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Seismur – für erdbebensicheres Mauerwerk - Stahlton Bauteile

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38 <strong>erdbebensicheres</strong> bauen<br />

<strong>Seismur</strong> <strong>–</strong> <strong>für</strong> <strong>erdbebensicheres</strong><br />

<strong>Mauerwerk</strong><br />

Das Unternehmen <strong>Stahlton</strong> <strong>Bauteile</strong> AG hat ein System <strong>für</strong> <strong>erdbebensicheres</strong> Bauen entwickelt<br />

und als Patent angemeldet <strong>–</strong> das Wandsystem «<strong>Seismur</strong>». Die Systemkomponenten bestehen aus<br />

Wandelement, <strong>Mauerwerk</strong> und Geschossdecke. Das umfangreich geprüfte System hält der dynamischen<br />

Beanspruchung im Erdbebenfall stand und gewährleistet die Gebrauchstauglichkeit des Gebäudes.<br />

Für die Fachzeitschrift «der bauingenieur» erklären Ernst Gisin, Geschäftsführer der <strong>Stahlton</strong><br />

<strong>Bauteile</strong> AG, sowie Philippe Capeder, Geschäftsführer der Swissbrick AG, die Innovation.<br />

Interview: Werner Aebi // Fotos: zvg.<br />

Was gab den Anlass <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

eines erdbebensicheren <strong>Mauerwerk</strong>s?<br />

Ernst Gisin: In den letzten<br />

Jahren hat sich in der<br />

Schweiz die Sensibilität<br />

bezüglich des Erdbebenrisikos<br />

verstärkt. So<br />

werden seit 2003 die<br />

Bauten nach Norm SIA 261 auf Erdbeben<br />

bemessen. Als Marktführer bei der Herstellung<br />

und dem Vertrieb von <strong>Bauteile</strong>n <strong>für</strong> das<br />

<strong>Mauerwerk</strong> sind uns diese Bauweise und<br />

deren Problematik bezüglich Erdbeben bestens<br />

bekannt.<br />

Philippe Capeder: Backsteinmauerwerk<br />

hat in<br />

der Schweiz eine lange<br />

Tradition. Da der Schubwiderstand<br />

einer <strong>Mauerwerk</strong>swand<br />

aber über<br />

die Normalkraft begrenzt ist, hat deren Bemessung<br />

auf Erdbeben zur nicht unumstrittenen<br />

Mischbauweise geführt (<strong>Mauerwerk</strong>/<br />

Beton).<br />

Was ist die Innovation am Wandsystem<br />

«<strong>Seismur</strong>»?<br />

Die heutige Mischbauweise befriedigt insofern<br />

nicht, als <strong>Mauerwerk</strong> und Betonwände<br />

zwei verschiedene Bauweisen sind und<br />

ein unterschiedliches Deformationsverhalten<br />

aufweisen. Dagegen ist das Wandsystem<br />

«<strong>Seismur</strong>» mauerwerksgerecht, sowohl<br />

hinsichtlich Bauweise wie auch bezüglich<br />

Deformationsverhalten.<br />

Das gleichartige Deformationsverhalten wirkt<br />

sich speziell positiv auf die Gebrauchstauglichkeit<br />

aus. Dazu kommen die bauphysikalischen<br />

Vorteile des Backsteins voll zum<br />

Tragen, wie Wärmespeichervermögen und<br />

Feuchteregulierung.<br />

Wie funktioniert das Wandsystem «<strong>Seismur</strong>»?<br />

Die paarweise angeordneten, vorfabrizierten<br />

und vorgespannten Wandelemente «<strong>Seismur</strong>»<br />

sind in die Geschossdecken eingespannt und<br />

bilden mit diesen einen Rahmen, welcher das<br />

<strong>Mauerwerk</strong> einfasst. Bei einem Erdbeben<br />

werden die Wände auf Schub beansprucht.<br />

Dadurch entstehen an den Wandenden wechselnd<br />

grosse Zugkräfte, welche von den vorgespannten<br />

Wandelementen aufgenommen<br />

werden. Daraus ergibt sich im <strong>Mauerwerk</strong> ein<br />

diagonal wirkendes Druckspannungsfeld mit<br />

sehr hohem Schubwiderstand.<br />

Durch dieses perfekte Zusammenspiel zwischen<br />

den Systemkomponenten Wandelement<br />

«<strong>Seismur</strong>» und Backsteinmauerwerk<br />

kann der erforderliche Erdbebenwiderstand<br />

ohne Betonwände erreicht werden.<br />

Was macht das System mauerwerkskonform?<br />

Die Lösung dazu liegt in den Vorspann- und<br />

Verankerungstechniken, welche seit über 60<br />

Jahren zu den Kernkompetenzen von <strong>Stahlton</strong><br />

gehören. Die Vorspannung verleiht den<br />

Elementen eine hohe Steifi gkeit. Die äusserst<br />

effi ziente Verankerung in den Geschossdecken<br />

wird durch die an den vorstehenden<br />

Spanndrähten aufgestauchten Köpfchen sowie<br />

einer entsprechenden Bewehrung in den<br />

Decken sichergestellt. Das System entwickelt<br />

so einen grossen Schubwiderstand bei mauerwerkskonformen<br />

Deformationen. Dadurch<br />

wird ein Tragverhalten erreicht, bei dem die<br />

Deformationskapazität des <strong>Mauerwerk</strong>s nicht<br />

überschritten wird.<br />

Neben dem angepassten Verschiebeverhalten<br />

basiert das System auf den Grundlagen<br />

des modernen <strong>Mauerwerk</strong>sbaus; das ergibt<br />

mehr Effi zienz durch optimalen Bauablauf.<br />

Welche Erdbebenstärke verkraften Bauten,<br />

bei welchen das Wandsystem «<strong>Seismur</strong>»<br />

zur Anwendung kommt?<br />

Diese Frage kann nicht mit der Angabe einer<br />

Magnitude auf der Richterskala beantwortet<br />

werden. Die Erdbebenbeanspruchung ist in<br />

der Schweiz zonenabhängig in Baunormen<br />

festgelegt. Mit dem Wandsystem «<strong>Seismur</strong>»<br />

wird der erforderliche Erdbebenwiderstand<br />

erreicht.<br />

Ein differenzierter Nachweis, wie mit der<br />

Software «promur», garantiert eine optimale<br />

Aktivierung der notwendigen <strong>Mauerwerk</strong>swände<br />

zur Erreichung einer ausreichenden<br />

Erdbebensicherheit.<br />

der bauingenieur_April/11


der bauingenieur_April/11<br />

«<strong>Seismur</strong>» ist ein Mauwerksystem von <strong>Stahlton</strong>.<br />

Es lässt sich vermauern und verarbeiten wie<br />

die herkömmlichen Backsteinwände. Es sorgt<br />

sogar <strong>für</strong> einen beschleunigten Arbeitsablauf<br />

auf der Baustelle.<br />

Welche Normen, Kriterien und Sicherheiten<br />

werden mit dem Wandsystem<br />

«<strong>Seismur</strong>» erfüllt?<br />

Neben der Norm SIA 261 wurden in der<br />

Konzeption des Wandsystems alle heute<br />

verfügbaren technischen Grundlagen<br />

über die Themen Erdbebensicherheit und<br />

<strong>Mauerwerk</strong>sgebäude berücksichtigt. Die<br />

Erdbebentauglichkeit des Wandsystems<br />

wurde mit umfangreichen Versuchen an<br />

geschosshohen Wänden am P+F Sursee<br />

unter der Leitung von Prof. Dr. J. Schwartz,<br />

ETH Zürich, nachgewiesen.<br />

Welche Abmessungen hat sinnvollerweise<br />

eine Erdbebenwand mit «<strong>Seismur</strong>»?<br />

Die Wände im Wandsystem «<strong>Seismur</strong>» weisen<br />

eine Stärke von 17,5 Zentimetern auf.<br />

Ein hoher Wirkungsgrad wird mit Wandlängen<br />

ab 2,50 Meter erzielt. Das Lieferprogramm<br />

der Wandelemente umfasst<br />

Raumhöhen von 2,36 bis 3,1 Metern.<br />

Mit der Wandstärke 17,5 Zentimeter wird<br />

auch die Schlankheitsbedingung aus der<br />

Norm SIA 266, Ziffer 4.7.1.3, <strong>für</strong> normale<br />

Geschosshöhen eingehalten.<br />

Gibt es <strong>für</strong> den Bauingenieur Bemessungsunterlagen?<br />

Die Bemessungsunterlagen stehen dem<br />

Bauingenieur unter www.stahlton-bauteile.<br />

ch kostenlos zur Verfügung.<br />

Das <strong>Mauerwerk</strong>system «<strong>Seismur</strong>» wird mit optimalen<br />

Anschlüssen zwischen den Geschoss-<br />

decken eingebunden. Damit übernehmen die<br />

Backsteinwände alle statischen Wandfunktionen<br />

und tragen gleichzeitig zur Erdbeben sicherheit<br />

bei.<br />

Müssen <strong>für</strong> das Wandsystem «<strong>Seismur</strong>»<br />

spezielle Anschlüsse ausgebildet werden?<br />

In den Geschossdecken werden Aussparungselemente<br />

«<strong>Seismur</strong>» montiert, in welche<br />

die Wandelemente versetzt werden.<br />

Anschlussanker vom Wandelement zum<br />

<strong>Mauerwerk</strong> sind nicht erforderlich. Die Stossfugen<br />

zum Wandelement «<strong>Seismur</strong>» werden<br />

wie üblich vollfugig vermörtelt.<br />

Werden besondere Mörtelsorten benötigt?<br />

Nein, die Stoss- und Lagerfugen des <strong>Mauerwerk</strong>s<br />

zwischen den Wandelementen<br />

werden vollfugig mit Standardmauermörtel<br />

gemäss Norm SIA 266 ausgeführt.<br />

Wie erfolgt der Einbau auf der Baustelle?<br />

Eine detaillierte Versetzanleitung steht ebenfalls<br />

auf der <strong>Stahlton</strong>-<strong>Bauteile</strong>-Webseite zur<br />

Verfügung.<br />

Inwieweit ist die Entwicklung des Wandsystems<br />

«<strong>Seismur</strong>» abgeschlossen? Wann<br />

ist es auf dem Markt erhältlich?<br />

Seit Januar 2011 wird eine MFH-Überbauung<br />

in Au SG mit dem Wandsystem «<strong>Seismur</strong>»<br />

ausgeführt. Weitere Objekte sind in der Planungsphase.<br />

Neben den Wandelementen <strong>für</strong><br />

das Objekt in Au wird zurzeit auch täglich an<br />

Lager produziert. Wir sind also lieferbereit.<br />

Zur Erhöhung des Schubwiderstandes, auch<br />

<strong>erdbebensicheres</strong> bauen 39<br />

Die bekannte Technologie von <strong>Stahlton</strong><br />

<strong>für</strong> vorgespannte Elemente setzt sich mit<br />

«<strong>Seismur</strong>» in der vertikalen Ebene fort.<br />

Das Bauwerk wird homogen in Backstein<br />

ausgeführt. Die Mischbauweise wird nicht<br />

mehr benötigt.<br />

mit <strong>Seismur</strong>, hat die Swissbrick den Backstein<br />

«Seismo» entwickelt, der schon bei diversen<br />

Objekten eingesetzt wurde.<br />

Ist das Wandsystem «<strong>Seismur</strong>» teurer als<br />

die konventionelle Mischbauweise?<br />

Gegenüber der Mischbauweise fallen keine<br />

Mehrkosten an. Zudem wird der Bauablauf<br />

optimiert und somit die Bauzeit verkürzt.<br />

Was ist bei der Planung des Wandsystems<br />

zu berücksichtigen?<br />

Für eine effi ziente Lösung mit «<strong>Seismur</strong>» sind<br />

die bekannten Konstruktionsregeln <strong>für</strong> erdbebengerechtes<br />

Bauen anzuwenden.<br />

Die Broschüre «Erdbebensicherheit im <strong>Mauerwerk</strong>sbau»<br />

von der Swissbrick AG enthält<br />

nützliche Hinweise <strong>für</strong> den erdbebengerechten<br />

Entwurf.<br />

Sind bereits weitere Produkte <strong>für</strong> <strong>erdbebensicheres</strong><br />

Bauen in der Planung?<br />

Dadurch, dass wir uns mit dem Thema Erdbebensicherheit<br />

intensiv auseinandersetzen<br />

und Fachgespräche mit einem Netzwerk von<br />

Sachverständigen führen, bestehen Ansätze<br />

<strong>für</strong> weitere Innovationen auf diesem Gebiet.<br />

Die innovativen Bestrebungen betreffen nicht<br />

nur Produkte, sondern auch Berechnungsprogramme,<br />

Dienstleistungen usw. Der Fokus<br />

«Erdbebensicheres Bauen mit <strong>Mauerwerk</strong>»<br />

ist <strong>für</strong> uns ein Gebot der Stunde. ■

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