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Fortbildungsübersicht dakp April 2010 - Hofmann Verlag

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Zeitschrift für Motopädagogik und Mototherapie<br />

Offizielles Organ des Aktionskreises<br />

Psychomotorik e. V.<br />

mit Mitteilungen des Berufsverbandes der<br />

Dipl.-Motologen/innen e. V.<br />

Herausgeber:<br />

Aktionskreis Psychomotorik e. V.<br />

Geschäftsstelle: Kleiner Schratweg 32<br />

32657 Lemgo<br />

Tel. (0 52 61) 97 09 70, Fax (0 52 61) 97 09 72<br />

Geschäftsführender Redakteur:<br />

Prof. Dr. phil. Klaus Fischer<br />

Redaktion:<br />

Dipl.-Motologin Dorothee Beckmann-Neuhaus<br />

Wiss. Mitarb. Melanie Behrens<br />

Prof. Dr. phil. Ruth Haas<br />

Dipl.-Motologe Dr. Holger Jessel<br />

Prof. Dr. phil. Heinz Mechling<br />

Prof. Dr. phil. Renate Zimmer<br />

Anschrift der Redaktion:<br />

Prof. Dr. Klaus Fischer<br />

Haselhecke 50, 35041 Marburg<br />

Tel. (0 64 21) 2 33 32 (p), Tel. (02 21) 4 70 46 73 (d)<br />

Fax (0 64 21) 2 56 92 (p), Fax (02 21) 4 70 50 85 (d)<br />

E-Mail: Klaus.Fischer@uni-koeln.de<br />

Erscheinungsweise: Vierteljährlich<br />

Bezugsbedingungen:<br />

Jahresabonnement (4 Ausgaben inkl. Versandkosten)<br />

e 46,80; Vorzugspreis für Studierende e 42,80;<br />

Einzelheft e 11,– (zuzügl. Versandkosten).<br />

Für die Mitglieder des Aktionskreises ist der<br />

Bezugspreis der Zeitschrift im Mitgliedsbeitrag<br />

enthalten.<br />

Die Abonnement-Rechnung ist sofort zahlbar<br />

rein netto nach Erhalt. Der Abonnement-Vertrag<br />

ist auf unbestimmte Zeit geschlossen, falls nicht<br />

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31. Dezember beim <strong>Verlag</strong> eintreffen. Unregel-<br />

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Vertrieb:<br />

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Telefon (0 71 81) 402-127<br />

E-Mail: motorik@hofmann-verlag.de<br />

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vonterzi@hofmann-verlag.de<br />

Zurzeit gilt die Anzeigenpreisliste vom<br />

Januar <strong>2010</strong><br />

Gesamtherstellung:<br />

Druckerei Djurcic, D-73614 Schorndorf<br />

International Standard Serial Number:<br />

E 7518<br />

ISSN 0170-5792<br />

Copyright:<br />

© by Aktionskreis Psychomotorik e. V. Alle<br />

Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch in Über-<br />

setzungen, nur mit Genehmigung der Redaktion.<br />

Die namentlich gekennzeichneten Beiträge geben<br />

nicht in jedem Falle die Meinung der Redaktion<br />

wieder. Die Redaktions behält sich vor, Leser-<br />

briefe gekürzt zu veröffentlichen und Manu-<br />

skripte redaktionell zu bearbeiten.<br />

<strong>Verlag</strong>:<br />

<strong>Hofmann</strong>-<strong>Verlag</strong> GmbH & Co. KG<br />

Postfach 1360, D-73603 Schorndorf<br />

Tel. (0 71 81) 402-0, Fax (0 71 81) 402-111<br />

E-Mail: info@hofmann-verlag.de<br />

Inhalt<br />

editorial e 1<br />

Die Bedeutung ethischer Aspekte diagnostischen<br />

Handelns für den psychomotorischen Fachdiskurs<br />

Christina Reichenbach e 2<br />

Sprungbrett<br />

Katrin Walter, Maike Grotz, Kristina Holl,<br />

Ilka Seidel und Klaus Bös e 9<br />

Entwicklungsdiagnostik mit dem<br />

Kestenberg Movement Profile (KMP)<br />

Sabine C. Koch e 19<br />

Im Sinne des Menschen –<br />

Ressourcenorientierung in der<br />

psychomotorischen Diagnostik<br />

Holger Jessel e 26<br />

moto.logisch – Neues aus dem BVDM e 32<br />

Berichte e 34<br />

Veranstaltungen e 36<br />

Buchbesprechungen/Neuerscheinungen e 38<br />

Zeitschriftenspiegel e 41<br />

Summaries + Résumés e 43<br />

Titelbild:<br />

Jutta Schneider, Köln<br />

Die Zeitschrift MOTORIK wird auf chlorfrei<br />

gebleichtem Papier gedruckt.<br />

Bei dieser chlorfreien Bleiche des Zellstoffs<br />

entstehen keine chlorierten organischen Verbindungen,<br />

die die Abwässer belasten könnten.


Editorial<br />

In den letzten Ausgaben der Motorik<br />

fanden sich immer wieder Beiträge zur<br />

Diagnostik. Im Rahmen einzelner<br />

Themenschwerpunkte befassten sich die<br />

Autoren u. a. mit der Entwicklung von<br />

motorischen Tests (Bader/Strüber<br />

2/2009), mit motorischer Leistungsfähigkeit<br />

von Kindern und Jugendlichen<br />

(Opper u. a. 2/2008), mit Bewegungsdiagnostik<br />

von Jugendlichen (Welsche<br />

u. a. 2/2007), mit Untersuchungen<br />

körperlicher Leistungsfähigkeit von<br />

Kindern (Scholz/Krombholz /2007)<br />

oder mit Diagnostik der Händigkeit und<br />

Grafomotorik (Schilling 3/2006).<br />

Diagnostik ist implizit oder explizit die<br />

Grundlage jeder Entwicklungsbeschreibung<br />

und ­überprüfung und dementsprechend<br />

bedeutend für jegliche<br />

Förderung und Evaluation. Sie ermöglicht<br />

das Erkennen von Bedarfen und<br />

Ressourcen und darum geht es in vielen<br />

Autorenbeiträgen, die bisher in der<br />

Motorik veröffentlicht wurden.<br />

Wie letztlich der Erkenntnisprozess<br />

gestaltet ist bzw. wird, obliegt jedem<br />

Forscher und Anwender, der dies im<br />

Hinblick auf seine spezifische Fragestellung<br />

und auch seine theoretische<br />

Ausrichtung entscheidet.<br />

In dem hier vorliegenden Schwerpunktheft<br />

sind nun verschiedene Beiträge<br />

zum Thema Diagnostik zu finden,<br />

welche aufgrund bereits durchgeführter<br />

Untersuchungen oder theoretischer<br />

Überlegungen jeweils zu weiterer For­<br />

schung im Hinblick auf eine (psycho­)<br />

motorische Förderung, ein diagnostisches<br />

Verfahren oder ein diagnostisches<br />

Vorgehen anregen. Alle Autoren zeigen<br />

insgesamt neue Forschungsfragen und<br />

­perspektiven auf. Es wird deutlich,<br />

dass die Fragen bundesweit, sowie über<br />

die europäischen Grenzen hinaus,<br />

bestehen.<br />

Der erste Beitrag von Christina Reichenbach<br />

geht aus einem Vortrag zu<br />

ethischen Aspekten in der Diagnostik<br />

hervor, der auf der Jahrestagung der<br />

Wissenschaftlichen Vereinigung für<br />

Psychomotorik und Motologie (WVPM<br />

e. V.) bereits zu Diskussionen anregte.<br />

Hier werden erste Überlegungen zu<br />

Ethik in der Diagnostik vorgestellt und<br />

konkret Fragen in Bezug auf ethische<br />

Vorstellungen in der psychomotorischen<br />

Diagnostik formuliert.<br />

Der zweite Beitrag von Karin Rummer/<br />

Maike Grotz/Kristina Holl/Ilka Seidel<br />

und Klaus Bös befasst sich mit der<br />

Untersuchung motorischer Leistungsfähigkeit.<br />

Die Autoren beschreiben die<br />

Ergebnisse der Pilotstudie „Sprungbrett“,<br />

welche durch ein strukturiertes<br />

Betreuungsprogramm am Nachmittag<br />

Verbesserungen in der motorischen<br />

Leistungsfähigkeit, in den anthropometrischen<br />

Daten und der gesundheitsbezogenen<br />

Lebensqualität erreichen<br />

will. Die vorliegenden Ergebnisse sind<br />

sehr interessant und hilfreich für<br />

weitere Forschungsfragen.<br />

Ein spezielles, alt bewährtes und the­<br />

oriebasiertes Verfahren zur Entwicklungsdiagnostik<br />

stellt Sabine Koch in<br />

ihrem Beitrag vor – das Kestenberg<br />

Movement Profile (KMP). Die Autorin<br />

hebt hervor, dass eine gute und<br />

differenzierte qualititative und quantitative<br />

Diagnostik von Bewegung die<br />

Grundlage für eine gute psychomotorische<br />

Intervention darstellt. Das KMP,<br />

welches seine Ursprünge in der Tanz­<br />

und Bewegungstherapie hat, wird im<br />

Überblick hinsichtlich der Grundgedanken<br />

und der Anwendung vorgestellt. Die<br />

Autorin macht das Verfahren durch eine<br />

exemplarische Entwicklungsdiagnostik<br />

für einen 2½ Monate alten Jungen<br />

anschaulich. Letztlich spricht sich die<br />

Autorin für die Anwendung der KMP in<br />

der Psychomotorik aus, so dass die<br />

Diagnostik um einen psychologischpsychodynamischen<br />

Aspekt ergänzt<br />

wird.<br />

Der vorwiegend theoretische Beitrag<br />

von Holger Jessel versucht Anstöße zu<br />

einer ressourcenorientierten psychomotorischen<br />

Diagnostik zu geben, welche<br />

wiederum entwicklungsfördernde<br />

Wirkungen entfalten kann. Jessel geht<br />

der Frage nach, welche Handlungs­ und<br />

Problemlösungsmöglichkeiten sich im<br />

Rahmen von Diagnostik eröffnen und<br />

wie diese gestaltet sein könnten. Hier<br />

hebt er insbesondere das Betrachten<br />

von Ressourcen sowie die Einstellungen,<br />

Werte und Haltungen des Psychomotorikers<br />

hervor, welche sich jeder Diagnostiker<br />

bewusst machen sollte.<br />

Letztlich wird sich für eine Implementierung<br />

spezifischer flächendeckender<br />

Fördermaßnahmen für die untersuchte<br />

Klientel ausgesprochen.<br />

Christina Reichenbach


Die Bedeutung ethischer Aspekte diagnostischen Handelns für den psychomotorischen Fachdiskurs<br />

Christina Reichenbach<br />

Die Bedeutung ethischer Aspekte<br />

diagnostischen Handelns<br />

für den psychomotorischen Fachdiskurs<br />

Diagnostik nimmt im Rahmen von Praxis, Forschung und Ausbildung kontinuierlich<br />

eine hohe Bedeutung ein. Diagnostisches Handeln bezieht sich zumeist auf die<br />

Kenntnis und Durchführung spezieller Methoden und Verfahren. Ethische Fragen<br />

bleiben in der Regel außen vor und werden nicht thematisiert. Der vorliegende<br />

Beitrag möchte auf ethische Fragestellungen und Probleme in Bezug auf Diagnostik<br />

aufmerksam machen und zur Diskussion unter anderem im Hinblick auf Inhalte,<br />

Ziele, Qualifikationen und Richtlinien anregen.<br />

„Handle nur nach derjenigen Maxime,<br />

durch die du zugleich wollen kannst,<br />

dass sie ein allgemeines Gesetz werde“<br />

(Universalisierungsformel des Kategorischen<br />

Imperativs nach Kant 1785)<br />

Einleitung<br />

Tagtäglich werden in psychomotorischen<br />

Praxen, in Kliniken oder zu<br />

anderweitigen Untersuchungszwecken<br />

Kinder und Jugendliche mit diversen<br />

diagnostischen Verfahren untersucht.<br />

Diagnostische Methoden und Verfahren<br />

sind Inhalte in zahlreichen und verschiedenen<br />

Studien- und Ausbildungsgängen<br />

sowie in speziellen Fortbildungen<br />

für Erzieherinnen, Lehrerinnen,<br />

Motopädinnen, Motologinnen, Heilpädagoginnen,<br />

Sonderpädagoginnen,<br />

Diplompädagoginnen, Rehabilitationspädagoginnen.<br />

Zumeist geht es in der<br />

Ausbildung darum, spezielle Verfahren<br />

zu vermitteln, die dann ökonomisch in<br />

der Praxis angewendet werden können.<br />

Auch wenn seit einiger Zeit betont<br />

wird, dass es wichtig ist „von den<br />

Stärken auszugehen“, ressourcenorientiert<br />

zu arbeiten und dabei die Haltung<br />

des Pädagogen/Diagnostikers sowie die<br />

Methoden zu reflektieren (vgl. Eggert<br />

1997; Schuck 000; Jessel 010), so<br />

stellt kaum jemand die Frage, ob es<br />

ethisch vertretbar ist, Kinder und<br />

Jugendliche ohne spezielle Voraussetzungen<br />

(z. B. persönliche Einwilligung<br />

oder spezifische Qualifikation) zu<br />

diagnostizieren.<br />

Im vorliegenden Beitrag werden<br />

verschiedene Aspekte ethischen<br />

Handelns beleuchtet und deren<br />

Bedeutung sowohl allgemein für den<br />

Alltag pädagogischer sowie speziell<br />

im Hinblick auf psychomotorische<br />

Diagnostik veranschaulicht. Der Beitrag<br />

versteht sich als Anregung zur Diskussion<br />

und wird keinesfalls als „abgeschlossen“<br />

erachtet.<br />

Thematisierung<br />

Ethik wird in verschiedenen Bereichen<br />

der Wissenschaft sowie unterschiedlichen<br />

Berufsfeldern thematisiert, so<br />

z. B. in den Naturwissenschaften<br />

(Biologie, Medizin, Informatik …), den<br />

Geisteswissenschaften (Theologie,<br />

Philosophie, Psychologie, etc.) oder den<br />

Sozialwissenschaften (Medien, Pädagogik,<br />

Recht, Soziologie, Wirtschaft, etc.).<br />

Überall werden ethische Diskussionen<br />

mit verschiedenen Schwerpunkten<br />

geführt. Die Auseinandersetzung mit<br />

ethischen Aspekten erfolgte bisher vor<br />

allem in Bezug auf pränatale Diagnostik<br />

und psychologische Diagnostik. Welche<br />

Bedeutung Ethik in der pädagogischen<br />

und spezifisch psychomotorischen<br />

Diagnostik hat, ist bisher kein explizites<br />

Thema gewesen.<br />

Begriffsverständnis von Ethik<br />

So wie es mit vielen Begrifflichkeiten in<br />

der Pädagogik und Psychologie ist, so<br />

gibt es auch für den Begriff der Ethik<br />

keine allgemeingültige Definition und<br />

dementsprechend auch keine generelle<br />

Sichtweise. Ethik heißt aus dem Griech.<br />

(éthos) übersetzt erst einmal nichts<br />

weiter als Gewohnheit, Brauch,<br />

Herkommen oder Sitte. Der Begriff birgt<br />

demnach Aspekte des Handelns und<br />

Verhaltens sowie dessen begründete<br />

Entstehung. Die Menschen handeln<br />

i. d. R. entsprechend der Sitten und<br />

Bräuche mit denen sie aufgewachsen<br />

und/oder kontinuierlich konfrontiert<br />

sind. Das menschliche Handeln, ganz<br />

unabhängig in welchem Kontext, ist<br />

demnach durch leitende Handlungsregeln<br />

bzw. „Normen“ bestimmt, welche<br />

selbst gesetzt oder gesellschaftlich<br />

bestimmt sein können. Neben persön-<br />

Prof. Dr. Christina Reichenbach<br />

Professorin an der Evangelischen<br />

Fachhochschule Bochum. Ihr Lehrgebiet<br />

ist die Heilpädagogik mit dem Schwerpunkt<br />

Förderung, Bildung und Integration<br />

von Kindern und Jugendlichen mit<br />

Behinderung.<br />

Arbeitsschwerpunkte: Förderdiagnostik,<br />

Schuleingang, Selbstkonzept.<br />

Anschrift der Verfasserin:<br />

Evangelische Fachhochschule<br />

R-W-L Bochum<br />

Immanuel-Kant-Str. 18– 0<br />

44803 Bochum<br />

E-Mail: christina.reichenbach@gmx.eu


lichen Erfahrungen sind Werte und<br />

Handlungsnormen von gesellschaftlichen,<br />

kulturellen, technischen und<br />

wirtschaftlichen Faktoren abhängig<br />

(vgl. Wuketits 006).<br />

„Ethik bestimmt sich aus Menschenbild<br />

und Werten, sie begründet eine<br />

Haltung“ (Ethik-Charta 1998, 3). Im<br />

Laufe der Zeit wird eine Gewohnheit<br />

(ethos) zum Charakter (äthos), welcher<br />

sich wiederum durch Grundhaltungen,<br />

Werte oder Tugenden beschreiben lässt<br />

(vgl. Gebauer/Kreis/Moisel 00 ).<br />

In jedem Fall kann gesagt werden: „Es<br />

gibt keine objektiven Werte“ (Mackie<br />

1989, 11, zit. nach Wuketits 006, 7).<br />

Ethik und Moral sind die Erzeugnisse<br />

von Menschen und damit fehlbar.<br />

„Ein Wert ist das, was uns wichtig ist.<br />

(…) Werte sind Auffassungen von<br />

Wünschenswertem“ (Reichenbach<br />

006, 3).<br />

Weiterführend fragt die ethike theoria<br />

(nach Aristoteles) „nach der Vernunft<br />

der bestehenden Sitten und Gebräuche,<br />

um sie nach Möglichkeit zu ändern,<br />

wo sie widervernünftig sind“ (Fischer<br />

u. a. 007, 0). Verschiedene hier<br />

genannte allgemeine Überlegungen<br />

zum Ethik-Begriff bieten in Bezug<br />

auf Diagnostik Grund zur Diskussion<br />

und Anlass zur Reflexion und Bewusstwerdung.<br />

Ehe wesentliche Gedanken<br />

und Fragen diesbezüglich zusammengefasst<br />

werden, folgen nun im Überblick<br />

Ausführungen zur ethischen<br />

Relevanz und Problematik von Diagnostik.<br />

Ethische Relevanz und Problematik<br />

in der Diagnostik<br />

Diagnostik bzw. die Anwendung diagnostischer<br />

Verfahren betrifft Menschen<br />

und alles was Menschen anbelangt, ist<br />

ethisch relevant. Nach Borchard ( 007)<br />

werden oft grundlegende ethische<br />

Probleme übersehen. So stellt bereits<br />

die Entscheidung zur Durchführung<br />

diagnostischer Verfahren eine Intervention<br />

und damit einen von außen<br />

bestimmten Eingriff dar. Zudem ist<br />

diagnostisches Handeln stets in<br />

(gesundheits-)politische, ökonomische,<br />

soziokulturelle und persönliche<br />

Rahmenbedingungen eingebunden und<br />

dadurch mitbestimmt (vgl. Gahl 001).<br />

Weiterhin können institutionelle<br />

Strukturen deutliche Auswirkungen auf<br />

die diagnostisch-ethische Urteilsbildung<br />

haben. Somit muss das ethische<br />

Handeln nicht unbedingt mit den<br />

eigenen ethischen Vorstellungen<br />

übereinstimmen. Eine Trennung von<br />

Diagnostik und Förderung oder aber<br />

eine mangelnde Transparenz gegenüber<br />

anderen Fachkräften können zu einer<br />

wertedivergenten Urteilsbildung führen.<br />

Auch die Vorgabe bestimmter Instrumentarien<br />

bzw. Verfahren oder zeitlicher<br />

Rahmenbedingungen können als<br />

Einengung der Persönlichkeit und der<br />

Werte des Diagnostikers gesehen<br />

werden.<br />

Gahl ( 001) führt beispielhaft zur<br />

ethischen Urteilsbildung verschiedene<br />

Ebenen auf, die pro Klient bedacht<br />

werden müssen und Teil von Diagnostik<br />

sind.<br />

• Sachebene: Erfassung und Rekonstruktion<br />

der Vorgeschichte, Auswahl<br />

diagnostischer Verfahren, Entscheidungsfindung<br />

• Kommunikation und Interaktion:<br />

Gespräche zwischen Diagnostiker und<br />

Klient sowie Bezugspersonen und<br />

weiteren Fachkräften<br />

• Psychologische Verarbeitung: Wer<br />

nimmt welche Informationen wie auf?<br />

• Recht: Schweigepflichtentbindung;<br />

Aufklärungspflicht; Selbstbestimmung<br />

• Soziale, ökonomische, soziokulturelle<br />

Ebene: Akzeptanz; Kosten-Nutzen-<br />

Abwägung<br />

• Wertebene individueller Entscheidungen:<br />

Sachlichkeit, Verantwortung,<br />

Achtung, Verschwiegenheit, Leitbilder,<br />

intuitive Wahrnehmung<br />

Die Wertungen eines Menschen sagen<br />

etwas über ihn aus; es wird deutlich,<br />

was ihm wichtig ist, was er anstrebt,<br />

was er achtet (vgl. Reichenbach 006).<br />

Übertragen auf die Diagnostik könnte<br />

dies bedeuten, dass die Auswahl und<br />

damit die individuelle Präferenz und<br />

„Wertigkeit“ spezieller diagnostischer<br />

Methoden und Verfahren etwas über<br />

den Diagnostiker aussagen. Welche<br />

Bedeutung die bisherigen Ausführungen<br />

für die eigene Diagnostik hat bzw.<br />

haben kann, wird im Folgenden anhand<br />

von Fragen formuliert.<br />

Bedeutung für PM­Diagnostik<br />

• Jeder Diagnostiker bringt in der<br />

psychomotorischen Diagnostik<br />

(bewusst oder unbewusst) seine<br />

eigenen Werte ein, die ihm<br />

wichtig sind!<br />

– Sagt die Auswahl der diagnostischen<br />

Verfahren und Methoden<br />

etwas über die Wertungen<br />

und Haltungen des Diagnostikers<br />

aus?<br />

– Warum wendet wer welche<br />

diagnostischen Verfahren an?<br />

– Was ist/wird warum gewünscht?<br />

Wer misst was<br />

welchen Wert bei?<br />

– Was ist dem Diagnostiker<br />

individuell bedeutsam?<br />

• Jedem diagnostischen Verfahren<br />

liegen Werte und theorie- oder<br />

erfahrungsbasierte Bezugsnormen<br />

zugrunde.<br />

– Welche Werte und Normen<br />

liegen zugrunde?<br />

– Wer hat die Werte und Normen<br />

wann und wozu vorgegeben?<br />

• Ethik und somit auch ethische<br />

Aspekte in der Diagnostik werden<br />

von einem zugrunde gelegten<br />

Menschenbild bestimmt! In der<br />

Psychomotorik gibt es kein<br />

„einheitliches“ Menschenbild und<br />

somit unterscheiden sich auch die<br />

Methoden und das Vorgehen in<br />

der Diagnostik!<br />

– Welches Menschenbild bzw.<br />

welche Menschenbilder liegen<br />

den genutzten diagnostischen<br />

Verfahren zugrunde?<br />

• Die „Vernunft“ von Sitten und<br />

Gebräuchen hinsichtlich des<br />

diagnostischen Vorgehens sowie<br />

der Anwendung „altgedienter“<br />

diagnostischer Verfahren und den<br />

damit verbundenen Werten sollte<br />

stets reflektiert und ggf. hinterfragt<br />

werden!<br />

– Ist etwas „gut“, weil es „alt<br />

bewährt“ ist oder weil es auch<br />

in neuen wiss. Begründungszusammenhängen<br />

überzeugt?<br />

– Passen sich diagnostische<br />

Vorstellungen veränderten<br />

Zeiten und Lebensgewohnheiten<br />

an? Sollten sie dies tun?<br />

• Welche Bedeutung haben<br />

institutionelle Strukturen für die<br />

Auswahl von diagnostischen<br />

Methoden und Verfahren?<br />

•<br />

Welchen Stellenwert haben<br />

ethische Aspekte der Diagnostik<br />

im Rahmen von Ausbildungen<br />

und Professionalisierung?<br />

3


4<br />

Die Bedeutung ethischer Aspekte diagnostischen Handelns für den psychomotorischen Fachdiskurs<br />

• Welchen Paradigmen psychomotorischer<br />

Förderung entsprechen<br />

welchen ethischen Vorstellungen<br />

diagnostischen Handelns?<br />

Zusammenhang von Ethik<br />

und Recht<br />

Ethische Vorstellungen hinsichtlich<br />

Diagnostik sind oftmals an rechtliche<br />

Vorgaben gebunden. Dies kann den<br />

Diagnostiker erleichtern oder auch<br />

einschränken. Eine Einschränkung<br />

erfolgt dann, wenn die rechtlichen<br />

Vorgaben nicht den eigenen ethischen<br />

Vorstellungen entsprechen. In den<br />

gesetzlichen Vorgaben steckt stets auch<br />

die Frage der Auftraggeberschaft. In<br />

einigen Gesetzen (z. B. im Schulgesetz)<br />

ist dies deutlich, in anderen müssen<br />

Bezüge hergestellt werden. Für das Ziel<br />

einer guten, professionellen und ethisch<br />

vertretbaren Diagnostik ist die Frage<br />

nach der Auftraggeberschaft und die<br />

damit verbundenen Interessen wichtig.<br />

Wenn die zu diagnostizierende Person<br />

selbst der Auftraggeber ist, dann ist das<br />

Prinzip der Freiwilligkeit erfüllt. Es ist<br />

klar, um was es geht und es liegen<br />

grundlegend keine ethischen Konflikte<br />

vor. Wenn Fremde bzw. Außenstehende<br />

die Auftraggeber sind, dann müsste<br />

geprüft werden, ob die Erkenntnisinteressen<br />

des Auftraggebers über dem<br />

Schutz der Persönlichkeitssphäre stehen.<br />

Der Diagnostiker sollte dann solche<br />

Instrumente wählen, welche die<br />

benötigten Informationen unter<br />

minimaler Verletzung der Persönlichkeitssphäre<br />

erfassen (vgl. Borchard<br />

007). Wenn Dritte Entscheidungen<br />

treffen, ist dennoch daran zu denken,<br />

dass dies den Diagnostiker nicht von<br />

seiner ethischen Verantwortung<br />

entbindet (vgl. Ethik-Charta 1998).<br />

Insgesamt sollte abgewogen werden, ob<br />

der Nutzen bestimmter diagnostischer<br />

Verfahren die „Kosten“ (Zeit, Finanzen,<br />

Personal und emotionale Belastung)<br />

übersteigen. Die Verhältnismäßigkeit<br />

der Mittel soll gewahrt bleiben. Für<br />

Psychologen gibt es Richtlinien des BDP<br />

(Berufsverbands Deutscher Psychologinnen<br />

und Psychologen e. V.) und der<br />

APA (American Psychological Association);<br />

für Nicht-Psychologen gibt es<br />

keine verbindlichen Richtlinien, sondern<br />

maximal Empfehlungen.<br />

Im Folgenden werden wesentliche<br />

rechtliche Aspekte in aller Kürze<br />

angeschnitten, vor allem, um verschiedene<br />

rechtliche Ebenen herauszustellen<br />

und, um bewusst zu machen, was diese<br />

rechtlichen Vorgaben bedeuten. Hier<br />

stehen beispielhaft die Fragen im<br />

Hintergrund:<br />

• Für wen gilt welches Recht, welche<br />

gesetzliche Vorgabe?<br />

• Welche Praxisrelevanz hat das<br />

Gesetz?<br />

• Was sind bzw. wären Erfordernisse für<br />

eine optimale Umsetzung der<br />

Gesetzestexte?<br />

Auswahl von Gesetzen und ihr Einfluss<br />

auf Diagnostik<br />

In verschiedenen Gesetzestexten finden<br />

sich Paragrafen, die direkt oder indirekt<br />

auf diagnostisches Arbeiten bezogen<br />

werden (können). Im Folgenden werden<br />

vier Gesetze beispielhaft genannt:<br />

Strafgesetzbuch: Im StGb § 03, Abs. 1<br />

finden sich Ausführungen über die<br />

Schweigepflicht bei bestimmten<br />

staatlich anerkannten Berufsgrup-<br />

pen.<br />

In der pädagogischen Praxis wird<br />

oftmals formal schriftlich festgehalten,<br />

dass in einer Diagnostik erhobene Daten<br />

nicht weitergegeben werden dürfen.<br />

Hier stellt sich die Frage, ob die diagnostizierten<br />

Personen oder ihre<br />

Eltern lediglich das Recht auf Einblick<br />

haben.<br />

Grundgesetz: Der zentrale Begriff des<br />

Rechts ist in Artikel 1 des Grundgesetzes<br />

festgeschrieben: die Würde des<br />

Menschen. Die Rechtsgrundlage sollte<br />

dazu dienen, die „Rahmenbedingungen<br />

für eine freie Entfaltung der Menschen<br />

gemäß ihrer Würde zu schaffen“<br />

(Borchard, 007). Dazu gehört u. a. die<br />

freie Entfaltung der Persönlichkeit und<br />

Autonomie.<br />

In der Praxis müsste dies bedeuten, dass<br />

Menschen das Recht haben in Entscheidungen<br />

und Entscheidungsprozesse<br />

einbezogen zu werden und nicht allein<br />

allen Empfehlungen zuzustimmen. Wird<br />

das Gesetz streng definiert, so stellen<br />

diagnostische Verfahren einen Eingriff<br />

in das allgemeine Persönlichkeitsrecht<br />

dar (vgl. Avenarius 1990). Es gibt jedoch<br />

immer wieder Ausnahmeregelungen,<br />

insbesondere, wenn es um die Feststellung<br />

der Schulfähigkeit geht (vgl.<br />

ebd.).<br />

Schulgesetz: Im Schulgesetz für das<br />

Land NRW wird es in § 1 6 als Ordnungswidrigkeit<br />

verstanden, wenn<br />

Eltern nicht für die Teilnahme ihres<br />

Kindes an der Feststellung des Sprachstandes<br />

sorgen, welche das Schulamt<br />

feststellt (§ 36 Abs. und 3).<br />

Damit werden Eltern dazu verpflichtet,<br />

ihr Kind diagnostischer Begutachtung<br />

auszusetzen, ohne dass sie das Recht zur<br />

Mitbestimmung haben. Konkret könnte<br />

dies jeweils angefochten werden, in dem<br />

sich auf das Verhältnismäßigkeitsgebot<br />

bezogen wird.<br />

Erfordernisse für die Umsetzung<br />

der Gesetzestexte<br />

Auch wenn bestimmte Aspekte, die die<br />

Diagnostik betreffen (z. B. Erhebung des<br />

Sprachstandes), per Gesetz festgeschrieben<br />

sind, so besteht grundsätzlich<br />

die Frage nach der Umsetzung und<br />

auch der Interpretation der Gesetzestexte.<br />

Im Folgenden wird das Problem in Bezug<br />

auf die Erfassung des Sprachstandes<br />

beispielhaft veranschaulicht.<br />

Es steht nirgends geschrieben, welche<br />

Qualität beispielsweise Verfahren zur<br />

„Feststellung des Sprachstandes“ und<br />

welche Qualifikation entsprechende<br />

Anwender/Diagnostiker haben müssen.<br />

Wird die praktische Umsetzung des<br />

Gesetzestextes betrachtet, so zeigen<br />

sich grundsätzlich Lücken und Widersprüche.<br />

So gibt es zum Erlernen von<br />

Verfahren in der Praxis mal spezielle<br />

längere Fortbildungen, mal Tageskurse,<br />

mal wird eine autodidaktische Aneignung<br />

verlangt. In der Durchführung<br />

werden Verfahren mal von außenstehenden<br />

fremden Personen allein oder<br />

im Beisein bekannter Erzieherinnen<br />

durchgeführt, ein anderes Mal wiederum<br />

ausschließlich von den gut bekannten<br />

Erzieherinnen. Schlussendlich<br />

sollen aber alle Kinder gleich „bewertet“<br />

und eingeschätzt werden und es fallen<br />

Entscheidungen, die ihr weiteres Leben<br />

beeinflussen. Diese Lücken in Form von<br />

mangelnder Qualität und ungenügender<br />

Qualifikation greifen zum Teil die Würde<br />

des Menschen, in diesem Beispiel der<br />

Kinder, an und sind ethisch nicht zu<br />

vertreten, wenn professionell gearbeitet<br />

werden soll.<br />

Das Beispiel aus dem Kita-Alltag und<br />

die dort auftretenden Differenzen, die<br />

sich aus unterschiedlicher Qualität und


Qualifikation ergeben, lassen sich sehr<br />

gut auf psychomotorische oder andere<br />

pädagogische diagnostische Handlungssituationen<br />

übertragen. Wichtige<br />

Fragestellungen dazu könnten sein:<br />

Bedeutung für PM­Diagnostik<br />

– Welche Rechte hat der zu<br />

diagnostizierende Mensch in der<br />

(psychomotorischen) Diagnostik?<br />

– Inwiefern wird auf die Selbstbestimmung<br />

des zu diagnostizierenden<br />

Menschen in der PM-<br />

Diagnostik eingegangen und<br />

diese akzeptiert?<br />

– Wie kann der Diagnostiker der<br />

ethischen Verantwortung gerecht<br />

werden, wenn Dritte Entscheidungen<br />

treffen?<br />

– Welche Qualifikationen sind<br />

erforderlich, um rechtliche<br />

Vorgaben umzusetzen?<br />

– Welche fachlichen Kompetenzen<br />

und Qualifikationen sind für eine<br />

PM-Diagnostik erforderlich, die<br />

ethische Belange berücksichtigen?<br />

– Braucht die PM-Diagnostik<br />

Richtlinien bzw. Leitlinien, um<br />

ethischen Aspekten gerecht zu<br />

werden?<br />

Richtlinien für verantwortungsvolles<br />

diagnostisches Handeln<br />

Nicht jeder Forscher und Untersucher<br />

sowie auch nicht jeder Praktiker, also<br />

Diagnostiker, kann tun und lassen was<br />

er möchte. Es gibt verschiedene Arten<br />

von Richtlinien für pädagogisches und<br />

auch diagnostisches Handeln, auch<br />

wenn diese nicht immer einer Kontrolle<br />

obliegen. Die international einflussreichsten<br />

Ethikrichtlinien stammen von<br />

der American Psychological Association<br />

(APA 00 ) und beinhalten zusammengefasst<br />

folgende Punkte:<br />

• Verantwortung: „Kosten“ und Nutzen<br />

für den Klienten abwägen<br />

• Individuelle Verantwortung des<br />

Diagnostikers und aller Beteiligten<br />

• Information und Aufklärung über<br />

Untersuchung<br />

• Offenheit und Ehrlichkeit<br />

• Freiwillige Teilnahme und Möglichkeit<br />

des Abbruchs<br />

• Klienten nicht ausnutzen;<br />

Absprachen einhalten<br />

• Schaden und Stress vermeiden,<br />

über Risiken informieren<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Vollständige Aufklärung<br />

Datenschutz; Zusicherung von<br />

Anonymität<br />

Schädigungsfreiheit von Untersuchungsteilnehmern.<br />

Verantwortung gilt als wesentlicher<br />

Begriff in der Diskussion um ethische<br />

Aspekte von Diagnostik (vgl. Fischer/<br />

Gruden u. a. 007 nach Rohpohl 1998).<br />

Hier kann gefragt werden:<br />

• Wer verantwortet etwas? (Individuum,<br />

Korporation, Gesellschaft, …)<br />

• Was wird verantwortet? (Handlung,<br />

Produkt, Unterlassung, …)<br />

• Wofür wird verantwortet? (voraussehbare<br />

oder nicht voraussehbare<br />

Folgen, Fern- und Spätfolgen, …)<br />

• Weswegen wird verantwortet?<br />

(Moral, gesell. Werte, Gesetze, …)<br />

• Wovor wird verantwortet? (Gewissen,<br />

Urteil anderer, Gericht, …)<br />

• Wann wird verantwortet? (vorher,<br />

aktuell, nachher, …)<br />

• Wie wird verantwortet? (aktiv,<br />

virtuell, passiv, …)<br />

Diese Fragen können im Rahmen einer<br />

Diagnostik von einem Diagnostiker<br />

vielfältig beantwortet werden. Sicherlich<br />

hängt die Beantwortung der Fragen<br />

stets vom spezifischen Kontext bzw.<br />

den institutionellen Bedingungen sowie<br />

der Persönlichkeit des Diagnostikers ab.<br />

Schuck macht deutlich, dass es in der<br />

pädagogischen Diagnostik auch darum<br />

geht „die entwickelten und gebräuchlichen<br />

Konzepte der Diagnostik hinsichtlich<br />

ihrer Menschenbilder, ihrer<br />

wissenschaftstheoretischen Annahmen,<br />

ihrer ethischen Implikationen und ihrer<br />

klassischen Verwertungszusammenhänge<br />

wahrzunehmen und im Hinblick auf<br />

ihre Brauchbarkeit und Veränderungsnotwendigkeit<br />

auf dem Hintergrund der<br />

aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen<br />

zu prüfen“ ( 000, 46 f.).<br />

In jedem Fall wäre es sinnvoll,<br />

Richtlinien für eine psychomotorische<br />

Diagnostik zu formulieren. Diese<br />

Richtlinien könnten die Qualität<br />

der Arbeit steigern und es würde<br />

ganz sicher zur Professionalisierung<br />

psychomotorischer Arbeit beitragen.<br />

Bedeutung für PM­Diagnostik<br />

– Welche Verantwortungen gibt es<br />

in der Vielzahl von diagnostischen<br />

Vorgehensweisen in der<br />

Psychomotorik?<br />

– Wer verantwortet was? (der<br />

Entwickler das Verfahren; die<br />

Anwender die Auswahl und die<br />

Umsetzung der Verfahren; …)<br />

– Was könnten ethische Maßstäbe<br />

in der psychomotorischen<br />

Diagnostik sein?<br />

– Welchen Stellenwert haben<br />

ethische Aspekte der Diagnostik<br />

im Rahmen von Ausbildungen<br />

und Professionalisierung?<br />

Erfordernisse für eine<br />

psychomotorische Diagnostik<br />

unter Berücksichtigung<br />

ethischer Aspekte<br />

Interessant wäre die Frage, wie viele der<br />

Leser sich schon einmal Gedanken zur<br />

Ethik im Rahmen von psychomotorischer<br />

Diagnostik gemacht haben und wenn ja,<br />

zu welchen Positionen sie dann gelangt<br />

sind. Eigentlich müsste dies zu einer<br />

Vielzahl von Antworten führen, allein<br />

wenn man die Verschiedenheit diagnostischer<br />

Wege und Vorgehen betrachtet<br />

(vgl. Eggert 1997, Schönrade/Pütz 000,<br />

Göbel/Panten 00 , Passolt/Pinter-Theiss<br />

003, Reichenbach/Lücking 007).<br />

Unabhängig davon, welche Verfahren<br />

genutzt werden, so greift man als<br />

Diagnostiker tagtäglich in den Persönlichkeitsbereich<br />

Anderer ein.<br />

Im Folgenden werden zum einen einige<br />

ethische Aspekte von Diagnostik<br />

herausgestellt, mit denen wir, solange<br />

wir in diesem Feld aktiv sind, tagtäglich<br />

konfrontiert werden könnten. Zum<br />

anderen soll dazu angeregt werden,<br />

über die eigene Position und Qualifikation<br />

nachzudenken und diese für sich<br />

zu reflektieren. Ethische Aspekte haben<br />

Bedeutung bezüglich verschiedener<br />

Bereiche, die im Folgenden stichpunktartig<br />

zusammengefasst sind (in Anleh-<br />

nung an Moosbrugger/Höfling 006):<br />

Fachliche Kompetenz und Qualifikation<br />

• Kompetenz als Mischung aus<br />

individuellem, professionellem<br />

Wissen, Urteilsvermögen, Wertvorstellungen<br />

und technischen sowie<br />

zwischenmenschlichen Fähigkeiten;<br />

• Wissen und Können in Bezug auf<br />

Methodenvielfalt;<br />

•<br />

begründete Auswahl spezifischer<br />

Verfahren anstelle „Standard-Satz“<br />

5


6<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Die Bedeutung ethischer Aspekte diagnostischen Handelns für den psychomotorischen Fachdiskurs<br />

Gewährleistung einer sachgemäßen<br />

und fachgerechten Anwendung des<br />

Verfahrens;<br />

– Bei Tests: Erfordernis psychometrischer<br />

Kenntnisse;<br />

– Bei Tests: Gewährleistung der<br />

Objektivität der Durchführung;<br />

Klarwerden über Bezugsnorm des<br />

angewendeten Verfahrens;<br />

Klarheit über die Bewertung/Ein-<br />

schätzung der Information, die aus<br />

dem Verfahren resultiert;<br />

Kenntlichmachen eigener Werte<br />

und/oder Wertesystem;<br />

Bewusstmachung und Einbezug<br />

möglicher Fehlerquellen.<br />

Auswahl diagnostischer Verfahren<br />

• Warum werden vom Diagnostiker<br />

welche Verfahren ausgewählt?<br />

• Welche Vorstellungen von Entwicklung<br />

hat der Diagnostiker und finden<br />

sich diese in den genutzten Verfahren<br />

wieder?<br />

• Welche persönlichen Werte hat der<br />

Diagnostiker, die sich in der Auswahl<br />

der diagnostischen Verfahren<br />

niederschlagen? An welchen Werten<br />

muss bzw. sollte er sich orientieren?<br />

Wer bestimmt dies?<br />

• Welche Fragestellung bzw. welches<br />

Ziel steht im Vordergrund und welche<br />

Verfahren geben dem Diagnostiker<br />

diesbezüglich welche Auskunft?<br />

• Sind die Ziele der durchgeführten<br />

Verfahren aktuell überprüft?<br />

• Welche Bedeutung spielt das in der<br />

psychologischen Diagnostik angeführte<br />

Kriterium der Ökonomie, d. h.<br />

gesicherte Ergebnisse in kurzer Zeit,<br />

in pädagogisch geprägten diagnostischen<br />

Arbeitsfeldern?<br />

• Ist die Aktualität und Repräsentativität<br />

der Normen bei einer Testanwendung<br />

gesichert?<br />

• Welcher Erhebungszeitraum ist<br />

vorgesehen?<br />

• Gibt es weitere Auswertungskategorien<br />

(z. B. Fehleranalyse,<br />

Entwicklungsprofile)?<br />

• Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen,<br />

dass kein diagnostisches<br />

Verfahren, alle wesentlichen Aspekte<br />

einer Fragestellung eines Auftraggebers<br />

erfasst. Daher: Werden<br />

beispielsweise standardisierte<br />

Verfahren durch offenere Fragen<br />

ergänzt (z. B. Fragebogen, Interview)?<br />

Anwendung Diagnostischer Verfahren<br />

Die Auswahl diagnostischer Verfahren<br />

entscheidet oder bestimmt ebenso die<br />

Art der Anwendung. Die Anwendung<br />

unterscheidet sich in Abhängigkeit von<br />

der Methode: Test, Screening, Befragung,<br />

Arbeitsprodukte, Inventare, Gespräche<br />

u. a. Die Rolle des Diagnostikers sowie<br />

die Form und Struktur der Situation und<br />

die Möglichkeiten zu ihrer Gestaltung<br />

werden wiederum in Abhängigkeit von<br />

der Methode bestimmt.<br />

Der Anwendung von Tests scheint<br />

ethisch betrachtet beispielsweise durch<br />

befriedigende Gütekriterien Genüge<br />

getan (vgl. Avenarius 1990). Es ist<br />

jedoch eindeutig, dass dies keine<br />

hinreichenden Bedingungen sind,<br />

sondern letztlich durch die Qualität der<br />

Testanwendung bestimmt werden (vgl.<br />

Moosburger/Höfling 006).<br />

Richtlinien und Qualifikation<br />

Zunehmend wird in der psychologischen<br />

Diagnostik gefordert, dass ethische<br />

Aspekte zu berücksichtigen sind und<br />

sich diesbezüglich auch an Leitlinien<br />

orientiert werden sollte. Es gibt<br />

verschiedene Leitlinien, so z. B.:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Leitlinien der APA<br />

Ethische Richtlinien der DGP und des<br />

BDP (vgl. www.dgps.de, 1998)<br />

Von verschiedenen Autoren aufgestellte<br />

Leitlinien (vgl. Moosburger/<br />

Höfling 006)<br />

International Guidelines for Test Use<br />

(IGTU; International Test Commission<br />

000)<br />

Standards für pädagogisches und<br />

psychologisches Testen (SPPT; Häcker<br />

u. a. 1998)<br />

Weiterhin werden vielerorts auch eine<br />

Verpflichtung zur Supervision sowie<br />

die Einrichtung von Ethikkommissionen<br />

gefordert. In Deutschland gibt es<br />

verschiedene Ethikkommissionen,<br />

jedoch ist außerhalb des medizinischen<br />

Bereichs der Einbezug derartiger<br />

Kommissionen gesetzlich nicht erforderlich<br />

und nicht vorhanden. Ethische<br />

Standards und ihre Geltung sind einer<br />

Übereinkunft zu verdanken, die es<br />

ermöglicht, nach gemeinsamen<br />

Richtmaßen bei unterschiedlichen<br />

moralischen Orientierungen zu handeln<br />

(vgl. Fischer u. a. 007). Moralische<br />

Überzeugungen allein sind nicht<br />

kompromissfähig, Standards hingegen<br />

lassen Kompromisse zu.<br />

Die International Test Commission<br />

( 000, 6) hat als zentrale Zielsetzung<br />

der „International Guidelines for Test<br />

Use“ formuliert: „Ein fachlich kompetenter<br />

Testanwender setzt Tests in<br />

fachgerechter und ethisch korrekter<br />

Weise ein und berücksichtigt dabei die<br />

Bedürfnisse und Rechte der am Test-<br />

prozess Beteiligten, die Gründe für die<br />

Testung sowie den weiteren Kontext,<br />

in dem der Test stattfindet“ (Moosburger/Höfling<br />

006, 449).<br />

Hier wird deutlich, dass zum einen ver-<br />

schiedene Kompetenzen vom Diagnostiker<br />

gefordert sind und zum anderen,<br />

dass es nicht allein um die Anwendung<br />

eines Verfahrens geht, sondern auch<br />

um die Bedürfnisse und Rechte der<br />

beteiligten Menschen sowie um den<br />

Einbezug des Kontextes und des<br />

Auftrags. Der Einbezug des Umfeldes,<br />

also des Kontextes und auch die<br />

Berücksichtigung der Fragestellung der<br />

Diagnostik sowie die Berücksichtigung,<br />

wer der Auftraggeber ist oder welcher<br />

Auftrag von wem formuliert wurde,<br />

sollte in der pädagogischen und<br />

psychologischen und somit auch in der<br />

psychomotorischen Diagnostik ausdrücklich<br />

Berücksichtigung finden.<br />

Um sich selbst Gedanken über den<br />

Einbezug der Bedürfnisse und Rechte zu<br />

machen, muss der Diagnostiker sich<br />

über die Rechte im Klaren sein und<br />

einen Weg finden, um die individuellen<br />

Bedürfnisse der Klientel zu erfassen und<br />

den Ablauf seines Vorgehens sorgfältig<br />

zu planen.<br />

Zur Anwendung gehört außerdem die<br />

Gestaltung einer geeigneten Diagnostik-<br />

Atmosphäre, zu der auch ein positiver<br />

Beziehungsaufbau sowie eine wertschätzende<br />

Beziehungsgestaltung<br />

beitragen. Mögliche Störquellen sollten<br />

beseitigt und eine ablenkungsfreie und<br />

angenehme Umgebung (z. B. Licht,<br />

Temperatur) geschaffen werden.<br />

Bedenken möglicher Folgen<br />

Jeder Diagnostiker sollte sich über die<br />

Funktion, die Bedeutung und den<br />

Nutzen der gewählten Verfahren für<br />

den Beurteilungs- und Entscheidungsprozess<br />

im Klaren sein. Es geht i. d. R.<br />

um die Indikation von Fördermaßnahmen<br />

und die Frage, welche Förderung<br />

genau passend ist und/oder wie der<br />

Interventionsprozess geplant wird.<br />

Die Frage, welche möglichen negativen


Konsequenzen die Anwendung des<br />

Verfahrens für den Diagnostizierten mit<br />

sich bringen könnte, sollte immer mit<br />

bedacht werden. Wenn es um Entscheidungen<br />

von großer Tragweite geht,<br />

sollte stets versucht werden, die<br />

Lebenswirklichkeit der zu diagnostizierenden<br />

Person zu rekonstruieren (z. B.<br />

mittels Exploration) (vgl. Borchard,<br />

007). Welche familiären, emotionalen,<br />

lebensstilrelevanten, beruflichen oder<br />

ökonomischen Folgelasten können<br />

durch eine Befunderhebung oder<br />

Diagnostik entstehen?<br />

Information, Einverständnis<br />

und Transparenz<br />

Der Mensch, der diagnostiziert wird,<br />

ist ausreichend über den Zweck der<br />

Diagnostik zu informieren und ggf.<br />

aufzuklären. Eine Mitwirkung an der<br />

Diagnostik darf nicht „erschlichen“<br />

werden. Es wird unterschiedlich<br />

diskutiert, was die Information von<br />

Kindern betrifft: zum einen wird der<br />

gesetzliche Vertreter als ausreichend<br />

empfunden, zum anderen wird Wert<br />

darauf gelegt, das Kind direkt einzubeziehen<br />

und dieses als „entscheidungsfähig“<br />

zu sehen (vgl. Borchard 007).<br />

Die zu diagnostizierende Person sollte<br />

die Entscheidung darüber haben, wer<br />

was von ihr weiß. Es besteht zudem<br />

das Recht auf Einsicht aller über die<br />

eigene Person gespeicherten Daten<br />

(vgl. Borchard 007).<br />

Jeder Mensch hat das Recht, seine<br />

Ergebnisse einzusehen. Die Praxis sieht<br />

unterschiedlich aus: je nach Institution<br />

werden die über den Menschen<br />

festgehaltenen Befunde und Berichte<br />

persönlich ausgehändigt oder Einblick<br />

gewährt.<br />

Die Ergebnisse sollten möglichst in<br />

konstruktiver, sprachlich angemessener<br />

und inhaltlich verständlicher Form<br />

erläutert werden. Das Wohl des<br />

Menschen ist zu berücksichtigen und<br />

spezifische Empfehlungen sind gemeinsam<br />

abzusprechen. Das bedeutet, dass<br />

der Mensch die Möglichkeit erhält, sich<br />

selbst einzubringen.<br />

Sicherung der Daten<br />

Alle relevanten Daten müssen gesichert<br />

aufbewahrt werden. Hierzu können die<br />

Institutionen bzw. Diagnostiker<br />

spezielle Richtlinien über Verfügbarkeit,<br />

Aufbewahrungsdauer und weitere<br />

Verwendung formulieren. Bei namentlicher<br />

Zuordnung dürfen die Daten<br />

ausschließlich mit vorheriger schriftlicher<br />

Einwilligung der diagnostizierten<br />

Person anderen Personen (z. B. Ärzte,<br />

Therapeuten, Kostenträger) zugänglich<br />

gemacht werden.<br />

Fazit und Ausblick<br />

Da, wie eingangs erwähnt, bestimmte<br />

ethische Werte von Menschen selbst<br />

aufgestellt werden und somit fehlbar<br />

sind, kann es ein Ziel sein, aus Fehlern<br />

zu lernen und dementsprechend<br />

aufgestellte Werte zu revidieren (vgl.<br />

Wuketits 006). Die eigenen jeweiligen<br />

Werte und Normen spiegeln Bedürfnisse<br />

und Abneigungen wieder und können<br />

als Resultate verschiedener Lebensbedingungen<br />

gesehen werden (vgl.<br />

Wuketits 006). Aufgrund dessen wird<br />

es immer Wertekonflikte geben.<br />

Dies zeugt von einer Bejahung der<br />

Vielfalt und der Konflikthaftigkeit der<br />

individuellen Werte (vgl. Reichenbach<br />

006).<br />

Die Förderung ethischer Kompetenz,<br />

d. h. einer Fähigkeit der verantwortungsvollen<br />

Auseinandersetzung mit ethischen<br />

Fragen in der psychomotorischen<br />

Diagnostik und eigenen Wertvorstellungen<br />

unter Einbezug der jeweiligen<br />

Menschen, die diagnostiziert werden,<br />

gilt als ein wesentliches Ziel.<br />

Das eingangs erwähnte Zitat von Kant<br />

kann auch so gedeutet werden, dass<br />

jeder Diagnostiker sich auf sich zurück<br />

besinnt, seine Qualifikation auf einem<br />

aktuellen Stand hält und seine Arbeit<br />

kontinuierlich reflektiert, um sein<br />

Handeln auch für andere annehmbar zu<br />

gestalten. Im Sinne von Selbstentfaltung<br />

und Persönlichkeitsbildung wäre<br />

es eine Möglichkeit, mit dem Klienten<br />

gemeinsam Situationen zu entwickeln<br />

oder zu überlegen (vgl. Brühlmann<br />

000), die diagnostischen Erkenntnissen<br />

dienen oder aber die zu diagnostizierende<br />

Person anhand einer Auswahl<br />

entscheiden zu lassen, welche Verfahren<br />

und welches Vorgehen sie bevorzugt<br />

und wählt. Ansatzpunkte für eine<br />

weitere Diskussion sind neben den<br />

bereits im Beitrag formulierten Fragen,<br />

zusammengefasst die folgenden Thesen.<br />

Eventuell regen sie an, die Qualifikation<br />

im Rahmen von Ausbildungen und auch<br />

die eigene diagnostische Praxis zu<br />

reflektieren und ggf. zu ändern.<br />

Thesen<br />

1) Die fachlich-psychomotorische<br />

sowie diagnostische Kompetenz<br />

und Qualifikation muss ethische<br />

Belange berücksichtigen!<br />

) Verschiedenen Paradigmen<br />

pädagogischer/therapeutischer<br />

und damit psychomotorischer<br />

Arbeit bedingen verschiedene<br />

ethische Vorstellungen diagnostischen<br />

Handelns!<br />

3) Die „Vernunft“ von diagnostischen<br />

Werten sollte stets<br />

reflektiert und ggf. hinterfragt<br />

werden!<br />

4) Epochale Veränderungen<br />

erfordern ein verändertes<br />

Werteverständnis, welches sich<br />

in diagnostischen Verfahren<br />

niederschlagen sollte!<br />

5) Institutionelle Strukturen dürfen<br />

nicht die Auswahl und den<br />

Umfang von diagnostischen<br />

Methoden und Verfahren<br />

bestimmen!<br />

6) Diagnostik-Richtlinien sind<br />

sinnvoll, um ethischen Aspekten<br />

gerecht zu werden!<br />

Literatur:<br />

Avenarius, H. (1990): Anwendung<br />

diagnostischer Testverfahren in<br />

der Schule. Ein Rechtsgutachten.<br />

Weinheim: Beltz.<br />

Bavastro, P. (Hrsg.) (1998): Ethik­<br />

Charta. (www.fuente.de/<br />

bioethik/ethkch1 .htm)<br />

Borchard: www.uni-koeln.de/philfak/fs-psych/<br />

serv_pro/skripte/<br />

diag/spez_ethik_borchard.doc<br />

(30.11. 007)<br />

Brühlmann, T. ( 000): Selbstenfaltungsethik<br />

in der Psychotherapie.<br />

In: Schweizer Archiv für<br />

Neurologie und Psychiatrie, 151,<br />

5, 18– .<br />

Carrier, M. ( 006): Wissenschaftstheorie.<br />

Dresden: Junius.<br />

Eggert, D. (1997): Von den Stärken<br />

ausgehen … Dortmund: borgmann.<br />

Fischer, J./Gruden, S./Imhof, E./<br />

Strub, J.( 007): Grundkurs Ethik.<br />

7


Die Bedeutung ethischer Aspekte diagnostischen Handelns für den psychomotorischen Fachdiskurs<br />

Grundbegriffe philosophischer<br />

und theologischer Ethik.<br />

Stuttgart: Kohlhammer.<br />

Gahl, K. (2001): Ethische Urteilsbildung<br />

im Krankenhausalltag.<br />

Vortrag am 19.09.2001.<br />

Gebauer, D. /Kreis, L./Moisel, J.<br />

(2002): Philosophische Ethik.<br />

Freising: Stark.<br />

Göbel, H./Panten, D. (2002):<br />

HamMotScreen für Vorschulkinder.<br />

In: Praxis der Psychomotorik<br />

27, 1, 14–21.<br />

Jessel, H. (<strong>2010</strong>): Im Sinne des<br />

Menschen – Ressourcenorientierung<br />

in der psychomotorischen<br />

Diagnostik. In diesem Heft.<br />

Kornmann, R. (2006): Testung<br />

sprachlicher Minderheiten.<br />

Testing Linguistic Minorities. In:<br />

F. Petermann/M. Eid (Hrsg.),<br />

Handbuch der psychologischen<br />

Diagnostik (S. 457–464).<br />

Göttingen: Hogrefe.<br />

BEWEGUNG & ERNÄHRUNG<br />

Moosbrugger, H. /Höfling, V. (2006):<br />

Testdurchführung und -auswer-<br />

tung. Test Administration and<br />

Interpretation. In: F. Petermann/<br />

M. Eid (Hrsg.), Handbuch der<br />

psychologischen Diagnostik<br />

(S. 449–456). Göttingen:<br />

Hogrefe.<br />

Passolt, M./Pinter-Theiss, V. (2003):<br />

„Ich hab eine Idee …“ Psychomotorische<br />

Praxis planen, gestalten,<br />

reflektieren. Dortmund: verlag<br />

modernes lernen.<br />

Reichenbach, Chr. /Lücking, Chr.<br />

(2007): Diagnostik im Schuleingangsbereich.<br />

DiSb. Dortmund:<br />

borgmann.<br />

Reichenbach, R. (2006): Erziehung<br />

zum Guten – 7 Thesen. Referat<br />

an der Tagung „Werte unterrichten.<br />

Zur politischen Entdeckung<br />

einer schulischen Aufgabe“,<br />

Katholische Akademie Berlin,<br />

04.03.2006.<br />

Württembergischer Landessportbund e.V. (Hrsg.)<br />

Der Teller ist rund –<br />

nach dem Essen ist vor dem Essen<br />

Schönrade, S./Pütz, G. (2000):<br />

Die Abenteuer der kleinen Hexe.<br />

Dortmund: borgmann.<br />

Schuck, K. (2000): Diagnostische<br />

Konzepte. In: J. Borchert (Hrsg.),<br />

Handbuch der Sonderpädagogischen<br />

Psychologie. (S. 233–249).<br />

Göttingen: Hogrefe.<br />

Wuketits, F. M. (2006): Bioethik.<br />

Eine kritische Einführung.<br />

München: Beck.<br />

sowie<br />

• http://www.dgps.de/dgps/<br />

aufgaben/003.php<br />

• http://www.schulministerium.nrw.<br />

de/BP/Schulrecht/Gesetze/<br />

SchulG_Info/Schulgesetz.pdf<br />

• http://www.gesetze-im-internet.<br />

de/bundesrecht/stgb/gesamt.pdf<br />

• http://www.aerztekammer-bw.de/<br />

20/merkblaetter/schweigepflicht.<br />

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Jugendliche sind von den bereits schon epidemiologischen Ausmaßen von Übergewicht<br />

und Adipositas betroffen. Laut KIGGS­Studie (Kurth/Schaffrath Rosario<br />

2007) sind 15% der Kinder und Jugendlichen im Alter von 3–17 Jahren übergewichtig,<br />

davon sind 6% adipös. So multifaktoriell die Ursachen für die Entstehung von<br />

Übergewicht sind, so umfassend sind auch die Interventionsprogramme. Derzeit<br />

werden vorrangig integrative Interventionsansätze mit den Bausteinen Bewegung,<br />

Ernährung und Verhaltenstherapie für eine Gewichtsreduktion als sinnvoll und<br />

effektiv angesehen. Das FoSS am Karlsruher Institut für Technologie erarbeitete ein<br />

Konzept für die langfristige und effektive Therapie und Prävention von Übergewicht,<br />

und erweiterte die traditionellen Interventionsmaßnahmen um die Bausteine<br />

Hausaufgabenbetreuung, Elternschulung sowie computergestützte Dokumentation<br />

und Analyse. Dem so genannten Projekt „Sprungbrett“ liegt ein quasi­experimenteller<br />

Untersuchungsplan mit insgesamt bis zu 5 Messzeitpunkten über einen Zeitraum<br />

von 6 Monaten zugrunde. An der Studie nahmen zehn übergewichtige Kinder im<br />

Alter zwischen neun und zwölf Jahren teil. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass<br />

sich durch ein gezieltes strukturiertes Betreuungsprogramm am Nachmittag<br />

signifikante Verbesserungen in der motorischen Leistungsfähigkeit und dem BMI­<br />

SDS erzielen lassen.<br />

Ausgangssituation<br />

Weltweit gehen Experten derzeit von<br />

1,3 Milliarden übergewichtigen oder<br />

adipösen Menschen aus. Auch immer<br />

mehr Kinder und Jugendliche sind von<br />

den bereits schon epidemiologischen<br />

Ausmaßen von Übergewicht und<br />

Adipositas betroffen (Wabitsch 2007).<br />

Legt man die BMI-Grenzwerte der WHO<br />

zugrunde, so ist in Deutschland die<br />

Hälfte der erwachsenen Bevölkerung<br />

übergewichtig und jeder fünfte Bürger<br />

adipös, bei Kindern und Jugendlichen<br />

sind 15% übergewichtig, davon 6%<br />

adipös (www.kiggs.de).<br />

Mögliche Ursachen für kindliches<br />

Übergewicht finden sich, neben der<br />

Zugehörigkeit zu einer niedrigen<br />

sozialen Schicht, der elterlichen<br />

1 Eine Studie aus dem Forschungszentrum für<br />

den Schulsport und den Sport von Kindern<br />

und Jugendlichen (FoSS) am Institut für Sport<br />

und Sportwissenschaft des Karlsruher Insitut<br />

für Technologie (KIT).<br />

Vorbelastung, ungünstigen Ernährungsgewohnheiten<br />

und einem hohen Maß<br />

an körperlicher Inaktivität, vor allem<br />

auch im Wandel der Lebenswelt und der<br />

Lebensstile von Kindern und Jugendlichen.<br />

Im Gegensatz zu einer Kindheit<br />

in den fünfziger oder sechziger Jahren<br />

lässt die derzeitige Verkehrssituation in<br />

den Städten ein Spielen auf der Straße<br />

nicht mehr oder nur noch sehr begrenzt<br />

zu. Daraus resultiert, dass die Kindheit<br />

zu großen Teilen im Haus oder in der<br />

Wohnung stattfindet und der Medienkonsum<br />

entsprechend hoch ist. Zu<br />

dieser inaktiven Lebensweise kommt<br />

häufig noch ein energiereiches aber<br />

nährstoffarmes Ernährungsverhalten<br />

hinzu. Eine über einen langen Zeitraum<br />

bestehende positive Energiebilanz führt<br />

zu Übergewicht und damit in vielen<br />

Fällen zu Fett- und Zuckerstoffwechselstörungen,<br />

Erkrankungen des Herz-<br />

Kreislauf-Systems und des Bewegungsapparates.<br />

Die kindliche Adipositas<br />

kann asthmaähnliche Beschwerden bei<br />

körperlicher Anstrengung oder Atem-<br />

Katrin Walter<br />

Sportwissenschaftlerin (M.A.)<br />

Ehemalige Mitarbeiterin am FoSS. Seit<br />

2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

am House of Competence (HoC) in der<br />

Research Group hiper.campus des<br />

Karlsruher Institut für Technologie (KIT).<br />

Forschungsschwerpunkt: körperliche<br />

Aktivität, Gesundheit und kognitive<br />

Leistungsfähigkeit.<br />

Anschrift der Verfasserin:<br />

Fritz-Erler-Str. 1–3, 76131 Karlsruhe<br />

Mobil: 0177 405536<br />

E-Mail: katrin.walter@hoc.kit.edu<br />

Internet: http://www.hiper-campus.de<br />

http://www.sport.kit.edu<br />

Maike Grotz<br />

Geb. am 16.02.1 84 in Villingen-<br />

Schwenningen. 2003-2007 Studium<br />

an der Universität Karlsruhe: Sportwissenschaft<br />

mit Nebenfach Gesundheits-<br />

und Fitnessmanagement,<br />

Bachelor. 2007-200 Studium Sportwissenschaft,<br />

Master


10<br />

Sprungbrett<br />

Kristina Holl<br />

Bachelor of Arts in Sportwissenschaft<br />

und Fitness- und Gesundheitsmanagement<br />

(2007) sowie Master of Arts in<br />

Sportwissenschaft (2009) am Karlsruher<br />

Institut für Technologie (KIT) – zu<br />

diesem Zeitpunkt Universität Karlsruhe<br />

(TH). Seit 09.2009 sportliche Leitung im<br />

Wellness- und Fitnesspark Pfitzenmeier<br />

in Neustadt/W.<br />

Prof. Dr. Klaus Bös,<br />

geb. 1948 ist Universitätsprofessor<br />

für Sportwissenschaft und Leiter des<br />

Institutes für Sport und Sportwissenschaft<br />

am Karlsruher Institut für<br />

Technologie (KIT). Seit 2008 ist Prof.<br />

Dr. Bös auch Dekan der Fakultät für<br />

Geistes- und Sozialwissenschaften am<br />

KIT. Seine Forschungsarbeiten befassen<br />

sich mit dem Schulsport, mit Sport und<br />

Gesundheit sowie mit der Entwicklung<br />

und Evaluation von Diagnoseverfahren<br />

und Sportprogrammen.<br />

Für seine Dissertation zum Thema<br />

„Dimensionen der Motorik“ wurde Klaus<br />

Bös mit dem Carl Diem Preis des Deut-<br />

schen Sportbundes ausgezeichnet.<br />

Wichtigste Publikationen sind „Dimensionen<br />

der Motorik“ (<strong>Hofmann</strong> <strong>Verlag</strong><br />

1983), Handbuch sportmotorischer<br />

Tests (Hogrefe <strong>Verlag</strong> 1987, 20002),<br />

Handbuch „Walking“ (Meyer & Meyer<br />

<strong>Verlag</strong> 1994) sowie das Handbuch<br />

„Gesundheitssport (<strong>Hofmann</strong> <strong>Verlag</strong><br />

1998).<br />

aussetzer während des Schlafes zur<br />

Folge haben. Bei den Mädchen kommt<br />

es zu einer frühzeitigen, bei den Jungen<br />

zu einer verspäteten Pubertätsentwicklung.<br />

Doch neben den physiologischen<br />

Beschwerden leiden übergewichtige<br />

und adipöse Kinder und Jugendliche<br />

ganz besonders psychisch unter ihren<br />

zu vielen Pfunden. Bei den psychiatrischen<br />

– beziehungsweise psychologischen<br />

Erkrankungen – ist es generell<br />

ein Problem zwischen Ursachen und<br />

Folgen der Fettleibigkeit zu unterscheiden.<br />

Britz et al. (2000) konnte in einer<br />

deutschen Populationsstudie mit<br />

extrem adipösen Jugendlichen bei 43%<br />

Depressionen, bei 40% Angststörungen,<br />

bei 17% Essstörungen (Bulimie, binge<br />

eating disorder) und bei 15% Somatisierungsstörungen,<br />

deutlich häufiger als<br />

in einem normalgewichtigen Kontrollkollektiv<br />

nachweisen. In Verbindung mit<br />

Essstörungen ist es auch wichtig darauf<br />

hinzuweisen, dass gerade bei Jugendlichen,<br />

verstärkt bei Mädchen, neben<br />

dem Übergewicht auch das Unterge-<br />

Dr. Ilka Seidel<br />

Sportwissenschaftlerin<br />

Ehemalige Geschäftsführerin des FoSS.<br />

Seit 2009 Nachwuchsgruppenleiterin<br />

am FoSS und Verantwortliche für den<br />

Bereich „Bewegung und Lernen“ am<br />

House of Competence (HoC) des<br />

Karlsruher Institut für Technologie (KIT).<br />

Forschungsschwerpunkte: Diagnose und<br />

Verbesserung motorischer Leistungsfähigkeit<br />

und körperlich-sportlicher<br />

Aktivität; Gesundheitsförderung;<br />

kognitive Leistungsfähigkeit; trainingswissenschaftliche<br />

Talentforschung.<br />

Anschrift der Verfasserin:<br />

Engler-Bunte-Ring 15, Geb. 40.40<br />

76131 Karlsruhe, Germany<br />

E-Mail: seidel@foss-karlsruhe.de<br />

Internet: http://www.foss-karlsruhe.de<br />

wicht („Magersucht“; Anorexia nervosa)<br />

ein Problem darstellt.<br />

In einer weiteren Studie im Rahmen der<br />

WHO-Jugendgesundheitsstudie „Health<br />

behaviour in School-aged Children<br />

(HBSC)” wurden in Deutschland mit<br />

Hilfe eines international standardisierten<br />

Fragebogens Daten zum Gesundheitszustand,<br />

zur Lebenszufriedenheit<br />

und Lebensqualität, zum psychischen<br />

Wohlbefinden, zur körperlichen<br />

Aktivität, zum Freizeitverhalten, zum<br />

Ernährungs- und Essverhalten von<br />

Jugendlichen im Alter von 11, 13 und<br />

15 Jahren erhoben (Ravens-Sieberer<br />

2005, 241). Hier zeigte sich ebenfalls<br />

auffällig, dass übergewichtige und<br />

adipöse Kinder und Jugendliche im<br />

Vergleich zu normalgewichtigen über<br />

Einschränkungen der Lebensqualität in<br />

allen Lebensbereichen berichten (siehe<br />

Abbildung 1).<br />

Das Projekt „Sprungbrett“<br />

Das Forschungszentrum für den<br />

Schulsport und den Sport von Kindern<br />

und Jugendlichen (FoSS) erarbeitete ein<br />

Konzept für die langfristige und<br />

effektive Therapie und Prävention von<br />

Übergewicht. Im Rahmen des Projekts<br />

„Sprungbrett“ wurden vom 24. <strong>April</strong> bis<br />

31. Juli 2006 die Auswirkungen einer<br />

strukturierten Nachmittagsbetreuung<br />

(4x pro Woche) auf den Fitnesszustand,<br />

die gesundheitsbezogene Lebensqualität<br />

und das Ernährungsverhalten<br />

übergewichtiger Kinder im Alter von<br />

9–12 Jahren untersucht. Die Intervention<br />

wollte an den alltäglichen kritischen<br />

Lebenssituationen ansetzen, die<br />

zu einem inaktiven, nicht kontrollierten<br />

Verhalten führen. Die schulfreien<br />

Nachmittage stellen häufig solche<br />

kritischen Situationen dar. Viele Kinder<br />

sind mittags oft alleine zu Hause und<br />

verbringen die freie Zeit beispielsweise<br />

mit Cola und Chips vor dem Fernseher,<br />

dem Computer oder der Playstation,<br />

Hausaufgaben werden gar nicht, oder<br />

nur unzufriedenstellend und nebenbei<br />

erledigt. Deshalb integrierte das FoSS-<br />

Projekt „Sprungbrett“ – im Gegensatz<br />

zu anderen ambulanten Interventionsprogrammen<br />

für übergewichtige<br />

Kinder – den Baustein Hausaufgabenbetreuung<br />

in sein Konzept. Eine weitere<br />

Besonderheit des FoSS-Projekts war<br />

die detaillierte Dokumentation und


Abb. 1: Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen 2<br />

Verlaufsdarstellung aller für die Durch-<br />

führung und Ergebnisanalyse relevanten<br />

Daten in der internetbasierten Gesundheitsakte<br />

LifeSensor 3 . „Sprungbrett“ ist<br />

auch sicherlich deshalb eine Ausnahme<br />

unter den geläufigen Adipositasprojekten,<br />

da die Intervention über<br />

einen Zeitraum von drei Monaten vier-<br />

mal die Woche jeweils von 14.30 Uhr<br />

bis 17.30 Uhr stattgefunden hat.<br />

Ergänzt wurden die insgesamt 43<br />

Nachmittagseinheiten von Sonderveranstaltungen<br />

(SV) wie Schwimmbadbesuche,<br />

gemeinsames Einkaufen und<br />

Kochen, sowie drei Elternabenden,<br />

die von Mitarbeitern des Gesundheitsamts<br />

Karlsruhe angeleitet wurden.<br />

Die Pyramide in Abbildung 2 bietet<br />

eine Übersicht über die einzelnen<br />

Programmbausteine des Projekts.<br />

Bewegungsprogramm<br />

Das „Sprungbrett“-Bewegungsprogramm<br />

besteht insgesamt aus<br />

43 Einheiten und lässt sich in zwei<br />

Blöcke unterteilen. Block I, das<br />

„Sprungbrett“ Bewegungs-ABC<br />

umfasst das Kennenlernen der<br />

Teilnehmer, die Einführung in die<br />

Ballsportarten sowie das Erfahren<br />

von Spaß an Bewegung.<br />

2 Entnommen aus Ravens-Sieberer (2005, 241).<br />

WHO-Jugendgesundheitsstudie, ANOVA,<br />

p ≤ 0,01, n = 8123.<br />

3 LifeSensor ist eine elektronische Gesundheitsakte<br />

und Marke der ICW AG vgl.<br />

www.lifesensor.de<br />

Block II, das Bewegungsprogramm-<br />

27 basiert auf dem bereits evaluierten<br />

Programm „Appetit auf Bewegung“<br />

(Bös/Schmidt-Redemann/<br />

Bappert, 2007) welches auf die<br />

„Sprungbrett“-Teilnehmer angepasst<br />

und entsprechend verändert wurde.<br />

Block II knüpft an Block I an und<br />

setzt den Schwerpunkt auf die Ver-<br />

besserung der motorischen Fähigkeiten<br />

Ausdauer, Kraft, Beweglichkeit,<br />

Schnelligkeit, Koordination<br />

sowie zusätzliche Themen wie<br />

Wahrnehmung, Haltungsförderung,<br />

Umgang mit dem Ball, Bewegungslandschaften<br />

und soziale Kompetenz.<br />

Hausaufgabenbetreuung<br />

Die Hausaufgabenbetreuung wurde<br />

als fester Programmbaustein in das<br />

Projekt eingebunden, damit die<br />

Kinder ohne die Ablenkung des<br />

Fernsehers, des Computers und ohne<br />

„Snacking“ lernen, in konzentrierter<br />

Atmosphäre, ihren schulischen Ver-<br />

pflichtungen nachzukommen.<br />

Dabei wurden sie von studentischen<br />

Hilfskräften unterstützt. Ein Student<br />

betreute immer zwei bis drei Kinder<br />

bei den Hausaufgaben.<br />

Ernährungsschulung<br />

In insgesamt 18 Einheiten, die auf<br />

dem Ratgeber der Deutschen<br />

Schulsportstiftung „Fit und gesund<br />

durch Bewegung und richtige<br />

Ernährung“ (Bappert/Osterkamp-<br />

Baerens 2004) basieren, wurden<br />

während des Treatments folgende<br />

inhaltlichen Schwerpunkte behan-<br />

delt: (1) Reflektion des eigenen<br />

Ernährungsstils, (2) Verständigkeit<br />

für eine ausgewogene Energiebilanz,<br />

(3) Führung eines gesunden<br />

Lifestyles, (4) gesunde Pausensnacks/<br />

Pausengestaltung und (5) richtiges<br />

Trinkverhalten.<br />

LifeSensor-Dokumentation<br />

Jegliche, während des Treatments<br />

erhobenen Daten und Testergebnisse,<br />

sowie absolvierte Trainingspläne<br />

wurden für jeden Teilnehmer<br />

in der LifeSensor-Gesundheitsakte<br />

dokumentiert und grafisch dargestellt.<br />

Elternschulung<br />

Um feste Ernährungs- und Bewegungsregeln<br />

bei Kindern zu etablieren,<br />

sollten die Eltern dazu angeregt<br />

werden ein vorbildliches Verhalten<br />

vorzuleben.<br />

Dafür bedarf es der Elternschulung.<br />

Im Rahmen des Projekts „Sprungbrett“<br />

fanden drei Elternabende<br />

statt, die vom Gesundheitsamt<br />

Karlsruhe moderiert wurden.<br />

Unterstützend zur Arbeit mit den<br />

Eltern wurden die Arbeitsblätter von<br />

Eberding et al. (2004) verwendet.<br />

Sonderveranstaltungen (SV)<br />

Im Rahmen des Projekts wurden<br />

drei Sonderveranstaltungen<br />

(gemeinsames Kochen, Freibadbesuch,<br />

Grillfest) realisiert, die die<br />

Motivation der Teilnehmer steigern<br />

sollten.<br />

Untersuchungsplanung<br />

Hypothesen<br />

Es wird angenommen, dass eine<br />

strukturierte Nachmittagsbetreuung die<br />

motorische Leistungsfähigkeit, physiologische<br />

Parameter und die gesundheitsbezogene<br />

Lebensqualität übergewichtiger<br />

Kinder beeinflusst. Im<br />

Mittelpunkt des Projekts „Sprungbrett“<br />

steht die Verbesserung der motorischen<br />

Leistungsfähigkeit übergewichtiger<br />

Kinder und Jugendlicher, um eine<br />

Gewichtsreduktion und eine Steigerung<br />

der gesundheitsbezogenen Lebensqualität<br />

zu erreichen.<br />

Daraus ergeben sich folgende drei<br />

Arbeitshypothesen: Übergewichtige und<br />

adipöse Kinder und Jugendliche, die<br />

11


12<br />

Sprungbrett<br />

Programmbausteine<br />

eine Intervention mit dem Projekt<br />

„Sprungbrett“ erfahren haben, zeigen<br />

nach dem Projekt im Vergleich zu<br />

Beginn der Intervention Verbesserungen<br />

in den Konstrukten<br />

SV<br />

Eltern<br />

LifeSensor-<br />

Dokumentation<br />

Ernährungsschulung<br />

Hausaufgabenbetreuung<br />

Bewegungsprogramm<br />

r Abb. 2: Die „Sprungbrett“-Programmbausteine<br />

• motorische Leistungsfähigkeit,<br />

• anthropometrische Daten und<br />

• gesundheitsbezogene Lebensqualität.<br />

Untersuchungsteilnehmer<br />

Die teilnehmenden Kinder wurden über<br />

Karlsruher Kinderärzte rekrutiert. An der<br />

Untersuchung nahmen insgesamt 10<br />

Kinder (w = 6; m = 4) im Alter von 9 bis<br />

12 Jahren (M = 10.2; SD = 0.9) mit<br />

einem durchschnittlichen BMI von<br />

25.16 (SD = 3.04) teil. Der durchschnittliche<br />

Perzentilwert lag in der Gesamtstichprobe<br />

bei 96.7 (SD = 2.0), der<br />

BMI­SDS bei 2.0 (SD = 0.4). Es war<br />

geplant eine Warte­Kontrollgruppe<br />

einzurichten. Die Rekrutierung der<br />

Stichprobe gestaltete sich aber trotz<br />

vielfältiger Werbemaßnahmen als so<br />

schwierig, dass mangels Teilnehmer<br />

darauf verzichtet werden musste.<br />

Untersuchungsplan<br />

Der Feldstudie liegt ein quasi­experimenteller<br />

Untersuchungsplan mit einer<br />

Untersuchungsgruppe (Experimentalgruppe)<br />

und zwei Messzeitpunkten<br />

t1 und t3 (Prä­ und Postmessung)<br />

zugrunde. Die Experimentalgruppe<br />

4 Bappert/Osterkamp­Baerens (2004).<br />

nahm an einem dreimonatigen Interventionsprogramm<br />

teil. Zudem erfolgte<br />

nach Hälfte der Intervention eine<br />

Interimsmessung (t2) und zur Überprüfung<br />

der Nachhaltigkeit erfolgte<br />

10 Wochen (t4) und 5 Monate (t5) nach<br />

Beendigung des Projekts eine schriftliche<br />

bzw. telefonische Befragung zur<br />

Nachhaltigkeit. Im Folgenden werden<br />

die Testzeitpunkte t1 (Prä) und t3 (Post)<br />

betrachtet.<br />

Das Treatment umfasste insgesamt<br />

sechs Programmbausteine (s. o., Abbil­<br />

dung 2). Die wesentlichen Interventionsmaßnahmen<br />

bestehen in den<br />

Bausteinen Bewegungsprogramm,<br />

Hausaufgabenbetreuung und Ernährungsschulung.<br />

Merkmalsbereiche<br />

Die Auswahl der Merkmalsbereiche<br />

und Messinstrumente orientiert sich<br />

an den Bereichen, in denen Wirkungen<br />

des Treatments erwartet wurden:<br />

(1) motorische Leistungsfähigkeit,<br />

(2) anthropometrische Daten,<br />

(3) gesundheitsbezogene Lebensqualität.<br />

Motorische Leistungsfähigkeit<br />

Zur Erfassung der motorischen Leistungsfähigkeit<br />

wurde eine Testbatterie<br />

bestehend aus 10 Items eingesetzt.<br />

Anhand der Systematisierung motorischer<br />

Fähigkeiten nach Bös et al.<br />

(2006, 32) lassen sich auf einer ersten<br />

Ebene konditionelle und koordinative<br />

Fähigkeiten unterscheiden, und auf<br />

einer zweiten Ebene Ausdauer, Kraft,<br />

SV = Sonderveranstaltungen (3­mal à 5 h)<br />

Eltern = Elternschulung (3 Einheiten à 90 min)<br />

LifeSensor-Dokumentation = regelmäßige<br />

Dokumentation des Ernährungs­ und Bewegungsverhaltens<br />

in der elektronischen Gesundheitsakte<br />

LifeSensor<br />

Ernährungsschulung = „Fit und gesund<br />

durch Bewegung und richtige Ernährung“ 4<br />

(18 Einh. à 45 min)<br />

Hausaufgabenbetreuung = (43 Einh. à 60–90 min)<br />

Bewegungsprogramm = „Sprungbrett BEW­ABC“ und<br />

„Sprungbrett BEW­27“ (43 Einh. à 60­120 min)<br />

Schnelligkeit, Koordination und<br />

Beweglichkeit. Die Auswahl der<br />

Testitems orientierte sich dabei an<br />

dieser Differenzierung motorischer<br />

Fähigkeiten nach Bös mit dem Ziel,<br />

möglichst viele der oben beschriebenen<br />

Dimensionen zu erfassen. In Anlehnung<br />

an die Erhebung der motorischen<br />

Leistungsfähigkeit von luxemburgischen<br />

Kindern und Jugendlichen (vgl. Bös et<br />

al. 2006, 33) wurden die Testaufgaben<br />

6­Minuten­Lauf, Liegestütz, Standweitsprung,<br />

20­Meter­Sprint dem<br />

konditionellen Bereich, die Testaufgabe<br />

Balancieren rückwärts der Ganzkörperkoordination,<br />

MLS Linien nachfahren<br />

und MLS Stifte einstecken der Feinkoordination<br />

und Rumpfbeugen der<br />

Beweglichkeit zugeordnet (vgl. Tab. 1),<br />

und die Testaufgaben Balancieren<br />

rückwärts und MLS Linien nachfahren<br />

und MLS Stifte einstecken dem<br />

koordinativen Bereich zugeordnet.<br />

Auf einer zweiten Ebene erfolgte eine<br />

präzisere Zuordnung in die Motorikbereiche<br />

Kondition, Ganzkörperkoordination,<br />

Feinkoordination und Beweglichkeit<br />

(vgl. Tabelle 1).<br />

Wie aus Tabelle 1 ersichtlich ist, umfasst<br />

der Bereich Kondition die Ausdauerleistungsfähigkeit<br />

ebenso wie die Kraft und<br />

die Schnelligkeit.<br />

Die Ausdauerleistungsfähigkeit (aerobe<br />

Ausdauer) wurde anhand des 6-Minuten-<br />

Laufs überprüft, bei dem in der vorgegebenen<br />

Zeit (6 Minuten) eine möglichst<br />

große Strecke zurückgelegt<br />

werden soll. Die Testaufgabe Liegestütz<br />

prüft in erster Linie die dynamische


Tab. 1: Die „Sprungbrett“-Testbatterie 5<br />

Bezeichnung der Testbereiche<br />

und Testaufgabe<br />

Kondition (KON)<br />

Ausdauer<br />

Kraftausdauer im Brust- und Schulterbereich,<br />

sowie in den oberen Extremitäten<br />

und die der stabilisierenden<br />

Rumpfmuskulatur. Während der<br />

Testdauer von 40 Sekunden soll der<br />

Proband so viele kindgerecht modifizierte<br />

Liegestütze wie möglich machen.<br />

Die Messung der Schnellkraft, insbesondere<br />

der Sprungkraft erfolgt über<br />

die Testaufgabe Standweitsprung. Die<br />

Testaufgabe 20­Meter­Sprint überprüft<br />

in erster Linie die Aktionsschnelligkeit,<br />

aber auch die Schnellkraft der unteren<br />

Extremitäten.<br />

Die Ganzkörperkoordination wurde<br />

anhand der Testaufgabe Balancieren<br />

rückwärts überprüft. Hier wird das<br />

Testinhalt<br />

(Motorische Fähigkeiten)<br />

Primäre<br />

Beanspruchung<br />

6-Minuten-Lauf<br />

Kraft<br />

Aerobe Ausdauer Untere Extremitäten,<br />

Herz-Kreislauf-System<br />

Liegestütz Dynamische<br />

Kraftausdauer<br />

Obere Extremitäten,<br />

stabilisierende<br />

Rumpfmuskulatur<br />

Standweitsprung<br />

Schnelligkeit<br />

Schnellkraft Untere Extremitäten<br />

20-Meter-Sprint Zyklische<br />

Aktionsschnelligkeit<br />

Untere Extremitäten<br />

Ganzkörperkoordination (GKKO)<br />

Balancieren rückwärts<br />

Feinkoordination (FKO)<br />

Exterozeptiv-geführt/<br />

dynamisch<br />

(sensorische Regulation<br />

bei Präzisionsaufgaben)<br />

Ganzkörper<br />

Linien nachfahren (MLS) Exterozeptiv-geführt<br />

(sensorische Regulation<br />

bei Präzisionsaufgaben)<br />

Auge-Hand-Koordination<br />

Stifte einstecken (MLS)<br />

Beweglichkeit (BEW)<br />

Exterozeptiv-geführt<br />

(Koordination unter<br />

Zeitdruck)<br />

Auge-Hand-Koordination<br />

Stand and Reach Dehnfähigkeit (aktiv) Rückwärtige Muskulatur,<br />

untere Extremitäten, lange<br />

Rückenstrecker<br />

5 Entnommen und modifiziert aus Bös et al.<br />

(2006, 33).<br />

dynamische Ganzkörpergleichgewicht<br />

erfasst, in dem die Probanden die<br />

Aufgabe haben, auf drei unterschiedlich<br />

breiten Balken (6 cm, 4,5 cm, 3 cm) so<br />

viele Schritte wie möglich zu erzielen<br />

(maximal 8).<br />

Die Feinkoordination der Probanden<br />

wurde mit den Testaufgaben aus der<br />

Tab. 2: Messinstrumentarium<br />

motorischen Leistungsserie nach Schoppe<br />

(MLS) erfasst. Die Testaufgabe MLS Linien<br />

nachfahren überprüft die Auge-Hand-<br />

Koordination bei Präzisionsaufgaben.<br />

Beim Liniennachfahren besteht die<br />

Aufgabe darin, mit einem Griffel einer<br />

ausgefrästen Linie in der MLS-Platte zu<br />

folgen ohne die Seiten oder den Boden<br />

der Platte zu berühren. Je höher die<br />

freifahrende Zeit pro Fehler, desto besser<br />

ist die Testleistung.<br />

Die Testaufgabe MLS Stifte einstecken<br />

misst die Auge-Hand-Koordination<br />

unter Zeitdruck. Hierbei gilt es, innerhalb<br />

möglichst kurzer Zeit 25 Metallstifte<br />

aus einem Stifthalter in die<br />

Lochungen der MLS-Platte umzustecken.<br />

Die Beweglichkeit wurde mit der<br />

Testaufgabe Stand and Reach getestet.<br />

Hier wird die Rumpfbeweglichkeit und<br />

statische Dehnfähigkeit der rückwärtigen<br />

Muskulatur (v. a. der unteren<br />

Extremitäten) ermittelt, indem die<br />

Probanden auf einem Kasten stehen<br />

und die Aufgabe haben, bei gestreckten<br />

Beinen den Oberkörper nach vorne zu<br />

beugen.<br />

Anthropometrische Daten<br />

Für die Feststellung von Übergewicht<br />

im Kindes- und Jugendalter stellt der<br />

Body-Mass-Index (BMI) ein geeignetes<br />

Screening-Instrument dar. Der aus dem<br />

BMI der Probanden ermittelte BMI-SDS<br />

ermöglicht eine präzise Ergebnisdarstellung.<br />

Tabelle 2 liefert einen Überblick<br />

über die Messverfahren.<br />

Gesundheitsbezogene Lebensqualität<br />

Zur Untersuchung der gesundheitsbezogenen<br />

Lebensqualität wurde der<br />

Fragebogen Kidscreen-52 (Bisegger et<br />

al. 2005) eingesetzt. Der Fragebogen<br />

hat 52 Items in den folgenden 10 Skalen:<br />

• Körperliches Wohlbefinden (PHY)<br />

• Psychisches Wohlbefinden (PWB)<br />

• Stimmungen & Emotionen (EMO)<br />

Aufgenommene Daten Messverfahren<br />

Körpergröße in Metern ärztlich geprüfte Messlatte, Marke Actonel<br />

Körpergewicht in Kilogramm Tanita-Waage; Modell TBF-612,<br />

Max. 136 kg, d = 0,2 kg<br />

BMI Quotient aus dem Körpergewicht in kg und dem<br />

Quadrat der Körpergröße in m<br />

BMI-SDS Berechnung nach Kromeyer-Hauschild et al.<br />

(2001)<br />

13


14<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Sprungbrett<br />

Selbstwahrnehmung (SEL)<br />

Autonomie (AUT)<br />

Beziehungen zu Eltern und<br />

Zuhause (PAR)<br />

Beziehungen zu Gleichaltrigen und<br />

soziale Unterstützung (SOC)<br />

Schulisches Umfeld (SCH)<br />

Soziale Akzeptanz (Bullying) (BUL)<br />

Finanzielle Möglichkeiten (FIN)<br />

Der Fragebogen wurde für Kinder<br />

zwischen acht und achtzehn Jahren<br />

konzipiert und dauert zum Bearbeiten<br />

zwischen 15 und 20 Minuten. Der<br />

Fragebogen wurde vor und nach der<br />

Intervention sowohl bei den Kindern,<br />

als auch bei den Eltern eingesetzt. Zur<br />

Skalenberechnung wurden zunächst<br />

die jeweiligen Items aufsummiert und<br />

anschließend weiter in T-Werte<br />

transformiert. In der vorliegenden<br />

Studie wurden alle Werte, die unter<br />

einem Wert von 45 liegen, als kritisch<br />

betrachtet.<br />

Ergebnisse<br />

Ergebnisse zur motorischen<br />

Leistungsfähigkeit<br />

Zur Ergebnisbeurteilung wurden die<br />

Rohwerte in Z-Werte transformiert und<br />

Bereichsindizes für Kondition, Ganzkörper-<br />

und Feinkoordination sowie<br />

Beweglichkeit gebildet. Weiter wird<br />

zwischen Jungen und Mädchen unter-<br />

schieden. Die erste Arbeitshypothese<br />

prüft, ob die Sprungbrett-Intervention<br />

zu einer signifikanten Verbesserung der<br />

motorischen Leistungsfähigkeit geführt<br />

hat.<br />

Die Graphiken zeigen den Vergleich der<br />

Sprungbrettkinder mit den Normwerten<br />

der MoMo-Stichprobe (vgl. Bös 2003),<br />

die Veränderung von t1 nach t3 sowie<br />

die differenziellen Unterschiede von Ge-<br />

schlecht und Motorikbereichen.<br />

Die Veränderung der Leistungsfähigkeit<br />

innerhalb des Interventionszeitraumes<br />

von 3 Monaten zeigt ein differenziertes<br />

Bild. In den Bereichen Koordination<br />

und Beweglichkeit zeigen sich keine<br />

Leistungsverbesserungen von t1 nach<br />

t3. Bei den Jungen zeigt sich in der<br />

Gesamtkörperkoordination, bei den<br />

Mädchen in der Beweglichkeit sogar<br />

eine leichte Leistungsverschlechterung.<br />

Es ist durch das Spiel- und Fitnessorientierte<br />

Programm offensichtlich<br />

nicht gelungen, alle Bereiche der<br />

Motorik zu trainieren. Imposante<br />

120<br />

110<br />

100<br />

[Z-Werte]<br />

90<br />

80<br />

70<br />

100,3<br />

99,2<br />

Fortschritte zeigen sich aber im<br />

konditionellen Bereich. In den Testaufgaben<br />

Ausdauerlauf, 20-m-Sprint,<br />

Liegestütz und Standweitsprung<br />

konnten sowohl statistisch signifikante<br />

als auch in der numerischen Höhe<br />

bedeutsame Leistungsverbesserungen<br />

erreicht werden.<br />

Bei den Jungen verbessert sich der<br />

konditionelle Bereich von Z = 0,5 auf<br />

Z = 7,2 (+ 6%) (t = 6,3; p = 0.008),<br />

bei den Mädchen geht die Verbesserung<br />

sogar von Z = 5, auf Z = 104,6 (+ %)<br />

(t = 6,0; p = 0.002). Legt man die<br />

Durchschnittsnorm (Z = 100) an, so<br />

zeigt es sich, dass übergewichtige<br />

Kinder bei guter Förderung durchaus<br />

motorisch leistungsfähig sein können.<br />

In der Feinkoordination (Handgeschicklichkeit)<br />

und in der Beweglichkeit<br />

(Rumpfbeugen) liegen die Leistungen<br />

Veränderung der Bereichsindizes<br />

bei den Jungen von t1 zu t3<br />

89,9<br />

86,0<br />

100,5<br />

99,7<br />

90,5<br />

FKO GKKO BEW KON<br />

t1 t3<br />

r Abb. 3: Motorische Leistungsfähigkeit der Jungen in 4 Bereichen zu t1 und t3<br />

120<br />

110<br />

100<br />

[Z-Werte]<br />

90<br />

80<br />

70<br />

95,2<br />

98,8<br />

Veränderung der Bereichsindizes<br />

bei den Mädchen von t1 zu t3<br />

102,1<br />

103,3<br />

108,7<br />

107,2<br />

95,9<br />

FKO GKKO BEW KON<br />

97,2<br />

t1 t3<br />

104,6<br />

r Abb. 4: Motorische Leistungsfähigkeit der Mädchen in 4 Bereichen zu t1 und t3<br />

der Sprungbrett-Stichprobe im Normbereich.<br />

In der Gesamtkörperkoordination<br />

und bei der Kondition liegen sie<br />

deutlich unter den Durchschnittwerten<br />

aus der MoMo-Stichprobe. Es ist aller-<br />

dings beeindruckend, dass im konditionellen<br />

Bereich dieser Rückstand von<br />

den Mädchen ganz und von den Jungen<br />

fast aufgeholt werden konnte. Für die<br />

Verbesserung der konditionellen Leis-<br />

tungsfähigkeit kann die Arbeitshypo-<br />

these 1 uneingeschränkt angenommen<br />

werden. Koordination und Beweglichkeit<br />

wurden jedoch durch die Sprungbrett-Intervention<br />

nicht verbessert.<br />

Ergebnisse zur Konstitution<br />

Zur Beurteilung der konstitutionellen<br />

Veränderungen wurden Größe und<br />

Gewicht sowie die abgeleiteten Indizes


BMI und BMI-SDS herangezogen.<br />

Ebenfalls wurde der BMI-Prozentrang<br />

betrachtet. Der hohe Anspruch des<br />

Programms (Arbeitshypothese 2) lautet,<br />

dass sich die Konstitution positiv<br />

verändert.<br />

Die Ergebnistabelle zeigt, dass die -<br />

bis 12-jährigen Kinder im Interventionszeitraum<br />

von 3 Monaten um<br />

2,1 cm (1,4%) wachsen und 0, kg<br />

(1,6%) schwerer werden. Der BMI sinkt<br />

im Beobachtungszeitraum geringfügig<br />

von 25,1 auf 24, um 0.2 Punkte<br />

(1%). Auch die relative BMI-Position<br />

verbessert sich geringfügig von<br />

Prozentrang 6,7 auf 6,5, ebenso wie<br />

der BMI-SDS von 2,02 auf 1, 4 (–4%).<br />

Von diesen beobachteten Veränderungen<br />

ist nur der Zuwachs der<br />

Körpergröße sowie die Abnahme des<br />

BMI-SDS signifikant. Es zeigen sich<br />

keine Unterschiede zwischen Jungen<br />

und Mädchen. Die Arbeitshypothese<br />

einer positiven Konstitutionsveränderung<br />

kann nur mit Einschränkungen<br />

angenommen werden.<br />

Was bedeutet dieses Ergebnis in der<br />

Praxis? Die Sprungbrett-Kinder sind zu<br />

Projektbeginn extrem übergewichtig,<br />

die Jungen (BMI Prozentrang 8,3)<br />

sogar noch etwas mehr als die Mädchen<br />

(BMI Prozentrang 8). Legt man den<br />

Arbeitsgrenzwert von BMI-Prozentrang<br />

7 zugrunde, so überschreiten zu<br />

Tab. 3: statistische Werte Anthropometrie t1 ; t3<br />

Variablen<br />

Größe [cm]<br />

Gewicht [kg]<br />

BMI [kg/m²]<br />

Perzentilwert<br />

BMI-SDS<br />

Projektbeginn alle 4 Jungen und 2 der<br />

6 Mädchen diesen Grenzwert. Üblicherweise<br />

nehmen diese Kinder im weiteren<br />

Lebensverlauf nicht nur absolut<br />

(Gewichtszunahme durch Wachstum),<br />

sondern auch relativ (BMI-SDS Zunahme<br />

durch Zunahme des Übergewichts)<br />

immer weiter zu. Diese Adipositaskarriere<br />

zu stoppen ist im Sprungbrett-<br />

Projekt gelungen und ist zunächst<br />

einmal ein bemerkenswerter Erfolg.<br />

Ergebnisse zur gesundheitsbezogenen<br />

Lebensqualität<br />

Die dritte Arbeitshypothese prüft, ob die<br />

„Sprungbrett“-Intervention zu einer<br />

Verbesserung der gesundheitsbezogenen<br />

Lebensqualität (health related quality of<br />

life HRQOL) geführt hat. Derzeit werden<br />

noch die kritischen Werte für Auffälligkeiten<br />

in der gesundheitsbezogenen<br />

Lebensqualität HRQOL diskutiert. Unter<br />

30 spricht man von einem zweifellos<br />

auffälligen Wert. Erste Hinweise aus<br />

klinischen Stichproben deuten darauf<br />

hin, dass schon Gruppenmittelwerte von<br />

45 und tiefer, in jedem Fall unter 40 als<br />

auffällig betrachtet werden sollten (vgl.<br />

Bisegger et al. 2005). Im Folgenden<br />

wurden T-Werte unter 45 als kritisch<br />

betrachtet.<br />

Wie der Tabelle 4 zu entnehmen ist,<br />

liegen für die Dimension „Stimmungen<br />

T1<br />

MW (SD)<br />

und Emotionen“ (EMO) die Werte für t1<br />

im kritischen Bereich. Die Mädchen<br />

leiden zudem unter einem negativen<br />

Körpergefühl, sie fühlen sich mit ihrem<br />

eigenen Äußeren unwohl, sind unzufrieden<br />

mit sich selbst und haben ein<br />

niedriges Selbstwertgefühl, „Selbstwahrnehmung“<br />

(SEL). Des Weiteren<br />

fühlen sie sich von Gleichaltrigen<br />

gequält und schikaniert und zurückgewiesen<br />

„Bullying“ (BUL) (soziale<br />

Akzeptanz). Die Jungen dagegen finden<br />

ihre finanzielle Situation nicht zufrieden<br />

stellend „Finanzielle Möglichkeiten“<br />

(FIN), und leiden unter der Beziehung<br />

zu Gleichaltrigen und mangelnder<br />

sozialer Unterstützung „Beziehung zu<br />

Gleichaltrigen“ (SOC).<br />

Betrachtet man die Veränderungen zu<br />

t3, so konnten die Werte der Dimension<br />

„Stimmungen und Emotionen“ sich um<br />

13,7% aus dem kritischen Bereich<br />

heraus verbessern. Aus der Tabelle 4<br />

geht hervor, dass sich besonders die<br />

Mädchen vom Zeitpunkt t1 zum<br />

Zeitpunkt t3 um 17,8% steigern<br />

konnten (T = –1.43 ; df = 5; p = .210).<br />

Sie kamen somit aus dem kritischen<br />

Bereich (T-Wert ≤ 45) und konnten sich<br />

auf einen T-Wert von 51 steigern.<br />

Das bedeutet, dass sie sich nun besser<br />

und auch besserer Laune fühlen als<br />

zu Beginn des Projekts. Die Jungen<br />

steigerten ihre Werte im Bereich<br />

T3<br />

MW (SD) Differenz (%) T P<br />

Jungen n = 4 152,8 (7,3) 155,3 (7,3) + 2,5 (1,6%) - 8,660 .003<br />

Mädchen n = 6 146,3 (3,9) 148,2 (3,3) + 1, (1,3%) - 4,568 .006<br />

Gesamt N = 10 148, (8) 151 (6,3) + 2,1 (1,4%) - 7,584 .000<br />

Jungen n = 4 62,7 (8) 64 (5,6) + 1,3 (2,2%) - 1,824 .166<br />

Mädchen n = 6 51,5 (5,6) 52,1 (5,4) + 0,6 (1,2%) - 1,207 .281<br />

Gesamt N = 10 56 (8,6) 56, (8,8) + 0, (1,6%) - 2,178 .057<br />

Jungen n = 4 26,8 (1,7) 26,5 (2,1) – 0,3 (0, %) 0,874 .446<br />

Mädchen n = 6 24,1 (3,0) 23,8 (2,6) – 0,3 (1,4%) 1,0 3 .324<br />

Gesamt N = 10 25,1 (2,9) 24, (2,7) – 0,2 (–1,0%) 1,466 .177<br />

Jungen n = 4 8,3 (0,8) 8,0 (1,2) – 0,3 (0,3%) 1,000 .3 1<br />

Mädchen n = 6 5,7 (1,8) 5,5 (1,9) – 0,2 (0,2%) 0,542 .611<br />

Gesamt N = 10 6,7 (2) 6,5 (2,1) – 0,2 (0,2%) 1,000 .343<br />

Jungen n = 4 2,3 (0,3) 2,2 (0,3) – 0,1 (3,5%) 1,827 .165<br />

Mädchen n = 6 1, (0,4) 1,8 (0,3) – 0,1 (4, %) 2,084 .0 2<br />

Gesamt N = 10 2 (0,4) 1, (0,4) – 0,1 (–4,0%) 2, 05 .017<br />

15


16<br />

Sprungbrett<br />

Tab. 4: statistische Werte health related quality of life (HRQOL) t1; t3<br />

Variablen<br />

[T-Wert]<br />

PHY<br />

(körperliches<br />

Wohlbefinden)<br />

PWB<br />

(psychisches<br />

Wohlbefinden)<br />

EMO<br />

(Stimmungen &<br />

Emotionen)<br />

SEL<br />

(Selbstwahrnehmung)<br />

AUT<br />

(Autonomie)<br />

PAR<br />

(Eltern und<br />

Familie)<br />

FIN<br />

(Finanzielles)<br />

SOC<br />

(Gleichaltrige)<br />

SCH<br />

(Schule)<br />

BUL<br />

(soziale Akzeptanz)<br />

Stimmungen und Emotionen ebenfalls.<br />

Mit einer Verbesserung von 7,2%<br />

von t1 zu t3 allerdings nicht ganz so<br />

deutlich wie die Mädchen (T = –0.2 3;<br />

df = 3; p = .788). Die „Selbstwahrnehmung“<br />

in der Gesamtgruppe verbessert<br />

sich während des Projekts „Sprungbrett“<br />

von t1 zu t3 signifikant um<br />

12,8% (T = –2.523; df = ; p = .033).<br />

Die „Selbstwahrnehmung“ verbessert<br />

sich bei den Jungen um 11, % (T =<br />

–1.181; df = 3; p = .323) und bei den<br />

Mädchen um 13% (T = –2.411; df = 5;<br />

p = .61). Gerade dicke Menschen leiden<br />

T1<br />

MW (SD)<br />

häufig unter mangelndem Selbstwertgefühl.<br />

Während des gesamten Projekts<br />

wurden die Kinder besonders sportlich<br />

gefordert und gefördert. Die Kinder<br />

erlebten bei der sportlichen Betätigung<br />

Misserfolge, jedoch auch viele Erfolge.<br />

Die Projektleitung lobte die Kinder<br />

während des Sports oft, und die Kinder<br />

waren selbst sehr stolz, wenn sie bei<br />

einem Wettkampfspiel gewannen oder<br />

etwas schafften, was ihnen zuvor nicht<br />

gelang (ein Korbwurf, Pritschen oder<br />

Baggern, beim Fangen als letzter noch<br />

übrig sein …). Gerade der Sport kann,<br />

T3<br />

MW (SD) Differenz (%) T P<br />

Jungen n = 4 46,8 (5,3) 47,4 (5,1) + 0,6 (1,5%) - 0,261 .811<br />

Mädchen n = 6 4 ,6 (7,6) 50,6 (8,2) + 0,7 (2%) - 0,1 7 .851<br />

Gesamt N = 10 48,5 (6,6) 4 ,3 (7,0) + 0,8 (1,6%) - 0,271 .7 2<br />

Jungen n = 4 51,5 (4,5) 48,0 (14,1) -3,5 (6,8%) 0,470 .671<br />

Mädchen n = 6 48, (6,3) 50,7 (11,6) + 1,8 (3,7%) - 0,445 .675<br />

Gesamt N = 10 4 , (5,5) 4 ,6 (11,9) - 0,3 (0,6%) 0,0 2 . 28<br />

Jungen n = 4 43,1 (5,1) 46,2 (16,9) + 3,1 (7,2%) -0,2 3 .788<br />

Mädchen n = 6 43,3 (9,9) 51,0 (13,2) + 7,7 (17,8%) - 1,43 .210<br />

Gesamt N = 10 43,2 (7,9) 4 ,1 (14,1) + 5, (13,7%) - 1,174 .271<br />

Jungen n = 4 48,6 (3,2) 54,4 (12,8) + 5,8 (11,9%) - 1,181 .323<br />

Mädchen n = 6 42,2 (8,0) 47,7 (9,6) + 5,5 (13%) - 2,411 .061<br />

Gesamt N = 10 44,7 (7,1) 50,4 (10,8) + 5,7 (12,8%) - 2,523 .033<br />

Jungen n = 4 45, (7,0) 4 ,5 (12,9) + 3,6 (7,8%) - 0,360 .743<br />

Mädchen n = 6 48, (6,4) 47,4 (9,0) - 1,5 (3,1%) 0,6 3 .51<br />

Gesamt N = 10 47,7 (6,4) 48,2 (10,1) + 0,5 (1%) - 0,12 . 00<br />

Jungen n = 4 45,2 (6,3) 40, (4,4) - 4,3 (9,5%) 1,457 .241<br />

Mädchen n = 6 48,7 (11,8) 44,8 (15,2) - 3, (8%) 1,554 .181<br />

Gesamt N = 10 47,3 (9,7) 43,2 (11,8) - 4,1 (8,7%) 2,250 .051<br />

Jungen n = 4 43, (8,5) 38,5 (11,3) - 5,4 (12,3%) 0,808 .478<br />

Mädchen n = 6 53,3 (10,2) 53,8 (11,4) + 0,5 (0,9%) - 0,1 7 .851<br />

Gesamt N = 10 4 ,6 (10,3) 47,7 (13,3) - 1, (3,8%) 0,645 .535<br />

Jungen n = 4 43,5 (9,4) 42,2 (6,3) - 1,3 (3%) 0,848 .45<br />

Mädchen n = 6 4 , (9,5) 46,2 (14,7) - 3,7 (7,4%) 0,1 7 .851<br />

Gesamt N = 10 45,5 (9,1) 44,6 (11,7) - 0, (2%) 0,450 .663<br />

Jungen n = 4 46,5 (16,7) 43,8 (12,3) - 2,7 (5,8%) 2,0 2 .128<br />

Mädchen n = 6 56,2 (13,3) 55,7 (8,6) - 0,5 (0,9%) 0,124 . 06<br />

Gesamt N = 10 56,3 (13,8) 50, (11,4) - 5,4 (9,6%) 1,425 .188<br />

Jungen n = 4 45, (9,8) 38,2 (9,0) - 7,7 (16,8%) 0, 42 .416<br />

Mädchen n = 6 37,2 (14,2) 42,6 (12,8) + 5,4 (14,5%) - 1,565 .178<br />

Gesamt N = 10 40,7 (12,8) 40,8 (11,1) + 0,1 (0,2%) - 0,034 . 74<br />

wenn er in einer ungefähr gleichstarken<br />

Gruppe absolviert wird, eine wichtige<br />

Maßnahme sein, um Selbstwertgefühl<br />

wieder oder neu zu gewinnen.<br />

Bei der „sozialen Akzeptanz“ verbessert<br />

sich der Gesamtwert der Gruppe<br />

minimal um 0,2% (T = 0.034; df = ;<br />

p = . 74), doch es zeigt sich eine sehr<br />

kontroverse Entwicklung zwischen den<br />

Jungen und Mädchen. Die Jungen<br />

befinden sich zu Beginn der Intervention<br />

mit einem T-Wert von 45, nur<br />

knapp über dem kritischen Bereich<br />

fallen jedoch um 16,8% unter die


unumstritten kritische Grenze mit<br />

einem T-Wert < 40 (T = 0, 42; df = 3;<br />

p = .416). Bei den Mädchen hingegen<br />

steigt der T-Wert um 14,5% (T =<br />

–1.565; df = 5; p = .178). Die Mädchen<br />

kommen somit im Laufe der Intervention<br />

aus dem zweifelsohne kritischen<br />

Bereich bezüglich der sozialen Akzeptanz<br />

hinaus. Bei der sozialen Akzeptanz<br />

(Bullying) zeigt sich bei den „Sprungbrett“-Kindern,<br />

dass sie sich von Gleichaltrigen<br />

schikaniert und zurückgewiesen<br />

fühlen.<br />

Ob die Veränderungen besonders im<br />

Verhältnis zu anderen Kindern im<br />

Zusammenhang mit der Studie stehen,<br />

ist nicht unbedingt bestätigt. Es ist<br />

jedoch anzunehmen, dass das „Sprungbrett“-Programm<br />

nur dann positive<br />

soziale Wirkung zeigen kann, wenn<br />

die Gruppenmitglieder miteinander<br />

harmonieren und ein Gruppenzusammenhalt<br />

besteht.<br />

Aus diesem Grund wurde durch die<br />

Anfertigung von Soziogrammen die<br />

Gruppenstruktur der „Sprungbrett“-<br />

Gruppe analysiert. Bei der Auswertung<br />

der Soziogramme wurden erhebliche<br />

soziale Entwicklungen innerhalb der<br />

Gruppe ersichtlich. Es fällt auf, dass<br />

sich zwischen den Mädchen festere<br />

Freundschaften bilden, mit gegenseitiger<br />

Zuneigung, als unter den<br />

Jungen. Dort besteht kaum gegenseitige<br />

Zuneigung. Dies erklärt womöglich die<br />

drastisch absinkenden Werte bei der<br />

sozialen Akzeptanz und der Beziehung<br />

zu Gleichaltrigen.<br />

Diese Entwicklung spiegelt sich auch in<br />

dem Gesamtwert der gesundheitsbezo-<br />

60<br />

55<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

[t-Wert]<br />

47,5<br />

47,1<br />

HRQOL<br />

r Abb. 5: Veränderung Gesamtwert HRQOL<br />

genen Lebensqualität oder auch health<br />

related quality of life (HRQOL) wieder<br />

(vgl. Abb. 5). Hier verschlechtert sich bei<br />

den Jungen der t-Wert von 47,1<br />

Punkten um 4,7% auf 44, Punkte. Bei<br />

den Mädchen verbessert sich die<br />

HRQOL von 47,5 Punkten um 3,2% auf<br />

4 Punkte. Die Gesamtgruppe kann den<br />

t-Wert der HRQOL um 0,2% steigern<br />

(T = –.120; df = ; p = . 07).<br />

Dieses Ergebnis wirft die Frage auf,<br />

ob diese Veränderung aufgrund des<br />

Bewegungsprogramms oder der<br />

Zufriedenheit innerhalb der Gruppe<br />

zustande kommt. Lässt sich bei<br />

Mädchen generell leichter durch ein<br />

Bewegungsprogramm die gesundheitsbezogene<br />

Lebensqualität steigern? Für<br />

den Gesamtwert der HRQOL muss die<br />

Arbeitshypothese 3 verworfen werden.<br />

Allerdings lassen die signifikanten<br />

Verbesserungen bei beiden Geschlechtern<br />

in den Bereichen „Stimmungen und<br />

Emotionen“ sowie „Selbstwertgefühl“<br />

jedoch eine positive Wirkung des<br />

Projekts „Sprungbrett“ auf wesentliche<br />

Teilbereiche der psychischen Gesundheit<br />

übergewichtiger Kinder erkennen.<br />

Diskussion<br />

Hinsichtlich der Wirksamkeit des<br />

Interventionsprogramms „Sprungbrett“<br />

lässt sich festhalten, dass sich positive<br />

Veränderungen in den drei Konstrukten<br />

motorische Leistungsfähigkeit, anthropometrische<br />

Daten und gesundheitsbezogene<br />

Lebensqualität zeigen. Diese<br />

44,9<br />

t1 t3<br />

49,0<br />

Jungen<br />

Mädchen<br />

Gesamt<br />

sind allerdings nach 3 Monaten nicht<br />

in allen Parametern so deutlich wie<br />

vielleicht erwartet und müssen vor<br />

allem differenziell betrachtet werden.<br />

Der deutliche Zuwachs bei der konditionellen<br />

Leistungsfähigkeit lässt<br />

sich mit der guten Trainierbarkeit<br />

insbesondere der konditionellen<br />

Fähigkeiten in diesem Lebensalter<br />

und auch der Gestaltung des Bewegungsprogramms<br />

begründen. Die<br />

wünschenswerten Verbesserungen im<br />

koordinativen Bereich bedürfen<br />

spezifischer Übung und werden hier<br />

nicht erreicht.<br />

Die, wenn auch nur sehr geringe,<br />

Gewichtsreduktion der Teilnehmer ist<br />

hinsichtlich des kurzen Interventionszeitraumes<br />

als positiv zu bewerten, vor<br />

allem die relative Gewichtsabnahme,<br />

die sich in der Verringerung des<br />

BMI-SDS zeigt. Dies kann allerdings,<br />

angesichts des dramatischen Übergewichts<br />

der Sprungbrett-Kinder nur ein<br />

allererster Schritt sein, die Adipositaskarriere<br />

zu stoppen. Die Veränderungen<br />

im Bereich der gesundheitsbezogenen<br />

Lebensqualität weisen bei geschlechtsspezifischer<br />

Betrachtung zum Teil<br />

konträre Entwicklungen auf. Hier ist<br />

nicht eindeutig feststellbar, ob diese<br />

Veränderungen schulische oder private<br />

Ursachen haben, und in wiefern die<br />

einzelnen Bausteine des Projekts<br />

„Sprungbrett“, aber auch Faktoren wie<br />

die Gemeinschaft der „Sprungbrett“-<br />

Gruppe, Freundschaften und Anerkennung<br />

innerhalb dieser, Einfluss auf die<br />

Ergebnisse zur Einschätzung der<br />

gesundheitsbezogenen Lebensqualität<br />

nehmen.<br />

Eventuell spielt auch die Tatsache, dass<br />

das Projektteam überwiegend weiblicher<br />

Besetzung war, eine entscheidende<br />

Rolle für die zum Teil negative<br />

Entwicklung bei den männlichen<br />

Untersuchungsteilnehmern. Die bei<br />

allen Untersuchungsteilnehmern<br />

erfahrene positive Steigerung der<br />

Selbstwahrnehmung ist wahrscheinlich<br />

in Verbindung zu sehen mit der<br />

gesteigerten motorischen Leistungsfähigkeit.<br />

In Zukunft sind neben neuen<br />

und außergewöhnlichen Präventions-,<br />

Interventions- und Therapieansätzen<br />

zur Bekämpfung der Adipositas auch<br />

weitere Forschungsarbeiten zu den Auswirkungen<br />

körperlicher Aktivität auf die<br />

gesundheitsbezogene Lebensqualität<br />

übergewichtiger Kinder von Interesse.<br />

17


18<br />

Sprungbrett<br />

Literatur<br />

Bappert, S./Osterkamp-Baerens, C.<br />

(2004): Fit und gesund durch<br />

Bewegung und richtige Ernährung.<br />

Ein Ratgeber der Deutschen<br />

Schulsportstiftung.<br />

Weilheim Teck: Bräuer GmbH.<br />

Bisegger, C./Cloetta, B. und die<br />

europäische Kidscreengruppe<br />

(2005): Kidscreen: Fragebogen<br />

zur Erfassung der gesundheitsbezogenen<br />

Lebensqualität von<br />

Kindern und Jugendlichen.<br />

Manual der deutschsprachigen<br />

Versionen für die Schweiz. Berlin:<br />

Robert Koch-Institut.<br />

Bös, K. (2003): Motorische Leistungsfähigkeit<br />

von Kindern und<br />

Jugendlichen. In: W. Schmidt/ I.<br />

Hartmann-Tews/W.-D. Brettschneider<br />

(Hrsg.), Erster<br />

Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht<br />

(S. 85- 107).<br />

<strong>Hofmann</strong>: Schorndorf.<br />

Bös, K./Eschette, H./Lämmle, L./<br />

Lanners, M./Oberger, J./Opper, E./<br />

Romahn, E./Schorn, A./Wagener,<br />

Y./Wagner, M./Worth, A. (2006):<br />

Gesundheit, motorische Leistungsfähigkeit<br />

und körperlichsportliche<br />

Aktivität von Kindern<br />

und Jugendlichen in Luxemburg.<br />

Untersuchung für die Altersgruppen<br />

9, 14 und 18 Jahre.<br />

Abschlussbericht zum Forschungsprojekt.<br />

MENFP: MS:<br />

DMS: Luxembourg.<br />

Bös, K./Schmidt-Redemann, A./<br />

Bappert, S. (2007): Appetit auf<br />

Bewegung. Bewegungs-/<br />

Ernährungsprogramme für<br />

Grundschulkinder. Aachen:<br />

Meyer & Meyer.<br />

Britz, B./Siegfried, W./Ziegler, A./<br />

Lamertz, C./Herpertz-Dahlmann,<br />

B. M./Remschmidt, H./Wittchen,<br />

H. U./Hebebrand, J. (2000):<br />

Rates of psychiatric disorders in<br />

a clinical study group of<br />

adolescents with extreme<br />

obesity via a popoulation based<br />

study. International Journal of<br />

Obesity (24), 1707–1714.<br />

Eberding, A./Lemme, M./Ernst, M./<br />

van Egmond-Fröhlich, A./<br />

Jaeschke, R./Kühn-Dost, A./<br />

Mannhardt, S./Stübing, K./Lob-<br />

Corzilius, T./Tiedjen, U./Werning,<br />

A./Vahabzadeh, Z./Stachow, R.<br />

(2004): Schulungsbereich Eltern.<br />

In aid infodienst Verbraucherschutz,<br />

Ernährung, Landwirtschaft<br />

e.V./Deutsche Gesellschaft<br />

für Ernährung (DGE) e.V.<br />

(Hrsg.), Trainermanual Leichter,<br />

aktiver, gesünder. Interdisziplinäres<br />

Konzept für die Schulung<br />

übergewichtiger oder adipöser<br />

Kinder und Jugendlicher (S. 617–<br />

730). Köln: Moeker Merkur.<br />

Kromeyer-Hauschild, K./Wabitsch,<br />

M./Kunze, D. et al. (2001):<br />

Perzentile für den Body Mass<br />

Index für das Kindes- und<br />

Jugendalter unter Heranziehung<br />

Prof. Dr. Jürgen Baur / Prof. Dr. Klaus Bös /<br />

Prof. Dr. Achim Conzelmann / Prof. Dr. Roland Singer (Hrsg.)<br />

Handbuch Motorische Entwicklung<br />

2., komplett überarbeitete Auflage 2009<br />

verschiedener deutscher<br />

Stichproben. Monatsschrift<br />

Kinderheilkunde 149, 807–818.<br />

Kurth, B.-M./Schaffrath Rosario, A.<br />

(2007): Die Verbreitung von<br />

Übergewicht und Adipositas bei<br />

Kindern und Jugendlichen in<br />

Deutschland. Ergebnisse des<br />

bundesweiten Kinder- und<br />

Jugendgesundheitssurveys<br />

(KIGGS). Bundesgesundheitsblatt<br />

- Gesundheitsforschung –<br />

Gesundheitsschutz 50, 736–743.<br />

Ravens-Sieberer, U. (2005): Lebensqualität<br />

von Kindern und<br />

Jugendlichen mit Adipositas. In<br />

M. Wabitsch/K. Zwiauer/J.<br />

Hebebrand/W. Kiess (Hrsg.),<br />

Adipositas bei Kindern und<br />

Jugendlichen (S. 240–246).<br />

Heidelberg: Springer.<br />

Wabitsch, M. (2007): Ärzte warnen<br />

immense Folgekosten durch<br />

Adipositas. In AdipositasSpektrum<br />

(2007, 2. Februar). Zugriff<br />

am 5. Februar 2007 unter http://<br />

www.adipositasspektrum.<br />

de/114.0.html?&tx_ttnews[tt_<br />

news]=15&tx_ttnews[backPid]=<br />

121&cHash=4aa37b969.<br />

Internetverzeichnis<br />

• http://www.adipositas-<br />

spektrum.de<br />

• http://www.a-g-a.de<br />

• http://www.foss-karlsruhe.de<br />

• http://www.de.icw-global.com<br />

• http://www.kidscreen.org<br />

In 21 Einzelbeiträgen stellen 22 Autorinnen und Autoren den aktuellen Stand der Forschung zur<br />

motorischen Entwicklung zusammen. Der Band richtet sich v. a. an Sportwissenschaftler/innen,<br />

Studierende der Sportwissenschaft, aber auch an Leserkreise aus den Gebieten der Medizin und<br />

Psychologie.<br />

DIN A5, 464 Seiten, ISBN 978-3-7780-1562-9, Bestell-Nr. 1562 � 34.90<br />

Inhaltsverzeichnis unter www.sportfachbuch.de/1562<br />

Steinwasenstraße 6–8 • 73614 Schorndorf • Telefon (0 71 81) 402-125 • Fax (0 71 81) 402-111<br />

Internet: www.hofmann-verlag.de • E-Mail: bestellung@hofmann-verlag.de


Sabine C. Koch<br />

Entwicklungsdiagnostik mit dem<br />

Kestenberg Movement Profile (KMP)<br />

Zu einer guten Psychomotorik gehört eine differenzierte Diagnostik. Neben der<br />

Erfassung quantitativer Variablen, sind qualitative Aspekte von Bewegung von<br />

zentraler Bedeutung. Ein umfassendes Instrument für die psychomotorische Entwicklungsdiagnostik,<br />

das beide Aspekte einschließt, ist das Kestenberg Movement Profile<br />

(KMP). Dieses hat sich im Rahmen der Tanz- und Bewegungstherapie in Diagnostik<br />

und Interventionsplanung etabliert. Der vorliegende Artikel gibt eine Einführung in<br />

das Kestenberg Movement Profile vor, beschreibt exemplarisch die Entwicklungsdiagnostik<br />

eines normal entwickelten Kindes und stellt klinische Bezüge her.<br />

Das KMP – ein Überblick<br />

Das Kestenberg Movement Profile<br />

(Kestenberg 1995; Kestenberg/Sossin<br />

1973/1979; Kestenberg-Amighi u. a.<br />

1999; Lewis/Loman 1990; Loman 1995)<br />

ist ein Instrument zur Erfassung und<br />

Untersuchung des nonverbalen Bewegungs-<br />

und Ausdrucksverhaltens.<br />

Es erlaubt eine Feinanalyse zwischenmenschlicher<br />

Kommunikation und<br />

Interaktion und gibt Auskunft über<br />

Bedürfnisse, Temperament, Affekt,<br />

Lernstile, Abwehrmechanismen, Gefühle<br />

gegenüber Selbst und Anderen sowie<br />

weitere emotionale und kognitive<br />

Variabeln. In 64 Parametern erfasst es<br />

komplexe Bewegungen qualitativ und<br />

quantitativ und dient zur Analyse des<br />

Entwicklungsstandes, differenzieller<br />

Persönlichkeitsmerkmale und des<br />

interaktiven Kommunikationsverhaltens<br />

einer Person (vgl. Abb. 1). Anwendung<br />

findet es vor allem in der individuellen<br />

Entwicklungsdiagnostik, der Analyse<br />

von Eltern-Kind-Interaktionen sowie<br />

im Bereich der Paar-, Familien- und<br />

Teamkommunikationsanalyse. Das KMP<br />

Abb. 1: Vereinfachte Übersicht des KMP mit deutscher Terminologie (aus: Eberhard., 2007; die Linien<br />

zeigen die Entwicklungsreihenfolge an).<br />

1.2 Bewegungsformen<br />

Bei den Bewegungsformen (System II, rechte Spalte von Abb. 1) handelt es sich um den<br />

Wechsel von wachsenden und schrumpfenden Bewegungen, von Öffnen und Schließen auf<br />

der Formenfluss-Seite. Diese sind selbstbezogen (z.B. Wachsen aufgrund einer emotional angenehmen<br />

Atmosphäre in einer Gruppe, in der ich mich wohlfühle), umwelt- (z.B. Wachsen<br />

aufgrund der Wärme der einstrahlenden Sonne) oder objektbezogen (z.B. Wachsen hin zu<br />

einem geliebten Menschen). Dazu gehören auch Annäherungs- und Vermeidungsbewegungen<br />

als zugleich objekt- und selbstbezogene Bewegungen. „Reifestufen“ sind hier: unbewusster<br />

Formenfluss (Bipolar / Unipolar Shape-Flow) mit zumeist kleinen Torsobewegungen hin zu<br />

oder weg von einem Objekt, vorbewusste Richtungsbewegungen (Shaping in Directions) mit<br />

deutlichen Bewegungen der Extremitäten in einer Bewegungsebene, die entweder affiliative<br />

oder defensive Bedeutung haben können, und bewusste Formen, die mehrere Ebenen einschließen<br />

(Shaping in Planes) und komplexe Objektrelationen widerspiegeln. Wachsen und<br />

Annäherung sind überwiegend im Zusammenhang mit positiven Stimuli zu beobachten,<br />

Schrumpfen und Vermeidung überwiegend in Zusammenhang mit negativen Stimuli.<br />

r Abb. 1: Vereinfachte Übersicht des KMP mit deutscher Terminologie (aus: Eberhard<br />

2007; die Linien zeigen die Entwicklungsreihenfolge an)<br />

geht zum einen auf die psychoanalytische<br />

Entwicklungstheorie von Anna<br />

Freud (1965), zum anderen auf die<br />

Bewegungsanalyse und Bewegungsnotation<br />

nach Laban (1960; Laban/<br />

Lawrence 1974) und Lamb (1965)<br />

zurück. In den letzten Jahren wurde<br />

es überarbeitet und der psychoanalytische<br />

Hintergrund wurde um einen<br />

kognitiv-verhaltenstherapeutischen<br />

PD Dr. Sabine C. Koch<br />

Psychologin und Tanztherapeutin, M.A.,<br />

BC-DMT, Universität Heidelberg,<br />

promovierte im Bereich der Mikroanalyse<br />

von verbaler und nonverbaler<br />

Kommunikation am Arbeitsplatz und<br />

habilitierte zum Thema „Embodiment:<br />

Der Einfluss von Eigenbewegung auf<br />

Affekt, Einstellung und Kognition“.<br />

Derzeit ist sie in Forschung und Lehre<br />

auf der Abteilung für Gender, Persönlichkeits-<br />

und Gesundheitspsychologie<br />

tätig und leitet das nationale Forschungsprojekt<br />

„Körpersprache von<br />

Tanz und Bewegung“ (BMBF) in<br />

Kooperation mit Phänomenologen und<br />

Kognitionslinguisten.<br />

Anschrift der Verfasserin:<br />

Universität Heidelberg<br />

Psychologisches Institut<br />

Hauptstr. 47–51, 69117 Heidelberg<br />

Telefon: +49-62 21-54 72 97<br />

E-Mail: sabine.koch@<br />

urz.uni-heidelberg.de<br />

19


20<br />

Entwicklungsdiagnostik mit dem Kestenberg Movement Profile (KMP)<br />

Hintergrund ergänzt, sowie das gesamte<br />

System auf ein stärker kognitionswissenschaftlich<br />

anschlussfähiges<br />

Fundament gestellt (Kestenberg-Amighi<br />

et al. 1999). Einen deutschsprachigen<br />

Überblick geben Romer (1980), Bender<br />

(2007) und Eberhard (2007).<br />

Bewegungsqualitäten<br />

Das KMP unterscheidet grundsätzlich<br />

zwischen Bewegungsqualitäten und<br />

Bewegungsformen. Bei den Bewegungsqualitäten<br />

(System I; linke Spalte<br />

von Abb. 1) handelt es sich um den<br />

Wechsel von Muskelanspannung und<br />

-entspannung auf der Spannungsfluss-<br />

Seite. Kestenberg spricht mit Bezug auf<br />

Laban (1960) von ankämpfenden<br />

(fighting) vs. hingebenden/erspürenden<br />

(indulgent) Bewegungsqualitäten;<br />

diese treten in mehreren entwicklungspsychologischen<br />

„Reifestufen“ auf: als<br />

unbewusste Spannungsfluss-Rhythmen<br />

und Spannungsfluss-Eigen-<br />

schaften (Rhythms und Attributes), die<br />

Bedürfnisse und Affekt reflektieren,<br />

vorbewusste Antriebsvorläufer (Pre-<br />

Efforts), die Abwehrmechanismen und<br />

Lernstile reflektieren, und bewusste<br />

Antriebe (Efforts), die den intentionalen<br />

Umgang mit Raum, Zeit und Schwerkraft<br />

und das „Environmental Coping“<br />

reflektieren. Hingebende Bewegungen<br />

dienen dazu, in einer Entwicklungsstufe<br />

motorisch aufzugehen (z. B. hüpfen um<br />

des Hüpfens willen), während ankämpfende<br />

Bewegungen dazu dienen, sich<br />

aus einer Entwicklungsstufe zu lösen,<br />

zu verabschieden, zu trennen, um sich<br />

auf ein neues Ziel hinbewegen zu<br />

können.<br />

Bewegungsformen<br />

Bei den Bewegungsformen (System II,<br />

rechte Spalte von Abb. 1) handelt es<br />

sich um den Wechsel von wachsenden<br />

und schrumpfenden Bewegungen, von<br />

Öffnen und Schließen auf der Formenfluss-Seite.<br />

Diese sind selbstbezogen<br />

(z. B. Wachsen aufgrund einer emotional<br />

angenehmen Atmosphäre in einer<br />

Gruppe, in der ich mich wohlfühle),<br />

umweltbezogen (z. B. Wachsen auf-<br />

grund der Wärme der einstrahlenden<br />

Sonne) oder objektbezogen (z. B.<br />

Wachsen hin zu einem geliebten Men-<br />

schen). Dazu gehören auch Annäherungs-<br />

und Vermeidungsbewegungen<br />

als zugleich objekt- und selbstbezogene<br />

Bewegungen. Entwicklungspsychologische<br />

„Reifestufen“ sind hier: unbewusster<br />

Formenfluss (Bipolar/Unipolar<br />

Shape-Flow) mit zumeist kleinen<br />

Torsobewegungen hin zu oder weg von<br />

einem Objekt, vorbewusste Richtungsbewegungen<br />

(Shaping in Directions) mit<br />

deutlichen Bewegungen der Extremitäten<br />

in einer Bewegungsebene, die<br />

entweder affiliative oder defensive<br />

Bedeutung haben können, und bewusste<br />

Formen, die mehrere Ebenen<br />

einschließen (Shaping in Planes) und<br />

komplexe Objektrelationen wider-<br />

spiegeln. Wachsen und Annäherung<br />

sind überwiegend im Zusammenhang<br />

mit positiven Stimuli zu beobachten,<br />

Schrumpfen und Vermeidung überwiegend<br />

in Zusammenhang mit negativen<br />

Stimuli.<br />

Diagnostischer Prozess<br />

und Gütekriterien<br />

Durchführung und Auswertung<br />

Im KMP werden die Bewegungselemente<br />

notiert, quantifiziert und in Häufigkeitsdiagramme<br />

übertragen, aus welchen sich<br />

Entwicklungsverläufe rekonstruieren und<br />

Persönlichkeitsprofile ableiten lassen.<br />

Das KMP unterscheidet sich insofern<br />

von anderen Instrumenten der Verhaltensbeobachtung,<br />

als dass es neben<br />

den Häufigkeitsinformationen auch<br />

Paul (2½ Monate)<br />

Abb. 2: Rhythmennotation von Paul (2 � Monate)<br />

kontinuierliche Daten erfasst (Rhythmennotation;<br />

s. Abb. 2), was grundsätzlich<br />

ermöglicht, über die kategoriale<br />

Information hinaus weitere Aspekte der<br />

Dynamik der sozialen Interaktion zu<br />

untersuchen.<br />

Die Rhythmennotation, handschriftliche<br />

Aufzeichnungen auf einem leeren Blatt<br />

Papier mit lediglich einer Zeitlinie,<br />

benutzt die kinästhetische Empathie<br />

(Kestenberg 1995) als Hauptmethode.<br />

Die Beobachter nehmen die Wechsel<br />

von Anspannung und Entspannung der<br />

beobachteten Person in ihren eigenen<br />

Körper auf (motorische Simulation),<br />

versuchen sie insbesondere in ihrem<br />

Schreibarm, ihren Fingern und im Stift<br />

(als deren Extension) zu spüren und in<br />

Form einer „Spannungsflusslinie“ zu<br />

Papier zu bringen. Der Konvention<br />

folgend wird bei einer Erhöhung der<br />

Muskelspannung der Stift nach unten<br />

geführt und bei einer Entspannung der<br />

Stift nach oben geführt (vgl. Abb. 2).<br />

Nach dem Notieren werden die<br />

Rhythmen kategorisiert und dann<br />

ausgezählt. Die entstehenden Profile<br />

sind demnach häufigkeitsbasiert und<br />

wiesen in Überprüfungsstudien eine<br />

Beobachterübereinstimmung von<br />

Cronbachs Alphas zwischen .74 und .91<br />

auf, wenn mehrere Beobachter Profile<br />

für eine Person erstellen (Koch 2006;<br />

Sossin 1987). Bislang wird nur die<br />

Häufigkeitsinformation in den Bewegungsrhythmen<br />

zur Auswertung<br />

genutzt und die Sequenz- und Muster-<br />

Andererseits hat Paul schon erstaunlich viele Rhythmen aus der analen Phase verfügbar. Das<br />

spielerische, flirtende und schüchterne Sich-Drehen ist sein präferierter Körperrhythmus, der<br />

sogar die generell in seiner Entwicklungsphase am häufigsten zu beobachtenden oralen<br />

Rhythmen übertrifft. Hier zeichnet sich eventuell eine Tendenz zu einer generelle Präferenz der<br />

sich hingebenden Rhythmen vor den ankämpfenden Rhythmen ab. Aber auch der Press- bzw.<br />

Halterhythmus, der bald für die Sauberkeitserziehung wichtig werden wird, wird von Paul<br />

schon weitgehend beherrscht und angewandt, es fehlt ihm jedoch noch an Intensität.<br />

Die anderen Rhythmen sind altersgemäß noch nicht so stark ausgeprägt, allerdings lässt sich<br />

auch bei diesen (mit Ausnahme der urethralen Phase) eine Präferenz der sich hingebenden<br />

Rhythmen beobachten. Insgesamt zeigt Paul bei den puren Rhythmen ein 2:1 Verhältnis von<br />

ankämpfenden zu sich hingebenden Rhythmen, was für potentiell gute Durchsetzungs- und<br />

Abgrenzungsfähigkeit spricht. Bei den gemischten Rhythmen kehrt sich das Verhältnis<br />

erwartungsgemäß um, was auf bedarfsgerechte Bedürfnisbefriedigung und Kompromiss-<br />

r Abb. 2: Rhythmennotation von Paul (2½ Monate)


information in den kontinuierlichen<br />

Rohdaten gehen noch nicht in die<br />

Analysen ein.<br />

Gütekriterien des KMP<br />

Durchführungs- und Auswertungsobjektivität<br />

des KMP lassen sich gut<br />

sicherstellen. Die Interrater-Reliabilität<br />

für das Gesamtprofil liegt für Laien im<br />

einfachen prozentualen Vergleich etwa<br />

bei 70% für Experten etwa bei 75%<br />

(vgl. Koch 2006; Koch u. a. 2002;<br />

Sossin 1987). Die interne Konsistenz<br />

und die Trennschärfen der Items einer<br />

deutschen Übersetzung des KMP-<br />

Fragebogens wurden 1998 mit guten<br />

bis sehr guten Resultaten überprüft<br />

(Cronbachs Alphas der Profile zwischen<br />

.70 und .95). Die Validität wurde z. B.<br />

für hingebende vs. ankämpfende<br />

Rhythmen, für starke vs. leichte Efforts<br />

und für direkte vs. indirekte Efforts<br />

überprüft (Koch 2009; Lotan/Yirmiya<br />

2002). Die Konstruktvalidität wurde<br />

anhand eines Diagnostikvergleichs<br />

zwischen Anna Freud und Judith<br />

Kestenberg (beide blind zur Diagnostik<br />

der jeweils anderen) in den 70er Jahren<br />

überprüft (Kestenberg-Amighi et al.<br />

1999).<br />

Exemplarische Analyse für<br />

ein 2½-monatiges normal<br />

entwickeltes Kind<br />

Mit dem KMP kann man Personen jeden<br />

Alters untersuchen, Teile des Instrumentes<br />

können bereits am Fötus angewandt<br />

werden (vgl. Loman 2007). Es umfasst<br />

neun Kategorien der Bewegung, die<br />

jeweils in Diagrammform dargestellt<br />

werden. Die Diagramme beschreiben die<br />

inneren Bedürfnisse des Kindes und<br />

deren bevorzugte Äußerungsformen,<br />

das Temperament des Kindes, seine<br />

bevorzugten kognitiven Stile, die<br />

bevorzugten Abwehrmechanismen und<br />

Bewältigungsformen, sein Vertrauen<br />

zur Umwelt und zu sich selbst, sein<br />

Annäherungs- und Vermeidungsverhalten<br />

sowie sein ein- und mehrdimensionales<br />

Sich-in-Beziehung-setzen zu<br />

Personen und Objekten. Die Diagramme<br />

werden ausschließlich durch Beobachtung<br />

und zum Teil mithilfe der oben<br />

beschriebenen Freihandmethode, sowie<br />

der von Laban/Lawrence (1974)<br />

entwickelten Bewegungsnotation,<br />

erstellt. Die Auswertung erfolgt auf der<br />

Grundlage beobachteter Häufigkeiten.<br />

Es folgt eine exemplarische Entwicklungsdiagnostik<br />

für Paul (2½ Monate)<br />

in Darstellung und Interpretation.<br />

Allgemeine Körperhaltung<br />

(Body Attitude)<br />

Paul zeigt eine für einen Säugling in<br />

seinem Alter typische Körperhaltung.<br />

Seine Aktivitätsphase verbringt er in<br />

Rückenlage, dabei ist sein Oberkörper<br />

meist weit geöffnet, das aktive bipolare<br />

Verengen des Körpers fällt ihm noch<br />

schwer. Seine untere Körperhälfte<br />

bewegt sich typischerweise eher in der<br />

vertikalen Ebene, sein Oberkörper in der<br />

horizontalen. Die Körperspannung in<br />

den Extremitäten ist bei ihm gewöhnlich<br />

höher als die des Torsos. Seine<br />

bevorzugten Antwortmuster sind<br />

Bewegungen der Arme, wobei der linke<br />

Arm stets aktiver ist als der rechte und<br />

einen Großteil der Bewegung leitet.<br />

Während der Beobachtungszeit war<br />

Paul wach und aktiv, z. T. reagierte er<br />

auf akustische Signale. Gegen Ende des<br />

Videosegments wurde er müde und<br />

schlief schließlich ein, wie es sich in<br />

den beiden letzten Zeilen der Rhythmenkurve<br />

durch die Verwendung vieler,<br />

immer regelmäßig werdender oraler<br />

Rhythmen abbildet (vgl. Abb. 2).<br />

Spannungsfluss-Rhythmen<br />

(Tension-flow rhythms)<br />

Spannungsfluss-Rhythmen sind die<br />

Wechsel im Grad der Körpermuskelspannung.<br />

Man unterscheidet freien<br />

Fluss (nicht-eingeschränkte Bewegung<br />

ohne Beteiligung des Muskelantagonisten)<br />

und gebundenen Fluss (eingeschränkte<br />

Bewegung mit Beteiligung<br />

des Muskelantagonisten). Auf psychologischer<br />

Ebene geht freier Fluss mit<br />

Entspannung und innerer Lockerheit,<br />

gebundener Fluss mit Anspannung und<br />

Ängsten einher. Die Rhythmen sind an<br />

die psychodynamischen Entwicklungsphasen<br />

angelehnt. In jeder Phase gehen<br />

ankämpfende (fighting) Rhythmen sich<br />

hingebenden (indulgent) voraus: das<br />

Aufgehen in einer Entwicklungsphase<br />

wird jeweils gefolgt von der Ablösung<br />

aus dieser Phase (vgl. Erickson 1950).<br />

Die Subphasen gliedern sich in die orale<br />

Phase, die anale Phase, die urethrale<br />

Phase, die innergenitale und die<br />

außergenitale Phase. Kestenberg fand<br />

die dritte Subphase bei ihren Kinderbeobachtungsstudien<br />

und unterteilte<br />

dabei auch die klassische ödipale Phase<br />

in die inner- und außergenitale Phase.<br />

Die Bewegungsrhythmen sind in der<br />

Entwicklungsreihenfolge:<br />

• saugen, beißen<br />

• (ver)drehen, anspannen-loslassen<br />

• laufen lassen, starten-stoppen<br />

• wiegen, gebären<br />

•<br />

hüpfen und stoßen<br />

Der Saugrhythmus ist der erste Rhythmus,<br />

der den Körper des Kindes<br />

organisiert. Er hat eine geringe Intensität,<br />

runde Übergänge und regelmäßige,<br />

fast sinuskurvenförmige Amplituden,<br />

die sich in der Beobachtung und der<br />

Notation der Rhythmen zeigen (vgl.<br />

Abb. 2). Man findet ihn nicht nur im<br />

Mund des Kindes, sondern auch in den<br />

Händen, den Füßen und den Handgelenken,<br />

vermehrt, kurz bevor das Kind<br />

einschläft (Lotan/Yirmiya 2002). Der<br />

Saugrhythmus dient der Selbstberuhigung,<br />

und man findet ihn auch bei<br />

Erwachsenen, die in diesem Rhythmus<br />

z. B. leicht mit dem Torso wippen oder<br />

ihr Haar drehen (auch wenn die Form<br />

Drehen ist, kann der Rhythmus Saugen<br />

sein, da es ja um die Muskelspannungsänderungen<br />

geht). Der darauf folgende<br />

Beißrhythmus hat ebenfalls eine<br />

niedrige Intensität und gleichmäßige<br />

Amplituden, aber eckige Übergänge und<br />

hilft dem Kind, Dinge zu kauen und<br />

voneinander zu trennen, zuerst mit den<br />

Zähnen, dann mit den Händen und dem<br />

ganzen Körper. Auf diese Weise ist es<br />

auch der erste Rhythmus, der dem Kind<br />

hilft, Kategorien und Konzepte zu<br />

trennen, und dadurch analytisches<br />

Denken vorbereitet. Bei Erwachsenen<br />

können wir ihn beobachten, wenn sie<br />

auf einem Bleistift oder an Fingernägeln<br />

kauen. Das Beißen auf einem Bleistift<br />

kann ein Hinweis darauf sein, dass man<br />

versucht sich zu konzentrieren, auf<br />

etwas zu fokussieren und Konzepte zu<br />

unterscheiden, oder, dass man sich aus<br />

der Situation trennen, lösen will, um<br />

zur nächsten Herausforderung – oder<br />

auch zur Entspannung – überzugehen.<br />

Ebenso können die Rhythmen Verwendung<br />

finden, um auf die Bedürfnisse<br />

anderer einzugehen. So kann man<br />

z. B. ein Baby durch Wiegen oder ein<br />

Wiegenlied in einem oralen Rhythmus –<br />

alle Wiegenlieder haben einen oralen<br />

21


22<br />

Entwicklungsdiagnostik mit dem Kestenberg Movement Profile (KMP)<br />

Saugrhythmus – beruhigen, oder man<br />

kann einen Freund mit runden Rhythmen<br />

umarmen und wenn die Umarmung<br />

zu lang wird, mit eckigen<br />

Rhythmen (z. B. durch Klopfen auf den<br />

Rücken) das Bedürfnis nach Trennung<br />

anzeigen. Die Verwendung von Bewegungsrhythmen<br />

ist uns normalerweise<br />

nicht bewusst.<br />

Paul ist altersentsprechend mitten in<br />

der oralen Phase mit einem ausgewogenen<br />

Anteil von sich hingebenden<br />

Saugrhythmen und ankämpfenden<br />

Beißrhythmen. Das Saugen wird von<br />

Kleinkindern nicht nur funktional,<br />

sondern auch zur Selbstberuhigung<br />

benutzt. Das Beißen dient über seine<br />

Funktionalität hinaus der Abgrenzung,<br />

Differenzierung und späteren Analyse<br />

von Sachverhalten, sowie dem Verabschieden<br />

aus dieser ersten Phase. Wir<br />

würden für Pauls Altersgruppe vielleicht<br />

sogar ein wenig mehr von den Beißrhythmen<br />

erwarten, da dies die Phase<br />

ist, an der er gerade arbeiten sollte. Er<br />

wird vermutlich kein sehr ‚orales Kind’<br />

bleiben.<br />

Andererseits hat Paul schon erstaunlich<br />

viele Rhythmen aus der analen Phase<br />

verfügbar. Das spielerische, flirtende und<br />

schüchterne Sich-Drehen ist sein<br />

präferierter Körperrhythmus, der sogar<br />

die generell in seiner Entwicklungsphase<br />

am häufigsten zu beobachtenden oralen<br />

Rhythmen übertrifft. Hier zeichnet sich<br />

eventuell eine Tendenz zu einer generelle<br />

Präferenz der sich hingebenden Rhythmen<br />

vor den ankämpfenden Rhythmen<br />

ab. Aber auch der Drück- bzw. Halterhythmus,<br />

der bald für die Sauberkeitserziehung<br />

wichtig werden wird, wird von<br />

Paul schon weitgehend beherrscht und<br />

angewandt, es fehlt ihm jedoch noch an<br />

Intensität.<br />

Die anderen Rhythmen sind altersgemäß<br />

noch nicht so stark ausgeprägt, aller-<br />

dings lässt sich auch bei diesen (mit<br />

Ausnahme der urethralen Phase)<br />

eine Präferenz der sich hingebenden<br />

Rhythmen beobachten. Insgesamt zeigt<br />

Paul bei den puren Rhythmen ein 2 : 1-<br />

Verhältnis von ankämpfenden zu sich<br />

hingebenden Rhythmen, was für<br />

potenziell gute Durchsetzungs- und<br />

Abgrenzungsfähigkeit spricht. Bei den<br />

gemischten Rhythmen kehrt sich das<br />

Verhältnis erwartungsgemäß um, was<br />

auf bedarfsgerechte Bedürfnisbefriedigung<br />

und Kompromissfähigkeit<br />

schließen lässt (vgl. Abb. 2).<br />

Spannungsfluss-Eigenschaften<br />

(Tension-flow Attributes)<br />

Spannungsfluss-Attribute beschreiben<br />

die Art und Weise wie wir die Rhythmen<br />

verwenden und die Übergänge<br />

zwischen den Rhythmen. Sie sind<br />

Substrate des Temperamentes einer<br />

Person und dienen dem Ausdruck von<br />

Gefühlen. Sie spiegeln wesentliche<br />

Persönlichkeitsmerkmale sowie Erregungs-<br />

und Ruhezustände wieder.<br />

Die sechs erfassten Attribute sind in<br />

der Entwicklungsreihenfolge:<br />

• anpassend, gleichbleibend,<br />

• geringe Intensität, hohe Intensität,<br />

• graduell und abrupt.<br />

Pauls bevorzugte Spannungsflusseigenschaft<br />

ist die geringe Intensität. Damit<br />

gehört er von seinem Temperament her<br />

zu den gemäßigten Personen. Er befindet<br />

sich im oberen Bereich der geringen<br />

Intensität, da er keinen besonders<br />

hohen neutralen Fluss aufweist (das ist<br />

Bewegung die immer sehr nahe an der<br />

Nulllinie, d. h. dem Übergang von<br />

freiem zu gebundenem Fluss, bleibt).<br />

Auch zeigt er uns in dem kurzen<br />

Beobachtungszeitraum, dass er<br />

durchaus hohe Intensität anwenden<br />

kann, diese allerdings nicht bevorzugt.<br />

Des Weiteren bevorzugt Paul die gleich<br />

bleibende und ebenmäßige Art vor der<br />

anpassenden und wechselhaften.<br />

Ebenso bevorzugt er abrupte Veränderungen<br />

vor graduellen. Allerdings bringt<br />

er die Fähigkeit zu allen anderen<br />

Attributen mit. Generell weist Paul<br />

einen hohen Komplexitätsgrad (Load<br />

Factor) der Spannungsflusseigenschaften<br />

auf, was auf einen differenzierten<br />

Charakter schließen lässt.<br />

Antriebsvorläufer (PreEfforts)<br />

Unter Antriebsvorläufern versteht<br />

man die verschiedenen Arten, auf die<br />

eine Person durch Spannungskontrolle<br />

versucht, mit der physikalischen<br />

Umwelt (Raum, Schwerkraft und Zeit)<br />

zurecht zu kommen. Sie vermitteln<br />

zwischen den inneren Bedürfnissen<br />

(sowie dem Charakter) und der äußeren<br />

Realität. Antriebsvorläufer werden in<br />

Lernsituationen verwendet aber auch<br />

als Abwehrmechanismen. Mit der<br />

Reifung des Individuums entwickeln sie<br />

sich zu Antrieben (Efforts/Loman 1995).<br />

Man kann sie als noch nicht hinreichend<br />

gelernte Antriebe (Efforts)<br />

auffassen. Die Antriebsvorläufer sind<br />

in der Entwicklungsreihenfolge:<br />

• kanalisierend, flexibel,<br />

• vehement/angestrengt,<br />

sachte/vorsichtig,<br />

• plötzlich und zögernd.<br />

Paul bevorzugt den flexiblen Antriebsvorläufer.<br />

Dies ist nicht nur altersentsprechend,<br />

sondern koinzidiert auch mit<br />

der hohen Anzahl von Dreh-Rhythmen,<br />

die wir bei ihm beobachten. Dies deutet<br />

darauf hin, dass er später möglicherweise<br />

den Abwehrmechanismus der<br />

Vermeidung präferieren wird. Sein<br />

bevorzugter Lernstil wird möglicherweise<br />

das Lernen über Assoziationen<br />

und Verknüpfungen sein, und er wird<br />

wahrscheinlich keine Schwierigkeiten<br />

haben den Fokus effizient von einer<br />

Aufgabe zur anderen zu wechseln und<br />

unter Umständen sogar gerne mehrere<br />

Dinge auf einmal tun. Das Kanalisieren<br />

ist verhältnismäßig niedrig bei ihm, als<br />

Vorantrieb für das direkte Verhalten<br />

würden wir hier gerne eine höhere Zahl<br />

sehen, es wird benötigt um sich auf<br />

Aufgaben zu fokussieren, die Aufmerksamkeit<br />

und Konzentration verlangen.<br />

Die relativ hohe Anzahl von angespann-<br />

ten und vehementen Antriebsvorläufer<br />

kann nur unter Berücksichtigung der<br />

Situation interpretiert werden. Da Paul<br />

versuchte nach verschiedenen Gegenständen<br />

zu greifen und diese Fähigkeit<br />

noch nicht beherrschte erklärt sich die<br />

hohe Anzahl hier durch den Kontext.<br />

Die Antriebsvorläufer sachte, plötzlich<br />

und zögernd sind altersentsprechend<br />

noch nicht so weit entwickelt.<br />

Antriebe (Efforts)<br />

Antriebe sind Bewegungsqualitäten, die<br />

innere Einstellungen zu den physikalischen<br />

Realitäten Raum, Schwerkraft<br />

und Zeit repräsentieren. Sie werden als<br />

Bewältigungsmechanismen gegenüber<br />

der realen Umwelt benutzt (Laban<br />

1960). Sie sind gut gelernte Verhaltensweisen<br />

und werden vom Individuum oft<br />

bewusst eingesetzt. Die Antriebe sind in<br />

der Entwicklungsreihenfolge:<br />

• direkt, indirekt,<br />

• stark, leicht,<br />

•<br />

schnell/beschleunigend und<br />

langsam/verlangsamend.<br />

Pauls Antriebsdiagramm ist aufgrund<br />

seines Alters nicht interpretierbar, da


Aktuelles aus der Akademie<br />

Pilotprojekt: Fachqualifikation Motogeragogik <strong>dakp</strong><br />

an der Fachschule in Hamm<br />

Angesichts des demographischen Wandels<br />

wird es immer dringender, die psychomotorischen<br />

Angebote nicht nur für<br />

Kinder, sondern auch für alte Menschen<br />

bereitzustellen. Die ständig wachsende<br />

Zahl der pflegebedürftigen und alterskranken<br />

Menschen, die in Einrichtungen<br />

der stationären oder teilstationären Altenhilfe<br />

leben, bedürfen einer Anregung,<br />

die auf ihre Lebenssituation und ihre<br />

Bedürfnisse abgestimmt ist. Hier greift<br />

das Konzept der Motogeragogik, das seit<br />

Bildungsprämie erhöht<br />

Im Programm „Bildungsprämie“ des Bundesministeriums<br />

für Bildung und Forschung<br />

wurden mit Wirkung zum<br />

1. 1. <strong>2010</strong> die Förderkonditionen ver­<br />

Neue DozentInnen-<br />

Sprecher gewählt<br />

Die DozentInnen und Dozenten der<br />

Deutschen Akademie für Psychomotorik<br />

haben auf ihrer letzten Konferenz im<br />

November 2009 drei neue SprecherInnen<br />

für die Arbeit im Kuratorium gewählt.<br />

Einstimmig wurden Fiona Martzy,<br />

Silvia Bender und Hubert Bisping in das<br />

Amt berufen.<br />

vielen Jahren die individuelle psychomotorische<br />

Förderung alter Menschen<br />

verfolgt.<br />

Die Verbreitung dieses Konzepts ist trotz<br />

allgemeiner Bekräftigung, wie wichtig<br />

dieses Thema ist, bislang nur mäßig berücksichtigt<br />

worden. Gerade die Arbeit<br />

in Alten­ und Pflegeeinrichtungen wird<br />

das pädagogische und therapeutische<br />

Feld der Zukunft. Die Akademie versucht<br />

daher neue Wege einzuschlagen und<br />

hat im letzten Jahr in Kooperation mit<br />

bessert. Einen Prämiengutschein in Höhe<br />

von max. 500 Euro können jetzt alle Erwerbstätigen<br />

erhalten, deren zu versteuerndes<br />

Jahreseinkommen 25 600 Euro<br />

(51 200 Euro bei gemeinsam Veranlagten)<br />

nicht übersteigt. Mit dem höheren<br />

der Fachschule für Motopädie am LWL­<br />

Berufskolleg in Hamm, erfolgreich den<br />

ersten Basiskurs „Psychomotorik in<br />

Alten­ und Pflegeheimen“ durchgeführt.<br />

Um die Fachqualifikation Motogeragogik<br />

<strong>dakp</strong> zu erhalten, konnten die TeilnehmerInnen<br />

zusätzlich einen Kurs zum<br />

Thema „Psychomotorik und Demenz“<br />

absolvieren. Aufgrund der überaus positiven<br />

Erfahrungen werden die SchülerInnen<br />

auch im nächsten Schuljahr wieder<br />

die Gelegenheit haben, die Kurse zu belegen.<br />

Zudem ist angedacht, das Angebot<br />

auf andere Schulen auszuweiten.<br />

Gutscheinwert soll interessierten Personen<br />

mit niedrigem und mittlerem<br />

Einkommen die Finanzierung von umfangreichen<br />

und höherwertigen Weiterbildungen<br />

erleichtert werden. Weitere<br />

Infos unter www.bildungspraemie.info.


<strong>Fortbildungsübersicht</strong> <strong>dakp</strong> <strong>April</strong> <strong>2010</strong> – Juli <strong>2010</strong><br />

<strong>April</strong> <strong>2010</strong><br />

Berufsqualifikation Psychomotorik Kurs 1<br />

Entwicklung wahrnehmen – Entwicklung bewegen<br />

Kurs: 10104<br />

Kurstermin: Mi 07.04.–So 11.04.<strong>2010</strong><br />

Kursort: Förderschule Schloss Schönefeld, Leipzig<br />

Leitung: Michaela Lamy<br />

Hipphopp aufs Pferd – Hippopädagogik in Praxis und Theorie<br />

(eine Einführung)<br />

Kurs: 10504<br />

Kurstermin: 09.04.–11.04.<strong>2010</strong><br />

Kursort: Günzach<br />

Leitung: Juliane Deppisch<br />

„Einstein turnt …“ – Bewegung und Bildung<br />

im Kindergarten<br />

Kurs: 10505<br />

Kurstermin: 16.04.–18.04.<strong>2010</strong><br />

Kursort: Marburg<br />

Leitung: Dr. Richard Hammer,<br />

Prof. Dr. Michael Wendler<br />

Mai <strong>2010</strong><br />

Berufsqualifikation Psychomotorik Kurs 1<br />

Entwicklung wahrnehmen – Entwicklung bewegen<br />

Kurs: 10105<br />

Kurstermin: 10.05.–14.05.<strong>2010</strong><br />

Kursort: Sportschule Hachen, Sundern<br />

Leitung: Michaela Lamy<br />

Fachqualifikation Psychomotorische Diagnostik<strong>dakp</strong> Modul D2: Diagnostische Verfahren in der Anwendung<br />

Kurs: 10D21<br />

Kurstermin: 14.05.–16.05.<strong>2010</strong><br />

Kursort: Landesturnschule des NTB, Melle<br />

Leitung: Ingrid Schäfer<br />

Bleibt alles anders – Bewegung im Kindergarten<br />

Kurs: 10506<br />

Kurstermin: 28.05.–30.05.<strong>2010</strong><br />

Kursort: Heilpädagogisch­Integrative<br />

Kindertagesstätte Düsseldorf<br />

Leitung: Katrin Nowak<br />

Juni <strong>2010</strong><br />

Berufsqualifikation Psychomotorik Kurs 1<br />

Entwicklung wahrnehmen – Entwicklung bewegen<br />

Kurs: 10106<br />

Kurstermin: Di 01.06.–Sa 05.06.<strong>2010</strong><br />

Kursort: Institut für soziale Berufe, Ravensburg<br />

Leitung: Peter Bentele, Helge Afflerbach<br />

Graphomotorik – von den ersten Spuren bis zum Schreiben<br />

Kurs: 10507<br />

Kurstermin: 11.06.–13.06.<strong>2010</strong><br />

Kursort: Paul­Moor­Schule Königswinter<br />

Leitung: Ingrid Schäfer<br />

Juli <strong>2010</strong><br />

Berufsqualifikation Psychomotorik Kurs 1<br />

Entwicklung wahrnehmen – Entwicklung bewegen<br />

Kurs: 10107<br />

Kurstermin: 12.07.–16.07.<strong>2010</strong><br />

Kursort: Landesturnschule des NTB, Melle<br />

Leitung: Jan Schulz, Dr. Jörg Schröder<br />

Fachqualifikation Trampolinspringen in der<br />

Psychomotorik<strong>dakp</strong> Kurs: 10601<br />

Kurstermin: 26.07.–30.07.<strong>2010</strong><br />

Kursort: Landesturnschule des NTB, Melle<br />

Leitung: Gaby Christlieb, Manfred Reuter<br />

Detaillierte Informationen zu den Kursen finden Sie unter<br />

www.<strong>dakp</strong>.de<br />

Möglichkeiten zur Anmeldung und Anforderung des aktuellen<br />

Fortbildungsprogramms:<br />

Deutsche Akademie für Psychomotorik<br />

Kleiner Schratweg 32, 32657 Lemgo<br />

Tel. 05261 970971, Fax. 05261 970972<br />

www.<strong>dakp</strong>.de, info@<strong>dakp</strong>.de


Übersicht regionale Fachveranstaltungen des AKP<br />

<strong>April</strong> <strong>2010</strong><br />

Bewegung von Anfang an –<br />

motorische Kompetenzen im Kleinkindalter erkennen<br />

Veranstaltung: WL­04­10<br />

Termin: Mo 19.04.<strong>2010</strong>, 9.00–15.30 Uhr<br />

Ort: Dortmund<br />

Referentinnen: Linda Adam und Bianca Zacharias<br />

Vom ersten Schrei zum ersten Schritt – ein Vortrag<br />

Veranstaltung: NR­04­10<br />

Termin: Mi 21.04.<strong>2010</strong>, 19.00 bis 21.00 Uhr<br />

Ort: Düsseldorf<br />

Referentin: Dr. Stefanie Kuhlenkamp<br />

Geo Caching<br />

Veranstaltung: KB­04­10<br />

Termin: 24.04.<strong>2010</strong><br />

Ort: Brunnenhaus in Dabringhausen<br />

Referent: Tim Niepalla<br />

Ich lerne das spielend – Gesellschaftsspiele in Bewegung<br />

mit Schul- und Alltagsmaterialien<br />

Veranstaltung: SL­04­10<br />

Termin: 24.04.<strong>2010</strong><br />

Ort: Neunkirchen<br />

Referentin: Carola Gerstmann<br />

Mai <strong>2010</strong><br />

Gewalt bewegt – Wege aus der Gewalt<br />

Veranstaltung: HE­HN­05­10<br />

Termin: 08.05.<strong>2010</strong><br />

Ort: Marburg<br />

Referent: Dr. Holger Jessel<br />

Schokolade fürs Gehirn<br />

Veranstaltung: SA­05­10<br />

Termin: 08.05.<strong>2010</strong><br />

Ort: Dresden<br />

Referentin: Dorothea Beigel<br />

Juni <strong>2010</strong><br />

Kindliche Entwicklung spielend erkennen und<br />

spielend fördern<br />

Veranstaltung: NR­06­10<br />

Termin: 19.06.<strong>2010</strong><br />

Ort: Düsseldorf<br />

Referentin: Fiona Martzy<br />

Das Gleichgewicht – Bildung braucht Bewegung<br />

Veranstaltung: HE­HN­06­10<br />

Termin: 19.06.<strong>2010</strong><br />

Ort: Marburg<br />

Referent: Thorsten Späker<br />

Gewalt bewegt – Wege aus der Gewalt<br />

Veranstaltung: RP­06­10<br />

Termin: 19.06.<strong>2010</strong><br />

Ort: Landau<br />

Referent: Dr. Holger Jessel<br />

Detaillierte Informationen zu den Inhalten,<br />

Preisen und Anmeldemodalitäten aller<br />

Veranstaltungen finden Sie unter<br />

www.psychomotorik.com<br />

Aktionskreis Psychomotorik<br />

Kleiner Schratweg 32, 32657 Lemgo<br />

Tel. 05261 970970, Fax. 05261 970972<br />

akp@psychomotorik.com


Ideen für die psychomotorische Praxis<br />

Praxis konkret im (Förder-)Schulalltag<br />

Im Förderschulalltag sind zahlreiche<br />

Differenzierungen notwendig, die eine<br />

konkrete Anwendung in der Zusammenarbeit<br />

in heterogenen Gruppen im<br />

schulischen und außerschulischen<br />

Beispiel 1:<br />

Seilschaften auf dem Trampolin<br />

Material: verschiedenfarbige Seile,<br />

Trampolin<br />

Umsetzung: Die Kinder erproben auf<br />

dem Trampolin verschiedene Aufgaben<br />

mit Seilen in Einzel­ und Kleingruppenerfahrungen.<br />

Differenzierungen:<br />

• Seile über das Trampolintuch spannen.<br />

• Überqueren des Tuches ohne Seile zu<br />

berühren.<br />

• Bei verschiedenfarbigen Seilen: z. B.<br />

springe zwischen das rote und das<br />

grüne Seil; springe, so dass du mit<br />

einem Fuß auf dem gelben und mit<br />

dem anderen Fuß auf dem blauen<br />

Seil landest.<br />

Beispiel 2: Der verlorene Schlüssel<br />

Material: verschiedene Schlüssel, Truhe<br />

Umsetzung: Die Kinder wählen je­<br />

weils mit verschlossenen Augen einen<br />

Schlüssel aus einer Truhe aus, befühlen<br />

ihn, legen ihn wieder in die Truhe und<br />

sollen diesen dann mit geöffneten Augen<br />

wieder finden.<br />

Differenzierungen:<br />

• Die Kinder schauen sich einen<br />

Schlüssel an und sammeln gemeinsam<br />

Kriterien, die zur Beschreibung<br />

eines Gegenstandes nützlich erscheinen<br />

(z. B. Größe, Farbe, Gewicht<br />

(Material), Form, …).<br />

• Die Kinder befühlen jeweils einen<br />

Schlüssel. Es werden ihnen verschie­<br />

Kontext ermöglichen. Die Praxissequenzen<br />

verdeutlichen, wie bestimmte<br />

Aufgaben zu einem speziellen Thema<br />

für verschiedene Zielgruppen differenziert<br />

werden können und müssen, um<br />

• Seile können von verschiedenen<br />

Personen außen in unterschiedlicher<br />

Höhe gehalten werden; das Kind auf<br />

dem Tuch soll nun über die Seile gehen<br />

oder springen.<br />

• Der Springer springt über ein von<br />

außen gehaltenes Seil verschiedene<br />

„Kunststücke“, z. B. Sitzsprung, halbe<br />

Drehung u. a.<br />

• Zwei Personen halten von außen ein<br />

Seil über die kurze Seite des Trampolintuches;<br />

der Springer springt über<br />

das Seil; Höhen variabel.<br />

dene Fotos mit Schlüsseln vorgelegt<br />

und sie sollen das entsprechende<br />

Foto ihrem Schlüssel zuordnen.<br />

• Ein Kind befühlt einen Schlüssel und<br />

beschreibt dies. Ein anderes Kind<br />

sucht ein entsprechendes Foto heraus,<br />

das zu der Beschreibung des<br />

Schlüssels passt.<br />

• Ein Kind befühlt einen Schlüssel und<br />

versucht sich, dessen Merkmale einzuprägen;<br />

alle Schlüssel kommen in<br />

einen Sack und der geht so lange<br />

herum, bis jedes Kind seinen Schlüssel<br />

wieder gefunden hat.<br />

• Jeweils zwei Kinder bilden ein Paar.<br />

Sie erhalten zwei Schlüssel, die sie<br />

nacheinander befühlen. Anschließend<br />

beschreiben die Kinder die<br />

Merkmale der einzelnen Schlüssel<br />

und beschreiben, worin sich diese<br />

bei den beiden Schlüsseln unterscheiden.<br />

• Die Kinder befühlen jeweils einen<br />

Schlüssel und machen sich selbst ein<br />

Bild von ihrem Schlüssel. Sie beschreiben<br />

die Eigenschaften des<br />

Fördersequenzen in stark heterogenen<br />

Gruppen für alle Beteiligten ansprechend<br />

und gewinnbringend zu gestalten.<br />

• Zwei Kinder schlagen das Seil und<br />

stehen dabei an den kurzen Seiten<br />

des Trampolins; sie singen dazu ein<br />

Lied, das zum Seilchenspringen passt<br />

und der Springer passt seine Sprünge<br />

dem Liedtext an.<br />

• Das Kind schlägt das Seil selbstständig<br />

und führt Seilchenspringen auf<br />

dem Trampolintuch aus; dabei kann<br />

es die Sprünge variieren, z. B.:<br />

– Doppelter oder dreifacher Seilumschlag;<br />

– Überkreuzen der Arme vor dem<br />

Körper während des Springens;<br />

– Seil rückwärts schlagen;<br />

– Sitzsprung während des Seilchenschlagens;<br />

– Drehung während des Seilchenschlagens.<br />

Schlüssels (Form, Größe, Besonderheiten<br />

…).<br />

• Die Kinder befühlen einen Schlüssel<br />

und machen sich selbst ein Bild von<br />

dem Schlüssel. Dabei können sie sich<br />

Fragen stellen, wie z. B.: in welches<br />

Schloss könnte der Schlüssel passen,<br />

eine Tür, ein Tor, eine Schatzkiste, …?<br />

Was ist hinter dem Schloss bzw. was<br />

könnte mich erwarten, wenn ich das<br />

Schloss aufschließe?<br />

Quelle: Lücking, C./Reichenbach, C. (2009):<br />

Praxis konkret im (Förder-)Schulalltag. Förderung<br />

von Kindern mit Förderbedarf in der<br />

körperlich-motorischen, sozial-emotionalen,<br />

sprachlich-kommunikativen und geistigen Entwicklung.<br />

Dortmund: verlag modernes lernen.


Säuglinge in seinem Alter Bewegung in<br />

den meisten Fällen noch nicht bewusst<br />

oder gut gelernt einsetzen. Bei Paul<br />

konnte im analysierten Videoauszug<br />

lediglich zweimal der Antrieb direkt<br />

beobachtet werden. Diese Beobachtung<br />

bezog sich auf sein Blickverhalten, als<br />

er ein Objekt fixierte. Direkt dient der<br />

Aufmerksamkeit z. B. sich lange einer<br />

Aufgabe zuzuwenden, die hohe Konzen-<br />

tration erfordert, wie z. B. später das<br />

wissenschaftliche Arbeiten.<br />

Bipolarer Formfluss<br />

(Bipolar Shape-flow)<br />

Formfluss bezeichnet die kontinuierliche<br />

Veränderung der Form der<br />

Bewegung. Der Formfluss hat seinen<br />

Ausgangspunkt in der Atmung. Mit<br />

jedem Einatmen füllt sich der Körper<br />

und wächst in alle Dimensionen, mit<br />

jedem Ausatmen schrumpft der Körper<br />

in allen Dimensionen. Das Wachsen<br />

erhöht den Körperkontakt zur Umwelt<br />

und das sich Zurückziehen verringert<br />

ihn.<br />

Der Bipolare Formfluss ist die Ausdehnung<br />

oder das Zurückziehen des Körpers<br />

in beide Richtungen vom Körperzentrum<br />

aus oder vom Zentrum eines<br />

Körperteils. Er gibt uns Auskunft über<br />

das Wohlbefinden des Individuums in<br />

seiner derzeitigen Umwelt und über<br />

Gefühle gegenüber sich selbst. Er<br />

bezieht sich auf Reaktionen gegenüber<br />

der generellen äußeren oder inneren<br />

Umwelt. Der Bipolare Formfluss be-<br />

steht in der Entwicklungsreihenfolge<br />

aus:<br />

• sich weiten, sich verengen,<br />

• sich verlängern, sich verkürzen,<br />

• sich auswölben und<br />

sich aushöhlen.<br />

Paul wendet am häufigsten das Sich-<br />

Weiten an. Dies ist jedoch im Lichte<br />

dessen zu sehen, dass er das Sich-<br />

Verengen noch nicht ganz beherrscht.<br />

Beide Formflussqualitäten finden in der<br />

horizontalen Ebene statt. Das Sich-<br />

Weiten steht für Vertrauen und sich<br />

wohl fühlen in seiner Umwelt und für<br />

Gefühle der Omnipotenz und Großzügigkeit<br />

wird es später als präferierte<br />

Haltung beibehalten. Das Sich-Verengen<br />

steht für Gefühle des Misstrauens, der<br />

Selbstkontrolle und des Geizes, es ist<br />

für ein Kind nötig, um der Omnipotenz<br />

entgegenzuwirken und sich abgrenzen<br />

zu lernen. Die vertikale und sagittale<br />

Bewegungsdimensionen sind altersentsprechend<br />

noch wenig ausgebildet und<br />

sollen hier nicht näher behandelt<br />

werden. Insgesamt überwiegen bei Paul<br />

die wachsenden Elemente gegenüber<br />

den sich zurückziehenden im Verhältnis<br />

von 16 : 8. Es ist zwar generell wünschenswert,<br />

dass die wachsenden<br />

Elemente überwiegen, jedoch erwarten<br />

wir bei Paul einen Zuwachs an sich<br />

zurückziehenden Elementen, der ihm<br />

helfen wird, seiner Umwelt (oder sich<br />

selbst) nicht unverhältnismäßig zu<br />

vertrauen.<br />

Unipolarer Formfluss<br />

(Unipolar Shape-flow)<br />

Beim Unipolaren Bewegungsfluss<br />

bewegt sich der Körper ausgehend von<br />

seinem Zentrum (Torso) hin zu oder fort<br />

von einem anziehenden oder zurückstoßenden<br />

Stimulus. Auch hier geht es um<br />

ein sich Ausdehnen oder sich Zurückziehen<br />

(in Abgrenzung zu gezielter<br />

Bewegung) jedoch in Bezug auf einen<br />

diskreten Reiz. Die Komponenten des<br />

Unipolaren Formflusses sind in der<br />

Entwicklungsreihenfolge:<br />

• sich weiten, sich verengen,<br />

• sich nach oben verlängern und sich<br />

nach oben verkürzen, sich nach unten<br />

verlängern und sich nach unten<br />

verkürzen,<br />

• sich nach vorne auswölben (zu etwas<br />

vor mir hin) und sich nach vorne<br />

aushöhlen (von etwas vor mir fort)<br />

und sich nach hinten auswölben und<br />

sich nach hinten aushöhlen.<br />

Paul wendet stärker als seine eigentlich<br />

primäre Ebene (die Horizontale) Sich-<br />

Annähern und Sich-Zurückziehen in der<br />

vertikalen Ebene an. Dies mag zum Teil<br />

kontextspezifische Gründe haben (Reize<br />

von ,oben‘ oder ,unten‘ in der Situation<br />

aus seiner Perspektive betrachtet). Zum<br />

anderen ist es auch möglich, dass er<br />

bereits verstärkt an der Exploration der<br />

beiden Körperhälften arbeitet und obere<br />

und untere Funktionsweisen entdeckt.<br />

Der Anteil der wachsenden Elemente<br />

gegenüber den sich Zurückziehenden ist<br />

hier 29 : 27. Das Sich-Annähern über-<br />

wiegt leicht dem Sich-Zurückziehen.<br />

Der Anteil des Sich-Zurückziehens<br />

mag unter anderem so hoch sein,<br />

weil Paul am Ende des analysierten<br />

Videosegmentes ermüdete und sich<br />

von da an generell stärker von den<br />

auf ihn einströmenden Stimuli zurückzog.<br />

Richtungsbewegungen<br />

(Shaping in Directions)<br />

Beim den Richtungsbewegungen<br />

bewegen sich Körperteile in Vektor-<br />

oder Bogenform in den Raum und<br />

stellen so Brücken zwischen dem Selbst<br />

und Personen/Objekten her. Es spielt<br />

eine wichtige Rolle beim Entstehen von<br />

Objektkonstanz und beim Erkennen von<br />

Selbst und Objekt als zwei unterschiedliche<br />

Entitäten. Richtungsbewegungen<br />

werden zum Selbstschutz und zur<br />

Selbstverteidigung gebraucht, sowie<br />

zum Strukturieren von Lernsituationen.<br />

Ihre Elemente sind in der Entwicklungs-<br />

reihenfolge:<br />

• seitwärts, quer,<br />

• nach oben, nach unten,<br />

• nach vorne und nach hinten.<br />

Paul zeigt auch hier überwiegend offene<br />

Formen mit Präferenzen für seitwärts,<br />

nach oben und vorwärts. Dies lässt<br />

auf eine Tendenz zur aktiven und<br />

offenen Verteidigung schließen. Auch<br />

mag sich hier andeuten, dass sein<br />

Lernstil später neben dem Assoziationslernen<br />

aus erklärungssuchendem<br />

Verhalten (aufblickend, bestätigungssuchend<br />

und hilfesuchend) bestehen<br />

wird. Des Weiteren gibt es einen<br />

Hinweis darauf, dass er später gut in<br />

der Lage zu sequentiellem, deduktiven<br />

Lernen sein wird, und Konsequenzen<br />

gut abschätzen kann.<br />

Formen (Shaping in Planes)<br />

Das Formen in Ebenen ist der Ausdruck<br />

von komplexen Objektbeziehungen. Wie<br />

auch bei den Richtungsbewegungen<br />

bezieht es sich auf die Körperebenen<br />

der Horizontalen (Breite), Vertikalen<br />

(Länge) und der Sagittalen (Tiefe).<br />

Die Elemente des Formens sind in der<br />

Entwicklungsreihenfolge:<br />

• ausbreiten, einschließen,<br />

• steigen/heben, sinken/senken,<br />

•<br />

vordringen und zurückweichen.<br />

Auch hier ist Pauls Diagramm aufgrund<br />

der geringen Beobachtungszahlen (


24<br />

Entwicklungsdiagnostik mit dem Kestenberg Movement Profile (KMP)<br />

dazu dient, kleine Raumareale oder<br />

Einzelobjekte zu explorieren, sich auf<br />

dyadische Beziehungen einzulassen<br />

sowie fokussierte Aufmerksamkeit<br />

herzustellen. Aber auch das Ausbreiten<br />

hat er in seinem Bewegungsrepertoire.<br />

Dieses dient der Exploration von großen<br />

Räumen und der Fähigkeit, sich auf<br />

multiple Beziehungen oder Beziehungen<br />

zu sich bewegenden Objekten<br />

einzulassen. Diese Fähigkeit ist auch<br />

wichtig für das aufmerksame Zuhören.<br />

Die anderen Ebenen sind aufgrund der<br />

geringen Beobachtungsanzahlen nicht<br />

interpretierbar.<br />

Zusammenfassende<br />

Entwicklungsdiagnostik Pauls<br />

Paul zeigt entwicklungs- und altersentsprechend<br />

die stärksten Ausprägungen<br />

zumeist in den ersten beiden Bewegungsparameter<br />

jeden Diagramms.<br />

Bei den Rhythmen verwendet er jedoch<br />

seiner Entwicklung vorgreifend mehr<br />

anale als orale Rhythmen. Insbesondere<br />

der Dreh-Rhythmus mit seinen spielerischen<br />

Bewegungen steht im Vordergrund.<br />

Für diesen hat er auch eine<br />

bereits vorhandene Struktur vonseiten<br />

des Unipolaren Bewegungsflusses zur<br />

Verfügung. Das Verhältnis von ankämpfenden<br />

und sich hingebenden Rhythmen<br />

lässt auf eine gesunde Entwicklung<br />

des Säuglings im Ausdruck der eigenen<br />

Bedürfnisse und in einem späteren<br />

Umgang mit der Ablösungsproblematik<br />

schließen.<br />

Von seinem Temperament steht er eher<br />

auf der gemäßigten Seite: geringe<br />

Gefühlsintensität, Ebenmäßigkeit und<br />

eine Vorliebe für abrupte Veränderungen<br />

(in der Negativausprägung: Impulsivität<br />

und Ungeduld) zeigen sich hier. Die<br />

Antriebsvorläufer zeigen einen hohen<br />

Grad von Flexibilität, was darauf<br />

schließen lässt, dass sein bevorzugter<br />

Abwehrmechanismus später möglicherweise<br />

die Vermeidung sein wird. Als<br />

Lernstil wird er vermutlich Assoziations-<br />

und Verbindungslernen präferieren.<br />

Aufseiten des Formenflusses zeichnet<br />

sich ab, dass sich Paul in seiner Um-<br />

gebung und mit sich selbst sehr wohl<br />

fühlt. Fast ein wenig zu wohl, da er in<br />

einer ihm fremden Umgebung beobachtet<br />

wurde. Allerdings ist Paul noch<br />

mitten in der Entwicklung der geschlossenen<br />

Bewegungsparameter, was den<br />

Überschuss an offenen Bewegungs-<br />

parametern vorläufig erklärt. Sollte sich<br />

dieser jedoch nicht ändern, so muss<br />

weiter nachgedacht werden, wie dem<br />

Kind ein vernünftiges Ausmaß an<br />

Vorsicht vermittelt werden kann. Paul<br />

zeigt ein balanciertes Maß an Annäherungs-<br />

vs. Vermeidungsverhalten gegen-<br />

über diskreten Reizen und ausgewogene<br />

Parameter beim Dimensionalen Formen<br />

sowie Ebenenformen.<br />

Das KMP zeigt, dass Paul altersgemäß<br />

entwickelt ist. Z. T. ist er seiner Entwicklung<br />

sogar voraus und zeigt bereits<br />

Bewegungselemente aus späteren<br />

Stufen. Beim Formenfluss ist er stark<br />

auf der offenen, vertrauenden Seite und<br />

muss noch lernen sich zu schützen.<br />

Er hinterlässt insgesamt einen balancierten<br />

und ausgeglichenen Eindruck,<br />

der sich in einer ausgewogenen Anzahl<br />

hingebender und ankämpfender<br />

Qualitäten und weiteren beobachteten<br />

Bewegungsmerkmalen manifestiert.<br />

Diagnostik bei Entwicklungspathologien,<br />

-verzögerungen<br />

und Traumata<br />

Im Unterschied zu Paul, der ein normal<br />

entwickelter Säugling ist, haben wir es<br />

in der therapeutischen Arbeit mit einer<br />

Vielzahl von Entwicklungspathologien<br />

zu tun: Kinder mit Autismus, Down-<br />

Syndrom, ADHS, und anderen klinischen<br />

und Verhaltensauffälligkeiten gehören<br />

zu unserer zentralen Zielgruppe.<br />

Das KMP eignet sich als diagnostisches<br />

Instrument für alle Kinder von 0–6 und<br />

darüber hinaus für alle weiteren Alters-<br />

gruppen, bei denen frühe Traumata und<br />

Erfahrungen aus der Zeit von 0–6 für<br />

den therapeutischen Prozess relevant<br />

sind. Zudem für alle nonverbalen<br />

Patienten, z. B. autistische Kinder,<br />

behinderte Kinder, etc., da das Assessment<br />

ausschließlich aus nonverbalen<br />

Daten durchgeführt wird. Beobachtet<br />

man Kinder oder auch Erwachsene<br />

im Interview, oder therapeutischen<br />

Gespräch vom Band, so dreht man den<br />

Ton für die Beobachtung komplett ab.<br />

Der Inhalt des Gesagten wird nur<br />

genutzt, um den Kontext des Assessments<br />

darzustellen (im Einbezug des<br />

Verbalen liegen hier in der Tat weitere<br />

Analysemöglichkeiten, die noch nicht<br />

ausgeschöpft sind). Die Kamera sollte<br />

immer von zwei Perspektiven aufneh-<br />

men, um alle Bewegungsebenen gut<br />

beobachtbar abzubilden.<br />

Wie in der Beispielbeschreibung, erstellt<br />

man im diagnostischen Prozess ein<br />

komplettes Profil, welches über Stärken<br />

und Schwächen, persönliche Vorlieben<br />

(z. B. auch Lernstile), Abwehrmechanismen,<br />

Entwicklungsverzögerungen und<br />

-vorsprünge auf der nonverbalen Ebene<br />

differenziert informiert. Von diesem<br />

Assessment ausgehend, plant man die<br />

Interventionen und fördert die schwa-<br />

chen bzw. entwicklungsverzögerten<br />

Bereiche. Von der Leib-Seele-Einheit<br />

ausgehend wird angenommen, dass<br />

Veränderungen auf der motorischen<br />

Ebene auch Veränderungen auf der<br />

affektiven, kognitiven und Verhaltensebene<br />

nach sich ziehen.<br />

Für die Interaktionsanalyse macht man<br />

bspw. Beobachtungen der familiären<br />

Interaktion (am besten im häuslichen<br />

Kontext) und sieht sich dann die Anzahl<br />

von Annäherungs- vs. Vermeidungsverhalten,<br />

von hingebenden und<br />

ankämpfenden Qualitäten in der<br />

Interaktion der Familienmitglieder an.<br />

So lässt sich bspw. bei Verdacht auf<br />

sexuellen oder anders gearteten<br />

Missbrauch durch die Quantifizierung<br />

von Interaktionsmustern zur Klärung<br />

der Situation beitragen.<br />

Fazit<br />

Mit dem Kestenberg Movement Profil<br />

(KMP) bietet sich ein Instrument, das<br />

Bewegung und Bedeutung hochgradig<br />

differenziert und gleichzeitig auf einige<br />

wenige Basisdimensionen reduzierbar<br />

konzeptualisiert. Das KMP unterscheidet<br />

sich substanziell von herkömmlichen<br />

Bewegungsanalysesystemen,<br />

dadurch dass es neben Häufigkeitsinformation<br />

auch kontinuierliche Daten<br />

erfasst (Rhythmen und Attribute).<br />

Theoriebasiert liefert es im diagnostischen<br />

Prozess Anhaltspunkte über die<br />

individualpsychologische Entwicklung,<br />

die präverbale Kommunikation und<br />

Interaktion, deren Barrieren und<br />

Präferenzen, sowie vielfältige Hypothesen<br />

über die Verknüpfung von Bewegung<br />

und Bedeutung, die im Rahmen<br />

der Behandlung und Interventionsplanung<br />

hilfreich sein können. Da viele<br />

Aspekte dieser Bewegungs-Bedeutung-<br />

Theorie bislang noch nicht validiert sind<br />

(Koch 2009), sollte es insbesondere in


der Individualdiagnostik nur in diesem<br />

hypothesengenerierenden und -<br />

überprüfenden Sinn eingesetzt werden.<br />

Durch seinen Reichtum ist das KMP für<br />

die Psychomotorik ein geeignetes<br />

Instrument, das die stärker funktional<br />

orientierte Diagnostik um den psychologisch-psychodynamische<br />

Aspekt<br />

ergänzt und damit eine wichtige<br />

Funktion im diagnostischen Prozess<br />

einer umfassenden Psychomotorik<br />

erfüllt.<br />

Literatur<br />

Bender, S. (2007): Die psychophysische<br />

Bedeutung der Bewegung.<br />

Ein Handbuch der Laban<br />

Bewegungsanalyse und des<br />

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Koch/I. Bräuninger (Eds.),<br />

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therapy. Theoretical perspectives<br />

and empirical findings (pp. 116–<br />

127). Berlin: Logos.<br />

Koch, S. C. (2009): Embodiment. Der<br />

Einfluss von Eigenbewegung auf<br />

Affekt, Einstellung und Kognition.<br />

Experimentelle Grundlagen<br />

und klinische Anwendungen.<br />

Universität Heidelberg: Unveröffentlichte<br />

Habilitationsschrift.<br />

Koch, S./Cruz, R./Goodill, S. W.<br />

(2002): The Kestenberg Movement<br />

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Laban, R. von/Lawrence, F. C.<br />

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(Originally published in 1947).<br />

Lamb, W. (1965): Posture and<br />

Gesture. London: Gerald<br />

Duckworth.<br />

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�����������������������������������������<br />

In Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Claudia Kugelmann, von der<br />

Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-<br />

Universität Nürnberg-Erlangen und der Akademie für Psychomotorik<br />

und Motopädie von Dr. Andrzej Majewski erhalten<br />

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Johanniter-Unfall-Hilfe e. V.<br />

Regionalverband Mittelfranken<br />

Ute Ulsenheimer<br />

Tel. 09171 843788<br />

roth@juh-bayern.de<br />

Lewis, P./Loman, S. T. (1990): The<br />

Kestenberg Movement Profile: Its<br />

past, present applications and<br />

future directions. Keene, NH:<br />

Antioch New England Graduate<br />

School.<br />

Loman, S. T. (Ed.) (1995): Training<br />

Manual for the Kestenberg<br />

Movement Profile. Keene, NH:<br />

Antioch New England Graduate<br />

School.<br />

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pregnancy: Developing early<br />

empathy through notating fetal<br />

movement. In: S. C. Koch/S.<br />

Bender (Eds.), Movement<br />

analysis – Bewegungsanalyse.<br />

The legacy of Laban, Bartenieff,<br />

Lamb and Kestenberg (pp. 187–<br />

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Lotan, N./Yirmiya, N. (2002): Body<br />

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26(1), 81–88.<br />

Romer, G. (1980): Choreographie<br />

einer haltenden Umwelt: Die<br />

frühe Mutter-Kind-Beziehung in<br />

Bewegungsmustern. In: K.<br />

Hörmann (Hrsg.), Tanztherapie.<br />

Göttingen: <strong>Verlag</strong> für Angewandte<br />

Psychologie.<br />

Sossin, K. M. (1987): Reliability of<br />

the Kestenberg Movement<br />

Profile. Movement Studies – a<br />

Journal of the Laban Bartenieff<br />

Institute for Movement Studies:<br />

Observer Agreement, 2, 1987.<br />

Sie eine praxisorientierte und fundierte Ausbildung zum Thema<br />

Motopädie und Psychomotorik. Die Ausbildung umfasst 20<br />

Ausbildungstage verteilt auf ein Jahr. Anerkannt vom Bayer.<br />

Kultusministerium als Lehrerfortbildung für alle Schulen.<br />

Dr. Andrzej Majewski<br />

www.majewski-akademie.de<br />

25


26<br />

Im Sinne des Menschen – Ressourcenorientierung in der psychomotorischen Diagnostik<br />

Holger Jessel<br />

Im Sinne des Menschen –<br />

Ressourcenorientierung in der<br />

psychomotorischen Diagnostik<br />

Einleitung<br />

„Man muss einfach diesen unerschütterlichen Glauben<br />

an das große Potenzial jedes Menschen haben. (…)<br />

Zweifeln Sie an der Besonderheit eines Menschen,<br />

mit dem Sie arbeiten, dann spürt er das und Sie schränken ihn ein.<br />

Wenn also ein Kind sein Potenzial nicht voll ausschöpfen kann,<br />

dann ist das mein Fehler, nicht der des Kindes.“<br />

(Royston Maldoom)<br />

Der Begriff der Ressourcenorientierung<br />

entfaltet – ähnlich wie der der Lösungsorientierung<br />

– seit geraumer Zeit eine<br />

beeindruckende Suggestivkraft. Er ist<br />

jedoch in der konkreten Beziehungsgestaltung<br />

mit Klienten und im Rahmen<br />

der Theoriebildung mit besonderen<br />

Herausforderungen und Ambivalenzen<br />

verbunden. Die Zustimmung beruht vor<br />

allem auf den zahlreichen Hoffnungen<br />

(u. a. auf gelingende Lebensgestaltung,<br />

gesunde Entwicklung, Zukunftschancen,<br />

Kostenreduzierung), die mit dem Begriff<br />

assoziiert werden. Dies ist ein Aspekt,<br />

der insbesondere im Kontext schwieriger<br />

Entwicklungszusammenhänge und<br />

Sozialisationsbedingungen (vgl. u. a. die<br />

zahlreichen Forschungsergebnisse zu<br />

Desintegrationsprozessen, neuer Armut<br />

oder Bildungsbenachteiligung (u. a.<br />

Armbruster 2006)) eine hohe Relevanz<br />

besitzt.<br />

Die Herausforderung besteht jedoch<br />

darin, dass der Begriff eine nur scheinbar<br />

eindeutige Beschreibung für ein<br />

hochkomplexes Beziehungsphänomen<br />

darstellt, welches eng an die Auseinandersetzung<br />

mit der eigenen Haltung<br />

und dem Menschenbild als Psychomotoriker<br />

gekoppelt ist. Eine solche<br />

Haltung basiert keineswegs auf der<br />

bloßen Anwendung von Techniken und<br />

Methoden, sondern setzt ein hohes<br />

Maß an Eigenerfahrung sowie die<br />

Bereitschaft zur permanenten Selbstreflexion<br />

der Professionellen voraus.<br />

Dies ist nicht zuletzt deshalb entscheidend,<br />

weil Kinder und Jugendliche in<br />

der Art und Weise, wie sie von Eltern<br />

und Professionellen wahrgenommen<br />

werden, nicht nur erkennen, „wer sie<br />

selbst sind, sondern vor allem auch, wer<br />

sie sein könnten, das heißt, worin ihre<br />

Potenziale und Entwicklungsmöglichkeiten<br />

bestehen“ (Bauer 2007, 26 f.).<br />

In den Worten von Max Frisch: „Auch<br />

wir sind die Verfasser der anderen; wir<br />

sind auf eine heimliche und unentrinnbare<br />

Weise verantwortlich für das<br />

Gesicht, das sie uns zeigen, verantwortlich<br />

nicht für ihre Anlage, aber für die<br />

Ausschöpfung dieser Anlage“ (Frisch<br />

1985, 29).<br />

In diesem Zusammenhang geht es vor<br />

allem um Resonanz sowie um Zuwendung,<br />

Zuversicht und Vertrauen in die<br />

Fähigkeiten, Ressourcen, Stärken und<br />

Kompetenzen der Klienten(systeme),<br />

wobei entscheidend ist, dass all diese<br />

Aspekte in erster Linie implizit bzw.<br />

zwischenleiblich, d. h. vor einer bewussten<br />

Reflexion, kommuniziert werden<br />

(vgl. u. a. Merleau­Ponty 1966). Dieser<br />

Aspekt hat zahlreiche Konsequenzen<br />

für ressourcenorientiertes Arbeiten im<br />

Rahmen der Psychomotorik, die im<br />

Schlusskapitel diskutiert werden.<br />

Zunächst soll jedoch der Ressourcenbegriff<br />

kurz charakterisiert werden.<br />

Der Begriff der Ressource<br />

Als Ressource kann einerseits jeder<br />

Aspekt des seelischen Geschehens<br />

sowie der gesamten Lebenssituation<br />

eines Klienten aufgefasst werden;<br />

hierzu gehören z. B. „motivationale<br />

Bereitschaften, Ziele, Wünsche, Abnei­<br />

gungen, Interessen, Überzeugungen,<br />

Werthaltungen, Geschmack, Einstellungen,<br />

Wissen, Bildung, Fähigkeiten,<br />

Gewohnheiten, Interaktionsstile,<br />

physische Merkmale wie Aussehen,<br />

Kraft, Ausdauer, finanzielle Möglichkeiten<br />

und das gesamte Potenzial der<br />

zwischenmenschlichen Beziehungen<br />

eines Menschen“ (Grawe 1998, 34).<br />

Andererseits stellt all das zunächst nur<br />

den gegenwärtigen Möglichkeitsraum<br />

eines Klienten dar bzw. dessen positives<br />

Potenzial, das er in den Veränderungsprozess<br />

einbringen kann (vgl. ebd.). Das<br />

Dr. Holger Jessel<br />

Dipl.­Motologe, wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter im Masterstudiengang<br />

Motologie an der Philipps­Universität<br />

Marburg, Promotion zum Thema<br />

„Psychomotorische Gewaltprävention –<br />

ein mehrperspektivischer Ansatz“,<br />

Dozent der Deutschen Akademie für<br />

Psychomotorik, Redaktionsmitglied der<br />

Zeitschrift motorik‘, Vorstandsmitglied<br />

der WVPM<br />

Anschrift des Verfassers:<br />

Philipps­Universität Marburg<br />

Institut für Sportwissenschaft<br />

und Motologie<br />

Masterstudiengang Motologie<br />

Barfüßerstr. 1<br />

35032 Marburg<br />

E­Mail: jessel@staff.uni­marburg.de


tatsächlich nutzbare Potenzial dieser<br />

Ressourcen wird erst ersichtlich, wenn<br />

man die folgenden drei Elemente des<br />

Ressourcenbegriffs differenziert (vgl.<br />

Willutzki 2003, 91 ff.):<br />

1. Aufgabenabhängigkeit: Ressourcen<br />

besitzen keine verallgemeinerbare<br />

Wirksamkeit, diese zeigt sich erst im<br />

Hinblick auf konkrete Herausforderungen<br />

und Problemsituationen.<br />

2. Funktionalität: Der Nutzwert von<br />

Ressourcen zeigt sich erst im Hin­<br />

blick auf die Realisierung individuell<br />

definierter Ziele und Motive.<br />

3. Bewertung und Sinnzuschreibung:<br />

Ressourcen entstehen erst durch<br />

individuelle Bewertungs­ und<br />

Sinnzuschreibungsprozesse.<br />

Hier wird deutlich, dass man Ressourcen<br />

nicht einfach „hat“, sondern sie<br />

aktiviert, wahrnimmt und entwickelt,<br />

wobei dies von den jeweiligen individuellen<br />

Lebenszielen und emotional<br />

gefärbten Themen abhängig ist (vgl.<br />

Schiepek/Cremer 2003). Ressourcen<br />

sind damit „aktive Konstruktionsleistungen<br />

eines handelnden Subjekts“<br />

(ebd., 183).<br />

Zusammenfassend können Ressourcen<br />

demnach als diejenigen positiven<br />

Personen­ und Umweltpotenziale<br />

aufgefasst werden, die von Menschen<br />

zur Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse,<br />

zur Bewältigung altersspezifischer<br />

Entwicklungsaufgaben, zur<br />

gelingenden Bearbeitung von kritischen<br />

Lebenslagen und belastenden Alltagsanforderungen<br />

und zur Verwirklichung<br />

langfristiger Identitätsziele genutzt<br />

werden können (vgl. Herriger 2006b, 2).<br />

Argumente für eine<br />

ressourcenorientierte Haltung<br />

in Diagnostik und<br />

Entwicklungsförderung<br />

Der Begriff der Ressourcenorientierung<br />

ist im psychosozialen Bereich seit gerau­<br />

mer Zeit in aller Munde (vgl. Herriger<br />

2006b, 1) und auch im Kontext der<br />

Psychomotorik wird er als ein wesentliches<br />

Charakteristikum der Entwicklungsförderung<br />

betrachtet (vgl. u. a.<br />

Eggert 2000; Fischer 2009; Köckenberger<br />

2007; Zimmer 2006, 37). Da jedoch<br />

die Anerkennung und Umsetzung einer<br />

ressourcenorientierten Haltung nach<br />

wie vor mit bedeutenden Herausforde­<br />

rungen (dazu gehören u. a. individuelle,<br />

lebensgeschichtlich geprägte Wahrnehmungs­<br />

und Bewertungsmuster, das<br />

eigene Rollenverständnis, die Kommunikation<br />

mit Kostenträgern oder Fragen<br />

der professionellen Legitimation)<br />

verbunden ist, sollen in diesem Kapitel<br />

Argumente für die zwingende Notwendigkeit<br />

ressourcenorientierten Arbeitens<br />

vorgelegt werden. Zur Beantwortung<br />

der Frage nach dem Sinn und Wert<br />

einer ressourcenorientierten Diagnostik<br />

und Entwicklungsförderung werden<br />

fünf Argumentationslinien unterschieden,<br />

die jedoch vielfältig miteinander<br />

vernetzt sind.<br />

1. Das bedürfnistheoretische Argument:<br />

Der Psychotherapieforscher Klaus<br />

Grawe (vgl. 1998) geht in seinem<br />

Bedürfnismodell davon aus, dass<br />

Menschen permanent bestrebt sind,<br />

insgesamt vier grundlegende Bedürfnisse<br />

zu befriedigen: das Bedürfnis nach<br />

positiven zwischenmenschlichen<br />

Beziehungen (vgl. hierzu auch die<br />

Bindungstheorie (u. a. Grossmann/<br />

Grossmann 2004)), nach Orientierung<br />

und Kontrolle (vgl. Flammer 1990;<br />

Seewald 2007), nach Selbstwerterhöhung<br />

sowie nach Lustgewinn und<br />

Unlustvermeidung. Vor diesem Hintergrund<br />

ist ein großer Teil menschlichen<br />

Erlebens und Handelns darauf ausgerichtet,<br />

Konsistenz herzustellen, d. h.<br />

die verschiedenen nach Bedürfnisbefriedigung<br />

strebenden psychischen<br />

Prozesse miteinander in Einklang zu<br />

bringen (vgl. Grawe 1998). Dieser<br />

Vorgang stellt eine permanente Heraus­<br />

forderung dar, die alternativ auch als<br />

Inkonsistenzreduktion bezeichnet<br />

werden kann. Die Bewältigung dieser<br />

Herausforderung findet immer in<br />

Beziehung statt und ist damit auf<br />

Passungsverhältnisse zwischen Individuum<br />

und Umwelt angewiesen. Grawe<br />

entwickelte ein auf diesem Bedürfnismodell<br />

basierendes Wirkkomponentenmodell,<br />

in dem der Ressourcenaktivierung<br />

ein zentraler Stellenwert zukommt.<br />

Ressourcenaktivierung bedeutet, unter<br />

der Vielzahl der oben aufgeführten<br />

Potenziale „solche aufzuspüren, die für<br />

den Patienten motivational stark<br />

besetzt und für sein Selbstwertgefühl<br />

besonders wichtig sind, und diese für<br />

den therapeutischen Veränderungsprozess<br />

zu mobilisieren“ (ebd., 34). Dies<br />

führt einerseits zu positiven Kontrollerfahrungen<br />

und andererseits zu<br />

selbstwerterhöhenden Wahrnehmungen<br />

auf Seiten der Klienten. Die Folge ist<br />

eine Inkonsistenzreduktion, aus der<br />

wiederum eine Verbesserung des<br />

Wohlbefindens und damit eine optimierte<br />

Lust­Unlust­Balance resultiert<br />

(vgl. ebd., 541 f.).<br />

Diese positiven Erfahrungen sind aus<br />

Klientenperspektive unmittelbar mit<br />

der Beziehung zum Psychomotoriker<br />

verbunden und führen in der Regel zu<br />

einem größeren Vertrauen sowie zu<br />

einer veränderten Offenheit und<br />

Aufnahmebereitschaft (vgl. ebd., 542),<br />

nicht zuletzt auch hinsichtlich der<br />

Auseinandersetzung mit schwierigen<br />

Entwicklungskonstellationen (mit denen<br />

wir es in der Psychomotorik in der Regel<br />

zu tun haben). Klienten sollten demnach<br />

grundsätzlich die Gelegenheit<br />

erhalten, den Prozess der psychomotorischen<br />

Entwicklungsförderung<br />

entsprechend ihrer Ziele, Bedürfnisse,<br />

Ressourcen und Kompetenzen aktiv<br />

mitzugestalten. Diese Erfahrungen<br />

können eine Stärkung des Selbstwertgefühls<br />

sowie eine Verbesserung des<br />

Wohlbefindens unterstützen und sie<br />

können über Selbstwirksamkeitserfahrungen<br />

zur Entwicklung positiver<br />

Kontrollüberzeugungen führen, indem<br />

die Beteiligten mit ihrem Verhalten<br />

positive Wirkungen im Hinblick auf<br />

individuell bedeutsame Ziele hervorrufen.<br />

Die Ressourcenaktivierung schafft<br />

damit die wesentlichen Voraussetzungen<br />

für eine Auseinandersetzung<br />

mit problematischen Entwicklungs­<br />

und Beziehungsthemen, mehr noch:<br />

„Ohne Ressourcenaktivierung bleiben<br />

störungsspezifische Interventionen<br />

erfolglos“ (ebd., 553). Dies entspricht<br />

auch der Auffassung von Rotthaus, der<br />

es insbesondere für die systemische<br />

Kinder­ und Jugendlichenpsychotherapie<br />

als wesentlich erachtet, „einen<br />

Kontext des Gelingens, einen Kontext<br />

der Kompetenz zu schaffen“ (Rotthaus<br />

2005, 15).<br />

2. Das neurobiologische Argument:<br />

Für Joachim Bauer lautet die entscheidende<br />

Frage im Hinblick auf kindliche<br />

Entwicklungs­ und Bildungspotenziale:<br />

„Welches zwischenmenschliche Erleben<br />

(Psychologie) führt im Gehirn und im<br />

Körper des Kindes zu einer optimalen<br />

Biologie bzw. zu einer optimalen<br />

geistigen Entwicklung?“ (Bauer 2007,<br />

127). Seine neurobiologische Antwort<br />

lautet:<br />

27


28<br />

Im Sinne des Menschen – Ressourcenorientierung in der psychomotorischen Diagnostik<br />

„Kinder brauchen persönliche Bin­<br />

dungen zu Bezugspersonen, um ihre<br />

Motivationssysteme zu entfalten.<br />

Sie brauchen Einfühlung und<br />

Unterstützung, um sich frei von<br />

Angst der Welt zuwenden und<br />

lernen zu können. Kinder und<br />

Jugendliche brauchen Bezugspersonen,<br />

nicht nur um von ihnen<br />

gefordert zu werden und sich an<br />

ihnen als Vorbildern zu orientieren,<br />

sondern auch um von ihnen eine<br />

Vision von der eigenen Entwicklung<br />

und den eigenen Potenzialen<br />

zurückgespiegelt zu bekommen“<br />

(ebd., 128).<br />

Vor diesem Hintergrund lässt sich eine<br />

Vision der eigenen Potenziale offensichtlich<br />

nicht ausschließlich durch<br />

Anforderungen entwickeln, sondern in<br />

erster Linie durch eine Orientierung an<br />

den Ressourcen und positiven Beziehungsaspekten<br />

eines Klienten(systems) 1 ,<br />

die zu einer Aktivierung der neurobiologischen<br />

Motivationssysteme (hierzu<br />

gehören die Botenstoffe Dopamin,<br />

körpereigene Opioide sowie Oxytozin)<br />

führen (vgl. ebd., 19). Dopamin ruft ein<br />

Gefühl des Wohlbefindens hervor „und<br />

versetzt den Organismus psychisch und<br />

physisch in einen Zustand von Konzentration<br />

und Handlungsbereitschaft.<br />

Interessanterweise beeinflusst Dopamin<br />

zugleich auch die muskuläre Bewegungsfähigkeit<br />

des Körpers“ (Bauer<br />

2006, 29). Körpereigene Opioide haben<br />

positive Wirkungen auf das Ich­Gefühl,<br />

die emotionale Gestimmtheit und die<br />

Lebensfreude (vgl. ebd., 31). Oxytozin<br />

schließlich ist „sowohl Ursache als auch<br />

Wirkung von Bindungserfahrungen“<br />

(ebd., 45) und besitzt ebenfalls ein<br />

hohes Glücks­ und Genusspotenzial.<br />

Die (ausschließliche) Fokussierung auf<br />

Defizite und Entwicklungsschwierigkeiten<br />

kann hingegen – ähnlich wie<br />

Situationen der Überforderung –<br />

Beziehungen belasten und Angst<br />

auslösen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit<br />

einer Daueraktivierung des<br />

1 Eine zentrale Voraussetzung für die Entwicklung<br />

dieser positiven Beziehungsaspekte ist das<br />

System der Spiegelneurone (vgl. Rizzolatti et al.<br />

2002 sowie Bauer 2005). Dieses System ist an<br />

der Entwicklung von Empathiefähigkeit<br />

maßgeblich beteiligt und es macht deutlich,<br />

dass Bindung „ein neurobiologisch verankertes<br />

Geschehen“ ist (Bauer 2007, 129).<br />

neurobiologischen Stresssystems, was<br />

Lernen und Entwicklung geradezu ver­<br />

hindert (vgl. Bauer 2007, 36). Aus neuro­<br />

biologischer Perspektive werden demnach<br />

„Sicherheit bietende Bindungen zur<br />

entscheidenden Voraussetzung für die<br />

Ausbildung lernfähiger, plastischer<br />

Gehirne“ (Hüther 2004, 141).<br />

3. Das systemisch-konstruktivistische<br />

Argument: Die Vorstellung der Ressourcenorientierung<br />

ist eng mit der Idee<br />

der Lösungsorientierung verbunden,<br />

die maßgeblich von Steve de Shazer<br />

(vgl. 1988) und seiner Arbeitsgruppe<br />

entwickelt wurde und im Kontext<br />

systemisch­konstruktivistischen<br />

Denkens eine bedeutende Rolle spielt.<br />

Sie entwickelten die zentrale Annahme,<br />

„daß jedes System bereits über alle<br />

Ressourcen verfügt, die es zur Lösung<br />

seiner Probleme benötigt – es nutzt<br />

sie nur derzeit nicht“ (von Schlippe/<br />

Schweitzer 2000, 124). Entscheidend ist<br />

nun, dass die Entdeckung der Ressourcen<br />

nicht auf eine Auseinandersetzung<br />

mit dem Problem angewiesen ist, es<br />

steht vielmehr von vornherein die<br />

Konstruktion von Lösungen im Rahmen<br />

der aktuell verfügbaren Kompetenzen<br />

im Vordergrund. Rolf Arnold formuliert<br />

den Zusammenhang wie folgt:<br />

„Lösungen werden vielmehr dann<br />

wahrscheinlich, wenn Teufelskreise<br />

des Denkens, Fühlens und Handelns<br />

auf beiden Seiten durchbrochen<br />

werden. Dafür müssen Lehrerinnen<br />

und Lehrer sowie Eltern und andere<br />

Erziehungsverantwortliche zunächst<br />

darin geübt sein, die wirklichkeitsschaffenden<br />

Wirkungen ihrer<br />

eigenen Interpretationen zu<br />

erkennen – und leidenschaftslos<br />

beobachten zu können, wie diese<br />

das Gegenüber festlegen und ihm<br />

immer weniger Möglichkeiten<br />

lassen, aus diesen Wirklichkeitszuschreibungen<br />

auszusteigen“<br />

(Arnold 2007, 104 f.).<br />

Ressourcen­ und lösungsorientiertes<br />

Denken und Handeln steht damit in<br />

deutlichem Gegensatz zu defizitorientierten<br />

Sichtweisen. Es setzt sich<br />

nicht mit der Frage auseinander, ob es<br />

Störungen oder Defizite tatsächlich<br />

„gibt“, sondern es fragt, welche<br />

Handlungs­ und Problemlösungsmöglichkeiten<br />

diese dem Betroffenen<br />

eröffnen bzw. verschließen. Die Frage<br />

nach der Nützlichkeit bestimmter<br />

Konzepte und Vorstellungen führt zu<br />

der Annahme, dass es in Beratungs­<br />

sowie in psychomotorischen Förderprozessen<br />

häufig hilfreicher ist, von der<br />

Existenz zahlreicher Ressourcen und<br />

Möglichkeiten der Klienten auszugehen,<br />

dass die Klienten jedoch „aus subjektiv<br />

respektablen Gründen – vieles von<br />

dem, was sie tun könnten, zumindest<br />

vorläufig noch nicht (oder nur manchmal)<br />

(…) tun“ (von Schlippe/Schweitzer<br />

2000, 124 f.). Im Hinblick auf das von<br />

ihr vertretene Konzept der lösungsorientierten<br />

Kurztherapie zeigt sich<br />

Therese Steiner vor allem beeindruckt<br />

davon, „wie nachdrücklich es den<br />

Wunsch des Klienten berücksichtigt,<br />

positive Veränderungen im Leben zu<br />

erreichen, und wie sehr es die Annahme<br />

betont, dass der Klient zur Gestaltung<br />

seines Lebens imstande ist“ (Steiner/<br />

Berg 2008, 16). Eine solche Haltung<br />

schafft die Voraussetzungen dafür, dass<br />

der Psychomotoriker den Klienten<br />

fortwährend Möglichkeiten anbietet,<br />

„sich als wirksam zu erleben und eine<br />

positive Identitätsbeschreibung von sich<br />

zu entwickeln“ (Arnold 2007, 105).<br />

Nach Matthias Varga von Kibéd und<br />

Insa Sparrer ist Querdenken dabei<br />

äußerst hilfreich: „Häufig macht nur<br />

unsere Haltung etwas zu einem Hin­<br />

dernis, und eine veränderte Einstellung<br />

zeigt uns, daß hier immer schon eine<br />

Ressource vorlag“ (Varga von Kibéd/<br />

Sparrer 2009, 44).<br />

4. Das Argument der Selbstbemächtigung<br />

(Empowerment): Die Haltung der<br />

Ressourcen­ und Lösungsorientierung<br />

hat deutliche Entsprechungen im<br />

Menschenbild des Empowerment­<br />

Konzeptes. Der Begriff steht für solche<br />

Ansätze in der psychosozialen Praxis,<br />

die Menschen zur Entdeckung ihrer<br />

Stärken ermutigen und sie bei der<br />

Aneignung von Selbstbestimmung und<br />

Lebensautonomie unterstützen (vgl.<br />

Herriger 2006a). Das Leitmotiv dieses<br />

Konzeptes ist das Vertrauen in die<br />

Stärken der Menschen, in produktiver<br />

Weise die Belastungen und Herausforderungen<br />

der alltäglichen Lebensrealität<br />

zu verarbeiten. Die zentralen<br />

Charakteristika sind: Abkehr vom<br />

Defizit­Blick auf Menschen mit<br />

Entwicklungsschwierigkeiten, Verzicht<br />

auf pädagogische Zuschreibungen von<br />

Hilfebedürftigkeit, Vertrauen in die<br />

Fähigkeit zur Selbstaktualisierung und


zu persönlichem Wachstum, Anerkennung<br />

von Autonomie und Eigen­Sinn,<br />

Verzicht auf enge Zeithorizonte und<br />

standardisierte Hilfepläne, normative<br />

Enthaltsamkeit der Pädagogen, d. h.<br />

Verzicht auf moralisierende, entmündigende<br />

Expertenurteile über Lebensprobleme<br />

und Problemlösungen sowie<br />

eine ausdrückliche Zukunftsorientierung<br />

(vgl. Herriger 2006a, 72 ff.). Die Wirk­<br />

samkeit einer solchen Haltung basiert<br />

auf der dialogischen Begegnung „auf<br />

Augenhöhe“ (was nicht nur ein gedul­<br />

diges Einlassen auf individuelle Situa­<br />

tionsdeutungen der Klienten, sondern<br />

auch kontrastierende Fremdwahrnehmungen<br />

beinhaltet), auf der Eröffnung<br />

von „Testfeldern“ für das Entdecken<br />

eigener Stärken, auf der Erprobung von<br />

Selbstbestimmung und Selbstorganisation<br />

sowie auf einer verstehenden und<br />

mutmachenden Ressourcendiagnostik,<br />

die Hilflosigkeitsunterstellungen und<br />

„Entmündigungsfallen“ vermeidet<br />

(vgl. ebd.).<br />

5. Das gesundheitspsychologische<br />

Argument: Die Gesundheitspsycho­<br />

logie thematisiert die Bedeutung von<br />

personalen und sozialen Ressourcen für<br />

Gesundheit und Wohlbefinden. Neben<br />

der Psychologie der Bewältigung (vgl.<br />

u. a. Tesch­Römer et al. 1997), dem<br />

Konstrukt der seelischen Gesundheit<br />

(vgl. u. a. Becker 1992), der Resilienzforschung<br />

(vgl. u. a. Welter­Enderlin/<br />

Hildenbrand 2006) und der Positiven<br />

Psychologie (vgl. u. a. Auhagen 2008)<br />

hat v. a. das Salutogenese-Modell von<br />

Antonovsky (vgl. 1997) einen herausragenden<br />

Stellenwert für eine ressourcenorientierte<br />

Diagnostik.<br />

Das Modell markiert einen grundlegenden<br />

Perspektivenwechsel in der<br />

Medizin, indem es nicht mehr fragt, wie<br />

und warum Menschen krank werden<br />

(Pathogenese) und wie Professionelle<br />

sie wieder gesund machen können,<br />

sondern indem es fragt, was Menschen<br />

trotz zum Teil erheblicher Belastungen<br />

und Krankheitsgefährdungen gesund<br />

erhält (Salutogenese). Antonovsky (vgl.<br />

1997, 92) stellt die entscheidende<br />

(metaphorische) Frage, wie Menschen<br />

in dem durch Stromschnellen, Verschmutzungen,<br />

Abzweigungen etc.<br />

gekennzeichneten Fluss des Lebens zu<br />

guten Schwimmern werden. Ein guter<br />

Schwimmer besitzt für ihn ein ausgeprägtes<br />

Kohärenzgefühl („sense of<br />

coherence“), d. h. ein durchdringendes,<br />

andauerndes, aber dennoch dynamisches<br />

Gefühl des Vertrauens, das sich<br />

aus drei Dimensionen zusammensetzt,<br />

die Antonovsky (vgl. ebd., 34 ff.) als<br />

Verstehbarkeit, Handhabbarkeit und<br />

Sinnhaftigkeit bezeichnet. Verstehbarkeit<br />

bedeutet, dass im Leben auftretende<br />

innere und äußere Reize strukturiert,<br />

vorhersehbar und verstehbar<br />

bzw. erklärbar sind; Handhabbarkeit<br />

meint die Wahrnehmung und Nutzung<br />

von geeigneten (personalen und<br />

sozialen) Ressourcen zur Bewältigung<br />

von Herausforderungen und Sinnhaftigkeit<br />

beschreibt das Ausmaß, in dem<br />

man das Leben emotional als sinnvoll<br />

empfindet.<br />

Antonovsky nimmt an, dass Menschen<br />

zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens mehr<br />

oder weniger (und niemals vollkommen)<br />

gesund bzw. krank sind. Die genannten<br />

drei Dimensionen stellen grundlegende<br />

Ressourcen dar und tragen wesentlich<br />

dazu bei, dass sich ein Mensch auf dem<br />

Gesundheits­Krankheits­Kontinuum<br />

in Richtung Gesundheit bewegt. Vor<br />

diesem Hintergrund gilt es einerseits<br />

diagnostisch zu ermitteln, welche<br />

Qualität das Kohärenzgefühl eines<br />

Menschen hat (vgl. u. a. den Fragebogen<br />

zur Lebensorientierung von Antonovsky<br />

(1997, 192 ff.)). Andererseits sollte die<br />

Psychomotorik Klienten erstens Erfah­<br />

rungen von Struktur und Vorhersehbarkeit<br />

anbieten, zweitens Situationen,<br />

in denen sie Selbstwirksamkeitserfahrungen<br />

machen können, und sie sollte<br />

drittens einen Raum für individuell<br />

bedeutsame und sinnvolle Entscheidungen<br />

und Entwicklungsthemen<br />

eröffnen.<br />

Neben diesen fünf in anderen Disziplinen<br />

entwickelten Argumenten existiert<br />

eine weitere Begründungslinie, die<br />

aufgrund ihrer leibphänomenologischen<br />

Orientierung maßgebliche Berührungspunkte<br />

zur psychomotorischen Fachdiskussion<br />

besitzt.<br />

Ressourcenorientierung in<br />

der Psychomotorik – leibphänomenologische<br />

Argumente<br />

Die Leibphänomenologie geht von der<br />

Idee der leiblichen Subjektivität (vgl.<br />

Merleau­Ponty 1966) aus, von einem<br />

leiblichen „Zur­Welt­Sein“ des Menschen:<br />

„Was immer wir auch explizit<br />

planen oder bewusst tun – wir leben<br />

aus einem unbewussten, leiblichen<br />

Grund heraus, den wir nie ganz vor uns<br />

selbst zu bringen vermögen. Und dieser<br />

Grund geht ein in alles Wahrnehmen,<br />

Denken, Tun, insofern es eines Mediums<br />

bedarf, durch das es sich vollzieht, und<br />

das selbst transparent bleibt. Dieses<br />

Medium ist der Leib“ (Fuchs 2008, 97).<br />

Der Leib stellt demnach eine Ressource<br />

dar, auf die Psychomotoriker und<br />

Klienten – selbst bei schweren Entwicklungsbeeinträchtigungen<br />

– permanent<br />

zurückgreifen können. Er ist der exis­<br />

tenzielle Mittler zur Welt (vgl. Merleau­<br />

Ponty 1966, 106) und die permanente<br />

Quelle all unserer Wahrnehmungen,<br />

Bewegungen und Handlungen. Nach<br />

Merleau­Ponty nimmt der Mensch die<br />

Welt leiblich und damit präreflexiv<br />

wahr, er nimmt „natürlich“, d. h. spürend<br />

und unmittelbar, Stellung zu ihr. Diese<br />

„ursprüngliche Intentionalität“ (ebd.,<br />

166) kann unser Gespür für die (eigenen<br />

und fremden) Themen und Prozesse<br />

erhöhen und ist damit eine elementare<br />

Grundlage für jeden psychomotorischen<br />

bzw. tonischen Dialog (vgl. u. a. Eckert<br />

2004, 63 f.).<br />

Entscheidend ist nun, dass leibliche<br />

Resonanzen in erster Linie implizit, also<br />

zunächst vor einer Bewusstseinsaktivität<br />

entstehen und in den Dialog mit<br />

den Klienten einfließen. Dies ist Chance<br />

und Risiko zugleich, denn unsere<br />

Klienten spüren auf einer vorbewussten,<br />

leiblichen Ebene, was wir ihnen (nicht)<br />

zutrauen, welche Kompetenzen<br />

(Defizite) wir ihnen zuschreiben, welche<br />

Ressourcen (Störungen) wir bei ihnen<br />

wahrnehmen und inwiefern wir mit<br />

ihnen in einen entwicklungsfördernden<br />

Dialog treten. Aus diesem Grund ist es<br />

für ressourcenorientiertes Arbeiten von<br />

grundlegender Bedeutung, dass wir uns<br />

als Psychomotoriker mit unserer<br />

Haltung gegenüber unseren jeweiligen<br />

Klienten bewusst auseinandersetzen.<br />

Denn diese Haltung wird zwischenleiblich<br />

kommuniziert und ist damit spürbar<br />

– ob wir das möchten oder nicht. Dieses<br />

Phänomen ist nicht nur leibphänomenologisch<br />

beschreibbar – Merleau­Ponty<br />

(vgl. 1966) spricht von leiblicher Inter­<br />

subjektivität bzw. Zwischenleiblichkeit,<br />

Schmitz (vgl. 2007) verwendet die<br />

Bezeichnung leibliche Kommunikation –,<br />

sondern hier schließt sich auch der<br />

Kreis zu aktuellen neurobiologischen<br />

Erkenntnissen, die im 2. Argument<br />

29


30<br />

Im Sinne des Menschen – Ressourcenorientierung in der psychomotorischen Diagnostik<br />

bereits angeklungen sind und die Bauer<br />

wie folgt beschreibt:<br />

„Die Spiegelaktivität von Nervenzellen<br />

für die Vorstellung von<br />

Empfindungen erzeugt im Beobachter<br />

ein intuitives, unmittelbares<br />

Verstehen der Empfindungen der<br />

wahrgenommenen Person. (…)<br />

Bereits ein kurzer Eindruck von<br />

einer Person kann ausreichen, um<br />

eine intuitive Ahnung zu erzeugen,<br />

wie die körperlichen Empfindungen<br />

der beobachteten Person im<br />

kurzfristigen weiteren Verlauf<br />

aussehen werden. (…) Das Ergebnis<br />

ist eine intuitive Wahrnehmung, wie<br />

sich ein von uns beobachteter<br />

Mensch aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach gerade fühlt“ (Bauer 2005,<br />

44 f.).<br />

Hier wird deutlich, dass wir als Psychomotoriker<br />

in einem fortlaufenden<br />

tonisch­emotionalen Dialog mit<br />

unseren Klienten stehen. Sie nehmen<br />

intuitiv wahr, wie wir sie erleben und<br />

wahrnehmen (und umgekehrt) und<br />

dafür ist das System der Spiegelneurone<br />

bzw. das Phänomen der Zwischenleiblichkeit<br />

verantwortlich. Dies hat<br />

mehrere Konsequenzen für die psychomotorische<br />

Diagnostik, Entwicklungsbegleitung<br />

und Ausbildung.<br />

Konsequenzen für die<br />

psychomotorische Diagnostik,<br />

Entwicklungsbegleitung und<br />

Ausbildung<br />

Diagnostik als Prozess ist charakterisiert<br />

durch eine Suchhaltung: es geht also<br />

„nicht um das Finden von Wahrheiten,<br />

sondern um das Suchen nach Zusammenhängen“<br />

(Baumann 2009, 19), die<br />

den Psychomotoriker dabei unterstützen,<br />

mit den Klienten in einen entwicklungsfördernden<br />

Dialog zu kommen.<br />

Dabei besteht Diagnostik zu einem<br />

großen Teil aus Beobachtungen und<br />

diese basieren wiederum auf (subjektiven)<br />

Wahrnehmungen: „Alles, was<br />

beobachtet, beschrieben, festgestellt<br />

oder diagnostiziert wird, ist ein<br />

Ausdruck subjektiver Erfahrung und<br />

sozialer Einigung“ (Lindemann 2008,<br />

13). Diese Wahrnehmungen, Erfahrungen<br />

und sozialen Einigungsprozesse<br />

beruhen jedoch keineswegs nur auf<br />

visuellen Informationen, sondern sie<br />

sind generell leiblich fundiert: „Alles<br />

Fühlen, Wahrnehmen, Vorstellen,<br />

Denken und Tun vollzieht sich also auf<br />

der Basis eines leiblichen Hintergrunds,<br />

oder mit anderen Worten: Das Subjekt<br />

dieser Tätigkeiten ist immer leiblich“<br />

(Fuchs 2008, 98). Damit sind Wahrnehmungen<br />

einerseits immer perspektivisch<br />

(vgl. Merleau­Ponty 1966, 91) und<br />

andererseits ganzheitlich, mit anderen<br />

Worten: Sie finden nicht ausschließlich<br />

bewusst statt, sondern zu einem großen<br />

Teil implizit und intuitiv und sie sind<br />

darüber hinaus biographisch geprägt<br />

und von unseren persönlichen Haltungen<br />

und Wertmaßstäben beeinflusst.<br />

Diagnostisches Arbeiten ist deshalb<br />

zuallererst auf die Bewusstheit des<br />

Psychomotorikers angewiesen. Sie<br />

bezieht sich einerseits auf die Unterscheidungen<br />

(z. B. schuldig­unschuldig,<br />

gesund­gestört, Defizit­Profizit), die wir<br />

als Psychomotoriker (nicht) treffen,<br />

andererseits jedoch auch auf die<br />

Reflexion, inwiefern wir uns um unsere<br />

Klienten umfassend bemühen und<br />

inwiefern wir die Haltung des Verstehenwollens<br />

und der Neugier realisieren<br />

können. Ressourcenorientierung ist<br />

vor diesem Hintergrund eine aktive<br />

Entscheidung und Leistung des Diagnostikers.<br />

Mit Klemenz (vgl. 2003, 131)<br />

wird allerdings davon ausgegangen,<br />

dass für die Entwicklungsbegleitung die<br />

Ressourcen­ und die Problemperspektive<br />

wieder zusammengeführt werden<br />

müssen, „wenn man sich nicht mit<br />

einem ,halbierten‘ Bild des Klienten<br />

zufrieden geben möchte“ (ebd.).<br />

Für die Ausbildung von Psychomotorikern<br />

bedeutet dies nicht nur eine<br />

differenzierte Auseinandersetzung mit<br />

(ressourcen­ und problemorientierten)<br />

Methoden und Verfahren der (psychomotorischen)<br />

Diagnostik (zur Erfassung<br />

von Ressourcen u. a. die Ressourcenorientierte<br />

Diagnostik (RODI) von<br />

Köckenberger (vgl. 2007), die multiaxiale<br />

und multimodale Ressourcendiagnostik<br />

von Klemenz (vgl. 2003),<br />

Ressourcenkarten (vgl. Petzold 1997),<br />

Ressourcen­ und Kompetenzsterne (vgl.<br />

Vogt­Hillmann 2002), der Soziale Beziehungstest<br />

für Kinder (SOBEKI) (vgl.<br />

Berger/Klopfer 2002) sowie zahlreiche<br />

handlungsorientierte, bildhafte und<br />

spielerische Methoden aus der lösungsorientierten<br />

Arbeit mit Kindern (vgl.<br />

Steiner/Berg 2008, 92–140)), sondern in<br />

erster Linie auch eine Thematisierung<br />

und Reflexion subjektiver und leiblich<br />

fundierter Beobachterperspektiven und<br />

Haltungen. Vor diesem Hintergrund<br />

geht es nicht zuletzt um ein hinreichendes<br />

Maß an Selbsterfahrung (im<br />

Sinne eines Erspürens der eigenen<br />

Themen, Wahrnehmungs­ und Bewertungsmuster<br />

und ­präferenzen etc.)<br />

sowie um die Erarbeitung von differenzierten<br />

Selbstreflexionskompetenzen im<br />

Sinne einer reflexiven Leiblichkeit,<br />

denn: Psychomotorik ist in erster Linie<br />

eine emotionale Begegnung zwischen<br />

zwei (oder mehr) Menschen und die<br />

dabei ausgetauschten „Fundamentalbotschaften“<br />

(Ciompi 2005, 299) sind<br />

für den Verlauf der Förderung von<br />

entscheidender Bedeutung.<br />

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31


32<br />

Mitteilungen des Berufsverbandes der Motologen – Diplom / Master e. V.<br />

Mitteilungen des Berufsverbandes der Motologen – Diplom / Master e. V.<br />

Einblicke in motologische<br />

Arbeitsfelder<br />

Die motologische Arbeit<br />

zeichnet sich durch Vielfältigkeit<br />

in unterschiedlichen<br />

Arbeitsgebieten mit unterschiedlichenAdressatengruppen,<br />

unterschiedlichen<br />

Aufgabenstellungen, unter-<br />

schiedlichen Arbeitsweisen<br />

… aus. An dieser Stelle<br />

werden wir in Zukunft durch<br />

Einblicke in Arbeitsaufgaben<br />

und Arbeitsweisen diese<br />

Vielfältigkeit dokumentieren,<br />

um so vielleicht auch über<br />

kurze Einblicke hinaus den<br />

beruflichen Austausch anzu-<br />

regen, also: Nachfragen<br />

erlaubt!!<br />

Heute berichtet Hubert<br />

Bisping, Diplomjahrgang<br />

1985, seit 1996 als Diplom-<br />

Motologe beim Verein<br />

Beweggründe e. V. in Sendenhorst<br />

tätig und Leiter der<br />

Psychomotorischen Förderstelle,<br />

von einer Facette seiner<br />

motologischen Arbeit: der<br />

Projektentwicklung.<br />

D. Beckmann-Neuhaus<br />

Sprungbrett :<br />

Projektentwicklung und<br />

-begleitung als Herausforderung<br />

motologischen<br />

Arbeitens im Verein<br />

Beweggründe e. V.<br />

Der Verein Beweggründe e. V.<br />

wurde 1996 in Sendenhorst<br />

gegründet. Ich selbst bin<br />

Gründungsmitglied des<br />

Vereins und in unterschiedlichen<br />

Aufgabengebieten<br />

tätig.<br />

Neben der Organisation und<br />

Durchführung unterschiedlicher<br />

psychomotorischer<br />

Förderangebote (hier hat<br />

sich eine nachfrageorientierte<br />

psychomotorische<br />

Angebotsvielfalt entwickelt,<br />

die im Rahmen von Mischfinanzierungsmodellen<br />

über<br />

Mittel der Gesundheits- und<br />

Jugendhilfe sowie Elternbeiträgen<br />

finanziert werden)<br />

bin ich insbesondere für<br />

die konzeptionelle Reflexion<br />

der Vereinstätigkeit und<br />

Angebotspraxis sowie deren<br />

Weiterentwicklung unter<br />

Einbeziehung wichtiger<br />

örtlicher Kooperationspartner<br />

im Sozialraum zuständig<br />

(Ideen- und Konzeptentwicklung).<br />

Ein zukunftsweisender neuer<br />

Akzent hat sich aufgrund<br />

einer Bedarfsanalyse in der<br />

Kooperation mit dem Netz-<br />

werk „FIZ Sendenhorst und<br />

Albersloh e. V. Familien im<br />

Zentrum“ entwickelt: das<br />

Kinder- und Jugendhilfeprojekt<br />

„Sprungbrett“ (2008–<br />

2011).<br />

Der Projektidee lag die<br />

Fragestellung zugrunde, wie<br />

der Verein mit dem entwicklungsstärkendenpsychomotorischen<br />

Ansatz Familien<br />

erreichen kann, die sich<br />

selber aufgrund unterschiedlicher<br />

Zusammenhänge nicht<br />

selber auf den Weg machen.<br />

Sie ist gleichzeitig Ausdruck<br />

einer Entwicklung des<br />

Vereins, die psychomotorische<br />

Angebotsstruktur verstärkt in<br />

die Angebotsstruktur des<br />

pädagogischen Alltags<br />

einzubinden (Kindertagesstätten,<br />

Grundschulen, Offene<br />

Ganztagsangebote, …).<br />

Zielgruppe sind „Kinder mit<br />

besonderem Förderbedarf“<br />

(Störungen der Selbstwertentwicklung,<br />

der Beziehungs-<br />

und Kontaktfähigkeit,<br />

der Konfliktfähigkeit,<br />

Kommunikationsstörungen,<br />

Auffälligkeiten in der Spiel-<br />

und Handlungsfähigkeit,<br />

emotionales Ungleichgewicht,<br />

…) aus den Vorschuleinrichtungen,<br />

deren Eltern<br />

unter „erschwerten bzw.<br />

benachteiligten Lebensbedingungen“<br />

(z. B. durch<br />

Arbeitslosigkeit, Migrationshintergrund,<br />

Erkrankung,<br />

Armut oder soziale Isolation<br />

belastet) leben.<br />

Neben der Entwicklung der<br />

Projektidee sowie ihrer<br />

Vorstellung bei den verschiedenen<br />

Projektpartnern<br />

(Vorschuleinrichtungen, FIZ,<br />

Jugendhilfeträger, Kinder-<br />

und Jugendärztlicher Dienst,<br />

verschiedene Facharbeitskreise,<br />

…) ging es in der<br />

Entscheidungs- und Konkretisierungsphase<br />

zunächst<br />

um Antragsstellung und<br />

Finanzierungsfragen.<br />

„Sprungbrett“ wird in großen<br />

Anteilen als Kinder- und<br />

Jugendhilfeprojekt durch die<br />

Aktion Mensch, die Software<br />

AG sowie weitere Stiftungen<br />

und private Sponsoren<br />

finanziert. Grundlage für diese<br />

Projektförderung war die<br />

Unterstützung und Begleitung<br />

des Projektantrages durch die<br />

Fachberatung des DPWV<br />

NRW sowie dem örtlichen<br />

Jugendhilfeträger.<br />

In der Konkretisierungs- und<br />

Umsetzungsphase ging es<br />

v. a. um die Frage, wie in<br />

allen 7 Vorschuleinrichtungen<br />

des Netzwerkes FIZ ein<br />

differenziertes psychomotorisch-systemischesFörderangebot<br />

eingerichtet werden<br />

kann, das sowohl die Eltern<br />

als auch die pädagogischen<br />

Fachkräfte in den Förderprozess<br />

einbezieht. Die beiden<br />

Projektleiterinnen werden<br />

bez. dieser Thematik von mir<br />

in regelmäßigen Treffen (alle<br />

2 Wochen) begleitet. Dabei<br />

ist die Spannbreite der<br />

Fragen bez. der pragmatischen<br />

Umsetzung der<br />

Projektidee immens: Fragen<br />

wie „Wie kommt das Projekt<br />

an einen Auftrag?“ oder<br />

„Wie kann psychomotorisch-<br />

systemisches Arbeiten im<br />

konkreten Fall aussehen?“<br />

bis hin zu Fragen hinsichtlich<br />

der Wirksamkeit und<br />

Nachhaltigkeit des Projektes<br />

(fachkompetente Begleitung<br />

und Beratung des Dokumentations-<br />

und Evaluationsprozesses).<br />

Über die Einrichtung<br />

und Moderation einer<br />

Projektsteuerungsgruppe<br />

(alle 6 Wochen), an der<br />

neben den beiden Projektleiterinnen<br />

jeweils eine<br />

Vertreterin der beteiligten<br />

Vorschuleinrichtungen sowie<br />

die zuständige Vertreterin<br />

des Jugendamtes (ASD)<br />

teilnehmen, ist es möglich<br />

geworden, die Verantwortlichkeit<br />

für die Projektumsetzung<br />

auf eine breite Basis<br />

zu stellen.<br />

Durch gezielte und differenzierte<br />

Darstellungen wird die<br />

Öffentlichkeit wie auch<br />

Fachöffentlichkeit (Gesundheitsamt,<br />

Jugendamt,<br />

Erziehungsberatungsstelle,<br />

Frühförderstelle, Deutsch-<br />

Ausländischer Freundeskreis,<br />

Gremien des FIZ, …) im


Sozialraum über die Projektidee<br />

und ­entwicklung<br />

informiert, was zu einer<br />

breiten fachlichen Akzeptanz<br />

durch die pädagogischen<br />

Mitarbeiter sowie die ver­<br />

mehrte Aufgeschlossenheit<br />

der Elternschaft gegenüber<br />

den Projektangeboten<br />

geführt hat.<br />

Reihe MOTORIK<br />

Weitere Umsetzungsebenen<br />

der Projektentwicklung<br />

beziehen sich auf die<br />

Integration in bestehende<br />

Strukturen des Netzwerkes<br />

FIZ, auf die Vernetzung mit<br />

örtlichen wie regionalen<br />

Beratungs­ und Förderstrukturen<br />

sowie auf die Evaluation<br />

und Dokumentation im<br />

Dr. Astrid Krus<br />

Mut zur Entwicklung<br />

Hinblick auf die Fortsetzung<br />

der Projektidee auch über<br />

den Förderzeitraum von<br />

3 Jahren hinaus.<br />

Insgesamt ein Arbeitsauftrag,<br />

der nicht nur durch die<br />

Umsetzung der Projektidee<br />

selbst besticht, sondern v. a.<br />

auch die Frage herausfordert,<br />

auf welche Weise die<br />

Psychomotorik den Prozess<br />

der Projektentwicklung und<br />

­begleitung an sich unterstützen<br />

kann.<br />

Kontaktadresse:<br />

Hubert Bisping<br />

beweggruende@t­online.de<br />

H. Bisping<br />

Das Konzept der psychomotorischen Entwicklungstherapie<br />

In dem vorliegenden Band wird erstmalig ein für das Kindesalter differenziertes psychomotorisches<br />

Therapiekonzept vorgelegt, das lehr- und lernbare Verhaltensdimensionen für den<br />

Therapeuten aufzeigt. Das Konzept beinhaltet einen Leitfaden für eine mehrdimensionale<br />

psychomotorische Diagnostik, die als Grundlage für die Therapieplanung und -durchführung<br />

dient. Vielfältige Arbeitsvorlagen sowie konkrete Arbeitsschritte einer begleitenden Elternarbeit<br />

und Hinweise zur Kooperation mit anderen Institutionen ermöglichen eine Übertragung<br />

auf verschiedene therapeutische Arbeitsfelder.<br />

17 x 24 cm, 228 Seiten, ISBN 978-3-7780-7026-0, Bestell-Nr. 7026 � 21.80<br />

Inhaltsverzeichnis unter www.sportfachbuch.de/7026<br />

Dr. Udo Wohnhas-Baggerd<br />

ADHS und Psychomotorik<br />

Systemische Entwicklungsbegleitung als therapeutische Intervention<br />

Das Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) gehört mit den aggressiven<br />

Verhaltensstörungen zu den häufigsten diagnostizierten psychischen Störungen im Kindesalter.<br />

Das ADHS ist durch Störungen der Aufmerksamkeit, der Impulskontrolle und der motorischen<br />

Unruhe gekennzeichnet. Ein großes öffentliches Interesse an diesem Phänomen ist aus dem<br />

hohen Leidensdruck der betroffenen Kinder und der tangierten Umwelt entstanden. Das<br />

grundlegende Problem bei der Behandlung dieses Störbildes ist die Effizienz der Behandlungsmethoden,<br />

die im direkten Zusammenhang mit dem Leidensdruck der betroffenen Kinder steht.<br />

17 x 24 cm, 216 Seiten, ISBN 978-3-7780-7029-1, Bestell-Nr. 7029 � 21.80<br />

Inhaltsverzeichnis unter www.sportfachbuch.de/7029<br />

Steinwasenstraße 6–8 • 73614 Schorndorf • Telefon (0 71 81) 402-125 • Fax (0 71 81) 402-111<br />

Internet: www.hofmann-verlag.de • E-Mail: bestellung@hofmann-verlag.de<br />

33


34<br />

Berichte<br />

Berichte<br />

Deutsche Gesellschaft<br />

für Psychomotorik e. V.<br />

(DGfPM), Aktuelles:<br />

Informationen aus der<br />

Delegiertenversammlung<br />

am 19. 9. 2009 in Dortmund<br />

und der Vorstandssitzung<br />

am 7. 11. 2009 in<br />

Bergisch-Gladbach<br />

Die Deutsche Gesellschaft<br />

für Psychomotorik hat am<br />

26. 9. 2006 nach hochengagiertenGründungsvorbereitungen<br />

ihre Arbeit<br />

aufgenommen. Es wurde<br />

festgestellt, dass nach der<br />

Umwandlung des „Deutschen<br />

Forums für Psychomotorik“<br />

in die DGfPM zunächst<br />

eine Phase der Euphorie zu<br />

registrieren war, die aber<br />

angesichts der Vielfältigkeit<br />

der Themen durch Ernüchterung<br />

abgelöst wurde, in der<br />

allerdings seither zunehmend<br />

geeignetere Formen<br />

der Organisations- und<br />

Kommunikationsstrukturen<br />

entwickelt werden.<br />

Die Homepage ist inzwischen<br />

dank des Engagements von<br />

Melanie Behrens und Horst<br />

Göbel soweit fertig gestellt,<br />

so dass nun ein Bild der<br />

DGfPM für die Öffentlichkeit<br />

zunehmend besser erstellt<br />

werden kann. Vermutlich ab<br />

Mitte Februar <strong>2010</strong> können<br />

aktuelle Entwicklungen<br />

(auch) dort eingesehen und<br />

Themen in einem Forum<br />

diskutiert werden.<br />

Zu den Vorständen der 6 Sek-<br />

tionen der DGfPM von AKP,<br />

DBM, BVDM, WVPM, BAM<br />

und den Psychomotorischen<br />

Vereinen bestehen gute,<br />

kontinuierliche und zuneh-<br />

mend perspektivische nicht mit psychomotorischer<br />

Kontakte.<br />

Begrifflichkeit bzw. Wirk-<br />

Auch im Europäischen Forum samkeit in Zusammenhang<br />

(EFP) konnte die Kooperation gebracht werden. Aus der<br />

intensiviert und verbessert gesamten psychomoto-<br />

werden. Nach dem Ausscheirischen Fachliteratur wird<br />

den von Eckhart Knab aus lediglich Renate Zimmer kurz<br />

der Kommission Wissenschaft zitiert; der Kontakt soll<br />

nimmt Melanie Behrens fortgesetzt werden.<br />

seine Stelle ein. Es sind • Erinnert wird an die Fach-<br />

Bemühungen im Gange, für tagung des Berufsverbands<br />

diese Arbeit Zuschüsse von der Motopäden (DBM e. V.)<br />

der EU zu erhalten. Die „bewegt und bewegend“<br />

nächste Studentenakademie vom 5. 3.–7. 3. <strong>2010</strong> in<br />

findet am 23.–25. <strong>April</strong> <strong>2010</strong> Borken-Gemen; hieran ist<br />

in Genf statt.<br />

die DGfPM als Kooperations-<br />

Aus der Diskussion der partner beteiligt.<br />

weiteren Aktivitäten sind • Zu den derzeitigen Perspekbesonders<br />

folgende Punkte tiven der Psychomotorik in<br />

zu erwähnen:<br />

Deutschland plant die DGfPM<br />

• Die Bemühungen der ein eintägiges Symposium,<br />

Berufsverbände und Vereine voraussichtlich am 26. oder<br />

um Finanzierungsmöglich- 27. 11. <strong>2010</strong>.<br />

keiten psychomotorischer<br />

Gez. Eckhart Knab,<br />

Angebote werden intensiv<br />

mitverfolgt und gefördert;<br />

eine neue Initiative soll<br />

zusammen mit der DGfPM<br />

entwickelt werden.<br />

Horst Göbel<br />

• Die DGfPM unterstützt die 25 Jahre<br />

Initiativen zur „Bachelor-<br />

Psychomotorik“-Ausbildung<br />

auf allen nützlichen Ebenen<br />

und sucht die Kooperation<br />

mit der WVPM. Hierzu<br />

werden 5 Vorstandsmit-<br />

„Verein zur Bewegungsförderung<br />

und<br />

Psychomotorik“ e. V.<br />

Marburg<br />

glieder der DGfPM an einer Am 31. 10. 2009 beging der<br />

Bachelor-Arbeitsgruppe im „Verein zur Bewegungsförde-<br />

Rahmen der Jahrestagung rung und Psychomotorik e.V.<br />

der WVPM im Januar <strong>2010</strong> in Marburg“ sein 25-jähriges<br />

Bochum teilnehmen.<br />

• Eine Stellungnahme zum<br />

Jubiläum.<br />

13. Kinder- und Jugendhilfe- Prof. Dr. Astrid Krus schreibt<br />

bericht wird erörtert; mit in ihrem Grußwort: „Für eine<br />

dem Vorsitzenden der Sach- Institution ist ein Viertel-<br />

verständigenkommission des jahrhundert Ausdruck dafür,<br />

13. Kinder- und Jugendhilfe- dass man sich etabliert<br />

berichtes der Bundesregie- hat und ein angesehenes<br />

rung, Herrn Prof. Dr. Manfred Unternehmen ist … eine<br />

Keupp, hat Horst Göbel in feste Größe in Marburg und<br />

Mainz am Rande eines Umgebung, eine wichtige<br />

Vortrages ein Gespräch Anlaufstelle für viele Eltern,<br />

geführt. Es konnte verdeut- und ein Ort des Erlebens und<br />

licht werden, dass im Bericht der positiven Erfahrungen<br />

bewegungspädagogische für zahlreiche Kinder, Jugend-<br />

Erfolge/Konzepte überhaupt liche und Erwachsene“<br />

Gegründet wurde der Verein<br />

1984 durch eine Elterninitiative<br />

gemeinsam mit Lehrenden<br />

und Studenten des<br />

jungen Studienganges<br />

„Motologie“ der Philipps-<br />

Universität Marburg, zu den<br />

Gründungsvätern zählten u. a.<br />

Ulrich Kerste, Tilo Irmischer<br />

und Prof. Dr. Friedhelm<br />

Schilling.<br />

Startete der Verein 1984 mit<br />

fünf Fördergruppen, so kann<br />

er heute mit 77 Psychomotorikgruppen<br />

und 470<br />

Mitgliedern eine stolze<br />

Bilanz vorweisen. Schon<br />

1986 wurde das dezentrale<br />

wohnortnahe Konzept<br />

entwickelt und Förderangebote<br />

im ländlichen Raum<br />

angesiedelt, heute erstrecken<br />

sich die Aktivitäten des<br />

Vereins in einem Einzugsbereich<br />

von 40 km rund um<br />

Marburg. Das dezentrale<br />

Konzept ermöglicht die<br />

Entwicklungsbegleitung<br />

der Kinder und Jugendlichen<br />

in ihrem unmittelbaren<br />

sozialen Lebensumfeld, z. B.<br />

Kindertagesstätten und<br />

Schulen, für die mobilen<br />

Fachkräfte den Einblick in<br />

die Lebenswelt und die<br />

bessere Vernetzung mit den<br />

Institutionen.<br />

Drei Angestellte, fünfzehn<br />

Honorarkräfte und eine<br />

Sekretärin setzen derzeit das<br />

„Konzept der psychomotorischenEntwicklungsbegleitung“<br />

des Vereins um. Im<br />

Berufsprofil dominiert der/<br />

die Motologe/-in, aber auch<br />

pädagogische Grundqualifikationen<br />

mit psychomotorischer<br />

Zusatzausbildung<br />

stellen eine inhaltliche<br />

Bereicherung dar.<br />

Neben dem Frühförderbereich<br />

(269 Kinder) und dem<br />

Schulbereich (120 Kinder/<br />

Jugendliche) gewinnt der<br />

Seniorenbereich (67 Senioren)<br />

seit der Etablierung und


Ausgestaltung des „motogeragogischen<br />

Konzeptes“<br />

durch Dr. Marianne Eisenburger<br />

an wachsender<br />

Bedeutung. Auch hier findet<br />

der überwiegende Anteil an<br />

psychomotorischer Arbeit in<br />

den Senioreneinrichtungen<br />

statt.<br />

Prof. Dr. Ruth Haas entwickelte<br />

1995 im Rahmen des<br />

Vereins ein psychomotorisches<br />

Nachsorgeangebot als<br />

flankierende Maßnahme zur<br />

ambulanten psychiatrischen<br />

Behandlung und Teil eines<br />

unterstützenden Netzwerks,<br />

was seitdem erfolgreich<br />

fortgeführt wird.<br />

Die Aktivitäten des Vereins<br />

verzweigen sich in zahlreiche<br />

Projekte und sind weitreichend<br />

vernetzt. 1992 ent-<br />

stand unter Federführung<br />

von Michael Müller-Schwarz<br />

das „Projekt Sportförderung“,<br />

ein Programm des Hessischen<br />

Kultusministeriums<br />

und des Landessportbundes<br />

„zur Förderung der Zusammenarbeit<br />

von Schulen und<br />

Vereinen“, kontinuierlich<br />

fortgeführt und erweitert<br />

wurde dieses Projekt im<br />

Dezember 2009 als „Initiative<br />

des Jahres“ bundesweit<br />

in der Kategorie „Inte-<br />

gration durch Bewegung und<br />

Sport“ vom Deutschen<br />

Olympischen Sportbund<br />

ausgezeichnet.<br />

Die differenzierte Angebotsstruktur<br />

des Vereins reicht<br />

von Psychomotorik in<br />

Kindergarten und Schule,<br />

psychomotorischer Intensivförderung<br />

in Kleinstgruppen,<br />

Bewegungsbaustellen im<br />

Nachmittagsschulangebot,<br />

speziellen Angeboten in<br />

benachteiligten Stadtteilen,<br />

„Psychomotorik in der Natur“<br />

bis zu „motopädagogischen<br />

Reiterferien“, auch Eltern-<br />

Kind-Gruppen, Schwimmgruppen,Graphomotorikförderung<br />

und „psychomoto-<br />

rische Bewegungsangebote<br />

nach Krebs“ und hatten ihre<br />

Zeit im Verein.<br />

Das, 1987 erstmals unter der<br />

Leitung von Prof. Dr. Klaus<br />

Fischer durchgeführte,<br />

„Fortbildungskonzept<br />

Psychomotorik“ für Erzieherinnen<br />

der Stadt Marburg<br />

wurde im Laufe der Jahrzehnte<br />

zu einer nachhaltigen<br />

Kooperation zwischen dem<br />

„Fachdienst Kinderbetreuung“<br />

und dem Verein<br />

ausgebaut. Ziel ist die<br />

psychomotorische Entwicklungsbegleitung<br />

von Kindern,<br />

die Fort- und Weiterbildung<br />

sowie die fachliche Begleitung<br />

der pädagogischen<br />

Fachkräfte in städtischen<br />

Kindertagesstätten, wo sich<br />

die Psychomotorik inzwischen<br />

zu einem pädagogischen<br />

Schwerpunkt entwickelt hat.<br />

So konnte die „Kita Höhenweg“,<br />

eine Marburger Ein-<br />

richtung, 2009 das Zertifikat<br />

„Bewegungskindergarten“<br />

des Hessischen Sportbundes<br />

erwerben, wofür sich die<br />

Erzieherinnen in fünfwöchigen<br />

Psychomotorikkursen<br />

des Vereins qualifiziert<br />

hatten. Inzwischen konnten<br />

unter denselben Umständen<br />

zwei weitere Kitas das<br />

Gütesiegel „Bewegungskindergarten“<br />

erlangen.<br />

Unabdingbar für die Ver-<br />

breitung der „psychomotorischen<br />

Idee“ ist die Mitarbeit<br />

in lokalen Gremien und<br />

Arbeitsgruppen zu Themen<br />

der Gesundheitsförderung,<br />

des Sozialen und der Inte-<br />

gration: so war der Verein<br />

beteiligt bei der Erstellung<br />

des „Leitfadens Integration“,<br />

einem Handbuch der Stadt<br />

und des Kreises zur Verbesserung<br />

und Vereinheitlichung<br />

der Förder- und<br />

Betreuungsqualität in der<br />

Integration.<br />

Momentan arbeitet der Verein<br />

gemeinsam mit dem „Fachdienst<br />

Kinderbetreuung“ der<br />

Stadt Marburg an einem<br />

Handbuch zu dem Thema<br />

„Entwicklungs-, Gesundheits-<br />

und Bildungsförderung durch<br />

Bewegung“.<br />

In der Arbeitsgruppe „Kort“,<br />

einem regionalen „Netzwerk<br />

Gesundheit“ arbeitet der<br />

Verein gemeinsam mit<br />

Kinderärzten, Gesundheitsamt,<br />

Staatlichen Schulamt,<br />

Sportkreis Marburg und<br />

anderen gesundheits- und<br />

bewegungsorientierten<br />

Einrichtungen an Maßnahmen<br />

präventiver Gesundheitsförderung<br />

um z. B. dem<br />

Risiko „Übergewicht bei<br />

Kindern“ sinnvoll zu begegnen.<br />

Den jährlichen „Marburger<br />

Gesundheitstagen“ für<br />

Grundschulklassen gestaltet<br />

der Verein gemeinsam mit<br />

vielen anderen Initiativen,<br />

hier werden Kindern viel-<br />

fältige Formen gesunden<br />

Lebens präsentiert u. a. durch<br />

ein ansprechendes Bewegungsangebot.<br />

35


36<br />

Veranstaltungen<br />

Als gegenseitig bereichernd<br />

muss die enge Zusammenarbeit<br />

mit dem Fachbereich<br />

„Motologie“ der Uni Marburg<br />

erwähnt werden: häufig<br />

schon konnten innovative<br />

Ideen und Projektvorhaben<br />

von Dozentinnen und<br />

Student/innen im Verein in<br />

die Praxis umgesetzt werden<br />

und trugen so zur Qualitätsentwicklung<br />

bei, umgekehrt<br />

konnten Studenten durch<br />

Lehraufträge, Praktika und<br />

Hospitationen von den<br />

Fachkräften des Vereins<br />

profitieren.<br />

Seit 1990 besteht die<br />

intensive Kooperation des<br />

Vereins mit der „Deutschen<br />

Akademie für Psychomotorik“<br />

(<strong>dakp</strong>), ehemals akM,<br />

viele Teilnehmer/innen der<br />

Berufsqualifikation der <strong>dakp</strong><br />

erwerben im letzten<br />

Abschnitt ihrer Ausbildung<br />

psychomotorische Praxis<br />

durch die Fördergruppen des<br />

Vereins. Durch Personalunionen,<br />

Beteiligung an<br />

curricularer Weiterentwicklung<br />

in der <strong>dakp</strong>, enger<br />

Verzahnung und Austausch<br />

finden auch immer wieder<br />

aktuelle fachwissenschaftliche<br />

Impulse Eingang in die<br />

inhaltliche Arbeit des<br />

Vereins.<br />

Veranstaltungen<br />

30. <strong>April</strong> – 2. Mai <strong>2010</strong><br />

„Wenn jemand spricht,<br />

wird es heller.“ –<br />

Klang, Geste, Imagination<br />

In jedem Sprechen werden<br />

sowohl die Fähigkeiten zur<br />

Imagination wie auch zur<br />

Symbolisierung entwickelt<br />

und die Befähigung, sich<br />

über die Primärbeziehung<br />

hinaus in das soziale Leben<br />

der Anderen einzufinden.<br />

Das Sprechen erlaubt den<br />

Zugang zur sozialen Welt<br />

und ermöglicht damit einen<br />

Ausgang aus dem symbiotischen<br />

Einschluss mit dem<br />

Primärobjekt. Die Tagung<br />

nähert sich diesem umfassenden<br />

und vielgestaltigen<br />

Thema in Vorträgen und<br />

Arbeitsgruppen zum Umgang<br />

mit klinischem Material.<br />

Ort: Logenhaus,<br />

Emserstr. 12-13,<br />

10719 Berlin<br />

E-Mail: jahrestagung@<br />

vakjp.de<br />

URL: http://www.vakjp.<br />

de/index-veranstalt.<br />

htm<br />

7.–8. Mai <strong>2010</strong><br />

Ein-Blicke in die Tiefe.<br />

Die Methode der psychoanalytischenSäuglingsbeobachtung<br />

und<br />

ihre Anwendungen<br />

Im Zentrum des Symposiums<br />

steht die von Esther Bick in<br />

London entwickelte Infant-<br />

Observation, die seit fünfzig<br />

Jahren eine Schlüsselstellung<br />

innerhalb der psychoanalytischen<br />

Lehre und Forschung<br />

einnimmt. Teilnehmer/innen<br />

an Beobachtungsseminaren<br />

wird die Möglichkeit<br />

eröffnet, ihre Fähigkeiten im<br />

Verstehen von menschlichen<br />

Beziehungen und von<br />

unbewussten Prozessen zu<br />

vertiefen. Das Symposium ist<br />

mit international hochrangigen<br />

Vortragenden aus dem<br />

In- und Ausland besetzt, die<br />

die psychoanalytische Beob-<br />

achtung und ihre Anwendungsformen,<br />

anhand von<br />

Beobachtungsmaterial,<br />

Praxisbeispielen und For-<br />

schungsergebnissen darstellen.<br />

In zwei Workshops<br />

Auf der wirtschaftlichen<br />

Ebene hat der Verein sowohl<br />

die Bergkuppen gesehen<br />

(Übernahme der Psychomotorikkosten<br />

durch die<br />

Krankenkassen) als auch<br />

schon die Talsohle erreicht<br />

(Streichung der Psychomotorik<br />

aus dem Heilmittelkatalog),<br />

durch umsichtige<br />

Geschäftsführung und<br />

Verzichtleistungen der<br />

MitarbeiterInnen sind die<br />

Krisen weitestgehend<br />

überstanden, der Verein<br />

existiert nun überwiegend<br />

aus (erschwinglichen)<br />

Mitglieds-/Elternbeiträgen,<br />

Einnahmen aus dem Reha-<br />

haben die Teilnehmer die<br />

Gelegenheit, mit namhaften<br />

Vertreter/innen der psychoanalytischen<br />

Beobachtung<br />

anhand von Beobachtungsnotizen<br />

oder Falldarstellungen<br />

aus der eigenen Berufs-<br />

praxis die Fruchtbarkeit<br />

dieser Methode zu erleben<br />

und dabei die eigene innere<br />

Haltung zu reflektieren.<br />

Ort: Fakultät für<br />

interdisziplinäre<br />

Forschung und<br />

Fortbildung, Institut<br />

für Unterrichts-<br />

und Schulentwicklung,<br />

Schottenfeld-<br />

gasse 29, 1070 Wien<br />

URL: http://ius.uni-klu.<br />

ac.at/ein-blicke<br />

8. Mai <strong>2010</strong><br />

Bundesweite Fachtagung<br />

für Psychomotorik<br />

„Verspielte Kindheit:<br />

Wie kindliche Entwicklungspotentiale<br />

über Spiel und<br />

Bewegung wirksam werden“<br />

Kindheit gilt gemeinhin als<br />

Zeitraum, der Menschen<br />

Sport, Mitteln der Eingliederungshilfe<br />

und Fortbildungseinnahmen.<br />

In einer Feierstunde mit<br />

Kooperationspartnern,<br />

Förderern und Mitarbeiter/innen<br />

beging der Verein im<br />

Institut für Leibesübungen<br />

(IFL) im Oktober sein 25jähriges<br />

Jubiläum.<br />

Am darauf folgenden Tag<br />

zitierte die örtliche Presse<br />

in einem Leitartikel den<br />

Marburger Bürgermeister<br />

Franz Kahle mit den Worten:<br />

„Für uns ist es ein Glücksfall,<br />

dass wir eine solche Institution<br />

haben“.<br />

Jutta Müller<br />

unbeschwert für ihre<br />

Entwicklung zur Verfügung<br />

steht. Bei der Frage, ob es<br />

trotz eines ständigen<br />

Wandels kindlicher Rahmenbedingungen<br />

Konstanten für<br />

eine gesunde Entwicklung<br />

gibt, rücken neben einer<br />

sicheren Bindung das Spiel,<br />

Raum für Kreativität und die<br />

Bewegung in den Mittelpunkt.<br />

Häufig begrenzen<br />

phantasielos gestaltete<br />

Räume die Spiel- und<br />

Bewegungsfreude der Kinder.<br />

Stattdessen werden schon<br />

kognitive Lernprogramme für<br />

Neugeborene empfohlen und<br />

nicht selten einer selbsttätigen,<br />

spielerischen Auseinandersetzung<br />

mit der Umwelt<br />

vorgezogen. Die Zeit für eine<br />

verspielte Kindheit scheint<br />

zu schrumpfen. Psychomotorik<br />

eröffnet Spielräume,<br />

Psychomotorik begeistert<br />

Kinder und Jugendliche –<br />

sie erhalten Zeit für eine<br />

eigenständige sozial-emo-<br />

tionale Entwicklung, in der<br />

sie ihre Spiel- und Bewe-


gungsfreude ausleben<br />

können. Psychomotorik<br />

stärkt Erwachsene, die für<br />

Kinder sinnvolle räumliche<br />

und zeitliche Rahmenbedingungen<br />

schaffen, so dass<br />

diese „Kind sein“ dürfen.<br />

Die Fachtagung lädt zum<br />

freudvollen Spielen, Denken<br />

und Bewegen ein. Pädagogen,<br />

Therapeuten und Eltern<br />

erhalten Gelegenheit, die<br />

Psychomotorik mit neuen<br />

Ideen und in gewohnter<br />

Verbindung von Theorie und<br />

Praxis zu erleben.<br />

Ort: Rheinische<br />

Akademie im<br />

Förderverein<br />

Psychomotorik,<br />

53113 Bonn<br />

E-Mail: akademie@<br />

psychomotorikbonn.de<br />

URL: http://www.<br />

psychomotorikbonn.de/pages/<br />

fachtagung<strong>2010</strong>.<br />

htm<br />

13.–15. Mai <strong>2010</strong><br />

Was hilft?<br />

Wenn wir anderen<br />

erfolgreich helfen<br />

Diese Frage stellt sich allen,<br />

die in helfenden Berufen<br />

tätig sind.<br />

Eine alle verbindende<br />

Antwort ist: Du musst die<br />

Menschen lieben und das<br />

Richtige tun. Das bedeutet<br />

einerseits Liebe zu den<br />

Menschen, also die gelingende<br />

Beziehung zu den<br />

Betroffenen, den Mitarbeitern<br />

und zu sich selbst, und<br />

andererseits professionelles<br />

Handeln nach den „Regeln<br />

der Kunst = state of the art“.<br />

In Vorträgen werden zentrale<br />

Facetten dieses Kongressmottos<br />

erörtert. Darüber<br />

hinaus werden in Hauptreferaten<br />

wesentliche<br />

Themen unserer Zeit<br />

dargestellt und Hilfestellungen<br />

angeboten aus der<br />

Perspektive von Neurobiologie<br />

und Medizin, Pädagogik,<br />

Heilpädagogik, Psychologie<br />

und Therapie sowie Soziologie<br />

und Ökonomie. An<br />

den beiden Nachmittagen<br />

können in einer Vielzahl von<br />

Seminaren und Symposien<br />

wichtige Aspekte noch<br />

vertieft werden.<br />

Ort: Kultur- und<br />

Kongresshaus<br />

am Dom, Leo-<br />

Neumayerplatz 1,<br />

5600 St. Johann<br />

E-Mail: hpg-salzburg@<br />

drei.at<br />

URL: http://www.hpgsalzburg.at/daten.<br />

htm<br />

3.–5. Juni <strong>2010</strong><br />

Jahrestagung der<br />

dvs-Sektion Sportpädagogik:<br />

Sportpädagogik als<br />

Erfahrungswissenschaft<br />

Ausgangspunkt einer<br />

Pädagogik des Sports ist die<br />

Vorstellung, dass Bildungspotenziale<br />

nicht nur über<br />

das Erlernen bewegungskultureller<br />

Praktiken, sondern –<br />

in gleichem Maße – über die<br />

individuellen Erfahrungen im<br />

Rahmen der ermöglichten<br />

Lernprozesse zu bestimmen<br />

sind. Demnach gibt es keinen<br />

Sport, der nicht zugleich<br />

erzieht – zum Guten oder<br />

zum Schlechten. Der<br />

Sportpädagogik kommt als<br />

Wissenschaft die Funktion<br />

zu, angemessene Bildungserwartungen<br />

an Bewegung,<br />

Spiel und Sport zu formulieren,<br />

sowie diese für schulische<br />

wie auch außerschulische<br />

Vermittlungsfelder zu<br />

spezifizieren und auf ihre<br />

tatsächlichen Wirkungen hin<br />

zu untersuchen. Hierbei soll<br />

die empirische Forschung<br />

ein Gegengewicht zu dem<br />

normativ gehaltenen<br />

Begründungsdiskurs schaffen<br />

und sicherstellen, dass die<br />

erwünschten Erziehungs-<br />

und Bildungsprozesse auch<br />

eingelöst werden können.<br />

Der Begriff der Erfahrung<br />

steht demnach in einem<br />

mehrfachen Sinne zur<br />

Diskussion.<br />

Ort: Haus Neuland,<br />

Senner Hellweg 493,<br />

33689 Bielefeld<br />

E-Mail: Kornelia<br />

Gagelmann@<br />

uni-bielefeld.de<br />

URL: http://www.unibielefeld.de<br />

16.–19. Juni <strong>2010</strong><br />

Weltkongress „Inclusion<br />

International – Inklusion-<br />

Rechte werden Wirklichkeit“<br />

Alle Staaten der Erde gehören<br />

zu den Vereinten Nationen.<br />

Sie haben eine Vereinbarung<br />

beschlossen. Diese „Konvention“<br />

schützt die Rechte<br />

behinderter Menschen.<br />

Sie gilt als Gesetz in allen<br />

Ländern, die sie unterschrieben<br />

haben. Was in dem<br />

Gesetz steht, muss jetzt für<br />

Menschen mit geistiger<br />

Behinderung auch Wirklichkeit<br />

werden. Im Mittelpunkt<br />

des Kongresses stehen junge<br />

und alte Menschen mit<br />

geringer bis hin zu schwerer<br />

geistiger Behinderung, sowie<br />

ihre Familien. Über ihre<br />

Rechte wird gesprochen:<br />

Ihr Recht auf ein Leben in<br />

Würde. Behinderte Menschen<br />

haben gleiche Rechte,<br />

auch das Recht, selbst<br />

Entscheidungen zu treffen.<br />

Sie leben mitten in der<br />

Gemeinschaft. Sie haben das<br />

Recht auf inklusive Bildung<br />

wie alle anderen. Sie haben<br />

das Recht auf ein Leben<br />

ohne Armut. Niemand darf<br />

sie abwertend behandeln<br />

und diskriminieren. Sie<br />

gehören dazu und dürfen<br />

nicht sozial ausgegrenzt<br />

werden.<br />

Ort: Estrel Hotel und<br />

Convention Center,<br />

Sonnenallee 225,<br />

12057 Berlin<br />

E-Mail: inclusion@ctwcongress.de<br />

URL: www.inclusion<strong>2010</strong>.<br />

de<br />

29. Juni – 3. Juli <strong>2010</strong><br />

Infancy in Times<br />

of Transition –<br />

12. Weltkongress für<br />

seelische Gesundheit in<br />

der frühen Kindheit<br />

Hauptvorträge und Master<br />

Class Lectures zu zahlreichen<br />

Themen der kindlichen<br />

Entwicklung in Zeiten des<br />

gesellschaftlichen Umbruchs.<br />

Ort: Congress Center<br />

Leipzig,<br />

Messe-Allee 1,<br />

04356 Leipzig<br />

E-Mail: congress@<br />

waimh.org<br />

URL: http://www.waimhleipzig<strong>2010</strong>.org/<br />

index.htm<br />

37


38<br />

Buchbesprechungen /Neuerscheinungen<br />

Buchbesprechungen /Neuerscheinungen<br />

Lücking, Chr./Reichenbach,<br />

Chr. (2009)<br />

Praxis konkret im<br />

(Förder-)Schulalltag<br />

Förderung von Kindern mit<br />

Förderbedarf in der körperlich-motorischen,<br />

sozial-<br />

emotionalen, sprachlich-<br />

kommunikativen und<br />

geistigen Entwicklung<br />

Dortmund: modernes lernen<br />

ISBN: 978-3-8080-0642-9<br />

€ 19, 95<br />

Der erste Teil des Buches<br />

befasst sich in aller Kürze<br />

mit Bedingungen und<br />

Erfordernissen von Lernen<br />

in heterogenen Gruppen.<br />

Dabei wird auf das mögliche<br />

Verhalten von Pädagogen<br />

sowie den Einsatz und die<br />

Bedeutung von Regeln und<br />

Ritualen vor dem Hintergrund<br />

verschiedener<br />

Verständnisse von Lernen<br />

und individueller Lernwege<br />

eingegangen. Im Weiteren<br />

wird die Bedeutung von<br />

Differenzierungen für sonder-<br />

pädagogische Klientel für<br />

schulische und außerschulischen<br />

Förderangebote<br />

aufgezeigt und exemplarisch<br />

für verschiedene Formen von<br />

Beeinträchtigungen veranschaulicht.<br />

Im Speziellen wird auf die<br />

Förderschwerpunkte<br />

Sprache, geistige Entwicklung,<br />

körperlich-motorische<br />

Entwicklung sowie emotio-<br />

nale und soziale Entwicklung<br />

eingegangen. Für diesen Teil<br />

konnten weitere Fachautoren<br />

gewonnen werden, die die<br />

spezifischen Förderschwerpunkte<br />

und damit verbunden<br />

die individuellen Förderbedürfnisse<br />

dieser heterogenen<br />

Klientel betrachten. Vor dem<br />

Hintergrund der theoretischen<br />

Ausführungen befinden<br />

sich im zweiten umfangreicheren<br />

Teil des Buches<br />

Fördersequenzen zu bestimmten<br />

Themengebieten.<br />

Hierzu zählen Praxisaufgaben<br />

und -situationen wie<br />

z. B. Kooperation, Vertrauen,<br />

Schulhof, Trampolin. Diese<br />

Sammlung von Ideen be-<br />

inhaltet zahlreiche Differenzierungen,<br />

welche eine<br />

konkrete Anwendung in der<br />

Zusammenarbeit in heterogenen<br />

Gruppen im schulischen<br />

und außerschulischen<br />

Kontext veranschaulichen<br />

und ermöglichen. Die Praxis-<br />

sequenzen verdeutlichen,<br />

wie bestimmte Aufgaben zu<br />

einem speziellen Thema für<br />

verschiedene Klientel<br />

differenziert werden können<br />

und müssen, um Fördersequenzen<br />

in stark heterogenen<br />

Gruppen für alle<br />

Beteiligten ansprechend und<br />

gewinnbringend zu gestalten.<br />

Witting, A./Dörken, Y. (2009)<br />

Bewegte<br />

Konzentrationsförderung<br />

100 neue und bewährte<br />

Übungen und Spiele<br />

Praxisbücher Sport<br />

Wiebelsheim: Limpert<br />

ISBN: 978-3-7853-1773-0<br />

€ 14,95<br />

Kinder mit Konzentrationsproblemen<br />

haben nicht nur<br />

in der Schule große Schwierigkeiten,<br />

dem Unterricht zu<br />

folgen, sondern sind auch in<br />

ihrem Spiel- und Freizeitverhalten<br />

beeinträchtigt. Die<br />

Folgen sind meist Frustration<br />

und mangelndes Selbstbewusstsein.<br />

Das neu ent-<br />

wickelte Konzept der<br />

„Bewegten Konzentrationsförderung“<br />

schafft hier einen<br />

wirkungsvollen präventiven<br />

und therapeutischen Lösungs-<br />

ansatz: Durch den Wechsel<br />

von Bewegung und kognitiven<br />

Leistungen lernen<br />

Kinder, sich spielerisch zu<br />

konzentrieren und ihre<br />

Aufmerksamkeit bewusst zu<br />

steuern. Die Autorinnen<br />

stellen in diesem Buch 100<br />

ihrer in der Praxis erfolgreich<br />

eingesetzten Spiele und<br />

Übungen zur Konzentrationsförderung<br />

vor und differenzieren<br />

dabei nach den ver-<br />

schiedenen Wahrnehmungen<br />

und Verhaltensformen. Das<br />

Buch richtet sich auch an<br />

Lehrer, Erzieher, Therapeuten<br />

und Übungsleiter und ist<br />

zudem allen Eltern zu<br />

empfehlen, deren Kinder<br />

Schwierigkeiten haben, sich<br />

zu konzentrieren.<br />

Schoo, M. (<strong>2010</strong>)<br />

Sport für Menschen<br />

mit motorischen<br />

Beeinträchtigungen<br />

München: Ernst Reinhardt<br />

ISBN: 978-3-497-02128-4<br />

€ 29,90<br />

Sport macht Spaß, fordert<br />

heraus und ermöglicht<br />

Gemeinschaftserlebnisse.<br />

Dies gilt auch für Menschen<br />

mit körperlichen Beeinträchtigungen.<br />

Das Buch zeigt in<br />

Theorie und Praxis auf, wie<br />

Sportangebote für Menschen<br />

mit motorischen Beeinträchtigungen<br />

gestaltet werden<br />

können. Es bietet eine<br />

Vielzahl von praxiserprobten<br />

Anregungen für abwechslungsreiche<br />

Sportstunden in<br />

Schulen, Vereinen und<br />

Werkstätten. Das Spektrum<br />

der dargestellten Sportangebote<br />

umfasst bekannte und<br />

weniger bekannte Sportarten,<br />

wie Leichtathletik,<br />

Schwimmen, therapeutisches<br />

Reiten, Turnen und Tanzen,<br />

aber auch Rafroball,<br />

Zonenhockey, Rollstuhlrugby<br />

und Sport Stacking. Die<br />

theoretische Einführung<br />

behandelt ausführlich die<br />

Bedeutung des Sports für<br />

Menschen mit motorischen<br />

Beeinträchtigungen,<br />

grundlegende methodischdidaktische<br />

Überlegungen<br />

und den Aspekt der Heterogenität.<br />

Belz, M./Frey, G. (<strong>2010</strong>)<br />

Doppelstunde Sport 8<br />

Leichtathletik<br />

Band 1. Klasse 5–7 (10- bis<br />

12-Jährige). Unterrichtseinheiten<br />

und Stundenbeispiele<br />

für Schule und Verein<br />

(inkl. CD-ROM)


Schorndorf: <strong>Hofmann</strong><br />

ISBN: 978-3-7780-0581-1<br />

€ 19,90<br />

Leichtathletik ist eine Kern-<br />

sportart. Jede Schülerin und<br />

jeder Schüler begegnet ihr<br />

mehrfach im Laufe des<br />

Schullebens. Die erzielten<br />

Ergebnisse sind transparent<br />

und die gesetzten Ziele meist<br />

nur schwer zu erreichen. In<br />

der Regel bedarf es nicht<br />

unerheblicher koordinativer<br />

und physischer Voraussetzungen.<br />

Zu dieser Leichtathletik<br />

stehen wir. Sie ist<br />

heute pädagogisch genauso<br />

begründbar wie zu Zeiten<br />

der Bildungstheorie: Wich-<br />

tige Elemente sind Anstrengung<br />

und Leistung. Warum<br />

sollten ausgerechnet sie im<br />

Sport keine Rolle mehr<br />

spielen? Doch warum<br />

müssen Schülerinnen und<br />

Schüler, wenn sie zum ersten<br />

Mal mit Laufen, Springen<br />

und Werfen konfrontiert<br />

werden, sofort dieser<br />

„klassischen“ Leichtathletik<br />

begegnen? Das schreckt<br />

vielfach ab, insbesondere<br />

wenn sie nur zur Notenfindung<br />

und ohne jede Vorbereitung<br />

benutzt wird. Leicht-<br />

athletik macht dann Spaß,<br />

wenn durch die richtigen<br />

Inhalte das Neugierdeverhalten<br />

geweckt, durch instrumentelle<br />

Unterstützung beim<br />

Springen „Körperfeeling“<br />

oder durch die richtigen<br />

Wurfgeräte „Freude am<br />

Effekt“ vermittelt wird.<br />

Leichtathletik wird zum<br />

Erlebnis, wenn Spielformen<br />

und das Team eine entscheidende<br />

Rolle spielen und<br />

durch altersgemäß vereinfachte<br />

methodische Reihen<br />

das Lernen zum Erfolg wird.<br />

Das Buch enthält zu den<br />

Bereichen Laufen, Springen<br />

und Werfen jeweils sechs<br />

durchaus sportorientierte<br />

und zugleich entwicklungsgemäße<br />

Unterrichtseinheiten<br />

für die Klassen 5 bis 7.<br />

Haag, H. (2009)<br />

Doppelstunde Sport 7<br />

Alpiner Skilauf<br />

Unterrichtseinheiten und<br />

Stundenbeispiele für Schule<br />

und Verein (inkl. CD-Rom)<br />

Schorndorf: <strong>Hofmann</strong><br />

ISBN: 978-3-7780-0571-2<br />

€ 19,90<br />

Das Buch bietet im Teil I<br />

(„Skilauf unterrichten“) in<br />

sechs Abschnitten eine<br />

Einleitung in das Thema<br />

„Alpiner Skilauf“: Sportart/<br />

Bewegungskompetenzen und<br />

motorisches Anforderungsprofil/Vario-Technik<br />

und<br />

Vario-Methodik/Lehr-und<br />

Lerntheorie/Äußere Bedingungen/Aufbau<br />

des Buches<br />

„Doppelstunde“. Teil II ent-<br />

hält in sechs Doppelstunden<br />

„Einführung und Grundlagen<br />

des Alpines Skilaufs“. Unter-<br />

richtselemente sind hier<br />

Einführung in die Skiausrüstung<br />

und Gehen & Laufen in<br />

der Ebene/Aufsteigen und<br />

Geradeaus-Abfahren/<br />

Liftfahren und Schrägabfahren/Bogenfahren/Beidbeinskifahren/Einbeinskifahren.<br />

In Teil III werden „Impulse<br />

für Richtungsänderungen im<br />

Alpinen Skilauf“ in sechs<br />

Doppelstunden behandelt.<br />

Diese Impulse stellen<br />

Schwungprinzipien dar. Sie<br />

konkretisieren sich in den<br />

folgenden sechs Aspekten,<br />

d. h. als drei jeweils gegensätzliche<br />

Formen-Paare.<br />

Dies sind: Hochentlasten-<br />

Tiefentlasten, Rotieren-<br />

Gegendrehen, Umsteigen-<br />

Carven. Damit erfolgt eine<br />

Analyse und Darstellung des<br />

Alpinen Skilaufs in seiner<br />

ganzen Bandbreite von<br />

technischen Möglichkeiten.<br />

Teil IV enthält sechs Doppelstunden,<br />

die sich auf<br />

„Ganzheitliche Konzepte für<br />

das Erlernen des Alpinen<br />

Skilaufs beziehen“. Ganzheitlich<br />

heißt, dass Zweier- und<br />

Dreierwechsel mit Bezug zu<br />

Aufgabenstellungen gefahren<br />

werden und dass das<br />

Einbeziehen von Musik,<br />

Spielen/Wettkämpfen und<br />

Skirennlauf Teil des Skiunterrichts<br />

ist. Das Buch<br />

enthält zudem reichlich<br />

Bildmaterial, Bewegungsbeispiele<br />

zu den Doppelstunden<br />

auf einer beigefügten CD<br />

sowie einen ausführlichen<br />

Anhang zur Orientierung für<br />

den Skilehrer.<br />

Jungmann, T./Reichenbach,<br />

Chr. (2009)<br />

Bindungstheorie und<br />

pädagogisches Handeln<br />

Ein Praxisleitfaden<br />

Dortmund: borgmann<br />

39


40<br />

Buchbesprechungen /Neuerscheinungen<br />

ISBN: 978-3-938187-56-2<br />

€ 19,95<br />

Pädagogischen Fachkräften<br />

ist die Bedeutung von<br />

Bindung und Beziehung in<br />

Förderkontexten hinreichend<br />

bekannt: Beziehungsgestaltung<br />

ist der Schlüssel zum<br />

Fördererfolg! Eine wesentliche<br />

Grundlage der Auseinandersetzung<br />

mit<br />

beziehungsorientierter<br />

Förderung ist die Bindungstheorie.<br />

Übertragen auf<br />

pädagogische Kontexte kann<br />

die Beziehung zur pädagogischen<br />

Fachkraft als<br />

wichtiger Schutzfaktor und<br />

Ressource betrachtet werden.<br />

Dieses Buch legt dar, welche<br />

Bedeutung gelungene im<br />

Vergleich zu misslungener<br />

Beziehungserfahrungen für<br />

die kindliche Entwicklung in<br />

verschiedenen Förderkontexten,<br />

wie den Frühen Hilfen,<br />

der Frühförderung, der<br />

Tagesbetreuung in Krippen<br />

und Kindergärten sowie der<br />

Schule hat. Dies wird anhand<br />

von Fallbeispielen verdeutlicht.<br />

Ideen für die Beziehungsgestaltung<br />

in pädagogischen<br />

Kontexten werden<br />

abgeleitet und Anregungen<br />

für die Reflexion der eigenen<br />

Beziehungsgestaltung zum<br />

Kind in der pädagogischen<br />

Arbeit gegeben.<br />

Kraus, U. (2009)<br />

Spiel-„Turnen“<br />

Psychomotorische Bewegungsstunden<br />

für Kindergarten,<br />

Schule, integrative<br />

Kleingruppen<br />

Dortmund: modernes lernen<br />

ISBN: 978-3-8080-0652-8<br />

€ 15,80<br />

Dieses Praxisbuch bietet<br />

für ein ganzes Jahr Themen<br />

zur Bewegungsförderung.<br />

Der Begriff „Spiel-Turnen“<br />

entstand auf der Suche nach<br />

einem kindgerechten Namen<br />

für „psychomotorische<br />

Übungsstunden“, vor denen<br />

nach Erfahrung der Autorin<br />

Eltern wie Kinder eine<br />

gewisse Scheu zeigen und<br />

meinten: „Das hört sich so<br />

krank an!“ Nach einer kurzen<br />

Einführung in die Unterschiede<br />

zum „normalen“<br />

Sportunterricht und die Ziele<br />

der Psychomotorik, finden<br />

sowohl Erzieher und Lehrer<br />

für Krabbelgruppen, Kindergarten,<br />

Hort und Grundschulklassen,<br />

als auch<br />

Übungsleiter in Sportvereinen<br />

knapp 100 Stundenvorschläge<br />

für phantasievolle<br />

Bewegungsstunden, die alle<br />

Sinne ansprechen. Die<br />

Angebote sind klar strukturiert,<br />

mit Material-Angaben<br />

und Vorschlägen zum Raum-<br />

bzw. Hallenaufbau. Bei den<br />

verwendeten Materialien<br />

handelt es sich fast ausschließlich<br />

um kostengünstiges<br />

Alltagsmaterial. Die<br />

Gliederung nach Jahreszeiten<br />

entspricht den Förder-<br />

und Lehrplänen in Kindergarten<br />

und Schule und<br />

erleichtert die Suche. Das<br />

Buch ist eine kleine erprobte<br />

„Ideen-Kiste“ für den psycho-<br />

motorischen Alltag in<br />

kleinen und großen Räumen,<br />

für große und kleine<br />

Gruppen oder auch einzelne<br />

Kinder.<br />

Neuber, N. (2009)<br />

Supermann kann<br />

Seilchen springen<br />

Bewegung, Spiel und<br />

Sport mit Jungen<br />

Dortmund: borgmann<br />

ISBN: 978-3-938187-51-7<br />

€ 21,95<br />

Jungen sind die neuen<br />

Problemkinder: Sie sind<br />

unkonzentrierter und lauter,<br />

stören häufiger, fordern<br />

mehr Aufmerksamkeit, sind<br />

unkooperativer und aggres-<br />

siver als Mädchen. In<br />

Kindergarten und Schule<br />

verlangen sie mehr Zeit und<br />

Raum, sind oft aber auch<br />

schneller abgelenkt und<br />

schreiben schlechtere Noten.<br />

Nach Jahren der Mädchenförderung<br />

rücken die Jungen<br />

in den Fokus der Aufmerksamkeit.<br />

Aber sind Jungen<br />

wirklich so auffällig, wie es<br />

auf den ersten Blick scheint?<br />

Wie können wir ihre<br />

Entwicklung fördern? Und<br />

welche Rolle spielen<br />

Bewegung, Spiel und Sport<br />

dabei? Das Buch beschreibt<br />

die Bedingungen des<br />

Aufwachsens von Jungen aus<br />

einer jungenparteilichen<br />

Perspektive. Darauf aufbauend<br />

werden Ansätze der<br />

Entwicklungsförderung von<br />

Jungen vorgestellt. Im<br />

Mittelpunkt steht das so<br />

genannte „Variablenmodell“,<br />

das sowohl aktive, leistungsbezogene,<br />

als auch passive,<br />

reflexive Aspekte integriert.<br />

Es setzt weniger bei den<br />

Defiziten und Problemen von<br />

Jungen an, sondern greift<br />

ihre Wünsche und Bedürfnisse<br />

auf – sowohl nach<br />

wilden Balgereien und<br />

,richtigem‘ Sport als auch<br />

nach sozialen Kontakten und<br />

Entspannung. Im Hauptteil<br />

des Buchs werden vielfältige<br />

Bewegungs- und Spielformen<br />

zur Jungenförderung<br />

durch Bewegung, Spiel und<br />

Sport vorgestellt. Die<br />

Praxisbeispiele eignen sich<br />

für vier- bis zwölfjährige<br />

Jungen in Kindergärten,<br />

Schulen, Jugendhilfeeinrichtungen<br />

und Vereinen. Sie<br />

orientieren sich an verschiedenen<br />

jungenspezifischen<br />

Handlungsfeldern für die<br />

Altersgruppen von 4 bis 12<br />

Jahren. Melanie Behrens


Zeitschriftenspiegel<br />

Die hier aufgeführten<br />

Artikel stellen einen<br />

zusammenfassenden<br />

Überblick aus diversen<br />

Zeitschriften dar, die für<br />

das Fachgebiet Psychomotorik/Motologie<br />

von<br />

Bedeutung sind. Folgende<br />

Zeitschriften sehen wir für<br />

unsere Leser regelmäßig<br />

durch:<br />

• „Behinderte“: Reha-<br />

Druck, Graz<br />

• „Ergotherapie & Reha-<br />

bilitation“: Schulz-<br />

Kirchner, Idstein<br />

• „Geistige Behinderung“:<br />

Lebenshilfe-<strong>Verlag</strong>,<br />

Marburg<br />

Praxis der<br />

Psychomotorik<br />

Jahrgang 2008<br />

Heimberg, D.: Graphomotorik<br />

aus psychomotorischer<br />

Sicht. 2: 68–73.<br />

Rösner, M.: Sportinsel:<br />

Gründung eines Bewegungszentrums<br />

für<br />

Kinder und Jugendliche –<br />

ein Erfahrungsbericht.<br />

2: 74–77.<br />

Schmidt, D.: ganzheitliches<br />

Gehirntraining (GGT) für<br />

Senioren. Theoretische<br />

Überlegungen und prakti-<br />

sche Beispiele. 2: 78–84.<br />

Szugfil, A.: Spannungsregulation<br />

durch Konzentrative<br />

Bewegungstherapie.<br />

2: 85–88.<br />

• „Grundschule“: Westermann,<br />

Braunschweig<br />

• „Haltung und Bewegung“:<br />

BAG, Wiesbaden<br />

• „Heilpädagogik“:<br />

Heilpädagogische<br />

Gesellschaft Österreich,<br />

Siegenfeld<br />

• „Hörgeschädigten<br />

Pädagogik“: Median-<br />

<strong>Verlag</strong>, Heidelberg<br />

• „Kindergarten heute“:<br />

Herder, München<br />

• „Kindheit und Entwicklung“:<br />

Hogrefe <strong>Verlag</strong>,<br />

Göttingen<br />

• „Kinder- und Jugendarzt“:<br />

Hanseatisches <strong>Verlag</strong>skontor<br />

Lübeck<br />

Tschurtschenthaler, B.: Kör-<br />

perbild und Körperschema<br />

– Eine Pilotstudie im<br />

Kindergarten. 2: 89–94.<br />

Sowa, M.: Und sie bewegt<br />

sich doch! Schule für<br />

Menschen mit geistiger<br />

Behinderung als Bewegungsschule.<br />

2: 95–102.<br />

Aucouturier, B.: Die Persönlichkeit<br />

des Therapeuten<br />

und die „Strategie des<br />

Umwegs“. 2: 103–105.<br />

Ellmer, B.: Yoga für Kinder.<br />

2: 106–108.<br />

Bundschuh, C.-M.: Gemeinsam<br />

mit Kindern experi-<br />

mentieren und forschen.<br />

4: 192–196.<br />

Pröger, C.: Lernen an der Uni-<br />

versität mit Kopf, Herz<br />

und Hand. Ein Erfahrungsbericht.<br />

4: 197–202.<br />

Jessel, H.: Gewalt bewegt –<br />

Wege aus der Gewalt.<br />

Zur Bedeutung psychomotorischerÜberlegungen<br />

für die Gewaltprävention.<br />

4: 203–208.<br />

Aucouturier, B.: Therapie und<br />

Heilung. 4: 209–210.<br />

Majewski, A.: PsychomotorischeFörderarrangements<br />

in abenteuerlichen<br />

Szenarien. 4: 211–216.<br />

• „Krankengymnastik“:<br />

Pflaum, München<br />

• „Mit Sprache“: Holzhausen<br />

Druck & Medien<br />

GmbH, Wien<br />

• „Päd Forum“: Schneider,<br />

Hohengehren<br />

• „Prävention“: Deutscher<br />

Bundes-<strong>Verlag</strong> Bonn<br />

• „Praxis Ergotherapie“: Mo-<br />

dernes Lernen, Dortmund<br />

• „Praxis der Psychomotorik/Motopädie“:<br />

modernes<br />

Lernen, Dortmund<br />

• „Schweizerische Zeitschrift<br />

für Heilpädagogik“:<br />

Ediprim AG, Biel<br />

• „sportunterricht“:<br />

<strong>Hofmann</strong>, Schorndorf<br />

Krombholz, H./ Scholz, U./<br />

Jung, E.: Waldkindergarten.<br />

Ein natürliches<br />

Bewegungsangebot.<br />

4: 217–219.<br />

Späker, T.: Begegnung – Das<br />

Herz der Psychomotorik<br />

im Altenpflegeheim. Ein<br />

theoriebezogener Erfah-<br />

rungsbericht. 4: 220–226.<br />

Tille, H./ G.: Sport ab 80:<br />

Training von Geschichtlichkeit<br />

und Gedächtnis<br />

durch Gruppenspiele.<br />

4: 227–230.<br />

Jahrgang 2009<br />

Breithecker, D.: Kinder in der<br />

Balance. Fordern und<br />

fördern in „wackeligen“<br />

Situationen. 1: 4–8.<br />

Amft, S./ Braun, W. G./Kohle,<br />

J./Schneider, K.: Sprechen<br />

als Hochseilakt. Bericht<br />

über ein Kooperationsprojekt<br />

von Psychomotorik<br />

und Logopädie.<br />

1: 10–16.<br />

Tönshoff, U./ Winkelmann, E.:<br />

Eltern-Kind-Gruppe für<br />

Vorschulkinder mit<br />

Entwicklungsrisiken.<br />

1: 17–21.<br />

Schnurnberger, M./Wrobel,<br />

J.: Stockkampfkunst als<br />

• „Sportwissenschaft“:<br />

Springer, Heidelberg<br />

• „Unsere Jugend“:<br />

Reinhardt, München<br />

• „Welt des Kindes“:<br />

Kösel, München<br />

• „Zeitschrift für<br />

Erlebnispädagogik“:<br />

Neubauer, Lüneburg<br />

• „Zeitschrift für<br />

Heilpädagogik“:<br />

Reinhardt, München<br />

• „Zusammen“:<br />

Friedrich, Velber<br />

Zuständige Redakteure: Melanie Behrens, Klaus Fischer<br />

Medium der Kommunikation.<br />

Ein Projekt zur Ge-<br />

sundheitsförderung von<br />

Lehrer/innen am Sophie-<br />

Scholl-Berufskolleg in<br />

Duisburg. 1: 22–27.<br />

Seewald, J.: Wann ist ein<br />

Ansatz ein Ansatz? Über<br />

Kriterien für psychomotorische<br />

Ansätze. 1: 31–34.<br />

Hesse, L.: Spielen löst und<br />

bewegt. Spieltherapie in<br />

der Motopädie. 1: 35–39.<br />

Proßowsky, P.: Yoga in der<br />

schule. 1: 40–44.<br />

Böcker, N.: Psychomotorische<br />

Spielangebote auf kleinem<br />

Raum. 2: 64–68.<br />

Schneising, S.: Große Bau-<br />

werke sind keine fertigen<br />

Bewegungslandschaften.<br />

2: 69–74.<br />

Offergeld-Schnapka, A./<br />

Listmann-Weber, B.:<br />

TEACCH – ein wichtiger<br />

Baustein der speziellen<br />

Autismustherapie. The-<br />

orie und Praxis. 2: 76–81.<br />

Bergmann, T.: Rudern mit<br />

ADHS-Kindern. 2: 84–89.<br />

Vom Bruch, H.: Ausdauer,<br />

Körperbehinderung und<br />

Motivation. Reflexion<br />

und Erfahrungsbericht.<br />

2: 91–92.<br />

41


42<br />

Zeitschriftenspiegel<br />

Jessel, H.: Vom Defizit zum<br />

„Profizit“. Anstöße zur<br />

Ressourcenorientierung<br />

in der psychomotorischen<br />

Diagnostik. 2: 93–98.<br />

Kindergarten heute<br />

Jahrgang 2009<br />

Greine, R.: Spürbar miteinander<br />

in Kontakt kommen.<br />

Spiele zur Entwicklung<br />

von Körperbewusstsein.<br />

1: 18–20.<br />

Muthesius-Schön, M.: „Wenn<br />

wir Räder nehmen, krie-<br />

gen wir’s hin“. Kinder<br />

bringen Unbewegliches<br />

in Bewegung. 1: 36–39.<br />

Henning, M./ Hilmer, U.: Die<br />

„Ball-nach-oben-bring“-<br />

Vorrichtung. Kinder<br />

bauen einen Flaschenzug.<br />

2: 30–33.<br />

Streit, C./ Royar, T.: Setzen<br />

Sie doch mal die „mathe-<br />

matische Brille“ auf!<br />

Mathematik in Alltagssituationen<br />

erkennen und<br />

für die pädagogische<br />

Arbeit nutzen. 3: 8–15.<br />

Zeugner, M.: Zu was große<br />

Mengen alles anregen.<br />

Kinder erschließen sich<br />

Mathematik auf ungewöhnliche<br />

Weise.<br />

3: 16–20.<br />

Nadansky, M.: Falten, rollen,<br />

knüllen. Bauen und kons-<br />

truieren mit Zeitungspapier.<br />

3: 31–34.<br />

Von Gosen, A./ Wettich, N.:<br />

Jedes Kind hat sein<br />

eigenes Zeitmaß.<br />

Zur Kleinkindpädagogik<br />

Emmi Piklers. 5: 8–14.<br />

Stanko, R.: Welche Farben<br />

gibt es an mir? Kinder<br />

nähern sich spielerisch<br />

abstrakter Kunst.<br />

5: 16–17.<br />

Reihe: „Gesundheit!“<br />

Bründel, H.: Voraussetzungen<br />

für Entwicklung, Bildung<br />

und Wohlbefinden.<br />

(1.Teil). 1: 8–15.<br />

Bründel, H.: So kann die KiTa<br />

Gesundheit fördern.<br />

(2.Teil). 2: 8–15.<br />

Reihe: „Schreibwerkstatt“<br />

Müller, S.: Keine Angst vor<br />

dem Leeren Blatt.<br />

Pädagogische Fachkräfte<br />

brauchen verschiedene<br />

Textsorten für verschiedene<br />

Adressaten.<br />

(1. Teil). 1: 24–27.<br />

Müller, S.: Keine Angst vor<br />

dem leeren Blatt.<br />

Beobachtungen kreativ<br />

festhalten. (2. Teil).<br />

2: 24–29.<br />

Müller, S.: Keine Angst vor<br />

dem leeren Blatt.<br />

Schreiben für Eltern.<br />

(3.Teil). 3: 37–39.<br />

Müller, S. / Goers, B.: Keine<br />

Angst vor dem leeren<br />

Blatt. Schreiben für die<br />

Öffentlichkeit. (4. Teil).<br />

5: 31–34.<br />

Reihe: „Kinder unter drei –<br />

Entwicklung verstehen“<br />

Haug-Schnabel, G./ Bensel, J.:<br />

„Ich will auch mit in den<br />

Wald!“ Diesmal im Blick:<br />

Natur und Umwelt.<br />

1: 40–42.<br />

„Beim Wickeln hast du Zeit<br />

nur für mich!“ Diesmal<br />

im Blick: Pflegezeit<br />

ist Beziehungszeit.<br />

2: 42–44.<br />

„Ich gehe schon allein zur<br />

Toilette!“ Diesmal im<br />

Blick: Am Kind orientierteSauberkeitserziehung.<br />

3: 42–44.<br />

„Alle Antennen auf Empfang,<br />

alle Sinne hellwach“.<br />

Diesmal im Blick:<br />

Mit allen Sinnen lernen.<br />

4: 41–43.<br />

„Dann krieg ich eine große<br />

Wut!“ Diesmal im Blick:<br />

Konflikte zwischen<br />

Kindern unter drei.<br />

5: 40–42.<br />

Reihe: „Kinder unter drei –<br />

Entwicklung fördern“<br />

Cantzler, A.:<br />

Die sozial-emotionale<br />

Entwicklung fördern.<br />

Diesmal im Blick: Die<br />

Beziehung zum Kind.<br />

1: 43–46.<br />

Die motorische Entwicklung<br />

fördern. Diesmal im<br />

Blick: Bewegungsimpulse<br />

für das Kind im 1. Lebens-<br />

jahr. 2: 45–48.<br />

Die motorische Entwicklung<br />

fördern. Diesmal im<br />

Blick: Bewegungsangebote<br />

für das Kind im<br />

2. und 3. Lebensjahr.<br />

3: 45–48.<br />

Die feinmotorische Entwicklung<br />

fördern. Diesmal<br />

im Blick: Anregungen für<br />

Finger und Hände.<br />

4: 44–47.<br />

Die Sinne des Kindes unter-<br />

stützen. Diesmal im Blick:<br />

Sinneswahrnehmung und<br />

Sinnesschulung. 5: 43–46.<br />

Reihe: „Bildungsarbeit konkret“<br />

Klages, M.: Täuschen und<br />

tarnen. Faszination<br />

Dschungel – wie Kinder<br />

das Thema durchdringen.<br />

4: 24–28.<br />

Welt des Kindes<br />

Jahrgang 2008<br />

Güntner, D.: Viel mehr als nur<br />

ein Symbol … 5: 9–11.<br />

Ansari, S.: Kitas als Experimentierstuben?<br />

5: 13–18.<br />

Wertfein, M.: Bindung und<br />

Exploration von Anfang<br />

an. 6: 2008.<br />

Otto, J.: Frühkindliche Bil-<br />

dung – der Länderreport.<br />

6: 46–47.<br />

Reihe: „Kinderwelt“<br />

Treiber, I.: „Jedes Lernen ist<br />

gut“. 5: 29–31.<br />

Schuch, K.: Farben des<br />

Lebens – neben der<br />

Müllhalde. 6: 29–31.<br />

Beilage:<br />

Manzke, G.: Computer im<br />

Kindergarten. 5/2008<br />

Nickel, R. M.: das Kinderatelier.<br />

Kleine Künstler auf<br />

den Spuren großer Maler.<br />

6/2008<br />

Themenschwerpunkthefte:<br />

„Ein Naturelement in der<br />

Kita. Aus der Luft<br />

Gegriffen“, 5/2008.<br />

„Krippenspiele. Die Knirpse<br />

kommen!“, 6/2008.<br />

Jahrgang 2009<br />

Ploeger, A.: Entdeckungsreise<br />

für die Sinne. 1: 8–11.<br />

Ilhan-Herkert, S.: Vielfalt er-<br />

lebbar machen. 2: 8–11.<br />

Kieferle, C.: Was heißt<br />

Literacy in der frühen<br />

Kindheit? 3: 9–11.<br />

Reihe: „Kinderwelt“<br />

Messmer, L.: Unvergessliche<br />

Begegnungen! 1: 29–31.<br />

Wiedemann, H.: Montessori<br />

in Mittelamerika. 2: 29–31.<br />

Treiber, I.: An den Bedürfnissen<br />

des Kindes orientiert.<br />

3: 29–31.<br />

Beilage:<br />

Quaas, B.: Haste Töne? Singen<br />

mit Kindern. 1/2009<br />

Von Mirbach, K.: Zen und die<br />

Kunst, einen Irrgarten zu<br />

bauen. 2/2009<br />

Netta, B.: „Architek-Touren“<br />

mit Kindern. 3/2009


Summaries Ernst-Kiphard-Berufskolleg<br />

Christina Reichenbach<br />

The importance of ethical<br />

aspects of diagnostic<br />

measures for the special<br />

psychomotor discourse<br />

Diagnostic measures, which<br />

are becoming more and<br />

more important for practice,<br />

research and training, are<br />

mostly associated with<br />

knowing and carrying out<br />

special methods and<br />

procedures. Ethical questions<br />

are normally not dealt with.<br />

This article wants to draw<br />

the attention to ethical<br />

questions and problems as<br />

related to diagnostics.<br />

Furthermore, it wants to<br />

stimulate the discussion of<br />

contents, goals, qualifications<br />

and guidelines.<br />

Katrin Walter, Maike Grotz,<br />

Kristina Holl, Ilka Seidel &<br />

Klaus Bös<br />

Springboard – a pilot study<br />

of the multimodal ambulant<br />

influence on the lifestyle<br />

factors of obese children<br />

Experts assume that on a<br />

world wide scale there are<br />

currently 1,300 millions of<br />

overweight or obese people.<br />

In Germany, even half of<br />

the adult population is<br />

overweight and every fifth<br />

person is obese. There is also<br />

an increasing number of<br />

children and youths who<br />

are affected by the already<br />

epidemiological proportions<br />

of overweight or obesity.<br />

According to the KIGGS<br />

study, 15% of the children<br />

and youths at the age of<br />

4–17 years are overweight,<br />

and 6% of these are obese.<br />

As the causes of overweight<br />

are of a multifactorial<br />

character the appropriate<br />

intervention programmes are<br />

also very comprehensive.<br />

Sabine C. Koch<br />

Development diagnostics<br />

using the Kestenberg<br />

Movement Profile (KMP)<br />

A good and differentiated<br />

diagnostics should be a<br />

firmly established part of a<br />

good psychomotor therapy.<br />

Apart from the measurement<br />

of quantitative variables,<br />

the focus should be on<br />

qualitative aspects of<br />

movement. A comprehensive<br />

instrument for psychomotor<br />

development diagnostics,<br />

which includes both aspects,<br />

is the Kestenberg Movement<br />

Profile (KMP). This profile<br />

has delivered good performance<br />

in the diagnostics and<br />

intervention planning within<br />

dance and movement<br />

therapy. In this article, the<br />

Kestenberg Movement<br />

Profile is presented, the<br />

development diagnostics of<br />

a normally developed child is<br />

described as an example, and<br />

clinical relations are<br />

established.<br />

Holger Jessel<br />

For the purpose of man –<br />

resource orientation in<br />

psychomotor diagnostics<br />

In this article, it is discussed<br />

Berufliche Weiterbildung in Vollzeit<br />

(1-jährig) und Teilzeit (2-jährig)<br />

Staatlich anerkannte Motopädin<br />

Staatlich anerkannter Motopäde<br />

Beginn: August <strong>2010</strong><br />

Voraussetzungen:<br />

Fachschulausbildung des Sozialoder<br />

Gesundheitswesens bzw. in<br />

Sport- und Gymnastik<br />

+ 1 Jahr Berufspraxis<br />

sportliche Qualifikation<br />

Ernst-Kiphard-Berufskolleg<br />

Fachschule für Motopädie<br />

Victor-Toyka-Str. 6<br />

44139 Dortmund<br />

Fon: 0231-103870 Fax: 0231-103903<br />

E-Mail: info@motopaedieschule.de<br />

www.motopaedieschule.de<br />

whether a resource-oriented<br />

diagnostics must be understood<br />

as an alternative<br />

concept or as an addition to<br />

deficit-oriented point of<br />

views. Arguments are listed<br />

that militate in favour of a<br />

resource-oriented attitude as<br />

the basis of every kind of<br />

diagnostics and support and<br />

that describe the consequences<br />

for psychomotor<br />

diagnostics and the training<br />

of psychomotor experts.<br />

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Gesamtverzeichnis <strong>2010</strong>!<br />

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43


44<br />

Summaries / Résumés<br />

Résumés<br />

Christina Reichenbach<br />

L’importance d’aspects<br />

éthiques dans l’action<br />

diagnostique pour le<br />

discours professionnel<br />

psychomoteur<br />

Le diagnostic jouit, dans le<br />

cadre de la pratique, de la<br />

recherche et de la formation,<br />

de façon continue d’une<br />

grande importance. L’action<br />

diagnostique se rapporte le<br />

plus souvent à la connaissance<br />

et l’application de<br />

méthodes et de procédures<br />

spéciales. Des questions<br />

éthiques ne se posent<br />

généralement pas et ne sont<br />

pas discutées. La contribution<br />

ci-jointe voudrait rendre<br />

attentif à des questions<br />

éthiques et à des problèmes<br />

concernant le diagnostic et<br />

inciter entre autres à la<br />

discussion concernant les<br />

contenus, les objectifs, les<br />

qualifications et les guidelines.<br />

Katrin Walter, Maike Grotz,<br />

Kristina Holl, Ilka Seidel &<br />

Klaus Bös<br />

Tremplin – une étude pilote<br />

sur l’influence multimodale<br />

ambulatoire concernant les<br />

facteurs de style de vie<br />

auprès d’enfants adipeux<br />

De façon universelle les<br />

experts parlent actuellement<br />

de 1,3 milliards d’hommes<br />

obèses ou adipeux. En<br />

Allemagne, la moitié de la<br />

population adulte est déjà<br />

obèse et chaque cinquième<br />

citoyen adipeux. Egalement<br />

de plus en plus d’enfants et<br />

d’adolescents sont touchés<br />

par les dimensions déjà<br />

épidémiologiques d’obésité<br />

et d’adiposité. Suivant l’étude<br />

KIGGS 15% des enfants et<br />

adolescents à l’âge de 4–17<br />

ans sont obèses, de cette<br />

population 6% sont adipeux.<br />

Autant les causes de déve-<br />

loppement d’obésité sont<br />

multifactorielles, autant<br />

complets sont aussi les pro-<br />

grammes d’intervention.<br />

La contribution décrit un<br />

concept efficace pour la<br />

thérapie à long terme et la<br />

prévention d’obésité, qui<br />

complète les mesures<br />

d’intervention traditionnelles<br />

concernant les modules de<br />

surveillance des devoirs à<br />

domicile, de la formation des<br />

parents ainsi que de la<br />

documentation et analyse<br />

assistée par ordinateur.<br />

Sabine C. Koch<br />

Diagnostic de développement<br />

à l’aide du Kestenberg<br />

Movement Profile (KMP)<br />

Un bon diagnostic nuancé<br />

fait partie d’une bonne<br />

psychomotricité. A côté de la<br />

saisie de variables quantitatives<br />

les aspects qualitatifs<br />

du mouvement sont d’une<br />

importance centrale. Un<br />

vaste instrument pour le<br />

diagnostic de développement<br />

psychomoteur, qui englobe<br />

les deux aspects, est le<br />

Kestenberg Movement<br />

Profile (KMP). Celui-ci a fait<br />

réellement ses preuves, dans<br />

le cadre de la thérapie de<br />

danse et de mouvement,<br />

dans le diagnostic et la<br />

planification d’intervention.<br />

Cet article présente le<br />

Kestenberg Movement<br />

Profile, décrit de façon<br />

exemplaire le diagnostic de<br />

développement d’un enfant<br />

normal et établit des<br />

relations cliniques.<br />

Holger Jessel<br />

Orientation humaine –<br />

orientation vers les<br />

ressources dans le<br />

diagnostic psychomoteur<br />

La discussion dans la<br />

contribution porte sur la<br />

question si le diagnostic<br />

orienté vers les ressources<br />

peut être compris en tant<br />

que contre-projet ou en tant<br />

que complément des façons<br />

de voir orientées vers le<br />

déficit. Des arguments en<br />

faveur d’une position<br />

orientée vers les ressources<br />

en tant que fondement de<br />

chaque diagnostic et<br />

développement sont exposés<br />

et les conséquences pour le<br />

diagnostic psychomoteur et<br />

la formation des psychomotriciens<br />

décrites.<br />

Susanne Pape-Kramer / Dr. Ulrike Köhle<br />

Doppelstunde Bewegungsgestaltungen<br />

Unterrichtseinheiten und Stundenbeispiele für Schule und Verein<br />

Im vorliegenden Buch wird ein Vermittlungsweg aufgezeigt, der allen Sportlehrkräften die Möglichkeit<br />

bieten soll, Schüler in diesem Bereich ohne großen Aufwand anzuleiten. Während in der<br />

Unterstufe die spielerische Vermittlung von Fortbewegungsgrundformen im Vordergrund stehen,<br />

werden in der Mittel- und Oberstufe konkrete sportartspezifische Elemente erlernt. Die Übungseinheiten<br />

sind jeweils auf einen Zeitraum von ca. 80 Minuten zugeschnitten. Das Buch ist für alle<br />

Personen interessant, die 10- bis 19-Jährige unterrichten. Jedem Buch liegt eine CD-ROM bei auf der<br />

Techniken und Übungen in Videoclips dargestellt werden.<br />

15 x 24 cm, 144 Seiten + CD-ROM, ISBN 978-3-7780-0541-5, Bestell-Nr. 0541 � 19.90<br />

Inhaltsverzeichnis und Musterseiten unter www.sportfachbuch.de/0541<br />

Versandkosten � 2.–; ab einem Bestellwert von � 20.– liefern wir innerhalb von Deutschland versandkostenfrei.<br />

Steinwasenstraße 6–8 • 73614 Schorndorf • Telefon (0 71 81) 402-125 • Fax (0 71 81) 402-111<br />

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