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WER1 993 GT2 Blutorange

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64<br />

peak performers | leistungsversionen am limit<br />

1996er 911 biturbo coupé 65<br />

DIE<br />

BEDEUTUNGEN DES<br />

GLASPERLENSPIELS<br />

Glasperlenspiel –<br />

zunächst ist das ein Roman von Hermann<br />

Hesse. 1943 in zwei Bänden<br />

erstmals veröffentlicht, erhielt das<br />

Werk 1946 den Nobelpreis für Literatur.<br />

Hesses umfangreichster Roman überhaupt<br />

inspirierte noch im Jahr 2010 ein<br />

Stockacher Bandprojekt, sich entsprechend<br />

(um-)zu benennen. Glasperlenspiel<br />

ist seitdem als ein deutschsprachiger<br />

Elektropop-Act fest etabliert. Eine<br />

dritte Bedeutung – von gleichfalls unverkennbar<br />

künstlerischem Wert – verlieh<br />

Thomas Nater dem Spiel der feinen<br />

Glasperlen. Denn es verhalf einer 1996<br />

bereits produzierten Porsche-Karosserie<br />

zu nahezu makelloser Oberflächengüte.


66<br />

66peak peak performers | | leistungsversionen am amlimit<br />

limit<br />

1996er 911 biturbo coupé 67<br />

Einst gescholten, inzwischen<br />

auf dem Sammlermarkt<br />

respektiert: Ende<br />

1994 löste der 911 <strong>GT2</strong><br />

eine Kontroverse aus<br />

Perfektion. Dieser Anspruch war ein ständiger<br />

Begleiter, als die Idee zur Verwandlung eines<br />

Allrad-turbos in eine Rekreation des Porsche<br />

911 <strong>GT2</strong> aufkam<br />

Jeder ist seines Glückes Schmied. Das weiß<br />

auch Thomas Nater. Mit viel Engagement und<br />

ungebremster Bereitschaft zu Nachtschichten<br />

hat sich der Göttinger einen Ruf als Saubermann in<br />

Sachen Sonderaufbauten auf Porsche-Basis erarbeitet.<br />

Einst führte sein gelebter, persönlicher Enthusiasmus<br />

zur Gründung von AP Car Design. Inzwischen<br />

ist der Betrieb räumlich ausgebaut worden,<br />

da immer mehr Sportwagen-Besitzer den Weg zu<br />

ihm nach Niedersachsen finden. Zwei Schwerpunkte<br />

lasten die Mannschaft um Thomas Nater aus:<br />

Clubsport-orientierte Anwendungen, beispielsweise<br />

im Porsche Sports Cup, sowie teilweise aufwändigst<br />

hergerichtete Klassiker mit Luftkühlung. Dabei<br />

macht es überhaupt keinen Unterschied, ob es sich<br />

um einen 356er aus den auslaufenden fünfziger Jahren<br />

oder um den letzten 911 mit Gebläse-Lüfterrad<br />

im Heck, als Generation <strong>993</strong> bekannt und allseits<br />

geschätzt, handelt. Einen späten 911 biturbo mit<br />

Werks-Leistungssteigerung der zweiten Ausbaustufe<br />

(WLS II, 450 statt 408 PS), rüstete AP Car Design<br />

in ein originalgetreues Replikat des 911 <strong>GT2</strong> um –<br />

penibel ausgearbeitet, im legendären Retro-Farbton<br />

“<strong>Blutorange</strong>“ ausgeführt, souverän fahrbar dank des<br />

Allrad-Antriebs. Treibende Kräfte waren zwei Freunde<br />

aus dem Landkreis Gütersloh, deren Autokennzeichen<br />

“GT“ so etwas wie eine Selbstverpflichtung<br />

ist. Wo sonst in Deutschland ziert die Kurzform von<br />

“Grand Tourisme“, sprich: zweisitziger Sportwagen<br />

– jedes ordnungsgemäß zugelassene Kraftfahrzeug?<br />

Einer dieser beiden Westfalen, Uli mit Vornamen,<br />

besaß bereits einen <strong>GT2</strong>-Sonderaufbau. Thomas Nater<br />

hatte das andernorts entstandene Fahrzeug noch<br />

einmal in Gänze seziert und perfektionistisch auf den<br />

aktuellen Stand gebracht. Ralf, den anderen Sohn des<br />

Westfalenlandes, hatte das leuchtend gelbe Exemplar<br />

vollends begeistert. Er wünschte sich ein entsprechendes<br />

Pendant, anfangs noch in “Rivierablau“. Flächig<br />

aufgetragene Lackproben überzeugten ihn davon,<br />

das klassische, für immer dem 911 Carrera RS 2.7<br />

Coupé zugeschriebene “<strong>Blutorange</strong>“ zu bevorzugen.<br />

Schließlich erteilte Ralf den Auftrag, einen geeigneten<br />

Gebraucht-Sportwagen zu akquirieren und anschließend<br />

in eine neuwertige <strong>GT2</strong>-Nachfertigung zu verwandeln.<br />

Das Anforderungsprofil war denkbar einfach:<br />

Neben den üblichen Suchkriterien – unfallfrei<br />

selbstverständlich und eine möglichst überschaubare<br />

Kilometerzahl – sollte das geschlossene Coupé ohne<br />

ein Schiebedach auskommen. Es stellte sich heraus,<br />

dass diese eigentlich unspektakulären Vorgaben alles<br />

andere als umgehend in die Tat umzusetzen waren.<br />

Denn die Zeiten, da die letzten 911 biturbo mit Luftkühlung<br />

und fünfstelligen Laufleistungen für maximal<br />

85.000 Euro zu erstehen gewesen sind, gehören<br />

der Vergangenheit an. Inzwischen müssen 10.000 bis<br />

15.000 Euro mehr für ein umsichtig gepflegtes Serienfahrzeug<br />

veranschlagt werden. Das gewünschte<br />

Objekt fand sich schließlich in einer Stadt unweit von<br />

Stuttgart, der zwei Porsche-Veredler – TechArt und<br />

Gemballa – zu weltweiter Beachtung verhalfen: in<br />

Leonberg nämlich. Ein 1996 zugelassener Doppellader<br />

war ursprünglich mit Werks-Leistungssteigerung<br />

I (WLS, 430 statt 408 PS) ausgeliefert worden. Im<br />

Porsche Zentrum Münster erfolgte nachträglich das<br />

Upgrade auf die Werks-Leistungssteigerung II gemäß<br />

den Hersteller-Vorgaben. Positiv fiel die Bewertung<br />

der bisherigen Laufleistung – nur 81.000 Kilometer –<br />

aus. Ein Minuspunkt: das Schiebedach. Für Thomas<br />

Nater bedeutete die vermeidbare Last am höchsten<br />

Punkt des Neunelfer-Gehäuses – vollkommen emotionslos<br />

– eine Zusatzaufgabe. Die Konsequenz: Der<br />

Transportfahrt von Baden-Württemberg an den Harz<br />

schloss sich die Einrichtung einer Großbaustelle an<br />

– eine fast schon alltägliche Situation im Hause AP<br />

Car Design.<br />

Wie einst im Juni: Warum der Aufbau zum 911<br />

<strong>GT2</strong> großen Aufwand, vergleichbar mit der<br />

technischen Vorbereitung auf die 24 Stunden<br />

von Le Mans, erforderte<br />

3<br />

Sporthistorische Rückblende: Von 1995 bis<br />

2000 belebte der Porsche 911 <strong>GT2</strong> das Renngeschäft<br />

bei den 24 Stunden von Le Mans.<br />

1996er 911 biturbo werks-leistungssteigerung II coupé


68<br />

peak performers | leistungsversionen am limit<br />

1996er 911 biturbo coupé<br />

69<br />

Ein nur teilweise eingerichtetes<br />

Sportstudio: Nach oben hin<br />

wird es zunehmend spartanischer<br />

3<br />

Die wirtschaftlich bessergestellten Teams konnten<br />

es sich leisten, nur für den Langstrecken-Klassiker<br />

an der Sarthe neue, frische Einsatzfahrzeuge auf der<br />

Grundlage ebenfalls neuer Rohkarosserien aufzubauen.<br />

Mittels dieser Methode – die Laufstunden<br />

lagen bei null – minimierten sie das Risiko materiell<br />

bedingter (und für das Miet-Geschäft auf allerhöchstem<br />

Niveau nachteiliger) Totalausfälle.<br />

Ähnlich rigoros agierten jene Rennstall-Besitzer,<br />

die ihre Auslieferungstermine für neue 911 <strong>GT2</strong><br />

gezielt in ein Vier-Wochen-Delta vor dem Saisonhighlight<br />

in Le Mans legten, nur um auf der sicheren<br />

Seite zu sein. In die Geschichte eingegangen ist<br />

nicht zuletzt die Anekdote eines Deutschen, der<br />

einen Sattelschlepper voller neuer oder zumindest<br />

wenig genutzter Einzelteile direkt ins Fahrerlager<br />

am „Circuit des 24 heures“ karren ließ. Aus der<br />

Branche telefonierte der Mann eine Handvoll Profis<br />

zusammen, um sie vor Ort mit einem Puzzlespiel zu<br />

konfrontieren. Da die Zeit bis zur technischen Abnahme<br />

drängte, blieb für Diskussionen kein Raum.<br />

Unnötig zu erwähnen, dass es die Mannschaft trotzdem<br />

schaffte. Wie dem auch sei: All die Mythen und<br />

Legenden rund um den Porsche 934 der neunziger<br />

Jahre beflügelten nicht nur die Phantasie der Straßen-Kundschaft,<br />

sondern auch jene der Macher, der<br />

professionellen Umsetzer. Thomas Nater nahm sich<br />

an den Sonderaufbauten für die 24 Stunden von Le<br />

Mans ein Beispiel. Er fällte nicht nur den Beschluss,<br />

das angekaufte 911 (<strong>993</strong>) biturbo WLS II Coupé<br />

bis zur buchstäblich letzten Schraube zu zerlegen.<br />

Darüber hinaus richtete er sich auf das Freilegen des<br />

blanken Karosserie-Stahlblechs ein. Akzente setzen<br />

wollte er, und nicht einfach einen Gebraucht-Sportwagen<br />

mittels schief angesetzter Kotflügel-Verbreiterungen<br />

aus Plastik all seiner Würde berauben.<br />

Vielmehr lag ihm eine Oberflächen-Ausarbeitung<br />

am Herzen, die dem Finish der werksseitig ausgelieferten<br />

Original-Exemplare nahekommen sollte. Insgeheim<br />

träumte er natürlich davon, den Standard<br />

noch zu übertreffen. Um dies zu erreichen, mussten<br />

zunächst die Aluminium-Fronthaube sowie der<br />

Kevlar-Verbreiterungssatz an das ausgebeinte Coupé-Gehäuse<br />

angepasst werden. Es folgte jener Moment,<br />

der Porsche-affinen Karossiers in der Seele<br />

wehtut: das konturengenaue Beschneiden überflüssig<br />

gewordener Bereiche der vorderen Kotflügel und<br />

der hinteren Seitenwände. Im Endeffekt war dieser<br />

radikale Schnitt bereits 1974 vonnöten, als Porsche<br />

die ersten Carrera RSR 3.0 für Kunden auflegte.<br />

Vom Grundsatz her ist dieser Vorgang stets derselbe<br />

geblieben, um die Freigängigkeit voluminöser BBS-<br />

Motorsport-Räder mit Kreuzspeichen-Sternen aus<br />

Magnesium zu garantieren. Im vorliegenden Fall<br />

waren jedoch Original-Speedline-Felgen in 9Jx18<br />

ET 34 mit 235/30 ZR 18 vorn sowie 11J x 18 ET<br />

18 mit 295/30 ZR 18 hinten vorgesehen. Deren<br />

konstruktiver Aufbau unterschied sich vor allem<br />

an den nicht sichtbaren Innenseiten der Felgenarme.<br />

Das Problem: In Verbindung mit einer Vorderachs-Bremse<br />

auf dem Stand des letzten Evolutionsmodells,<br />

welches seinerzeit 380 Millimeter große,<br />

gelochte und innenbelüftete Stahl-Scheiben auf<br />

den Punkt genau verzögerten, waren 18 Millimeter<br />

dicke Distanzscheiben erforderlich. Andernfalls<br />

hätten die Felgenarme mit den nicht minder üppig<br />

dimensionierten Brembo-Festsattel-Gehäusen eine<br />

klemmende Verbindung eingehen können. All diese<br />

Informationen mussten im Vorfeld akribisch genau<br />

zusammengetragen werden, um ein Nachbessern<br />

des einmal lackierten Gesamtkunstwerks zu vermeiden.<br />

Nachdem alle Gewerke festgelegt waren, trugen<br />

allerfeinste Glasperlen den bisherigen Anstrich<br />

so schonend wie eben möglich ab. Keine mikroskopische<br />

Delle sollte die spätere Herrlichkeit stören.<br />

Dasselbe galt natürlich für auskristalliserte Rückstände<br />

chemischer Tauschbäder, die von vornherein<br />

nicht in Betracht kamen. Zu viele Tatsachenberichte<br />

aus dem Spektrum der Restauratoren waren bekannt<br />

geworden, die im Sinne einer längerfristigen<br />

Versiegelung der wertvollen Substanz keinen Sinn<br />

ergaben.<br />

Akrobatik am Drehgestell: Nach dem Glasperlenspiel<br />

begaben sich zwei professionelle<br />

Autolackierer gleichzeitig ans Werk, und im<br />

Ruhrgebiet nahm ein PS-Alchimist Drehzahl auf<br />

Ohne Matter platter. In der Tiefe der siebziger<br />

Jahre war das die Kunden-Ansprache des Überrollbügel-Produzenten<br />

Winfried Matter aus<br />

Karlsdorf. Konsequent stieß er in eine Angebotslücke<br />

am Markt, und der weitere Weg war vorgezeichnet:<br />

Aufstieg zum Lieferanten so renommierter Hersteller<br />

wie Porsche oder Mercedes-Benz, dazu die strategisch<br />

wichtige Funktion des Präsidenten des Deutschen<br />

Sportfahrer-Kreises, kurz DSK. In die Glanzzeit des<br />

Unternehmers aus dem Kraichgau fielen nicht zuletzt<br />

die Konfiguration und das Einschweißen spezieller<br />

Stahlrohr-Sicherheitszellen in den Porsche 911 <strong>GT2</strong><br />

R, der Rennversion notabene. Leider existiert die einstige<br />

Käfig-Produktion nicht mehr. Wer dennoch eine<br />

authentische Rekreation verwirklichen will, muss aufwändig<br />

recherchieren. Dabei geht es nicht nur um die<br />

seinerzeit verwendeten Werkstoffe sowie Querschnitte,<br />

sondern auch um die Definition sämtlicher Schweißund<br />

Kreuzungspunkte. Erst die Analyse eines glaubhaften<br />

Original-Fahrzeugs erlaubte es, den erforderlichen<br />

Datenbestand nochmals anzulegen. Anschließend<br />

zeichnete Wiechers Sport, ein alteingesessener Fachbetrieb<br />

aus Nienburg an der Weser, für die handwerkliche<br />

Umsetzung verantwortlich. Das Auslackieren des<br />

Innenraums erwies sich als ein besonderer Prüfstein.<br />

Es kommt immer wieder vor, dass Farbläufer die eingeschweißten<br />

Stahl-Sicherheitszellen unansehnlich<br />

werden lassen. Um dies zu umgehen, ließ Thomas Nater<br />

die vorbereitete Karosserie nicht nur auf ein Drehgestell<br />

spannen. Er beauftragte darüber hinaus zwei<br />

Autolackierer gleichzeitig, die sich ergänzten. Diesem<br />

Vorgang war der Ersatz des Schiebedachs inklusive 24<br />

Kilogramm schwerer und obendrein weit nach innen<br />

bauender Kassette durch eine Original-Dachhaut ohne<br />

Luke vorausgegangen. Das Öffnen der Regenrinnen<br />

war eine besonders delikate Aufgabe – und ohne eine<br />

Spezial-Vorrichtung nicht zu bewerkstelligen. Das Einfärben<br />

der Außenhaut sollte den sorgsam präparierten,<br />

aalglatten Oberflächen gerecht werden. Dem Auftragen<br />

des Decklacks in „<strong>Blutorange</strong> L 21 E“ folgten<br />

nach mindestens 48-stündiger Trocknung das Schleifen<br />

in einer 2.000er-Körnung sowie das zweischichtige<br />

Versiegeln mit einem Klarlack, dessen keramische<br />

Bestandteile einen 3D-Effekt erzeugten. Während weitere<br />

Gewerke wie die trockeneis-gestrahlten Achsteile<br />

oder der ohne den Einsatz von Spritzkleber verlegte<br />

Leichtbau-Teppichsatz ihrem Verbau entgegensahen,<br />

ging es einige hundert Kilometer weiter westlich um<br />

1996er 911 biturbo werks-leistungssteigerung coupé<br />

3


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peak performers | leistungsversionen am limit<br />

1996er 911 biturbo werks-leistungssteigerung coupé<br />

3<br />

die Evolution des werks-leistungsgesteigerten Sechszylinder-Boxermotors.<br />

In unmittelbarer Nachbarschaft<br />

zur ehemaligen Hertener Zeche Ewald vertiefte sich<br />

Dennis Dragunski in das angelieferte Doppelturbo-<br />

Aggregat, das er erst einmal auseinandernahm. Von<br />

den ganz teuren Eingriffen riet er indes ab. So blieb<br />

es bei 3,6 Litern Hubraum, ohne die Option der letzten<br />

30 PS durch die allzu aufwändige Erweiterung auf<br />

3,8 Liter einzulösen. Sein Konzept der kleinen Schritte<br />

umfasste ein Downsizing der Ladersorte auf den<br />

KKK-Typ K26, mit Natrium gekühlte, vergrößerte<br />

Auslassventile, nachgearbeitete Ventilsitze, verstärkte<br />

Ventilfedern, Ventilfederteller aus Titan, Aluminium-<br />

Ventildeckel, eine optimierte Ladeluftkühlung, Spezial-<br />

Zündkerzen, eine sensibel abgestimmte Bosch-Motronic<br />

M 5.2 sowie eine MSD-Zündanlage. Die aufgrund<br />

der Werks-Leistungssteigerung II bereits an den beiden<br />

Fahrzeugseiten jeweils doppelflutige Auspuffanlage<br />

erhielt 100-Zeller-Metall-Katalysatoren und einen an<br />

die Abgas-Turbolader angepassten Krümmersatz. 588<br />

PS – ursprünglich waren es 450 – konnten als das Ergebnis<br />

der Kraft-Kur notiert werden. Das maximale<br />

Drehmoment stieg von 585 auf 745 Newtonmeter<br />

an. Die vielleicht wichtigste Information: Ab 3.600/<br />

min lag relevante Motorkraft an. Insgesamt konnte<br />

die technisch unkritische Ausbaustufe des Porsche 911<br />

biturbo auf weitreichende Alltagstauglichkeit sowie<br />

TÜV-Konformität fokussiert worden. In Abgrenzung<br />

zum modellhistorischen Vorbild – ab Werk durfte<br />

der 911 <strong>GT2</strong> ausschließlich mit Heckantrieb bezogen<br />

werden – blieb der über eine Visco-Kupplung an der<br />

Vorderachse dynamisch regulierte Allradantrieb des<br />

Ursprungsautos bestehen.<br />

Unverkennbar ein Neunelfer<br />

mit Luftkühlung:<br />

Die Silhouette verdeutlicht<br />

die Genetik des<br />

Jahrhundert-Sportwagens<br />

Keine weiteren Fragen, Euer Ehren! Anmut<br />

und Schönheit der <strong>GT2</strong>-Rekreation zerstreuten<br />

letzte Zweifel an der Sinnhaftigkeit von Sonderaufbauten<br />

der oberen (Preis-)Kategorie<br />

Zwölf Monate Bauzeit, 165.000 Euro gutachterlicher<br />

Wiederbeschaffungswert, aber auch ein<br />

um mindestens 100.000 Euro günstigerer Preis<br />

als bei einem vergleichbaren Original-Fahrzeug mit<br />

zertifizierter Chassisnummer und glaubhaft-lückenloser<br />

Dokumentation – das sind die Rahmendaten eines<br />

wirtschaftlich am Ende des Tages erstaunlich ausgewogenen<br />

Großprojektes. Bei der Bewertung solcher<br />

Aufbauvorhaben sollte stets der Aspekt berücksichtigt<br />

werden, in welchem Verhältnis der Erstellungsaufwand<br />

zum aktuellen Verkehrswert des naturgemäß<br />

selteneren Original-Exemplars steht. Aus einer Rekreation<br />

– übrigens sogar bei gleichrangig gewählten<br />

Komponenten – kann sich ein kaum zu unterschätzender<br />

Kostenvorteil ergeben. Zumindest bei Modellen<br />

aus den neunziger Jahren ist das so. Ältere Semester<br />

unterliegen eigenen Gesetzmäßigkeiten. Die Differenz<br />

wird, nachdem der Markt von Täuschungsversuchen<br />

inzwischen fast bereinigt ist – die Kunden werden mit<br />

der Zeit nicht dümmer, eher ist das Gegenteil der Fall<br />

– durch die modellgeschichtliche Bedeutung vorgegeben.<br />

Manche Sammler akzeptieren inzwischen eine<br />

Koexistenz in ihren Garagen. Für sie gilt die Devise:<br />

einen echten Vertreter der Porsche-Sonderserien zum<br />

Wegstellen, ein weiteres, würdiges Replikat für den<br />

Trackday oder die Clubausfahrt. Insofern sind letzte<br />

Zweifel an der Sinnstiftung umgebauter 911 biturbo<br />

– immerhin die letzten lebenden Zweiventil-Doppellader<br />

mit Luftkühlung – ausgeräumt. Noch vor wenigen<br />

Jahren wäre jeglicher Eingriff in mindestens 90.000<br />

Euro teures, automobiles Kulturgut als Gotteslästerung<br />

gescholten worden. Die Spielregeln ändern sich,<br />

und oft genug auch zum Guten. Dies mag die vierte,<br />

die eigentliche Bedeutung des Glasperlenspiels sein.<br />

werk1.1 words by carsten krome<br />

werk1.1 pics by carsten krome

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