Tagebuch eines Frostmädchens - Die Wintermagie

Liebes Tagebuch,
schreckliche Dinge sind geschehen und die Erinnerung daran
wird mich ewig verfolgen. Ich verfluche die Winterherrin, die
mir all das angetan hat. Sie hat mich auserwählt, in dieser
schicksalhaften Nacht, in der ich vor Gideon geflohen bin.
Doch ich wollte nie ein Kind des Winters sein. Schon immer
zog es mich in die wärmeren Regionen, in denen viel die Sonne
scheint. Aber wer war ich schon – nicht mehr als ein unbedeutendes
Mädchen, das sich der Winterherrin zu beugen hatte.
Sie schenkte mir die Wintermagie, um ein Teil ihres Gefolges
zu werden. Als ich sie zum ersten Mal erblickte, verspür te ich
sofor t eine tiefe Verbundenheit. Ich wollte ihr nah sein und
alles für sie tun. Ein lieblicher Gesang erfüllte die Luft um
mich herum und führ te mich direkt zu ihr. Sie stand mitten im
Schnee und auf ihrem langen weißen Pelzmantel mit pelzverbrämter
Kapuze tanzten Schneeflocken einen anmutigen Reigen.
Ihre aufrechte Körperhaltung strahlte Stolz und Stärke aus. Zwei
Strähnen lockten sich in ihre Stirn, der Rest des Haares war zu
einem langen Zopf gebunden und mit Silberbändern umwickelt.
Um den Hals trug sie eine Kette mit einem silbernen Raben.
Noch nie zuvor hatte ich ein schöneres Wesen erblickt. In ihrer
Stimme lagen die Kristalle
des Eises und das Rauschen
der Bäume in der Nacht. Ihre
dunkelblauen Augen schauten
mich voller Güte an und versprachen
Frieden und Glück.
Ich hätte sie lieben können
wie eine Mutter, doch ihre
Liebe war an eine furchtbare
Bedingung geknüpft.
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Niemals wäre ich bereit gewesen, den von ihr geforder ten
Preis zu zahlen. Die Wintermagie der Herrin war nicht das,
wofür ich sie hielt. Sie sprach von einem Zuhause, Glück und
Zufriedenheit. Doch gebracht hat sie nur den Tod. Ihre liebliche
Stimme wandelte sich in einen Gesang zur tödlichen
Jagt. Wenn sie in der Nähe ist, erklingt eine fröhliche Melodie,
die sich mit Trommeltönen vermischt. Wer genau hinhör t kann
auch das Klappern von Pferdehufen hören.
Um ihr Ziel zu erreichen, schreckt sie vor nichts zurück. Grausame
Wölfe stehen in ihren Diensten und aus Schnee und Eis
lässt sie finstere Gestalten entstehen, die kein Erbarmen
kennen. Ihre Macht zieht sie aus einer geheimen Quelle. Ich
wünschte sie hätte mich einfach sterben lassen. Nun gibt es
keine Hoffnung mehr. Nicht für Gideon, nicht für Lauri und am
allerwenigsten für mich.
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