Wuelfrath-Ich-denke-also-bin-ich-Leseprobe
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Günter Wülfrath · »<strong>Ich</strong> <strong>denke</strong>, <strong>also</strong> <strong>bin</strong> <strong>ich</strong>«
Günter Wülfrath, geboren in Wuppertal.<br />
Drucker und viele Jahre Vorsitzender der Gewerkschaft IG Medien<br />
im Bez. Bergisch Land, hat nach seiner Tätigkeit als Rezitator,<br />
im Jahre 2008, angefangen zu schreiben und veranstaltet<br />
Leseprogramme mit eigenen Texten.<br />
2007 legte er den Grundstein für die Ronsdorfer Literaturtage,<br />
»LIT.ronsdorf«, die s<strong>ich</strong> mit Literatur und Musik einen beliebten<br />
Platz in der Wuppertaler Kulturlandschaft erworben haben.
Günter Wüfrath<br />
»<strong>Ich</strong> <strong>denke</strong>, <strong>also</strong> <strong>bin</strong> <strong>ich</strong>«<br />
N o r d P a r k
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verze<strong>ich</strong>net diese Publikation in der<br />
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind<br />
im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />
Die Besonderen Hefte im<br />
N o r d P a r k V e r l a g<br />
Alfred Miersch<br />
Klingelholl 53 42281 Wuppertal<br />
Gesetzt in der Palatino<br />
© Texte & Fotos: Günter Wülfrath, 2016<br />
Umschlagabbildung: Keramik von Gertrud Stracke<br />
Alle Rechte vorbehalten<br />
ISBN: 978-3-943940-26-8<br />
www.nordpark-verlag.de<br />
Die Besonderen Hefte werden eigenhändig in der Werkstatt<br />
des NordPark Verlages gesetzt, nach Bedarf in kleinen Auflagen<br />
gedruckt, dann handgefalzt und handgeheftet und in den<br />
Schutzumschlag aus dem Passat-Vorsatzpapier des Hamburger<br />
Papierherstellers Geese eingeschlagen.<br />
Gedruckt auf dem Geese Werkdruckpapier Alster<br />
chlor- und säurefrei und alterungsbeständig<br />
entsprechend ANSI 3948 und ISO 9706.<br />
www.geese-papier.de<br />
FSC zertifiziert<br />
SGS – COC –004030<br />
www.fsc.org
9 Gedanken, Nach<strong>denke</strong>n, Über<strong>denke</strong>n<br />
13 Selbstbewusst<br />
15 Erinnerungen<br />
16 Metamorphose<br />
17 Description<br />
18 Ans<strong>ich</strong>ten eines Humanisten<br />
21 Lob der Unruhe<br />
23 Die Kriege der Welt<br />
24 Flüchtlinge<br />
25 Stammtische<br />
26 Nackt & Arm<br />
27 Grenzs<strong>ich</strong>erung<br />
28 Nun, da Krieg ist<br />
29 Zwischen Vergangenheit und Zukunft<br />
30 Non Arma, non Bellum<br />
31 Im Frieden<br />
32 Viel Erfolg<br />
33 Freiheit<br />
34 Über die Freiheit<br />
36 Verborgene Kleinigkeiten<br />
37 <strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> Natur<br />
38 Das Wunder der Natur<br />
39 Unabänderl<strong>ich</strong><br />
40 Erde, Feuer, Wasser, Luft<br />
41 Blumen<br />
42 Regenwolken<br />
43 Sommernacht<br />
44 Abendhimmel<br />
45 Frühlingserwachen<br />
47 Liebe<br />
48 Woran liegt es dass du m<strong>ich</strong> liebst?<br />
49 Mein Herz zittert
50 Fliegen<br />
51 Rosenbett<br />
54 Lied der Liebe<br />
55 Die Quelle<br />
56 Die Wahrheit ist …<br />
57 Du<br />
58 Von der Kraft des Trostes<br />
59 Was ein Freund ist<br />
60 Mahnung<br />
62 Sommer<br />
63 Die Insel<br />
64 Glückl<strong>ich</strong>e Zeit<br />
65 Die Lagune<br />
66 Essen, Trinken, Wohnen<br />
67 Rotwein<br />
68 Kaiserstuhl<br />
69 Die Zecher<br />
70 Zum Wohlsein<br />
71 Genuss, Zauber, Glück<br />
73 Heimat ist da …<br />
74 Bergisches Land<br />
75 Heimatdorf<br />
76 Über ein Unglück<br />
77 Daheim<br />
79 Jedes Ende ist ein Anfang<br />
80 Winterzeit<br />
81 Weihnachten bei uns im Winter<br />
82 Jahreswechsel<br />
83 Jahreszeitn<br />
84 Wassrkraft<br />
85 Schwebezustand<br />
86 Falten<br />
87 Eine Antwort
88 Scharade<br />
90 Vom gemeinsamen Singen<br />
92 Hochmut<br />
93 Traum vom guten Nachbarn<br />
94 Der Kritische<br />
95 Vergiss das n<strong>ich</strong>t<br />
96 Plötzl<strong>ich</strong>e Erkenntnis<br />
97 Lied für Europa<br />
98 Zukunft der Enkel<br />
99 Fluchtwege<br />
100 Traumtag<br />
101 Frohes Fest<br />
102 Selbstverständnis<br />
103 Zu<br />
104 Herbst
GEDANKEN, NACHDENKEN, ÜBERDENKEN.<br />
Als <strong>ich</strong> darüber nachdachte, wie viele Gedanken wir Menschen im<br />
Verlauf unseres Lebens schon gedacht haben, entstand in meinem<br />
Kopf die n<strong>ich</strong>t zu verdrängende Frage, was mit diesen unzähligen<br />
Gedanken geschehen ist. Sind sie womögl<strong>ich</strong> in der riesigen<br />
Abfalltonne der Gesch<strong>ich</strong>te unwiederbringl<strong>ich</strong> verschwun den,<br />
oder haben sie s<strong>ich</strong> nur versteckt, um zu gegebener Zeit wieder<br />
aufzutauchen und s<strong>ich</strong> in die Gestaltung der Zukunft einzumischen.<br />
<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> davon überzeugt, dass Gedanken, weil sie so vielsch<strong>ich</strong>tig<br />
und in ihrer Gestalt und Wirkung sehr unterschiedl<strong>ich</strong> sind,<br />
sorgfältig sortiert werden müssen. Konkret gesagt, es gibt w<strong>ich</strong>tige<br />
und unw<strong>ich</strong>tige, liebe und böse, glückl<strong>ich</strong>e und traurige,<br />
mutige und feige und noch viele andere Gedanken, dabei misst<br />
jeder Mensch seinen eigenen Gedanken eine ganz besondere Bedeutung<br />
bei. Er wird das Sortieren der Gedanken selbstverständl<strong>ich</strong><br />
n<strong>ich</strong>t objektiv vornehmen können. Damit aber eine einigermaßen<br />
schlüssige Struktur in die Bearbeitung kommt, folgende<br />
Überlegungen bzw. Vorschläge:<br />
Weil <strong>ich</strong> mir darüber im klaren <strong>bin</strong>, dass Gedanken immer das<br />
Ergebnis sehr subjektiver Kopfarbeit ihrer jeweiligen Produzenten<br />
sind, mache <strong>ich</strong> den Vorschlag, um den Gehalt unserer Gedanken<br />
n<strong>ich</strong>t in der Mülltonne der Gesch<strong>ich</strong>te verfaulen zu lassen, diese<br />
zunächst einmal folgendermaßen zu sortieren.<br />
Zuerst sollten wir die Gedanken, die uns besonders lieb und<br />
w<strong>ich</strong>tig sind und von denen wir glauben, dass ohne sie unser<br />
Seelenleben wie der Schnee in der Sonne dahin schmelzen würde,<br />
9
zwar n<strong>ich</strong>t in Jahrtausend alter Keilschrift schreiben, aber, sie in<br />
Worte fassen und in kostbaren Büchern unterbringen, um sie für<br />
alle Zeit zu konservieren.<br />
Zweitens schlage <strong>ich</strong> vor, die für unsere physische Existenz<br />
notwendigen Gedanken in unzerstörbare Tagebücher zu schreiben<br />
um dann, wenn es nötig ist, auf ihre existentiellen Wahrheiten<br />
und Informationen zurückgreifen zu können.<br />
Zum dritten fordere <strong>ich</strong> dazu auf, dass wir unsere bösen und<br />
hässl<strong>ich</strong>en Gedanken unwiderrufl<strong>ich</strong> in der großen Müllverbrennung<br />
des Vergessens auf ewige Zeit aus unserem Leben<br />
ver schwinden lassen. Vorwiegend fallen mir dabei die Gedanken<br />
an Krieg, Waffen, Diktatur, Gewalt, Folter, Unterdrückung,<br />
Grausamkeit, Unmenschl<strong>ich</strong>keit, Profit, Gewinn und Gier ein.<br />
Bei der Sortierung könnten wir alle literarischen Formen verwenden,<br />
um unsere Gedanken aufzubewahren. <strong>Ich</strong> <strong>denke</strong>, die<br />
Hauptsache ist, neben der Vern<strong>ich</strong>tung der bösen und hässl<strong>ich</strong>en<br />
Gedanken, dass die guten und schönen Gedanken über unser<br />
Leben hinaus erhalten bleiben.<br />
Wer n<strong>ich</strong>t daran glaubt, dass eine solche Vorgehensweise<br />
mögl<strong>ich</strong> ist, wird in Zukunft zwar trotzdem seine besonders<br />
lieben Gedanken haben, diese aber, wenn er sie n<strong>ich</strong>t vergisst,<br />
spätestens nach seinem Tod ebenfalls sterben werden. Auch seine<br />
existentiellen Gedanken werden ihm, wenn er sie n<strong>ich</strong>t sortiert<br />
und konserviert hat, zieml<strong>ich</strong> s<strong>ich</strong>er wenn er sie benötigt, n<strong>ich</strong>t<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Das beste Ergebnis der vorgeschlagenen Sortieraktion wird<br />
aber die Vern<strong>ich</strong>tung unserer bösen und hässl<strong>ich</strong>en Gedanken<br />
sein. Eine Welt ohne Krieg, Waffen, Diktatur, Gewalt, Folter, Unterdrückung,<br />
Grausamkeit, Unmenschl<strong>ich</strong>keit, Gewinn, Profit<br />
und Gier wäre wahrhaft menschl<strong>ich</strong>.<br />
Das schönste und glückl<strong>ich</strong>ste jedoch, sozusagen unsere<br />
10
»Keilschrift« werden die kostbaren zu Büchern gebundenen Gedanken<br />
sein.<br />
Ob wir traurig, glückl<strong>ich</strong>, zuvers<strong>ich</strong>tl<strong>ich</strong> oder enttäuscht sind,<br />
immer haben wir unsere Bücher, die unsere Trauer erle<strong>ich</strong>tern,<br />
mit denen wir unser Glück teilen und unsere Enttäuschung in<br />
Zuvers<strong>ich</strong>t verwandeln. Wir können außerdem unsere kostbaren<br />
Gedanken, <strong>also</strong> die, die in Büchern aufgeschrieben, manchmal<br />
r<strong>ich</strong>tige Kunstwerke sind, öffentl<strong>ich</strong> machen, damit jeder Interessierte<br />
s<strong>ich</strong> über sie informieren und wenn es gut geht, an ihnen<br />
teilhaben kann.<br />
Es besteht noch eine weitere Mögl<strong>ich</strong>keit. Wenn die Bücher alt<br />
oder zerlesen sind, können wir mit Zuvers<strong>ich</strong>t und Mut die alten<br />
mit den neuen Gedanken zu neuen Büchern zusammenfassen.<br />
Die neuen Bücher bilden sozusagen die Grundlage für eine s<strong>ich</strong><br />
ständig verbessernde Bibliothek der menschl<strong>ich</strong>en Gedanken.<br />
<strong>Ich</strong> will n<strong>ich</strong>t versäumen zu bemerken, dass die neuen Bücher<br />
über unsere Gedanken zu einem späteren Zeitpunkt zu ganz<br />
anderen Ergebnissen kommen können und s<strong>ich</strong> durchaus eine<br />
andere Einordnung unserer Gedanken ergeben kann.<br />
11
selbstbewusst<br />
du musst sie festhalten<br />
deine eigenen wünsche<br />
mit ihnen formt s<strong>ich</strong><br />
deine zukunft<br />
der du n<strong>ich</strong>t<br />
auswe<strong>ich</strong>en kannst<br />
du brauchst n<strong>ich</strong>t mehr<br />
als d<strong>ich</strong> -<br />
ungeprüft Ideen folgend<br />
die n<strong>ich</strong>t deine sind<br />
macht blind<br />
liebe d<strong>ich</strong> selbst<br />
lerne das träumen<br />
nur wer in s<strong>ich</strong> selbst ist<br />
kann wirkl<strong>ich</strong> leben<br />
13
Barmer Anlagen 2014<br />
ERINNERUNGEN
erinnerungen<br />
es sind erinnerungen<br />
die unsere kindheit erhalten<br />
und die gesch<strong>ich</strong>te<br />
gegen das vergessen zwingt<br />
nur aufgeschrieben wird<br />
die vergangenheit<br />
zum zeugen<br />
unserer kinderzeit<br />
es ist die vergangenheit<br />
von der unsere zukunft lernt<br />
wenn die vernunft<br />
gegen die dummheit ringt<br />
werden laut rufend<br />
aus erinnerungen<br />
die lehrmeister<br />
einer kommenden zeit<br />
ohne erinnerung<br />
versinkt die kindheit<br />
im staub der vergangenheit<br />
15
N<strong>ich</strong>t der, der keine Fragen hat ist klug.<br />
Unser Wissen entsteht aus unseren Fragen.<br />
Wer keine Fragen hat, bleibt dumm.<br />
METAMORPHOSE<br />
Seinem Mut<br />
Laufe <strong>ich</strong> ständig nach.<br />
Meine Angst hinter mir lassend<br />
Stellt s<strong>ich</strong> am Ende<br />
Die Frage für m<strong>ich</strong>.<br />
Bin <strong>ich</strong> wie er,<br />
Oder ist er<br />
Wie <strong>ich</strong>?<br />
16
DESCRIPTION<br />
Nein, <strong>ich</strong> <strong>bin</strong> kein leuchtender Held,<br />
<strong>Ich</strong> bestehe aus Fehlern, Unzulängl<strong>ich</strong>keiten,<br />
Verpassten Gelegenheiten, vergessenen Taten<br />
Und unveröffentl<strong>ich</strong>tem Geschreibsel auf<br />
Längst vergessenem Papier.<br />
Was ist die Summe meines Lebens?<br />
Wo sind die L<strong>ich</strong>ter der Erinnerung, die Träume<br />
Und all die verrauchten Pläne,<br />
Von großen Eroberungen, vom Gipfelsturm<br />
In unerre<strong>ich</strong>barer Höhe?<br />
Nein, <strong>ich</strong> <strong>bin</strong> n<strong>ich</strong>t der Eroberer,<br />
Kein strahlendes L<strong>ich</strong>t, aufblitzend wie ein Schwert,<br />
Das jedes Ziel ohne Schwierigkeit trifft.<br />
Mein Leben ist kein ungetrübtes Glück,<br />
Kein erfüllter Fortschrittsglaube.<br />
Ein Kampf im stetigen Kreislauf<br />
Des Karussell das niemals still steht<br />
Auf dem Rummelplatz des Universums.<br />
17
ANSICHTEN EINES HUMANISTEN<br />
1<br />
<strong>Ich</strong> <strong>denke</strong>, <strong>also</strong> <strong>bin</strong> <strong>ich</strong>.<br />
N<strong>ich</strong>t <strong>denke</strong>nd <strong>bin</strong> <strong>ich</strong> tot vor dem sterben.<br />
Werdend zu einer leeren Hülle<br />
Zerbr<strong>ich</strong>t mein <strong>ich</strong> in Scherben<br />
Gedanken, ein paar Texte<br />
Aus der Zeit des Seins bleiben zurück.<br />
Verblassend in der Erinnerung<br />
Unaufhaltsam zerfallend Stück für Stück.<br />
2<br />
Es gibt keine Ausreden für schlechtes Tun,<br />
Was <strong>ich</strong> getan kein Anderer tat.<br />
N<strong>ich</strong>t wartend auf das jüngste Ger<strong>ich</strong>t<br />
Bügel <strong>ich</strong> meine eigenen Fehler glatt.<br />
<strong>Ich</strong> vermisse keinen Geist.<br />
N<strong>ich</strong>ts darf jemals Dogma sein.<br />
Glauben ist n<strong>ich</strong>t Wissen<br />
Und schränkt mein Denken ein.<br />
Ohne Alternative ist das Denken.<br />
Wenn das L<strong>ich</strong>t der Erkenntnis scheint<br />
Sind die Fragen nach Wahrheit<br />
als Antwort in meinen Gedanken vereint.<br />
18
3<br />
<strong>Ich</strong> existiere wenn <strong>ich</strong> <strong>denke</strong>.<br />
Gutes und Böses kann <strong>ich</strong> erkennen.<br />
Sollen Feinde zu Freunden werden<br />
Muss Veränderung wie Feuer brennen.<br />
N<strong>ich</strong>ts ist beständig.<br />
N<strong>ich</strong>ts wird für die Ewigkeit sein.<br />
In des Feuers lodernden Flammen<br />
Wird n<strong>ich</strong>t nur das Holz in Bewegung sein.<br />
4<br />
Warum die Unmenschl<strong>ich</strong>keit?<br />
Wie kommt es, dass Gewalt niemand stört?<br />
Fürchtend Unwetter, Feuer und Pest,<br />
Werden die Schreie der Opfer n<strong>ich</strong>t gehört.<br />
Menschl<strong>ich</strong> können nur Menschen sein.<br />
Das ist es, das ist der tiefere Sinn,<br />
Dass Menschen voller Liebe sind<br />
Und <strong>ich</strong> optimistisch <strong>bin</strong>.<br />
5<br />
Bin n<strong>ich</strong>t einsam, allein.<br />
Liebe treffend oder den Freund,<br />
glückl<strong>ich</strong> machende Momente<br />
Wenn ihre Inspiration s<strong>ich</strong> meiner vereint<br />
Ungezählt die Menschenkinder,<br />
Friedl<strong>ich</strong> lebend, oder in Kriege verstrickt.<br />
Spürend das Glück und die Not<br />
Wenn <strong>ich</strong> in ihre Ges<strong>ich</strong>ter geblickt.<br />
19
6<br />
Es gibt keinen Staat, keinen König,<br />
An den <strong>ich</strong> m<strong>ich</strong> verkaufen will.<br />
<strong>Ich</strong> hasse die Gewalt wie meine Schwäche,<br />
Doch nur wenn <strong>ich</strong> tot <strong>bin</strong>, <strong>bin</strong> <strong>ich</strong> still.<br />
<strong>Ich</strong> <strong>bin</strong> stark und schwach, ein Mensch,<br />
Stelle m<strong>ich</strong> auf mein Wesen ein.<br />
<strong>Ich</strong> möchte Leben, Lieben, Denken<br />
Und will immer neugierig sein.<br />
7<br />
Die Zeit in der <strong>ich</strong> schreibe,<br />
In der <strong>ich</strong> <strong>denke</strong> - <strong>also</strong> <strong>bin</strong>,<br />
Bin <strong>ich</strong> den Regeln der Gesellschaft<br />
Unterworfen und suche nach ihrem Sinn.<br />
Solange <strong>ich</strong> <strong>denke</strong> kann <strong>ich</strong> lernen,<br />
Suche das Mysterium der Menschl<strong>ich</strong>keit.<br />
Gefunden was uns zu Menschen macht,<br />
Sterbe <strong>ich</strong> in aller Bescheidenheit<br />
20
LOB DER UNRUHE<br />
Durch blühende Wiesen wandre<br />
fernen Zielen zu.<br />
Erlebend den Wechsel der Zeiten,<br />
des Frühlings Aufbruch, die Sattheit des Sommers.<br />
Freue d<strong>ich</strong> über den farbigen Herbst<br />
und gib auch im Winter n<strong>ich</strong>t Ruh‘.<br />
Durch deine Gedanken wandre<br />
den Lebenszielen zu.<br />
Begreifend die biologischen Zeiten,<br />
der Jugend Aufbruch, die Reife im Erwachsen sein.<br />
Freue d<strong>ich</strong> über ein erfülltes Leben,<br />
aber setze d<strong>ich</strong> niemals zur Ruh‘.<br />
Durch bunte Jahre wandre<br />
immer der Zukunft zu.<br />
Suchend nach dem Unbekannten,<br />
der Gedanken Gehalt, der Kraft des Erkennens.<br />
Freue d<strong>ich</strong> über alle neuen Ideen<br />
und gib, solange du lebst, keine Ruh‘.<br />
21
Wuppertal Ronsdorf nach dem 2. Weltkrieg<br />
DIE KRIEGE DER WELT
die kriege der welt<br />
ohne frieden kann <strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t leben<br />
kann n<strong>ich</strong>t friedl<strong>ich</strong> sein ohne frieden<br />
und <strong>ich</strong> bete und fluche und schreie und schweige<br />
der himmel steht mir n<strong>ich</strong>t bei<br />
der krieg gebiert nur tote und trauer<br />
gebt für mein leben menschl<strong>ich</strong>keit mir<br />
überlasst mir die kriege der ganzen welt<br />
<strong>ich</strong> will sie in frieden verwandeln<br />
23
flüchtlinge<br />
es ist krieg<br />
wir machen uns auf den weg<br />
die heimat zu verlassen<br />
verweinte Augen<br />
zerbomtes land<br />
massengräber<br />
wir können n<strong>ich</strong>t leben<br />
keine Zukunft gestalten<br />
zur falschen zeit<br />
am falschen platz<br />
suchend unsere familien<br />
verlassen wir die stätten<br />
da wir geboren<br />
ohne ausweg<br />
auf beschwerl<strong>ich</strong>em weg<br />
zwischen kontinenten<br />
immer wieder abgewiesen<br />
von neuen grenzen<br />
in kalten lagern lebend<br />
wird zuneigung<br />
zur wärmenden sonne<br />
der solidarität<br />
ohne eure menschl<strong>ich</strong>keit<br />
werden wir sterben<br />
heimatlos<br />
24
STAMMTISCHE<br />
Gegen Flüchtlinge haben wir n<strong>ich</strong>ts,<br />
aber sie müssen s<strong>ich</strong> an Ordnung halten.<br />
Immer<br />
wenn Ausländer erkennbar sind<br />
steigt die Kriminalitätsrate<br />
im dumpfen Geist<br />
der Stammtische.<br />
Gegen Arbeitslose haben wir n<strong>ich</strong>ts,<br />
aber sie müssen auch arbeiten wollen.<br />
Immer<br />
wenn von Arbeitslosen die Rede ist<br />
erwacht das Wort vom Sozialbetrug<br />
im dumpfen Geist<br />
der Stammtische.<br />
Für sein Schicksal kann man n<strong>ich</strong>ts,<br />
aber man darf es n<strong>ich</strong>t herausfordern.<br />
Immer<br />
wenn Menschen von Unglück betroffen,<br />
selber schuld, tönt es dann<br />
im dumpfen Geist<br />
der Stammtische.<br />
Und immer noch träume <strong>ich</strong> von<br />
Menschl<strong>ich</strong>keit.<br />
25
NACKT & ARM<br />
Ein Mensch wird geboren,<br />
nackt, ohne Kleider.<br />
Es kümmern s<strong>ich</strong> Eltern.<br />
Gegen die Freiheit der Blöße<br />
werden Windeln<br />
eingesetzt.<br />
Ein Mensch ist erwachsen,<br />
arm, ohne Arbeit.<br />
Es kümmert s<strong>ich</strong> Niemand.<br />
Gegen die Freiheit der Armut<br />
helfen Windeln<br />
n<strong>ich</strong>t.<br />
26
grenzs<strong>ich</strong>erung<br />
durch offene türen<br />
der freundl<strong>ich</strong>keit<br />
treiben unzählige opfer<br />
aus armut verfolgung und krieg<br />
in die angsträume<br />
der spießbürger<br />
an geschlossenen grenzen<br />
der feindl<strong>ich</strong>keit<br />
stehen tausende krieger<br />
abzuwehren flüchtende menschen<br />
von den festungen<br />
der spießbürger<br />
27
NUN, DA KRIEG IST<br />
Nun da Krieg ist n<strong>ich</strong>t mehr Frieden<br />
<strong>bin</strong> <strong>ich</strong> enttäuscht wie niemals zuvor.<br />
Sind die Menschen auch verschieden,<br />
Traurig ein jeder der den Frieden verlor.<br />
Nun da Krieg ist, n<strong>ich</strong>t mehr Frieden.<br />
Muss erst eine Katastrophe beginnen<br />
kommt Vernunft sonst n<strong>ich</strong>t voran?<br />
Müssen immer erst Tränen rinnen<br />
damit die Welt friedl<strong>ich</strong> sein kann?<br />
Muss erst eine Katastrophe beginnen?<br />
Wir haben den Frieden zum Ziel.<br />
Immer nach Zerstörung und Tod<br />
ist Trauer und Verzweiflung im Spiel,<br />
sagt jeder nie wieder Krieg und Not.<br />
Wir haben den Frieden zum Ziel.<br />
Jetzt da Krieg ist n<strong>ich</strong>t mehr Frieden,<br />
ist so w<strong>ich</strong>tig was immer du denkst.<br />
Frieden bedeutet grenzenlos lieben<br />
und dass du all deine Liebe verschenkst.<br />
Jetzt da Krieg ist n<strong>ich</strong>t mehr Frieden.<br />
28
ZWISCHEN VERGANGENHEIT UND ZUKUNFT<br />
Die in den Trümmern des Krieges geweint<br />
Um ihre Toten wie um s<strong>ich</strong> selbst.<br />
Die in den Ruinen der Städte<br />
Traurig ihre Toten gefunden.<br />
Die das Schicksal baten<br />
Zu beenden ihre unsägl<strong>ich</strong>e Qual.<br />
Deren Fuß geht nie wieder den Kriegspfad.<br />
Ihre Vergangenheit und Zukunft<br />
Ist durch das Grauen getrennt.<br />
Nie mehr können sie vergessen.<br />
Menschl<strong>ich</strong>keit verlässt sie n<strong>ich</strong>t.<br />
Die Liebe stirbt nie.<br />
Doch immer noch zittert die Taube<br />
Wenn dunkle Kriegswolken sie hindern<br />
Den empfindl<strong>ich</strong>en Frieden<br />
zu schützen.<br />
29
NON ARMA, NON BELLUM<br />
Keine Waffen, kein Krieg<br />
Wird eine Waffenfabrik eröffnet<br />
werden viele Arbeiter eingestellt.<br />
Die Waffen produzieren teilen<br />
den Tod n<strong>ich</strong>t mit jenen<br />
die zu den Opfern gehören<br />
und in Kriegen sterben.<br />
Wird eine Waffenfabrik geschlossen<br />
werden viele Arbeiter entlassen.<br />
Die keine Waffen produzieren teilen<br />
ihr Leben mit denen<br />
die n<strong>ich</strong>t getötet werden<br />
und im Frieden leben.<br />
Die Moral von der Gesch<strong>ich</strong>te<br />
entlassen oder eingestellt.<br />
Die keine Waffen produzieren teilen<br />
ihr Glück mit Allen<br />
die ohne Waffen auskommen<br />
und friedl<strong>ich</strong> sein wollen.<br />
30
im frieden<br />
können wir ohne hass leben<br />
durch blühende wiesen spazieren<br />
auf l<strong>ich</strong>ten hügeln rasten<br />
und durch schattige wälder geh‘n<br />
im frieden<br />
achtet man auf die nachbarn<br />
und spr<strong>ich</strong>t freundl<strong>ich</strong> zu allen zeiten<br />
im frieden<br />
wird es auch sommer und winter<br />
es gibt hitze und frost<br />
menschen bekommen gänsehaut<br />
von der liebe schmilzt das eis<br />
sehnsucht findet sehnsucht<br />
das herz beginnt schneller zu schlagen<br />
unaufhaltsames ist n<strong>ich</strong>t aufzuhalten<br />
die liebe blüht le<strong>ich</strong>ter im frieden<br />
die welt duftet nach rosen<br />
wenn die menschen freundl<strong>ich</strong> sind<br />
31
VIEL ERFOLG:<br />
sagte der Kulturdezernent<br />
den Kulturschaffenden<br />
nachdem er ihnen<br />
den Etat gekürzt hatte.<br />
GUTEN MORGEN:<br />
Sagte der Direktor<br />
zu den Angestellten<br />
als er Ihnen die<br />
Kündigungen überre<strong>ich</strong>te.<br />
SIE SIND ALS HELDEN GESTORBEN:<br />
Sagte der Kriegsminister<br />
zu den Hinterbliebenen<br />
bevor er neue Helden<br />
zum Ersatz der Toten befahl.<br />
GEHET IN FRIEDEN:<br />
Sagte der Pfaffe<br />
zu den Soldaten<br />
bevor sie in den<br />
Krieg marschierten.<br />
32
freiheit<br />
man könnte glauben<br />
die freiheit<br />
sei größer geworden<br />
<strong>also</strong> glauben wir unseren herzen<br />
n<strong>ich</strong>t dem verstand<br />
gelogenen argumenten folgend<br />
die ausgetretenen pfade<br />
uralter lügen<br />
n<strong>ich</strong>t verlassend<br />
millionenfaches glaubensgetrampel<br />
verfestigte gedankenpfade<br />
für alle zeiten<br />
die unfreiheit hinter<br />
vorschriften und gesetzen<br />
s<strong>ich</strong> verbergend<br />
fabuliert<br />
von notwendigkeiten<br />
zum erhalt der freiheit<br />
aus der vergangenheit<br />
in die gegenwart<br />
wird hypnotisiert<br />
freiheit<br />
sei ohne unfreiheit<br />
n<strong>ich</strong>t denkbar<br />
Wer die Unfreiheit n<strong>ich</strong>t bemerkt<br />
irrt wenn er das für Freiheit hält<br />
33
ÜBER DIE FREIHEIT<br />
Freiheit <strong>ich</strong> muss d<strong>ich</strong> spüren,<br />
darfst d<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t verstecken vor mir,<br />
sollst s<strong>ich</strong>tbar sein,<br />
für alle die ohne Freiheit<br />
und gefesselt sind.<br />
Lasse d<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t unterdrücken,<br />
damit Menschl<strong>ich</strong>keit umarmt<br />
mit Frieden die Welt.<br />
Alle Zwangsjacken zerreiße,<br />
entfache den Sturm geknechteter Seelen,<br />
lass sie tanzen wie Gras im Wind.<br />
Freiheit singe deine Lieder<br />
und die Zeit wird kommen,<br />
in der befreit sind<br />
vom Glanz des goldenen Kalbes,<br />
die Menschen und Völker<br />
Freiheit <strong>ich</strong> muss d<strong>ich</strong> spüren,<br />
Unverz<strong>ich</strong>tbar, wie Sonne und Mond<br />
für den Tag und die Nacht.<br />
34