Profitieren wenn die Inflation steigt
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<strong>Profitieren</strong>, <strong>wenn</strong> <strong>die</strong><br />
<strong>Inflation</strong> <strong>steigt</strong><br />
Strategie /<br />
Investment<br />
Mit inflationsindexierten Anleihen können Investoren von steigender<br />
<strong>Inflation</strong> profitieren oder sich zumindest gegen <strong>die</strong>se schützen.<br />
Hans-Jörg Naumer<br />
Global Head of Capital<br />
Markets & Thematic Research<br />
Allianz Global Investors<br />
<strong>Inflation</strong> ist ein Thema, das an den Kapitalmärkten derzeit kaum<br />
Beachtung findet. Dafür macht immer wieder das „hässliche“ Wort<br />
Deflation <strong>die</strong> Runde. Dass <strong>Inflation</strong> zukünftig aber dennoch ein<br />
Investmentthema sein kann, zeigt nachfolgende Stu<strong>die</strong>. Sie stellt <strong>die</strong><br />
<strong>Inflation</strong>serwartungen in den Kontext von Geldpolitik und Konjunktur.<br />
Und sie untersucht, wie sich Investoren mittels Anleihen auf <strong>die</strong>ses<br />
Szenario einstellen können.<br />
Leben Totgesagte länger?<br />
Kein Zweifel: <strong>Inflation</strong> ist schon seit geraumer<br />
Zeit kein Thema mehr, das Investoren schlaflose<br />
Nächte bereitet. Es scheint eher <strong>die</strong> Furcht vor der<br />
Deflation umzugehen, also einer Abwärtsspirale<br />
von Preisen und Löhnen. Genährt werden <strong>die</strong><br />
Bedenken u. a. von sorgenvollen Worten aus dem<br />
Eurotower beispielsweise und geschürt von der<br />
Debatte um <strong>die</strong> „säkulare Stagnation“ – der lang<br />
anhaltenden, wirtschaftlichen Stagnation, mit der<br />
eher rückläufige als anziehende Preise verbunden<br />
sein sollten.<br />
Tatsächlich zeichnet <strong>die</strong> aktuelle Lage ein klares<br />
Bild: Die <strong>Inflation</strong> im Euroraum, gemessen an der<br />
Vorjahresveränderungsrate des Verbraucherpreisindexes<br />
für <strong>die</strong> gesamte Eurozone, schrammt seit<br />
geraumer Zeit an der Nullmarke entlang. Zeitweise<br />
lag sie auch schon darunter (siehe Schaubild 1).<br />
Auffällig dabei: Die sogenannte Kernrate liegt vergleichsweise<br />
stabil in der Nähe von einem Prozent,<br />
also merklich darüber (Mai 2016). Die Kernrate<br />
erfasst <strong>die</strong> Verbraucherpreise allerdings ohne <strong>die</strong><br />
zyklischen Komponenten Energie und Nahrungsmittel<br />
und ist entsprechend deutlich weniger<br />
konjunktursensibel. Vor allem <strong>die</strong> (importierten)<br />
Energiepreise, auf <strong>die</strong> <strong>die</strong> inländische Nachfrage<br />
keinen Einfluss hat, bleiben außen vor.<br />
Interessanterweise weichen Gesamt- und Kerninflationsrate<br />
nicht nur im Euroraum voneinander ab,<br />
sondern weltweit. Das gilt sowohl für <strong>die</strong> Gruppe<br />
der Industrieländer wie auch für <strong>die</strong> Schwellenländer.<br />
Dahinter stehen vor allem <strong>die</strong> stark gefallenen<br />
Rohstoffpreise, hier insbesondere der Ölpreis.
<strong>Profitieren</strong>, <strong>wenn</strong> <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> <strong>steigt</strong><br />
Schaubild 1: Verbraucherpreisindex & Kernrate in der EWU (j/j)<br />
5%<br />
4%<br />
3%<br />
2%<br />
1%<br />
0%<br />
–1%<br />
2006<br />
2007<br />
2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015<br />
EWU-Verbraucherpreisindex (j/j, in %) EWU-Verbraucherpreisindex ohne Energie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak (j/j, in %)<br />
Preisstabilitätsmarke der EZB<br />
Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für <strong>die</strong> Zukunft.<br />
Quelle: Thomson Reuters Datastream, AllianzGI Global Capital Markets & Thematic Research 14.04.2016<br />
Die Erwartungen der professionellen Analysten und Volkswirte<br />
scheinen ebenfalls nicht von merklich anziehenden <strong>Inflation</strong>sraten<br />
auszugehen. Zum Beispiel prognostizieren <strong>die</strong> im „Survey<br />
of Professional Forecasters“ (SPF) von der Europäischen Zentralbank<br />
(EZB) erfassten Profis auf kürzere (ein Jahr) wie auf mittlere<br />
(zwei bis fünf Jahre) Sicht keinen größeren <strong>Inflation</strong>sanstieg.<br />
Auf Sicht von fünf Jahren sollte nach <strong>die</strong>sen Einschätzungen <strong>die</strong><br />
Veränderungsrate der Verbraucherpreise im Euroraum gut verankert<br />
bei leicht unter 2 % liegen (Mai 2016; siehe Schaubild 2).<br />
Hinzu kommen <strong>die</strong> Marktdaten: Gemessen an dem, was <strong>die</strong> Anleihemärkte<br />
zum Beispiel in <strong>die</strong> Euro-<strong>Inflation</strong>sswaps einpreisen,<br />
werden auch hier keine (dramatischen) Preisveränderungsraten<br />
erwartet (Stand: Mai 2016, siehe Schaubild 3).<br />
Schaubild 2: <strong>Inflation</strong>serwartungen professioneller<br />
Prognostiker für 1, 2 und 5 Jahre<br />
2,4%<br />
2,0%<br />
Schaubild 3: Langfristige <strong>Inflation</strong>serwartungen<br />
gemessen anhand der Break-Even-Werte der<br />
5J5J-Forwards vs. Brent-Ölpreis<br />
1,9% 70<br />
1,6%<br />
1,8%<br />
60<br />
1,2%<br />
0,8%<br />
00<br />
02 04 06 08 10 12 14 16<br />
1,7%<br />
1,6%<br />
1,5%<br />
50<br />
40<br />
SPF: EWU-<strong>Inflation</strong>serwartung für in fünf Jahren<br />
SPF: EWU-<strong>Inflation</strong>serwartung für in zwei Jahren<br />
SPF: EWU-<strong>Inflation</strong>serwartung 1-Jahres-Prognose<br />
Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für <strong>die</strong> Zukunft.<br />
Quelle: Thomson Reuters Datastream, AllianzGI Global Capital Markets &<br />
Thematic Research 14.04.2016<br />
1,4%<br />
1,3%<br />
M<br />
6. März 2015<br />
A<br />
M<br />
J J A S O N D J F M<br />
2015 2016<br />
30<br />
20<br />
Euro-<strong>Inflation</strong>sswaps (5J5J) in %<br />
Ölpreis Brent in USD (r. S.)<br />
Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für <strong>die</strong> Zukunft.<br />
Quelle: Thomson Reuters Datastream, AllianzGI Global Capital Markets &<br />
Thematic Research 14.04.2016
<strong>Profitieren</strong>, <strong>wenn</strong> <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> <strong>steigt</strong><br />
Niedrige <strong>Inflation</strong>sraten ein Muss?<br />
Aber: Muss es bei niedrigen <strong>Inflation</strong>sraten<br />
bleiben oder kommt es gar zur Deflation?<br />
Nein, nicht zwangsläufig. Drei Entwicklungen<br />
könnten zukünftigen niedrigen <strong>Inflation</strong>sraten<br />
entgegenlaufen: Konjunktur, Rohstoffpreise und<br />
Geldpolitik.<br />
1. Konjunktur: Gemessen an der sogenannten<br />
Outputlücke, wie sie sich aus dem<br />
Konzept der „natürlichen“ Arbeitslosenrate<br />
ergibt 1 , zeichnet sich im Euroraum aktuell<br />
nur eine moderate Lohnentwicklung ab.<br />
Aber <strong>die</strong> Outputlücke schließt sich seit<br />
Herbst 2013 allmählich (siehe Schaubild 4).<br />
2. Rohstoffpreise: Steigen z. B. <strong>die</strong> Ölpreise<br />
den aktuellen Markterwartungen entsprechend<br />
bis Anfang 2017 in Richtung 45<br />
Dollar je Barrel an, würden ceteris paribus<br />
<strong>die</strong> harmonisierten Verbraucherpreise in<br />
Richtung 1,5 % gegenüber dem Vorjahr<br />
ansteigen, wie eine hauseigene Simulation<br />
zeigt (siehe Schaubild 5). Bei <strong>die</strong>ser<br />
Betrachtung wurde <strong>die</strong> Preisentwicklung<br />
des Brent-Ölpreises gem. den Markterwartungen<br />
unterstellt, wie sie sich aus den<br />
Future-Kursen ergeben.<br />
3. Geldpolitik: Die (globale) Geldpolitik bleibt<br />
unverändert expansiv und zielt gerade<br />
bei der EZB auf <strong>die</strong> Wiederannäherung in<br />
Richtung der Zielmarke von 2 % ab. Wer<br />
also eine Deflation erwartet, lehnt sich<br />
gegen <strong>die</strong> Politik der Euro-Zentralbank,<br />
<strong>die</strong> immer wieder auch versprochen hat,<br />
dass sie „noch mehr“ tun könne. Ob zu<br />
<strong>die</strong>sem „Noch-mehr“ am Ende auch das<br />
sogenannte Helikoptergeld gehört, liegt<br />
im Bereich des Spekulativen, kann aber<br />
unter Risikoaspekten nicht ausgeschlossen<br />
werden. Spätestens jedoch, <strong>wenn</strong> <strong>die</strong><br />
Zentralbank mit der direkten Finanzierung<br />
staatlicher Konjunkturpakete (Helikoptergeld)<br />
beginnen sollte, dürfte <strong>die</strong>s Auswirkungen<br />
auf <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> beziehungsweise<br />
<strong>die</strong> <strong>Inflation</strong>serwartungen haben (siehe<br />
Schaubild 6).<br />
Schaubild 4: Verhaltene Anzeichen eines binnenwirtschaftlichen<br />
<strong>Inflation</strong>sdrucks: Kerninflation vs. Outputlücke<br />
3,5<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
00 02 04<br />
06 08 10 12 14 16<br />
EWU-Kerninflation, j/j, in % (l. S)<br />
Outputlücke nach NAIRU-Konzept, in %-Punkten (r. S.)<br />
Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für <strong>die</strong> Zukunft.<br />
Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse<br />
Quelle: Thomson Reuters Datastream, AllianzGI Global Capital Markets &<br />
Thematic Research 14.04.2016<br />
Schaubild 5: Simulation der Verbraucherpreise: Nachlassende dämpfende<br />
Wirkung erneut gesunkener Rohstoffpreise<br />
1,5 115<br />
1,0<br />
0,5<br />
0<br />
–0,5<br />
–1,0<br />
Jan 14<br />
Jul 14<br />
HVPI (in %, ggü. Vj., l. S.)<br />
Jan 15 Jul 15 Jan 16 Jul 16 Jan 16<br />
BRENT (in US-$, r. S.)<br />
Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für <strong>die</strong> Zukunft.<br />
Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Ergebnisse<br />
Schaubild 6: Quantitative Easing in vollem Gang!<br />
Zentralbankbestände an Wertpapieren des öffentlichen Sektors<br />
in % der Bruttostaatsverschuldung<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0<br />
2010<br />
2011<br />
2012 2013<br />
Japan USA Euroraum<br />
2014<br />
Quellen: Bank of Japan, Datastream, EU-Kommission, EZB, Federal Reserve,<br />
AllianzGI Global Capital Markets & Thematic Research.<br />
Stand: 14. April 2016.<br />
2015<br />
1<br />
Nach dem NAIRU-Konzept (Non-Accelerating <strong>Inflation</strong> Rate Of Unemployment) wird <strong>die</strong> sogenannte<br />
„natürliche“ Arbeitslosenrate errechnet. Fällt <strong>die</strong> tatsächliche Arbeitslosigkeit unter <strong>die</strong>se<br />
Schwelle, gelten <strong>die</strong> Arbeitsmärkte als so stark ausgelastet, dass <strong>die</strong> Lohn-Preis-Spirale in Gang<br />
kommt.<br />
2<br />
1<br />
0<br />
–1<br />
–2<br />
–3<br />
–4<br />
–5<br />
100<br />
85<br />
70<br />
55<br />
40<br />
25<br />
Prognose ►<br />
2016f<br />
2017f
<strong>Profitieren</strong>, <strong>wenn</strong> <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> <strong>steigt</strong><br />
Was aber können Anleger tun, <strong>die</strong> sich in Bezug<br />
auf Staatsanleihen einem in weiten Bereichen<br />
negativen Renditeumfeld gegenüber sehen?<br />
Anleger, <strong>die</strong> möglicherweise <strong>die</strong> Risikoleiter<br />
mittels anderer Anlagegattungen nicht hinaufwandern<br />
können oder wollen, sich aber gleichzeitig<br />
gegen das Risiko einer steigenden <strong>Inflation</strong><br />
absichern möchten? <strong>Inflation</strong> ist kein Phänomen,<br />
dass sich punktgenau ansteuern lässt. Würde<br />
beispielsweise der Zielwert der EZB innerhalb der<br />
nächsten zwei Jahre erreicht, läge <strong>die</strong>ser oberhalb<br />
der Markterwartungen, ganz zu schweigen<br />
davon, <strong>wenn</strong> es zu einem Überschießen käme.<br />
Die Antwort kann in inflationsindexierten Anleihen<br />
liegen, sogenannten „<strong>Inflation</strong>-Linked<br />
Bonds“. Diese werden im Falle US-amerikanischer<br />
Staatsanleihen auch TIPS („Treasury <strong>Inflation</strong><br />
Protection Securities“) genannt.<br />
Wie funktionieren <strong>die</strong>se inflationsindexierten<br />
Anleihen? Wo liegen ihre Chancen?<br />
<strong>Inflation</strong>sindexierte Anleihen:<br />
Funktionsweise<br />
Pionier auf <strong>die</strong>sem Gebiet dürfte das britische<br />
Schatzamt sein, welches bereits 1981 indexierte<br />
Anleihen auf den Markt brachte. Mit den TIPS<br />
legte das US-Schatzamt im Januar 1997 inflationsindexierte<br />
Staatsanleihen auf – eine Form<br />
von Anleihen, <strong>die</strong> auch im Eurogebiet bekannt<br />
ist. Im September 1998 emittierte Frankreich<br />
derartige Anleihen als OATi (indexierte „Obligation<br />
Assimilable du Trésor“). 2003 folgten Italien<br />
und Griechenland. In Deutschland gibt es <strong>die</strong>se<br />
indexierten Staatsanleihen unter den Namen<br />
„BUNDi“.<br />
<strong>Inflation</strong>sindexierte Anleihen haben – aus Investorensicht<br />
– eine Aufgabe: Sie schützen den<br />
Anleger vor den Auswirkungen der <strong>Inflation</strong>, da<br />
sie für Kaufkrafterhalt sorgen.<br />
Denn was passiert, <strong>wenn</strong> <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> <strong>steigt</strong>?<br />
Zum Zeitpunkt des Kaufs einer Anleihe hat sich<br />
am Kapitalmarkt eine bestimmte <strong>Inflation</strong>serwartung<br />
herausgebildet, <strong>die</strong> sich in der Nominalrendite<br />
– und damit in den Anleihekursen<br />
– widerspiegelt. Steigen zukünftig <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong><br />
beziehungsweise <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong>serwartungen,<br />
dann steigen <strong>die</strong> Renditen der nicht-indexierten<br />
Anleihen und <strong>die</strong> Kurse fallen. Gleichzeitig werden<br />
auch <strong>die</strong> Kuponzahlungen weniger wert, da<br />
<strong>die</strong> Kaufkraft schwindet. Die <strong>Inflation</strong> frisst einen<br />
Teil des Ertrages auf, im schlechtesten Fall sogar<br />
mehr als das. Was gesucht wird, ist ein <strong>Inflation</strong>sausgleich.<br />
Anders <strong>die</strong> indexierten Anleihen: Hier wird der<br />
Nennwert der Anleihe nach einer vorher festgelegten<br />
Zeitspanne (in der Regel ein halbes Jahr)<br />
um <strong>die</strong> aktuelle <strong>Inflation</strong>srate fortgeschrieben.<br />
Der inflationsbedingte Kaufkraftverlust wird<br />
durch einen mit der <strong>Inflation</strong> steigenden Nennwert<br />
aufgefangen. Die Tilgung erfolgt nach<br />
Ende der Laufzeit nicht zum ursprünglichen<br />
Nennwert, sondern um den mit der <strong>Inflation</strong><br />
fortgeschriebenen Nennwert. Der Kupon ist kein<br />
gleichbleibender Betrag („x Euro auf den ursprünglichen<br />
Nennwert von 100 Euro“), sondern<br />
ein fester Prozentsatz, der sich auf den jeweils<br />
um <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> angepassten Nennwert bezieht.<br />
Dadurch wird auch <strong>die</strong> Kuponzahlung um <strong>die</strong><br />
Wirkung der <strong>Inflation</strong> adjustiert.<br />
Der Kaufkrafterhalt der Anlage ist gesichert.<br />
Das <strong>Inflation</strong>srisiko liegt beim Emittenten, nicht<br />
beim Investor. Die Anpassung erfolgt dabei in<br />
der Regel nur im Falle steigender Preise. Kommt<br />
es zu einer „negativen <strong>Inflation</strong>srate“, also einer<br />
Deflation, erfolgt <strong>die</strong> Tilgung der Anleihe mindestens<br />
zum ursprünglichen Nennwert. Sie wird<br />
eben nicht um <strong>die</strong> Deflationsrate gekürzt. Durch<br />
<strong>die</strong> Anpassung von Nennwert und Kupon um<br />
<strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> ergibt sich eine reale (!) Rendite der<br />
Anleihe, <strong>die</strong> sich auf den mit steigender <strong>Inflation</strong><br />
wachsenden Nominalbetrag und <strong>die</strong> daran<br />
gekoppelten Kupons bezieht. Diese reale Rendite<br />
der inflationsindexierten Anleihen weicht<br />
entsprechend von der nominalen Rendite von<br />
Anleihen gleicher Laufzeit und gleicher Bonität<br />
ab. Aus der Differenz der nominalen und der<br />
realen Rendite wird <strong>die</strong> Break-Even-<strong>Inflation</strong>srate<br />
ermittelt (siehe Schaubild 7).<br />
Zur Geldpolitik und zur Entwicklung<br />
von <strong>Inflation</strong> sowie<br />
<strong>Inflation</strong>serwartungen siehe<br />
auch unseren regelmäßig<br />
aktualisierten QE Monitor.<br />
Zum Helikoptergeld vergleiche<br />
auch unseren Beitrag in<br />
der Zeitschrift „<strong>die</strong> bank“.
<strong>Profitieren</strong>, <strong>wenn</strong> <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> <strong>steigt</strong><br />
Schaubild 7: Renditen herkömmlicher und inflationsindexierter<br />
Anleihen am Beispiel französischer OATs und OATis<br />
und <strong>die</strong> sich daraus ergebende Break-Even-<strong>Inflation</strong>srate<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
–1<br />
–2<br />
2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016<br />
BOF ML Franz. OATI Rendite<br />
Break-Even-<strong>Inflation</strong>srate<br />
BOFA ML Franz. Staatsanleihen 5–10.J Lfz.<br />
Wertentwicklungen der Vergangenheit erlauben keine Prognose für <strong>die</strong> Zukunft.<br />
Quelle: Thomson Reuters Datastream, AllianzGI Capital Markets & Thematic Research<br />
11.05.2016<br />
• Strategie / Effizienz: Der Anleger setzt bei seiner langfristig<br />
ausgerichteten, strategischen Assetallokation indexierte Anleihen<br />
ein, um damit das Risiko-Rendite-Profil seines Portfolios<br />
zu verbessern.<br />
Taktik / Timing<br />
Im Mittelpunkt der taktischen Überlegung steht <strong>die</strong> Break Even-<br />
<strong>Inflation</strong>srate. Sie ergibt sich aus der Differenz der Rendite einer<br />
„normalen“ und einer indexierten Anleihe gleicher Laufzeit<br />
und gleicher Bonität (siehe Schaubild 8). Die Break-Even-<br />
<strong>Inflation</strong>srate kann als Erwartungswert der Marktteilnehmer<br />
bezüglich zukünftiger <strong>Inflation</strong>sraten gewertet werden. Diese<br />
sich in den Kursen widerspiegelnden Erwartungen sind eine Momentaufnahme.<br />
Sie können sich jederzeit ändern beziehungsweise<br />
durch <strong>die</strong> tatsächliche Entwicklung der <strong>Inflation</strong>srate<br />
gestört werden (siehe auch den Exkurs im Anhang).<br />
Beispiel<br />
Eine Anleihe wird zu 100.000 Euro emittiert. Der Kupon lautet<br />
auf 3,5 %. Die nach Ablauf eines halben Jahres gemessene <strong>Inflation</strong><br />
beträgt 3 % p. a., etwa 1,5 % je Halbjahr. Der inflationsindexierte<br />
Nennwert ist dann 101.500 Euro. Multipliziert mit einem<br />
Kupon von 1,75 % (3,5 % : 2) ergibt sich eine Zahlung von 1.776,25<br />
Euro. Folge: Der Anleger wird vor der <strong>Inflation</strong> geschützt. Dabei<br />
kann es zu technisch bedingten Abweichungen von der eigentlichen<br />
<strong>Inflation</strong>srate kommen, zum Beispiel, <strong>wenn</strong> statt des<br />
umfassenden Verbraucherpreisindexes nur ein eingeschränkter<br />
Warenkorb als Grundlage verwendet wird. Üblich ist zum Beispiel<br />
<strong>die</strong> Koppelung der Anleihe an einen Verbraucherpreisindex,<br />
der Tabakwaren nicht berücksichtigt.<br />
Portfolioüberlegungen<br />
Da ein Anleger mit inflationsindexierten Anleihen kein <strong>Inflation</strong>sänderungsrisiko<br />
eingeht, wird er auf <strong>die</strong>se Risikoprämie als Renditebestandteil<br />
verzichten müssen. Das schmälert etwas <strong>die</strong> Renditeerwartung<br />
insgesamt. Und es ist eine Motivation für den Emittenten,<br />
das <strong>Inflation</strong>srisiko zu übernehmen – aber dafür„verzichtet“ der<br />
Investor eben auch auf <strong>die</strong> negativen Folgen der <strong>Inflation</strong>.<br />
Der <strong>Inflation</strong>sschutz ist jedoch nicht der einzige Vorteil. Indexierte<br />
Anleihen können besonders unter zwei Aspekten für das<br />
Portfolio von Bedeutung sein:<br />
Drei denkbare Szenarien – Abhängigkeit von der<br />
<strong>Inflation</strong>sdynamik<br />
1. Bleiben <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong>serwartungen unverändert beziehungsweise<br />
entspricht <strong>die</strong> tatsächliche <strong>Inflation</strong>sentwicklung<br />
den Erwartungen, dann ändert sich <strong>die</strong> Break-Even-<br />
<strong>Inflation</strong>srate nicht. Die Investoren in eine nicht-indexierte<br />
und in eine indexierte Anleihe stellen sich gleich gut.<br />
2. Sinkt <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong>, das heißt, fällt sie unter <strong>die</strong> Break-Even-<br />
<strong>Inflation</strong>srate, dann <strong>steigt</strong> der Kurs der nicht-indexierten Anleihe.<br />
Jener der indexierten Anleihe wird lediglich um einen<br />
geringeren <strong>Inflation</strong>sanstieg angepasst. Kursgewinne aus<br />
Gründen einer veränderten <strong>Inflation</strong>srate kann es dabei nicht<br />
geben, da <strong>die</strong>se sowohl bei steigenden als auch bei sinkenden<br />
Raten ausgeglichen wird. Der Investor in <strong>die</strong> nichtindexierte<br />
Anleihe würde sich taktisch besser stellen.<br />
3. Taktisch stellt sich ein Investor in inflationsindexierte Anleihen<br />
dann besser als ein Anleger in nicht-indexierte, <strong>wenn</strong><br />
<strong>die</strong> Marktteilnehmer <strong>die</strong> zukünftige <strong>Inflation</strong> unterschätzen.<br />
Denn: Steigen <strong>die</strong> Preise stärker als erwartet, überschreiten<br />
sie also <strong>die</strong> Break-Even-<strong>Inflation</strong>srate, kommt es bei der<br />
herkömmlichen Anleiheart zu Kursverlusten, sobald <strong>die</strong> –<br />
nominalen – Renditen wegen der höheren <strong>Inflation</strong> steigen<br />
(siehe auch den Exkurs im Anhang). Ein Anleger in indexierte<br />
Anleihen dagegen profitiert, da Kurs und Kupons steigen.<br />
• Taktik / Timing: Der Anleger nutzt kurzfristige Opportunitäten<br />
am Markt und versucht Kursschwankungen zu seinen Gunsten<br />
auszunutzen.
<strong>Profitieren</strong>, <strong>wenn</strong> <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> <strong>steigt</strong><br />
Strategie / Effizienz<br />
Nicht nur das Durchreichen des <strong>Inflation</strong>srisikos an den Emittenten<br />
kann von strategischer Bedeutung bei der Investition<br />
in inflationsindexierte Anleihen sein, sondern auch der Aspekt<br />
der Portfoliooptimierung durch Diversifikation. Dabei geht es<br />
um <strong>die</strong> Verbesserung des Risiko-Ertrag-Profils. Im Idealfall kann<br />
durch <strong>die</strong> Beimischung von indexierten Anleihen zu einem aus<br />
konventionellen Anleihen und Aktien bestehenden Portfolio <strong>die</strong><br />
Markteffizienzlinie „nach oben“ verschoben werden.<br />
Die Überlegungen setzen dabei an einer gedanklichen Aufspaltung<br />
der nominalen Anleiherendite in <strong>die</strong> Realrendite und einen<br />
Zuschlag für den Ausgleich der (erwarteten) <strong>Inflation</strong> an: Auf<br />
den Kurs einer herkömmlichen Anleihe wirken sich <strong>die</strong> Schwankungen<br />
sowohl der <strong>Inflation</strong> als auch des Realzinses aus. Auf den<br />
Kurs einer indexierten Anleihe können sich aber nur <strong>die</strong> Schwankungen<br />
des Realzinses auswirken, deshalb sollten sie eine geringere<br />
Volatilität als herkömmliche Anleihen aufweisen.<br />
Schaubild 8: Diversifikationseffekt inflationsindexierter<br />
Anleihen (schematische Darstellung)<br />
Ertrag<br />
Effizienzsteigerung<br />
Risiko<br />
Strukturiertes Depot<br />
(Aktien/Renten)<br />
Da ihre Rendite direkt an <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> gebunden ist, dürften sich<br />
<strong>die</strong> indexierten Anleihen auf längere Sicht als hoch positiv korreliert<br />
mit der <strong>Inflation</strong>srate erweisen. Kurs und Kupon steigen<br />
beziehungsweise fallen mit der <strong>Inflation</strong>srate. Damit verhalten<br />
sie sich in <strong>die</strong>sem Punkt gegensätzlich zu „normalen“ Anleihen.<br />
Deren Kurse fallen, <strong>wenn</strong> <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> <strong>steigt</strong> und umgekehrt. Sie<br />
korrelieren also negativ mit der <strong>Inflation</strong>. Das gegensätzliche<br />
Verhaltensmuster <strong>die</strong>ser Anleihearten lässt unter den beiden<br />
Anleihegattungen eine geringe Korrelation erwarten.<br />
Anleihen können also auch aus Gründen der Diversifikation und<br />
einer erhöhten Effizienz des Portfolios von Interesse sein.<br />
Verstehen. Handeln.<br />
<strong>Inflation</strong>sindexierte Anleihen können für Anleger aus mehreren<br />
Motiven heraus interessant sein:<br />
1. Insbesondere bei einem erwarteten Anstieg der <strong>Inflation</strong>srate<br />
können sie sowohl taktisch als auch strategisch genutzt<br />
werden (<strong>Inflation</strong>sschutz und Effizienzsteigerung).<br />
Dabei <strong>steigt</strong> ihr Nutzen, je stärker <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong>serwartung<br />
des Anlegers von der Erwartung des Marktes, <strong>die</strong> sich in<br />
der Regel in den Kursen der nicht-indexierten Anleihen<br />
widerspiegelt, abweicht.<br />
2. Diese Schutzfunktion vor steigenden <strong>Inflation</strong>sraten macht<br />
inflationsindexierte Anleihen auch für langfristig planende<br />
Investoren interessant, <strong>die</strong> Auszahlungsströme z. B. für<br />
den Ruhestand vor den Wirkungen der <strong>Inflation</strong> absichern<br />
wollen.<br />
3. Erst in einem Szenario hoher <strong>Inflation</strong> zum Zeitpunkt der<br />
Investition und eines darauf folgenden <strong>Inflation</strong>srückgangs<br />
würde sich <strong>die</strong> taktische Vorteilhaftigkeit zugunsten<br />
nicht-indexierter Anleihen verschieben: Der Rückgang der<br />
<strong>Inflation</strong> würde zu sinkenden Renditen und steigenden Kursen<br />
führen, während bei einer indexierten Anleihe lediglich<br />
<strong>die</strong> nominale Rendite durch den sich verringernden <strong>Inflation</strong>sausgleich<br />
sinkt.<br />
4. Wie sich aus der theoretischen Betrachtung zeigt, können<br />
inflationsindexierte Anleihen bei der Portfoliogestaltung<br />
zur Effizienzsteigerung beitragen.<br />
5. Ein wichtiger Effekt dürfte im Negativrenditeumfeld sichtbar<br />
werden: Herkömmliche Anleihen tragen ein hohes<br />
Durationsrisiko bei negativem Ertrag, nominal wie real. Bei<br />
indexierten Anleihen entfällt jedoch jener Teil des Durationsrisikos,<br />
der von einem Anstieg der Nominalrendite in<br />
Folge steigender <strong>Inflation</strong>sraten herrührt.<br />
Mit inflationsindexierten Anleihen können Investoren von steigender<br />
<strong>Inflation</strong> profitieren oder sich zumindest gegen <strong>die</strong>se<br />
schützen.<br />
Dieses Profil einer geringeren Volatilität und einer geringen / negativen<br />
Korrelation mit herkömmlichen Anleihen lässt sich zur<br />
Portfoliooptimierung sowohl für das Rentenportfolio als auch für<br />
das Gesamtportfolio nutzen (Diversifikationseffekt). Wobei der<br />
Nutzen mit zunehmender <strong>Inflation</strong> <strong>steigt</strong>. <strong>Inflation</strong>sindexierte
<strong>Profitieren</strong>, <strong>wenn</strong> <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> <strong>steigt</strong><br />
Exkurs: Indexierte Anleihen,<br />
<strong>Inflation</strong>serwartungen und <strong>die</strong><br />
Break-Even-<strong>Inflation</strong>srate<br />
Als Indikator für <strong>die</strong> bereits in den Anleihekursen befindlichen<br />
<strong>Inflation</strong>serwartungen haben<br />
inflationsindexierte Anleihen ebenfalls eine große Bedeutung.<br />
Dabei müssen allerdings einige Faktoren, <strong>die</strong> zu Verzerrungen<br />
führen könnten, im Hinterkopf behalten werden.<br />
Die Break-Even-<strong>Inflation</strong>srate steht im Mittelpunkt, <strong>wenn</strong><br />
es darum geht, <strong>die</strong> bereits im Anleihenmarkt eingepreisten<br />
<strong>Inflation</strong>serwartungen abzuschätzen. Sie ergibt sich aus der<br />
Renditedifferenz einer nicht-indexierten und einer indexierten<br />
Anleihe.<br />
Sie kann jedoch nicht 1:1 als Maß für <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong>serwartungen<br />
genutzt werden. Denn bei ihrer Berechnung kommt es zu<br />
einer Reihe von Verzerrungen, <strong>die</strong> in aller Regel dazu führen,<br />
dass <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong>serwartungen als zu hoch ausgewiesen werden.<br />
Dazu zählen unterschiedliche Risiko prämien oder auch<br />
<strong>die</strong> Berechnungsmethode der <strong>Inflation</strong>sindexierung.<br />
Risikoprämie für das <strong>Inflation</strong>srisiko<br />
Nicht-indexierte Anleihen enthalten eine Risikoprämie für das<br />
<strong>Inflation</strong>srisiko, denn der Anleger ist risikoavers. Er will böse<br />
Überraschungen bei der <strong>Inflation</strong> ausschließen und weiß, dass<br />
<strong>die</strong> Schätzung der <strong>Inflation</strong> mit Unsicherheiten verbunden<br />
ist. Für <strong>die</strong>ses Risiko einer sich gegenüber den Erwartungen<br />
zum Investitionszeitpunkt ändernden <strong>Inflation</strong> fordert er eine<br />
entsprechende Risikoprämie. Eine Prämie, <strong>die</strong> bei einer inflationsindexierten<br />
Anleihe entfällt, wodurch deren Rendite etwas<br />
niedriger ist – ein Vorteil für den Emittenten, der dafür das<br />
Risiko einer <strong>Inflation</strong>sänderung übernimmt.<br />
Diese Risikoprämie kann sich über <strong>die</strong> Zeit ändern. Sie hängt<br />
ab zum Beispiel von der Volatilität der <strong>Inflation</strong>, d. h. deren<br />
Veränderungsrisiko, der Glaubwürdigkeit der Zentralbank<br />
und der Laufzeit der Anleihe. Als Faustregel gilt: Je länger <strong>die</strong><br />
Laufzeit, desto höher das Risiko eines überraschenden <strong>Inflation</strong>sanstiegs<br />
und je höher damit <strong>die</strong> Risikoprämie.<br />
Hördahl 2 und Tristani von der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich<br />
(BIZ) beziehungsweise der Europäischen<br />
Zentralbank haben Risikoprämien geschätzt: <strong>die</strong> Risikoprämie<br />
für <strong>Inflation</strong>sänderungen für <strong>die</strong> Eurozone sowie für <strong>die</strong> USA,<br />
über <strong>die</strong> Jahre 2000 bis 2014 und für drei- sowie zehnjährige<br />
Laufzeiten.<br />
Dabei zeigt sich, dass sich <strong>die</strong>se Risikoprämien für den Euroraum<br />
sehr viel stabiler entwickelt haben als für <strong>die</strong> USA.<br />
Bei Anleihen mit dreijähriger Laufzeit weisen sie extreme<br />
Schwankungen bei US-Treasuries auf. Die Werte lagen zwischen<br />
ca. –1,5 % nach der Lehmann-Pleite und knapp 2,5 %<br />
Anfang 2013, während sich <strong>die</strong> Risikoprämie für <strong>Inflation</strong> im<br />
Euroraum zwischen ca. –1 % und +1 % bewegte. Für Anleihen<br />
mit 10 Jahren Laufzeit waren <strong>die</strong> Schwankungsbreiten bei beiden<br />
Regionen weniger stark ausgeprägt.<br />
Interessant dabei ist u. a. auch, dass <strong>die</strong> Prämie auch negativ<br />
werden kann. Das spricht dafür, dass es Phasen gibt, in denen<br />
<strong>die</strong> Anleger mit einer Deflation rechnen. In <strong>die</strong>sem Fall wären<br />
herkömmliche Anleihen von Vorteil, da bei indexierten Anleihen<br />
der <strong>Inflation</strong>sschutz un nötigerweise Rendite kosten<br />
würde.<br />
Liquiditätsprämien<br />
Auch werden Liquiditätsprämien nicht berücksichtigt: In der<br />
Regel dürften nicht-indexierte gegenüber indexierten Anleihen<br />
größere Emissionsvolumina aufweisen und könnten dadurch<br />
liquider am Markt gehandelt werden. Je geringer aber<br />
das ausstehende Volumen einer Anleihe, desto eher verlangt<br />
der Investor eine sogenannte Liquiditätsprämie.<br />
Die höhere Liquidität lässt eine niedrigere Liquiditätsprämie<br />
erwarten, <strong>die</strong> jedoch bei der Berechnung der Break-Even-<strong>Inflation</strong>srate<br />
nicht berücksichtigt wird. Auch dadurch wird sie<br />
etwas überzeichnet. Hördahl und Tristani kommen bei ihren<br />
Schätzungen zu dem Ergebnis, dass <strong>die</strong> Liquiditätsprämien in<br />
den Jahren 2004 bis Mitte 2013 für den Euroraum zwischen 10<br />
und 30 Basispunkte betrugen. In den USA waren es zwischen<br />
37 und 130, wobei <strong>die</strong> Spitzenwerte aus der Zeit direkt nach<br />
der Lehman-Pleite stammen. Ein typisches Charakteristikum:<br />
In Krisenzeiten wird höhere Liquidität am dringendsten benötigt.<br />
Entsprechend <strong>steigt</strong> <strong>die</strong> Zahlungsbereitschaft dafür.<br />
Bei der Errechnung der Break-Even-<strong>Inflation</strong>srate werden<br />
<strong>die</strong>se Risikoprämien nicht herausgerechnet. Sie wirken sich<br />
deshalb in der Regel auf <strong>die</strong> Break-Even-<strong>Inflation</strong>srate erhöhend<br />
aus, wodurch <strong>die</strong>se <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong>serwartungen überzeichnet.<br />
Nur im Falle einer negativen Risikoprämie für das<br />
<strong>Inflation</strong>srisiko kann es zu einer zu niedrigen Break-Even-<strong>Inflation</strong>srate<br />
kommen. Um deren Aussagekraft zu erhöhen,<br />
müsste sie um <strong>die</strong> Risikoprämien adjustiert werden.<br />
2<br />
Hördahl, Peter & Tristani, Oreste; „<strong>Inflation</strong> Risk Premia in the Euro Area and the<br />
United States“; International Journal of Central Banking; September 2014.
<strong>Profitieren</strong>, <strong>wenn</strong> <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong> <strong>steigt</strong><br />
Weitere Faktoren für <strong>die</strong> Verzerrung der Risikoprämie<br />
Abgesehen von den Risikoprämien, <strong>die</strong> nicht berücksichtigt<br />
werden, kommt es auch noch zu anderen Verzerrungen.<br />
Die <strong>Inflation</strong>srate, mit welcher der Nennwert angepasst wird,<br />
muss nicht jenem Warenkorb entsprechen, den der Investor<br />
konsumiert. Die von Frankreich, Griechenland und Italien<br />
emittierten Anleihen zum Beispiel sind zwar an den harmonisierten<br />
Verbraucherpreisindex für <strong>die</strong> Eurozone gekoppelt,<br />
jedoch unter Herausrechnung der Preisentwicklung von Tabakwaren.<br />
Die vom französischen Schatzamt vor November<br />
2001 emittierten OATi wurden mit dem französischen, nicht<br />
harmonisierten Verbraucherpreis index (ohne Tabakwaren)<br />
indexiert. Die sich daraus ergebenden <strong>Inflation</strong>serwartungen<br />
können daher nur eingeschränkt für das gesamte Eurogebiet<br />
herangezogen werden.<br />
Eine steigende Nachfrage, zum Beispiel von Seiten institutioneller<br />
Anleger, kann zu einer sinkenden Realrendite indexierter<br />
Anleihen führen. Folge: Der Renditeabstand zu nicht-indexierten<br />
Anleihen weitet sich aus und führt zur falschen<br />
Annahme, dass <strong>die</strong> <strong>Inflation</strong>serwartung gestiegen sei.<br />
Werden Indizes miteinander verglichen, kann es zu Abweichungen<br />
zum Beispiel bei der Duration der in den Indizes befindlichen<br />
Anleihen kommen oder auch bezüglich der unterschiedlichen<br />
Bonitäten. Die emittierenden Staaten haben nicht alle <strong>die</strong><br />
gleiche Bonität. Emittiert ein Staat in Relation zu seiner Gesamtverschuldung<br />
deutlich mehr inflationsindexierte Anleihen, ist<br />
er in dem entsprechenden Index relativ stärker vertreten als in<br />
dem Vergleichsindex für nicht-indexierte Anleihen.<br />
Zu den <strong>die</strong> Break-Even-<strong>Inflation</strong>srate verzerrenden Faktoren<br />
gehören noch einige „technische“, wie zum Beispiel unterschiedliche<br />
Arten der Steuererhebung, welche <strong>die</strong> Zahlungsbereitschaft<br />
– und damit <strong>die</strong> Kursfindung – unterschiedlich<br />
beeinflussen.<br />
Trotz <strong>die</strong>ser Einschränkungen kann <strong>die</strong> Break-<br />
Even-<strong>Inflation</strong>srate als Richtschnur für <strong>die</strong> „Marktmeinung“<br />
genutzt werden, besonders was <strong>die</strong> Richtung der <strong>Inflation</strong>serwartungen<br />
betrifft. Sie hilft den Investoren damit, sich<br />
zwischen inflationsindexierten und herkömm lichen Anleihen<br />
zu positionieren.<br />
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