erforderte eine<br />
gute Vertrauensbasis, zumal<br />
sehr tiefgreifende Einblicke in<br />
Netzwerk <strong>und</strong> Wissenpool<br />
Unternehmer<br />
Angebot<br />
Nachfrage<br />
Beraterin<br />
Andere Berater<br />
(Sifas, BÄ)<br />
Aufsichtsperson<br />
des Unfallversicherungsträgers<br />
Wissenspool<br />
(kleinbetriebsbezogen,<br />
branchenspezifisch,<br />
präventiv orientiert)<br />
Netzwerk<br />
Technologieberaterin<br />
von<br />
Fachverbänden<br />
<strong>und</strong> Kammern<br />
Experten<br />
vom Fachausschuss;<br />
BGIA<br />
Hersteller,<br />
Lieferaten<br />
Lärm – 21. 9. 2007 – F 17 systemkonzept<br />
Sondierung <strong>und</strong> Sondierungsergebnisse<br />
Sondierung:<br />
1.Kleinunternehmen-Berater-System<br />
2.Guter Überblick <strong>und</strong> guter Zugang zu K<strong>und</strong>en<br />
3.Betriebe mit Investitionsabsichten ermitteln<br />
4.Lärmintensive Verfahren oder Arbeitsmittel<br />
5.Bereitschaft zur präventiven Ausrichtung<br />
6.Vertrauensbasis<br />
Arbeitsschutz/Lärmschutz-Beratung von Kleinbetrieben<br />
bei der Investitionsplanung findet praktisch nicht statt!<br />
Lärm – 21. 9. 2007 – F 8 systemkonzept<br />
die Handlungs- <strong>und</strong> Entscheidungsweisen zu gewähren waren.<br />
Das waren zugegeben anspruchsvolle Auswahlkriterien, <strong>und</strong> das in wirtschaftlich<br />
schwieriger Zeit (2004/2005).<br />
Dennoch war das Ergebnis erschreckend: Arbeitsschutz/Lärmschutzberatung von<br />
Kleinbetrieben bei der Investitionsplanung findet praktisch nicht statt! Trotz intensiver<br />
Suche bei renommierten Beratern praktisch keine Beispiele gef<strong>und</strong>en.<br />
Dabei verlangt bereits die EU-Lärmrichtlinie 2003/10/EG in den Erwägensgründen:<br />
„Eine Verringerung der Exposition gegenüber Lärm lässt sich wirkungsvoller dann<br />
erreichen, wenn bereits bei der Planung der Arbeitsplätze <strong>und</strong> Arbeitsstätten Präventivmaßnahmen<br />
ergriffen werden <strong>und</strong> die Arbeitsmittel sowie die Arbeitsverfahren <strong>und</strong><br />
-methoden so gewählt werden, dass die Gefahren vorrangig bereits am Entstehungsort<br />
verringert werden.“<br />
Die UVV BGV A2 verlangt anlassbezogene Betreuung von Kleinbetrieben vor allem<br />
bei der Planung von Arbeitsbedingungen (verschiedene Anlässe).
Daher ist als klares Ziel zu setzen:<br />
„Bei jeder Planung größerer Investitionen<br />
in KMU muss fachk<strong>und</strong>ige<br />
branchenspezifische<br />
Präventionsberatung bedarfsgerecht<br />
stattfinden.“<br />
Dennoch haben wir zumindest in<br />
einem Kleinbetrieb die Ansätze<br />
erproben können. Dabei haben<br />
wir interessante Erkenntnisse<br />
<strong>und</strong> Erfahrungen gewinnen können.<br />
Ich will hier bewusst auch die<br />
Probleme ansprechen, an denen<br />
weiter gearbeitet werden muss:<br />
Die Maschinenrichtlinie<br />
fordert<br />
Lär<strong>man</strong>gaben an den Bediener-<br />
arbeitsplätzen samt Betriebsbedingungen<br />
<strong>und</strong> Messverfahren<br />
(MRL, Anlage I, Abschnitt 1.7.3<br />
f).<br />
Bei der Planung eines Maschinenkaufs<br />
ist es die Aufgabe des<br />
Beraters, bei der Gefährdungsbeurteilung<br />
<strong>und</strong> der Auswahl zu beraten.<br />
Die Lärm- <strong>und</strong> Vibrations-<br />
Arbeitsschutzverordnung besagt in §3(1): „... Der Arbeitgeber <strong>kann</strong> sich die notwen-<br />
digen Informationen beim Hersteller oder Inverkehrbringer von Arbeitsmitteln ... beschaffen.<br />
...“.<br />
Unser Berater hat daher 6 Hersteller<br />
vergleichbarer Maschinen<br />
auf der Fachmesse um Lärmemissionsdaten<br />
gebeten. Auf der<br />
Messe war kein Hersteller auskunftsfähig.<br />
Eine Kennzeichnung<br />
fehlte ebenfalls an allen Maschinen.<br />
Obwohl alle Hersteller Angaben<br />
zugesagt hatten, hat keiner<br />
Wort gehalten.<br />
Für die Hersteller hatte das kei-<br />
nerlei Konsequenzen. Der Berater<br />
jedoch konnte eine Auswahlbera-<br />
tung <strong>und</strong> Abschätzung erforderli-<br />
Ziel<br />
Bei jeder Planung größerer Investitionen in <strong>kleine</strong>n <strong>und</strong><br />
<strong>mittlere</strong>n <strong>Unternehmen</strong> muss fachk<strong>und</strong>ige <strong>und</strong><br />
branchenspezifische Präventionsberatung<br />
bedarfsgerecht stattfinden.<br />
Lärm – 21. 9. 2007 – F 9 systemkonzept<br />
Erprobung: Beispiel Maschinenkauf<br />
Aufgabe des Beraters: Beraten bei der Gefährdungsbeurteilung<br />
<strong>und</strong> der Auswahl; Lärmemissionsdaten von den Herstellern<br />
6 Hersteller vergleichbarer Maschinen auf der Fachmesse<br />
um Lärmemissionsdaten gebeten<br />
Kein Hersteller war in der Lage, auf der Messe<br />
entsprechende Angaben zu machen.<br />
Nach Wochen hatte trotz Zusage kein Hersteller<br />
entsprechende Angaben gemacht.<br />
Lärm – 21. 9. 2007 – F 10 systemkonzept
cher Begleitmaßnahmen nicht durchführen. Und der Kleinbetrieb musste einen lärmtechnischen<br />
Blindkauf tätigen.<br />
Das tat er dann auch <strong>und</strong> las in der Betriebsanleitung: „84 dB(A) bei 3.000 U/min“.<br />
Stutzig machte dann aber der Werbetext des Herstellers, der die „... stufenlose Drehzahlregulierung<br />
von 250 bis 10.000 U/min“ anpries.<br />
Nach der Inbetriebnahme wurde<br />
eine orientierende Lärmmessung<br />
durchgeführt: Beim Ausfräsen<br />
einer Spültassenöffnung aus<br />
einer Küchenarbeitsplatte aus<br />
Stein mit dem Standardwerkzeug<br />
„<strong>kleine</strong>r Fräskopf“ bei 10.000<br />
U/min wurde am Arbeitsplatz des<br />
Bedieners ein Momentanwert von<br />
96 dB(A) gemessen. Bei dem ca.<br />
einstündigen Vorgang muss der<br />
Bediener den Fräskopf mit Hilfe<br />
des Haltebögels führen.<br />
Erprobung: Beispiel Maschinenkauf<br />
Lärmemissionsdaten des Herstellers in der Bedienungsanleitung:<br />
Werbetext des Herstellers:<br />
„84 dB(A) bei 3.000 U/min“<br />
„... stufenlose Drehzahlregulierung von 250 bis 10.000 U/min...“<br />
Orientierende Messung:<br />
(Typische Tätigkeit: Ausfräsen einer Spültassenöffnung in eine<br />
Küchenarbeitsplatte mit Standardwerkzeug „<strong>kleine</strong>r Fräskopf“<br />
des Herstellers bei 10.000 U/min; Dauer ca. 1 St<strong>und</strong>e):<br />
Momentanmesswert am Arbeitsplatz: 96 dB(A)<br />
Lärm – 21. 9. 2007 – F 18 systemkonzept<br />
Der Betrieb muss also lange mit den Folgen leben. Die Beschäftigten sind hohen<br />
Lärmbelastungen ausgesetzt. Der Bediener klagte bereits über Benommenheit <strong>und</strong><br />
Kopfschmerzen. Wenn der Unternehmer Pech hat, wird ihm die schöne neue Maschine<br />
noch von der Gewerbeaufsicht stillgelegt.<br />
Der Berater rutscht zwangsläufig in die alte klassische Arbeitsschützerrolle: Er muss<br />
am neuen Stolz des <strong>Unternehmen</strong>s herummäkeln. Er wird als „Probleme-schaffer“<br />
<strong>und</strong> „Kosten-verursacher“ wahrgenommen.<br />
Betrieb <strong>und</strong> Berater können eben nicht (wie in der Lärm- <strong>und</strong> Vibrations-Arbeitsschutzverordnung<br />
angesprochen) die not-wendigen Informationen beim Hersteller<br />
beschaffen <strong>und</strong> schon gar nicht können sie sich darauf verlassen. Wenn <strong>man</strong> das<br />
aus der Sicht der Kleinbetriebe <strong>und</strong> Beschäftigten sieht, ist das ein Skandal <strong>und</strong><br />
grenzt an fahrlässiger Körperverletzung.<br />
Für den Hersteller hat das Ganze<br />
dagegen praktisch keine<br />
Konsequenzen.<br />
Mit diesen Rahmenbedingungen<br />
(laute Maschinen) ist der Unternehmer<br />
in die Planung des Hallenneubaus<br />
angegangen.<br />
Der Berater nutzte sein Netzwerk<br />
<strong>und</strong> sein Wissenspool, das<br />
er weiter ausbaute. Für die Halle<br />
sollte laut BGIA die „Schallaus-<br />
Erprobung: Hallenbau<br />
Beratung des Beraters durch BGIA:<br />
„Schallausbreitungsminderung pro Abstandsverdopplung<br />
mindestens 4 dB(A)“<br />
Aussage im Angebot des Hallenbauers:<br />
„... Schallschutzberechnungen sind nicht im Leistungsumfang<br />
enthalten.“<br />
Beratung durch Schalldämmplattenhersteller:<br />
15.000 bis 50.000 € zusätzliche Investitionssumme;<br />
Voraussichtlicher Effekt in der Halle: 2-3dB(A) Pegelminderung<br />
Schalldämmplattenhersteller vertreibt die Produkte nur;<br />
den Einbau muss eine Montagefirma übernehmen<br />
Hallenbauer: Statik muss neu berechnet werden;<br />
keine Gewährleistung wegen Nassbearbeitung<br />
Enttäuschter Unternehmer: keine konkreten Lösungsvorschläge<br />
Lärm – 21. 9. 2007 – F 12 systemkonzept
eitungsminderung pro Abstandsverdopplung mindestens 4 dB(A)“ betragen. Antwort<br />
des Hallenbauers: „Da geht nix! Meine Aufgabe ist es, eine neue Halle hinzustellen.<br />
Fertig.“ Dann verwies er auf sein Angebot, wonach Schallschutzberechnungen<br />
nicht im Leistungsumfang enthalten sind.<br />
Der Berater ließ nicht locker <strong>und</strong> ließ sich von Schalldämmplattenherstellern beraten.<br />
Die Umsetzung der Vorschläge hätte je nach Ausführung 15.000 bis 50.000 € bei 2 –<br />
3 dB(A) Pegelminderung gekostet. Den Einbau hätte allerdings eine andere Montagefirma<br />
vornehmen müssen. Dann wiederum verweigert der Hallenbauer die Gewährleistung.<br />
Er verwies außerdem darauf, dass dann die Hallenstatik neu zu berechnen<br />
sei.<br />
Spätestens jetzt haben Berater <strong>und</strong> Unternehmer resigniert. Trotz gutem Willen war<br />
keine praktikable Lösung erreichbar.<br />
Ich fasse zusammen:<br />
1.) Lärmprävention bei Investitionsplanungen<br />
in KMU findet<br />
derzeit praktisch noch<br />
nicht statt!<br />
2.) Die Informationspolitik der<br />
Hersteller blockiert Prävention.<br />
Die Maßnahmen zur<br />
Vermeidung <strong>und</strong> Verringerung<br />
der Lärmexposition<br />
nach § 7 Lärm- <strong>und</strong> Vibrations-Arbeitsschutzverordnung<br />
sind so nicht<br />
Fazit<br />
Lärm – 21. 9. 2007 – F 15 systemkonzept<br />
umsetzbar. Fehlinformation muss Konsequenzen haben.<br />
Praktisch keine Lärmprävention bei Investitionsplanungen<br />
Jede Investitionsplanung in KMU erfordert bedarfsgerechte<br />
Präventionsberatung<br />
Vielversprechende Konzepte; diese stehen aber noch am<br />
Anfang <strong>und</strong> bedürfen breitangelegter Begleitinitiativen<br />
Informationsdefizite auf der Herstellerseite blockieren<br />
Prävention: § 7 LärmVibrationsArbSchV nicht umsetzbar<br />
Diese Blockadehaltung der Hersteller muss Konsequenzen<br />
haben.<br />
3.) Jede Investitionsplanung in KMU erfordert bedarfsgerechte Präventionsberatung!<br />
Das müssen wir in Zukunft flächendeckend sicherstellen!<br />
4.) Dafür gibt es vielversprechende Ansätze, die noch einer längeren Entwicklung<br />
<strong>und</strong> breitangelegter Begleitinitiativen bedürfen.<br />
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit