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Klausurenkurs Verwaltungsrecht 5. Klausur

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<strong><strong>Klausur</strong>enkurs</strong> <strong>Verwaltungsrecht</strong><br />

Wintersemester 2011/12<br />

Dr. Michael Mayrhofer � Dr. in Elisabeth Poltschak<br />

<strong>5.</strong> <strong>Klausur</strong><br />

1<strong>5.</strong> Dezember 2011<br />

1. Martin M betreibt das „Treff Cafe“ in Wels. Die Betriebsanlage wurde rechtskräftig mit Bescheid des Bürgermeisters<br />

der Stadt Wels vom 21.4.2008 (Zl GeBA-10/2008) unter Vorschreibung verschiedener Auflagen genehmigt.<br />

Nach Auflage I.9. des Genehmigungsbescheides muss die Musik innerhalb der Betriebsanlage in einer<br />

solchen Lautstärke abgespielt werden, dass die Nachbarn der Betriebsanlage von der Musik nichts wahrnehmen.<br />

2. Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 21.09.2011, Ge-1175/11, wird über Martin M, wohnhaft<br />

Stadtplatz 22a, 4600 Wels, wegen drei Verwaltungsübertretungen gemäß § 367 Z 25 GewO 1994 je eine<br />

Geldstrafe von 100 Euro (insgesamt 300 Euro) und Ersatzfreiheitsstrafe von 12 Stunden (insgesamt 36 Stunden)<br />

verhängt, „weil er es als Gewerbeinhaber des Gastgewerbebetriebes „Treff Cafe“, Harzstraße 4, 4600<br />

Wels, verwaltungsstrafrechtlich zu vertreten hat, dass im genannten Gastgewerbebetrieb zumindest am<br />

3.2.2011, am 4.2.2011 und am 6.2.2011, jeweils von 17.00 bis 21.00 Uhr Musik in auch außerhalb der Betriebsanlage<br />

deutlich hörbarer Lautstärke abgespielt wurde. Die Nichteinhaltung der Bescheidauflage des Genehmigungsbescheides<br />

des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 21.4.2008 (Zl GeBA-10/2008) stellt eine Übertretung<br />

des § 367 Z 25 GewO 1994 dar.“ An Verfahrenskosten werden je 10 Euro, insgesamt 30 Euro vorgeschrieben.<br />

Begründend wird ausgeführt, dass Beamte der Bundespolizeidirektion Wels im Zuge routinemäßiger Kontrollen<br />

vor Ort festgestellt haben, dass jedenfalls am 3.2., 4.2. und 6.2.2011 jeweils von 17.00 bis 21.00 Uhr aus dem<br />

Lokal deutlich hörbare Musik auf die Straße gedrungen ist, vor allem, da die Türe jeweils offen gestanden ist.<br />

Auch der beigezogene lärmtechnische Amtssachverständige hat in einem Gutachten die von den Nachbargrundstücken<br />

deutlich wahrnehmbaren Lärmemissionen belegt. Die Behörde hat Martin M erstmals am<br />

10.8.2011 mit den Fakten konfrontiert, wobei sich M trotz Aufforderung nach § 40 Abs 2 VStG nicht gerechtfertigt<br />

hat.<br />

3. Die Behörde ordnet in der Zustellverfügung die Zustellung zu eigenen Handen in Martins Wohnung an. Als<br />

der Postbote am Dienstag, den 27.09.2011 an Martins Wohnungstüre läutet, öffnet Martins Frau F, die das<br />

Schriftstück entgegen nimmt. Sie händigt das Schriftstück Martin am folgenden Tag aus. Martin wendet sich<br />

darauf hin an seinen Rechtsanwalt Dr R, der ihm zur Berufung rät und diese in Martins Vertretung am Mittwoch,<br />

den 12.10.2011 einbringt.<br />

4. Rechtsanwalt Dr. R beantragt, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben<br />

und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Die Berufung begründet er im Wesentlichen wie<br />

folgt:<br />

a. Kein Nachbar habe sich über zu laute Musik beschwert, daher sei offenkundig keine Belästigung der Nachbarn<br />

eingetreten. Diese sei aber Voraussetzung einerseits für die Einleitung des Strafverfahrens, andererseits<br />

aber auch für die Strafbarkeit.<br />

b. Auch die Tatbestandsmäßigkeit liege nicht vor: Eine Drosselung der Lautstärke sei nicht erforderlich iSd § 77<br />

Abs 1 GewO 1994, da der im Betriebsanlagengenehmigungsverfahren beigezogene Amtssachverständige ausdrücklich<br />

festgestellt habe, dass durch die Musik in geplanter Lautstärke kein Nachbar in unzumutbarer Weise<br />

beeinträchtigt werde. Daher habe die Behörde die Auflage rechtswidriger Weise vorgeschrieben. Eine rechtswidrige<br />

Auflage sei jedoch nicht einzuhalten.<br />

c. Strafbar ist nur, wer rechtswidrig und schuldhaft handle. Die Strafbehörde erster Instanz habe es aber verabsäumt,<br />

das Verschulden des M nachzuweisen. Insbesondere habe sie nicht ermittelt, warum die Türe offen ge-<br />

1


standen ist und ob dies dem M subjektiv vorwerfbar ist. Da sie ihrer Beweislast nicht nachgekommen ist, habe<br />

sie den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet.<br />

d. Unabhängig davon habe Martin M aber ohnedies nicht selbst gehandelt, er sei zu den im Straferkenntnis angeführten<br />

Zeitpunkten nicht einmal im Cafe anwesend gewesen. Vielmehr habe er seine Mitarbeiterin, die seit<br />

1.2.2011 bei ihm angestellt ist, angewiesen, die Musik nur leise abzuspielen. Schon aus diesem Grund könne<br />

ihn kein Verschulden treffen.<br />

Aufgabe I: Entscheiden Sie als zuständige Berufungsbehörde über die Eingabe des Martin M ! Gehen Sie dabei<br />

auch auf alle vorgebrachten Berufungsgründe ein [Gehen Sie davon aus, dass sich der Sachverhalt tatsächlich<br />

so darstellt wie geschildert, der Sachverhalt ist nicht wiederzugeben]. (47 Punkte)<br />

Aufgabe II: Erläutern Sie, ob der Landeshauptmann von Oberösterreich den unter Aufgabe I verfassten Bescheid<br />

rechtlich bekämpfen könnte (3 Punkte).<br />

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