Überblick! - Hamburger Kammerspiele
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<strong>Hamburger</strong> <strong>Kammerspiele</strong> !<br />
Ausblicke auf die Spielzeit<br />
2011 / 2012
<strong>Überblick</strong>!<br />
Mahler – Der Teufel tanzt mit mir<br />
von Mathias Christian Kosel<br />
Mit<br />
Markus Boysen, Feline Knabe und Mathias Christian Kosel am Flügel<br />
Wiederaufnahme 2. September 2011<br />
Das Interview<br />
nach dem Film von Theo van Gogh und dem Drehbuch von Theodor Holman<br />
Regie: Henning Bock<br />
Mit<br />
Sonia Hausséguy, Werner Wölbern<br />
Wiederaufnahme 7. September 2011<br />
Seine Braut war das Meer und sie umschlang ihn<br />
von Andreas Marber<br />
Regie: Martin Maria Blau<br />
Mit<br />
Nina Petri und Jens-Karsten Stoll am Klavier<br />
Premiere 11. September 2011<br />
Enron<br />
von Lucy Prebble<br />
Regie: Ralph Bridle<br />
Mit<br />
Marlène Meyer-Dunker, Katrin Gerken, Elena Meißner, Markus Mössmer,<br />
Harald Maack, Matthias Pantel, Martin Semmelrogge, Nicki von Tempelhoff<br />
Robin Sarimski, Philippos Zdoupas,<br />
Wiederaufnahme 14. September 2011
Das kunstseidene Mädchen<br />
von Irmgard Keun<br />
Bühnenfassung von Gottfried Greiffenhagen<br />
Regie: Kai Wessel<br />
Mit<br />
Pheline Roggan<br />
Premiere 6. Oktober 2011<br />
Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm<br />
von Theresia Walser<br />
Regie: Michael Bogdanov<br />
Ausstattung: Ulrike Engelbrecht<br />
Mit<br />
Peter Bause, Kristian Bader u.a.<br />
Premiere 14. Oktober 2011<br />
Zur Mittagsstunde<br />
von Neil LaBute<br />
(The Break of Noon)<br />
Deutsch von Frank Heibert<br />
Regie: Jens Pesel<br />
Mit<br />
Marcus Bluhm u.a.<br />
Premiere 30. Oktober 2011<br />
Potilla und der Mützendieb<br />
von Cornelia Funke<br />
Regie: Franz-Joseph Dieken<br />
Premiere 30. November 2011<br />
Männerbeschaffungsmaßnahmen<br />
von Dietmar Loeffler<br />
Regie: Dietmar Loeffler<br />
Mit<br />
Mit Tommaso Cacciapuoti, Dietmar Loeffler, Meike Kircher, Ulla Meinecke,<br />
Susanne Pollmeier Jasmin Wagner,<br />
Wiederaufnahme 1. Dezember 2011
End of the Rainbow – Judy Garland - Ein Leben am Limit<br />
von Peter Quilter<br />
Regie: Martin Maria Blau<br />
Musikalische Leitung Jan-Peter Klöpfel mit der NDR Bigband<br />
Mit<br />
Marion Martienzen, Thomas Borchert, Gunnar Titzmann<br />
Wiederaufnahme 13. Dezember 2011<br />
Elling<br />
von Axel Hellstenius<br />
nach dem Roman „Blutsbrüder“ von Ingvar Ambjörnsen<br />
Regie: Michael Bogdanov<br />
Mit<br />
Boris Aljinovic, Peter Theiss, Imke Trommler, Hans-Jörg Frey<br />
Wiederaufnahme 23. Dezember 2011<br />
Vier Männer im Nebel<br />
(Neville’s Island)<br />
von Tim Firth<br />
Deutsch von Heidi Zernig<br />
Regie: Michael Bogdanov<br />
Ausstattung: Sean Crowley<br />
Mit<br />
Boris Aljinovic, Stephan Benson, Roland Renner, Peter Theiss<br />
Premiere 15. Januar 2012<br />
Frost/Nixon<br />
von Peter Morgan<br />
Regie: Michael Bogdanov<br />
Mit<br />
Michael Ehnert, Jennifer Ehnert, Thomas B. Hoffmann, Johnny Müller,<br />
Roland Renner, Hans Schernthaner, Markus Stolberg, Volker Lechtenbrink<br />
Wiederaufnahme 8. Februar 2012
Otto Sander<br />
Ich bin etwas schief ins Leben gebaut<br />
Ein Ringelnatz Abend<br />
Johannes Rohloff am Piano und an der Phono Viola<br />
Lesung 13. Februar 2012<br />
Der Heiler<br />
von Oliver Bukowski<br />
Regie: Piet Drescher<br />
Mit<br />
Jörg Gudzuhn<br />
Premiere 27. März 2012<br />
Ein Gastspiel vom Deutschen Theater Berlin<br />
Blinddate (Titel noch unbekannt)<br />
von Ingrid Lausund<br />
Regie: Ingrid Lausund<br />
Mit<br />
Ein Stück für 5 Schauspieler<br />
Premiere 29. April 2012
Inhalt!
Mahler – Der Teufel tanzt mit mir<br />
von Mathias Christian Kosel<br />
Mit<br />
Markus Boysen, Feline Knabe und Mathias Christian Kosel am Flügel<br />
„Der Teufel tanzt mit mir“, so sagt Gustav Mahler.<br />
Wiederaufnahme 2. September 2011<br />
„Und da stand er nun: bleich, mager, klein von Gestalt, Furchen des Leidens und des Humors im<br />
Antlitz. Gustav Mahler erschien mir als Genie und Dämon“, so beschrieb ihn der <strong>Hamburger</strong><br />
Dirigenten-Freund Bruno Walter.<br />
Mahlers Wandertagebuch sowie die Briefwechsel mit Freunden und mit seinen Frauen, Anna und<br />
Alma, verraten viel über Mahlers zerrissenes Leben. Spannend ist, dass sich seine Erlebnisse in<br />
seiner Musik spiegeln. Sein Ausgesetzt-Sein in die Welt zwischen Himmel, Erde und Hölle, das war<br />
der Motor seiner musikalischen Schaffenskraft.<br />
Der Autor und Musiker Mathias Christian Kosel hat ein sehr persönliches Portrait über den Ausnahme<br />
Musiker, der sich zeitlebens zwischen Genie und Wahnsinn befand, gestaltet. Die drei Künstler<br />
Markus Boysen, Mezzosopranistin Feline Knabe und Mathias Kosel am Flügel begleiten Gustav<br />
Mahler bei seinen wichtigsten Stationen von Hamburg nach Wien und New York; bis in seine innere<br />
Einsamkeit.<br />
„Mahler – der Teufel tanzt mit mir“ ist ein Abend voller intellektueller Kraft, großer Emotion und<br />
Mahlers wunderbar eindringlicher Musik seiner Lieder und Symphonien.
Das Interview<br />
nach dem Film von Theo van Gogh und dem Drehbuch von Theodor Holman<br />
Regie: Henning Bock<br />
Mit<br />
Sonia Hausséguy, Werner Wölbern<br />
Wiederaufnahme 7. September 2011<br />
DAS INTERVIEW ist auch der vorletzte Film des 2004 ermordeten holländischen Regisseurs<br />
Theo van Gogh. Ein großartiges Kammerspiel, eine Frage- und Antwort-Spiel um Sein und<br />
Schein, um Wahrheit und Lüge.<br />
Der Politredakteur Pierre Peters ist stocksauer. Das Kabinett droht zurückzutreten und er wird von der<br />
Chefredaktion seiner Zeitung zum Fernsehstar Katja Schurman geschickt, um ein Interview zu<br />
machen.<br />
Pierre: Weißt du, wer Katja ist? Katja hat die schönsten Titten der Welt. Das<br />
Kabinett tritt zurück und ich darf zwei Titten interviewen, die keinen geraden<br />
Satz rausbringen!<br />
Pierre hat keine Fragen vorbereitet. Die attraktive Blondine, die wegen ihres lockeren Liebeslebens<br />
und ihrer Silikonbrüste Lieblingsopfer der Boulevardpresse ist, fühlt sich von Pierre nicht<br />
wahrgenommen.<br />
Katja: Ich glaube, dass du nach diesem Abend ein anderer bist.<br />
Bald wird aus dem verunglückten Interview ein psychologisches Duell, bei dem immer wieder einer<br />
der beiden Kontrahenten Oberhand gewinnt. Das „Silikonhirn mit den Silikontitten“ entpuppt sich als<br />
äußerst eloquente und geschickte Gesprächspartnerin des ehemaligen Kriegsberichterstatters, der<br />
früher direkt von den Brandherden der Welt berichtete. Sie sprechen über Verletzungen,<br />
Verletzbarkeiten und sie verletzen einander...<br />
Pierre: Was macht Männer attraktiv?<br />
Katja: Eine Narbe.<br />
Pierre: Warum?<br />
Katja: Weil die meisten Frauen auch eine haben.<br />
Pierre: Wo?<br />
Katja: Auf der Seele. Narben erkennen einander.<br />
Ein Schaukampf zweier unterschätzter, ebenbürtiger Kämpfernaturen beginnt. Katja interviewt Pierre<br />
und Pierre interviewt Katja. Dabei werden alle Register gezogen und die Gesprächsstrategien<br />
wechseln ständig:<br />
Fangfragen, Verstellungen, Gefühlsausbrüche, Provokation, Mitleid, Beichten und Lügen. Eine<br />
prickelnde erotische Spannung baut sich zwischen Katja und Pierre auf,...<br />
Als sie beginnen, Geheimnisse aufzudecken und zu verraten, mündet das gefährliche Spiel um<br />
Wahrheit und Lüge in ein fatales Showdown. Die Grenze zwischen Fiktion und Wirklichkeit sind für<br />
Katja und Pierre, die beide in ganz unterschiedlichen Bereichen der Medienlandschaft arbeiten,<br />
verschwommen.<br />
Das INTERVIEW entwirft ein Szenario, aus dem nur einer siegreich hervorgehen kann ….
Seine Braut war das Meer und sie umschlang ihn<br />
von Andreas Marber<br />
Regie: Martin Maria Blau<br />
Mit<br />
Nina Petri und Jens-Karsten Stoll am Klavier<br />
Premiere 11. September 2011<br />
„Ich bin alles, Sehnsucht, Erfüllung, Mord und Totschlag, Rausch und Ernüchterung,<br />
alles ist in mir, Glück und Gewalt, Gewitter und Unterschlupf.“<br />
Sein Geburtstag ist zufällig auch sein Todestag. An diesem Tag hat man ihn ans Meer verloren. Die<br />
Frau begeht jedes Jahr feierlich mit einer Flasche Sekt den Gedenktag ihres Mannes, der Kapitän auf<br />
einem Schiff und die große Liebe ihres Lebens war. Jedes Jahr resümiert sie ihre Gefühle zu diesem<br />
Mann, der meist fern von ihr auf hoher See war und sie alleine ließ mit all den Gedanken, die wie das<br />
Meer, mal verführerisch leicht und voller Leidenschaft waren, mal schäumend, stürmisch wütend.<br />
Früher war dieser Mann auf Kreuzfahrtschiffen, doch konnte er die gierigen und liebestollen Blicke der<br />
Frauen bei den Kapitänsdinnern nicht mehr ertragen und ist auf Frachtschiffe umgestiegen. Es war<br />
seine Idee. Sie hat ihn nicht dazu gezwungen, obwohl ihre Freundin Ines zu ihr sagte, dass er ein<br />
Verhältnis habe. Nein. Es gab zwar keinen Grund, doch konnte sie ihre Eifersucht nicht abstellen, die<br />
wie ein Surfer gefährlich auf dem Kamm einer 20 Meter hohen Welle reitet und dann im Tube so<br />
manchen Abgrund ausspeit. Auf diesen gefährlichen Ritt nimmt sie genussvoll den Zuschauer mit, auf<br />
ihre Seereise, einer Kreuzfahrt zwischen deftigen Seemannsliedern und den Erinnerungen einer<br />
Kapitänsbraut. Hatte der Mann Verhältnisse? Hat ihn das Meer wirklich verschlungen? Oder war am<br />
Ende alles nur Seemannsgarn?<br />
Sie sagt: „Die Sache mit dem Frachtschiff … ist nicht ganz richtig. Er hatte zwar vor zu wechseln,<br />
von Kreuzfahrt auf Frachter, aber sein Tod kam … ihm dazwischen, plötzlich und<br />
unerwartet… Ich bin nicht naiv. Er war, was mir ja in gewissem Sinne recht war, auch nur ein<br />
Mann. Prösterchen.“<br />
NINA PETRI ist für die Vielseitigkeit ihrer Rollen bekannt. In Filmen wie Lola rennt und Bin ich schön?<br />
zeigte sie ihre Bandbreite – für beide Rollen bekam sie den deutschen Filmpreis. Ebenfalls glänzte sie<br />
in der Verfilmung des Psychodramas Nachts, wenn der Tag beginnt. Im Altonaer Theater war sie<br />
bereits an der Seite von Peter Franke in Kleiner Mann – was nun von Hans Fallada und als „Dolores“<br />
zu sehen? Diesmal wird sich die <strong>Hamburger</strong> Frohnatur und leidenschaftliche Tänzerin als derbpolternde<br />
Matrone in Seine Braut war das Meer und sie umschlang ihn über die Bühne singen und<br />
schunkeln.
Enron<br />
von Lucy Prebble<br />
Regie: Ralph Bridle<br />
Mit<br />
Martin Semmelrogge, Nicki von Tempelhoff, Marlène Meyer-Dunker, Elena Meißner,<br />
Katrin Gerken, Markus Mössmer, Matthias Pantel, Harald Maack<br />
Gier ist geil?<br />
Wiederaufnahme 14. September 2011<br />
Es geht um eine Milliarden Dollar Pleite, die der amerikanische Energiegigant Enron 2001 hinlegte.<br />
Verursacht durch durchgeknallte Manager, die munter Bilanzen frisierten und Kohle verzockten bis<br />
nichts mehr da war, außer natürlich die ein oder andere Million für die eigene Tasche. Mitarbeiter –<br />
Enron beschäftigte ca. 22000 Menschen – sowie Anleger standen vor dem Ruin. Aber, Schwamm<br />
drüber – nach ein paar Schrecksekunden ist alles wieder so wie vorher und der brave Bürger wartet<br />
ohnmächtig auf die nächsten Schlagzeilen der irrealen Welt der Global-Player.<br />
Die junge Autorin Lucy Prebble hat am Beispiel des Enron Finanzskandals einen höchst spannenden<br />
Wirtschaftskrimi aus einer Mischung aus Kabarett und Satire, Reality Show und Börsenhokuspokus<br />
geschrieben, in dem sie auch Ross und Reiter nennt und somit die Machenschaften der<br />
Hauptdarsteller der Machtzentralen und die kranke Welt des Laisser-faire- Kapitalismus bloßlegt.<br />
Enron ist eine Metapher geworden für negative Entwicklungen im System – von<br />
Wahlkampffinanzierungen, Verflechtung von Wirtschaft und Politik, Interessenkonflikten und Versagen<br />
der Kontrolle“, meint eine Kommentatorin des „Time“-Magazins.
Das kunstseidene Mädchen<br />
von Irmgard Keun<br />
Bühnenfassung von Gottfried Greiffenhagen<br />
Regie: Kai Wessel<br />
Mit<br />
Pheline Roggan<br />
Premiere 6. Oktober 2011<br />
Wollen Sie wissen, was ein Glanz ist?<br />
„Ein Glanz ist - also es gibt Mädchen, die sind eklig hässlich und können doch ein Glanz<br />
werden.“<br />
Kurt Tucholsky schrieb über die Autorin Irmgard Keun: „Sie hat Humor wie ein dicker Mann, Grazie<br />
wie eine Frau, Herz, Verstand und Gefühl. Sie ist etwas, was es noch niemals gegeben hat, eine<br />
deutsche Humoristin.“ Das Buch „Das kunstseidene Mädchen“ ist trotz der sozialen Not, in der sich<br />
die Protagonistin Doris befindet, niemals düster, sondern brilliert durch pointierten Sprachwitz und<br />
eine detailgenaue Gesellschaftsstudie. Keun hat Doris eine schnoddrige (berliner) Alltagssprache<br />
gegeben, so dass sie dem Zuschauer lebendig und wahrhaftig wird.<br />
Doris ist 18 Jahre und wohnt in einer kleinen Provinzstadt im Rheinland. Ihr Stiefvater ist arbeitslos<br />
und meist betrunken, ihre Mutter arbeitet als Garderobiere in einem Theater und Doris selbst ist als<br />
Schreibkraft in einem Anwaltbüro tätig. Von ihrem schmalen Lohn, muss sie einen ordentlichen<br />
Batzen zu Hause abgeben, weil das Geld der Mutter für die Familie nicht ausreicht.<br />
Doris träumt, wie fast jedes Mädchen in ihrem Alter, davon, etwas Großartiges zu werden. Ihr Leben<br />
soll pulsieren und sie möchte „etwas“ erleben – also ein Glanz werden. Was ein Glanz ist, weiß sie<br />
aus dem Kino und dabei fallen Namen wie Marlene Dietrich. Auf keinen Fall dahin vegetieren wie ihre<br />
Freundin Theresa. Sie betrachtet sich im Spiegel und sieht ihre Vorzüge und weiß, dass sie eine<br />
erotische Ausstrahlung auf Männer hat und sich daraus ein gewisses Kapital schlagen ließe. Sie ist<br />
naiv und gewitzt gleichermaßen, aber sie würde jemandem, der in Not gerät, bedingungslos helfen.<br />
Diese Charakter-Mischung macht sie menschlich, gerissen, spannend und unwiderstehlich zugleich.<br />
Ihr erstes „Versuchsopfer“ ist ihr schmieriger Chef, den sie bezirzt, dann aber empört abweist, als er<br />
ihre Offerten annehmen will. „Mein Herr, wofür halten Sie mich?“ Er war erst wütend, fand es aber<br />
dann doch recht schicklich, dass Doris ein so anständiges Mädchen ist und geleitet sie nach Haus.<br />
Zum Abschied küsst er ihre Hand. Doris: „ Jetzt weiß ich wieder nicht, wie spät es ist ... meine Uhr ist<br />
lange kaputt“. Am nächsten Tag schenkt er ihr eine goldene Uhr... Hier spürt sie, dass sie mit ihren<br />
Reizen etwas erreichen kann und beginnt, systematisch an der Sache mit dem Glanz zu arbeiten. Von<br />
ihrem ersparten Geld kauft sie sich Garderobe, denn Kleider machen Leute, und sie fängt bald ein<br />
Verhältnis mit einem studierenden Adligen an, der jedoch gleich nach seinem Examen zurück nach<br />
München geht, um dort adäquat zu heiraten.<br />
Sie schmeißt den Job beim Rechtsanwalt und ihre Mutter kann ihr einen Statistenjob im Theater<br />
vermitteln. Dort stiehlt sie einen Pelzmantel und flieht mit ihm nach Berlin, um in der quirligen<br />
Hauptstadt ihr Glück, ihren Glanz, zu finden. Doch in Berlin herrscht in den 30er Jahren<br />
wirtschaftliches Chaos sowie hohe Arbeitslosigkeit und die Situation spiegelt sich in ihren<br />
Männerbekanntschaften, die Doris immer wieder erfindungsreich und manchmal grotesk bewältigt,<br />
wieder.<br />
Aber an Glanz, daran ist immer weniger zu denken und eher hat es sich ausgeglänzt. Ihre Situation<br />
wird so schwierig, dass sie keinen Schlafplatz bei einem Mann mehr findet und tagelang nichts zu<br />
essen hat. In dieser deprimierenden Situation wird sie von einem nicht gerade betuchten, aber<br />
ehrlichen Mann angesprochen, der sie bittet mitzukommen. Sie fragt: Warum? Sagt er, weil seine<br />
Frau mit einem durchgebrannt ist. Sag ich: „Ihre Frau kommt wieder, bei dem Pech, was ich hab.“ Und<br />
wir gehen zusammen los …<br />
Kurt Tucholsky schreibt über Irmgard Keuns Roman: „Ein durch und durch originelles Buch, das den<br />
Leser unwiderstehlich in seinen Wirbel von toller Laune, tiefem Gefühl und tragischer und komischer<br />
Verstrickung zieht.“
Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm<br />
von Theresia Walser<br />
Regie: Michael Bogdanov<br />
Mit<br />
Peter Bause, Kristian Bader u.a.<br />
Premiere 14. Oktober 2011<br />
„Man braucht Regisseure, damit die Kollegen ihre Rolle nicht überschätzen.<br />
Hitler 1, Franz Prächtel<br />
Hitler 2, Peter Söst<br />
Goebbels, Ulli Lerch<br />
G: Sitzen wir schon oder kommen wir erst rein?<br />
H1: Ich sitze schon.<br />
H2: Wir kommen erst rein.<br />
Hitler 1, Hitler 2 und Goebbels. Drei Schauspieler sind für eine TV-Talkrunde zum Thema Spielbarkeit<br />
von realen Figuren wie die des Nationalsozialismus eingeladen. Zwei haben den Hitler, einer hat den<br />
Goebbels bereits im Film gespielt. Alle drei sitzen an einem wackligen Tisch, warten auf den<br />
Moderator und kommen vorab ins Plaudern. Doch sehr bald wird diese Plauderei zu einem<br />
scharf(sinnig)en Disput. Sie reden über ihre Rollenverteilung in der Talkshow, über ihre Einstellung<br />
zur Schauspielkunst, über ihr persönliches Spiel im Theater, über den Sinn oder Unsinn der<br />
Regisseure, und eigentlich immer über sich selbst. Sie verlieren sich selbstverliebt in gegenseitige<br />
(gespielte?) Achtung, böse funkelnde Missachtung, kokette Eitelkeiten und geben so einen fast<br />
intimen Einblick in und um das „Miteinander“ des Schauspielerdaseins.<br />
H1: Ohne Schweizer Pass hätte ich Hitler nie gespielt<br />
G: Heißt das, dass wir alle ein bisschen mehr Hitler sind als Sie und den Hitler gar nicht<br />
wie Sie als Schweizer erst spielen müssen?<br />
H2: Ich hätte den Hitler nicht auf mir sitzen lassen wollen! Ich habe nach Hitler ja einen KZ-<br />
Häftling gespielt<br />
H1: Scheint er ja nötig gehabt zu haben!<br />
H2: Sich aber einen Hitler aufbeppen zu lassen und so tun, als sei selbst die Perücke noch<br />
authentisch, da schämt man sich nicht!!<br />
G: Ich bin froh, dass ich nur den Goebbels gespielt habe. Als ich nach dem Goebbels bei den<br />
Bad Segeberger Karl-May-Festspielen den Old Shatterhand gespielt habe, war ich froh, dass ich den<br />
ganzen Goebbels habe abschütteln können.<br />
H2: Ich bin stolz auf meinen Hitler, weil ich ihn nicht wie so ein menschliches Wrack<br />
bemitleidenswert gemacht habe. Ich habe mich gefragt, wie Du nur so sicher sein kannst, dass Du<br />
den echten Hitler gespielt hast? Woher willst Du wissen, ob Du den echten Hitler gespielt hast?<br />
G: Das verstehe ich nicht.<br />
H1: Es hat auch keiner vermutet, dass Sie hier je etwas verstanden haben....<br />
Theresia Walser ist mit „Ein bisschen Ruhe vor dem Sturm“ ein kleines Meisterwerk gelungen. Sie<br />
lässt ihre Figuren in diesem Einakter durch eine feinsinnige Dramaturgie und eine hinterlistige, witzige<br />
und gleichzeitig absurde Sprachakrobatik wie auf einem Hochseil ohne Sicherung tanzen. Ihre<br />
Menschen sind hochkonzentriert und echt, ohne jeglichen Firlefanz. Der Zuschauer ist gefesselt und<br />
fasziniert zugleich. Wann fällt wer vom Seil? Oder fällt keiner? Oder alle?<br />
Theresia Walser ist die vierte Tochter von Martin Walser. Nach einer einjährigen Arbeit in der<br />
Altenpflege absolvierte sie eine Schauspielausbildung. Heute lebt sie als eine der bedeutenden<br />
zeitgenössischen Dramatikerinnen in Berlin.
Zur Mittagsstunde<br />
von Neil LaBute<br />
(The Break of Noon)<br />
Deutsch von Frank Heibert<br />
Regie: Jens Pesel<br />
Mit<br />
Marcus Bluhm u.a.<br />
Premiere 30. Oktober 2011<br />
„Der erste Schuss fiel, als ich auf der Toilette beim Händewaschen war ...“<br />
Ein Amokläufer schießt in einer Mittagspause in einer Firma brutalst um sich und die Mitarbeiter ab.<br />
John rennt aus der Toilette und um sein Leben. Auf der Flucht erkennt er, dass der Wahnsinnige ein<br />
Mitarbeiter ist, der jetzt hinter ihm her ist, als plötzlich eine wunderbare, tiefe Stimme zu ihm sagte:<br />
„John, bleib, wo Du bist und Du sollst gerettet werden.“ Er schließt die Augen und bleibt ... und wird<br />
gerettet! Von nun an ist John fest davon überzeugt, dass es Gott war, der zu ihm sprach, um aus ihm<br />
einen besseren Menschen zu machen. So will er in die Welt hinausgehen, um das Evangelium zu<br />
verkünden.<br />
John versucht, sein Leben zu ändern – doch niemand glaubt ihm. Sein Anwalt findet die Version ganz<br />
okay, weil sie gut zu vermarkten ist. Er will John mit seiner irren Geschichte durch Talkshows<br />
schleusen und sie der Boulevardpresse verkaufen – für 1 Millionen Dollar! Erst lehnt John ab, meint<br />
dann aber, er könne ja spenden, um das Geld dann schließlich doch für sich zu behalten. Seine Ex-<br />
Frau Ginger versucht er, zurück zu gewinnen, in dem er ein Grundstück von dem Geld kauft, auf dem<br />
beide in früherer Zeit romantische Stunden miteinander erlebt haben. Aber Ginger ist nicht sehr<br />
amüsiert über sein Bemühen: „Widersprich mir oder beschimpfe mich. Das bin ich gewöhnt. Aber<br />
dieser neue Typ ... Mr. Weichgespült ... und jetzt das! Dieser andere Typ, der mir über Baumstämme<br />
hilft ... Wer ist das bitte schön? Du machst mir richtig Angst. Irgendein Mann hat dir eine Waffe ins<br />
Gesicht gehalten, jetzt gefällt dir dein Leben nicht mehr, schön. Tu was. Ändere deine Lebensweise.<br />
Aber das beweist noch lange nicht, dass Gott zu dir gesprochen hat ... das weißt du auch! Du willst<br />
was bewegen? Geh in die Welt hinaus und verbreite das Evangelium, das lautet: ‚Ich war ein<br />
Arschloch als Familienvater. Tu das und wart ab, was passiert. Man erlebt John noch in einer TV-<br />
Talkshow, in der die Moderatorin versucht, ihn zu demontieren. Er geht zu einer Hure, die er bekehren<br />
will. Er verabredet sich mit einer Frau, mit der er ein pikantes Verhältnis neben seiner Ehe hatte und<br />
wird von einem Inspektor in die Wache zum Verhör gebeten, weil dieser fest daran glaubt, dass John<br />
etwas verschweigt ...<br />
Am Ende steht John predigender Weise vor dem Publikum, seiner Gemeinde, und erzählt, warum es<br />
zu dem Massaker gekommen ist.<br />
Neil Labute ist bekannt für seine klaren, sozialkritischen Stücke in denen er zwei Tatsachen oder<br />
Meinungen - wie zum Beispiel auch in „Fettes Schwein“ – gegenüberstellt und seine Protagonisten<br />
durch einen drastischen Plot laufen lässt. LaBute feiert zu Recht weltweit Erfolge. Dieser Erfolg ist ihm<br />
auch in „Zur Mittagsstunde“ grandios gelungen: Auf der einen Seite beschreibt er in John einen<br />
Menschen, der sich verändern will beziehungsweise verändert, aber doch auch immer mal wieder in<br />
seine alten Verhaltensmuster fällt, so dass es nicht wirklich klar wird, ist er nun ein Scharlatan oder<br />
wirklich ein von Gott Bekehrter? Auf der anderen Seite stehen die Zweifler, die nicht glauben möchten,<br />
dass er sich wahrhaftig ändern kann und ihn immer wieder an den Pranger stellen und versuchen, ihn<br />
zu demontieren.<br />
Zur Diskussion steht:<br />
Wer und was ist nun ein besserer Mensch?<br />
Wie viel Religion ist „erlaubt“?<br />
Wie und wann verwandelt sich der Glaube in Macht und wird gefährlich, weil die Heilsverkünder<br />
Menschen bekehren, manipulieren und missbrauchen?
Spannend und amüsant – ein Märchen für Kinder ab 8 Jahren!<br />
Potilla und der Mützendieb<br />
von Cornelia Funke<br />
Regie: Franz-Joseph Dieken<br />
Premiere 30. November 2011<br />
Arthur muss für zwei Wochen mit seinen Zwillingsbrüdern zu seinem Onkel aufs Land und ist völlig<br />
genervt von dem Tohuwabohu. Auf der Suche nach etwas Ruhe, flüchtet er sich in den Wald und traut<br />
seinen Augen nicht:<br />
In dem schmutzigen Bündel, das er im Wald gefunden hat, steckt was Lebendiges: Potilla, die<br />
Feenkönigin, etwa limonadenflaschengroß und sagenhaft hochnäsig. Arthur soll ihr helfen, und zwar<br />
sofort. Beim Tanz in der Abenddämmerung ist ihr Volk von einem grausigen, fiesen Wesen überfallen<br />
worden, das alle Feenmützen an sich gerissen hat. Ohne Mützen können die Feen aber nicht in ihr<br />
Reich zurück. Jetzt hat Arthur keine ruhige Minute mehr, denn Potilla widerspricht man nicht!<br />
Cornelia Funke ist der uneingeschränkte Superstar am deutschen Kinder- und Jugendbuchhimmel<br />
und dass ihre Geschichten süchtig machen, hat sie bereits mehrfach bewiesen. Bekannt wurde sie<br />
durch ihre Bestseller Herr der Diebe, Tintenherz und Tintenblut. An den <strong>Hamburger</strong> <strong>Kammerspiele</strong>n<br />
wurde ihr Buch „Als der Weihnachtsmann von Himmel fiel“ erstmalig und mit großem Erfolg für die<br />
Bühne adaptiert. In „Potilla und der Mützendieb“ erzählt sie eine zauberhafte Geschichte und entführt<br />
uns in die phantastische Welt der Feen.
Männerbeschaffungsmaßnahmen<br />
Ein Liederabend von Dietmar Loeffler<br />
Regie: Dietmar Loeffler<br />
Mit<br />
Susanne Pollmeier, Ulla Meinecke, Meike Kircher, Tommaso Cacciapuoti, Jasmin Wagner<br />
Wiederaufnahme 1. Dezember 2011<br />
„... Stabilität, Effektivität, Stärke – SES, das ist unser Ziel, das ist es, woran wir in diesen Tagen<br />
arbeiten werden. Fragen?“<br />
Sie haben Pech beim Blind Date? Sind stets gefrustet, sich als armer Single schwer verliebte Pärchen<br />
anzugucken? Dann sichern Sie sich rechtzeitig einen Platz im „ultimativen Workshop“ -<br />
„Männerbeschaffungsmaßnahmen“, ein herrlich heiterer Liederabend von Dietmar Loeffler. Auch<br />
wenn alle gängigen Selbsterfahrungskursweisheiten durch den Kakao gezogen werden, so lohnt ein<br />
Besuch zu 150% - für Männer und Frauen! Vielleicht finden Sie persönlich am Ende Ihren „Platz an<br />
der Sonne...“.<br />
„Männerbeschaffungsmaßnahmen ist einfach ein großer Spaß“, schreibt die Frankfurter Rundschau<br />
über Loefflers Liederabend. Er selbst sitzt als Franz Finkwerder am Flügel. Die meist mies gelaunte<br />
Kursleiterin und Diplompsychologin Christiane Pschorauer fordert die weiblichen Kursteilnehmer auf,<br />
sich zu öffnen. „Lass es raus“, ruft sie. Doch wer, wie die Göre Laura, dann zu viel raus lässt und statt<br />
Schokolade lieber einen Mann fordert, hat auch Pech gehabt und wird per Pendel erst einmal<br />
paralysiert. Weitere Kursteilnehmer sind die Scheidungsanwältin Angela, die Flugbegleiterin Chantal<br />
und die Pharmareferentin Sabine, die alle diesen Kurs gebucht haben, um ihre weibliche Ausstrahlung<br />
im täglichen Leben durch die Kraft des Gesanges (singen ist Pflicht!) neu zu definieren. Kernfrage<br />
aller Fragen ist aber: Wie und wo findet man „ihn“!<br />
Klar, dass es bei diesem Thema durch alle nur erdenklichen Phasen der Emotionen geht. Die<br />
Scheidungsanwältin ringt bei „Einsamkeit“ um Fassung und kippt sich mit den Mitstreiterinnen erst<br />
einmal einen kleinen hinter die Binde. Das hat Folgen und löst alle Ventile bei Sabine: „Ein Schiff wird<br />
kommen...“ singt sie und tanzt beschwingt einen Sirtaki. Die Kursleiterin hat inzwischen das Ganze<br />
nicht mehr so richtig im Griff und bringt die Frauen dann doch durch Yoga wieder einigermaßen auf<br />
Spur. Der Kurs soll ja schließlich erfolgreich abgeschlossen werden, die Frauen sollen mehr<br />
Selbstbewusstsein bekommen, denn so Christiane Pschorauer:<br />
„... ein stabiles Rückgrat fußt auf sicherem Tritt und eine Frau, die die Richtung ihrer Schritte kennt,<br />
weiß, wohin sie geht. Eine Frau, die sich ihrer Wirkung bewusst ist, kann Effekte setzen. Eine Frau,<br />
die um ihre Stärke weiß, weiß ihre Schwächen besser zu kontrollieren, ja, mitunter auch<br />
auszumerzen“. SES – das ist unser Ziel!<br />
Männerbeschaffungsmaßnahmen ist eine putzmuntere Reise durch die Liebessehnsüchte der<br />
modernen Single-Gesellschaft, ein Abend voller Lieder, Chansons und Schnulzen, zum herzhaften<br />
Lachen und kurzen Innehalten.
End of the Rainbow – Judy Garland – Ein Leben am Limit<br />
von Peter Quilter<br />
Regie: Martin Maria Blau<br />
Musikalische Leitung Jan-Peter Klöpfel mit der NDR Bigband<br />
Mit<br />
Marion Martienzen, Thomas Borchert, Gunnar Titzmann<br />
Wiederaufnahme 13. Dezember 2011<br />
Judy Garland – ein Hollywood-Star zwischen Glamourleben, Scheinwerferlicht und Abgrund<br />
Mit zweieinhalb Jahren stand Judy Garland das erste Mal auf der Bühne. Mit sieben trat sie das erste<br />
Mal vor die Kamera. Mit 15 wurde sie von MGM unter Vertrag genommen mit der Klausel einer<br />
fristlosen Kündigung, wenn sie ihre Figur oder Stimme verändern sollte. Mit 17 wurde sie endgültig in<br />
der Rolle der Dorothy in dem Film „The Wizard of OZ“ und dem Lied „Somewhere Over The Rainbow“<br />
zum Hollywood-Star.<br />
Unter diesem Druck fing Judy Garland an, Tabletten, Alkohol und Drogen zu nehmen. Die Folge:<br />
Depressionen und Wutausbrüche. Ihr Privatleben, ein Desaster. Fünf Mal war sie verheiratet. Aus der<br />
Ehe mit Vincente Minelli wurde 1946 die Tochter Liza geboren.1950 Kündigung des MGM Vertrages.<br />
Der Rauswurf bei MGM hatte zur Folge, dass sie als Sängerin noch größere Erfolge feierte. Sie hat in<br />
ihrem Leben mehr als 1500 Konzerte gegeben und galt jahrelang als bestbezahlte Bühnenkünstlerin<br />
der Welt. 1954 fulminantes Comeback auf der Leinwand. 1955 erste große TV-Erfolge.<br />
Die letzten Jahre verbrachte sie vorwiegend in London. 1969 heiratete sie den Nachtclubbesitzer<br />
Mickey, der noch im selben Monat eine Konzert-Tour mit ihrem engsten Vertrauten und Pianisten<br />
Anthony durch Skandinavien arrangierte. Doch ihr kräftezehrendes Leben hat Spuren hinterlassen.<br />
Am 22.Juni 1969 starb Judy mit 47 Jahren versehentlich an einer Überdosis Schlafmittel.<br />
Liza Minelli sagte über ihre Mutter: „Sie lebte acht Leben in einem“.
Elling<br />
von Axel Hellstenius<br />
nach dem Roman „Blutsbrüder“ von Ingvar Ambjörnsen<br />
Regie: Michael Bogdanov<br />
Mit<br />
Boris Aljinovic, Peter Theiss, Imke Trommler, Hans-Jörg Frey<br />
Elling ist Kult, Kult, Kult!<br />
Wiederaufnahme 23. Dezember 2011<br />
Elling ist eine liebenswert-komische Geschichte über das große Abenteuer ‚Normalität’. „Ein<br />
literarisches Idiotenportrait höchsten Ranges – Elling ist der Fürst Myschkin der norwegischen<br />
Sozialdemokratie“, so Der Spiegel. Wie Fürst Myschkin, Dostojewskis „Idiot“, sind auch Kjell Bjarne<br />
und Elling nicht ganz von dieser Welt. Sie leiden unter Ängsten und Phobien, weshalb sie zwei Jahre<br />
lang in einer psychiatrischen Anstalt in Broynes verbrachten und sich dort ein Zimmer teilten. Das verrückte<br />
Duo soll nun resozialisiert werden und man entscheidet, ihnen eine eigene Wohnung zu geben,<br />
um im Alltag die letzten Blockaden für ein einigermaßen eigenständiges Leben zu lösen...<br />
Kjell Bjarne isst gern und träumt unentwegt vom Sex, ansonsten ist er eher schweigsam. Viel mehr ist<br />
mit ihm nicht los, die Welt draußen kennt er nur vom Hörensagen. Der Halbwaise Elling selbst hat<br />
auch nicht gerade viel erlebt, denn er verbrachte bis zu seinem 36sten Lebensjahr die Zeit in trauter<br />
Zweisamkeit mit seiner Mutter. Als diese starb, stürzte sein Lebensgefüge ein: „Es war einfach<br />
Schluss mit den stillen Stunden, in denen wir beim Tee saßen. Stattdessen gab es Gesprächsgruppen<br />
in Broynes. Du musst dich öffnen, haben sie gesagt. Und ich musste einmal die Woche den Flur<br />
putzen. Seltsamerweise gefiel mir diese Arbeit und es war eine Ehrensache, dass der Boden glänzte,<br />
wenn Elling am Werk gewesen war.“ Elling philosophiert lieber über die Welt, anstatt in ihr zu leben<br />
und füllt sie mit ausgedachten, fantasiereichen Erlebnisgeschichten. Kjell Bjarne kann nicht genug<br />
davon hören und saugt sie gierig als Wahrheit auf. So sind Elling und Kjell Bjarne zwar völlig<br />
unterschiedlich in ihrer Struktur, werden aber doch zu einer Art Symbiose.<br />
Und mit einem Mal ist Schluss mit der Fürsorge und dem bequemen Alltagstrott in der Anstalt. Ab jetzt<br />
beginnt für sie das Abenteuer Alltag. Sie bekommen eine Zweizimmerwohnung und – zwar begleitet<br />
und unterstützt vom Sozialarbeiter Frank - müssen sich um alles selber kümmern: Putzen, Einkaufen,<br />
Essen besorgen, Telefonieren, Menschen kennen lernen.... Elling, der allein beim bloßen Gedanken<br />
an neue, soziale Kontakte und Kommunikation Schweißausbrüche bekommt, beschließt auch gleich<br />
die Aufgabenverteilung: er wird sich um den Haushalt kümmern und Kjell Bjarne soll die<br />
außerhäuslichen Angelegenheiten erledigen, denn Expeditionen in den Supermarkt oder - Gipfel der<br />
Aufregung - ein Restaurantbesuch sind für ihn der reine Horror.
Vier Männer im Nebel<br />
(Neville’s Island)<br />
von Tim Firth<br />
Deutsch von Heidi Zernig<br />
Mit<br />
Boris Aljinovic, Stephan Benson, Roland Renner, Peter Theiss<br />
Premiere 15. Januar 2012<br />
„Irgendwo da draußen schwimmen Fische herum mit meinen Socken an. “<br />
Zur Teambildung veranstaltet ein Unternehmen für seine Mitarbeiter ein gruppendynamisches<br />
Wochenende und schickt sie an einem trüben, nebligen Freitagvormittag hinaus auf See. In einem der<br />
Boote sitzen vier Männer, alle plus/minus 40 aus dem mittleren Management.<br />
Sie kommen vom Kurs ab und der von ihnen selbst gewählte Kapitän und Frontmann reagiert falsch.<br />
Als einer von ihnen ACHTUNG FELSEN ruft, gibt er damit einen folgeschweren Befehl – das kleine<br />
Boot rammt einen Felsen und kentert. Mit Mühe können sich die Männer auf eine kleine,<br />
menschenleere Insel retten – klatschnass, schutzlos, ohne Essen, ohne alles. Der einzige, der etwas<br />
retten konnte, ist Angus, der einen gewaltigen Rucksack mit den schier unglaublichsten Utensilien mit<br />
sich rumschleppt, was im Verlauf des Stückes dann auch zu den absurdesten Szenen zwischen den<br />
Männern führt.<br />
Das nächste Hotel ist zwar nicht einmal eine Meile Luftlinie entfernt, doch das nützt ihnen wenig, denn<br />
die Strömung lässt nicht zu, dass sie die Strecke zurück schwimmen. Die Herren Manager sind also<br />
dazu verdammt, auf dieser von Gott verlassenen Insel auszuharren bis jemand sie retten wird. Die<br />
völlig unterschiedlichen Charaktere prallen gereizt aufeinander. Sie haben nicht nur mit sich selbst,<br />
unter- und gegeneinander zu kämpfen, sondern sie sind auch noch den Tücken der Natur ausgesetzt,<br />
was zu dieser Jahreszeit (Spätherbst) einmal mehr auf die Laune drückt.<br />
Durch die Konstellation der vier Männer, gepaart mit der ungewöhnlichen Lokation, aus der es kein<br />
entrinnen gibt, liegen die Nerven der vier Männer derartig blank, dass es zu einem erbitterten<br />
Überlebenskampf, zu unerbittlichen Rivalitäten und zu völlig grotesken Szenen untereinander kommt<br />
und das Ganze in einem zwischenmenschlichen Desaster endet.<br />
Tim Firth hat eine bitterböse und zugleich urkomische Komödie geschrieben. Der schwarze, typisch<br />
englische Humor ist einfach umwerfend und zusammen mit dem absurden und herrlich<br />
durchgeknallten Text kann dieses Stück zu einem mehr als unterhaltsamen Theaterabend werden!
Frost/Nixon<br />
von Peter Morgan<br />
Regie: Michael Bogdanov<br />
Mit<br />
Volker Lechtenbrink, Michael Ehnert, Markus Stolberg, Johnny Müller, Thomas B. Hoffmann,<br />
Roland Renner, Hans Schernthaner, Jennifer Ehnert<br />
„Ich habe das Land verraten.“<br />
Wiederaufnahme 8. Februar 2012<br />
Die Interviews zwischen dem Promi-Moderator und Entertainer David Frost und dem Ex-Präsidenten<br />
Richard Nixon sind wohl die spektakulärsten TV-Duelle, die es je gab. Es ist ein Gespräch über die<br />
Amtszeit Nixons und über eines der schmachvollsten Kapital amerikanischer Geschichte, der<br />
Watergate Affäre. 45 Millionen Amerikaner sahen das Finale des TV-Duells zwischen Frost und Nixon<br />
- schonungslos, spannend, entlarvend.<br />
Richard Nixon schwieg über seine Amtszeit bis 1977. Dann ließ er sich darauf ein, mit dem Boulevard-<br />
Talker David Frost ein Gespräch zu führen, wohl in dem Glauben, dass dieser als eher oberfläch<br />
bekannte Moderator nicht sehr in die Tiefe gehen wird. Eine folgenschwere Entscheidung. Denn was<br />
Frost schaffte, war legendär und erstaunte die ganze Welt: 3 Jahre nach dem Watergate-Skandal<br />
gelang es Frost, Nixon das Eingeständnis zu entlocken: „Ich habe das Land verraten“.<br />
Frost/Nixon von Peter Morgan ist eine packende Interpretation, die vor und hinter die Kulissen dieser<br />
denkwürdigen Begegnung blickt, die für beide Männer zum öffentlichen Moment der Wahrheit wurde.<br />
Den Film Frost/Nixon würde es ohne die Theatervorlage nicht geben – er ist eine Adaption des<br />
gleichnamigen Theaterstückes, das in London mit sensationellem Erfolg 2006 zu sehen war und ab<br />
September 2009 nun endlich auch als Deutschsprachige Erstaufführung in den <strong>Hamburger</strong><br />
<strong>Kammerspiele</strong>n auf die Bühne gebracht wird.
Otto Sander<br />
Ich bin etwas schief ins Leben gebaut<br />
Ein Ringelnatz Abend<br />
Johannes Rohloff am Piano und an der Phono Viola<br />
Lesung 13. Februar 2012<br />
Joachim Ringelnatz, einer der aufregendsten Dichter des 20. Jahrhunderts, voller Schrullen, voller<br />
See- und Tiefgang, mit seinem eigenen, skurrilen Witz, aber auch mit seiner ganzen Wehmut, seinen<br />
Selbstzweifeln - interpretiert vom großen Charakterdarsteller Otto Sander.<br />
Otto Sander, Ringelnatzkenner und -verehrer, begeistert mit seinem Programm landesweit das<br />
Publikum. Über seine gemeinsam verbrachte Zeit mit Joachim Ringelnatz sagt er, "Mit ihm gelacht<br />
und mit ihm geweint habe ich nun schon seit manchem Jahrzehnt - mit ihm gelangweilt habe ich mich<br />
noch nie."
Der Heiler<br />
von Oliver Bukowski<br />
Regie: Piet Drescher<br />
Mit<br />
Jörg Gudzuhn<br />
Premiere 27. März 2012<br />
Ein Gastspiel vom Deutschen Theater Berlin<br />
„Wissen Sie, wir Therapeuten sind philosophisch vielleicht unbehaust, politisch aber sind wir<br />
erst recht naive Rindviecher. (…) Was wissen wir schon, was da draußen, in der Praxis vor<br />
unserer Praxis, so vorgeht.“<br />
Prof. Dr. Matthes Grebenhoeve, Geheimtipp unter den Psychotherapeuten mit Wunderheilerstatus,<br />
gibt seine Aussage zu Protokoll. Er ist nackt neben seiner toten Patientin gefunden worden. Der Fall<br />
scheint klar und ist ein gefundenes Fressen für die Medien.<br />
Grebenhoeve indes erzählt eine andere Geschichte über den Suizid von Sophie Brettschneider, die<br />
mit ihrer Intelligenz, Persönlichkeit und Attraktivität überlegen genug war, das Verhältnis von<br />
Therapeut und Patientin umzukehren. Ausgestattet mit den besten Voraussetzungen für eine steile<br />
Karriere, hatte sie eine Bundespressekonferenz torpediert und die Ministerin beschimpft, ein<br />
vermeintlich grundloser Ausbruch, der zum Bruch Sophies mit der Gesellschaft und ihrem<br />
Funktionieren in der Gesellschaft geführt hatte. Grebenhoeve begibt sich immer tiefer in die<br />
Geschichte dieser Frau, und je mehr er von ihr lernt, desto fraglicher werden ihm sein Leben, sein<br />
Erfolg und der Sinn seiner Arbeit.
„Blind date“ (Titel noch unbekannt)<br />
von Ingrid Lausund<br />
Regie: Ingrid Lausund<br />
Mit<br />
Ein Stück für 5 Schauspielerinnen<br />
Premiere 29. April 2012<br />
"Es ist für die Schauspieler wahnsinnig anstrengend, dass ich das Stück<br />
und seine Grundidee so lange hinterfrage."<br />
Hamburgs Lausund-Fans können sich freuen. Auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt noch niemand weiß,<br />
wo genau die Reise hingeht. Eines ist sicher: in ihren Stücken geht es eher heiter zu – auch wenn<br />
manchem Besucher das Lachen im Halse stecken bleiben wird.<br />
Ingrid Lausunds Humor ist intelligent und scharf, und die Schauspieler, die in der Regel häufiger mit<br />
ihr zusammen arbeiten, lieben die besondere Arbeit mit ihr. An den <strong>Hamburger</strong> <strong>Kammerspiele</strong>n hat<br />
sie eine neue Heimat gefunden und ein Publikum, das ihre Stücke liebt.<br />
INGRID LAUSUND<br />
Die Autorin und Regisseurin Ingrid Lausund ist derzeit eine der meistgespielten Gegenwartsautorinnen<br />
Deutschlands. Geboren wurde sie 1965 in Ingolstadt. Sie studierte Schauspiel und Regie<br />
an der Theaterakademie Spielstatt in Ulm. Nach Auslandsaufenthalten in Griechenland, Paris und den<br />
USA machte sie 1991 ihr Abschlussdiplom und ging zunächst als Hausregisseurin und Autorin ans<br />
Ravensburger Theater, wo über 30 Eigenproduktionen entstanden. Es folgten Auslandsaufenthalte in<br />
Frankreich und Indien.<br />
Mit Studenten der Theaterakademie Almaty in Kasachstan entsteht 1998 das Stück „Glücksfelder“.<br />
Sie machte eine Tournee durch die ehemalige Sowjetunion und Europa und bekam Einladungen zu<br />
Festivals.<br />
Seit 1999 hat sie eine Gastprofessur am Mozarteum in Salzburg.<br />
Ab 2000 arbeitete sie am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, hier schrieb und inszenierte sie<br />
„Die Unsterblichen“ (2000), „Hysterikon“ (2001), „Bandscheibenvorfall. Ein Abend für Leute mit<br />
Haltungsschäden“ (2002), „Konfetti! Ein Zauberabend für politisch Verwirrte“ (2003) und „Der Weg<br />
zum Glück“ (2004).<br />
An den <strong>Hamburger</strong> <strong>Kammerspiele</strong>n war zuletzt Ingrid Lausunds „Benefiz – Jeder rettet einen<br />
Afrikaner“ zu sehen.