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Carp Mirror Es ist Ende März und die neue Saison liegt ... - Naturebaits

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<strong>Es</strong> <strong>ist</strong> <strong>Ende</strong> <strong>März</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>neue</strong><br />

<strong>Saison</strong> <strong>liegt</strong> in den Startlöchern.<br />

Wir können uns endlich<br />

darauf freuen voll durchzustarten.<br />

Sicherlich waren besonders Eifrige<br />

schon am Wasser <strong>und</strong> konnten den<br />

einen oder anderen Karpfen überl<strong>ist</strong>en,<br />

so richtig losgehen wird es aber<br />

erst jetzt. Wir Jäger spüren förmlich<br />

dass <strong>die</strong> Zeit jetzt reif <strong>ist</strong>. Im Morgengrauen<br />

kann man schon vereinzelt,<br />

wenn auch noch sehr zaghaft,<br />

<strong>die</strong> Singvögel den <strong>neue</strong>n Tag begrüßen<br />

hören. In den Abendst<strong>und</strong>en<br />

wird der Amselhahn seine unverkennbare<br />

Melo<strong>die</strong> des kommenden<br />

Sommers vom erhöhten Ansitz aus<br />

in <strong>die</strong> laue Luft schmettern. In uns<br />

erwacht der Wunsch wieder am Wasser<br />

sitzen zu können <strong>und</strong> den ersten<br />

Run des Jahres zu erleben. Alles<br />

beginnt von vorne, in keinem anderen<br />

Hobby sind wir so eng mit dem<br />

natürlichen Rhythmus der Natur verknüpft.<br />

Werden <strong>die</strong> gesteckten Ziele<br />

für das Jahr 2010 erreichbar sein…?<br />

<strong>Es</strong> <strong>liegt</strong> in der Natur eines jeden<br />

Karpfenanglers sich selbst Ziele zu<br />

stecken. Der eine möchte seinen<br />

<strong>Carp</strong> <strong>Mirror</strong><br />

Personal Best knacken, der andere<br />

nimmt sich vor an einem <strong>neue</strong>n Gewässer<br />

erfolgreich zu sein <strong>und</strong> wieder<br />

ein anderer hat es auf seinen<br />

Zielfisch abgesehen, den er möglicherweise<br />

im vergangenen Jahr nicht<br />

hat fangen können. Und selbst wenn<br />

wir uns nur vornehmen den Jahresurlaub<br />

für zwei Wochen irgendwo zu<br />

verbringen, <strong>ist</strong> das auch ein Ziel.<br />

Ich kenne eigentlich niemanden der<br />

sich kein Ziel steckt <strong>und</strong> eines haben<br />

alle Ziele miteinander gemeinsam: Sie<br />

halten unseren inneren Motor, <strong>die</strong><br />

Antriebskraft Angeln zu gehen am<br />

Leben.<br />

In <strong>die</strong>sem Artikel möchte ich meinen<br />

Gedanken freien Lauf lassen. Fangbericht,<br />

Erlebnisbericht oder Futterbericht.<br />

Das sind <strong>die</strong> praxisnahen Ansichten<br />

<strong>und</strong> Beschreibungen unseres<br />

Hobbys. Ich werde das etwas<br />

mischen <strong>und</strong> aus meiner Sicht darstellen,<br />

wie ich auf Dauer <strong>und</strong> in<br />

Anbetracht der mir zur Verfügung<br />

stehenden Zeit <strong>und</strong> Möglichkeiten<br />

versuche in der laufenden <strong>Saison</strong> meine<br />

Ziele umzusetzen. Hierbei möchte<br />

ich gleich erwähnen, dass ich nicht<br />

6 7


der Typ Einzelfischjäger bin, sondern<br />

mir immer Gewässer aussuche, <strong>die</strong><br />

zwar wenig me<strong>die</strong>npräsent sind, jedoch<br />

nicht <strong>die</strong> Chance auf große<br />

Karpfen offen lassen.<br />

Die Branchen der Tackle- <strong>und</strong> Baitindustrie<br />

sagen uns Anglern in der<br />

Werbung durch den Kauf ihrer Produkte<br />

werden wir erfolgreich sein.<br />

Das kann man aber etwas andersherum<br />

betrachten: Durch das Angebot<br />

haben wir Angler <strong>die</strong> freie Wahl<br />

an verschiedenen Produkten, <strong>die</strong> wir<br />

aus eigenen Stücken heraus <strong>und</strong> aus<br />

einem Gr<strong>und</strong> kaufen - mit der Absicht,<br />

dass <strong>die</strong> Artikel einen Zweck<br />

erfüllen. Und genau das <strong>ist</strong> der wichtigste<br />

Punkt zum Erfolgreich sein:<br />

Gute Planung, ob bei der Zusammenstellung<br />

des Futters oder des<br />

Angelgeräts. Ich kaufe mir Material<br />

nicht weil es neu auf dem Markt <strong>ist</strong>,<br />

sondern aus einem im Vorfeld geplanten<br />

Gr<strong>und</strong> - ich will damit bevorteilt<br />

sein. Vorteile kann man aber<br />

auch erlangen, indem man seine Beobachtungsgabe<br />

<strong>und</strong> eigenen Stärken<br />

nutzt.<br />

Wir können somit zwei verschiedene<br />

Vorteilsgruppen auseinanderhalten:<br />

Die materiellen Vorteile <strong>und</strong> <strong>die</strong> nicht<br />

materiellen Vorteile. Wie in der von<br />

mir gewählten Überschrift des Artikels<br />

erkennbar, steckt ein mathematischer<br />

Begriff im Wort “Summe”.<br />

Die Summe <strong>ist</strong> in erster Instanz damit<br />

beschrieben, dass sie das Ergebnis<br />

einer Addition abbildet. Ich beziehe<br />

8<br />

mich in meiner Überschrift auf <strong>die</strong><br />

Addition von Vorteilen. Der Vorteil <strong>ist</strong><br />

damit beschrieben einen Vorsprung<br />

gegenüber einer Person oder Personengruppe<br />

zu haben. Schaffen wir<br />

es <strong>die</strong> materiellen Vorteile <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

nichtmateriellen Vorteilen sinnvoll miteinander<br />

zu kombinieren, erhalten wir<br />

<strong>die</strong> maximale Summe der Vorteile<br />

<strong>und</strong> damit den höchsten Wert der<br />

Wahrscheinlichkeit auf Erfolg - unseren<br />

Erfolg beim Fischen - <strong>und</strong> damit<br />

<strong>die</strong> erfolgreiche Umsetzung der Planung.<br />

Vorteil: Vorfüttern!<br />

Zurück in <strong>die</strong> vergangene <strong>Saison</strong><br />

Ich lag wach auf meinem Bedchair,<br />

mein Zelt stand in den Weiten eines<br />

alten Eichen-Buchen-Mischwaldes in<br />

Frankreich. Die Gasheizung glühte<br />

<strong>und</strong> zischte leise, sie verbreitete eine<br />

angenehme Wärme. Buchen <strong>und</strong><br />

sommergrüne Eichenmischwälder,<br />

Querco-Fagetea, einmaliges Merkmal<br />

für Mitteleuropa <strong>und</strong> nirgendwo<br />

anders auf der Erde in <strong>die</strong>ser Form<br />

wiederzufinden. Wir zählten <strong>die</strong> erste<br />

Novemberwoche des Jahres 2009<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>Saison</strong> neigte sich ihrem absehbaren<br />

<strong>Ende</strong> entgegen. Tagsüber<br />

war mal näher, mal etwas entfernter,<br />

das Horn der Treibjagd zu hören.<br />

Doch jetzt war alles still, nur der Wind<br />

rüttelte manchmal an meiner Behausung.<br />

<strong>Es</strong> mischte sich ein leises<br />

Kriseln von Schnee unter das Geräusch<br />

herabfallender Blätter <strong>und</strong> das<br />

leise Tapsen <strong>und</strong> Rascheln einer kleinen<br />

Waldmaus war zu hören. Dem<br />

Kriseln nach waren es keine großen<br />

Flocken, nur ganz kleine Eiskr<strong>ist</strong>alle,<br />

<strong>die</strong> der Wind da vor sich hertrieb.<br />

Ich konnte nicht mehr schlafen, <strong>die</strong><br />

Nächte waren erbarmungslos lang<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Tage kurz - Schlafen stand<br />

auf der Tagesordnung. Meine Gedanken<br />

stürzten von einem Raum in<br />

den anderen, Räume waren Szenarien,<br />

Eindrücke, manches mischte<br />

sich. Angelerlebnisse mit Privatem<br />

<strong>und</strong> Privates mit Beruflichem.<br />

Ich dachte an <strong>die</strong> eine Nacht, sie war<br />

es, <strong>die</strong> <strong>die</strong>sen Urlaub prägen würde<br />

<strong>und</strong> ich dachte an <strong>die</strong> abgelaufene<br />

<strong>Saison</strong>. Ich hatte nicht viel Zeit zum<br />

Fischen, durch meine Selbstständigkeit<br />

stand mir kein Anspruch auf<br />

Urlaub zu. Machte ich Urlaub ver<strong>die</strong>nte<br />

ich kein Geld, also konnte<br />

ich maximal für ein verlängertes Wochenende<br />

über <strong>die</strong> Feiertage weg,<br />

der Rest beschränkte sich auf eine<br />

Nacht. Abends im Dunkeln raus, morgens<br />

beizeiten wieder nach Hause.<br />

Außer in <strong>die</strong>sem Urlaub, zwei Wochen<br />

zur besten Zeit an einem besonderen<br />

Gewässer. Wir hatten es<br />

im Sommer ausprobiert <strong>und</strong> wollten<br />

im Spätherbst zuschlagen. Ich war<br />

zufrieden mit den Ergebnissen, es<br />

war meine beste <strong>Saison</strong> überhaupt,<br />

zwar kein Hitparaden-Brecher dabei,<br />

aber auf <strong>die</strong> hatte ich auch nicht<br />

geangelt.<br />

Die Gedanken umkre<strong>ist</strong>en wieder<br />

das Erlebte, das <strong>die</strong>sen Urlaub im<br />

Nachhinein prägen würde:<br />

Wie hatte es gewettert! Die Welt<br />

schien unterzugehen, Sturm stand auf<br />

unser Ufer <strong>und</strong> der Regen wurde<br />

senkrecht in Wellen auf uns zu getragen.<br />

Die Urgewalten waren entfesselt<br />

<strong>und</strong> ich lag im Zelt <strong>und</strong> hoffte,<br />

<strong>die</strong> etwa 300 Jahre alte Eiche neben<br />

mir möge es noch einmal schaffen.<br />

3.30 Uhr, der Sturm schien seinem<br />

Höhepunkt entgegenzustreben, mehr<br />

ging nicht. Hatten wir <strong>die</strong> vergangen<br />

Tage mit dem ersten Temperatursturz<br />

des bevorstehenden Winters<br />

zu kämpfen, war es jetzt eher mild,<br />

aber umso ungemütlicher.<br />

Plötzlich spuckte meine Funkbox einen<br />

einzelnen Piepton aus, ich hoffte<br />

sie möge schweigen. Bei <strong>die</strong>sen<br />

Bedingungen das Zelt zu verlassen<br />

glich einem Albtraum. Erneut ein Piepton,<br />

dann immer mehr Pieper bis<br />

daraus kontinuierlich ein Run wurde.<br />

Raus aus dem Zelt, nein, zuerst rein<br />

in <strong>die</strong> Regenklamotten, Wathose an<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Kapuze über dem Kopf festgezurrt.<br />

Ich stürzte durch den Sturm<br />

zu Andis Zelt, riss <strong>die</strong> Eingangstüre<br />

auf <strong>und</strong> schrie hinein: “Biss, Andi,<br />

bitte kommst du, das schaffe ich nicht<br />

alleine.“ Andi erwachte, murmelte etwas<br />

von Wahnsinn <strong>und</strong> Weltuntergang,<br />

zog sich aber brav <strong>die</strong> Regenklamotten<br />

über.<br />

Vorteil: Futter!<br />

Andi <strong>ist</strong> der Angelkumpel in Perfektion,<br />

auf ihn <strong>ist</strong> immer Verlass! Ich rannte<br />

schon runter ans Wasser <strong>und</strong> mich<br />

erwartete <strong>die</strong> Hölle. Schaumgekrönte<br />

Gischt schlug mir entgegen, es reg-<br />

nete so stark, dass es sich anfühlte,<br />

als ob mir jemand einen Wasserschlauch<br />

ins Gesicht halten würde.<br />

Das Bananaboot war durch <strong>die</strong> hohen<br />

Wellen halbvoll gelaufen <strong>und</strong><br />

dümpelte schrägliegend am Ufer vor<br />

sich hin. Ich wate zu den bauchtief<br />

im Wasser stehenden Ruten.<br />

Die Wellen überrollten regelmäßig das<br />

gesamte Set-Up. Ein Swinger klemmte<br />

unter dem Blank, auf der Schnur<br />

war mächtig Zug. Ich kämpfte mich<br />

mit der Rute im Anschlag zurück<br />

zum Ufer <strong>und</strong> Andi leuchtete mich<br />

bereits an <strong>und</strong> machte sich an der<br />

schräg liegenden Banane zu schaffen.<br />

Ich rief in den Sturm, dass <strong>die</strong><br />

Banane wohl <strong>die</strong> falsche Wahl sei<br />

<strong>und</strong> schob das Schlauchboot aus<br />

seinem Parkplatz im Schilf in <strong>die</strong> Wellen.<br />

Wir hatten keine andere Wahl<br />

als das Schlauchboot zu nehmen <strong>und</strong><br />

den starken Außenborder zu starten.<br />

Nach kurzer Zeit auf dem Wasser<br />

wussten wir nicht mehr wo oben unten,<br />

hinten, vorne, rechts <strong>und</strong> links<br />

war. Stockdustere Nacht, Regen <strong>und</strong><br />

Sturm steuerten ihr übriges zur<br />

gänzlichen Verwirrung bei.<br />

Die vielen Wassertropfen auf meiner<br />

Brille brachen das Licht der Kopflampe<br />

in viele blendende Strahlen.<br />

Ich lenkte das Boot <strong>und</strong> kurbelte <strong>die</strong><br />

Schnur auf, anders ging es nicht. Ich<br />

folgte nur der massiven Zugrichtung<br />

des Karpfens. Das große Boot rumpelte<br />

über <strong>die</strong> Wellen, ein waghalsiges<br />

Unterfangen. Wasser spritzte<br />

<strong>Carp</strong> <strong>Mirror</strong><br />

über <strong>die</strong> Bugwand, doch <strong>die</strong> Spule<br />

füllte sich kontinuierlich. <strong>Es</strong> waren<br />

ca. 400 Meter bis zum Platz an dem<br />

der Karpfen angebissen hatte. Andi<br />

machte den Kescher bereit, denn uns<br />

würde nicht viel Zeit bleiben den Fisch<br />

zu keschern, wir waren Spielball der<br />

Urkräfte.<br />

Endlich erreichten wir das Ziel, der<br />

Fisch lag an der Oberfläche <strong>und</strong><br />

tauchte nur ab <strong>und</strong> an in den hohen<br />

Wellen unter, <strong>die</strong> ihn überrollen. Ich<br />

nahm Kurs auf den Fisch, gab kräftig<br />

Gas <strong>und</strong> Andi schöpfte ihn mit<br />

dem Kescher, wie man versucht einen<br />

Boilie aus dem brodelnden Wassertopf<br />

zu fischen. M<strong>ist</strong>, wir waren<br />

vorbei, der Karpfen befand sich nicht<br />

im Kescher. Ich wendete das Boot,<br />

kurbelte Schnur auf, nächster Versuch<br />

- es klappte.<br />

Wir wollten nur noch an Land, wo<br />

wir uns befanden wussten wir nicht.<br />

Das Positionslicht am Ufer war nicht<br />

zu sehen <strong>und</strong> wir kannten ja nicht einmal<br />

<strong>die</strong> Richtung in der wir suchen<br />

mussten.<br />

Ich dachte an <strong>die</strong> Stürme auf dem<br />

Neusiedler See, wenn <strong>die</strong> Wellen bis<br />

zum Gr<strong>und</strong> reichen - Gr<strong>und</strong>see, sehr<br />

gefährlich <strong>und</strong> tödlich für jedes Wasserfahrzeug<br />

<strong>und</strong> deren Insassen.<br />

Aber wir hatten ja über zwei Meter<br />

Wasser unter uns, das sollte reichen.<br />

In Anbetracht der Situation gingen<br />

mir <strong>die</strong> wildesten Sachen durch den<br />

Kopf. <strong>Es</strong> half nur eins, GPS anmachen<br />

<strong>und</strong> der Richtung folgen. <strong>Es</strong><br />

9<br />

Text & Fotos: Jan Brauns


funktionierte, wir fanden zurück ans<br />

Ufer - aber ohne den kräftigen Motor<br />

wären wir sonstwo gestrandet.<br />

Zurück im Camp versorgten wir den<br />

Fisch, schauten uns ungläubig an,<br />

zum einen wegen der Größe des<br />

Karpfens, zum anderen beeindruckt<br />

von dem, im wahrsten Sinne des Wortes,<br />

gemeinsam Überlebten. Wir verabschiedeten<br />

uns, <strong>die</strong>se Rute blieb<br />

zunächst an Land! Etwas später, der<br />

gleiche Vorgang derselbe Wahnsinn.<br />

Zwei Fische, beide <strong>die</strong> Größten des<br />

Trips.<br />

Das war vor wenigen Tagen, das<br />

jetzt spielt sich im Zelt ab, indem ich<br />

wach auf meinem Bed-Chair liege<br />

<strong>und</strong> <strong>die</strong> Gedanken strömen lasse. Ich<br />

grinse glücklich vor mich hin, denn<br />

auch in <strong>die</strong>sem Urlaub nimmt <strong>die</strong><br />

maximale Summe der Vorteile nach<br />

<strong>und</strong> nach Gestalt an.<br />

Vorteil: Köderpräsentation - fällt<br />

unter Futter!!<br />

Die Summe der Vorteile<br />

Um sich der Sache etwas gezielter<br />

zu nähern, definiere ich einige Vorteile<br />

als gegebene Randbedingungen.<br />

Sicher kann man <strong>die</strong> Variablen<br />

verfeinern oder verschieben.<br />

Mögliche, von mir gewählte Vorteile/<br />

Variablen bezogen auf ein Gewässer.<br />

Die Aufzählung <strong>ist</strong> nicht absichtlich<br />

in <strong>die</strong>ser Reihenfolge sondern<br />

zunächst von oben nach unten frei<br />

verschiebbar:<br />

• Angelstelle<br />

• Futter <strong>und</strong> Köderzusammenstellung<br />

• Zur Verfügung stehendes Material<br />

• Wetterlage<br />

• Jahreszeit<br />

• Anfüttern<br />

Alle Vorteile gelten als genutzt, wenn<br />

<strong>die</strong> sechs genannten alle auf <strong>die</strong><br />

richtige Situation abgestimmt sind.<br />

10<br />

In machen Situationen sind zwar <strong>die</strong><br />

sechs Vorteile möglich, es können<br />

aber unter Umständen (Gesetzesauflagen,<br />

Beschränkungen, etc.) nicht<br />

alle genutzt werden. Dann gilt der<br />

Angler als bevorteilt, der <strong>die</strong> me<strong>ist</strong>en<br />

möglichen Vorteile nutzt.<br />

Definition der Vorteile / Variablen<br />

Angelstelle:<br />

Jede Angelstelle <strong>ist</strong> nicht zu jeder<br />

Zeit gleich ergiebig. Abhängig von der<br />

Jahreszeit, dem Befischungsdruck<br />

<strong>und</strong> dem Wetter gibt es Zeitnischen<br />

in der sie aber besonders gut <strong>ist</strong>.<br />

Der Angler der eine <strong>die</strong>ser ihm bekannten<br />

Zeitnischen wählt hat den<br />

Vorteil. Gute Gewässerkenntnis <strong>ist</strong><br />

wichtig.<br />

Futter & Köderzusammenstellung:<br />

An einem See <strong>ist</strong> eine Sorte Futter<br />

sehr beliebt. Möglicherweise fischt der<br />

Testfischer einer Futterfirma am See<br />

besonders erfolgreich damit. Die Mi-<br />

schung <strong>ist</strong> aber verkäuflich <strong>und</strong> den<br />

anderen Anglern in der Konsequenz<br />

somit auch frei zugänglich. Da Karpfen<br />

Gewohnheitstiere sind, wir kennen<br />

das vom Anfüttern wie leicht sich<br />

<strong>die</strong> Fische an einen Platz gewöhnen<br />

lassen, gilt es jetzt eine ähnliche Mi-<br />

schung zu verwenden, <strong>die</strong> sich aber<br />

erkennbar von der von allen verwendeten<br />

unterscheidet. Die Unterscheidung<br />

<strong>ist</strong> wichtig, da <strong>die</strong> Karpfen das<br />

von allen gefütterte Futter natürlich<br />

kennen, aber auch stetig eine Scheu<br />

dagegen entwickeln, da sie damit<br />

schon öfter gefangen wurden – mehr<br />

Scheu als gegen ein Futter das sich<br />

erkennbar unterscheidet.<br />

Wir haben in der vergangenen <strong>Saison</strong><br />

einen Stoff entwickelt, der das<br />

Ei im Boilie ersetzt <strong>und</strong> zusätzlich ein<br />

hohes Maß an tierischen Proteinen<br />

liefert. Der Stoff <strong>ist</strong> unter dem Produktnamen<br />

Nyco-Meth 2000 erhältlich<br />

<strong>und</strong> ich bin wirklich von den vie-<br />

len Möglichkeiten beeindruckt, <strong>die</strong> der<br />

Stoff in der Boilieherstellung bietet.<br />

Ich bin sicher, dass derselbe Boilie<br />

ohne Ei produziert schon einen für<br />

den Karpfen erkennbaren Unterschied<br />

ausmacht. Der Angler der solch ein<br />

Futter verwendet oder selber herstellt,<br />

hat <strong>die</strong> Sachlage erkannt <strong>und</strong><br />

den Vorteil für sich genutzt. Ein gewisser<br />

Grad an Experimentierfreude<br />

mit Futter <strong>ist</strong> nötig. Zusätzlich <strong>ist</strong> es<br />

wichtig zu wissen welches Futter<br />

gerade „In“ am See <strong>ist</strong>.<br />

Zur Verfügung stehendes Material:<br />

Manche Situationen erfordern spezielles<br />

Material. Me<strong>ist</strong>ens <strong>ist</strong> solch<br />

ein Material an Gewässern wichtig,<br />

an denen kein Boot eingesetzt werden<br />

darf. Die Karpfen haben es me<strong>ist</strong>ens<br />

sehr schnell erkannt, an welchen<br />

Stellen <strong>und</strong> in welchen Entfernungen<br />

ihnen <strong>die</strong> me<strong>ist</strong>e Gefahr droht.<br />

Schafft es ein Angler nur 20 Meter<br />

weiter zu werfen als <strong>die</strong> anderen,<br />

hat er einen Vorteil. Die Karpfen<br />

fressen in <strong>die</strong>ser Entfernung mit weniger<br />

Scheu <strong>und</strong> nähern sich den<br />

Futterstellen me<strong>ist</strong> auch aus <strong>die</strong>ser<br />

Richtung. Besondere Entfernungen<br />

sind mit speziellen Ruten machbar,<br />

<strong>die</strong> ein sehr hohes Wurfgewicht vertragen.<br />

Auch Futterboote bieten in<br />

<strong>die</strong>sen Situationen einen Vorteil.<br />

Angeln dann aber wieder alle auf<br />

maximaler D<strong>ist</strong>anz rückt der Uferbe-<br />

Vorteil: Wetter!<br />

<strong>Carp</strong> <strong>Mirror</strong><br />

reich wieder in den Fokus, für den<br />

kein besonderes Material wichtig <strong>ist</strong>.<br />

Ein guter Blick für <strong>die</strong> Situation <strong>ist</strong><br />

das A <strong>und</strong> O.<br />

Die Wetterlage:<br />

<strong>Es</strong> gibt Wetterlagen <strong>die</strong> sind einfach<br />

mit Fanggarantie verb<strong>und</strong>en. Starker<br />

warmer Wind im Frühjahr, ein kräftiges<br />

Gewitter im Sommer oder <strong>die</strong>


erste längere Kältewelle mit Nachtfrost<br />

im Spätherbst, gefolgt von warmem<br />

Regen <strong>und</strong> Wind. Ganz klar <strong>ist</strong><br />

es hier der Angler der es erkennen<br />

muss, welcher Seebereich der richtige<br />

<strong>ist</strong> <strong>und</strong> wie er <strong>die</strong> jeweilige<br />

Wetterlage zu seinem Vorteil macht.<br />

Die Jahreszeit:<br />

Die Jahreszeit <strong>ist</strong> ein entscheidender<br />

Parameter, der eng an den Vorteil<br />

Angelstelle geknüpft <strong>ist</strong>. Halten sich<br />

<strong>die</strong> Karpfen im zeitigen Frühjahr oft<br />

Tag <strong>und</strong> Nacht in den sonnenzugewanden<br />

flachen Bereichen auf, verteilen<br />

sie ihre Fress-Routen im Sommer<br />

<strong>und</strong> Herbst auf den ganzen See.<br />

Dann <strong>ist</strong> es extrem wichtig strategisch<br />

so zu angeln, dass man möglichst<br />

auf <strong>die</strong> Zugrouten der Fische<br />

kommt. Me<strong>ist</strong>ens halten sich <strong>die</strong><br />

Karpfen dann in einer geschützten<br />

Bucht auf <strong>und</strong> beginnen mit hereinbrechender<br />

Dunkelheit auf Reisen<br />

zugehen. Jetzt sollte der Platz so gewählt<br />

werden dass man möglichst<br />

nahe an den Ausgangspunkt der<br />

Karpfen herankommt.<br />

Das Anfüttern:<br />

Der Vorteil überhaupt <strong>und</strong> fast soviel<br />

wert wie alle restlichen Vorteile<br />

zusammen. Das Anfüttern <strong>ist</strong> wahrscheinlich<br />

nur im Frühjahr von einem<br />

leuchtenden Pop-up vor der<br />

Schilfkante zu schlagen, an der sich<br />

<strong>die</strong> Karpfen sammeln. An manchen<br />

Gewässern <strong>ist</strong> das Vorfüttern nicht<br />

erlaubt, da wo es aber erlaubt <strong>und</strong><br />

möglich <strong>ist</strong>, sollte der Vorteil unbedingt<br />

genutzt werden.<br />

In der Regel <strong>ist</strong> es effektiver mehr Zeit<br />

mit dem Beobachten des Gewässers,<br />

12<br />

der anderen Angler, dem Anfüttern<br />

<strong>und</strong> der Vorbereitung zu verbringen<br />

als mit dem eigentlichen Ansitz. <strong>Es</strong><br />

<strong>ist</strong> nicht <strong>die</strong> Rede davon Unmengen<br />

von Futter in das Gewässer einzubringen,<br />

ein Kilo Boilies <strong>und</strong> zwei<br />

drei Ballen Gro<strong>und</strong>bait sind oftmals<br />

vollkommen ausreichend. Dann lieber<br />

strategisch den Platz ausgesucht<br />

<strong>und</strong> zielgerichtet vorgefüttert, als ins<br />

Blaue gefischt <strong>und</strong> womöglich wertvolle<br />

Zeit verschenkt. Anfüttern <strong>ist</strong><br />

eine reine Fleißaufgabe, <strong>die</strong> pro Einsatz<br />

nur einmal gute Location voraussetzt.<br />

Von Angler A bis Angler D:<br />

In Tabelle eins wurden <strong>die</strong> genutzten<br />

Vorteile von vier Anglern miteinander<br />

verglichen. Angler “A” nutzt in<br />

der Summe vier der sechs möglichen<br />

Vorteile. Er hat <strong>die</strong> Angelstelle<br />

der Wetterlage angepasst, <strong>die</strong>se angefüttert<br />

<strong>und</strong> ein durchdachtes Futter<br />

gewählt. Die Jahreszeit <strong>und</strong> das<br />

Material hat er nicht beachtet.<br />

Angler “B” hat in der Summe drei der<br />

sechs möglichen Vorteile genutzt. Er<br />

hat <strong>die</strong> Angelstelle der Jahreszeit angepasst<br />

<strong>und</strong> ein Material gewählt, um<br />

<strong>die</strong> nötige Entfernung zu erreichen.<br />

Er hat sich aber keine Gedanken zum<br />

Futter gemacht, nicht vorgefüttert <strong>und</strong><br />

das Wetter außer Betracht gelassen.<br />

Angler “C” hat alle der sechs möglichen<br />

Vorteile für sich genutzt. Er hat<br />

<strong>die</strong> Angelstelle der Wetterlage <strong>und</strong><br />

der Jahreszeit angepasst, sein Futter<br />

optimiert, vorgefüttert <strong>und</strong> das<br />

nötige Material gewählt.<br />

Angler “D” hingegen hat nur einen<br />

der sechs Vorteile genutzt <strong>und</strong> besonderes<br />

Material mitgebracht.<br />

Möglicher Vergleich von vier Anglern am selben Gewässer<br />

Tabelle 1: Vier Angler im Vergleich <strong>die</strong> Ihre Vorteile unterschiedlich nutzen<br />

Vorteil Angelstelle Futter Material Wetterlage Jahreszeit Anfüttern<br />

Angler A x x x x<br />

Angler B x x x<br />

Angler C x x x x x x<br />

Angler D x<br />

Tabelle 2: Auswertung der Tabelle 1<br />

Angler Summe der genutzten Vorteile<br />

Angler A 4<br />

Angler B 3<br />

Angler C 6<br />

Angler D 1<br />

In der Auswertung in Tabelle zwei<br />

kann man jetzt <strong>die</strong> höchste Summe<br />

der Vorteile als am me<strong>ist</strong>en erfolgsversprechend<br />

einstufen. Würde man<br />

<strong>die</strong> Menge der gefangenen Fische<br />

mit der Summe der Vorteile gleichsetzen,<br />

könnte es beispielsweise sein,<br />

dass Angler “A” vier Karpfen gefangen<br />

hat, Angler “B” drei Karpfen, Angler<br />

“C” sechs Karpfen <strong>und</strong> Angler “D”<br />

nur einen Karpfen.<br />

Der erfolgreichste, bezogen auf <strong>die</strong><br />

Anzahl der Karpfen im selben Zeitraum,<br />

war Angler “C”. Wer aber von<br />

den vier Anglern den schwersten<br />

Karpfen gefangen hat, das <strong>ist</strong> unklar.<br />

Trotzdem <strong>ist</strong> es am wahrscheinlichsten,<br />

dass Angler C bei konsequenter<br />

Nutzung aller möglichen Vorteile<br />

im Laufe der <strong>Saison</strong>, den gewünschten<br />

Erfolg bezüglich Masse <strong>und</strong> auch<br />

der Fischgröße haben wird.<br />

Die weiße<br />

Farbe lockt<br />

immer!<br />

Alles nur graue Theorie oder was?<br />

Ist das Ganze viel zu mathematisch<br />

oder theoretisch betrachtet mag man<br />

sich jetzt bestimmt fragen. Hält sich<br />

<strong>die</strong> Natur überhaupt an solche uns<br />

Menschen logisch erscheinenden Gesetzte?<br />

Ich habe mir lange Gedanken zu dem<br />

Thema gemacht <strong>und</strong> viele erfolgreiche<br />

Angler beobachtet oder mich<br />

mit ihnen darüber unterhalten. Das<br />

auch um <strong>die</strong> möglichen Vorteile überhaupt<br />

erst definieren zu können. Das<br />

Ergebnis war immer gleich: Die definierten<br />

Vorteile wurden von allen Anglern<br />

genannt. Allerdings scheinen mache<br />

Vorteile höher gewichtet zu sein<br />

als andere. Beispielsweise wurde den<br />

Vorteilen Futter in Kombination mit<br />

Vorgefüttert eine höhere Gewichtung<br />

gegeben als dem Vorteil Material kombiniert<br />

mit Vorgefüttert aber ohne<br />

Beachtung des richtigen Futters.<br />

Der wichtigste Faktor <strong>ist</strong> ganz klar<br />

immer der Angler selbst <strong>und</strong> was er<br />

aus welcher Situation macht oder<br />

machen möchte.<br />

Sicher sind manchem <strong>die</strong> Vorbereitungen<br />

zu viel, <strong>die</strong> zum Erreichen aller<br />

Vorteile nötig sind <strong>und</strong> es macht<br />

auch Spaß, einfach mal nur raus ans<br />

Wasser zu gehen, um abschalten<br />

zu können. Keine Sorge, ich nutze<br />

nicht immer alle Vorteile, habe Spaß<br />

an einem Steak <strong>und</strong> einem kalten<br />

Bier in guter Gesellschaft. Dann<br />

schaue ich aber nicht neidisch auf<br />

den Ang-ler am See, der womöglich<br />

nach gu-ter Vorbereitung <strong>die</strong> maxi-<br />

male Sum-me der Vorteile für sich<br />

genutzt hat <strong>und</strong> seinen Traumfang in<br />

<strong>die</strong> Kamera hält.<br />

Abschließend möchte ich noch <strong>die</strong><br />

Faktoren “Glück” <strong>und</strong> “Watercraft” betrachten.<br />

Einigen Anglern wird es immer<br />

wieder nachgesagt besonderes<br />

Glück zu haben oder <strong>die</strong>ses gar für<br />

sich gepachtet zu haben. Ich denke<br />

dass <strong>die</strong>se Personen in der jeweiligen<br />

Situation einfach intuitiv alles richtig<br />

machen. Manchmal kann das<br />

schon eine blindlings ausgeworfene<br />

Rute sein, <strong>die</strong> aber genau richtig ge-<br />

<strong>Carp</strong> <strong>Mirror</strong><br />

legen hat. Das <strong>ist</strong> dann echter Zufall.<br />

Wer kennt sie nicht <strong>die</strong> Situation<br />

in der ein Neuling das erste Mal mit<br />

ans Wasser geschleift wird. Oftmals<br />

wird er dann so neben dem Könner<br />

platziert, dass er dem Me<strong>ist</strong>er ja nicht<br />

in <strong>die</strong> Quere kommt. Tja, der Neuling<br />

wirft dann seine Ruten planlos<br />

ins Nirgendwo - aber damit just in<br />

eine Region, in der sonst kaum geangelt<br />

wird. Bingo!<br />

Allerdings <strong>ist</strong> das Glück immer nur<br />

beim tüchtigen Dauergast <strong>und</strong> der<br />

Tüchtige verlässt sich auf <strong>die</strong> Summe<br />

der Vorteile.<br />

Mit der “Watercraft” verhält es sich<br />

ganz ähnlich wie mit dem Glück.<br />

Watercraft besitzen Personen, <strong>die</strong><br />

wissen wie sie <strong>die</strong> Summe aus den<br />

Vorteilen zu bilden haben. Auch <strong>die</strong>se<br />

Personen handeln stark intuitiv.<br />

Sie fühlen sich am Gewässer automatisch<br />

zum richtigen Platz hingezogen<br />

- was eine gute Beobachtungsgabe<br />

voraussetzt.<br />

Die Beobachtungsgabe steckt jedoch<br />

auch schon in den genannten<br />

Vorteilen mit drin.<br />

Euch allen wünsche ich einen guten<br />

Start in <strong>die</strong> frische <strong>Saison</strong> 2010<br />

Jan Brauns<br />

www.naturebaits.de<br />

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