Adam online Nr. 33
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„Du bist<br />
ein guter<br />
Sohn!“<br />
Wie Gott unserem<br />
Vatermangel begegnet<br />
Sie und ich – wir sind Söhne einer vaterlosen<br />
Generation. Denn es dauert vier Generationen,<br />
bis der Vatermangel eines verlorenen Krieges in<br />
einem Volk überwunden wird. Unsere Väter waren<br />
uns physisch und emotional fern, sie kämpften auf<br />
Schlachtfeldern, arbeiteten in Fabriken, waren in<br />
Bürotürmen eingesperrt – und haben ihr Mannsein<br />
begraben. Ihre Herzen waren für die Söhne lebenslang<br />
unerreichbar, da fand kein „heiliger Moment“<br />
statt, in dem der Vater dem Sohn sagt: „Du bist ein<br />
guter Mann, aus dir wird etwas werden, und ich werde<br />
meinen Beitrag dazu leisten!“<br />
Sätze, die uns prägen<br />
Franz von Assisi (1181 – 1226) stellte die Werte seines<br />
reichen Vaters total in Frage, indem er ein Leben für die<br />
Armen lebte. Immer wenn er in die Stadt kam, brüllte<br />
sein Vater von oben aus dem Fenster zu ihm herunter:<br />
„Hau ab, du schlechter Sohn!“ Franziskus spürte, dass<br />
das seinem Herzen nicht guttat, und so engagierte er<br />
gegen Bezahlung einen Bettler, der neben ihm hergehen<br />
musste und ihm ständig ins Ohr flüsterte: „Du bist<br />
ein guter Sohn!“ – Was der Vater tief in seinem Herzen<br />
über den Sohn denkt, wird zur Lebenseinstellung des<br />
Sohnes. Man wiederholt in seinem Inneren die Sätze,<br />
die „von oben“ kamen.<br />
Auch ich bin so ein „untervaterter“ Mann, der viel<br />
darunter gelitten hat. Der Satz nach einem Streit mit<br />
meinem Vater, „Du bist nicht mehr mein Sohn“, zerfleischte<br />
mein männliches Selbstwertgefühl über 30 Jahre<br />
lang. Ich bin umhergelaufen als ungeliebter Sohn, und<br />
das ist auch für einen Christen-Mann pures Gift für die<br />
Seele. Gott Vater wurde so völlig anders beschrieben als<br />
mein irdischer Vater, dass ich nichts Gutes an diesem<br />
lassen konnte, ständig musste ich ihn anschwärzen.<br />
Mein Herz war ruhelos, ein Umhergetriebener ohne inneres<br />
Zuhause im „seelischen Vaterhaus“.<br />
Kann es sein, dass auch bei Jesus der himmlische Vater<br />
nachbessern musste, was der irdische Vater Josef<br />
nicht hinbekommen hatte? „Und eine Stimme aus<br />
dem Himmel sprach: Dies ist mein geliebter Sohn, an<br />
dem ich Gefallen gefunden habe...“. (Mt 3,17) Unser<br />
Männerherz hängt an solchen Sätzen, durch die man<br />
als Sohn verstanden hat, dass man etwas drauf hat und<br />
dass man etwas bewegen wird in seinem Männerleben.<br />
Gott ist nicht nur lieb<br />
Unsere Väter konnten uns nicht nahe sein, weil sie<br />
sich selbst entfremdet waren. In einem so geringen<br />
„Stand an Vaterwasser“ können sich nur schwer echte<br />
Männer entwickeln. Man weiß heute aus der Väterforschung:<br />
Hinreichend gut „bevaterte“ Männer wissen,<br />
wo sie stehen, sie haben ein inneres Fundament, eine<br />
stabile Basis, von der aus sie agieren; sie haben ein Gefühl<br />
von Zuhause, vom „Vaterhaus“, von dem der unstete<br />
Vaterlose nicht einmal träumen kann. Gut bevaterte<br />
Männer werfen sich daher keiner Firma oder Organisation<br />
an den Hals.<br />
8 ADAM ONLINE <strong>Nr</strong>. <strong>33</strong> · Dezember 12 – Februar 13