Meine Heimat Mauden-Kranz - Kirchspiel Bertung
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<strong>Meine</strong> <strong>Heimat</strong> <strong>Mauden</strong>-<br />
Von Edmund Mathia<br />
<strong>Mauden</strong> und <strong>Kranz</strong> sind zwei Orte die eigentlich zusammen gehören. Sie<br />
liegen mitten im Herzen des südlichen Ostpreußens, umgeben von<br />
grünen Wiesen, Feldern und glasklaren Seen. Ein schöner Fleck<br />
unberührter Natur. Ich nenne sie die Perlen Ostpreußens.<br />
Vor dem Krieg waren sich die Dörfer, obwohl aneinandergrenzend, fern. Der<br />
Grund dafür lag darin, dass jedes Dorf seine eigene Schule hatte und zu einem<br />
anderen Kirchbezirk gehörte.<br />
In den Dörfern lebten meist nur Bauern, die Landwirtschaft betrieben. Die<br />
Familien waren sehr Kinderreich. Somit war es selbstverständlich, dass jedes<br />
Dorf seine eigene Schule hatte. Schon die Eltern unserer Eltern waren hier<br />
aufgewachsen. Die Familien waren in den Dörfern tief verwurzelt.<br />
Die Kriegsjahre haben dann vieles verändert. Die Männer wurden eingezogen<br />
und die Frauen blieben mit den Kindern alleine zu Hause. Eine harte Zeit begann.
<strong>Kranz</strong><br />
Vieles, was vorher so schön geregelt war, existierte plötzlich nicht mehr. Mit<br />
dem Einmarsch der Russen war dann alles vorbei. Die Schulen wurden<br />
geschlossen. Die Lehrer mussten flüchten. Die Männer befanden sich im Krieg.<br />
Der Krieg ist verloren. Ein neues Zeitalter begann. Polen übernimmt den<br />
südlichen Teil Ostpreußens. Es war ein Neuanfang.<br />
Zuerst gab es in <strong>Mauden</strong>-<strong>Kranz</strong> keine Schulen. Die Kinder mussten täglich bei<br />
Wind und Wetter weite Wege gehen, um zur Schule zu kommen. Viele Männer,<br />
Familienväter sind vom Krieg nicht mehr zurückgekommen. Andere haben sich<br />
im Westen eine neue Existenz aufgebaut. Nach und Nach hatte man sich mit<br />
dem Schicksal abgefunden. Man musste mit den polnischen Behörden<br />
zusammenarbeiten. Da es aber zu der damaligen Zeit überwiegend Deutsche<br />
waren, war es nicht zu schwer sich durchzusetzen. Die deutschstämmigen<br />
Familien haben sich gut integriert.
Schulhof in <strong>Mauden</strong> während der Pause (1970)<br />
1964 war es dann soweit, dass die alte Schule in <strong>Mauden</strong> wieder eröffnet wurde.<br />
Sie war auch zugleich für die Kinder aus <strong>Kranz</strong> zuständig. So kam es dann auch,<br />
dass die beiden Gemeinden durch den gemeinsamen Schulbesuch der Kinder<br />
Unterrichtsstunde mit Frau Płuczenniczak (1970)
Frau Płuczenniczak im Klassenzimmer (1970)<br />
sich näher kamen. Unsere Lehrerin, Frau Płuczenniczak, lehrte uns damals<br />
Polnisch. Viele von uns Kindern konnten ja nur die deutsche Sprache, weil wir<br />
damit aufgewachsen sind.<br />
Schulkinder der Klassen 1-4 in <strong>Mauden</strong> (1970)
▲ Edmund Mathia<br />
◄ Frau Płuczenniczak<br />
▼ Alte Schule in <strong>Kranz</strong>
Eines der letzten bewohnten Häuser (alten) in <strong>Kranz</strong><br />
Durch die Schule in <strong>Mauden</strong> wurde vieles Alte wieder hergestellt, was verloren<br />
war. Mit dem Unterschied, dass unsere Eltern in der Schule damals deutsch<br />
lernten und wir jetzt polnisch.<br />
Unsere Lehrerin hatte großen Respekt verdient. Sie war immer für uns da und<br />
für alle Fragen offen. Sie war ein richtiges Organisationstalent. So organisierte<br />
sie einen Raum für die Partys oder Tanzabende für unsere Eltern, was zum<br />
Vorteil für alle dazu beitrug nämlich die beiden Orte näher zusammenzuführen.<br />
Heut ist die Schule in <strong>Mauden</strong> geschlossen. Frau Płuczenniczak im<br />
wohlverdienten Ruhestand. Sie kann aber sie Schule nie ganz verlassen, da<br />
Sie immer noch darin wohnt. Es ist immer wieder ein Erlebnis sie zu besuchen<br />
und über alte Zeiten zu reden. Außerdem kann man zugleich erfahren wer im<br />
letzten Jahr wieder mal die alte <strong>Heimat</strong> besucht hat und was aus dem Einen<br />
oder Anderen geworden ist.<br />
Dadurch, dass unsere Generation mit der polnischen Sprache aufgewachsen<br />
ist, entstanden neue Freundschaften. Für uns war plötzlich alles normal. Zuerst<br />
Schule dann die Lehrzeit. Es war alles geregelt. In den 70 und 80er Jahren<br />
entschieden sich unsere Eltern auszuwandern. Es entstand eine Kettenreaktion.<br />
Da die Lage zu der damaligen Zeit in Polen sehr schlecht war, wollte man<br />
in den Westen (Do Reichu) ausreisen. Es hieß: da geht es uns besser. Es hat<br />
sich keiner Gedanken gemacht über Sehnsucht, <strong>Heimat</strong>, Heimweh. Für uns
jugendliche gab es keine<br />
Frage. Schließlich wollte<br />
man ja auch die Welt erobern.<br />
Außerdem wurde<br />
man mit vielen Sachen in<br />
den Westen gelockt. Eigenes<br />
Auto, Reisen, Geld verdienen.<br />
Und somit sind alle<br />
deutschstämmige ausgereist.<br />
Für uns jungen ist die<br />
Rechnung Aufgegangen. Arbeit,<br />
Auto alles, was bis vor<br />
kurzem noch Träume waren,<br />
war Geschafft. Jedoch was<br />
war mit unseren Eltern? Sie<br />
haben den schwersten<br />
Die Wegkapelle in <strong>Mauden</strong><br />
Schritt in ihrem Leben vollzogen<br />
wegen uns Kindern. Es war sehr schwer für sie Fuß zu fassen. Heimlich<br />
flossen auch sehr viele Tränen. In der <strong>Heimat</strong> eigener Herr auf dem Bauernhof<br />
und nun in Deutschland noch einige Jahre ohne Beruf Hilfsarbeiter. Obwohl<br />
sie das ganze Leben schwer gearbeitet hatten blieb die Rente sehr klein, da<br />
die Rentenjahre nicht voll gezahlt waren. Für unsere Generation haben unsere<br />
Eltern einen sehr hohen Preis bezahlen müssen. Sie sind die größten Verlierer<br />
des 2.Weltkrieges gewesen.<br />
Nun sind wir auch schon in einem Alter wo man sich mehr Gedanken über die<br />
Kindheit macht. In jedem von<br />
uns steckt ein bisschen<br />
Heimweh. Wenn wir nicht<br />
mehr sind, ist auch <strong>Mauden</strong><br />
und <strong>Kranz</strong> in Vergessenheit<br />
geraten. Die <strong>Heimat</strong> unserer<br />
Kinder ist das Land, die Stadt,<br />
das Umfeld in dem sie<br />
geboren wurden. Man<br />
wünsche unseren Kindern<br />
dass sie durch Kriege oder<br />
sonstige Schicksale nie ihre<br />
<strong>Heimat</strong> verlassen müssen.<br />
„Vergiss nie die <strong>Heimat</strong><br />
Wo deine Wiege stand<br />
Du findest in der Fremde<br />
Kein zweites <strong>Heimat</strong>land<br />
Das Kreuz am Weg in <strong>Kranz</strong> (Wahrzeichen)
Das Bild der <strong>Heimat</strong><br />
Es lebt in unseren Herzen dein Bild so hell und klar<br />
Und brennt in Tausend Schmerzen, was uns einst <strong>Heimat</strong> war<br />
Ich seh dich vor mir liegen, so wie ich dich gekannt<br />
Gedanken heimwärts fliegen, zu Dir mein <strong>Heimat</strong>land.<br />
Die Berge Täler Hügel der Wald das weite Feld<br />
Der Häuser schmucke Giebel vom Sonnenschein erhellt<br />
Die grauen Burgen winken, herab vom fels‘gen Stein<br />
Des Stausees Wellen blinken, lädt froh zum Bade ein<br />
Im Talesgrund die Quelle, leis murmelnd weiter zieht<br />
Die Lerche silberhelle, singt froh und frei ihr Lied<br />
Die weiten dunklen Wälder, der <strong>Heimat</strong> Herz und Blut<br />
Das Gold der Ährenfelder, reift in der Sonnenglut<br />
Die kleinen Dörfer träumen, versteckt am Bergeshang<br />
Viel stolze Städte säumen den großen Fluß entlang<br />
Des Domes Türme grüßen, weithin ins deutsche Land<br />
Es glänzt zu seinen Füßen der Oder silbern Band<br />
Ich hör die Wellen rauschen, vermischt mit Glockenklang,<br />
und mein Sinne lauschen, ein ganzes Leben lang<br />
Die trauten <strong>Heimat</strong>lieder, sie klangen in mir fort<br />
Ich hör sie immer wieder, hier und an jedem Ort<br />
O <strong>Heimat</strong> deine Bilder, grab mir ins Herz mir ein<br />
Wie tausend goldne Schilder, so hell, so klar, so rein<br />
O <strong>Heimat</strong>, liebe <strong>Heimat</strong>, so nah und doch so fern<br />
Für dich geliebte <strong>Heimat</strong> fleh ich zu Gott dem Herrn<br />
Ein Gedicht aus dem Schatzkästchen meiner Mutter
<strong>Mauden</strong>-<strong>Kranz</strong> fotografiert von Edmund Mathia
<strong>Mauden</strong>-<strong>Kranz</strong> fotografiert von Edmund Mathia