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Quellökologie und Quellschutz.

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<strong>Quellökologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Quellschutz</strong>.<br />

Von Barbara Phiesel; Bonn, den 17.04.1998<br />

Für den hier veröffentlichten Text ist die Referentin selbst verantwortlich.<br />

1. Einleitung<br />

Quellen sind Stellen an der Erdoberfläche, an denen Gr<strong>und</strong>wasser an die Oberfläche tritt <strong>und</strong><br />

über ein oberirdisches Gewässer abfließt. Quellen finden sich räumlich in unterschiedlicher<br />

Dichte, ihre Zahl ist jedoch größer, als im allgemeinen angenommen wird. Ein Quellbereich<br />

ist nach KRÜGER (1996) "ein lokaler oder flächiger Gr<strong>und</strong>wasseraustritt, der zumindest<br />

zeitweise zu einem Abfluß führt, einschließlich der in diesem Bereich lebenden Pflanzen <strong>und</strong><br />

Tiere. Zum Quellbereich gehören auch das umgebende vernäßte Gebiet mit seiner Vegetation<br />

<strong>und</strong> der Beginn des abfließenden Baches (max. 100m)." Jede Quelle ist einzigartig <strong>und</strong><br />

unterscheidet sich von anderen Quellen. Das Quellwasser hat jedoch einige gr<strong>und</strong>legende<br />

Eigenschaften. So weist das Quellwasser beim Austritt aus dem Boden eine nahezu<br />

gleichbleibende Temperatur auf, die nur minimalen Schwankungen unterworfen ist.<br />

Außerdem ist der Sauerstoffgehalt des Quellwassers zunächst sehr gering; das kühle<br />

Quellwasser nimmt aber nach dem Austritt schnell Sauerstoff auf, so daß schon im<br />

Quellbereich eine vollständige Sättigung erreicht werden kann. Zudem ist das Quellwasser<br />

arm an Nährstoffen <strong>und</strong> wurde daher bereits früh als Trinkwasser genutzt.<br />

2. Klassifizierung von Quellen, Quellarten<br />

A. Unterscheidung nach Wasserchemismus: Hartwasserquellen, Weichwasserquellen,<br />

Solequellen (Halokrene) etc.<br />

B. Unterscheidung nach Nährstoffgehalt (problematisches Kriterium): Xenotrophe,<br />

oligotrophe, mesotrophe, eutrophe, hypertrophe Quellen<br />

C. Unterscheidung nach Relief <strong>und</strong> Strömungsenergie:<br />

Sturz- oder Fließquellen (Rheokrene):<br />

Rheokrene sind der auffälligste Quelltyp, ihr Vorkommen ist beschränkt auf Mittel-<br />

<strong>und</strong> Hochgebirgslagen. Bei Rheokrenen tritt das Wasser aus Gesteinsspalten aus <strong>und</strong><br />

fließt rasch mit höherer Strömungsgeschwindigkeit ab.<br />

Sumpf- oder Sickerquellen (Helokrene):<br />

Bei Helokrenen, der häufigsten Quellart, tritt das Gr<strong>und</strong>wasser weitflächig diffus aus<br />

<strong>und</strong> bildet eine flächig vernäßte, moorige Zone. Hier finden sich oftmals ökologisch<br />

sehr wertvolle Lebensräume.<br />

Tümpelquellen oder Quelltöpfe (Limnokrene):<br />

Bei den relativ seltenen Limnokrenen steigt das Gr<strong>und</strong>wasser in einer Geländemulde


auf, so daß sich im Quellbereich ein Tümpel bildet. Das Vorkommen von<br />

Limnokrenen ist auf Ebenen beschränkt.<br />

Quellbach:<br />

Abb.1: Quellbach an einer Waldquelle. Foto: Phiesel, 1998<br />

Mit der Quelle untrennbar verb<strong>und</strong>en ist der<br />

Quellbach, in dem das Quellwasser abfließt. Die<br />

Länge des Quellbaches schwankt zwischen einigen<br />

<strong>und</strong> mehreren 100 Metern, hier werden nach <strong>und</strong><br />

nach quellspezifische durch bachspezifische Arten<br />

ersetzt.<br />

3. Leben in Quellen<br />

In Quellbereichen herrschen gr<strong>und</strong>sätzlich sehr spezifische<br />

ökologische Bedingungen, die abhängig sind von der Temperatur, dem Chemismus, der<br />

Nahrungsbereitstellung, der Substrate etc.<br />

Die an <strong>und</strong> in Quellen lebenden Organismen lassen sich wie folgt einteilen:<br />

1. Quellspezialisten (Krenobionten) sind Organismen, die ausschließlich in Quellen <strong>und</strong><br />

Quellbächen vorkommen, sie können angrenzende Lebensräume nicht besiedeln.<br />

Krenobionten gibt es nur relativ wenige.<br />

2. Krenophile sind Arten, die Quellen als Lebensraum bevorzugen, aber auch außerhalb<br />

davon auftreten.<br />

3. Quellgäste (Krenoxene) schließlich sind Lebewesen, die sonst in anderen Biotopen zu<br />

Hause sind, aber gelegentlich auch Quellen bevölkern.<br />

Quellen sind für Störungen sehr anfällige Ökosysteme. Dafür gibt es folgende Ursachen:<br />

1. Die Bewohner der Quellen sind stark auf ihren Lebensraum spezialisiert.<br />

2. Die Populationen der in Quellen lebenden Arten sind i.d.R. klein.<br />

3. Quellen haben häufig eine isolierte Lage, so daß nach Störungen die Neubesiedlung<br />

schwierig ist.<br />

3.1 Pflanzen in Quellen<br />

Je nach vorherrschenden Standortbedingungen werden Quellen von verschiedenen<br />

Pflanzengesellschaften besiedelt.<br />

Waldquellen: wenige höhere Pflanzen, vornehmlich Algen <strong>und</strong> Moose, schatten-ertragende<br />

Arten<br />

Abb.2: Sickerquelle in einem Fichtenforst. Foto: Phiesel, 1998<br />

Fichtenforst: bei pH-Wert unter 5,0 entwickeln sich<br />

Torfmoosgesellschaften<br />

Abb.3: Sickerquelle auf einer Wiese. Foto: Phiesel, 1998


Wiesenquellen: Ersatzgesellschaften aus trittfesteren lichtliebenden<br />

Arten<br />

Sickerquellen: Gesellschaften, die zu Sumpf- oder Moorvegetation<br />

überleiten<br />

Sturzquellen: Vegetation ähnlich wie an Bächen<br />

Tümpelquellen: Vegetationen der nährstoffarmen Stillgewässer<br />

Typische Pflanzen an Quellen sind Moose, Quellmiere (Stellaria<br />

alsine), Quellkraut (Montia fontana), Gegenblättriges Milzkraut<br />

(Chrysosplenium oppositifolium), Bitteres Schaumkraut (Cardamine amara), Bachbunge<br />

(Veronica beccabunga), Aufrechter Merk, Knabenkraut, Pyrenäen-Löffelkraut,<br />

Brunnenkresse, Mädesüß <strong>und</strong> Riesen-schachtelhalm.<br />

3.2 Tiere in Quellen<br />

Die Quellzoozönose setzt sich zusammen aus Elementen der Gr<strong>und</strong>wasser-, der<br />

Fließ-gewässer-, der Stillgewässer- <strong>und</strong> der Übergangszoozönose.<br />

Gr<strong>und</strong>wasserzoozönose: z.B. Höhlenflohkrebs, Höhlenassel, Höhlenstrudelwürmer<br />

Fließgewässerzoozönose: z.B. Strudelwürmer, Bachflohkrebs, Stein- <strong>und</strong> Eintagsfliegen<br />

Stillgewässerzoozönose: z.B. Lurche, Käfer, Libellen, Wanzen<br />

Übergangszoozönose: z.B. Regenwürmer, Springschwänze, Tastermückenlarven<br />

Weitere Tiere in Quellen sind Köcherfliegen, Quellschnecke, Kieselalgen, Erbsenmuscheln<br />

usw.<br />

Die Tierwelt der Quellen ist wichtig für Bewertung des ökologischen Zustandes, denn die<br />

Artenzu-sammensetzung ist ein wichtiger Indikator für Belastungen <strong>und</strong> Störungen, welche<br />

sich meist als erstes auf Faunenzusammensetzung auswirken. Außerdem ist die<br />

Artenzusammensetzung ein Hinweis darauf, ob <strong>und</strong> mit welchem Aufwand eine Quelle<br />

renaturiert werden kann.<br />

4. Bedeutung von Quellen<br />

1. Quellen dienen der Trinkwasserbereitstellung (3% unseres Trinkwassers).<br />

2. Sie haben eine Funktion als Inselbiotope <strong>und</strong> sind potentielle Keimzellen der<br />

Wiederbesiedlung für geschädigte Bäche.<br />

3. Sie bilden Rückzugsräume für die Reinwasserspezialisten unter den<br />

Fließgewässerbewohnern.<br />

4. Sie sichern die Wasserversorgung für Pflanzen <strong>und</strong> Tiere.<br />

5. Sie garantieren den Niedrigwasserabfluß der Fließgewässer.<br />

6. Sie haben eine Speicherungsfunktion bei starken Niederschlagsereignissen.<br />

7. Im Winter dienen Quellen als Wasserstelle <strong>und</strong> Rückzugsgebiet für Lebewesen.<br />

8. Sie dienen außerdem als Ausflugsziele, zur Bereicherung von Grünanlagen, als<br />

Viehtränken, Mülldeponien etc.<br />

5. Gefährdung von Quellen <strong>und</strong> <strong>Quellschutz</strong>


Schutzmaßnahmen an Quellen sind deshalb besonders nötig, weil Quellräume als<br />

kleinflächige, isolierte, seltene <strong>und</strong> empfindliche Biotope gegenüber geringsten Störungen<br />

sehr anfällig reagieren.<br />

Maßnahmen zum <strong>Quellschutz</strong>:<br />

1. Die Gr<strong>und</strong>wasserneubildung im näheren <strong>und</strong> weiteren Quellumfeld darf nicht<br />

eingeschränkt werden, um ein Versiegen der Quelle zu verhindern.<br />

2. Die Reinheit des Quellwassers muß erhalten bleiben. Vermieden werden sollten daher<br />

Einträge aus der Landwirtschaft in das Gr<strong>und</strong>wasser, Abwassereinleitungen in den<br />

Quellbereich, Einträge durch Niederschlagswasser etc.<br />

3. An der Quelle sollte eine standortgerechte Vegetation erhalten werden, um eine<br />

Erwärmung des Wassers zu verhindern. Dies gilt auch für den Bereich des<br />

Quellbaches.<br />

Abb.4: Zerstörung der Quellbiozönose durch<br />

anthropogene Nutzung. Foto: Phiesel, 1998<br />

4.<br />

4. Eine Nutzung des Quellbereiches als<br />

Viehtränke sollte vermieden werden.<br />

Durch die Trittschäden kann u.U. die<br />

gesamte Vegetation zerstört werden.<br />

5. Bei Waldquellen sollten die Schäden durch Suhle (Wildschweine) so gering wie<br />

möglich gehalten werden.<br />

6. Die Quelle muß u.U. vor Erholungssuchenden geschützt werden. Dies geschieht<br />

dadurch, daß Wanderwege im weitem Abstand um Quellbereiche herumgeführt<br />

werden. Auch Picknickplätze sollten nicht im Quellbereich angelegt werden. Eine<br />

sinnvolle Maßnahme kann außerdem die Information der Erholungssuchenden (z.B.<br />

durch aufgestellte Tafeln) sein, um die Akzeptanz für den <strong>Quellschutz</strong> zu steigern.<br />

7. Quellen sollten von Einfassungen <strong>und</strong> Quellbauwerken jeglicher Art befreit werden.<br />

Hierzu gehören nicht mehr benötigte Sammelbehälter für die Trinkwassergewinnung,<br />

traditionelle Einfassungen in Stein (jahrzehntelang von Wander- <strong>und</strong> Heimatvereinen<br />

durchgeführt), Drainagen etc.<br />

8. Das Quellwasser darf weder im Bereich der Quelle noch im Bereich des Quellbaches<br />

zu Teichen aufgestaut werden.<br />

9. Es sollten Überlegungen angestellt werden, ob nicht wenigstens einige Quellen in<br />

Siedlungsbereichen von Bauwerken befreit <strong>und</strong> renaturiert werden können.<br />

10.Quellen sollten nicht verfüllt werden, um die Flächen nutzbar zu machen. Dies gilt<br />

sowohl in Siedlungsbereichen als auch in landwirtschaftlich genutzten Flächen.<br />

11.Um den <strong>Quellschutz</strong> zu gewährleisten, müssen u.U. Ankauf, Pacht, einen<br />

Nutzungseinschränkung im Umfeld oder die Unterschutzstellung der Quelle erwogen<br />

werden.<br />

<strong>Quellschutz</strong> sollte nicht als isolierter Einzelbiotopschutz verstanden werden, sondern als erster<br />

Schritt eines konzeptionell angelegten Fließgewässerschutzes: die Renaturierung eines<br />

Fließgewässers beginnt mit der Wiederherstellung naturnaher Verhältnisse für die Quelle.<br />

6. Literatur<br />

BLAUSCHECK, R.: Quellen - Naturschutz von Anfang an. Umweltzentrum Hagen (Hrsg.).<br />

Essen 1992.


HEBLIK, D., KLEIN, F., KÖSTER, U.: Lebensraum Quelle. Hrsg.: Naturschutzzentrum<br />

Hessen e. V. Wetzlar 1992<br />

HINTERLANG, D.: Von Bäumen, Kräutern <strong>und</strong> Moosen an Quellen. In: Landesanstalt für<br />

Ökologie, Bodenordnung <strong>und</strong> Forsten/Landesamt für Agrarordnung (Hrsg.): LÖBF-<br />

Mitteilungen 1/1994: 18-23. Recklinghausen 1994.<br />

KRÜGER, K.: Quellbereiche in Brandenburg. Hrsg.: Verein für Natur <strong>und</strong> Umwelt<br />

"Adonishänge" e.V. Lebus 1996.<br />

LAUKÖTTER, G.: Quellen - sensible Lebensräume brauchen Schutz. In: Naturschutzzentrum<br />

Nord-rhein-Westfalen (Hrsg.): <strong>Quellschutz</strong>. Materialheft zur Kampagne <strong>und</strong> Diaserie<br />

Nr.5 des NZ NRW. Recklinghausen 1994.<br />

LAUKÖTTER, G.: Zurück zu den Quellen. In: Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung<br />

<strong>und</strong> Forsten/Landesamt für Agrarordnung (Hrsg.): LÖBF-Mitteilungen 1/1994: 10-17.<br />

Recklinghausen 1994.<br />

SCHMIDT, A.: Vorwort. In: Naturschutzzentrum Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Quell-schutz.<br />

Materialheft zur Kampagne <strong>und</strong> Diaserie Nr.5 des NZ NRW. Recklinghausen 1994.<br />

Weiterführende Literatur:<br />

BLAUSCHECK, R.: Das <strong>Quellschutz</strong>konzept des Umweltzentrums Hagen. In: Landes-anstalt<br />

für Ökologie, Bodenordnung <strong>und</strong> Forsten/Landesamt für Agrarordnung (Hrsg.): LÖBF-<br />

Mitteilungen 1/1994: 45-47. Recklinghausen 1994.<br />

Crunoecia: Zeitschrift der Gesellschaft für <strong>Quellökologie</strong> <strong>und</strong> <strong>Quellschutz</strong><br />

DANNECKER, B.: Das Quellbiotop-Programm der Stadt Bielefeld. In: Landesanstalt für<br />

Ökologie, Bodenordnung <strong>und</strong> Forsten/Landesamt für Agrarordnung (Hrsg.): LÖBF-<br />

Mitteilungen<br />

ELBERTZ, M. et al.: Quellenschutz im Kreise Gütersloh. In: Landesanstalt für Ökologie,<br />

Bodenordnung <strong>und</strong> Forsten/Landesamt für Agrarordnung (Hrsg.): LÖBF-Mitteilungen<br />

1/1994: 39-44. Recklinghausen 1994.<br />

MAUDEN, R.: Der Einfluß der Gewässerversauerung auf die Quellbachzoozönose. In:<br />

Landes-anstalt für Ökologie, Bodenordnung <strong>und</strong> Forsten/Landesamt für Agrarordnung<br />

(Hrsg.):<br />

LÖBF-Mitteilungen 1/1994: 24-28. Recklinghausen 1994.

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