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Ins Ungewisse

Geschichte der Heimatvertriebenen und Geflohenen des zweiten Weltkrieges, die nach Stuppach, Lillstadt und Lustbronn kamen.

Geschichte der Heimatvertriebenen und Geflohenen des zweiten Weltkrieges, die nach Stuppach, Lillstadt und Lustbronn kamen.

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Erwin Kreissl<br />

INS UNGEWISSE<br />

Geschichte der Heimatvertriebenen und Geflohenen<br />

des zweiten Weltkrieges, die nach Stuppach,<br />

Lillstadt und Lustbronn kamen.


Erwin Kreissl<br />

INS UNGEWISSE<br />

Geschichte der Heimatvertriebenen und Geflohenen<br />

des zweiten Weltkrieges, die nach Stuppach, Lillstadt<br />

und Lustbronn kamen.<br />

Gewidmet allen Vertriebenen und Geflüchteten, vor allem denen der<br />

sog. „Erlebnisgeneration“, wie unseren verstorbenen Eltern, Großeltern,<br />

Geschwistern, Freunden und Bekannten und allen, die auf der Flucht und<br />

während der Vertreibung ihr Leben lassen mussten.


1. Auflage (2017), 300 Exemplare<br />

Copyright © der Originalausgabe 2017.<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Zusammengestellt und herausgegeben von:<br />

Erwin Kreissl, Alemannenweg 69, 97980 Bad Mergentheim<br />

Tel. (07931) 3904, Email: erwin@kreissl.net<br />

Umschlagbilder: istockphoto.com<br />

Umschlaggestaltung: Markus Kreissl<br />

Satz: Markus Kreissl<br />

Druck, Herstellung und Bindung: Flyeralarm GmbH, 97080 Würzburg<br />

Printed in Germany<br />

Ohne schriftliche Gehnemigung des Herausgebers ist es nicht gestattet,<br />

dieses Werk weiterzuverarbeiten und zu verbreiten. <strong>Ins</strong>besonders<br />

vorbehalten sind die Rechte der Vervielfältigung, der Speicherung in<br />

Datenverarbeitungsanlagen, der Übersetzung und der literarisch<br />

anderweitigen Bearbeitung.


Danksagung<br />

Ohne die große Unterstützung von außen wäre die Erstellung dieses<br />

Werks nicht möglich gewesen. Ich danke allen, die zu dieser Zusammenstellung<br />

mit ihren Schilderungen, Aufzeichnungen und Fotos aktiv beigetragen<br />

haben. Ebenso danke ich Stadtarchivarin Frau Christine Schmidt<br />

von der Stadt Bad Mergentheim für ihre Unterstützung beim Lesen der<br />

(alt-)deutschen Schrift und Frau Ortsvorsteherin Birgit Teufel vom Stadtteil<br />

Stuppach für die Archivalien. Frau Wilhelmine Oehling, Frau Elfriede<br />

Zorn, Frau Gisela Gutschick und Frau Erika Scheffel danke ich für ihre<br />

Hilfe beim Ermitteln der einzelnen Anschriften.<br />

Darüber hinaus danke ich meiner Tochter Barbara, meiner Enkelin<br />

Veronika und Frau Ursula Pfeiffer-Berlin für das Lektorat sowie meinem<br />

jüngsten Sohn Markus, der die Zusammenstellung, die Satzarbeiten und<br />

Druckvorstufe mit viel Sorgfalt und Liebe zum Detail vorgenommen hat.<br />

Mein besonderer Dank gilt auch allen Firmen und Privatleuten, die mich<br />

bei der Herstellung dieses Buches durch Spenden unterstützt haben.<br />

Einige davon werden auf der folgenden Seite aufgeführt.


Farbcodierung der Familien:<br />

Grün gefärbte Familien wurden in Stuppach einquartiert.<br />

Rot gefärbte Familien wurden in Lillstadt einquartiert.<br />

Blau gefärbte Familien wurden in Lustbronn einquartiert.<br />

12


Inhalt<br />

Über den Autor 18<br />

Vorwort 21<br />

Grußworte 23<br />

Historisches<br />

Flucht und Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg 28<br />

Persönlichkeiten damals und heute 34<br />

Rund um die neue Heimat<br />

Unsere neue zugewiesene Heimat Stuppach 40<br />

Der Schulweg von Lustbronn nach Stuppach 44<br />

Bauliche Veränderungen in Stuppach, Lillstadt<br />

und Lustbronn seit 1946 48<br />

Klassenfotos 66<br />

Totengedenken 76<br />

Die Geschichten der Familien<br />

Blank Margarethe 78<br />

Blank Maria (verh. Heinz) 78<br />

Blank Anna (verh. Ruprecht) 78<br />

Blank Martha (verh. Obermeier) 78<br />

Familie Demel Karl und Emilie 79<br />

Demel Ilse (verh. Köhler) 81<br />

Demel Roland 82<br />

Demel Hannelore (verh. Dehner) 88<br />

13


Demel Gottfried 90<br />

Demel Gerhilde (verh. Schwarz-Hiener) 92<br />

Familie Dittrich Franz und Elisabeth 94<br />

Dittrich Heinz 96<br />

Dittrich Erika (verh. Scheffel) 102<br />

Familie Dombrowski Wilhelmine 106<br />

Familie Gnilka Eva-Lotte und Stephan 108<br />

Familie Gutschick Josef und Victoria 110<br />

Gutschick Reinhold 114<br />

Gutschick Artur 116<br />

Riedl Johann und Christine 119<br />

Familie Hynek Alois sen. und Emilie 122<br />

Hynek Stefanie 125<br />

Hynek Rudolf 126<br />

Hynek Alois jun. 128<br />

Hynek Maria (verh. di Blasi) 132<br />

Familie König Erhard und Anna 134<br />

König Erika (verh. Wilhelm) 136<br />

Familie Linke Emil sen. und Maria 138<br />

Linke Doris (verh. Köstler) 139<br />

Linke Emil jun. 139<br />

Familie Müller Theresia 140<br />

Müller Franz 142<br />

Familie Richter Wilhelmine 147<br />

Scholz Aloisa mit Tochter Henriette 148<br />

14


Familien Stampfer<br />

Stampfer Balthasar 150<br />

Stampfer Elisabeth 150<br />

Stampfer Eva 150<br />

Stampfer Jakob 150<br />

Stampfer Maria 151<br />

Stampfer Martin 151<br />

Stampfer Rosalia 151<br />

Stampfer Stephan 151<br />

Familie Steiner Franz und Hermine 152<br />

Steiner Arthur 154<br />

Steiner Waltraud (verh. Flauchaus) 155<br />

Steiner Lieselotte (verh. Lorend) 156<br />

Steiner Margarete (verh. Schmeiser) 157<br />

Dvorschak Johann und Amalia 159<br />

Familie Trischler Franz und Katharina 160<br />

Trischler Theresia (verh. Braun) 164<br />

Trischler Josef 165<br />

Trischler Anna (verh. Horvath) 168<br />

Familie Trübenbach Josef und Rosi 170<br />

Trübenbach Gretel 170<br />

Trübenbach Anneliese (verh. Zorn) 171<br />

Familie Ullmann Franz und Anna mit Sophie 172<br />

Familie Wozasek Josef und Anna 174<br />

Wozasek Erna (verh. Clémeur) 175<br />

Wozasek Anna jun. (verh. Hettenbach) 175<br />

„Die Wachbacher Familien“<br />

Familie Hückl Eduard und Susanne 176<br />

Familie Luptowitsch Theodor und Anna 176<br />

15


Familie Luptowitsch Anna 177<br />

Familie Markl Regina 177<br />

Familie Markl Friedrich und Elisabeth 177<br />

Familie Fleischhacker Elisabeth 177<br />

Die Geschichten der Familien aus Charlottendorf und Grünau<br />

Unser Charlottendorf 178<br />

Familie Gießl Gustav und Antonie 184<br />

Gießl Arnold 187<br />

Gießl Artur 190<br />

Gießl Gustav jun. 192<br />

Familie Hanisch Adolf und Hermine 194<br />

Hanisch Adolf jun. 197<br />

Hanisch Alfred 198<br />

Hanisch Waltraud (verh. Hess) 206<br />

Familie Illa Robert und Josefa 208<br />

Illa Ingeborg (verh. Wolfahrt) 209<br />

Familie Kreissl Erwin und Amalia 210<br />

Kreissl Erwin jun. 218<br />

Kreissl Edeltraud (verh. Fichter) 224<br />

Kreissl Erika (verh. Ficker) 228<br />

Kreissl Charlotte (verh. Tessikowski) 231<br />

Kreissl Siegfried 234<br />

Kreissl Christa 240<br />

Fritscher Anna 242<br />

Kreissl Franz 244<br />

Kreissl Otto 246<br />

Familie Wolf Viktor und Wilhelmine 248<br />

16


Wolf Wilhelmine jun. (verh. Oehling) 251<br />

Wolf Irma (verh. Moik) 252<br />

Just Engelbert und Emma 255<br />

Die Geschichten der Familien aus den ehemailigen Sowjetgebieten<br />

Die Geschichte der Schwarzmeerdeutschen 256<br />

Familien Högele<br />

Familie Högele Sebastian und Katharina mit Eugen 260<br />

Familie Högele Willibald 262<br />

Familie Högele Theodor und Christine 263<br />

Familie Högele Walburga 264<br />

Familie Nold Josef und Barbara 266<br />

Nold Melitta (verh. Heli) 272<br />

Nold Pius 276<br />

Nold Philomena (verh. Kojis) 280<br />

Was sich 2016 jährt 284<br />

17


Über den Autor<br />

Foto: B. Blesl (Igersheim)<br />

Erwin Kreissl wurde im Jahr 1938 in Charlottendorf, Kreis Mährisch<br />

Trübau im Sudetenland, dem heutigen Tschechien, als Ältestes von insgesamt<br />

sechs Kindern geboren.<br />

1946 wurde er mit den Eltern und den drei weiteren, jüngeren Geschwistern<br />

vertrieben und in Lustbronn, einem Teilort von Stuppach (heute ein<br />

Stadtteil von Bad Mergentheim) im Nordosten von Baden-Württemberg<br />

angesiedelt.<br />

Nach dem Schulabschluss 1952 absolvierte er eine Lehre als Zimmermann<br />

und anschließend als Maurer, jeweils mit Gesellenprüfungsabschluss. 1956<br />

zog er mit seinen Eltern in deren neues Eigenheim nach Bad Mergentheim.<br />

Im gleichen Jahr begann er sein Studium der Fachrichtung Hochbau am<br />

18


Balthasar-Neumann-Polytechnikum in Würzburg mit anschließendem<br />

Studium der Fachrichtung Tiefbau, welches er jeweils als Dipl.-Ing. (FH)<br />

abschloss. 1962 wurde er bei der Kreisbaumeisterstelle des Landratsamtes<br />

in Bad Mergentheim als Hochbauingenieur eingestellt und war als<br />

Stellvertreter des Kreisbaumeisters tätig. Im Jahr 1968 erfolgte der Eintrag<br />

in die Architektenkammer des Landes Baden-Württemberg.<br />

Im Zuge der Kreisreform wurde Kreissl 1972 ins Landratsamt des neu<br />

gebildeten Tauber-Kreises (später Umbenennung in Main-Tauber-Kreis)<br />

in Tauberbischofsheim versetzt. Dort war er als Leiter der neu geschaffenen<br />

Stelle zur Betreuung der kreiseigenen Liegenschaften (Kreiskrankenhäuser,<br />

Berufsschulen, Altenheime, Verwaltungsgebäude, Wohnhäuser, usw.)<br />

tätig. Von 1964-1989 war er Mitglied des Personalrats des Landratsamts,<br />

darunter viele Jahre als sein Vorsitzender.<br />

Seit 1967 ist er Mitglied der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft<br />

(DLRG). Lange Jahre war er als Ortsgruppen- und Bezirksvorsitzender aktiv<br />

sowie zwölf Jahre als Vizepräsident des Landesverbandes Württemberg<br />

in Stuttgart. Heute ist er Ehrenmitglied des Landesverbandes, des Bezirks<br />

Tauber und der Ortsgruppe Weikersheim sowie Seniorenbeauftragter.<br />

Von 1977 bis 2001 war er Mitglied im Pfarrgemeinderat der Katholischen<br />

Pfarrgemeinde St. Johannes in Bad Mergentheim, darunter in mehreren<br />

Ausschüssen und als zweiter Vorsitzender tätig.<br />

1987 wurde ihm die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg verliehen,<br />

1993 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande durch Bundespräsident<br />

Weizäcker. Überreicht wurden beide Auszeichnungen durch den damaligen<br />

Oberbürgermeister der Stadt Bad Mergentheim, Dr. jur. Elmar Mauch.<br />

2007 erhielt er das höchste Verdienstzeichen der DLRG in Gold mit Brillant<br />

durch den Landesverband Württemberg e.V.<br />

19


„Wer seiner Heimat nicht gedenkt,<br />

ist nicht wert, dass Gott ihm eine schenkt.“<br />

Verfasser unbekannt<br />

20


Vorwort<br />

Mit meinen Nachforschungen und Aufzeichnungen möchte ich versuchen,<br />

den interessierten Einwohnern von Stuppach mit den Teilorten<br />

Lustbronn und Lillstadt sowie den ehemaligen Wohnungsgebern, aufzuzeigen,<br />

was aus ihren damals zwangseingewiesenen Mitbewohnern, der<br />

„Erlebnisgeneration“ und den Nachfolgegenerationen der Heimatvertriebenen<br />

geworden ist. Wo hat es sie letztlich hin verschlagen? Wo sind sie<br />

sesshaft geworden? Wo haben sie ihre neue „Heimat“ gefunden?<br />

Wie sind die Nachfolgegenerationen, die Kinder, die Enkel, mit der Vertreibung<br />

fertig geworden? Das werden Sie aus den einzelnen nachfolgenden<br />

Berichten und Schilderungen erfahren deren Grundlage die beteiligten<br />

Personen meist selbst lieferten.<br />

Die Erlebnisgeneration ist bereits verstorben und auch viele Nachkommen<br />

leben heute schon nicht mehr, haben ein hohes Alter erreicht oder<br />

möchten sich zu ihrer Vertreibung und ihrem weiteren Lebenslauf nicht<br />

mehr äußern. Auch sind einige Nachkommen der Vertreibungsgeneration<br />

noch sehr jung gewesen und möchten über ihren Lebenslauf nicht<br />

berichten. Sie alle sind aber damit einverstanden, dass sie in meinem<br />

Buch der Vollständigkeit halber erwähnt werden.<br />

Ich habe mich bemüht, alle Flüchtlinge und Heimatvertriebene, die in<br />

der damals selbständigen Gemeinde Stuppach angesiedelt wurden,<br />

aufzufinden und, soweit mir Anschriften bekannt geworden sind, auch<br />

anzuschreiben, jedoch ohne Anspruch auf Vollständigkeit.<br />

Bad Mergentheim im Jahr 2016<br />

21


22


Grußwort des Landrats des Main-Tauber-Kreises<br />

Für das Buch von Erwin Kreissl<br />

Liebe Leserinnen und Leser,<br />

der Zweite Weltkrieg entwurzelt zahlreiche Menschen<br />

in Europa. Hunderttausende fliehen im Winter<br />

1944/45 aus den deutschen Ostgebieten vor der<br />

heranrückenden Roten Armee nach Westen. Auch<br />

beginnt die gewaltsame Vertreibung deutscher Minderheiten<br />

aus Ost-, Mittel- und Südosteuropa noch<br />

während des Krieges. Etwa zwölf Millionen Deutsche<br />

suchen eine neue Heimat. Wie viele Menschen in den<br />

chaotischen Ereignissen sterben ist bis heute unklar.<br />

Schätzungen gehen von 400.000 und bis zu zwei Millionen<br />

Opfern aus.<br />

Ein kleiner Handwagen, ein Rucksack und ein Holzkoffer<br />

mit wenigen Habseligkeiten sind häufig der<br />

ganze Besitz von Flüchtlingen und Vertriebenen. Hunger,<br />

Kälte und Krankheiten begleiten ihre wochenund<br />

monatelange Flucht. Viele Familien werden auseinandergerissen<br />

und sind auf der Suche nach ihren<br />

Angehörigen. Auf die „wilden“ Vertreibungen folgen<br />

nach Kriegsende bis 1950 „geregelte Aussiedlungen“<br />

der Deutschen aus den Ostgebieten, Polen, Ungarn<br />

und der Tschechoslowakei. Sie werden auf der Potsdamer<br />

Konferenz von den Alliierten beschlossen.<br />

Die alliierten Militärregierungen bringen Flüchtlinge<br />

und Vertriebene in Lagern, Notquartieren oder bei<br />

Familien unter. Nicht selten gab es Schwierigkeiten<br />

im Zusammenleben zwischen Einheimischen und<br />

Vertriebenen.<br />

Bei der ersten auf Anordnung des Alliierten Kontrollrats<br />

durchgeführten Volkszählung im Oktober 1946<br />

werden 9,6 Millionen Flüchtlinge gezählt.<br />

Im Rahmen der Heimattage Baden-Württemberg,<br />

die 2016 in Bad Mergentheim ausgetragen werden,<br />

recherchiert der Autor Erwin Kreissl, was aus den<br />

Heimatvertriebenen und deren Nachkommen in dem<br />

Bad Mergentheimer Teilort Stuppach geworden ist.<br />

Die Aufzeichnungen belegen, dass die Heimatvertriebenen<br />

in kurzer Zeit erfolgreich in die Gesellschaft<br />

integriert wurden.<br />

Im Jahr 2016 sind wiederum Millionen Menschen auf<br />

der ganzen Welt auf der Flucht vor Krieg und Terror.<br />

Im Main-Tauber-Kreis sind in den letzten beiden<br />

Jahren 1.600 Flüchtlinge angekommen. Zahlreiche<br />

Menschen werden nach Kriegsende wieder in ihre<br />

Heimatländer zurückgehen. Den Menschen, die sich<br />

dauerhaft für eine neue Heimat im Main-Tauber-Kreis<br />

entscheiden, wünsche ich, dass sie trotz unterschiedlicher<br />

kultureller Wurzeln ebenfalls gut in die Gesellschaft<br />

integriert werden können.<br />

Ich beglückwünsche Erwin Kreissl zu seinem gelungenen<br />

Werk.<br />

Reinhard Frank<br />

Landrat des Main-Tauber-Kreises<br />

23


24


Grußwort des Oberbürgermeisters der Großen Kreisstadt Bad Mergentheim<br />

Für das Buch von Erwin Kreissl<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

das Heimattage-Jahr 2016 in Bad Mergentheim ist nicht nur das Jahr viel beachteter Großveranstaltungen oder<br />

kultureller, politischer und wirtschaftlicher Initiativen. Die Heimattage stoßen die Auseinandersetzung mit<br />

dem Begriff „Heimat“ und der eigenen Region auch auf ganz persönlicher Ebene an. Das ist an vielen Stellen<br />

sichtbar geworden – und so soll es auch sein!<br />

Ein Zeugnis dafür halten Sie nun in den Händen. Ganz im Sinne unseres Jahresmottos „Heimat neu erleben“<br />

hat sich Erwin Kreissl aufgemacht, einem Kapitel seiner und unserer Vergangenheit nachzuspüren: Er hat als<br />

Vertriebener aus dem Sudetenland in Bad Mergentheim eine neue Heimat gefunden. Und er zeichnet nach<br />

sorgfältiger Recherche nun für uns die Schicksale und Wege von Vertriebenen-Familien nach, die vor vielen<br />

Jahrzehnten in Stuppach, Lillstadt und Lustbronn ankamen.<br />

Es sind Geschichten des Suchens und Ankommens – auch des Weiterziehens. Die Dokumentation führt uns vor<br />

Augen, dass Heimat vieles ist, aber ganz sicher keine Selbstverständlichkeit. In einer Zeit, in der Flucht und<br />

Vertreibung hochaktuelle Themen sind, lassen sich so auch Parallelen und Unterschiede der damaligen und der<br />

heutigen Heimatfindung erkennen. Was der Autor hier zusammengetragen hat, sind wertvolle Erinnerungen<br />

von Zeitzeugen – und damit hat sein Buch auch Bedeutung für die gesamte Stadtgeschichte.<br />

Deshalb gebühren Erwin Kreissl großer Dank und große Anerkennung für seinen Fleiß und seine Leidenschaft.<br />

Es ist schön zu sehen, dass im Heimattage-Jahr in Bad Mergentheim so viel Bleibendes entstanden ist.<br />

Eine interessante Lektüre wünscht Ihnen<br />

Udo Glatthaar<br />

Oberbürgermeister<br />

25


26


Grußwort der Ortsvorsteherin des Stadtteils Stuppach<br />

Für das Buch von Erwin Kreissl<br />

Das zwanzigste Jahrhundert hat mit den beiden Weltkriegen große Veränderungen<br />

für Europa und auch für unsere Heimat gebracht. Besonders die Zeit nach dem<br />

zweiten Weltkrieg, als viele Menschen im Osten ihre Heimat verlassen mussten und<br />

nach Westen geflohen sind oder vertrieben wurden, brachte für alle einen gravierenden<br />

Wandel des täglichen Lebens mit sich.<br />

Die 1946 ankommenden Vertriebenen und Flüchtlinge wurden Familien und Häuser<br />

zugewiesen, um dort eine neue Bleibe zu finden. Diese Situation war für keinen<br />

der Beteiligten einfach.<br />

Es ist auch mir wichtig, der Nachwelt diese damaligen Ereignisse noch einmal ins<br />

Gedächtnis zu rufen. Deshalb habe ich Erwin Kreissl bei seiner Suche im Archiv<br />

unserer Gemeinde sehr gerne unterstützt und freue mich über das gelungene Ergebnis.<br />

Birgit Teufel<br />

Ortsvorsteherin<br />

27


Flucht und Vertreibung nach dem 2. Weltkrieg<br />

Von der Beschlussfassung bis zur Umsetzung<br />

Auszüge aus Wikipedia „Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei“<br />

mit Bearbeitungen durch Erwin Kreissl:<br />

Noch während des Zweiten Weltkrieges besiegelten die Alliierten<br />

das Ende von Hitlers Herrschaft. Auf der Konferenz von Jalta vom<br />

04.02.1945 bis 11.02.1945 wurde die Welt neu geordnet. Sie entschieden<br />

über das Schicksal Deutschlands und damit auch über die Vertreibung<br />

der Deutschen aus dem Sudetenland und anderer Länder.<br />

Abtransport von Heimatvertriebenen<br />

und Flüchtlingen mit<br />

Viehwagons. (Quelle: hna.de)<br />

Wer von unseren Eltern hätte je gedacht, dass die vorgenannten Beschlüsse<br />

der Politiker uns jemals treffen würden, geschweige denn uns<br />

Kinder. Aber es kam wie es kommen musste: Wir wurden aus unserer<br />

angestammten Heimat vertrieben und in der Fremde neu angesiedelt.<br />

28


Konferenz von Jalta im Februar 1945. V.l.n.r: Großbritanniens Premier Winston Churchill, US-Präsident Franklin D. Roosevelt und Sowjet-Führer Josef<br />

Stalin. Themen der Konferenz waren vor allem die Aufteilung Deutschlands und die Machtverteilung in Europa nach Ende des Krieges. (Quelle: Wikipedia)<br />

Unmittelbar nach Beginn des Zweiten Weltkrieges<br />

gründete der damalige tschechoslowakische<br />

Präsident Edvard Beneš das tschechoslowakische<br />

Nationalkomitee, das sowohl von der britischen als<br />

auch der französischen Regierung anerkannt wurde.<br />

Nach dem deutschen Sieg über Frankreich im Juni<br />

1940 erkannten die Briten die Gruppe um Beneš als<br />

tschechoslowakische Exilregierung und Beneš als<br />

Präsidenten an.<br />

In dieser Position verstärkte Beneš seine Anstrengungen<br />

hinsichtlich der vollständigen Wiedererrichtung<br />

der Tschechoslowakei unter Einschluss des<br />

Sudetenlandes und der Ausweisung der Minderheitsbevölkerungen,<br />

die hauptsächlich deutscher, ungarischer<br />

und polnischer Abstammung waren.<br />

Die ersten Aussiedlungen Sudetendeutscher und<br />

Deutscher aus anderen Ländern waren noch kriegsbedingt:<br />

Die Deutschen Behörden begannen, da sich<br />

die Rote Armee unaufhaltsam näherte, mit der Evakuierung<br />

der Deutschen. Zum Teil flüchteten Deutsche<br />

in den Kriegswirren, aber auch unorganisiert, da man<br />

sich nach dem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion<br />

vor Racheaktionen fürchtete.<br />

Die Sudetendeutschen wurden 1945/1946 unter<br />

Androhung von Gewalt zum Verlassen ihrer Heimat<br />

gezwungen. Nach dem Beneš-Dekret 108 vom 25.<br />

Oktober 1945 wurde das gesamte bewegliche und<br />

unbewegliche Vermögen (Immobilie und Vermögensrechte)<br />

der deutschen Einwohner konfisziert und<br />

unter staatliche Verwaltung gestellt.<br />

29


Auszug aus der wissenschaftlichen Hausarbeit zur Ersten Staatsprüfung<br />

für das Lehramt vom 22.07.2003 von Frau Damaris Stapf mit Bearbeitungen<br />

durch Erwin Kreissl:<br />

Nah der Kapitulation des Deutschen Reiches fand am 17. Juli bis zum<br />

02. August 1945 in Potsdam eine Konferenz der „Großen Drei“, sprich<br />

der Vereinigten Staaten von Amerika, des Vereinigten Königsreichs und<br />

der UdSSR, statt. Voraus gegangen waren bereits im November 1943<br />

die Konferenz in Teheran und im Februar 1945, in der Schlussphase des<br />

Krieges, die Konferenz von Jalta.<br />

Teilweise zu Fuß und nur mit dem<br />

Nötigsten waren die Menschen<br />

auf der Flucht. (Quelle: zeit.de)<br />

Beide hatten die Behandlung und das Schicksal Nachkriegsdeutschlands<br />

zum Gegenstand. Am 02. August 1945 verfassten die Alliierten<br />

ein Protokoll, dessen XIII. Artikel die ordnungsgemäße und in humaner<br />

Weise erfolgende Überführung deutscher Bevölkerungsteile, also der<br />

Reichsdeutschen, Volksdeutschen und Neusiedler, aus bestimmten Gebieten<br />

Ost-, Mittel- und Südeuropas vorsah. Größtenteils blieb das eine<br />

Farce, da sich die Realität als äußerst brutal und gewaltsam darstellte.<br />

30


Konferenz von Potsdam im Juli/August 1945. V.l.n.r: der britische Premier Clement Attlee, US-Präsident Harry S. Truman und Sowjet-Führer Josef Stalin. Die<br />

sog. Dreimächtekonferenz von Berlin war ein Treffen der drei Hauptalliierten des Zweiten Weltkriegs. (Quelle: Wikipedia)<br />

Mit Zustimmung zu der Zwangsverteilung von<br />

Millionen Deutschen sanktionierten die Westmächte<br />

die Vertreibung der Deutschen Bevölkerung aus<br />

Polen, der Tschechoslowakei, Ungarn, Jugoslawien,<br />

Ober- und Niederschlesien, dem Warthegau, Ost- und<br />

Westpreußen und der Ukraine. Die Aussiedlungsverordnung<br />

hatte die zynische Bezeichnung: „Rückführung<br />

der Deutschen ins Mutterland“.<br />

Zitat des Bundesministers für das Post- und Fernmeldewesen<br />

und Präsident des Deutschen Bundestages,<br />

Richard Stücklen:<br />

„Die Tatsache, dass Millionen Deutsche, die ihre<br />

angestammte Heimat verloren haben und dann in den<br />

Westen mit Tatkraft und Besonnenheit die Bundesrepublik<br />

mit aufgebaut und eine freiheitliche Gesellschaftsordnung<br />

errichtet haben, ist eine Leistung von<br />

außerordentlicher Bedeutung“.<br />

Auszug aus einem Bericht der „Fränkischen Nachrichten“<br />

vom 28.09.2015:<br />

„Die Alliierten waren der Meinung, dass nach diesen<br />

Umsiedlungen auch neue Grenzziehungen erforderlich<br />

seien, um deutsche Minderheiten als Unruheherd<br />

in Ost- und Mitteleuropa auszuschalten“. Während<br />

der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945 hatten<br />

sich Sowjets, Amerikaner und Briten auf diesen Plan<br />

verständigt.<br />

31


Dazu kamen die Anfeindungen aus der heimischen Bevölkerung, die<br />

unzureichend über die Hintergründe unserer Vertreibung und über unsere<br />

aktuelle Lage informiert war. Wir wiederum reagierten darauf mit<br />

Unverständnis und Verbitterung.<br />

Es gab für uns keine Willkommenskultur. Für alle Beteiligten war es<br />

nicht einfach. Wir waren in ein Land gekommen, das zu dieser Zeit in<br />

Trümmern und Asche lag. Das Volk war demoralisiert.<br />

Wir, die damaligen Heimatvertriebenen und Flüchtlinge, hatten gegenüber<br />

den heutigen Flüchtlingen (z.B. aus Syrien) den Vorteil, dass wir<br />

Deutsch sprachen, die Religion teilten und eine weiße Hautfarbe hatten.<br />

Ansammlung von Flüchtlingen<br />

aus dem Jahr 1945.<br />

(Quelle: welt.de)<br />

32


Auszug aus einem Vortrag von Hartwig Behr und Claus-Peter Mühleck in<br />

der „Tauber Zeitung“ vom 03.03. und 05.03.2011:<br />

Für die Verteilung der ankommenden Heimatvertriebenen und Flüchtlinge<br />

waren für die Stadt Bad Mergentheim und den Kreis Mergentheim<br />

der Militärgouverneur Boni V. Bloom zuständig, der dafür sorgen musste,<br />

dass die von den Besatzungsmächten gefassten Beschlüsse umgesetzt<br />

wurden. Heinrich Mohr aus Creglingen hatte, wie seine evangelischen<br />

und katholischen Pfarrerkollegen in den Flüchtlingsausschüssen, eine<br />

Stimme, mit der sie für Hilfe der Notleidenden eintreten und für den<br />

Ausgleich zwischen unterschiedlichen Interessen sorgen sollten. Lothar<br />

Daiker war Bürgermeister in der Kreisstadt Bad Mergentheim. Er hatte<br />

die Anordnungen der württembergisch-badischen Regierung, die oft<br />

über die Möglichkeiten der Gemeinden gingen, mit seinen Mitarbeitern<br />

umzusetzen. Flüchtlingskommissar, sowohl im Kreis wie in der Stadt<br />

Mergentheim, war Georg R. Ratsch. Seine Aufgabe bestand vor allem<br />

darin, den Strom der Ankommenden in die richtigen Orte zu lenken, was<br />

wegen der manchmal unerwarteten Zugänge und fehlender Informationen<br />

über die Vertriebenen zu weiteren Problemen führen konnte.<br />

Auszug aus dem Bericht von Hartwig Behr aus der „Tauber-Zeitung“ vom<br />

12.05.2015:<br />

Briefmarke zum zehnjährigen<br />

Gedenken an die Vertreibung.<br />

(Quelle: briefmarken-bilder.de)<br />

Briefmarke zum zwanzigährigen<br />

Gedenken an die Vertreibung.<br />

(Quelle: briefmarken-bilder.de)<br />

Die Bürgermeister aller Orte im Kreis mussten jede Woche einen<br />

Bericht über politische Aktivitäten und besondere Vorkommnisse in der<br />

Gemeinde an die hiesige Militärregierung liefern. Etwa ein Viertel der<br />

Einwohner des Kreises waren „Neubürger“, die die Einheimischen lange<br />

als Fremde, nicht als Landsleute ansahen. Für diese musste aber Wohnraum<br />

frei gemacht werden, was zu handfesten Konflikten führte. Zudem<br />

mussten Baracken errichtet werden, vor allem in den Städten. Kritisch<br />

war die Ernährungslage v.a. 1947, als die Ernte schlecht ausfiel. Ein Jahr<br />

später sah die Welt der Deutschen in den drei westlichen Besatzungszonen<br />

schon freundlicher aus. Die Ernte war besser und es wurde am 20.<br />

Juli 1948 eine neue Währung eingeführt, die sich als stabil erwies. u<br />

33


damals<br />

Bundespräsident<br />

der Bundesrepublik<br />

Deutschland<br />

THEODOR HEUSS<br />

geb. 31.01.1884 (Brackenheim)<br />

gest. 12.12.1963 (Stuttgart)<br />

1949 – 1959 im Amt<br />

Foto:<br />

© Bundespresseamt<br />

Bundeskanzler<br />

der Bundesrepublik<br />

Deutschland<br />

KONRAD ADENAUER<br />

geb. 05.01.1876 (Köln)<br />

gest. 19.04.1967 (Rhöndorf)<br />

1949 – 1963 im Amt<br />

34<br />

Foto:<br />

Konrad R. Möller (1966)


Bundespräsident<br />

der Bundesrepublik<br />

Deutschland<br />

JOACHIM GAUCK<br />

geb. 24.01.1940 (Rostock)<br />

2012 – 2017 im Amt<br />

ab 19.03.2017:<br />

Frank-Walter<br />

Steinmeier<br />

heute<br />

Foto: Thomas Koehler<br />

Foto:<br />

© Bundespresseamt<br />

Bundeskanzlerin<br />

der Bundesrepublik<br />

Deutschland<br />

ANGELA MERKEL<br />

geb. 17.07.1854 (Hamburg)<br />

seit 2005 im Amt<br />

Foto:<br />

Dominik Butzmann 35


damals<br />

Ministerpräsident<br />

von Württemberg-<br />

Baden<br />

REINHOLD MAIER<br />

geb. 16.10.1889 (Schorndorf)<br />

gest. 19.08.1971 (Stuttgart)<br />

1945 – 1952 im Amt<br />

Foto:<br />

Badische Zeitung<br />

Landrat<br />

des Landkreises-<br />

Mergentheim<br />

JOSEF BRÖNNER<br />

geb. 12.05.1884 (Grünsfeld)<br />

gest. 21.01.1958 (Heidelberg)<br />

1945 – 1946 im Amt<br />

36<br />

Foto:<br />

fnweb.de


Ministerpräsident<br />

des Landes Baden-<br />

Würrtemberg<br />

WINFRIED KRETSCHMANN<br />

geb. 17.05.1948 (Spaichingen)<br />

heute<br />

seit 2011 im Amt<br />

Foto:<br />

zeit.de<br />

Landrat des<br />

Main-Tauber-Kreises<br />

REINHARD FRANK<br />

geb. 1955<br />

seit 2005 im Amt<br />

Foto:<br />

Landratsamt Tauberbischofsheim<br />

37


damals<br />

Foto: vom Sterbebildchen<br />

Foto: Name Urheber<br />

Bürgermeister von Stuppach<br />

PHILIPP LANDWEHR<br />

geb. 24.05.1896 (Stuppach)<br />

gest. 24.04.1980 (Stuppach)<br />

1946 – 1948 im Amt<br />

Ortspfarrer von Stuppach,<br />

Kammerer im Dekanat Mergentheim<br />

PAUL RUEß<br />

geb. 23.10.1891 (Offingen am Bussen)<br />

gest. 12.09.1952 (Stuppach)<br />

1928 – 1952 im Amt<br />

Foto: Helmuth Kelber<br />

Foto: Claudia Reichert<br />

38<br />

Lehrerin von Stuppach<br />

SIEGLINDE MÄUSSNEST<br />

geb. 02.09.1925<br />

gest. 08.02.2014 (Würzburg)<br />

Oberlehrer von Stuppach<br />

ERNST KELBER<br />

geb. 31.01.1914<br />

gest. 19.04.1984<br />

1947 – 1973 im Amt


Foto: bad-mergentheim.de<br />

Foto: Pfarramt Stuppach<br />

heute<br />

Oberbürgermeister von<br />

Bad Mergentheim<br />

UDO GLATTHAAR<br />

geb. 19.02.1961 (Sigmaringen)<br />

seit 2011 im Amt<br />

Pfarrer von Stuppach<br />

BASILIUS MEISER<br />

geb. 24.09.1950 (Quierschied)<br />

seit 1989 im Amt<br />

Foto: fnweb.de<br />

Ortsvorsteherin von Stuppach<br />

BIRGIT TEUFEL<br />

geb. 30.08.1964 (Bad Mergentheim)<br />

seit 2004 im Amt<br />

39


Unsere neue,<br />

zugewiesene Heimat<br />

Stuppach mit seinen Ortsteilen<br />

Lillstadt und Lustbronn<br />

Stuppach mit seinen Ortsteilen Lillstadt<br />

und Lustbronn ist seit 1972 Stadtteil der<br />

großen Kreisstadt Bad Mergentheim und<br />

befindet sich ca. sechs Kilometer südlich<br />

davon auf der B19 Richtung Künzelsau.<br />

Bad Mergentheim im Herzen des „Lieblichen<br />

Taubertals“ ist die größte<br />

Kurstadt Baden-Württembergs<br />

und im Nordwesten des Bundeslandes<br />

gelegen. Die nächstgrößeren<br />

Städte sind das südöstliche<br />

Heilbronn und das bereits in<br />

Bayern gelegene nordwestliche<br />

Würzburg.<br />

Stuppach:<br />

Auszug aus einer historischen Dokumentation<br />

des Hauptstadtarchivs<br />

Stuttgart (Bestand: Ben Ue 8-34<br />

Oberamtsbeschreibung von Stuppach).<br />

Anton Friedrich hat in viel Kleinarbeit Daten über<br />

die Historie von Stuppach zusammen getragen.<br />

Bilder:<br />

Istockphoto,<br />

Google Maps<br />

1606: Der Deutschorden weist die katholischen<br />

Einwohner von Stuppach an, hinfort<br />

den Gottesdienst in Mergentheim zu besuchen.<br />

40


1607: Am 21. November wird die, von dem Hoch- und<br />

Deutschmeisterischen Statthalter Freiherr von Eck<br />

zu Mergentheim, auf eigene Kosten erbaute Kirche zu<br />

Stuppach eingeweiht. Diese war auch gleichzeitig für<br />

die Katholiken in Dörtel, Hachtel, Lillstadt, Lustbronn<br />

und Wachbach bestimmt. Weiter stiftete der Erbauer<br />

der Kirche 2000 Gulden zur Anstellung eines Messners<br />

und Lehrers. Der Grund für die Kirchenstiftung war,<br />

der sich ausbreitenden Reformation Einhalt zu bieten.<br />

Bad Mergentheim<br />

1639: Die Quelle (im Hof Retzbach) wird überwölbt.<br />

An einem Eisengitter war früher noch ein Schild: Herr<br />

Caspar Hubrich, Schultheiß 1890.<br />

1753: Einrichtung des Heiligen Kreuz durch den<br />

Deutschorden unter Clemens August Herzog von<br />

Bayern.<br />

1781: Das Pfarrhaus in Stuppach wird vom<br />

Deutschorden erbaut. Das über der Haustür angebrachte<br />

Württembergische Königswappen wurde erst<br />

nach 1830 (bis dahin galt ein anderes) angebracht.<br />

1817: Das alte Schulhaus, heute „Haus Maria“ wird<br />

gebaut. Bis 1937 waren dort die Klassen 5-7 untergebracht.<br />

Lustbronn Stuppach Lillstadt<br />

1830-1835: Das Rathaus von Steudel wird gebaut.<br />

1821: Das Bistum Rottenburg wird gegründet.<br />

1898: Die erste Kraftomnibuslinie der Welt nimmt<br />

den Betrieb auf und verkehrt zwischen Künzelsau<br />

und Bad Mergentheim einmal täglich. Die Fahrzeit<br />

beträgt 2 Std. und 55 min. für die Strecke von 30 km.<br />

41


1945: Über dem Ort bricht der Krieg herein. Ein Mann und zwei<br />

Kinder aus der Zivilbevölkerung kommen bei den Kampfhandlungen<br />

ums Leben. 65 deutsche Soldaten fallen. Zahlreiche Gebäude werden<br />

beschädigt, viele gehen in Flammen auf. Aus dem Buch von Paul Bauer<br />

„Madonna, jetzt tu etwas für mich! Jugenderinnerungen an Stuppach<br />

1945“, im Eigenverlag erschienen, geht auf Seite 46 hervor, dass<br />

es 63 Tote gab, darunter neun Duisburger Jungen (Gymnasiasten)<br />

einschl. 15 unbekannter Soldaten.<br />

31.12.1971: Mit Ablauf dieses Tages verliert die Gemeinde Stuppach<br />

nach 876 Jahren ihre Selbständigkeit.<br />

01.01.1972: Ab diesem Tag ist Stuppach ein Stadtteil der benachbarten<br />

Stadt Bad Mergentheim.<br />

Lillstadt:<br />

Auszug aus der Homepage von Lillstadt vom Lillstadter Bürger Oliver<br />

Huber (Zu finden unter: www.lillstadt.de).<br />

Lillstadt liegt etwa fünf Kilometer südlich seines wesentlich bekannteren<br />

Kurstadtteils Bad Mergentheim entfernt, in einem idyllischen<br />

Seitental des lieblichen Taubertals, unweit der Ortschaft Stuppach.<br />

Das kleine Dorf hat während seiner Geschichte schon viel erlebt.<br />

Es gibt schnelles Internet sowie alle anderen technischen Errungenschaften<br />

der letzten Jahrzehnte. Dennoch ist die Zeit in Lillstadt<br />

angenehm stehen geblieben. Die allgemeine Eile und Zeitnot der<br />

Neuzeit hat sich hier glücklicherweise noch nicht eingenistet. Nach<br />

714 Jahren der Ruhe hat sich 2015 die Gemeinschaft im Heimatverein<br />

Lillstadt zusammen geschlossen um regelmäßig zu feiern.<br />

Lustbronn:<br />

Der Name Lustbronn ist wahrscheinlich zusammengezogen aus dem<br />

Namen eines dort wohnenden Mannes und der starken Quelle, die<br />

mitten im Ort entspringt. u<br />

42


Die Stuppacher Madonna<br />

Die Stuppacher Madonna ist ein Marienbild von Matthias Grünewald.<br />

Es befindet sich in einer dafür erbauten Kapelle an der Pfarrkirche<br />

Mariä Krönung in Stuppach und zählt neben dem Isenheimer Altar zu<br />

Grünewalds Hauptwerken.<br />

Entstehungsgeschichte<br />

Aufgrund eines im Jahr 1515 geschlossenen Vertrages im Nachlass<br />

von Grünewald und der Beschriftung auf dem Sockel des Rahmens in<br />

der Aschaffenburger Stiftskirche St. Peter und Alexander wird angenommen,<br />

dass der Aschaffenburger Stiftskanoniker Heinrich Reitzmann<br />

das Bild um 1514 beim Künstler in Auftrag gegeben hat und es<br />

als Andachtsbild für die neue Kapelle (heute Maria-Schnee-Kapelle)<br />

in der Stiftskirche zu Aschaffenburg bestimmt war. Es sollte an der<br />

Wand hinter dem Altar angebracht werden. Bei ihrer Einweihung am<br />

21. Oktober 1516 durch Erzbischof Albrecht von Brandenburg war<br />

das Bild mit größter Wahrscheinlichkeit bereits an seinem vorgesehenen<br />

Platz.<br />

Von Aschaffenburg nach Stuppach<br />

1531 wurde das Gemälde aus dem Rahmen genommen, da der Maria-<br />

Schnee-Altar ab diesem Jahr Dreikönigsaltar genannt wurde. Das<br />

weitere Schicksal des Bildes liegt im Dunkeln. 1809 wurde es in der<br />

Kapelle des ehemaligen Deutschordensschlosses in Mergentheim<br />

bei der Auflösung des Ordens entdeckt. 1812 kaufte der damalige<br />

Stuppacher Pfarrer Balthasar Blumhofer das Bild für seine Kirche. Es<br />

wurde damals Rubens zugeschrieben. 1854 wurde die Kirche neugotisch<br />

umgestaltet. Der in dem neuen Hochaltar integrierte Rahmen<br />

für das Bild erwies sich als zu klein. Es musste daher an allen Seiten<br />

beschnitten werden. Erst 1881 wurde es bei einer Restaurierung als<br />

eine Schöpfung von Grünewald erkannt.<br />

Textgrundlage: Wikipedia<br />

Foto: zeno.org<br />

43


Unser Schulweg von<br />

Lustbronn nach<br />

Stuppach<br />

Von links nach rechts: Burgers Kreuz, Gerner<br />

Kreuzigungsgruppe, Fußgängersteg über den Autobahnzubringer,<br />

Lenzer Kreuz.<br />

An unserem<br />

Schulweg von Lustbronn<br />

nach Stuppach hat sich am<br />

Berg im unteren Bereich nichts geändert.<br />

Das sog. „Burgers Kreuz“ ist noch vorhanden.<br />

Ca. 400m weiter oben allerdings biegt heute der Gemeindverbindungsweg<br />

nach links ab, hier wurde der<br />

ehemalige Feldweg zur Fahrstraße ausgebaut. Dies<br />

wurde erforderlich, weil ca. 500 m weiter oben der<br />

44


alte Fahrweg endet und hier in den<br />

letzten Jahren ein Autobahnzubringer<br />

gebaut wurde. Für Fußgänger<br />

wurde zur Überquerung des Zubringers<br />

ein Steg errichtet. Im heutigen<br />

Bereich des Autobahnzubringers stand<br />

früher die sog. „Gerners Kreuzigungsgruppe“<br />

an unserem Schulweg. Diese Kreuzigungsgruppe<br />

musste ca. 300 m in Richtung Lustbronn<br />

versetzt werden.<br />

Mit der Erreichung des früheren „Gerner Kreuzes“<br />

hatten wir den Aufstieg erreicht. Von nun an ging<br />

es nur noch bergab, vorbei am sog. „Lenzer Kreuz“,<br />

umgeben von zwei alten Lindenbäumen.<br />

Kriegsende noch beschädigt wurde und somit für den<br />

Schulunterricht nach dem Kriege nicht gleich<br />

benutzbar war.<br />

Etwas weiter bergabwärts<br />

befindet sich der<br />

neugebaute Pfarrsaal<br />

mit Kindergarten St.<br />

Gabriel. Am daneben<br />

stehenden<br />

Gebäude von<br />

Frau Maria<br />

Bereits am Dorfrand von Stuppach<br />

erreicht man heute das neue große<br />

Schulgebäude. Daneben, etwas<br />

tiefer gelegen, das damalige<br />

„neue“ Schulgebäude, welches bei<br />

45


Von links nach rechts: Neues Schulgebäude,<br />

Altes Schulgebäude, Pfarrhaus mit Haus Teufel und<br />

im Hintergrund der Pfarrsaal St. Gabriel.<br />

Teufel (Hausname<br />

Welze Maria)<br />

wurden nach dem Krieg<br />

die sog. Oberklassen 5-8 unterrichtet<br />

und im Dachgeschoss befand sich die Wohnung<br />

von unserem Klassenlehrer Herrn Kelber. Heute<br />

gehört das Haus der kath. Kirchengemeinde Stuppach<br />

und darin befindet sich ein Museum der Madonnenpflege.<br />

Die weltbekannte Stuppacher Madonna feierte<br />

46


im Jahr 2016 ihr 500-jähriges<br />

Jubiläum, das bei den diesjährigen<br />

Heimattagen in Bad Mergentheim<br />

groß gefeiert wurde.<br />

An Kirche und Pfarrhaus hat sich<br />

nichts verändert. u<br />

47


Von oben nach unten:<br />

Ehemaliges Schul- und Rathausgebäude<br />

Anstelle der Verkehrsüberwachungseinheit stand<br />

hier früher einmal das Milchhäuschen. Im Hintergrund<br />

ist die frühere Schreinerei Friedrich zu sehen.<br />

Neues Wohnhaus ehemals Kohlschreiber, heute<br />

Schmeiser Wolfgang, Dachdeckermeister<br />

Bauliche Veränderungen in<br />

Stuppach, Lillstadt und<br />

Lustbronn seit 1946<br />

Text & Fotos: Erwin Kreissl<br />

48


Stuppach<br />

Unten im Ort an der Hauptstraße, im ehemaligen<br />

Rathaus, befand sich im I. Stock die sogenannte<br />

Unterklasse 1-4. Hier unterrichteten die Lehrerinnen<br />

Frau Sieglinde Mäussnest (verh. Wurst) und später<br />

noch Frau Hofmann. In unserem Schulraum befindet<br />

sich heute der Proberaum der Stuppacher Blas- und<br />

Trachtenkapelle. Die Räumlichkeiten darüber dienen<br />

der Stuppacher Ortschaftsverwaltung, an ihrer Spitze<br />

Frau Birgit Teufel aus Lustbronn als Ortsvorsteherin<br />

und ihren Ortschaftsräten, als Büro-, Besprechungsund<br />

Archivzimmer. Die große Linde vor dem Gebäude<br />

musste bei der Neugestaltung des Rathausvorplatzes<br />

weichen, dafür wurde wieder ein neuer Baum gepflanzt.<br />

Die Ortsdurchfahrt und somit die Bundesstraße,<br />

wurde vor einigen Jahren neu ausgebaut. Bei dieser<br />

Baumaßnahme wurde das Milchhäuschen in<br />

der Ortsmitte, welches nicht mehr benötigt wurde,<br />

abgebrochen. An dieser Stelle, wurde zur „Freude der<br />

Autofahrer“ eine Geschwindigkeitsmesssäule (Poli<br />

Scan Speed) aufgestellt, die seitdem die Einhaltung<br />

der Geschwindigkeit im Ort überwacht und ahndet.<br />

Gegenüber der ehemaligen Milchsammelstelle<br />

wurde das Wohnhaus der Familie Kohlschreiber neu<br />

errichtet und eine Bushaltestelle neu geschaffen.<br />

Links daneben befindet sich die ehemalige Poststelle<br />

der Fam. Göbel mit einem Neubau.<br />

Weiter unten im Dorf, Richtung Bad Mergentheim,<br />

wurde das ehemalige große Wohnhaus mit Stall- und<br />

Scheuergebäude der Familie Sturm (mit einem gro-<br />

49


Ehemaliges Wohnhaus mit<br />

Stall- und Scheuergebäude der<br />

Familie Sturm mit einem großen<br />

Kreuz vor dem Gebäude<br />

(Quelle: Cäcilia Sturm)<br />

Neubau Herrmann Edwin mit<br />

Zimmereigeschäft an gleicher<br />

Stelle.<br />

50


Gasthaus zur Rose<br />

(Datum der Aufnahme unbekannt).<br />

Graph. Kunst- und<br />

Verlagsanstalt A. Weber & Co.<br />

Stuttgart Nr. 151734/51 von<br />

Frau Monika Bauer<br />

(geb. Haag.)<br />

Das Gasthaus zur Rose der Familie<br />

Haag steht modernisiert<br />

noch an gleicher Stelle.<br />

51


Gipser- und Stukkateurmeister<br />

Erwin Landwehr sen. hat auf<br />

dem Gemeindeberg eine kleine<br />

Waldkapelle errichtet.<br />

Pfarrhaus, daneben Haus von<br />

Frau Maria Teufel mit früher<br />

Schulraum der Oberklasse im<br />

Erdgeschoss. Ganz rechts ist<br />

der Eingang zum Pfarrheim St.<br />

Gabriel zu sehen.<br />

52


ßen Kreuz vor dem Gebäude) verkauft und der neue<br />

Eigentümer Zimmermeister Edwin Herrmann hat das<br />

Anwesen käuflich erworben, abgebrochen und durch<br />

einen Neubau für sein Zimmereigeschäft ersetzt. Das<br />

alte vorhandene Kreuz wurde von den neuen Eigentümern<br />

ersetzt und die Restaurierung des Corpus von<br />

der Tochter der ehemaligen Eigentümer, Frau Cäcilia<br />

Zorn (geb. Sturm), getragen.<br />

Das Kreuz wurde an gleicher Stelle wieder errichtet,<br />

ist aber im Eigentum der Geschwister Sturm geblieben.<br />

Es diente in früherer Zeit als eine Station bei der<br />

Fronleichnamsprozession. Das letzte Mal wurde es<br />

dafür nach der Restaurierung, Einweihung und Wiederaufstellung<br />

genutzt. Der Verkehr auf der vor dem<br />

Kreuz vorbeiführenden Bundesstraße ist zu groß und<br />

zu gefährlich für die Prozessionsteilnehmer geworden.<br />

Das Gasthaus zur Rose der Familie Haag steht modernisiert<br />

noch an gleicher Stelle und hat aus Stadt<br />

und Land einen guten Zuspruch. Erwin Landwehr<br />

sen. Gipser- und Stukkateurmeister hat in den letzten<br />

Jahren in Stuppach auf den Gemeindeberg eine kleine<br />

Waldkapelle errichtet.<br />

Blick vom Gemeindeberg auf Stuppach, links oben die neue Schule, darunter<br />

das Pfarrheim St. Gabriel, Pfarrhaus, rechts daneben die Kirche, rechts<br />

im Hintergrund das Neubaugebiet Blumberg und im Vordergrund weitere<br />

Neubauten Richtung Gemeindeberg. (Baugebiet Hachteler Weg).<br />

53


Familie Retzbach.<br />

Aufnahme aus dem Buch von „Madonna, jetzt<br />

tu was für mich“ von Paul Bauer, 2014.<br />

54


Oberhalb der ehemaligen Milchsammelstelle, an<br />

der Kreuzung der beiden Zufahrtswege zur Kirche<br />

und Madonna, befand ich das Wohnhaus mit<br />

Wagnerwerkstatt der Familie Arweiler Anton. Die<br />

Familie hatte mehrere Kinder, die heute nicht mehr<br />

in Stuppach wohnen. Frau Arweiler war lange Jahre<br />

Madonnenführerin. Das gesamte Anwesen wurde<br />

von der Gemeinde Stuppach/Stadt Bad Mergentheim<br />

erworben und abgebrochen. Heute befindet sich hier<br />

ein kleiner idyllischer Dorfplatz mit einem Baum,<br />

Sitzbänken, Grünanlage und einem Steinkreuz.<br />

Gegenüber dem Wohnhaus Arweiler Anton und<br />

dem ehemaligen kleinen Einkaufsladen von Frau<br />

Katharina Retzbach, genannt „Katrine“, ebenfalls auf<br />

dem Weg zur Kirche, stand das ehemalige Armenhaus<br />

der Gemeinde Stuppach. Hier wohnte eine zeitlang<br />

Familie Wilhelmine Wolf und später Familie Gutschick.<br />

Dieses Gebäude wurde von Familie Robert<br />

und Martha Sturm, ehemals Retzbach, erworben,<br />

zusammen mit seinem eigenen alten Wohnhaus<br />

abgebrochen und ein Neubau errichtet. Dieser wird<br />

heute von seinem Sohn Julius mit Frau Anita (geb.<br />

Herrmann) bewohnt.<br />

Daneben ( gelbes Haus) befindet sich das Anwesen<br />

des früheren Bäckers Kasimir, das von Julius Sturm<br />

erworben wurde.<br />

Von oben nach unten:<br />

Kleiner Dorfplatz in Stuppach<br />

Ehemaliges Wohnhaus der Familie Arweiler Anton mit Wagnerei<br />

(Quelle: Wolfang Arweiler)<br />

Neues Wohnhaus Sturm (gelbes Haus), frühere Bäckerei Kasimir<br />

55


Lillstadt<br />

Lillstadt hat sich im Großen und Ganzen seinen<br />

dörflichen Charakter bewahrt. Viele Veränderungen<br />

haben sich in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten<br />

nicht ergeben.<br />

Anstelle des ehemaligen Wohnhauses mit Stallgebäude<br />

der Familie Alois Hynek in Lillstadt steht<br />

inzwischen ein Neubau des Nachbesitzers.<br />

Oben: Ehemaliges Grundstück der Familie Alois Hynek mit jetzt neuem<br />

Wohnhaus des neuen Besitzers. Links ist die Dorfkapelle zu sehen.<br />

Unten: Blick vom Burgers Kreuz auf Lustbronn. Die Straße unten rechts<br />

führt von Althausen her und links Richtung Assamstadt.<br />

56


Lustbronn<br />

Am großen Lindenbaum, der 1871 anlässlich des<br />

Siegs über Frankreich an der Landstraße im Bereich<br />

der „Großen Äcker“ gepflanzt wurde, hat sich nichts<br />

verändert. Man sieht ihm nicht an, dass auch er 70<br />

Jahre älter geworden ist (Auskunft stammt von Herrn<br />

Zimmermeister Josef Bauer, der diese wiederum von<br />

seinem Vater Erwin Bauer erhalten hatte). Im Hintergrund<br />

sind Garage und Wohnhaus von Karl Hertlein<br />

auf dem Gelände der „Großen Äcker“ zu sehen.<br />

In der Vorderen Gasse (heutige Krautheimerstraße)<br />

in Richtung Kapelle wurde das Anwesen der Familie<br />

Linus Rupp auf der linken Seite der Straße abgerissen<br />

und dient heute als Freifläche. Das Grundstück gehört<br />

der jüngsten Tochter Hildegard, die in Stuppach mit<br />

Herrn Johann Retzbach verheiratet war, der bereits<br />

verstorben ist.<br />

Vom ehemaligen Wohn- und Stallgebäude der Familie<br />

Rupp sind keine Fotos mehr im Umlauf, nur eine<br />

Skizze von Frau Juliane Klever, vermutlich eine Verwandte<br />

oder verheiratete Tochter von Horst Paszehr<br />

(siehe auch bei Geschichte der Familie Kreissl).<br />

Oben: Lindenbaum im Bereich der „großen Äcker“ an der Landstraße in<br />

Lustbronn, in der Nähe des Anwesens Karl Hertleins.<br />

Unten: Zeichnung des Anwesens von Familie Rupp, angefertigt von Frau<br />

Juliane Klever.<br />

57


Auf dem Gelände des sogenannten<br />

Eissees (gegenüber<br />

dem Wohnhaus der Familie<br />

Gerner) befanden sich 1946<br />

Gärten und Wiesen. Heute ist<br />

das Gelände mit Wohnhäusern<br />

bebaut. Hierher hat sich der<br />

Ortsteil Lustbronn vergrößert.<br />

Neue Bebauung am Eissee,<br />

von Althausen kommend.<br />

58


Das ehemalige, etwas zurück<br />

versetzte Haus der Familie<br />

Martin Riegel, das gegenüber<br />

der Kapelle lag, wurde<br />

abgerissen. Es dient heute als<br />

Freifläche (Garten).<br />

Im Hintergrund ist links die<br />

Scheune von Familie Emil<br />

Weiß zu sehen.<br />

Vor dem früheren Waaghäuschen<br />

neben der Kapelle wurden<br />

einstmals die Milchkannen<br />

der Bauern gesammelt.<br />

Es wurde abgerissen und in<br />

Verbindung mit einer Trafostation<br />

ein neues Bushaltestellehäuschen<br />

errichtet.<br />

59


Links der Auffahrt zur Hinteren<br />

Gasse stand früher das Haus<br />

von Frau Maria Teufel. Heute<br />

befindet sich hier ein freier<br />

Platz mit einem Baum.<br />

Das ehemalige, staatliche<br />

Forsthaus am Ortsausgang<br />

nach Assamstadt, in dem<br />

die Familie Schmieg mit den<br />

Söhnen Bernhard und Alois<br />

wohnte, wurde privatisiert und<br />

von den neuen Eigentümern<br />

mehrfach um- und angebaut.<br />

60


Auf halber Höhe der Hinteren<br />

Gasse befand sich auf der<br />

linken Seite das sog. „Hopfer<br />

Häusle“, welches der Fam.<br />

Linus Rupp gehörte und in<br />

dem die Familien Kreissl Erwin<br />

und Blank Margarethe untergebracht<br />

waren. Hier eine<br />

alte Aufnahme, links daneben<br />

die Scheune von Linus Rupp.<br />

Aus dem Hof der Familie Josef<br />

Burger fotografiert.<br />

(Quelle: Hannelore Amann)<br />

Das ehemalige „Hopfer<br />

Häusle“ wurde ebenfalls<br />

abgerissen.<br />

61


In der Kurve der Landesstraße,<br />

der sog. „Vorderen Gasse“<br />

(heute Krautheimerstraße)<br />

stand das Wohnhaus der Fam.<br />

Hertlein. Sohn Karl hat im<br />

Gelände der „Großen Äcker“<br />

ein neues Wohnhaus gebaut.<br />

Damit konnte sein Elternhaus<br />

abgerissen und das Gelände<br />

zur besseren Straßenführung<br />

zur Verfügung gestellt werden.<br />

Das Foto zeigt u.a. Frau<br />

Hertlein (2.v.l.), Herrn Hertlein<br />

(3.v.l.) und Sohn Karl (4.v.l.)<br />

(Quelle: Karl Hertlein)<br />

Auf dieser Grünfläche und<br />

einem Teil der Straße stand<br />

das ehemalige Wohnhaus<br />

Hertlein. Links steht noch das<br />

Scheunengebäude.<br />

62


Das ehemalige Anwesen der<br />

Familie Erwin Bauer (Wohnhaus<br />

mit kleinem Stallgebäude)<br />

zwischen den Wohngebäuden<br />

talseitig der Familie Gahm<br />

(heute Familie Kalis) und<br />

bergseitig der Familie Möhler<br />

Alfons.<br />

Die Familie Hans Müller<br />

(Hausname Bissinger) hatte<br />

zwei Töchter (Annemarie und<br />

Brigitte). Annemarie hat einen<br />

Landwirt Rupp aus Assamstadt<br />

geheiratet und beide<br />

errichteten auf dem Gelände<br />

der „Großen Äcker“ einen<br />

Aussiedlerhof. Somit konnte<br />

die Familie Erwin Bauer das<br />

Anwesen Müller erwerben und<br />

bewohnen.<br />

(Quelle: Josef Bauer)<br />

Auf dieser Freifläche stand<br />

ehemals das Haus der Familie<br />

Erwin Bauer.<br />

63


Unverändert und seid mehr als 70 Jahren plätschert<br />

der Brunnen vor sich hin und bringt somit den Lustbronner<br />

und dann den Althäuser Bach zum Laufen.<br />

Lediglich das gemauerte Feuerlöschbecken gegenüber<br />

des Brunnens wurde zugeschüttet und der Bach<br />

bis zum Stuppacher Weg verdolt.<br />

Auch die Kapelle, die uns mit mit ihrer Glocke an<br />

die Mittagszeit und den Einbruch der Dunkelheit<br />

erinnerte (das sog. Nachtläuten), hat sich nicht verändert.<br />

Meist durften wir Kinder bis zum Nachtläuten<br />

auf der „Gasse“ bleiben, denn Armbanduhren<br />

oder Handys hatten wir nicht. Die Straße wurde<br />

in diesem Bereich angehoben, wodurch die<br />

Stufen an der Kapelle entfielen.<br />

Sehr wohl verändert hat sich im Laufe<br />

der Jahrzehnte das Heilige Kreuz im<br />

Stuppacher Wald. Jährlich ziehen hier<br />

Gläubige zur Kreuzigungsgruppe um<br />

zu beten, in früheren Jahren auch viele<br />

Kranke und Gehbehinderte. Bei den Renovierungsarbeiten<br />

(neues Dach und seitliches Mauerwerk), die in<br />

den fünfziger Jahren von Erwin Kreissl sen. (Bau- u.<br />

Zimmermeister aus Lustbronn) ausgeführt wurden,<br />

fand man im ehemaligen Dachraum einige hölzerne<br />

Gehhilfen (Krücken).<br />

Auf der Homepage von Stuppach ist nachzulesen:<br />

„Das Heilige Kreuz wurde im Jahre 1753 von dem<br />

Hoch–und Deutschmeister Clemens August, Herzog von<br />

Baiern und Kurfürst von Köln gestiftet und im Stuppacher<br />

Wald in der Nähe der heutigen Eybhütte errichtet.<br />

Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich daraus<br />

eine von der Bevölkerung gern besuchte kleine Wallfahrtsstätte.<br />

Man spricht sogar von überraschenden<br />

Heilungen nach einem Besuch.“<br />

Darüber hinaus war der Ort Ziel vieler Prozessionen<br />

aus den umliegenden Orten. Besonders<br />

am „Hagelfreitag“, der stets am Tag nach Christi<br />

Himmelfahrt begangen wurde. Aber auch der<br />

Kapelle in Lustbronn.<br />

64


Heiliges Kreuz vor der Renovierung im Jahr 1953 (Quelle: stuppach.de)<br />

Heiliges Kreuz nach der Renovierung im Jahr 1953 (Quelle: Berta Ehrmann)<br />

Wendelinustag und die Pfingsttage waren lange Zeit<br />

beliebte Termine. Im Jahr 1953 wurde zum 200jährigen<br />

Jubiläum des Kreuzes eine umfassende Sanierung<br />

durchgeführt. An Stelle eines baufälligen Holzgehäuses<br />

wurden beiderseits Muschelkalkmauern hochgezogen,<br />

die das Kreuz mit dem Deutschordenswappen flankieren.<br />

Eine schützende Überdachung hält den Regen<br />

von dem barocken Kreuz fern. An die Stelle der durch<br />

Witterungseinflüsse stark geschädigten Andachtsbänke<br />

kamen rustikale Sitzbänke aus Eichenstämmen, die<br />

2003 zum 250. Jubiläum erneuert wurden.<br />

Das Kreuz steht heute auf staatlicher Fläche, da der<br />

Deutschordenwald mit der Auflösung des Ordens im<br />

Jahre 1809 durch Napoleon an das Königreich Württemberg<br />

fiel. u<br />

65


Hynek<br />

Stefanie U<br />

Herrmann<br />

Marianne<br />

Blank<br />

Anna<br />

Rudolf<br />

Maria<br />

Weiß<br />

Johanna<br />

Michel<br />

Hilde<br />

Arweil<br />

Elisabe<br />

Rupp<br />

Klara<br />

Bauer<br />

Hedwig<br />

Brinner<br />

Rita<br />

Ansmann<br />

Getrud<br />

Hillenbrand<br />

Gertrud<br />

Stampfer<br />

Maria<br />

Arweiler<br />

Hilda<br />

Köhler<br />

Hedwig<br />

Wolf<br />

Beta<br />

Arweiler<br />

Rosemarie U<br />

Kohlschreiber<br />

Inge<br />

Trisc<br />

Ther<br />

Gruppenbild der Schüler der Oberklasse<br />

auf der Treppe vor der Kirche in Stuppach<br />

(Jahrgang 1935-1938)<br />

vermutlich um 1955 (Foto: E. Nowak)<br />

66


Kelber, Ernst U<br />

er<br />

th<br />

Stütz<br />

Anna U<br />

Schäffer<br />

Helmut U<br />

Heß<br />

Felix<br />

Göbel<br />

Berta<br />

Gutschick<br />

Artur U<br />

Heim<br />

Anton U<br />

Wolf<br />

Ludwig U<br />

Paszehr<br />

Horst U<br />

Teufel<br />

Josef U<br />

Landwehr<br />

Ludwig<br />

Retzbach<br />

Johann U<br />

Demel<br />

Roland<br />

Nuß<br />

Wilhelm U<br />

hler<br />

esia<br />

Retzbach<br />

Adelgunde<br />

Ehrmann<br />

Berta<br />

Schmötzer<br />

Alfons U<br />

Paszehr<br />

Helmut<br />

Lanig<br />

Josef<br />

Bauer<br />

Anton U<br />

Eßwein<br />

Stephan<br />

Burkhard<br />

Wilhelm U<br />

Volk<br />

Albert<br />

Schmeiser<br />

Hubert<br />

Arweiler<br />

Helmut U<br />

Bauer<br />

Robert<br />

Kreissl<br />

Erwin<br />

Lanig<br />

Erwin<br />

Arweiler<br />

Hubert<br />

67


Gruppenbild der Schüler der<br />

Oberklasse vor der alten Schule<br />

(Jahrgang 1937-1940)<br />

Namen auf der nächste Seite<br />

(Foto: Berta Nuß)<br />

68


69


51<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

24<br />

15<br />

5<br />

16<br />

17<br />

6<br />

46<br />

25<br />

26<br />

27<br />

7<br />

28<br />

18<br />

8<br />

47 48<br />

44 45<br />

35 36 37 38 39<br />

29 30<br />

20<br />

19<br />

9<br />

41<br />

40<br />

31<br />

21<br />

10<br />

4<br />

32<br />

70


9<br />

50<br />

42 43<br />

33 34<br />

Gruppenbild der Schüler der<br />

Oberklasse vor der alten Schule<br />

Jahrgang (1937-1940)<br />

(Foto: Berta Nuß)<br />

22<br />

11<br />

12<br />

23<br />

13<br />

14<br />

1 Steiner Lieselotte<br />

2 Demel Hannelore<br />

3 Arweiler Rosemarie U<br />

4 Friedrich Gisela<br />

5 Wolf Wilhelmine<br />

6 Lanig Mechthild<br />

7 Ehrmann Ludwig U<br />

8 Bauer Alois<br />

9 Bauer Anton U<br />

10 Steiner Arthur U<br />

11 Ehrmann Josef<br />

12 Schönbein Erhard<br />

13 Schmieg Karl U<br />

14 Landwehr Paul<br />

15 Blank Martha<br />

16 Zorn Elfriede<br />

17 Dittrich Erika<br />

18 Burger Hannelore<br />

19 Bauer Alfons<br />

20 Schmeiser Albert<br />

21 Stockert Erwin U<br />

22 Köhler Otto<br />

23 Stütz Andreas<br />

24 Haag Paula<br />

25 Lanig Berta U<br />

26 Hanisch Waltraud<br />

27 Nold Melitta<br />

28 Stütz Lucia<br />

29 Wolf Beta<br />

30 Arweiler Helmut U<br />

31 Bauer Walter<br />

32 Landwehr Erwin<br />

33 Möhler Hermann<br />

34 Derr Alois U<br />

35 Derr Agathe<br />

36 Bauer Hedwig<br />

37 Kohlschreiber Inge<br />

38 Derr Rita U<br />

39 Ehrmann Berta<br />

40 Volk Albert<br />

41 Lanig Erwin<br />

42 Bauer Robert<br />

43 Schmeiser Hubert<br />

44 Retzbach Adelgunde<br />

45 Tritschler Theresia<br />

46 Stampfer Marianne<br />

47 Hynek Stefanie U<br />

48 Lanig Josef<br />

49 Burkert Wilhelm U<br />

50 Arweiler Hubert U<br />

51 Kelber Ernst U<br />

(Personen identifiziert<br />

von Gisela Friedrich)<br />

71


72


Gruppenbild der Schüler der<br />

Unterklasse auf der Treppe vor der<br />

Kirche in Stuppach<br />

(Jahrgang 1939-1941)<br />

(Foto: Inge Hermann)<br />

1. Reihe von unten (v.l.n.r):<br />

Hermann Klaus, Kasimir Helmut U, Stampfer Martin,<br />

Ruck Ewald, Teufel Anton U, Möhler Alfons, Nold<br />

Pius, Weiß Erich, Stockert Alois.<br />

2. Reihe von unten (v.l.n.r.):<br />

Steiner Waltraud, Kohlschreiber Gretrud, Arweiler<br />

Christa, Schmieg Gisela, Möhler Hildegard, Nold Philomena,<br />

Stockert Helga, Landwehr Paul, Bauer Alois,<br />

Ehrmann Ludwig U, Derr Alois U, Schmeiser Albert,<br />

Bauer Alfons, Schmieg Alois U, Mäussnest Sieglinde U.<br />

3. Reihe von unten (v.l.n.r.):<br />

Wolf Wilhelmine, Nold Melitta, Hanisch Waltraud,<br />

Dittrich Erika, König Erika, Blank Martha, Friedrich<br />

Gisela, Schmieg Karl U, Schönbein Eberhard, Köhler<br />

Otto, Ehrmann Josef, Stockert Erwin.<br />

4.Reihe von unten (v.l.n.r.):<br />

Stütz Lucia, Steiner Lieselotte, Demel Hannelore,<br />

Lanig Mechthild, Lanig Berta U, Zorn Elfriede, Steiner<br />

Arthur U, Stütz Andreas, Hermann Hubert, Möhler<br />

Hermann, Bauer Walter.<br />

5. Reihe von unten (v.l.n.r.):<br />

Derr Agathe, Kreissl Edeltraud, Burger Hannelore,<br />

Haag Paula, Landwehr Erwin.<br />

73


Gruppenbild der Schüler der<br />

Unterklasse vor der alten Schule<br />

(Jahrgang 1942-1944)<br />

(Foto: Erika Ficker)<br />

Bauer<br />

Hubert U<br />

Sturm<br />

Siegfried<br />

Demel<br />

Gottfried<br />

Lani<br />

Elisab<br />

Sturm<br />

Cecilia<br />

Ehrmann<br />

Lydia<br />

Steiner<br />

Margarete U<br />

Wuchenauer<br />

Irmgard<br />

Müller<br />

Edeltraud<br />

Arweiler<br />

Wolfgang<br />

74


g<br />

eth<br />

Kreissl<br />

Erika<br />

Teufel<br />

Getrud<br />

Frau<br />

Hofmann<br />

Schönbein<br />

Marianne<br />

Lanig<br />

Lioba<br />

Wolf<br />

Irma<br />

Högele<br />

Eugen U<br />

Hermann<br />

Hans<br />

Müller<br />

Annemarie<br />

75


76<br />

Herr, gedenke aller Flüchtlinge und<br />

aus ihrer angestammten Heimat<br />

Vertriebenen und den Verstorbenen<br />

in aller Welt.


„Es sprach der Herr das Amen<br />

euer Platz, er bleibt nun leer.<br />

Da er euch rief beim Namen<br />

vermissen wir euch sehr.“<br />

Foto: Frank Wunderatsch<br />

77


Familie Blank Margarethe<br />

mit den Kindern Elisabeth, Anna und Martha (wohnhaft in Lustbronn)<br />

Anna Blank<br />

Blank Margarethe<br />

Frau Margarethe Blank (geb. in der Tschechoslowakei) wurde mit<br />

ihren Kindern Elisabeth, Anna und Martha ausgewiesen/vertrieben.<br />

Über Gingen an der Brenz kamen sie am 20.03.1946 nach Lustbronn zu<br />

Fam. Linus Rupp ins Dachgeschoss des sog. „Hopfer Häusle“. Im gleichen<br />

Haus zog am 19.04.1946 Fam. Erwin Kreissl mit vier Kindern und der<br />

Oma in die Erdgeschosswohnung ein.<br />

Familie Blank bewohnte mit vier Personen ein Dachzimmer ohne Bad,<br />

Küche oder Abort. Diesen mussten sie sich in Form eines Häuschen mit<br />

Herz im Freien mit Fam. Kreissl und deren Kindern teilen. Im ganzen Haus<br />

war nur ein Wasseranschluss im Keller vorhanden und musste mit Eimern<br />

in die Wohnung getragen werden. Das Abwasser wurde einfach in die<br />

Gosse geleert. Zum Wochenende und nach Bedarf wurde der Wohnraum<br />

in ein Bad mit einer einfachen Blechbadewanne verwandelt. Als Heizung<br />

diente ein einfacher Holzofen, der zum Heizen des Wohnraumes sowie<br />

zum Kochen und Erwärmen des Badewassers diente. Zur Beheizung des<br />

Ofens musste im Wald Fallholz gesammelt und mit einem Leiterwagen<br />

nach Hause gefahren werden. Familie Blank zog später nach Stuppach um.<br />

Martha Blank<br />

Blank Maria, Anna und Martha<br />

Maria Blank (gerufen „Mizi“), Anna Blank und Martha Blank wurden<br />

mit ihrer Mutter aus der Heimat vertrieben und kam nach Lustbronn.<br />

Ihre letzten Jahre der Schulzeit verbrachten sie bei Herrn Lehrer<br />

Kelber in Stuppach, Martha ihre Anfänge bei Lehrerin Mäussnest. u<br />

Text: Erwin Kreissl (nach Angaben aus dem Anmeldebuch der<br />

Gemeinde Stuppach<br />

78


Elternhaus der Familie Demel im Botenwald (Baujahr 1935)<br />

Familie Demel Karl und Emilie<br />

mit den Kindern Roland, Hannelore, Gottfried und Gerhilde (wohnhaft in Stuppach)<br />

Demel Karl und Emilie<br />

Nachdem der Heimatort Botenwald (damals<br />

Kreis Wagstadt, Kuhländchen/Sudetenland am<br />

Oberlauf der Oder) kurz vor Kriegsende im Frühjahr<br />

1945 zum Kampfgebiet erklärt wurde, mussten Karl<br />

(geb. 1905), Fabrikarbeiter, und Emilie (geb. am<br />

06.02.1909), Mitarbeiterin bei Bauern, mit den fünf<br />

Kindern und anderen Personen ihr Dorf verlassen.<br />

Mutter Emilie Demel<br />

79


Familie Demel (v.l.n.r.): Hannelore, Gottfried, Roland, Gerhilde, Ilse<br />

Auf der Flucht wurden sie in der Nacht von tschechischen<br />

Partisanen überfallen und in einem Außenbereich<br />

von Prag gebracht. Sofort nach der Ankunft<br />

in Prag wurden die Männer von den Frauen und<br />

Kindern getrennt. Seitdem ist Vater Karl vermisst und<br />

keiner aus der Familie hat je wieder etwas von ihm<br />

gehört.<br />

Nach etlichen Märschen durch Prag landeten sie im<br />

Strahof-Stadion, das damals als größtes Stadion der<br />

Welt galt. In Prag verbrachten sie ca. vier Wochen und<br />

wurden dann von tschechischen Bauern zur Arbeit<br />

auf deren Höfen und Felderngeholt. Sie kamen in das<br />

Dorf Klapy (Kreis Libochice).<br />

<strong>Ins</strong>gesamt neun Personen (sechs Kinder und drei<br />

Erwachsene) waren in einem Zimmer untergebracht<br />

und Mutter Emilie war davon die Einzige, die mit<br />

landwirtschaftlicher Arbeit vertraut war. Während<br />

der Zeit in Klapy schrieb sie einen Brief an ihre Eltern<br />

und benachrichtigte sie über den neuen Aufenthaltsort.<br />

Daraufhin mussten alle zurück in die Heimat, weil<br />

die Personen erfasst werden mussten, die ausgesiedelt<br />

werden sollten.<br />

In Neutitschein wurden sie in einem Sammellager<br />

für die Transporte zusammengestellt: 30 Personen je<br />

Waggon und jeder durfte nur ca. 25 bis 30 kg Gepäck<br />

mitnehmen.<br />

80


Ilse Demel<br />

Über Fuhrt im Wald kamen alle im Sommer 1946<br />

nach Deutschland. In Göppingen war vorläufig Endstation.<br />

In der Maschinenfabrik Speiser waren sie in<br />

einem großen Raum mit vielen anderen Leuten untergebracht.<br />

Die Verpflegung war im Gasthaus Linde.<br />

Mutter Emilie und zwei der Kinder, Ilse und Hannelore,<br />

kamen mit einem Zug von Göppingen nach Bad<br />

Mergentheim und von hier am 16.07.1946 mit einem<br />

Lastwagen nach Stuppach. Die zwei Geschwister Gottfried<br />

und Gerhilde blieben wegen Unterernährung im<br />

Krankenhaus in Göppingen. Nach ca. einem halben<br />

Jahr kamen beide zur Familie nach Stuppach. Gerhilde<br />

sagte zu ihrer Mutter „Tante“.<br />

Familie Demel war die letzte Familie, die mit polizeilicher<br />

Anordnung bei Fam. Anton Haag in zwei<br />

Zimmern unter dem Dach ihre zukünftige Bleibe für<br />

die nächsten zehn Jahre fand – ohne eigenes Bad,<br />

ohne eigenen Trockenabort, ohne Küche. Alles Nötige<br />

für sechs Personen war lediglich in zwei Zimmern<br />

unter dem Dach untergebracht.<br />

Um ihre Familie ohne Mann und Vater durchzubringen,<br />

half Mutter Emilie bei verschieden Bauern bei<br />

der landwirtschaftlichen Arbeit. 1956 zog die Familie<br />

dann nochmals in Stuppach zu Frau Wolf in die Neue<br />

Steige um. Mutter Emilie verbrachte Ihren Lebensabend<br />

in der Kolbstraße in Bad Mergentheim (Weberdorf).<br />

Sie verstarb 1970 im Alter von 68 Jahren und<br />

wurde hier auch beerdigt. u<br />

Textgrundlage & Fotos: Roland Demel,<br />

ergänzt durch Erwin Kreissl<br />

Demel Ilse<br />

Ilse Demel, verh. Köhler, wurde am 02.03.1933 geboren.<br />

Wie die Mutter und die anderen Geschwister,<br />

kamen die Demels am 16.07.1946 nach Stuppach ins<br />

Haus der Fam. Anton Haag. Die Schulpflicht wurde<br />

unterbrochen, da zuhause vorher die Bürgerschule<br />

besucht wurde.<br />

Mit knapp 14 Jahren kam sie nach Markelsheim in<br />

den Haushalt (früher sagte man hierzu „in Stellung“)<br />

zu Familie Kuhn und zu Fam. Adelmann in Königshofen<br />

(Generalvertreter für Opel Automobile). Im Jahre<br />

1953 heiratete sie Herrn Ewald Köhler aus Weikersheim<br />

und wohnten in Weikersheim. Aus der Ehe gingen<br />

6 Kinder hervor. Nach der Trennung von ihrem<br />

Mann im Jahr 1971 zog sie nach Aich im Aichtal. Dort<br />

fand sie einen neuen Arbeitsplatz und kaufte eine<br />

Eigentumswohnung.<br />

Im August 2015 zog es sie wieder zurück nach Bad<br />

Mergentheim, um den Lebensabend im Kreise ihrer<br />

Geschwister zu verbringen. u<br />

Textgrundlage & Fotos: Roland Demel<br />

81


Demel Roland<br />

Am 23.09.1935 wurde ich geboren und 1945 mit meinen Eltern und<br />

vier weiteren Geschwistern von zuhause vertrieben. Auf der Flucht<br />

wurde unser Vater von tschechischen Partisanen entführt – seit dem gilt<br />

er als vermisst. Unsere Mutter musste also mit ihren fünf Kindern alleine<br />

zurecht kommen. Sie, meine ältere Schwester Ilse und ich mussten bei<br />

den Bauern arbeiten. Die drei jüngeren Geschwister Hannelore, Gottfried<br />

und Gerhilde waren tagsüber mehr oder weniger auf sich allein gestellt.<br />

Nach unserer Ankunft in Stuppach im Jahr 1946 besuchte ich noch<br />

zum Teil die Oberstufe der Schule bei Herrn Lehrer Kelber, wurde aber<br />

dann mit einer Sondergenehmigung des Schulamtes vom weiteren Schulbesuch<br />

befreit. Damit konnte ich im Frühjahr 1949 bereits eine Lehrstelle<br />

als Bauschlosser bei Schlossermeister Wilhelm Wannenmacher in Bad<br />

Mergentheim antreten (Firma zwischenzeitlich erloschen).<br />

Nach dreijähriger Lehrzeit und erfolgreicher Abschlussprüfung begann<br />

ich im Sommer 1952 meine Arbeit bei Firma Patzner (Palux Kaffee Maschinenfabrik).<br />

Die Herren Patzner in Bad Mergentheim waren ebenfalls<br />

Heimatvertriebene. Angelernt wurde ich als Metalldrücker, ansonsten<br />

durchlief ich mehrere Abteilungen in der Firma.<br />

1960 heiratete ich meine Frau Helga, geb. Frank, Jahrgang 1939 und<br />

1958/59 bauten wir mit meinem Schwiegervater ein zweigeschossiges<br />

Wohnhaus in den Herrenwiesen in Bad Mergentheim. Seitdem bewohne<br />

ich eine dieser Doppelhaushälften. Der seinerzeitige Bauträger war die<br />

Kreisbaugenossenschaft Bad Mergentheim.<br />

1962 wurde unsere Tochter Michaela geboren und 1967 die beiden<br />

Zwillingssöhne Roland und Mathias. Am 1. Februar 1963 wechselte ich<br />

meine Arbeitsstelle von der Fa. Patzner zur Landesversicherungsanstalt<br />

(LVA) Baden-Württemberg, ebenfalls in Bad Mergentheim (heute „Klinik<br />

ob der Tauber“). Bei der LVA war ich bis zu meiner Rente im Jahr 1997<br />

als Kesselwärter im technischen Bereich beschäftigt.<br />

82


Links: Der kleine Roland Demel auf der Kirchentreppe in Stuppach.<br />

Unten links / rechts: Roland Demel in verschiedenen Stadien seines Alters.<br />

In meinem ganzen Leben war es mir nie langweilig: 26 Jahre war ich<br />

im Stadtrat in der großen Kreisstadt Bad Mergentheim.<br />

Seit 1953 bin ich Trompeter bei der Stadtkapelle Bad Mergentheim,<br />

seit 1954 Gründungsmitglied der Trachtenkapelle Stuppach und seit<br />

1978 Mitglied als Stabshornist beim Historischen Schützencorps in Bad<br />

Mergentheim (seit 2015 Ehrenstabshornist). Für meine langjährige<br />

aktive Mitarbeit im Stadtrat, in der Stadtkapelle, im historischen Schützencorps,<br />

als Trompeter in der Stadtkapelle bei Beerdigungen und meine<br />

sonstigen ehrenamtlichen Arbeiten wurde mir im Jahr 2000 von der<br />

Stadt Bad Mergentheim die „Silberne Bürgermedaille“ verliehen.<br />

Zur Stadtratswahl 2004 ließ ich mich nicht mehr aufstellen, aber im<br />

Gutachterausschuss der Stadt Bad Mergentheim arbeitet ich von 1988<br />

bis 2015 noch mit. Jetzt genieße ich, soweit es meine Gesundheit zulässt,<br />

zusammen mit meiner Frau, den Kindern und sechs Enkelkindern meinen<br />

Ruhestand. Das Mitspielen in der Stadtkapelle und im Historischen<br />

Schützenkorps hat mich allerdings noch nicht ganz losgelassen. u<br />

Oben: Roland Demel als Ehrenstabshornist der<br />

Historischen Schützencorps Bad Mergentheim.<br />

Unten: Unsere Wohnhaushälfte in den Herrenwiesen<br />

in Bad Mergentheim.<br />

Textgrundlage & Fotos: Roland Demel<br />

83


Kirche in Botenwald<br />

Frau Damaris Stapf hat 2003 eine wissenschaftliche Hausarbeit zur<br />

ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Grund und Hauptschulen<br />

u.a. über die Geschichte der Vertreibung von Roland Demel<br />

geschrieben. Dies sind Auszüge aus ihrer Ausarbeitung:<br />

Ankunft und Integration von Flüchtlingen<br />

und Heimatvertriebenen in und um Bad<br />

Mergentheim<br />

Geboren bin ich am 23. September 1935 in Botenwald/Nordmähren<br />

im Sudetenland.<br />

Am 20. April 1945 bin ich gemeinsam mit meiner ganzen Schulklasse<br />

noch zum Pimpf der Hitlerjugend ernannt worden. Dazu bekam ich ein<br />

Halstuch mit Lederknoten, Schulterriemen und ein Braunhemd. Zum<br />

ersten Pimpftreffen ist es nicht mehr gekommen – die russische Front<br />

rückte immer näher. Das Heulen und die Einschläge der russischen Stalinorgeln<br />

waren zu hören, die Flucht war nicht mehr abzuwenden.<br />

Mein Patenonkel, der Besitzer einer Holzfabrik, holte uns am Sonntagmorgen<br />

ab. Der überstürzte Aufbruch begann ohne meinen Vater,<br />

der musste beim Volkssturm zurückbleiben. Auf dem Lastwagen meines<br />

Patenonkels fuhren seine Familie, meine Mutter, meine drei Schwestern<br />

und mein Bruder mit. Mit allem, was Räder hatte, machte sich ein Treck<br />

in Richtung Westen auf den Weg, zunächst nach Botenstadt.<br />

Nach einigen Tagen kam mein Vater mit dem Fahrrad nach. Mein Onkel<br />

wollte und konnte die Flucht aufgrund von Kraftstoffmangel nicht fortsetzen<br />

– wir zogen mit meinem Vater alleine weiter. Der sprach deutsche<br />

84


Soldaten an, die uns anschließend auf ihrem Fahrzeug<br />

mitnahmen. Unterwegs gerieten wir wieder unter Beschuss;<br />

die Kugel und Granaten sind uns um die Köpfe<br />

geflogen. Dann gab es kein Weiterkommen mehr – die<br />

Straßen waren durch die Trecks und Militärfahrzeuge<br />

blockiert. Wir mussten zu Fuß weiterziehen.<br />

Eines Nachts war die Flucht jäh zu Ende: Tschechische<br />

Partisanen überfielen einen nahestehenden<br />

Lastwagen, zerrten Frauen herunter und vergewaltigten<br />

sie im angrenzenden Wald. „Nicht schießen,<br />

ich habe Frau und fünf Kinder. Ich bin kein Soldat“,<br />

hörte ich meinen Vater sagen. Anschließend wurden<br />

wir bis in die Nähe von Prag gebracht. Als ich sah,<br />

dass die gefangenen Soldaten an ihren Uniformen<br />

Hoheitsadler mit Hakenkreuz und Dienstgradsabzeichen<br />

abrissen, habe auch ich mein Pimpftuch weggeworfen.<br />

Die gefangenen wurden in einen Bauernhof<br />

getrieben, ein Menschenleben war oft wenig wert.<br />

Russische Soldaten zerrten Frauen in die Scheune<br />

und vergewaltigten sie. Ein Sowjetsoldat bot uns Kindern<br />

Würfelzucker an, doch niemand von uns will die<br />

Leckereien annehmen, aus Angst, der Zucker könnte<br />

vergiftet sein. Schließlich lachte der russische Soldat,<br />

griff mit geschlossenen Augen in die Schachtel und<br />

steckte sich ein Stückchen Würfelzucker in den Mund;<br />

„Is gutt!“, gibt er uns zu verstehen.<br />

Gegen Abend wurde selektiert: Männer nach rechts,<br />

Frauen und Kinder nach links. Es ist das letzte Mal,<br />

dass wir unseren Vater gesehen haben!<br />

Bis heute weiß meine Familie nichts über sein<br />

Schicksal: Er ist verschollen und wahrscheinlich<br />

umgebracht worden. Bewacht von den Tschechen,<br />

wurden wir Kinder mit unseren Müttern und den anderen<br />

Frauen weitergetrieben bis zu einem Gebäude,<br />

das offensichtlich ein Lazarett ist. Die tschechischen<br />

Wachposten drohten uns „Ihr werdet alle erschossen“.<br />

Am Morgen wurden wir Deutsche nach Prag getrieben,<br />

da kommt es zu wüsten Ausschreitungen. Meine<br />

Mutter hatte uns fünf Kinder dabei und schleppte<br />

noch einen Koffer und weiteres Handgepäck mit sich.<br />

Ein deutscher Soldat erklärte sich bereit, den Koffer<br />

für meine Mutter zu tragen. Plötzlich stürzte ein<br />

tschechischer Junge, der kaum älter war als ich auf<br />

den Soldaten zu und entriss ihm unter Schlägen und<br />

Fußtritten den Koffer meiner Mutter. Damit waren die<br />

Demel´schen Habseligkeiten verloren gegangen. Die<br />

Kolonne der Deutschen durch Prag wurde von Wachposten<br />

mit Gewehrkolbenstößen angetrieben und sie<br />

beschimpften uns „Deutsche Schweine, Hitlerbande!“<br />

Für einige Tage wurden wir Kinder und unserer Mutter<br />

in einen Keller gesperrt.<br />

In den folgenden Tagen wurden wir von einem Ort<br />

zum anderen getrieben, von Tschechen beschimpft<br />

und geschlagen. Schließlich wurden wir ins Prager<br />

Strahov-Stadion gebracht.<br />

Strahov-Stadion<br />

Am Eingang haben uns russische Soldaten alle<br />

Wertgegenstände abgenommen, die wir noch hatten.<br />

Im Stadion herrschten unvorstellbare Zustände, mehr<br />

als 10 000 Menschen lagerten auf dem Rasen. Ich<br />

habe auf der Flucht viele Tote gesehen, aber im Stadion<br />

lagen sie nebeneinander auf der Aschenbahn und<br />

85


wurden mehrmals täglich mit Pferdewagen abtransportiert.<br />

Die Ruhr brach aus, es gab nur einen Wasserhahn,<br />

an dem die Menschen stundenlang anstanden.<br />

Pro Kopf und Tag gab es nur 100 Gramm Brot.<br />

Nach drei Wochen im Stadion in Prag wurden meine<br />

Mutter, meine vier Geschwister und ich zusammen<br />

mit einigen hundert Menschen durch Prag getrieben.<br />

Am gleichen Tag kamen tschechische Bauern mit<br />

Traktoren und Anhängern, holten uns Deutsche als<br />

kostenlose Arbeitskräfte und brachten uns in das<br />

Dorf Klappi im Kreis Libochowi in Nordböhmen.<br />

Meine Familie kam zu dem Bauern Libansky. Dort bewohnten<br />

neun Menschen zusammen einen Raum. Die<br />

Frauen mussten auf dem Hof alle landwirtschaftlichen<br />

Arbeiten wie Melken, Ausmisten und Feldarbeit<br />

verrichten. Die Verpflegung war kümmerlich: Zum<br />

Frühstück eine Scheibe Brot und schwarzen<br />

Kaffee, zum Mittag immer<br />

nur Erbsen oder Bohnen,<br />

abends<br />

auch nur einen Kanten Brot. Satt wurde niemand.<br />

Auch ich hatte ein umfangreiches Arbeitspensum:<br />

Holzhacken, Viehfutter holen, Futterrüben mahlen,<br />

für die Bäuerin einkaufen und noch vieles, vieles<br />

mehr. Dabei mussten alle Deutschen zur Erkennung<br />

eine 10 cm breite, weiße Armbinde tragen.<br />

Ende Mai konnte meine Mutter den Großeltern<br />

in Botenwald ein Lebenszeichen zukommen lassen.<br />

Mein Großvater veranlasste die Rückkehr zwecks<br />

Registrierung. Einen Tag und eine Nacht dauerte die<br />

Reise mit der Bahn, bis wir in unseren Heimatort Botenwald<br />

ankamen. In unser Haus konnten wir nicht<br />

mehr zurück; es wurde von Tschechen bewohnt. Wir<br />

gingen zu meinen Großeltern.<br />

Vertreibung<br />

Zwei Wochen später wurde meine Familie mit den<br />

anderen Deutschen ausgewiesen. Mit maximal 30<br />

Strahov-Stadion in Prag<br />

86


Kilo Gepäck pro Kopf mussten wir uns am Bahnhof<br />

von Stauding einfinden. Auf Viehwaggons verladen,<br />

wurden wir in ein Sammellager transportiert. Dort<br />

wurden Transporte zusammengestellt: Je 30 Personen<br />

wurden in einen Viehwaggon gesteckt. In Furth<br />

im Walde überquerten wir die deutsche Grenze.<br />

Erste Station war ein Lager in Göppingen. Drei<br />

Wochen später ging es nach Bad Mergentheim weiter,<br />

wo wir Heimatvertriebenen auf die Dörfer im Kreis<br />

verteilt wurden. Meine Großmutter und mein Onkel<br />

wurden mit einem US-Armeelaster nach Honsbronn<br />

gebracht; wir fünf Kinder und meine Mutter nach<br />

Stuppach.<br />

„Uns wollte niemand!“<br />

Der LKW hatte auf dem Dorfplatz in Stuppach gehalten.<br />

Der Gemeindediener und sein Sohn verteilten<br />

die Leute auf die Bauernhöfe. Uns wollte Niemand!<br />

Wer will schon eine Frau mit fünf Kindern bei<br />

sich aufnehmen.<br />

Mit Polizeigewalt brachte uns ein Polizist bei einer<br />

Familie unter. Die Bäuerin schimpfte: „I brauch ko<br />

Fraa mit fünf kloane Kind‘, i brauch Mannsbilder zum<br />

schaffe“. Meine Mutter hat dann auf dem Bauernhof<br />

mitgeholfen, und bekam als Arbeitslohn ein Vesper,<br />

das sie mit uns Kindern teilte. Viel zu essen gab es<br />

hier nicht.<br />

Später bemerkte die Bäuerin „Frau Demel, machen<br />

sie sich doch Vorhänge hin, sonst denken die Leute<br />

noch, hier wohnt das Karrenvolk!“<br />

Nach den Sommerferien 1946 ging ich wieder zur<br />

Schule. An Ostern 1949 verließ ich die Schule vorzeitig,<br />

um eine Lehre als Bauschlosser in Bad Mergentheim<br />

anzutreten. u<br />

Textgrundlage: Damaris Stapf<br />

Fotos: Roland Demel, upload.wikimedia.org<br />

87


Demel Hannelore (verh. Dehner)<br />

Geboren wurde ich am 02.03.1940. Mit meiner<br />

Mutter und den Geschwistern kamen wir am<br />

16.07.1946 nach Stuppach zur Fam. Anton Haag.<br />

88<br />

Hannelore Demel (verh. Dehner)<br />

Mit 5 Jahren ging ich zunächst in Stuppach in den<br />

Kindergarten, der von zwei Ordensschwestern (eine<br />

Kinder- und eine Krankenschwester) geleitet wurde.<br />

Dort fand ich Anschluss an die Stuppacher Dorfjugend<br />

und lernte meine beste Freundin Gisela Friedrich<br />

(heute verh. Gutschick) kennen.


Sie und ihre Mutter haben mich immer mit Essen<br />

versorgt.<br />

Danach besuchte ich die Volksschule von der ersten<br />

bis zur achten Klasse in Stuppach (1947-1954, bei<br />

Frl. Mäussnest und später bei Frau Hofmann, in der<br />

Unterklasse und bei Herrn Lehrer Kelber in der Oberklasse).<br />

Anschließend besuchte ich die Handelsschule<br />

im St. Bernhart in Bad Mergentheim mit Abschlussprüfung.<br />

Nach dem Abschluss der Handelsschule verhalf mir<br />

mein älterer Bruder Roland zu einer Lehrstelle in der<br />

Fa. Patzner, zur Ausbildung zum Industriekaufmann<br />

(heute würde man sagen zur Industriekauffrau). Er<br />

arbeitete seinerzeit auch bei der Fa. Patzner als Metalldrücker.<br />

Neun Jahre war ich dort beschäftigt<br />

Wir erfreuen uns bis heute guter Gesundheit und<br />

hoffen und wünschen uns alle, dass dies noch lange<br />

so anhalten möge. u<br />

Textgrundlage und Fotos: Hannelore Dehner<br />

Links: Teil der Familie Demel (v.l.n.r.): Gerhilde, Hannelore, Gottfried, der<br />

kleine Werner (Sohn von Ilse), Mutter Emilie und Roland. Aufgenommen in<br />

Stuppach, Neue Steige.<br />

Unten: Teil der Familie Demel (v.l.n.r):<br />

Hannelore, Gerhild, Mutter Emilie und Gottfried.<br />

Im Jahre 1957 heiratete ich Herrn Hans Dehner,<br />

Zimmermann aus Wachbach. Aus unserer Ehe gingen<br />

in der Zeit zwischen 1957 und 1965 zwei Töchter und<br />

zwei Söhne hervor. 1976 verstarb mein Mann.<br />

Um alleinerziehend meine Kinder zu ernähren war<br />

ich gezwungen, wieder berufstätig zu werden, so z.B.<br />

in der Glaserei Herz-Deutsch in Bad Mergentheim, Fa.<br />

Dub Tauberbischofsheim, Rotes Kreuz Bad Mergentheim.<br />

Meine Kinder sind zwischenzeitlich alle versorgt<br />

und aus dem Haus und so verbringe ich, mit meinem<br />

Lebensgefährten Manfred Ulsamer, den ich seit 31<br />

Jahren kenne, gemeinsam unseren Lebensabend im<br />

eigenen Haus in Wachbach, heute ein Stadtteil von<br />

Bad Mergentheim.<br />

89


Demel Gottfried<br />

Ich wurde am 17.11.1943 geboren und mit meiner<br />

Mutter und den Geschwistern ausgesiedelt. Wir kamen<br />

am 16.07.1946 nach Stuppach zu Fam. Anton Haag.<br />

Ich besuchte zunächst in Stuppach den Kindergarten,<br />

der von zwei Ordensschwestern (eine Kinder- und<br />

eine Krankenschwester) geleitet wurde. Dort fand ich<br />

auch Anschluss an die Stuppacher Dorfjugend.<br />

Danach besuchte ich die Volksschule von der<br />

ersten bis zur achten Klasse in Stuppach, zunächst<br />

bei Frl. Mäussnest und später bei Frau Hofmann, in<br />

der Unterklasse und bei Herrn Lehrer Kelber in der<br />

Oberklasse.<br />

Nach dem Schulabschluss machte ich eine Lehre bei<br />

der Firma Nico Walz, in Bad Mergentheim (die Firma<br />

ist zwischenzeitlich erloschen) zum Autoschlosser.<br />

Nach meiner Gesellenprüfung 1958 arbeitete ich<br />

noch bis zum 11.11.1961 bei meiner Lehrfirma Nico<br />

Walz als Automechaniker und wechselte dann zur Firma<br />

Simic (ehemals Firma Mangold) in der Wettgasse<br />

in Bad Mergentheim. Dort arbeitete ich als KFZ-Me-<br />

90


chaniker. Danach wurde ich als Wehrpflichtiger zur<br />

Bundeswehr nach Hammelburg eingezogen<br />

Vor meiner Hochzeit wohnte ich bereits mit meiner<br />

Freundin zusammen in Bad Mergentheim. Am<br />

26.07.1968 heiratete ich Frl. Gisela Härer, geb. am<br />

17.07.1947 in Oberrot, und wir wohnten bis 1992 zur<br />

Miete in Bad Mergentheim.<br />

1993 haben wir uns in Bad Mergentheim, neben<br />

dem Haus meines Bruders Roland, eine Eigentumswohnung<br />

erworben.<br />

Unsere Ehe blieb kinderlos. Vom 01.06.1965 bis<br />

2004 arbeitete ich als KFZ- und Karosseriemechaniker<br />

im BMW Autohaus Heermann in Bad Mergentheim.<br />

Im Jahr 2005 ging ich in den wohlverdienten Ruhestand.<br />

Meine Frau und ich leben in unserer Eigentumswohnung<br />

und verbringen hier unseren Lebensabend.<br />

Meine Hobbys sind der Schützenverein in Bad<br />

Mergentheim (hier bin aktiv tätig als Sportschütze)<br />

und der Kreisjägerverein in Bad Mergentheim (als<br />

aktiver Heger und Jäger). u<br />

Textgrundlage und Fotos: Gottfried Demel<br />

Links oben: Gottfried als stolzer Autobesitzer 1954<br />

Rechts oben: Gottfried in Stuppach vor dem Saustall von Anton Haag.<br />

Rechts unten: Gottfried mit Frau Gisela und seinem Jadhund 2014.<br />

91


Demel Gerhilde (verh. Schwarz-Hiener)<br />

Ich wurde am 25.02.1945 geboren und mir, als jüngstes Kind, setzen die<br />

Nachkriegszeit nach 1945, die Flucht und die Vertreibung am meisten<br />

zu. Da ich wegen Unterernährung krank war, durfte ich nach Ankunft in<br />

Göppingen nicht mit der Familie weiter reisen nach Stuppach, sondern<br />

musste noch ca. ein halbes Jahr in Göppingen im Krankenhaus verbringen,<br />

bis ich dann von meiner Familie nachgeholt wurde. Meine Familie<br />

kam bereits am 16.07.1946 nach Stuppach.<br />

In Stuppach besuchte ich den Kindergarten bei den Ordensschwestern<br />

und in der Zeit von 1951 bis 1959 die Volksschule, wie meine Schwester<br />

Hannelore, (die Unterklasse bei Frau Hofmann und die Oberklasse bei<br />

Herrn Oberlehrer Kelber).<br />

Anschließend besuchte ich für drei Jahre die Haushaltungsschule<br />

(Haushalt und Nähen) im St. Bernhard in Bad Mergentheim. Nach dem<br />

Abschluss der Schule war ich anderhalb Jahre in einem Lehrerhaushalt<br />

mit kleinen Kindern in Dinkelsbühl angestellt. Später arbeitete ich als<br />

Zimmermädchen im Gasthaus „Zum Wilden Mann“ in Bad Mergentheim<br />

Seit 01.01.2016 ist das Lokal geschlossen und soll als Gaststätte nicht<br />

mehr geöffnet werden. Anschließend arbeitete ich dann als Oberkellnerin<br />

im Gasthaus Chiemgau in Bad Mergentheim.<br />

1968 heiratete ich Herrn Schwarz und wir wohnten in Bad Mergentheim.<br />

Aus dieser Ehe gingen keine Kinder hervor. In zweiter Ehe heiratete<br />

ich am 17.11.1989 Herrn Horst Hiener. Mein Mann verstarb im Mai<br />

2012. Ich wohne seit 1961 in Bad Mergentheim und verbringe in meinem<br />

Eigenheim meinen Lebensabend. u<br />

Textgrundlage und Fotos: Gerhilde Demel<br />

92


Links: Gerhilde als junge Frau und junges Mädchen.<br />

Unten: Teil der Familie Demel heute (v.l.n.r.): Gerhilde,<br />

Roland, Ilse, Hannelore und Gottfried.<br />

93


Familie Dittrich Franz<br />

und Elisabeth<br />

mit den Kindern Heinz und Erika<br />

wohnhaft in Lustbronn<br />

Vater Franz Dittrich<br />

Mutter Elisabeth Dittrich<br />

Dittrich Franz und Elisabeth<br />

Bei Kriegsende befand sich Franz Dittrich (geb.<br />

23.07.1908) in Jugoslawien und hat sich teils<br />

allein, teilweise mit andern Landsern bis an die österreichische<br />

Grenze durchgeschlagen. Hier ging er dann<br />

in ein Auffanglager, das die Engländer errichtet hatten.<br />

Später lieferten die Engländer die Gefangenen an<br />

die Amerikaner aus und so kam er nach Deutschland,<br />

wo er in Aalen-Wasseralfingen entlassen wurde. Dann<br />

schlug er sich erneut bis Hof durch, denn er wollte<br />

zurück ins Sudetenland zu seiner Familie. In Pirna<br />

a.E. traf er dann seine Familie mit den zwei kleinen<br />

Kindern, die bereits von zu Hause (Tetschen/Bodenbach)<br />

vertrieben wurden. Dann machte er sich erneut<br />

mit seiner Familie bei Nacht und Nebel auf, um aus<br />

der russischen Besatzungszone nach Deutschland zu<br />

kommen, was ihm dann letztendlich auch gelang und<br />

er nach Hof und später dann nach Bamberg kam.<br />

94<br />

Von anderen Landsern erfuhr er, dass man in Mergentheim<br />

gut aufgenommen wird und so machte er<br />

sich mit den Kindern auf den Weg nach Mergentheim.<br />

Die Kinder kamen in ein Aufnahmelager und seine<br />

Frau (geb. 24.04.1910) gleich in ein Krankenhaus, wegen<br />

ihrem Gallenleiden. Franz arbeitete in der Nähe<br />

auf einem Gutshof. Nach einer kurzen Zeit der Tren-<br />

Großes Bilder links: Wohnhaus der Familie Dittrich in Lustbronn<br />

(Eigentümerin Frau Maria Teufel aus Stuppach)


nung und einer besseren Organisation kamen alle laut<br />

Anmeldebuch der Gemeinde Stuppach am 19.02.1946<br />

nach Lustbronn in die Gemeinde Stuppach. Auch hier<br />

arbeitete er bei den Bauern in der Landwirtschaft mit.<br />

Zum gleichen Zeitpunkt kam auch die Mutter von<br />

Franz, Maria Dittrich, mit ihrer Tochter Gertrud<br />

Hawel aus Thüringen, nach Lustbronn. Der Opa war<br />

bereits 1945 verstorben.<br />

Als die Ausgleichsämter bei den Landratsämtern<br />

eingerichtet wurden, bewarb sich Franz Dittrich und<br />

wurde zum 01.06.1953 im Landratsamt Mergentheim<br />

eingestellt. Im gleichen Jahr zog die Familie von Lustbronn<br />

nach Bad Mergentheim um. Die Kreisreform<br />

1973, d.h. die Verlegung der Dienststelle nach Tauberbischofsheim,<br />

erlebte er nur noch ein halbes Jahr und<br />

ging dann in den wohlverdienten Ruhestand.<br />

Die erste Zeit seines Rentnerdaseins verbrachte er<br />

mit vielen Reisen, zusammen mit seiner Frau, bis zum<br />

Zeitpunkt, da Letztere ein Pflegefall wurde und Franz<br />

sich liebevoll um sie kümmerte. Eine Woche nach<br />

seinem 80. Geburtstag, am 02.08.1988, verstarb er<br />

plötzlich und wurde in Bad Mergentheim beerdigt.<br />

Nach dem Tode hat Tochter Erika (verh. Scheffel)<br />

mit ihrem Mann Horst die pflegebedürftige Mutter<br />

bis zu ihrem Tod am 02.01.1993 aufgenommen. Sie<br />

wurde ebenfalls in Bad Mergentheim beerdigt. u<br />

Textgrundlage und Fotos: Erika Scheffel<br />

Oma Maria Dittrich (3.v.l.) im Kreise der Familie (1950)<br />

95


Heinz Dittrich vor dem Wohnhaus der Eltern in Lustbronn<br />

mit seiner Schwester Erika (im Hintergrund)<br />

Dittrich Heinz (wohnhaft in Hettesheim)<br />

Meine Erinnerung an die Vertreibung: Geboren<br />

wurde ich am 06.09.1937 in Tetschen/<br />

Elbe (heute Decin, Nord Tschechien), damals besser<br />

bekannt als Sudetenland. Dort verbrachte ich meine<br />

Jugendzeit bis einschl. der 1. Volksschulklasse. Ich<br />

erinnere mich an diese, an den täglichen Schulbeginn.<br />

Wir mussten stehend mit Hitlergruß alle sagen: “Wir<br />

grüßen unseren Führer Adolf Hitler“. Dabei war mir<br />

gar nicht bewusst, wer das eigentlich war. Es gab ja<br />

kein Fernsehen und für die Wochenschau im Kino<br />

war ich noch zu klein.<br />

Einmal half ich bei einer Straßen-Spendensammlung<br />

„Winterhilfswerk“. Jemand hatte die Sammel-<br />

96


üchse und ich einen Pappdeckel mit vielen bunten Porzellan-Vögeln<br />

als Anstecknadel. Bei einer größeren Spende durfte derjenige sich eine<br />

Nadel aussuchen und trug sie, damit er nicht zur weiteren Spende aufgefordert<br />

wurde.<br />

Meine ersten Ski waren für die heutige Zeit unmöglich: Normale Winterschuhe<br />

waren mittels Holzschrauben mit den Brettern fest verbunden.<br />

Die Stöcke waren sehr leicht und sahen einfach seltsam aus. Nachträglich<br />

meine ich, sie seien aus Bambus gewesen.<br />

Tetschen war deutsche Garnisonsstadt. Ab und zu marschierten Soldaten<br />

im Gleichschritt bis zur Brücke, die von Tetschen über die Elbe nach<br />

Bodenbach führte. Wir Jungs liefen stets dorthin, um die Soldaten zu sehen,<br />

denn kurz vor der Brücke hörten wir ein lautes Kommando und der<br />

Gleichschritt wurde zu einem „Gewatschel“. Mir wurde erklärt, das muss<br />

so sein, sonst fällt die Brücke ein. Eine furchtbare Vorstellung für mich.<br />

Im April 1945 wurde unsere Wohnung durch eine Bombe zerstört.<br />

Ich war zu der Zeit zum Spielen, als der Fliegeralarm zu hören war. Da<br />

krachte es schon und ich irrte in einer riesigen Staubwolke in Richtung<br />

Wohnung, wo mich meine Mutter freudig in Empfang nahm.<br />

Noch im Sommer des Gleichen Jahres mussten wir die Heimat verlassen.<br />

Sammelpunkt dafür war der Marktplatz. Wir, das war meine<br />

Mutter, meine 5jährige Schwester und ich – der Vater war zu der Zeit im<br />

Krieg auf dem Balkan. Dreißig Kilogramm Gepäck waren erlaubt, hatten<br />

wir aber nicht, Mutter hatte Geldscheine in einen Kuchen eingebacken<br />

und Schmuck in den Mantelsaum genäht. Nach wenigen Kilometern<br />

Fußmarsch waren wir die Letzten der Marschkolonne und fielen immer<br />

weiter zurück. Dann kam ein Lkw und fuhr uns bis zur Grenze. Die<br />

Kontrollen heil überstanden (es wurde nichts gefunden) fuhren wir mit<br />

dem Zug nach Pirna in Sachsen, wo der geplante Treffpunkt mit unserem<br />

Vater war. Er kam nach der Entlassung aus der Gefangenschaft und wir<br />

flüchteten eines Nachts abenteuerlich durch den Wald über die russische<br />

Zonengrenze.<br />

97


Über verschiedene Lager gelangten wir auf den<br />

Gutshof „Louisgarde“ bei Harthausen (nahe der<br />

Gemeinde Nassau) im Kreis Mergentheim, welcher<br />

sehr abgelegen war. Mein Vater war für die Fütterung<br />

der Schweine zuständig und betreute die 10 Ochsen;<br />

die Pferde waren nur für den Gutsherrn. Die Ochsen<br />

hatten in die Vorderseite der Hörner Nummern<br />

eingebrannt. Die diente zur besseren Bezeichnung<br />

der Tiere, z.B. für das Pflügen nimmst Du die Ochsen<br />

Nummer 4 und 6.<br />

Im Februar 1946 fuhren wir mit einem großen<br />

Leiterwagen, der von zwei Pferden gezogen wurde,<br />

mit aller Habe von dem Gutshof nach Stuppach und<br />

anschließend nach Lustbronn. Laut Anmeldebuch der<br />

Gemeinde Stuppach war das am 19.02.1946. Es lag<br />

etwas Schnee und die Tiere hatten alle Mühe den Wagen<br />

über den Berg zwischen Stuppach und Lustbronn<br />

zu ziehen. Wir mussten absteigen und schieben. Bei<br />

der Abfahrt, an dem großen Holzkreuz vorbei (das<br />

sog. „Burgers Kreuz“ und kurz vorher noch „Gerners<br />

Kreuz)“, war es glatt. Dann zogen wir in das „Teufelhaus“<br />

ein. Das waren besondere erste Eindrücke.<br />

Unser Haus, die Nr. 6, bestand unten links aus einem<br />

ehemaligen Stall, den wir als Holzkeller benutzten.<br />

Der Platz für den Misthaufen lag gleich neben<br />

der Haustür. Wir wollten ihn als Garten nutzen, aber<br />

der Boden war viel zu steinig. Rechts neben dem<br />

Eingang war ein nasser Felsenkeller, im 1. Stock die<br />

Küche mit dem einzigen Wasseranschluss und ein<br />

großer Kupferwaschkessel zum Beheizen und Wäsche<br />

waschen. Außerdem konnte man dort auch einem<br />

großen Holzbackofen bedienen. Wir nutzten ihn nur<br />

ein- oder zweimal. Dahinter lag der Garten sowie<br />

eine Toilette ohne Spülung (Trockenabort). Aus der<br />

großen Wohnstube machten wir zwei Räume: einen<br />

für uns und den anderen für Oma und Tante Hawel.<br />

Im Stock darüber war das Schlafzimmer der Eltern<br />

und auch das meiner Schwester Erika und von mir.<br />

Es gab in diesem Stockwerk keine Heizung und im<br />

Winter konnten wir morgens oftmals Eisblumen am<br />

Fenster bestaunen. Die Lustbronner Bewohner waren<br />

sehr freundlich. Sie unterstützten uns mit Betten und<br />

Lebensmitteln. Wir waren für sie zwar Fremde, aber<br />

auch interessante Mitbewohner. Und wir versuchten<br />

ihnen den Unterschied zwischen Flüchtlingen und<br />

Heimatvertriebenen beizubringen, was ihnen aber<br />

ziemlich egal war.<br />

Öffentliche Bekanntmachungen in Lustbronn wurden<br />

bis zum Ende der 40er Jahre durch den „Schellmann“<br />

gemacht. Er wohnte damals im Haus Nr.1<br />

(Herr Bauer). Er läutete mit der Glocke in der Hand<br />

und rief die Neuigkeit mit lauter Stimme. Das wiederholte<br />

er drei bis viermal im Ort. Alle machten die<br />

Fenster auf, um die Nachricht zu hören. Herr Bauer<br />

genannt Schellmann, war nicht nur für das Ausschellen<br />

zuständig, sondern hatte auch den Kapellendienst<br />

übernommen, z.B. das Nachtläuten, Uhr stellen und<br />

sonstige Kirchendienste.<br />

Mein Vater arbeitete bei verschiedenen Bauern,<br />

meist für Lebensmittel. Etwas später verkaufte er<br />

Ansichtskarten (die Originale waren mit mundgemalten<br />

Bildern) auf den verschiedenen Dörfern, welche<br />

er mit dem Fahrrad anfuhr. Meine Mutter strickte<br />

Trachtenjacken in den verschiedensten Variationen.<br />

Am Anfang war es schwer an Wolle heranzukommen.<br />

Die Bauern hatten aber Schafe und so wurde Wolle<br />

98


Heinz Dittrich mit einem gefundenen Fossil<br />

von ihnen gesponnen. Beim Stricken<br />

mit der so gewonnenen Wolle musste<br />

man sich öfter die Hände waschen,<br />

denn sie war von Natur aus sehr<br />

fettig. Später arbeitete meine Mutter<br />

im Auftrag für Frau Gretl Schmid<br />

aus Bad Mergentheim an Strick- und<br />

Stickarbeiten.<br />

Meine Kindheitserinnerungen an Lustbronn<br />

sind durchaus positiv. Wir wurden<br />

zwar beim Kirschen klauen in Assamstadt<br />

erwischt, von der Polizei an die Schule<br />

gemeldet und von der Lehrerin anschließend<br />

bestraft, aber das war o.k. und aus<br />

heutiger Sicht erzieherisch vollkommen<br />

richtig.<br />

Es war damals die Zeit der Tarzanfilme.<br />

Das schlug sich auch bei uns nieder.<br />

Es gab im „Birkle“ eine Fichtenkultur,<br />

dort standen viele drei<br />

bis vier Meter hohe Jung-<br />

bäu-<br />

99


me eng beieinander. In die obere Hälfte geklettert, konnte man sich gut<br />

durch Wippen von einem Baum zum anderen schwingen und mehrere<br />

Meter in Gipfelhöhe vorankommen. Es ist nie etwas passiert, weder den<br />

Jungs noch den Bäumen.<br />

Uns wurde gesagt, der Name Lustbronn stammt nicht vom lustigen<br />

Brunnen, sondern vom Luchs-Brunnen. Wir wussten aber nicht was ein<br />

Luchs ist und wie er aussieht. Im Buch „Brem‘s Tierleben“ von Förster<br />

Schmieg machten wir uns schlau. Mit den amerikanischen Offizieren, die<br />

mit dem Förster zur Jagd gingen, durften wir zunächst mit dem Jeep mitfahren<br />

und später als Treiber tätig sein. Dafür erhielten wir Kaugummi<br />

und Schokolade als Belohnung.<br />

Am Waaghäusle, der Sammelstelle, stellten die Bauern die Milchkannen<br />

ab, die dann jeden Morgen von einem anderen Bauern nach Althausen<br />

zur nächsten Sammelstelle gefahren wurden. Ab und zu hatte man<br />

auch die Möglichkeit mitzufahren. Wenn die Kannen wieder zurückkamen,<br />

teilweise mit Molke gefüllt, haben wir sie zu den einzelnen Bauern<br />

ausgetragen und uns so ein kleines Trinkgeld oder Naturalien verdient.<br />

Die Kapelle war immer verschlossen. Im Mai fanden Maiandachten<br />

statt, bei denen der Rosenkranz gebetet wurde. Die Teilnahme daran<br />

wurde von allen Seiten erwartet. Schon kurz nach der Ankunft in Lustbronn<br />

schenkte Pfarrer Paul Rues den neuen Familien ein Gebetbuch.<br />

Die Sitzordnung in der Kirche war so: Männer rechts, Frauen links.<br />

Meine Eltern wollten aber in der Kirche nicht getrennt sein. So wurde<br />

entschieden, die Neuankömmlinge erhielten 2 Bänke auf der rechten<br />

Seite und durften dort gemeinsam knien, sitzen nur bei der Predigt. Mit<br />

dem Stufengebet lernte ich dort meine ersten lateinischen Wörter und<br />

war zeitweise als Ministrant eingesetzt. Ein Erlebnis war auch das Judasfeuer<br />

am Gründonnerstag auf dem Friedhof in Stuppach. Dabei wurden<br />

von den Ministranten die alten Kränze verbrannt und wir Kinder durften<br />

nach der Weihe in unseren selbstgebastelten “Weihrauchgefäßen“ das<br />

Feuer mit nach Hause nehmen.<br />

Heinz Dittrich in neuem Schlafanzug<br />

zu Weihnachten 1950


Von 1950 bis 1953 fuhr ich jeden Werktag mit meinem<br />

neuen Fahrrad zum sieben Kilometer entfernten<br />

Deutschorden-Gymnasium nach Bad Mergentheim.<br />

In der 7. Klasse wurde ich 1957 in der ersten<br />

Wehrpflichtigen-Gruppe für die Bundeswehr gemustert.<br />

Der Slogan damals hieß: „1937 brachte uns der<br />

Storch, aber 1957 holt uns der Strauß“ (damaliger<br />

Verteidigungsminister). Da ich „schulmüde“ war, folgte<br />

ich der anschließenden Einberufung gerne.<br />

Während meiner Wehrpflicht war ich Panzergrenadier<br />

in Ellwangen, Amberg und Regensburg. Um<br />

näher in den Raum Mergentheim zu kommen, ließ<br />

ich mich zur Militärpolizei nach Tauberbischofsheim<br />

versetzen und anschließend nach Stuttgart.<br />

Durch einen Brieffreund in Amerika lernte ich 1956<br />

meine Frau Bärbel kennen, die in Berlin wohnte. Wir<br />

heirateten 1963, nach dem wir uns wöchentlich fünf<br />

Jahre lang Briefe geschrieben haben und uns nur in<br />

den Urlauben sahen und zogen nach der Hochzeit<br />

nach Stuttgart. Aus unserer Ehe gingen ein Sohn und<br />

eine Tochter hervor. Die Kinder sind beide bereits<br />

verheiratet und wohnen in Heddesheim bzw. im<br />

Nachbarort. Bärbel arbeitete damals als Sekretärin<br />

bei einer Vertretung der Fa. Neff.<br />

ehemaliger Schulkamerad aus Lustbronner Zeiten,<br />

konnten wir begrüßen. In dieser Zeit meiner Tätigkeit<br />

in Amerika reisten wir sehr viel, u.a. an die Niagarafälle,<br />

Florida, Mexiko, usw.<br />

Wieder in Deutschland wurde ich zum Personaloffizier<br />

ausgebildet und war für die Reservisten im Raum<br />

Trier zuständig. Es folgte eine zehnjährige Verwendung<br />

im Nato Hauptquartier in Heidelberg. Ehe ich<br />

am 30.09.1989 als Hauptmann in den Ruhestand versetzt<br />

wurde, diente ich noch zwei Jahre in Mannheim.<br />

Anschließend war ich noch neun Jahre in einem<br />

Bettengeschäft als Hausmeister und zur Unterstützung<br />

bei Warenauslieferungen tätig. Damit verbunden<br />

war ein Umzug von Trier nach Hettesheim. Ich<br />

habe sehr viele Schlafzimmer gesehen.<br />

Jetzt bin ich seit 13 Jahren Schatzmeister in einem<br />

Kleingartenverein in Heddesheim, sammle versteinerte<br />

Fossilien und bewohne somit „steinreich“ eine altersgerechte<br />

Eigentumswohnung. Hier verbringen meine<br />

Frau und ich unseren gemeinsamen Lebensabend. u<br />

Textgrundlage: Heinz Dittrich<br />

Fotos: Heinz Dittrich, Erika Scheffel<br />

Nach einer Sprachausbildung in Englisch bekam ich<br />

1969 eine Stabsdienstverwendung als Hauptfeldwebel<br />

beim Militärattaché in der deutschen Botschaft<br />

in Washington D.C. und war damit für vier Jahre zum<br />

Auswärtigen Amt abgeordnet. Meine Frau zog mit<br />

unseren ein- bzw. dreijährigen Kindern in ein kleines<br />

Haus in Virginia. Wegen Flugangst besuchten uns<br />

die Eltern nicht, aber die Familie Erwin Kreissl, mein<br />

101


Links: Erika Dittrich in jungen Jahren<br />

Rechts: Erika Dittrich, Tante Trude Hawel und Mutter Elisabeth<br />

Dittrich (v.l.n.r.) im Garten des Wohnhauses in Lustbronn<br />

Dittrich Erika (verh. Scheffel)<br />

wohnhaft in Bad Mergentheim<br />

Mein Name ist Erika Scheffel, geb. Dittrich, geboren<br />

am 25.04.1940 in Tetschen/Bodenbach,<br />

Nordböhmen (heute Decin).<br />

Da ich im Krieg geboren bin, dachte ich, dass der<br />

Krieg bleiben würde und mein Bruder Heinz später<br />

als Erwachsener in den Krieg ziehen müsste. Jedenfalls<br />

war ich froh, damals wie heute, dem weiblichen<br />

Geschlecht anzugehören.<br />

Unsere Wohnung wurde ausgebombt. Es lag laut<br />

Erzählungen ein großer Stein mitten in meinem<br />

Kinderbett. Erinnerungen an Aufenthalte im Bunker,<br />

als meine Mutter mich im Dunkeln am Ärmel meines<br />

gestrickten Pullovers erkannte kommen dazu.<br />

Mein Vater Franz schlug sich nach dem Krieg bis<br />

Pirna durch. Wir wohnten dort nach der Vertreibung<br />

(dabei hat mich ein Russe ein Stück weit auf dem Arm<br />

getragen) bei Bekannten. Mit anderen Kindern spielte<br />

ich vor dem Haus und ich erkannte meinen Vater an<br />

seinem Goldzahn. Er trug mich in die Wohnung und<br />

übergroß war die Freude meiner Mutter.<br />

Wir vier gingen alsbald, „schwarz“ über die Grenze.<br />

Das war sehr gefährlich. Jemand riet meinem Vater<br />

102


ab, die Russen würden gleich schießen. Mein Vater<br />

wagte es dennoch. Für mich war es abenteuerlich,<br />

denn wir schliefen auf einer Waldlichtung unter<br />

kleinen Tannenbäumen. Als wir im Morgengrauen<br />

weitergingen stand am Waldrand ein Russe und zielte<br />

auf uns mit seinem Gewehr. Da sprach mein Vater zu<br />

uns: „Weitergehen, draufzugehen“. Das taten wir, bis<br />

wir vor dem Russen standen. „Wohin wollen?“ Meine<br />

Mutter, die Tschechisch in der Schule gelernt hatte,<br />

sagte, dass wir zu Verwandten gehen wollten. Sie bot,<br />

wie ich erzählt bekam, sogar ihren Ehering an und sie<br />

zeigte auf uns Kinder. Der Russe, offensichtlich kinderlieb<br />

meinte dann: “Weitergehen, ich Posten sagen<br />

nicht schießen“.<br />

Irgendwann kamen wir mit dem Zug nach Hof.<br />

Laut schrie der Bahnhofswärter: “Hoof“. Es folgte der<br />

Aufenthalt in Louisgarde (bei Harthausen) ca. ein<br />

Jahr lang. In Bad Mergentheim wurden wir Kinder für<br />

ein paar Wochen in das „Maria Hilf“ gesteckt. Unsere<br />

Mutter litt unter Gallenkoliken. In Lustbronn wohnhaft,<br />

wurden ihr später die Gallensteine entfernt. Das<br />

geschah damals in Bad Mergentheim im Rochus Krankenhaus<br />

(heute geschlossen und z.Tl. abgebrochen).<br />

103


Weißer Sonntag in der Pfarrkirche in Stuppach 1949: (v.l.n.r.) Untere Reihe: Waltraud Hanisch, Erika Dittrich, Martha Blank.<br />

Obere Reihe: Erwin Kreissl, Edeltraud Kreissl, Melitta Nold, Hannelore Burger, Anna Blank, Heinz Dittrich.<br />

Über Stuppach kamen wir mit dem Pferdefuhrwerk<br />

nach Lustbronn, welches unsere neue Heimat für<br />

neun Jahre werden sollte. Es war eine unbeschwerte<br />

Kindheit. Beim Bauern Heß, der nur Kühe hatte, holte<br />

ich des Öftern eine Kanne Milch. Ich stand und stand<br />

bis die Leute aus dem Stall zur Haustüre herkamen.<br />

Manchmal gaben sie mir freundlich ein Griebenbrot<br />

und ich bedankte mich mit einen ´“Vergelt`s Gott“. Im<br />

sogenannten „Teufel Haus“ (Eigentümerin Frau Maria<br />

Teufel aus Stuppach, im Volksmund „Welze Marie“<br />

genannt), durften wir wohnen. Das Haus ist heute<br />

(2015) abgerissen und zur Grünfläche geworden. Möbel<br />

gaben uns die Bauern und sie waren sehr hilfsbereit.<br />

Dafür arbeitete mein Vater auf dem Feld mit. Aufgrund<br />

ihres Gallenleidens konnte Mutter nicht auf‘s<br />

Feld mitgehen. Gerne ging auch ich mit, denn heimzu<br />

durften wir immer oben auf dem Heuwagen sitzen.<br />

Einmal wurde mir schwindelig, das kam vom Most<br />

104


trinken. Gerne war ich auch „Kindsmagd“. Die Familie<br />

Riegel bekam Zwillinge. Das Mädchen war kräftig,<br />

aber der Junge zu schwach und verstarb zu Hause.<br />

Neben meinem Vater Franz und Mutter Elisabeth<br />

wohnte das Ehepaar Franz Ullmann mit Ihrer Verwandten<br />

Sofie, die leider taubstumm war, mit im Haus.<br />

Alsbald fand die Mutter meines Vaters, Maria Dittrich,<br />

mit ihrer Tochter Gertrud Hawel, geb. Dittrich,<br />

den Weg zu uns. Es wurde eng und mein Bruder<br />

Heinz und ich mussten unsere Betten auf dem eiskalten<br />

Dachboden aufschlagen. Als ich beim Zubettgehen<br />

vor Kälte bibberte sagte mein Vater: „Im Bett ist noch<br />

niemand erfroren.“<br />

Nach Familie Ullmann kam noch Familie Linke in<br />

die Räume zum Wohnen. Als jedoch im Hause Platz<br />

geworden war, durften mein Bruder und ich vom Boden<br />

in ein Zimmer umziehen. Fünf Jahre ging ich über<br />

den Berg in Stuppach zur Schule. Danach wechselte<br />

ich 1951 zur Volksschule nach Bad Mergentheim. Bis<br />

wir 1953 dorthin übersiedelten bedeutete das, auch<br />

bei Wind und Wetter eine Fahrradstrecke von sieben<br />

Kilometern zurückzulegen.<br />

Schweiz, bis ich wieder nach Bad Mergentheim ins<br />

Carolinum zurückkehrte.<br />

Am 13.03.1965 heiratete ich meinen Mann Horst<br />

Scheffel. Er kommt ebenfalls aus dem Sudetenland,<br />

aus Polerad, Kreis Brüx. Aus unserer Ehe gingen zwei<br />

Mädchen und zwei Buben hervor. Wir wohnen in<br />

Bad Mergentheim in einem Einfamilienhäuschen zur<br />

Miete, freuen uns über unsere acht Enkelkinder und<br />

verbringen hier unseren Lebensabend.<br />

Unsere Oma Maria Dittrich verstarb 1951 und wurde<br />

in Stuppach begraben. Unsere Tante Trude Hawel<br />

verstarb am 28.04.1981 und wurde in Bad Mergentheim<br />

beerdigt. u<br />

Textgrundlage<br />

und Fotos:<br />

Erika Scheffel<br />

1953 zog die ganze Familie von Lustbronn in den<br />

Neubau von Herrn Jakob Groß nach Bad Mergentheim<br />

um. Nach der Allgemeinbildung im Töchterinstitut St.<br />

Bernhard in Bad Mergentheim, einem Jahr Haushaltslehrling<br />

bei Fam. Ratsch und einem Jahr Stockmädchen<br />

im Carolinum (Frauenklinik), erlernte ich im<br />

Caritas Krankenhaus in Bad Mergentheim den Beruf<br />

der Laborantin. Meine weiteren beruflichen Stationen<br />

waren in verschiedenen Kliniken u.a. auch in der<br />

105


Dombrowski Wilhelmine<br />

Frau Dombrowski Wilhelmine (ein polnischer Name) wurde am<br />

01.02.1916 in Hoch Emmerich geboren und wohnte in Duisburg im<br />

Ruhrgebiet. Ihre Mutter Frau Wilhelmine Dombrowski sen. (geb. Rogalla)<br />

war russischer Abstammung mit deutscher Staatsbürgerschaft und<br />

wurde am 07.09.1893 geboren. Beide Frauen wurden aus Duisburg nach<br />

Süddeutschland evakuiert und kamen am 19.10.1944 nach Lustbronn<br />

zur Familie Alfons Möhler. Zu diesem Zeitpunkt war Frau Dombrowski<br />

jun. hoch schwanger.<br />

Wilhelmine Dombrowski jun.<br />

Sie hatte in der Zeit vor der Evakuierung den niederländischen Maler<br />

Wilhelm Ruijter (geb. am 20.10.1917 in Gorinchem in den Niederlanden)<br />

kennengelernt. Dieser kam während der Besatzungszeit der Niederlande<br />

im Zweiten Weltkrieg von Gorinchem zum Arbeitseinsatz nach Deutschland<br />

und wurde im Ruhrgebiet stationiert.<br />

Aus dieser Beziehung ging Sohn Franz-Wilhelm jun. hervor, geboren<br />

am 01.11.1944 im Kreiskrankenhaus in Bad Mergentheim. Die Taufe<br />

erfolgte am 08.11.1944 auf den Namen Franz-Wilhelm und wurde durch<br />

Herrn Pfarrer Oskar Weitbrecht vorgenommen.<br />

Wilhelm Ruiter sen.<br />

Rechte Seite oben links:<br />

Sohn Franz-Wilhelm 1949 in den<br />

Niederlanden.<br />

Rechte Seite oben rechts:<br />

Sohn Franz-Wilhelm mit seiner<br />

Frau Cornelia.<br />

Rechte Seite unten:<br />

Oma Dombrowski (1.v.l.) mit<br />

Enkel Franz-Wilhelm (2.v.l.) 1950.<br />

Herr Wilhelm Ruijter sen. erkannte am 09.12.1944 durch Erklärung<br />

vor dem Amtsgericht Neunburg vorm Wald in Schwandorf die Vaterschaft<br />

von Sohn Franz-Wilhelm an. Am 15.02.1947 heiratete er dann Wilhelmine<br />

in Stuppach. Als Trauzeugen fungierten u.a. Gustav Gießl, selbst<br />

Heimatvertriebener aus Charlottendorf und wohnhaft in Lustbronn.<br />

Die Familie Ruijter wanderte am 03.05.1948 von Lustbronn nach<br />

Holland aus und Mutter Wilhelmine sen. ging zum gleichen Zeitpunkt<br />

zurück nach Duisburg. Frau Wilhelmine Ruijter verstarb 1961, ihr Mann<br />

Wilhelm 1963. Sohn Franz-Wilhelm Ruijter ist mit Frau Cornelia Sophia<br />

Geervliet verheiratet und wohnt in Gornichem in den Niederlanden. u<br />

Textgrundlage und Fotos: Franz-Wilhelm Ruijter jun.<br />

106


107


Familie Gnilka Eva-Lotte und Stephan<br />

mit den Kindern Eberhard, Karl, Maria, Bärbel, Rudolf und Karin<br />

(wohnhaft in Stuppach)<br />

Text: Erwin Kreissl<br />

Fotos: Erwin Kreissl, Claus und Inge Herrmann<br />

Frau Eva-Lotte Gnilka (geb. Lippert) wurde am<br />

02.03.1926 in Goldap, einer Kleinstadt Ermland-<br />

Masuren in Ostpreußen geboren. Laut Anmeldebuch<br />

der Gemeinde zog sie am 25.03.1947 nach Stuppach,<br />

aus Stolberg/Stagershausen kommend. Bei ihr war<br />

ihr Sohn Eberhard (geb. am 13.06.1945 in Ischl/Österreich)<br />

und sie kamen zu Familie Göbel Pius nach<br />

Stuppach.<br />

Ihr Ehemann Gnilka Stephan (geb. am 17.12.1917)<br />

kam am 20.09.1947 aus der Gefangenschaft nach<br />

Stuppach. Aus dem Anmeldebuch geht nicht hervor,<br />

wo er eingewiesen wurde, vermutlich ebenfalls bei<br />

Familie Göbel Pius.<br />

Im Laufe der Jahre vergrößerte sich dann die Familie<br />

durch die Geburten der weiteren Kinder Karl,<br />

Maria, Bärbel, Rudolf und Karin. Die letzte zu recherchierende<br />

Wohnstätte war das Rathaus in Stuppach.<br />

Herr Stephan Gnilka verstarb am 30.07.1996 und<br />

seine Frau Eva-Lotte am 25.09.2009. Beide wurden<br />

auf dem Neuen Friedhof in Bad Mergentheim beerdigt.<br />

Über den weiteren Lebensweg der Familie Gnilka<br />

oder den ihrer Kinder konnte nichts in Erfahrung<br />

gebracht werden. u<br />

108<br />

Grabstelle der Familie Gnilka auf dem Neuen Friedhof in Bad Mergentheim.


Obere Reihe: (v.l.n.r.) Sturm Magda, Lanig Paula, Hynek Maria<br />

Untere Reihe: (v.l.nr.) Weiß Manfred, Gnilka Karl,<br />

Hofmann Manfred, Bauer Werner<br />

109


Familie<br />

Gutschick Josef<br />

und Viktoria<br />

mit Kindern<br />

Reinhold und Artur<br />

(wohnhaft in Stuppach)<br />

Verschnaufpause in der Gärtnerei<br />

110


Gutschick Josef und Viktoria<br />

Gutschick Josef wurde am 23.05.1902 in Markt Türnau Kreis Mähr.<br />

Trübau geboren, seine Frau Viktoria (geb. Riedl) am 11.03.1899 in<br />

Ludwigsdorf, im Sudetenland, Tschechoslowakei.<br />

Sie wurden 1946 aus ihrer Heimat Markt Türnau vertrieben und<br />

kamen mit ihren Söhnen Reinhold und Artur und den Eltern von Frau<br />

Gutschick (den Eheleuten Riedl und der Tante Paula Riedl) über das Lager<br />

in Brackenheim am 19.06.1946 nach Lillstadt. Zunächst wurden sie<br />

zu Familie Hermann eingewiesen, später ins Armenhaus der Gemeinde,<br />

in Stuppach.<br />

Josef Gutschik<br />

Josef hatte zu Hause eine Landwirtschaft und war Bauer mit Leib und<br />

Seele. Daher war sein Bestreben so schnell wie möglich in der „neuen“<br />

Heimat wieder eigenen Boden unter seinen Füßen zu bestellen. Er<br />

arbeitete bei einem Bauern in Lillstadt, bevor er bereits 1948 das erste<br />

Grundstück in Stuppach im „Gewann Wiesenthal“ erwerben konnte.<br />

Nachts arbeitete er beim Wachdienst der Amerikaner (Besatzungsmacht)<br />

in Bad Mergentheim.<br />

In der Folge erlitt er einen schweren Unfall. Bei einem Bauern in Lillstadt<br />

geriet er beim Heu einfahren unter einen umstürzenden Heuwagen<br />

und konnte monatelang nicht arbeiten. Daraufhin kam sein Sohn Artur,<br />

der in Bad Mergentheim in einer Gärtnerei arbeitete, in den Betrieb und<br />

arbeitete von da an zu Hause mit.<br />

Viktoria Gutschik<br />

Bereits 1952 bauten er und sein Sohn Artur das erste Gewächshaus<br />

und Josef fuhr mit seinem Einachser mit Anhänger die erwirtschafteten<br />

Erzeugnisse auf den Wochenmarkt, in das ca. 6 km entfernte Bad Mergentheim.<br />

Im Jahre 1961 baute er in Eigenarbeit zusammen mit seinem Sohn Artur<br />

ein Wohnhaus in der Nähe seiner Gärtnerei bei Lillstadt. Mit seinen zwischenzeitlich<br />

geborenen drei Enkelkindern hatte er sehr viel Freude.<br />

111


Leider konnte er den weiteren Aufbau des Betriebes<br />

nicht mehr miterleben, denn er starb bereits am<br />

03.09.1966 an einem schweren Blasenleiden, das er<br />

aus dem Krieg mitgebracht hatte. Er wurde auf dem<br />

Friedhof in Stuppach begraben. Seine Ehefrau Viktoria<br />

verstarb am 04.03.1979 und liegt an seiner Seite.<br />

Durch den Tod des Vaters ging der Betrieb automatisch<br />

an den Sohn Artur über. Dieser hatte ja bereits<br />

seit dem schweren Unfalls seines Vaters in der Gärtnerei<br />

mitgearbeitet hatte. Damit wurde die Grundlage<br />

geschaffen, den Gärtnereibetrieb bereits in zweiter<br />

Generationenhand weiterzuführen. u<br />

Textgrundlage & Fotos: Gisela Gutschick<br />

Anfänge beim Aufbau der Gewächshäuser<br />

112


Wohnhaus der Familie Gutschick in Lillstadt. 113


Anneliese Weiß und Reinhold (Pfingsten 1949)<br />

Gutschick Reinhold<br />

Mein Vater wurde am 21.04.1929 in Markt Türnau<br />

im Kreis Mährisch Trübau im Sudetenland in<br />

der Tschechoslowakei geboren und wurde mit seinen<br />

Eltern und dem jüngeren Bruder Artur vertrieben.<br />

Am 19.06.1946 wurde er in Lillstadt bei Familie Herrmann<br />

eingewiesen und zog später nach Stuppach ins<br />

Armenhaus der Gemeinde.<br />

Bei der Ankunft in Lillstadt mit 17 Jahren hatte<br />

er seine Volksschulzeit bereits abgeschlossen. Er<br />

besuchte das Gymnasium in Bad Mergentheim und<br />

musste in der Nacht bei den Amerikanern (Besatzungsmacht)<br />

Wache stehen, um etwas zu essen zu<br />

bekommen. Weil er nicht zur Schule gehen wollte,<br />

hatte man ihm die Essensmarken gestrichen.<br />

Er verließ das Gymnasium und machte bei der damaligen<br />

Firma Bach in Bad Mergentheim eine zweijährige<br />

Lehre zum KFZ-Mechaniker.<br />

Von 1951 bis 1953 arbeitete er im Ticket-Office der<br />

Amerikaner in Ellwangen. 1952 heiratete er Fräulein<br />

Anneliese Weiß aus Lustbronn. Aus der Ehe ging die<br />

Tochter Ingeborg hervor. Sie selbst gebahr ihm einen<br />

Enkelsohn und eine Enkeltochter. Ende 1953 wurde<br />

Reinhold Gutschick in das Ticket-Office nach Bad<br />

Kreuznach versetzt, welches jedoch bald darauf geschlossen<br />

wurde. Daher arbeitete er im Anschluss bis<br />

Ende 1958 im Reisebüro Starkmann in Bad Kreuznach.<br />

Anfang 1959 ging er auf die Fahrlehrer-Schule in<br />

Bielefeld und eröffnete im Juli seine eigene Fahrschule.<br />

Er wohnte im sog. Forsthaus in Bad Kreuznach.<br />

114


Ab 1964 war Reinhold vier Jahre im Bad Kreuznacher Stadtrat vertreten.<br />

1974 übertrug er die Fahrschule seinem Schwiegersohn, der den<br />

Familiennamen Gutschick angenommen hatte. Er baute in einem großen<br />

Garten in Mandel bei Bad Kreuznach einen Bungalow und arbeitete weitere<br />

17 Jahre bis zu seiner Rente im Bundeskriminalamt in Wiesbaden.<br />

Von 1972 bis zu seinem Tod am 13.03.2004 wohnte er in Mandel bei<br />

Bad Kreuznach und wurde auf dem Friedhof in Hackenheim (einem Vorort<br />

von Bad Kreuznach) beigesetzt.<br />

Die Ehe seiner Tochter Ingeborg ist zwischenzeitlich geschieden und<br />

ihre beiden Kinder (Ingeborg, 34 Jahre und Georg, 28 Jahre) wohnen bei<br />

ihr im Hause. Seine Frau Anneliese wohnt heute noch in Bad Kreuznach<br />

und genießt ihren Lebensabend im Kreise der Familie. u<br />

Textgrundlage: Ingeborg Gutschick<br />

Fotos: Berta Nuß (geb. Ehrmann), Ingeborg Gutschick<br />

Unten Links: Reinhold und Anneliese 1994 bei der Hochzeit von Tochter Ingeborg.<br />

Unten Rechts: Wohnhaus von Reinhold und Anneliese Gutschick in Mandel bei Bad Kreuznach.<br />

Oben Rechts: Reinhold Gutschick als kleiner Bub.<br />

115


Gutschick Artur<br />

Er wurde am 17.04.1935 in Markt Türnau, im Kreis<br />

Mähr. Trübau im Sudetenland (Tschechoslowakei)<br />

geboren, mit seinen Eltern vertrieben und am<br />

19.06.1946 in Lillstadt bei Fam. Hermann angesiedelt.<br />

Links: Artur Gutschick<br />

Unten: Artur Gutschick als<br />

junger Mann.<br />

Seine Schulzeit hat er in Stuppach bei Herrn Lehrer<br />

Kelber verbracht. Nach der Volksschule wäre er gerne<br />

Schlosser geworden, denn er hatte viel Geschick im<br />

Umgang mit Eisen. Doch sein Vater hatte bereits ein<br />

Grundstück erworben um eine Gärtnerei aufzubauen,<br />

so dass er eine Lehre in der Gärtnerei Schmitt in Bad<br />

Mergentheim begann. Später arbeitete er noch eine<br />

kurze Zeit in der Gärtnerei Votteler (heute aufgelöst)<br />

in Bad Mergentheim.<br />

Nachdem sein Vater einen schweren Unfall hatte<br />

gab er seine Arbeitsstelle in Bad Mergentheim auf,<br />

um zu Hause im elterlichen Betrieb mitzuarbeiten.<br />

Die Erzeugnisse wurden auf dem Wochenmarkt in<br />

Bad Mergentheim verkauft.<br />

Zusammen mit seinem Vater baute er 1961 in der<br />

Nähe der Gärtnerei ein Wohnhaus und heiratete im<br />

selben Jahr Gisela Friedrich aus Stuppach. Aus der Ehe<br />

gingen die Töchter Sabine, Brigitte und Martina hervor.<br />

Der Betrieb wurde ständig erweitert, so dass heute<br />

eine Fläche von 4,5 ha bewirtschaftet wird und eine<br />

Glasfläche von 1.800 m² in Form von Gewächshäusern<br />

zur Verfügung steht. Die Übernahme der Gärtnerei<br />

erfolgte fließend. Reinhold führte nach dem Unfall<br />

des Vaters die Gärtnerei weiter. Im August 1993<br />

verstarb Reinhold plötzlich an einem Hirnschlag und<br />

116


wurde im Familiengrab der Fam. Gutschick in Stuppach<br />

beigesetzt. Den Betrieb führte Frau Gisela mit<br />

ihren beiden Töchtern Sabine (ausgebildete Gärtnerin)<br />

und Brigitte (Gärtnermeisterin und Technikerin<br />

im ökologischen Landbau) weiter.<br />

Links: Artur Gutschick und seine Gewächshäuser<br />

Unten: Artur und Gisela an Ihrem Hochzeitstag.<br />

2006 übernahm Tochter Brigitte den Betrieb und<br />

führt ihn seit dieser Zeit als ökologischen Gartenbaubetrieb<br />

weiter, also bereits schon in dritter Generation.<br />

Beim Verkauf auf dem Wochenmarkt in Bad Mergentheim<br />

wird jede Hand gebraucht und so arbeitet Gisela<br />

immer noch mit. Mit dem Ruhestand ist es, wenn<br />

man einen eigenen Betrieb hat, nicht weit her. u<br />

Textgrundlage & Fotos: Gisela Gutschick<br />

117


Verkaufsstand auf dem Wochenmarkt<br />

in Bad Mergentheim.<br />

V.l.n.r.: Gisela Friedrich,<br />

Wilhelmine Wolf, Klara Rupp.<br />

118


Familie Riedl Johann und Christine<br />

mit Tochter Pauline (wohnhaft in Stuppach)<br />

Riedl Johann (geb. am 26.03.1864) und Christine (geb. am 15.07.1871)<br />

und Ihre Tochter Pauline (geb. am 16.1.1894) sind alle in Ludwigsdorf<br />

in Markt Türnau (Kreis Mähr. Trübau im Sudetenland) geboren.<br />

Johann und Christine Riedl sind auch die Eltern von Viktoria Riedl,<br />

verheiratete Gutschik. Sie wurden 1946 aus ihrer Heimat vertrieben und<br />

kamen zusammen über das Lager in Brackenheim und letztendlich am<br />

19.06.1946 nach Stuppach zu Familie Arweiler Josef.<br />

Johann Riedl<br />

Wann Johann und Christine Riedl verstorben sind, ist nicht bekannt,<br />

aber bestimmt sind sie auf dem Friedhof in Stuppach beerdigt.<br />

Pauline war gelernte Schneiderin und bildete in Markt Türnau Lehrmädchen<br />

aus. Sie lebte ab 1952 bei ihrem Neffen Reinhold Gutschick in<br />

Bad Kreuznach und kehrte 1961 nach Fertigstellung des Wohnhauses<br />

der Familie Josef Gutschick nach Lillstadt zu ihrer Schwester Viktoria<br />

zurück.<br />

Zwischenzeitlich hatte der Sohn Artur geheiratet. Deshalb kümmerte<br />

sich Pauline um die Mädchen Sabine, Brigitte und Martina und hielt so<br />

für die junge Mutter den Rücken frei, damit diese in der Gärtnerei mithelfen<br />

konnte.<br />

Frau Pauline Riedl verstarb am 04.03.1971 und ist auf dem Friedhof in<br />

Stuppach begraben. u<br />

Christine Riedl<br />

Textgrundlage & Fotos: Gisela Gutschick<br />

119


Wohnhaus der Familie Johann<br />

und Christine Riedl in Markt<br />

Türnau.<br />

Betriebsgelände der Gärtnerei<br />

Gutschick in Lillstadt.<br />

120


Pauline Riedl<br />

V.l.n.r.: Frau Viktoria Gutschick,<br />

Herr Gutschick Josef,Frau Pauline<br />

Riedl und eine Cousine.<br />

121


Familie Hynek Alois (sen.) und Emilie<br />

mit den Kindern Rudolf, Alois, Stefanie und Maria (wohnhaft in Stuppach)<br />

Alois Hynek<br />

Emilie Hynek<br />

Text & Fotos:<br />

Irmgard Hynek, geb.<br />

Schneeweis (Ehefrau von<br />

Rudolf Hynek)<br />

Hynek Alois (sen.) und Emilie<br />

Hynek Alois (geb. am 14.02.1903 in Pirkelsdorf im Kreis Mährisch<br />

Trübau) und Emilie (geb. am 23.05.1905 in Ohrnes im Kreis Hohnstadt)<br />

hatten eine eigene Hofstelle in Pirkelsdorf mit Wald und Feldern<br />

sowie eine Gastwirtschaft, die von seinem Schwager, der bereits im<br />

Ruhestand lebte, betrieben wurde. Sie kamen nach der Vertreibung am<br />

19.06.1946 in die Gemeinde Stuppach und wurden bei Familie Albert<br />

Herz in Lillstadt einquartiert, wo auf dem Hof dringend Arbeitskräfte benötigt<br />

wurden. Alois Hynek war Bauer mit Leib und Seele, hatte zuhause<br />

in Pirkelsdorf einen eigenen Hof und war mit allen landwirtschaftlichen<br />

Arbeiten bestens vertraut. Daher wurde er bei Familie Herz mit offenen<br />

Armen empfangen. Seine Frau Emilie half Frau Herz in der Küche, die<br />

sich mit dem Laufen sehr schwer tat. Außerdem gehörte das Melken<br />

der vielen Kühe, die Garten- und Feldarbeiten zu ihren Aufgaben. Zwei<br />

Räume im Hinterhof dienten zum Schlafen, gegessen wurde gemeinsam<br />

in der großen Küche.<br />

1958 bekamen die Eheleute Hynek von Frau Babette Schmitt aus<br />

Lillstadt ihren kleinen Bauernhof zur Pacht angeboten, denn ihr Bruder<br />

kehrte nicht mehr aus dem Krieg heim. Bereits 1960 kauften die Eheleute<br />

den Hof, überglücklich wieder etwas Eigenes besitzen zu können. Es<br />

gelang ihnen sogar noch einige Äcker dazu zu kaufen. Somit konnten sie<br />

in den 60er und 70er Jahren das Gut rentabel bewirtschaften. Aus der<br />

Ehe gingen drei Kinder hervor, die noch in Pirkelsdorf zur Welt kamen.<br />

Diese sind Rudolf, Stefanie und Alois. 1948 kam dann noch Maria in Lillstadt<br />

zur Welt. Emilie Hynek starb am 21.10.1970 an einem Hirnschlag.<br />

Alois, verstarb am 03.12.1983 nach einem Unfall beim Holzfällen. Beide<br />

sind in Stuppach beerdigt. Den Bauernhof übernahm Sohn Rudolf, der<br />

ihn im Nebenerwerb bewirtschaftet. u<br />

122


Stark verfallene Gaststätte in<br />

Pirkelsdorf, nach der Vertreibung<br />

von Familie Hynek.<br />

Die renovierte Gaststätte in<br />

Pirkelsdorf bei einem späteren<br />

Besuch, jedoch ohne Betreiber.<br />

123


Hofstelle in Pirkelsdorf mit Sohn<br />

Rudolf und Frau Irmgard.<br />

Die erworbene Hofstelle in<br />

Lillstadt. Links das bereits durch<br />

die Familie renovierte Wohnhaus<br />

und rechts das Stallgebäude.<br />

124


Hynek Stefanie<br />

Hynek Stefanie wurde am 14.02.1937 in Pirkelsdorf im Kreis<br />

Mährisch Trübau geboren und mit ihren Eltern ausgewiesen. Am<br />

19.06.1946 wurde sie in Lillstadt bei Fam. Albert Herz einquartiert. Nach<br />

Beendigung der Volksschulzeit in Stuppach arbeitete sie im elterlichen<br />

landwirtschaftlichen Betrieb mit. Nach dem Tod der Mutter wohnte sie<br />

zusammen mit ihrem Vater in Lillstadt.<br />

Stefanie war nicht verheiratet. Nach dem Tod des Vaters lebte sie einige<br />

Zeit alleine in Lillstadt und wurde von ihrem Bruder Rudolf und dessen<br />

Frau Irmgard betreut. Sie arbeitete von 1960 bis 1961 im Spital zum<br />

Hl. Geist und von 1963 bis 1964 bei der Landes-Versicherungs-Anstalt<br />

(LVA) in Bad Mergentheim.<br />

Stefanie Hynek<br />

Am 27.02.1996 zog sie dann als Bewohnerin ins städtische Alten- und<br />

Pflegeheim in der Herrenmühlstraße in Bad Mergentheim, wo sie am<br />

10.04.2010 verstarb. Sie wurde in Bad Mergentheim beerdigt. u<br />

Textgrundlage: Irmgard Hynek, geb. Schneeweis (Ehefrau von Rudolf Hynek)<br />

sowie Einwohnermeldeamt und Archiv der Stadt Bad Mergentheim.<br />

Foto: E. Nowak<br />

125


Hynek Rudolf<br />

Rudolf wurde am 26.06.1929 in Pirkelsdorf, Kreis<br />

Mährisch Trübau geboren und mit seinen Eltern<br />

und Geschwistern nach Lillstadt ausgesiedelt. Mit seinen<br />

17 Jahren wurde er schon als volle Arbeitskraft<br />

gerechnet und war zunächst bei Herrn Albert Herz<br />

in der Landwirtschaft tätig. Dann wechselte er zur<br />

Großhandelsfirma Albrecht und Allmendinger nach<br />

Bad Mergentheim. Von 1964 bis zu seinem Ruhestand<br />

arbeitete er im Betrieb seines Bruders Alois, der in<br />

Bütthard eine Großschlächterei betrieb. Den Bauernhof<br />

seiner Eltern, den er 1969 übernahm, führte er im<br />

Nebenerwerb weiter.<br />

Rudolf Hynek<br />

2005 verkaufte er das Wohnhaus, zwei Scheunen<br />

und die Maschinenhalle in Lillstadt. Am 18.10.1958<br />

heiratete Rudolf seine Frau Irmgard (geb. Schneeweis,<br />

Jahrgang 1926). Diese kam gebürtig aus Uttigsdorf,<br />

Kreis Mährisch Trübau. Sie wurde damals mit<br />

dem gleichen Transport wie Familie Hynek ausgesiedelt<br />

und kam nach Markelsheim, Kreis Mergentheim,<br />

zu Familie Georg Mittnacht.<br />

1959 kauften die Eheleute Hynek in der Breslauer<br />

Straße in Bad Mergentheim einen Bauplatz und<br />

errichteten ein Dreifamilienwohnhaus. Aus der Ehe<br />

gingen die Kinder Angelika, Reinhard und Karin hervor.<br />

Zwischenzeitlich haben diese ihren Eltern breits<br />

sechs Enkelkinder beschert.<br />

Den Lebensabend verbrachten beide gemeinsam in<br />

ihrem Wohnhaus im Kreise der Kinder und Enkelkinder,<br />

bis Rudolf am 01.02.2016 verstarb. Er ist auf dem<br />

Alten Friedhof in Bad Mergentheim beerdigt. u<br />

Irmgard und Rudolf bei der<br />

Feier ihrer Golden Hochzeit<br />

2008 in Bad Mergentheim.<br />

126


Das Dreifamilienwohnhaus von<br />

Familie Hynek in der Breslauer<br />

Straße in Bad Mergentheim.<br />

Nach dem Verkauf des elterlichen<br />

Besitzes in Lillstadt hat der neue<br />

Eigentümer das ursprüngliche<br />

Wohnhaus abgerissen und an gleicher<br />

Stelle einen Neubau errichtet.<br />

Textgrundlage:<br />

Irmgard Hynek<br />

Fotos:<br />

Irmgard Hynek, Erwin Kreissl<br />

127


Alois Hynek (jun.)<br />

Hynek Alois jun.<br />

Alois Hynek (jun.) wurde am 04.06.1932 in Pirkelsdorf (Kreis<br />

Mährisch Trübau) geboren und mit seinen Eltern und seinen<br />

beiden Geschwistern Rudolf und Stefanie ausgesiedelt. Sie kamen am<br />

19.06.1946 nach Lillstadt in die Gemeinde Stuppach. Seine jüngste<br />

Schwester Maria wurde 1948 bereits in Lillstadt geboren. Alois beendete<br />

seine Schulzeit noch zu Hause in Pirkelsdorf, so dass er vor dem Problem<br />

stand eine geeignete Lehrstelle für seinen in Augenschein genommenen<br />

Beruf des Metzgers zu finden. Nach einigem Suchen und etwas Glück<br />

erhielt er in der Metzgerei Deil in der Burgstraße 15 in Bad Mergentheim<br />

eine Lehrstelle. Die Metzgerei ist zwischenzeitlich aufgelöst. Heute<br />

befindet sich in diesem mittlererweile umgebauten Gebäude ein Teil<br />

des Drogeriemarkts Müller. Nach seiner Ausbildung blieb er noch bis<br />

128


1950 in seinem Lehrbetrieb und wechselte dann nach Frankfurt a.M. zu<br />

verschiedenen Metzgereien, zuletzt in die Metzgerei Hertler in Höchst.<br />

Am 13.08.1953 hat er seine Frau Liselotte Nusser (Jahrgang 1934) aus<br />

Frankfurt geheiratet. Aus dieser Ehe gingen zwei Mädchen und zwei Jungen<br />

hervor. Durch seinen Bruder Rudolf wurde er auf den Verkauf einer<br />

Gaststätte mit Metzgerei in Bütthard aufmerksam. Aus dem Verkauf wurde<br />

zunächst nichts, aber über Umwege konnte er das Anwesen pachten<br />

und so machte er sich 1957 in Bütthard selbständig. Er hatte die Idee in<br />

Bütthard eine Großschlächterei zu gründen. Er beschäftigte zehn Metzger<br />

und weiteres Hilfspersonal sowie Fahrer, u.a. seinen älteren Bruder<br />

Rudolf bis zu dessen Verrentung.<br />

Ehemaliger Viehstall, heute Pferdestall, des Familienunternehmens<br />

Hynek.<br />

129


Im Jahre 1977 erbaute er etwas entfernt von seinen<br />

Stallungen am Ortsrand von Bütthard ein geräumiges<br />

Einfamilienhaus mit Büroräumen im Untergeschoss.<br />

Seine Frau Liselotte war im Metzgerladen sowie in<br />

der Gastwirtschaft beschäftigt, half ebenso ihrem<br />

Mann beim Viehkauf auf den verschiedenen Viehmärkten<br />

und kümmerte sich nebenbei noch um den<br />

Haushalt und die Kinder.<br />

Alois war nicht nur ein Metzger und Viehhändler,<br />

sondern liebte seine Pferde über alles. Dies übertrug<br />

sich auch auf seinen Sohn Michael. Der frühere<br />

Viehstall dient heute als Pferdestall mit vielen Boxen<br />

Im Laufe der Zeit wurde das vorhandene Schlachthaus<br />

im Ortskern von Bütthard durch die Zunahme<br />

der Schlachtkapazität zu klein. Aus diesem Grund<br />

errichtete Alois einen neuen Schlachthof in Tauberbischofsheim.<br />

Im Jahre 1992 übergab er den gesamten<br />

Betrieb seinem Sohn Michael. Jetzt hatte er auch<br />

etwas mehr Zeit seinem Hobby nachzugehen und sich<br />

seinen Pferden zu widmen.<br />

Die Kinder des Ehepaars haben heute alle ihr Auskommen<br />

und wohnen weiterhin mehr oder weniger<br />

in der Nähe. Zwischenzeitlich haben sich bereits<br />

sechs Enkel eingestellt. Am 18.08.2003 verstarb Alois<br />

71-jährig und wurde in Bütthard beerdigt. u<br />

Textgrundlage & Fotos: Lieselotte Hynek<br />

Linke Seite: Hochzeit von Alois und Lieselotte am 13.08.1953.<br />

Rechte Seite (oben links): Alois mit einem seiner Pferde<br />

Rechte Seite (oben rechts): Alois Hynek in gesetzterem Alter<br />

130<br />

Rechte Seite (unten):1977 erbautes Wohnhaus der Familie Hynek, am<br />

Ortsrand von Bütthard gelegen.


131


Hynek Maria<br />

Maria Hynek wurde am 06.09.1048 in Lillstadt im<br />

Kreis Mergentheim geboren und besuchte die<br />

Volksschule in Stuppach.<br />

Nach dem Schulabschluss absolvierte sie im Caritas<br />

Krankenhaus in Bad Mergentheim eine Ausbildung<br />

zur Krankenschwester, welche sie am Ende erfolgreich<br />

abschloss. Daraufhin arbeitete sie beispielsweise<br />

auch an der Uni-Klinik in Würzburg in verschiedenen<br />

Stationen bis zu ihrer Verrentung.<br />

Frau Hynek ist mit Herrn di Blasi Franko verheiratet<br />

und sie wohnen, wenn sie nicht gerade in Italien sind,<br />

in der Nähe von Würzburg. Über die Anzahl der Kinder<br />

und den weiteren Lebensweg der Familie konnten<br />

keine näheren Informationen ermittelt werden. u<br />

Familie di Blasi Franko und Maria mit Tochter ihrer Tochter im Jahr 2006.<br />

Text: Erwin Kreissl,<br />

Fotos: Irmgard Hynek, Claus und Inge Herrmann<br />

132


Obere Reihe: (v.l.n.r.) Sturm Magda, Lanig Paula, Hynek Maria<br />

Untere Reihe: (v.l.nr.) Weiß Manfred, Gnilka Karl,<br />

Hofmann Manfred, Bauer Werner<br />

133


Oben links: Elternhaus der Familie<br />

König in Botenwald.<br />

Daneben: Tochter Erika mit Mutter<br />

Anna im eigenen Garten in Botenwald.<br />

Familie König Erhard und Anna<br />

mit Tochter Erika Marie (wohnhaft in Lustbronn)<br />

Anna König<br />

König Erhard und Anna<br />

Erhard König (geb. am 23.10.1908) und Anna (geb. am 28.09.1910)<br />

erblickten beide in Botenwald, Kreis Neutitschein im Sudetenland,<br />

das Licht der Welt. Sie heirateten am 23.11.1935 am gleichen Ort, wurden<br />

1946 aus Botenwald vertrieben und kamen mit ihrer Tochter Erika<br />

letztendlich am 16.07.1946 nach Lustbronn. Dort wurden sie bei Fam.<br />

Gahm eingewiesen. Zuhause arbeitete Vater Erhard als kaufmännischer<br />

Angestellter in einer Firma in Prag. Nach Ankunft in Lustbronn fand er<br />

wieder eine Arbeitsstelle als kaufmännischer Angestellter bei der „Vereinigten<br />

Holzhandel“ in Weikersheim.<br />

134


Am 12.04.1948 fand er bei dem Überlandwerk (Bayr. Elektrizitätswerk)<br />

in Schäftersheim eine neue Arbeitsstelle und so zog die Familie<br />

am 21.11.1948 von Lustbronn nach Weikersheim, zunächst in eine kleine<br />

Wohnung der Fa. Laukhuff und dann zur Fam. Wilhelmine Gruber in<br />

die Gartenstraße. Anna verstarb bereits am 24.11.1953 in Bad Mergentheim<br />

im Caritas-Krankenhaus und wurde in Weikersheim beerdigt.<br />

Oben rechts: Erhard König 1943 in<br />

Kriegsgefangenschaft in den USA.<br />

Links daneben: Ehepaar König beim<br />

Rasten während eines Spazierganges.<br />

Nach seiner zur Ruhesetzung 1973 mit 65 Jahren genoss Vater Erhard<br />

seinen Lebensabend zunächst in Weikersheim, bis er dann am<br />

01.12.1977 zu seiner Tochter Erika und ihrem Mann Edgar nach Elpersheim<br />

in den Heerweg 24 zog. Er verstarb am 24.01.1983 Elpersheim und<br />

wurde auch dort beerdigt. u<br />

Textgrundlage und Fotos: Edgar und Erika Wilhelm (geb. König)<br />

Erhard König<br />

135


König Erika Maria (verh. Wilhelm)<br />

Ich wurde am 01.07.1940 in Botenwald, Kreis Neutitschein im<br />

Sudetenland geboren und wurde mit meinen Eltern vertrieben. Wir<br />

kamen am 16.07.1946 nach Lustbronn. Hier besuchte ich von 1946<br />

bis 12.04.1948, bis zur 4. Klasse, die Volksschule in Stuppach.<br />

Am 21.11.1948 zogen meine Eltern nach Weikersheim, da mein<br />

Vater dort eine neue Arbeitstelle gefunden hatte. Hier besuchte ich<br />

zunächst auch die Volksschule, bis ich dann auf die Schule in St.<br />

Bernhard in Bad Mergentheim wechselte. Anschließend erlernte ich<br />

den Beruf der Kaufmännischen Angestellten bei der Fa. Laukhuff,<br />

Orgelbau-Fabrik in Weikersheim.<br />

Am 29.06 1959 ging ich für ein Jahr als „Offer Girl“ zu einer jüdischen<br />

Familie nach London, um meine englischen Sprachkenntnisse<br />

zu verbessern. Nach der Rückkehr war ich bis zu meiner Heirat auf<br />

dem Grundbuchamt in München tätig. Am 21.05.1966 heiratete ich<br />

meinen Mann Edgar Wilhelm (auch ein Vertriebener aus Lichtental in<br />

Bessarabien. Er war von Beruf Gipser- und Malermeister und machte<br />

sich am 21.05.1965 mit der Gründung einer eigenen Firma selbständig.<br />

1967 bauten wir uns im Heerweg 24 in Elpersheim (heute Stadtteil<br />

von Weikersheim) ein zweistöckiges Wohnhaus, das wir selbst<br />

bewohnen. Seit meiner Hochzeit habe ich nicht mehr fremd gearbeitet,<br />

sondern meinen Mann bei seinen Büroarbeiten unterstützt bzw.<br />

die anfallenden Schreibarbeiten erledigt. Unsere Ehe blieb kinderlos.<br />

2009 gab mein Mann sein Geschäft auf.<br />

Erika (Mitte) mit ihren Eltern Anna (links) und<br />

Erhard (rechts).<br />

Mir geht es gesundheitlich nicht so gut, wir genießen aber trotzdem<br />

beide in unserem Eigenheim unseren Lebensabend und hoffen dies<br />

noch recht lange zu erleben. u<br />

Textgrundlage und Fotos: Edgar und Erika Wilhelm (geb. König)<br />

136


Links: Edgar und Erika Wilhelm (geb. König) bei ihrer Hochzeit 1966.<br />

Mitte: Erika Wilhelm (geb. König)<br />

Rechts: Erika König (re.) mit ihrer Freundin Erika Dittrich (li.) auf der Treppe zur Kirche in Stuppach.<br />

Wilhelm Edgar<br />

Ich wurde 1940 im Lager in Rokinitz in der CSSR<br />

geboren. Angesiedelt wurde meine Familie 1942 nach<br />

dem damaligen Warthegau in Polen.<br />

1945 flüchtete meine Familie mit einem Pferdewagen,<br />

immer vor den Russen her, nach Brandenburg.<br />

Der Ort hieß Wilsmack.<br />

1946 konnten wir die Deutsche Demokratische<br />

Republik (DDR) verlassen und kamen nach Stuttgart.<br />

Von hier kamen wir in die Gemeinde Honsbronn im<br />

Kreis Mergentheim und ein Jahr später nach Bronn,<br />

zu Fam. Heimberger.<br />

1951 baute mein Vater sein erstes Haus in der Gemeinde<br />

Elpersheim. Ich besuchte hier die Volksschule<br />

und 1954 erlernte ich den Malerberuf in Weikersheim.<br />

Von 1964 bis 1965 besuchte ich die Meisterschule<br />

in Heilbronn und gründete, nach abgeschlossener<br />

Meisterprüfung, eine eigene Firma in Elpersheim. u<br />

Textgrundlage und Fotos: Edgar und Erika Wilhelm (geb.<br />

König)<br />

137


Familie Linke Emil und Maria<br />

mit den Kindern Emil und Doris (wohnhaft in Lustbronn)<br />

Linke Emil und Maria<br />

Emil Linke wurde am 28.05.1908 in Stabigt im<br />

Kreis Tetschen geboren. Seine spätere Frau Maria<br />

(geb. am 09.04.1910) stammt aus Zeidler im Kreis<br />

Rumburg. Emil wurde mit seiner Familie im Herbst<br />

1945 aus seinem Wohnort Arnsdorf vertrieben und<br />

kam über das Lager Suhl-Heinrichs nach Gut Louisgarde<br />

in der Nähe von Nassau im Kreis Mergentheim<br />

und letztenendes am 19.02.1946 nach Stuppach bzw.<br />

nach Lustbronn. Hier wurden sie in das leerstehende<br />

Wohnhaus von Frau Maria Teufel („Welze Maria“)<br />

aus Stuppach eingewiesen. Emil Linke war von Beruf<br />

Friseur. Nach seiner Ankunft in Lustbronn fand er im<br />

Friseursalon Hammer eine Arbeitsstelle.<br />

Bereits am 19.06.1946 zog er mit seiner Familie von<br />

Lustbronn nach Weikersheim und wohnte bei Familie<br />

Immel in der Schillerstraße. Daraufhin machte er<br />

sich in Weikersheim mit einem Friseurgeschäft in der<br />

Hauptstraße 13 selbständig. Im Jahr 1982 setzte er<br />

sich zur Ruhe und seine Tochter Doris (verh. Köstler)<br />

führte den Salon weiter. Seinen Lebensabend verbrachte<br />

er mit seiner Frau in Weikersheim.<br />

Maria verstarb am 15.02.1981, er selbst am<br />

20.05.1986. Beide sind in Weikersheim beigesetzt. u<br />

Textgrundlage: Harald Köstler<br />

138


Linke Doris (verh. Köstler)<br />

Doris Linke wurde am 10.08.1933 in Zeidler im<br />

Kreis Rumburg geboren und kam mit ihren Eltern<br />

und ihrem Bruder Emil am 19.02.1946 nach Lustbronn.<br />

Am 19.06.1946 zog sie bereits mit ihren Eltern von<br />

Lustbronn nach Weikersheim. Ihre Volksschulzeit beendete<br />

sie in Weikersheim und begann anschließend<br />

ihre Ausbildung zur Friseurin.<br />

Am 11.06.1956 heiratete sie ihren Mann Rudolf<br />

Köstler. Aus dieser Ehe gingen ihr Sohn Harald und<br />

eine Tochter hervor. Ihr Mann war von Beruf Kraftfahrer<br />

und arbeitete bei der Brauerei Klotzbücher in Bad<br />

Mergentheim (Firma inzwischen erloschen).<br />

Linke Emil jun.<br />

Emil Linke jun. wurde am 12.12.1930 in Zeidler<br />

im Kreis Rumburg geboren. Er kam mit seinen<br />

Eltern und der jüngeren Schwester Doris am<br />

19.02.1946 nach Lustbronn und zog mit ihnen bereits<br />

am 19.06.1946 weiter nach Weikersheim. Er hatte<br />

bei seiner Ankunft in Lustbronn eine Friseurlehre<br />

begonnen.<br />

Über den weiteren Lebensweg konnte leider nichts<br />

in Erfahrung gebracht werden. u<br />

Text: Erwin Kreissl nach Angaben des Meldebuches der<br />

Gemeinde Stuppach.<br />

Im Jahr 1982 übernahm sie den väterlichen Friseursalon<br />

in der Hauptstraße 13 in Weikersheim, welchen<br />

sie bis 1996 weiterführte und dann aus Altersgründen<br />

aufgab.<br />

Sie wohnt mit ihrem Mann in dem im August 1998<br />

erbauten Eigenheim in Weikersheim und erfreuen<br />

sich im Kreise ihrer Kinder und fünf Enkelkinder<br />

ihres Großelterndaseins. u<br />

Textgrundlage: Harald Köstler.<br />

Links: Der Stammsitz der Herren von Hohenlohe, das Schloss in Weikersheim,<br />

ist das Wahrzeichen der zweiten Heimat der Familie Linke nach ihrer<br />

Vertreibung (Quelle: TMBW Mende).<br />

Rechts: Für seinen Schlosspark mit Zwergengalerie ist das Weikersheimer<br />

Schloss besonders bekannt (Quelle: Holger Uwe Schmitt).<br />

139


Familie Müller Theresia<br />

mit Sohn Franz (wohnhaft in Lustbronn)<br />

Theresia Müller<br />

Müller Theresia<br />

Frau Theresia Müller (geb. Hartmann am 20.08.1904 in Maza, Kreis<br />

Tolna in Ungarn) war von Beruf Hausfrau und wurde mit ihrem Sohn<br />

Franz vertrieben. Zusammen mit ihrem Mann Peter Müller (geb. am<br />

22.03.1901 in Maza) wohnte sie in ihrer Geburtsstadt Maza in Ungarn.<br />

Am 10.02.1928 kam dort auch ihr Sohn Franz zur Welt. Peter Müller<br />

wurde von den Russen verschleppt und verstarb bei der Bergwerksarbeit<br />

am 23.02.1945.<br />

Am 03.03.1948 wurden sie und ihr Sohn aus Ungarn vertrieben und<br />

am 09.03.1948 in Viehwaggons abtransportiert. Eine Woche lang fuhren<br />

sie durch die Tschechei nach Sachsen. Zuerst landeten sie in Pirna in der<br />

„grauen Kaserne“. Hier wurden sie dann untersucht und in verschiedene<br />

Bezirke verteilt. Daraufhin kamen sie in den Kreis Grimma und von dort<br />

aus nach Kralapp/Colditz in Sachsen.<br />

Peter Müller<br />

Als Sohn Franz 1949 zur Volkspolizei sollte, flüchteten sie durch<br />

Probstzelle/Ost nach Ludwigstadt/West (durch die damalige Zonengrenze)<br />

und landeten am 25.11.1949 in Lustbronn in der Gemeinde Stuppach<br />

(Kreis Mergentheim). Sie zogen bei Familie Hans Müller (dem Schwager<br />

von Theresia Müller) und Frau Maria Bissinger (Schwiegermutter von<br />

Franz Müller) ein.<br />

Theresia Müller arbeitete bei ihrem Schwager Hans auf seinem Bauernhof<br />

mit. Am 01.11.1953 zog sie dann mit ihrem Sohn von Lustbronn<br />

nach Bad Mergentheim in die Neunkirchenerstraße zur Familie Köhler,<br />

(Autolackiererei) um. 1959 baute Sohn Franz in der Schwabstraße 10 in<br />

Bad Mergentheim ein Haus, in welches Theresia Müller mit einzog. Sie<br />

starb 06.04.1991 in Bad Mergentheim und wurde dort auf dem Alten<br />

Friedhof beerdigt. u<br />

140


Theresia Müller in späteren<br />

Jahren<br />

Oben: Haus der Familie Müller in Maza (Ungarn).<br />

Unten: Haus der Familie Hans Müller in Lustbronn<br />

Textgrundlage:<br />

Franz Müller<br />

Fotos:<br />

Franz Müller, Erwin Kreissl<br />

141


Müller Franz<br />

Ich wurde am 10.02.1928 in Maza im Kreis Tolna in Ungarn geboren,<br />

am 03.03.1948 mit seiner Mutter vertrieben und am 09.03.1948 mit<br />

Viehwaggons aus Ungarn abtransportiert.<br />

Franz Müller<br />

In Pirna in Sachsen wurden wir in die graue Kaserne einquartiert.<br />

Nach der Untersuchung und Aufteilung in verschiedene Bezirke kamen<br />

wir in den Kreis Grimma von hier aus ging es dann weiter nach Kralapp/<br />

Colditz in Sachsen. Durch die Gewerkschaft bekam ich eine Arbeitsstelle<br />

in einer Steingutfabrik. Die Arbeit gefiel mir sehr gut, denn sie hatte mit<br />

Malerei zu tun.<br />

Im November 1949 kam eine Mission in die Betriebe und suchte junge<br />

Leute für die Volkspolizei. Da ich dafür ausgesucht wurde floh ich mit<br />

meiner Mutter durch Probstzelle/Ost nach Ludwigstadt/West, weiter<br />

durch die damalige Zonengrenze und wir kamen am 25.11.1949 nach<br />

Lustbronn in der Gemeinde Stuppach zu meinem Onkel Hans Müller und<br />

dessen Schwiegermutter Frau Maria Bissinger.<br />

Magdalena Müller (geb. Rentz)<br />

Der Onkel arbeitete bereits vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges als<br />

Schreiner in Stuttgart und hatte hier seine spätere Frau, das Fräulein<br />

Bissinger kennen gelernt und geheiratet. Die Brüder von ihr wurden alle<br />

in den Krieg eingezogen, so dass er nach Lustbronn zog, um mit seiner<br />

Schwiegermutter den landwirtschaftlichen Hof zu betreiben.<br />

Familie Hans Müller besaß ein großes Wohngebäude und hier wohnten<br />

wir alle zusammen. Neben der Familie meines Onkels wohnte auch noch<br />

mein Schwager Anton, meine Schwägerin Anni und Oma Maria Bissinger<br />

mit im selben Haus.<br />

Im August 1950 fand ich eine Arbeitsstelle in der Autolackierwerkstatt<br />

Köhler in der Neunkircherstraße in Bad Mergentheim. Diese bekam ich<br />

einschließlich einer Wohnung, so dass wir am 01.11.1953 von Lustbronn<br />

nach Bad Mergentheim umzogen. Hier arbeitete ich bis September 1968.<br />

142


Autolackiererei Stelter in Bad<br />

Mergentheim im Jahr 2016.<br />

Wohnhaus von Franz Müller im<br />

Weberdorf in Bad Mergentheim.<br />

143


Ab dem 14.10.1968 war ich bei der Firma Mott in Tauberbischofsheim<br />

angestellt und ab dem 16.08.1971 half ich dann bei der Geschäftsgründung<br />

der Autolackiererei der Firma Stelter in Bad Mergentheim als<br />

Meister und Geschäftsführer mit.<br />

Am 22.05.1959 heiratete ich Frau Magdalena Rentz (geb. am<br />

07.07.1932) aus Bad Mergentheim. Sie arbeitete bei den Süddeutschen<br />

Hammerwerken in Bad Mergentheim Nach der Hochzeit wechselte sie<br />

ins Kursanatorium Dr. Vötisch, ganz in der Nähe unseres Wohnhauses im<br />

Weberdorf in Bad Mergentheim.<br />

Franz Müller heute<br />

1959 baute ich mit meiner Frau und meiner Mutter in Bad Mergentheim<br />

ein Haus in das wir am 24.05 1959 einzogen. Aus unserer Ehe<br />

gingen die Töchter Margit (geb. am 26.08.1961) und Monika (geb. am<br />

09.10.1964) hervor. Beide Töchter sind verheiratet und wohnen leider<br />

nicht in unserer Nähe. Zwischenzeitlich haben wir zwei Enkelkinder, ein<br />

Mädchen namens Hanna (geb. am 15.01.1996) und einen Buben namens<br />

David (geb. am 25.02.1998).<br />

Meine Frau Magdalena verstarb bereits am 15.02.1985 und wurde auf<br />

dem Alten Friedhof in Bad Mergentheim beerdigt. Am 06.06 1986 heiratete<br />

ich meine zweite Frau Herta.<br />

Franz Müllers zweite Frau Herta<br />

Bis zu meinem Ruhestand im Februar 1991 arbeitete ich bei der Firma<br />

Autolackiererei Stelter in Bad Mergentheim als Meister und Geschäftsführer.<br />

Meinen Ruhestand kann ich leider nicht zusammen mit meinen<br />

Enkeln verbringen, da diese nicht in der Nähe wohnen. Ich beschäftige<br />

mich mit meinen Hobbys, dem Malen, der Kalligraphie und dem Garten,<br />

sowie mit Lesen und Fernsehen. u<br />

Textgrundlage: Franz Müller<br />

Fotos: Franz Müller, Erwin Kreissl<br />

144


Kalligraphie über dem Eingang<br />

von Franz Müllers Wohnhaus im<br />

Weberdorf in Bad Mergentheim.<br />

Selbstgemalte Wappen auf einer<br />

Wand am Gartenweg von Franz<br />

Müllers Wohnhaus.<br />

145


Die Kirche (hinten rechts) und<br />

das Pfarrhaus (vorne links) von<br />

Botenwald.<br />

146


Richter Wilhelmine<br />

Frau Wilhelmine Richter wurde am 24.03.1899<br />

in Botenwald (Butovice) geboren, einem Ortsteil<br />

der Stadt Studénka (Stauding) in der tschechischen<br />

Region Mähren-Schlesien. Sie war verwitwet und kam<br />

nach ihrer Vertreibung am 16.07.1946 nach Stuppach.<br />

Sie wurde bei Familie Köhler Franz in Lillstadt einquartiert.<br />

Weitere Informationen über ihren Lebens-<br />

weg waren nicht auffindbar. Wie ich sie kannte, bzw.<br />

mich aus Gesprächen mit meinem Vater erinnere, war<br />

sie kinderlos geblieben, starb vermutlich in Stuppach<br />

und wurde wahrschenlich dort auch beerdigt. u<br />

Text: Erwin Kreissl, wikipedia.de<br />

Foto: ansichtskarten-center.de, wikimedia.org<br />

Postkarte aus Botenwald unbekannten Datums.<br />

147


Frau Scholz Alosia<br />

mit Tochter Henriette (wohnhaft in Lustbronn)<br />

Frau Aloisia Scholz (verwitwet) wurde am 24.09.1898 in Bohnwald geboren.<br />

Gleiches gilt für ihre Tochter Henriette (ledig) am 14.11.1925.<br />

Sie kamen am 16.07.1946 in die Gemeinde Stuppach und wurden bei<br />

Fam. Andreas Stütz in Lustbronn eingewiesen.<br />

Nach dem Abmeldebuch der Gemeinde Stuppach zogen beide bereits<br />

am 15.01.1947 nach Bad Mergentheim zu einer Fam. Ehrmann. Am<br />

13.06.1955 zogen sie in die Türkengasse 15, wo sie bis zum 13.04.1961<br />

wohnten. Im Anschluss zogen Sie in den Akazienweg 1, wo sie bis zum<br />

03.04.1974 weilten.<br />

An jenem Tag zogen beide von Bad Mergentheim nach Lauingen (Donau)<br />

in die Eichenstraße 4. Der Grund des Wegzugs ist unbekannt.<br />

Nach schriftlicher Mitteilung der Stadtverwaltung Lauingen verstarb<br />

Frau Aloisia Scholz am 30.11.1991 mit 93 Jahren ebenda. Ihre Tochter<br />

Henriette Scholz folgte ihr am 30.04.2012 im Alter von 87 Jahren in Wertingen<br />

(Landkreis Dillingen). Tochter Henriette war nicht verheiratet. u<br />

Textgrundlage & Fotos: Erwin Kreissl<br />

148


Wohnhaus Andreas Stütz jun. in Lustbronn<br />

149


Familien Stampfer<br />

mit den Personen Balthasar, Elisabeth, Eva, Jakob, Maria, Martin, Rosalia und Stephan<br />

Trotz intensiver Bemühungen und Recherchen<br />

konnte der Autor keines der damaligen Familienmitglieder<br />

der Familien Stampfer ausfindig machen.<br />

Deshalb beschränken sich die nachfolgenden Informationen<br />

auf die Angaben, die aus dem Meldebuch<br />

der Gemeine Stuppach zu entnehmen waren. Ebenfalls<br />

unbekannt bleiben die verwandtschaftlichen<br />

Verhältnisse der einzelnen Personen zueinander. Aus<br />

seiner Schulzeit ist ihm lediglich eine Maria Stampfer<br />

persönlich bekannt, die auch auf den Klassenfotos in<br />

diesem Buch abgebildet ist.<br />

Hinweis:<br />

Bis Ende des Ersten Weltkriegs gehörte Obrovac<br />

Österreich-Ungarn an. Danach wurde die Stadt Teil des<br />

Königreichs Jugoslawien (siehe auch Wikipedia).<br />

Stampfer Balthasar<br />

Landwirt, geboren am 13.04.1911 in Obrovac<br />

(Ungarn), verheiratet, röm.-kath. Konfession,<br />

deutsche Staatsangehörigkeit. Ankunft in Stuppach<br />

am 05.07.1946, eingewiesen bei Michel Maria.<br />

Stampfer Elisabeth<br />

Hausfrau, geboren am 23.10.1900 in Obrovac<br />

(Ungarn), verheiratet, röm.-kath. Konfession,<br />

deutsche Staatsangehörigkeit. Ankunft in Stuppach<br />

am 24.03.1946, eingewiesen bei Karl Hofmann.<br />

Stampfer Eva<br />

Hausfrau, geboren am 09.04.1919 in Obrovac<br />

(Ungarn), verheiratet, röm.-kath. Konfession,<br />

deutsche Staatsangehörigkeit. Ankunft in Stuppach<br />

am 24.03.1946, eingewiesen bei Familie Schönbein.<br />

Stampfer Jakob<br />

Landwirt, geboren am 24.04.1887 in Obrovac<br />

(Ungarn), verheiratet, röm.-kath. Konfession,<br />

deutsche Staatsangehörigkeit. Ankunft in Stuppach<br />

am 24.03.1946, eingewiesen bei Karl Retzbach.<br />

150


Stampfer Maria<br />

Kind, geboren am 01.03.1937 in Obrovac, ledig, röm.-kath. Konfession,<br />

deutsche Staatsangehörigkeit. Ankunft in Stuppach am 24.03.1946,<br />

eingewiesen bei Familie Schönbein.<br />

Stampfer Martin<br />

Kind, geboren am 07.12.1941 in Obrovac, ledig, röm.-kath. Konfession,<br />

deutsche Staatsangehörigkeit. Ankunft in Stuppach am 24.03.1946,<br />

eingewiesen bei Karl Retzbach.<br />

Stampfer Rosalia<br />

Hausfrau, geboren am 27.09.1892 in Obrovac (Ungarn), verheiratet,<br />

röm.-kath. Konfession, deutsche Staatsangehörigkeit. Ankunft in<br />

Stuppach am 24.03.1946, eingewiesen bei Karl Retzbach.<br />

Maria Stampfer<br />

Stampfer Stephan<br />

Kaufmann, geboren am 22.06.1892 in Obrovac (Ungarn), verheiratet,<br />

röm.-kath. Konfession, deutsche Staatsangehörigkeit. Ankunft in<br />

Stuppach am 24.03.1946, eingewiesen bei Karl Hofmann. u<br />

Text: Erwin Kreissl nach Angaben des Meldebuches der Gemeinde Stuppach.<br />

Foto: E. Nowak<br />

151


Kinder der Familie Steiner: Margarete, Liselotte, Arthur und Waltraud (v.l.n.r.)<br />

Familie Steiner Franz<br />

und Hermine<br />

mit den Kindern Arthur, Liselotte, Waltraud und<br />

Margarete (wohnhaft in Lillstadt)<br />

Mutter Hermine und Vater Franz Steiner (v.l.n.r.)<br />

152


Franz (1.v.l.) und Hermine Steiner (3.v.l.) vor Ihrem Haus in Stuppach<br />

zusammen mit Ihren Enkelkindern Sieglinde (2.v.l.), Hubert (5.v.l.) und Elke<br />

(4.v.l.), allesamt Kinder ihrer Tochter Margarete Schmeiser.<br />

in Backnang und von dort aus nach Bad Mergentheim.<br />

Von hier kamen sie am 19.06.1946 nach Stuppach, wo<br />

sie vom Bürgermeisteramt nach Lillstadt zu Familie<br />

Schmieg eingewiesen wurden.<br />

Die Eltern heirateten 1937. Aus dieser Ehe gingen<br />

die obengenannten Kinder hervor. Der Vater kam erst<br />

1947 aus der Gefangenschaft zurück nach Lillstadt.<br />

Er fand Arbeit bei den Süddeutschen Hammerwerken<br />

in Bad Mergentheim und wechselte später zur<br />

Firma Charas, ebenfalls in Bad Mergentheim. Dort<br />

blieb er bis zu seinem Renteneintritt.<br />

Mutter Hermine widmete sich ganz und gar den<br />

Kindern bzw. der Familie und konnte deshalb keiner<br />

anderen geregelten Arbeit nachgehen.<br />

Steiner Franz und Hermine<br />

Hermine (geb. am 02.10.1910) wurde mit den<br />

vier Kindern Arthur, Lieselotte, Waltraud und<br />

Margarete aus der Heimat in Ludwigsdorf im Kreis<br />

Mährisch Trübau im Sudetenland vertrieben.<br />

Zum diesem Zeitpunkt war Vater Franz (geb. am<br />

30.01.1909) noch in der Gefangenschaft. Die Eltern<br />

betrieben zu Hause ein eigenes Haus und Landwirtschaft.<br />

Nach Erinnerung von Tochter Waltraud nahm<br />

die Vertreibung ihren Verlauf über das Sammellager<br />

Die Eltern errichteten im Jahr 1957 in Stuppach<br />

ein Einfamilienwohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss.<br />

1957 zogen alle von Lillstadt in das neu<br />

gebaute Wohnhaus ein.<br />

Am 03.09.1973 verstarb Hermine, Vater Franz<br />

lebte bis zum 21.01.1988. Beide wurden in Stuppach<br />

beerdigt. u<br />

Textgrundlage & Fotos: Waltraud Fleuchaus (geb. Steiner)<br />

153


Arthur Steiner<br />

Steiner Arthur<br />

Arthur (geb. am 11.01.1938) wurde mit seiner<br />

Mutter und den drei jüngeren Geschwistern aus<br />

seiner Heimat vertrieben und kam am 19.06.1946<br />

nach Lillstadt. In Stuppach besuchte er die Volksschule,<br />

in der sog. Unterklasse ein bis vier, im Rathaus bei<br />

Lehrerin Frl. Sieglinde Mäussnest.<br />

Die restlichen Jahre der Oberstufe verbrachte er<br />

bei Herrn Oberlehrer Ernst Kelber im Gebäude neben<br />

dem Pfarrhaus von Frau Maria Teufel. Im Dachgeschoss<br />

wohnte Herr Lehrer Kelber. In den letzen<br />

Schuljahren durften die Kinder wieder ins eigentliche<br />

Schulhaus ziehen, das durch die Kriegseinwirkungen<br />

stark beschädigt worden war.<br />

Nach dem Wohnhausneubau der Eltern zogen alle<br />

im August 1957 in das neue Haus nach Stuppach.<br />

Er schloss die Volksschule ab und begann eine<br />

Lehre zum Landmaschinenmechaniker bei der Firma<br />

Schäf Landmaschinen in Bad Mergentheim (Firma<br />

inzwischen erloschen). Im Anschluss arbeitete er als<br />

Kesselwärter bei den Süddeutschen Hammerwerken<br />

in Bad Mergentheim.<br />

1974 heiratete er seine Frau Christa Kuhrauh aus<br />

Markelsheim und wohnte mit ihr in Stuppach. Die<br />

Ehe blieb kinderlos. Arthur starb 24. 08.1985, seine<br />

Frau Christa 2004. Beide wurden in Stuppach beerdigt.<br />

u<br />

Textgrundlage & Fotos: Elke Schmeiser<br />

154<br />

Ehepaar Arthur und Christa Steiner (geb. Kuhrauh) am Tag ihrer Hochzeit.


Steiner Waldtraud (verh. Fleuchaus)<br />

Ich wurde am 22.10.1940 geboren und mit meiner<br />

Mutter und den drei Geschwistern aus unserer<br />

Heimat vertrieben. Am 19.06.1946 kamen wir nach<br />

Stuppach bzw. Lillstadt. In Stuppach habe ich die<br />

Volksschule, in der sogenannten Unterklasse 1–4 im<br />

Rathaus bei der Lehrerin Frl. Sieglinde Mäussnest und<br />

die restlichen Jahre der Oberstufe bei Herrn Oberlehrer<br />

Ernst Kelber im Gebäude neben dem Pfarrhaus<br />

von Frau Maria Teufel besucht. Im Dachgeschoss<br />

wohnte Herr Lehrer Kelber. In den letzten Schuljahren<br />

durften wir wieder ins eigentliche Schulhaus<br />

einziehen, welches zuvor durch Kriegseinwirkungen<br />

stark beschädigt worden war.<br />

Links oben: Waltraud Fleuchaus, geb. Steiner<br />

Rechts oben: Familie Fleuchaus bei der goldenen Hochzeit<br />

Durch den Wohnhausneubau der Eltern sind wir<br />

dann im Juli 1957 nach Stuppach ins neue Haus gezogen.<br />

Nach Abschluss der Volksschule arbeitete ich als<br />

Näherin bei der Firma Neckermann in Bad Mergentheim.<br />

Seinerzeit war das Unternehmen noch in den<br />

Räumlichkeiten des Schlosses untergebracht.<br />

Waltraud und Berthold Fleuchaus an ihrer Hochzeit<br />

155


Am 06.10.1962 heiratete ich Herrn Berthold<br />

Fleuchaus (geb. am 01.09.1940) aus Gerlachsheim.<br />

Nach der Eheschließung zog ich von Stuppach nach<br />

Lauda-Königshofen, in den Stadtteil Lauda. Aus unserer<br />

Ehe ging Tochter Nicole hervor. Nach der Eheschließung<br />

arbeitete ich bei Firma Wobser in Lauda,<br />

einem Stadtteil von Lauda-Königshofen.<br />

Wir wohnen zur Miete im Stadtteil Lauda. Unsere<br />

Tochter wohnt mit ihrem Mann und ihrem Sohn Paul<br />

in Lauda-Königshofen im eigenen Wohnhaus.<br />

Mein Mann ist gelernter Bäcker, arbeitete aber seit<br />

1970 bis zu seiner Verrentung als Mechaniker bei<br />

Firma Wobser im Stadtteil Lauda. u<br />

Waldtraud Fleuchaus<br />

(geb. Steiner)<br />

Nicole Stochert (geb. Steiner)<br />

Textgrundlage & Fotos: Waltraud Fleuchaus<br />

Liselotte Steiner (verh. Lorend)<br />

Frau Lieselotte Lorend (geb. am 08.09.1939) wurde<br />

mit ihrer Mutter und den drei Geschwistern aus<br />

ihrer Heimat vertrieben und kam am 19.06.1946<br />

nach Stuppach bzw. Lillstadt.<br />

Wie ihre Schwestern besuchte sie die Volksschule in<br />

der sog. Unterklasse 1–4 im Rathaus bei der Lehrerin<br />

Frl. Sieglinde Mäussnest und die restlichen Jahre der<br />

Oberstufe bei Herrn Lehrer Ernst Kelber im Gebäude<br />

neben dem Pfarrhaus von Frau Maria Teufel.<br />

Durch den Nebau des Wohnhauses durch die Eltern<br />

zog sie dann im Juli 1957 mit nach Stuppach.<br />

Heute ist sie verheiratet, lebt im Raum Köln und<br />

möchte keine weiteren Angaben machen. u<br />

Liselotte Lorend (geb. Steiner) als Kind (links) und heute (rechts)<br />

Textgrundlage & Fotos: Waltraud Fleuchaus<br />

156


Margarete Steiner (verh. Schmeiser)<br />

Margarete wurde am 12.01.1943 als jüngstes Kind der Familie geboren<br />

und mit ihrer Mutter und den drei Geschwistern aus der Heimat<br />

vertrieben. Am 19.06.1946 kamen sie nach Stuppach bzw. Lillstadt.<br />

Wie ihre Geschwister besuchte sie in Stuppach die Volksschule, in der<br />

sogenannten Unterklasse 1–4 im Rathaus bei der Lehrerin Frl. Sieglinde<br />

Mäussnest und die restlichen Jahre der Oberstufe bei Herrn Oberlehrer<br />

Ernst Kelber im Gebäude neben dem Pfarrhaus von Frau Maria Teufel.<br />

Im Dachgeschoss wohnte Herr Lehrer Kelber. In den letzten Schuljahren<br />

durften alle wieder ins eigentliche Schulhaus einziehen, welches zuvor<br />

durch Kriegseinwirkungen stark beschädigt war worden war<br />

Durch den Neubau des Wohnhauses durch die Eltern zog sie dann im<br />

Juli 1957 mit nach Stuppach. Nach Abschluss der Volksschule begann sie<br />

als Hilfskraft bei der Firma Katschner in Bad Mergentheim zu arbeiten.<br />

Anschließend machte sie eine Lehre als Textilverkäuferin bei Frau Brenner<br />

in Bad Mergentheim. Am 03.03.1962 heiratete sie Albert Schmeiser<br />

aus Stuppach. 1962 bekam das Paar die erste Tochter Sieglinde, 1964<br />

kam Sohn Hubert und 1968 die jüngste Tochter Elke zur Welt.<br />

Margarete Schmeiser<br />

(geb. Steiner)<br />

Seit der Eheschließung wohnten alle in Stuppach, zunächst bei ihren<br />

Eltern und ab 1964 im neu gebauten Haus.<br />

Ihr Mann arbeitete ab 1960 als Heizungsbauer bei der Firma Lotz in<br />

Bad Mergentheim, bevor er 1972 zur WLZ nach Markelsheim wechselte.<br />

Ab 1983 arbeitete er bis zur Rente bei der Firma Walter Schneider in<br />

Bad Mergentheim. Margarete Schmeiser verstarb am 07.11.2010 und<br />

wurde in Stuppach beerdigt. u<br />

Textgrundlage & Fotos: Elke Schmeiser<br />

Rechts: Ehepaar Albert und Margarete Schmeiser (geb. Steiner) am Tag ihrer Hochzeit.<br />

157


Auch heute noch weißt das Ortsschild auf den Geburtsort der Familie hin.<br />

(Quelle: googleusercontent.com)<br />

158


Familie Dvorschak Johann und Amalia<br />

Johann (geb. am 19.06.1877 und Amalia (geb. am<br />

30.01.1883) sind die Eltern von Mutter Hermine<br />

Steiner und stammen aus Ludwigsdorf, im Kreis<br />

Mährisch Trübau im Sudetenland. Sie wurden zusammen<br />

mit Mutter Hermine Steiner<br />

und den drei Geschwistern ausgewiesen<br />

und kamen zusammen am<br />

19.06.1946 nach Stuppach. Sie<br />

wurden bei Fam. Kühlwein<br />

in Lillstadt eingewiesen.<br />

Opa Johann und Oma<br />

Amalia zogen auch mit<br />

nach Stuppach in das<br />

neue Wohnhaus ein.<br />

Amalia Dvorschak<br />

starb am 13.12.1966,<br />

ihr Mann Johann am<br />

20.08.1967. Beide wurden<br />

in Stuppach beerdigt.<br />

u<br />

Textgrundlage & Fotos:<br />

Waltraud Fleuchaus<br />

(geb. Steiner)<br />

Opa Johann und Oma Amalia Dvorschak am Bildstock<br />

„Heiliges Kreuz“ im Stuppacher Wald<br />

159


Familie Trischler Franz<br />

und Katharina<br />

mit den Kindern Anna, Josef, Theresia und Adam<br />

(wohnhaft in Stuppach)<br />

Obrovac in der Provinz Zadar in Kroatien heute<br />

160


Trischler Franz und Katharina<br />

Trischler Franz (geb. am 06.09.1906) und Katharina<br />

(geb. am 20.07.1909) stammen aus dem Dorf<br />

Obrovac im Landkreis Palanka in Kroatien (Jugoslawien).<br />

Aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor:<br />

Anna, Josef und Theresia.<br />

Die Flucht/Vertreibung begann am 11.10.1944.<br />

Mit einem Planwagen und zwei Pferden verliesen sie<br />

ihren Heimatort Obrovac. Über ihren Fluchtweg über<br />

Österreich, der Tschechoslowakei und letztendlich<br />

Deutschland, gibt es einen Plan, „Der große Obrovacer<br />

Treck“, der in fünf Teile aufgegliedert ist.<br />

So dauerte der erste Teil ihrer Flucht von Obrovac<br />

11.10.1944 bis zur Ankunft in Niederschlesien<br />

am 11.12.1944 mit dem Planwagen insgesamt 61<br />

Tage und sie legten dabei 1144 km zurück. Es waren<br />

mehrere Familien mit insgesamt 54 Planwagen beteiligt,<br />

wobei ein Planwagen mit durchschnittlich acht<br />

Personen besetzt war. In der Regel wurde auf bereits<br />

verlassenen Gutshöfen oder anderen Bauernhöfen<br />

übernachtet. Zur Erstversorgung dienten die mitgenommenen<br />

Lebensmittel. Später mussten sie auch<br />

viel hinzu kaufen.<br />

Von Niederschlesien kamen sie zunächst in den<br />

Kreis Deggendorf und 1946 von dort nach Deubach<br />

in den Kreis Mergentheim (Anmerkung des Autors:<br />

ein genaues Zuzugsdatum war von der ehemaligen<br />

Gemeinde Deubach, einem Stadtteil der heutigen<br />

Stadt Lauda-Königshofen, leider nicht zu erhalten).<br />

Am 07.10.1946 zog die ganze Familie dann nach Stuppach<br />

zu Familie Kohlschreiber um. Erst hier gaben sie<br />

ihr Gespann auf.<br />

Der Vater fand Arbeit bei den Süddeutschen Hammerwerken<br />

in Bad Mergentheim (die Firma ist zwischenzeitlich<br />

aufgelöst).<br />

161


Am 19.04.1951 zogen sie von Stuppach weg nach Klingenstein bei Ulm,<br />

denn hier siedelten sich die meisten ihrer Landsleute an. Vater Franz<br />

fand Arbeit bei Fa. Hummel, einem Hersteller kleiner Dreschmaschinen,<br />

in Ehrenstein.<br />

Die Eltern verbrachten ihren Ruhestand im eigenen Haus in Blaustein,<br />

zusammen mit der Familie ihrer Tochter Theresia (verh. Braun). Die<br />

Mutter verstarb 1996, der Vater 2002. Beide wurden in Blaustein beerdigt.<br />

u<br />

Textgrundlage: Josef Trischler<br />

Fotos: Josef Trischler, static.panoramio.com<br />

Links: Familie Trischler mit ihren Pferden (1937)<br />

Unten: Franz und Katharina Trischler während der Feier ihrer goldenen Hochzeit<br />

162


54<br />

163


Trischler Theresia<br />

Trischler Theresia (verheiratete Braun) wurde am 08.06.1937 in<br />

Obrovac im Landkreis Palanka in Jugoslawien geboren. Sie floh mit ihren<br />

Eltern und Geschwistern aus der Heimat mit den Planwagen.<br />

Die Flucht der Familie endete im März 1946 zunächst in der damalig<br />

selbständigen Gemeine Deubach im Kreis Mergentheim. Am 07.10.1946<br />

kamen sie nach Stuppach und wurden bei Familie Kohlschreiber eingewiesen.<br />

Theresia besuchte die Grundschule in der Unterklasse bei der Lehrerin<br />

Frl. Mäussnest (später verheiratete Wurst) in Stuppach. Die Oberklasse<br />

im Gebäude von Frau Teufel, genannt Welze Marie, besuchte sie bei<br />

Herrn Oberlehrer Kelber.<br />

Sie ist mit Herrn Braun verheiratet und hat Kinder. Zwischenzeitlich<br />

sind Theresia und ihr Mann beide im Ruhestand, wohnen im eigenen<br />

Haus und genießen im Kreise ihrer Enkel das Oma- und Opa-Dasein.<br />

u<br />

Text: Erwin Kreissl<br />

Foto: E. Nowak<br />

164


Trischler Josef<br />

Ich, Trischler Josef (geb. am 20.01.1929 in Obrovac im<br />

Landkreis Palanka in Jugoslawien), flüchtete mit dem<br />

Planwagen und meinen Eltern aus unserer Heimat.<br />

Wir waren zuerst im März 1946 in der damaligen<br />

selbständigen Gemeinde Deubach im Kreis Mergentheim<br />

und kamen am 07.10.1946 nach Stuppach. Dort<br />

wurden wir bei Fam. Kohlschreiber eingewiesen.<br />

Am 07.05.1947 hatte ich einen Blutsturz, dann wurde<br />

bei mir eine TBC Erkrankung festgestellt. Ich wurde<br />

zunächst im Caritas-Krankenhaus in Bad Mergentheim<br />

und dann sechs Monate in einem Sanatorium in<br />

Oppenweiler im Kreis Backnang behandelt. Danach<br />

verbrachte ich eine kurze Zeit in Stuppach und bis<br />

zur vollständigen Ausheilung weitere zweieinhalb<br />

Jahre im Rehazentrum<br />

in Schömberg.<br />

Meine Schulbildung hatte ich bereits abgeschlossen<br />

und zum Erlernen eines Berufes bin ich nicht gekommen.<br />

Dadurch hatte ich wechselnde Arbeitsstellen.<br />

Zunächst arbeitete ich als Tankwart (diese Arbeitsmöglichkeit<br />

gibt es heute nicht mehr), dann als<br />

Vertreter und nach einem Autounfall machte ich mich<br />

selbständig als Schweinemäster. Mit vier Schweinen<br />

begann ich und beim Verkauf des Betriebs im Jahr<br />

1981 waren es bereits 1200 Schweine.<br />

Am 15.05.1954 habe ich Frau Katharina geb. Karmos<br />

in Klingenstein geheiratet. Meine Frau stammt<br />

aus Torbagy in Ungarn. Aus unserer Ehe gingen die<br />

Kinder Norbert, Helmut und Gabriele hervor.<br />

1962 sind wir von Stuppach nach Hittistetten<br />

umgezogen und 1965 weiter nach Senden bei Ulm. In<br />

Senden machte ich mich selbständig und baute wieder<br />

einen Schweinemastbetrieb auf, den ich dann<br />

1981 verkaufte und mit 52 Jahren in den wohlverdienten<br />

Ruhestand ging.<br />

Seit dem Verkauf des Betriebes<br />

lebe ich zusammen mit meiner<br />

Frau im eigenen Haus im „Un“-Ruhestand,<br />

denn ich muss immer etwas<br />

zu „treiben“ haben. Durch den<br />

Anbau an unser Wohngebäude<br />

wurde es möglich, dass unsere<br />

Familienbild von 1969: (v.l.n.r.) Sohn<br />

Norbert, Frau Katharina, Sohn Helmut,<br />

Josef Trischler und Tochter Gabriele.<br />

165


Tochter Gabriele mit ihrer Familie bei uns einziehen<br />

konnte und so habe ich zu meiner Blumenpracht auch<br />

noch eine kleine Enkelin bekommen, die uns sehr viel<br />

Freude bereitet.<br />

Zunächst widmete ich mich dem Spargelanbau,<br />

dann der Rassetaubenzucht, die mir einige Pokale<br />

eingebracht haben und später dann der Veredelung<br />

wilder Rosen. Jetzt sind es die Buchspflanzen, die<br />

mich immer wieder in den Garten treiben. Buchs zu<br />

dressieren ist nichts für Leute „denen es pressiert“. Es<br />

dauert Jahre, bis ein Steckling überhaupt vorgeformt<br />

werden kann und noch länger bis eine Skulptur so<br />

aussieht, wie ich sie mir vorstelle.<br />

Andererseits haben es mir auch die Fuchsien<br />

angetan. Die Leidenschaft zu diesen Gewächsen ist<br />

offensichtlich. Mein Vorgarten, die Rabatten am Weg<br />

zur Haustür, die Stufen am Eingang, alles ist übersät<br />

mit kleinen und großen Töpfen in denen die verschiedensten<br />

Varianten des südamerikanischen Nachtkerzengewächses<br />

blühen. Die Blütenpracht ist „Manna<br />

für meine Seele“ und hält mich fit und jung.<br />

Unsere Kinder:<br />

Der ältester Sohn Norbert ist Bauleiter, die Tochter<br />

Bürokauffrau und unser anderer Sohn ist Prof. Dr.<br />

Helmuth Trischler, Direktor der Abteilung Forschung<br />

und Technik im Deutschen Museum in München (Racel<br />

Carson Center). u<br />

Textgrundlage: Josef Trischler<br />

Fotos: Josef Trischler, Claudia Schäfer, mapio.net<br />

166


Links oben: Die Schweinezucht von Josef Trischler in Söllingen-Ulm (1958)<br />

Links unten: Ausflug 1967 in das Heimatland von Ehefrau Katharina nach Budapest<br />

Oben: Die Familie Josef Trischler im Jahr 2014: (v.l.n.r.) Sohn Norbert, Josef Trischler, Ehefrau<br />

Katharina, Tochter Gabriele und Sohn Helmut<br />

Rechts: Josef Trischler 1958 in Söllingen mit Schwein auf dem Arm<br />

Unten: Josef Trischler im Reich seiner Fuchsien<br />

167


Familie Trischler Anna mit Sohn Adam<br />

Anna Trischler (geb. am 05.02.1927) in Obrovac im Landkreis Palanka<br />

in Jugoslawien flüchtete per Planwagen mit ihren Eltern und mit<br />

ihrem Sohn Adam (geb. am 10.03.1945) aus der alten Heimat.<br />

Hedwig Hermann (links) und<br />

Anna Trischler (rechts)<br />

Sie kamen zuerst auf das Hofgut Sailtheim in der Gemeinde Deubach<br />

(Anmerkung des Autors: ein genaues Zuzugsdatum war von<br />

der ehemaligen Gemeinde Deubach, einem Stadtteil der heutigen Stadt<br />

Lauda-Königshofen, leider nicht zu erhalten). Von hier aus zogen sie am<br />

07.10.1946 nach Stuppach um und wurden bei Familie Fridolin Wolf<br />

eingewiesen. Zur gleichen Zeit und mit ihr zusammen kam auch ihr<br />

Verlobter und Vater ihres Sohnes Adam, Herr Adam Horvath (geb. am<br />

14.09.1921). Er stammte auch aus Obrovac und kam mit ihnen nach<br />

Deubach und nach Stuppach.<br />

168


Links: Doppelhaushälfte der Familie in<br />

Lustbronn (rechte Seite). Damals Eigentum<br />

von Hedwig Hermann, heutiger Eigentümer<br />

ist Claus Hermann. Linke Hälfte gehörte<br />

früher Karl Weiß, heute (2016) auch Claus<br />

Herrmann.<br />

Rechts: Dasselbe Haus im Jahr 1946.<br />

Sie heiratete später Herrn Adam Horvath und aus<br />

der Ehe gingen noch ein weiterer Sohn Herbert (geb.<br />

am 23.11.1947) und eine Tochter Roswitha (geb. am<br />

18.11.1951) hervor.<br />

Anmerkungen des Autors:<br />

Die Familie ist nach Angaben des Bruders öfter<br />

umgezogen. So wohnten sie auch eine Zeit lang in<br />

Lustbronn in der damaligen „Hinteren Gasse 2“, heute<br />

Hopfensteige, bei Frau Hedwig Hermann (später verheiratet<br />

mit Herrn Albin Weiß). Heutiger Eigentümer<br />

ist der Sohn Claus Herrmann. Er hat zwischenzeitlich<br />

die frühere Haushälfte von der Witwe Alois Weiß<br />

gekauft. Claus ist an den Rollstuhl gebunden und hat<br />

sich an der erworbenen Haushälfte einen behinderten<br />

gerechten Hauszugang geschaffen. Der Bruder, Herr<br />

Josef Trischler hat mir mitgeteilt, dass Herr Adam<br />

Horvath sen. am 12.12.2000 und sein Sohn Adam jun.<br />

am 06.07.2009, verstorben sind.<br />

Wann und warum die Familie von Stuppach weg<br />

gezogen ist und was Herr Horvath gearbeitet hat,<br />

konnte ich nicht in Erfahrung bringen.<br />

Frau Anna Horvath verbringt ihren Lebensabend<br />

bei Ihrer Tochter Roswitha verheiratete Schneider in<br />

Blaustein. u<br />

Textgrundlage: Josef Trischler<br />

Fotos: Erwin Kreissl, Claus Hermann<br />

169


Familie Trübenbach Josef und Rosi<br />

mit den Kindern Gretel und Anneliese (wohnhaft in Stuppach)<br />

Trübenbach Josef und Rosi<br />

Trübenbach Josef, geb. am 17.05.1893 und Ehefrau<br />

Rosi, geb. am 03.10.1897, kamen am 07.02.1946<br />

nach Stuppach und wurden hier laut Unterlagen der<br />

Gemeinde Stuppach zunächst der Familie Hans Bauer<br />

zugeteilt. Josef Trübenbach war von Beruf Landwirt.<br />

Nach Aussage von Frau Elfriede Zorn (spätere Schwägerin<br />

von Anneliese Trübenbach) wohnten sie bei Familie<br />

Alois Sturm (Hauptstr. 65) und später dann bei<br />

Fam. Rosa Ehrmann. Beide sind bereits verstorben.<br />

Weitere Angaben konnten leider nicht ermittelt werden,<br />

da keine Nachkommen mehr leben. Vermutlich<br />

sind sie auf dem Friedhof in Stuppach beerdigt. u<br />

Trübenbach Gretel<br />

Trübenbach Gretel, geb. am 25.08.1927 in Reißig,<br />

kam am 04.09.1946 nach Stuppach. Sie zog<br />

bereits am 20.02.1947 nach München. Nach Auskunft<br />

ihrer Schwägerin, Frau Elfriede Zorn, war sie in<br />

München verheiratet. Der Familienname war ihr nicht<br />

mehr in Erinnerung. Aus der Ehe gingen eine Tochter<br />

(Schneiderin) und ein Sohn (Zahnarzt) hervor. Weitere<br />

Nachforschungen blieben ergebnislos. Die Kinder<br />

konnten leider nicht ausfindig gemacht werden. u<br />

Textgrundlage: Erwin Kreissl<br />

Fotos: Elfriede Zorn<br />

170


Trübenbach Anneliese (verh. Zorn)<br />

Am 10.09.1929 wurde Anneliese in Reißig (Kreis Eger geboren). Aus<br />

dem Anmeldebuch der Gemeinde Stuppach geht nicht hervor, ob<br />

Anneliese floh oder vertrieben wurde und welchen Weg sie zurücklegte.<br />

Auch fehlen Angaben wann sie in die Gemeinde Stuppach kam und wo<br />

sie wohnte. Ersichtlich ist jedoch, dass sie bereits am 01.10.1946 nach<br />

Bad Mergentheim zog.<br />

Nach dem Umbruch 1945 hatte Anneliese keine Berufsausbildung. Sie<br />

arbeitete viele Jahre bei der Stadt Bad Mergentheim bzw. der Kurverwaltung<br />

und hier im Badebereich.<br />

Anneliese Zorn, geb. Trübenbach<br />

Am 09.10.1954 heiratete sie Herrn Erwin Zorn aus Stuppach. Nach<br />

Auskunft von Schwägerin Elfriede Zorn wohnten beide bis in die 50er<br />

Jahre in Stuppach und zogen dann nach Bad Mergentheim um.<br />

Erwin Zorn arbeitete jahrelang als Werkstattleiter der Schlosserei<br />

in den Süddeutschen Hammerwerken in Bad Mergentheim. Nach deren<br />

Übernahme durch die Firma. „Metzeler Reifen“ war er jahrelang<br />

als technischer Betriebsleiter tätig. Damit waren viele Auslandsreisen<br />

verbunden, um Niederlassungen zu gründen oder Zweigstellen aufzusuchen.<br />

Am 15.09.1972 verunglückte Erwin auf einer Auslandreise in Polen<br />

tödlich. Die Ehe blieb kinderlos.<br />

Einige Jahre später zog Anneliese mit ihrem neuen Lebensgefährten<br />

nach Füssen, wo sie am 18.01.1995 verstarb. u<br />

Erwin Zorn<br />

Textgrundlage: Erwin Kreissl (nach Angaben von Frau Elfriede Zorn und dem<br />

Anmeldebuch der Gemeinde Stuppach)<br />

Fotos: Elfriede Zorn<br />

Links: Erwin und Anneliese in früheren Zeiten.<br />

171


Familie Ullmann Franz,<br />

seine Frau Anna und<br />

seine Schwester Sophie<br />

Franz Ullmann (geb. am 15.10.1893) und seine<br />

Frau Anna (geb. am 16.10.1898) kamen am<br />

16.07.1946 aus dem Sudetenland mit seiner taubstummen<br />

Schwester Sofie (geb. am 15.07.1887) nach<br />

Lustbronn und wohnten zusammen mit Fam. Franz<br />

Dittrich im Haus der „Welze Marie“ (Haus von Frau<br />

Maria Teufel, wohnhaft in Stuppach). Da in diesem<br />

Gebäude kein weiterer Platz mehr war, wohnte Sophie<br />

bei Fam. Karl Weiß.<br />

Franz Ullmann<br />

Franz hatte mit Anna keine Kinder, angeblich war<br />

Franz verwitwet und hatte aus erster Ehe zwei Töchter,<br />

deren Anschriften nicht bekannt sind (Aussage<br />

des früheren Ortsvorstehers Hans Herrmann aus<br />

Stuppach, früher Lustbronn). Er war ein begeisterter<br />

und begnadeter Musiker und Kapellmeister und<br />

wurde erster Dirigent der jungen Musikformation in<br />

Stuppach.<br />

1967 starb Franz Ullmann und wurde in Stuppach<br />

im Grab seiner Frau Anna beerdigt. Seine Schwester<br />

Sophie starb ebenfalls bereits vor ihm und wurde<br />

ebenfalls in Stuppach beerdigt. Hier ein Auszug aus<br />

der Grabrede bei seiner Beisetzung 1967 von Herrn<br />

Erwin Landwehr. „Abschied nehmen ist eine schwere<br />

Sache, am Schwersten, wenn er für immer ist und wenn<br />

er von einem Manne zu nehmen ist, der zwölf Jahre<br />

lang Leiter und Dirigent unserer Blaskapelle war. Er<br />

war nicht nur fachlicher Berater, sondern ein väterli-<br />

172<br />

Großes Bilder links: Wohnhaus von Franz und Anna Ullmann in Lustbronn<br />

(Eigentümerin Frau Maria Teufel aus Stuppach)


Franz Ullmann (untere Reihe, Mitte) beim 10.-jährigen Jubiläum der Trachtenkapelle Stuppach (1964)<br />

cher Freund zu uns jungen Menschen, die etwas bei ihm<br />

lernen wollten. Herr Franz Ullmann gab unserer Musikkapelle<br />

das Gepräge und bestimmte den Werdegang<br />

dieser Kapelle zum Wohle und Nutzen seiner Musiker<br />

und Bürger von Stuppach. […] <strong>Ins</strong>besondere denken wir<br />

an das zehnjährige Gründungs- und Jubiläumsfest unserer<br />

Musikkapelle, das 1964 hier in Stuppach gefeiert<br />

wurde und Lob und Anerkennung für Herrn Ullmann<br />

gebracht hatte. […] Sein Wirken um das Wohl der Blaskapelle<br />

Stuppach sei hier Nochmals betont, denn es lebt<br />

über sein Grab hinaus.[…]“<br />

Die „Laufzeit“ der Grabesruhe ist zwischenzeitlich<br />

abgelaufen. Nachdem es keine Nachkommen gibt und<br />

der Aufenthaltsort der beiden Töchter aus erster Ehe<br />

nicht ermittelbar ist, hat das zuständige Friedhofsamt<br />

der Stadt Bad Mergentheim das „aufgelassene“ Grab<br />

abgeräumt und den Grabstein „entsorgt“. Wohin ist<br />

nicht bekannt.<br />

Anmerkung des Autors: In der Abschiedsrede/<br />

Nachruf am Grabe 1967 heißt es u.a.: „Herr Ullmann<br />

gab unserer Musikkapelle das Gepräge und bestimmte<br />

den Werdegang der Kapelle zum Wohle und Nutzen seiner<br />

Musiker und Bürger von Stuppach“. Hier hätte ich<br />

mir vorstellen können, dass die „Alten Kameraden“ im<br />

Gespräch mit dem Friedhofsamt und der Ortvorsteherin,<br />

einen würdigen Erinnerungsplatz, z.B. an der<br />

Friedhofsmauer, gefunden hätten. u<br />

Textgrundlage: Erwin Kreissl<br />

Fotos: Erwin Kreissl, Erika Scheffel, www.fnweb.de<br />

173


Josef Wozasek<br />

Familie Wozasek Josef und Anna<br />

mit Kindern Erna und Anna (wohnhaft in Lillstadt)<br />

Wozasek Josef und Anna<br />

Wozasek Josef (geb. 12.08.1895) und Anna geb.<br />

Trübenbach (am 27.04.1904) aus Kschellowitz,<br />

Kreis Marienbad im Sudetenland, wurden zusammen<br />

mit ihrer Tochter Erna und der Mutter von Frau Trübenbach<br />

Anna (ebenjene, geb. 08.09.1868) vertrieben<br />

und kamen nach Nürnberg in ein Auffanglager. Die<br />

jüngere Tochter Anna flüchtete, damals 18-jährig,<br />

bereits vor der Vertreibung der Eltern und der Oma<br />

Anfang des Jahres 1946 zu Fuß. Die Familie fand in<br />

Nürnberg im Auffanglager wieder zusammen. Von<br />

hier aus kamen sie am 23.03.1946 nach Lillstadt<br />

zu Landwirt Herrn Mathias Herz. 1947 erfolgte der<br />

Umzug in die Gaststätte zum Hirschen nach Stuppach.<br />

Diese war im Besitz der Fam. Hoffmann. Von dort aus<br />

zogen sie im Jahr 1948 zu Fam. Arweiler Josef und<br />

1960 nach Bad Mergentheim.<br />

Anna Wozasek<br />

Frau Anna Trübenbach sen. starb am 10.01.1948 im<br />

Alter von 80 Jahren in Stuppach und wurde dort auch<br />

beerdigt. Am 24.11.1974 verstarb im Alter von 79<br />

Jahren Herr Josef Wozasek in Bad Mergentheim. Seine<br />

Frau Anna verstarb am 07.02.1983 im gleichen Alter<br />

an gleichem Ort. Beide fanden auch dort ihre letzte<br />

Ruhestätte. u<br />

Textgrundlage: Erwin Kreissl nach mündlichen Angaben<br />

von Hans Hettenbach (Ehemann von Anna Hettenbach, geb.<br />

Wozasek (jun.)<br />

Fotos: Richard Bauer<br />

174


Wozasek Erna<br />

Die ältere Tochter, Frau Erna Clémeur (geb. Wozasek am 23.08.1922)<br />

wurde mit ihren Eltern vertrieben und kam ebenfalls am 23.03.1946<br />

nach Lillstadt. Später zog sie nach Fürstenfeldbruck bei München,<br />

wo 1947 ihre Tochter Anita geboren wurde. Später lebte sie mit ihrer<br />

Familie in Ahlen/Westfalen. 1993 zogen Herr und Frau Clemeur zu<br />

ihrer Tochter Anita nach Essingen. Dort verstarben Frau Clemeur am<br />

01.06.1995 und Herr Clemeur am 23.02.1997. Beide wurden in Essingen<br />

beerdigt. u<br />

Textgrundlage: Anita Braun<br />

Fotos: Richard Bauer<br />

Erna Clémeur (geb. Wozasek)<br />

Wozasek Anna jun.<br />

Johnnes Matthias Hettenbach (geb. 13.01.1928) aus Bad Mergentheim,<br />

heiratete 1953 Frau Anna Wozasek. Aus dieser Ehe ging Tochter<br />

Gabriele (verh. Sommerfeld) hervor. Sie verstarb bereits im Jahr 2001<br />

und hatte vier Kinder: Simone Braun, geb. am 10.03.79 (wohnhaft in<br />

MGH-Markelsheim), Christian Gaertig, geb. am 07.10.1983 (wohnhaft in<br />

Geiselhöring), Christine Gaertig, geb. am 31.03.1990 (wohnhaft in Geiselhöring)<br />

Carina Gaertig, geb. am 31.03.1990 (wohnhaft in Geiselhöring).<br />

Anni Hettenbach betrieb ab 1957 in Bad Mergentheim selbständig ein<br />

Heißmangelgeschäft, welches sie aus Altersgründen im Jahr 2009 aufgab.<br />

Sie verstarb am 11.10.2014 im Alter von 88 Jahren in Bad Mergentheim<br />

und wurde in Markelsheim beerdigt.<br />

Hans Hettenbach wohnte nach dem Tode seiner Ehefrau Anni bei<br />

seiner Enkeltochter Simone (verh. Braun) in Markelsheim und verstarb<br />

am 29.10.2015 nach kurzer Krankheit im Caritaskrankenhaus in Bad<br />

Mergentheim. Beerdigt wurde er ebenfalls in Markelsheim. u<br />

Text: Erwin Kreissl nach mündlichen Angaben von Hans Hettenbach<br />

Fotos: Hans Hettenbach<br />

Anna Hettenbach (geb. Wozasek)<br />

und Hans Hettenbach<br />

175


Familien Hückl, Luptowitsch,<br />

Markl und Fleischhacker<br />

Die o.a. Familien sind alle mehr oder weniger mit einander verwandt<br />

und wurden bereits 1945 aus der Tschechoslowakei (der heutigen<br />

Slowakei) vertrieben und in einem gemeinsamen Transport über Österreich<br />

ausgesiedelt. Sie wurden in Lillstadt, Stuppach und Lustbronn<br />

bei verschiedenen Familien eingewiesen. Stuppach war zu jener Zeit<br />

eine übewiegend katholische Gemeinde, die o.a. Heimatvertriebenen<br />

gehörten jedoch der protestantischen Konfession an. Deshalb setzte<br />

sich der damalige evangelische Pfarrer Goldammer in Bad Mergentheim<br />

dafür ein, dass sie langfristig besser in der überwiegend evangelischen<br />

Gemeinde Wachbach aufgehoben wären und ermöglichte ihnen einen<br />

raschen Weiterzug dorthin. Die Familien haben bereits intern eigene Aufzeichnungen<br />

über deren Vertreibung erstellt und möchten sich an dieser<br />

Dokumentation hier nicht weiter beteiligen.<br />

Familie Hückl Eduard und Susanne<br />

(wohnhaft in Lillstadt)<br />

Fam. Hückl Eduard stammt aus der Tschechoslowakei (der heutigen<br />

Slowakei), kam bereits am 20.03.1946 zu Fam. Hermann Gustav nach<br />

Lillstadt und zog am 17.06.1946 nach Wachbach um.<br />

Familie Luptowitsch Theodor und Anna<br />

mit den Kindern Anna Wilhelmine, Theodor, Anneliese und Roland<br />

(wohnhaft in Stuppach)<br />

Fam. Luptowitsch Theodor stammt aus der Tschechoslowakei (der<br />

heutigen Slowakei), kam bereits am 19.03.1946 zu Fam. Franz Haag<br />

nach Stuppach und zog am 06.05.1946 nach Wachbach um.<br />

176


Frau Luptowitsch Anna<br />

mit den Kindern Ludwig, Julius, Walter und Günther<br />

(wohnhaft in Lustbronn)<br />

Frau Luptowitsch Anna stammt aus der Tschechoslowakei (der heutigen<br />

Slowakei), kam bereits am 20.03.1946 zu Fam. Franz Gerner nach<br />

Lustbronn und zog am 11.05.1946 nach Wachbach um.<br />

Frau Markl Regina<br />

mit Julius und Katharina<br />

Frau Markl Regina wurde am 03.08.1923 geboren. Ihr vermutlicher<br />

Vater Julius erblickte am 12.04.1876 und ihre vermutliche Mutter<br />

Katharina am 04.09.1879 das Licht der Welt. Alle drei stammen aus<br />

der Tschechoslowakei (der heutigen Slowakei) und kamen bereits am<br />

19.03.1946 zu Frau Katharina Bauer nach Stuppach oder nach Lillstadt.<br />

Am 17.06.1946 zogen sie weiter nach Wachbach<br />

Familie Markl Friedrich und Elisabeth<br />

mit den Kindern Fritz, Theresa und Erika (wohnhaft in Lillstadt)<br />

Fam. Markl Friedrich stammt aus der Tschechoslowakei (der heutigen<br />

Slowakei), kam bereits am 20.03.1946 zu Fam. Martin Herz nach<br />

Lillstadt und zog am 18.06.1946 nach Wachbach um.<br />

Frau Fleischhacker Elisabeth<br />

mit den Kindern Lisl und Rudolf (wohnhaft in Lillstadt)<br />

Frau Fleischhacker Elisabeth stammt aus der Tschechoslowakei (der<br />

heutigen Slowakei), kam bereits am 20.03.1946 zu Fam. Kühlwein<br />

Herz nach Lillstadt und zog am 18.06.1946 nach Wachbach um. u<br />

Textgrundlage: Erwin Kreissl<br />

(nach Angaben von Frau Erika Markl<br />

und dem Anmeldebuch der Gemeinde<br />

Stuppach).<br />

177


Unser Charlottendorf<br />

Heimatort der Familien, Hanisch, Illa, Gießl,<br />

Just, Kreissl und Heckele/Wolf<br />

Charlottendorf<br />

Textgrundlage:<br />

Erwin Kreissl (mit Angaben von Erwin Jarmer)<br />

Fotos:<br />

Erwin Kreissl, Erwin Jarmer<br />

TSCHECHIEN<br />

Brünn<br />

Wien<br />

SLO-<br />

WAKEI<br />

ÖSTERREICH<br />

178


Rechts oben: Pfarrkirche in Grünau (Hl. Laurentius), erbaut 1834. Am<br />

15.04.1963 brandte das Gotteshaus vollständig nieder. Ursache war<br />

vermutlich Brandstiftung. Im Jahr 1990 war an gleicher Stelle nur noch ein<br />

leerer Platz zu sehen, ohne Hinweise auf eine ehemalige Kirche.<br />

Rechts Mitte: Renovierte Kapelle in Charlottendorf (aufgen. 2005)<br />

Rechts unten: Renoviertes Schulhaus in Grünau (aufgen. 2008)<br />

Vor der Vertreibung wohnten in Charlottendorf<br />

154 Einwohner. Ich war eine Hausgeburt, daher<br />

ist Charlottendorf mein Geburtsort. Hier verbrachte<br />

ich meine Kindergartenzeit im Forsthaus. Den Beginn<br />

der ersten Schulklasse erlebte ich 1945 zusammen<br />

mit den Kindern des Nachbarortes Seibelsdorf in der<br />

Grundschule in Grünau, damals Volksschule genannt.<br />

Charlottendorf war politisch selbständig mit einem<br />

eigenen Bürgermeister. Schulisch und kirchlich (einschließlich<br />

Friedhof) gehörten wir zur Nachbargemeinde<br />

Grünau, die ca. fünf Kilometer von Charlottendorf<br />

entfernt liegt. Dies bedeutete für uns Schulkinder<br />

eine dreiviertel Stunde Fußmarsch, der teilweise auch<br />

durch den Wald (den sog. Grund) führte, denn einen<br />

Schulbus oder gar private Autos gab es damals nicht.<br />

Ab Kriegsende wurde der Unterrricht eingestellt. Um<br />

nicht allzu viel Schulzeit zu verlieren hat unser Vater<br />

nach dem Durchzug der Russen die Charlottendorfer<br />

Grundschüler zusammengerufen und sie in den<br />

Räumen der Familie Rudolf Zirnig unterrichtet – in<br />

welchen Fächern weiß ich heute auch nicht mehr.<br />

Im Winter hatten wir immer sehr viel Schnee und es<br />

war sehr. Ein besonderes Erlebnis war es für uns Kinder,<br />

wenn der von mehreren Pferden (ich glaube sechs bis<br />

acht) gezogene Schneepflug kam und die Schneemassen<br />

auf der Straße zu beiden Seiten nach außen drückte.<br />

179


180


Schön war für uns Kinder im Winter der „Gießlsberg“.<br />

Hier konnten wir sehr gut Schlitten fahren<br />

und die größeren Kinder und Erwachsenen auf den<br />

gefrorenen Eisflächen der Teiche (im sog. Anger)<br />

Schlittschuh laufen.<br />

Etwas am Ortsrand gelegen gab es in Charlottendorf<br />

ein Forsthaus, in dem sich auch mein Kindergarten<br />

befand, ebenso ein Spritzenhaus mit Schlauchturm<br />

(Feuerwehrgerätehaus), eine Gastwirtschaft, mitten<br />

im Ort eine kleine Kappele und ein sog. Windmotor.<br />

Das war für Kinder ein großer Stahlturm an dem sich<br />

oben Windflügel befanden. Wir hatten damals bereits<br />

fließendes Wasser in den Häusern, denn der unterirdische<br />

Wasserbehälter befand sich auf einer Anhöhe<br />

neben der Reichsstraße, die nach Kaltenlautsch führt.<br />

Eine ordentliche Entwässerung (Kanalisation) gab<br />

es noch nicht. Das Regenwasser wurde in offenen<br />

Gräben abgeleitet und das häusliche Abwasser in die<br />

Jauchegrube. Charlottendorf war hauptsächlich landwirtschaftlich<br />

geprägt mit verschiedenen handwerkli-<br />

chen Berufen (Kaufladen, Schuster, Schneider, Wagner,<br />

Maurer, Zimmerleute usw.). Oft wurde der Beruf<br />

oder die Landwirtschaft im Nebenerwerb ausgeführt.<br />

Daneben gab es aber auch reine Arbeiterfamilien.<br />

Die Vertreibung war „von oben her“ so angelegt,<br />

dass die gewachsenen Dorfgemeinschaften zerrissen<br />

wurden und somit ein Zusammenleben der Einwohner<br />

an ihrem neuen Bestimmungsorten nicht mehr<br />

möglich werden sollte. Der Abtransport der Charlottendorfer<br />

Bevölkerung erfolgte aus dem Sammellager<br />

Zwittau heraus zu verschiedenen Zeitpunkten und in<br />

Viehwaggons zu je 30 Personen. Das Datum, zu dem<br />

der erste Transport den Grenzübertritt nach Deutchland<br />

vollzog, konnte nicht ermittelt werden. Der<br />

zweite Transport vollzog diesen am 15. Mai 1946, der<br />

dritte am 06. Juni 1946 (in diesem Transport befand<br />

auch ich mich mit meiner Familie sowie die Familien<br />

Schuppler, Gießl, Hanisch, Just, Heckele/Wolf und<br />

Illa), der vierte am 15. Juli 1946 und der fünfte am 15.<br />

Oktober 1946. u<br />

Oben: Blick auf Charlottendorf zur damaligen Zeit vom Windmotor aus.<br />

Links: Lageplan von Charlottendorf zur Zeit der Vertreibung. Die damaligen<br />

Anwesen der Familien Gießl (grün), Hanisch (rot), Illa (orange) und<br />

Kreissl (blau) sind farblich markiert.<br />

181


Entstehung des Ortes Charlottendorf<br />

Auszug aus dem „Schönhengster Jahrbuch“ aus dem Jahr 2002 von Fritz Glotzmann<br />

Kaiserin Maria Theresia (1740-1780) forderte die<br />

Adeligen und die Geistlichkeit auf, Meierhöfe (Große<br />

Bauernhöfe, Güter), die nicht den gewünschten Ertrag<br />

abwarfen, zu zerstückeln und an Bodenbewerber zu<br />

verkaufen.<br />

An die Untertanen richtete sie gleichzeitig mit den<br />

Dekreten und Patenten vom 20.07.1766 und vom<br />

25.01 und 03.02.1770 die Aufforderung, diese Gründe<br />

käuflich zu erwerben und zu bewirtschaften. Adel<br />

und Geistlichkeit kamen aber erst unter dem feinsinnigen<br />

Kaiser Josef II. (1780-1790) im stärkerem Maße<br />

dieser Aufforderung nach. Zu den Fürst Liechtensteinischen<br />

Meierhöfen, die im Jahre 1787 der Aufteilung<br />

verfielen, gehörte auch der von Wojes.<br />

Geplant war die Errichtung von 22 Siedlerstellen,<br />

mit einer bestimmten Größe an Ackerland, Wiesen<br />

und Bauplatz mit Garten, insgesamt ca. 4,3 ha.<br />

Nach der Vermessung wurde die öffentliche Versteigerung<br />

der Siedlerstellen für den 06.09.1787<br />

angesetzt. Zahlreiche Bewerber aus den umliegenden<br />

deutschen Dörfern fanden sich ein. Die ausgerufenen<br />

Siedlerstellen wurden stets dem Meistbietenden<br />

zugeschlagen. Er erhielt einen Kaufvertrag.<br />

Einige Käufer der Siedlerstellen begannen sofort<br />

nach dem Kauf mit dem Bau der Häuser. Die Häuser<br />

standen auf den schmalen Grundstücken eng beisammen<br />

und bildeten eine sogenannte geschlossene<br />

Reihe. Diese neue Siedlungsform nannte man Straßendörfer.<br />

Die aus der ersten Besiedlungszeit, das ist aus der<br />

Mitte des 13. Jhr. stammenden Schönhengster Dörfer<br />

dagegen, sind durchwegs Waldhufendörfer mit mehr<br />

oder weniger weit auseinander liegenden fränkischen<br />

Bauernhöfen.<br />

Den Namen Charlottendorf erhielt das neue Dorf<br />

nach der Gemahlin des damaligen Fürsten Alois I. von<br />

Lichtenstein, der Fürstin Karolina, geborene Gräfin<br />

von Manderscheidt (1768-1831), die in der Familie<br />

allgemein Charlotte genannt wurde. Die Tschechen benannten<br />

die neue Gemeinde nicht nach dem Rufnamen,<br />

sondern nach dem Taufnamen Karoline, „Karlov“.<br />

Charlottendorf besaß nach der Gründung und auch<br />

später keine eigene Schule und Kirche, nur eine kleine<br />

Kapelle und wurde deshalb in die Nachbargemeinde<br />

Grünau eingepfarrt und eingeschult. Grünau liegt<br />

in Richtung Mährisch Trübau im Tal.<br />

182


„Charlottendorfer Treffen“<br />

1962 in Assamstadt<br />

„Charlottendorfer Treffen“<br />

1988 in Assamstadt<br />

183


Familie Gießl Gustav und Antonie<br />

mit den Kindern Artur, Gustav und Arnold<br />

wohnhaft in Lustbronn<br />

Hof Gießl in Charlottendorf, Haus-Nr. 18<br />

Gießl Gustav und Antonie<br />

Gießl Gustav geb. am 24.01.1890 und seine Ehefrau Antonie, geb. am<br />

06.06.1896 wurden am 27.05.1946 aus ihrer Heimat Charlottendorf<br />

Kreis Mähr. Trübau, Nordmähren im Sudetenland ausgewiesen und sind<br />

über die Lager Zwittau in Mähren, Backnang in Württemberg nach Bad<br />

Mergentheim und von hier am 19.06.1946 nach Stuppach in den Ortsteil<br />

Lustbronn, gekommen.<br />

Vater Gustav Gießl<br />

Bei der Familie Karl Weiß wurden sie zwangseingewiesen. Später sind<br />

sie in die Gastwirtschaft von Alfons Möhler in Lustbronn umgezogen.<br />

Von Lustbronn erfolgte am 11.07.1952 der Umzug nach Wachbach und<br />

später von dort nach Münnerstadt. Später zogen sie nach Hardheim in<br />

184


Wohnung Fam. Gießl im Haus der Fam. Karl Weiß in Lustbronn (2015)<br />

Antonie Gießl mit Enkelkind<br />

eine Neubauwohnung. Gustav Gießl ist 1964 in Hardheim verstorben<br />

und dort beerdigt worden. Die Familie Gießl besaß und bewirtschaftete<br />

in Charlottendorf ein landwirtschaftliches Anwesen.<br />

Nach dem Tod von Gustav Gießl zog Antonie Gießl nach Würzburg um,<br />

verstarb 1975 und wurde in Würzburg beerdigt.<br />

Aus der Ehe gingen 4 Kinder hervor: Arnold, Gustav (geb. 1922, bereits<br />

1926 an Scharlach verstorben), Gustav II und Artur. u<br />

Textgrundlage: Arnold Gießl<br />

Fotos: Arnold Gießl, Erwin Jarmer, Erwin Kreissl<br />

Mutter Antonie Gießl<br />

185


Söhne Gustav, Arnold und Artur Gießl (v.l.n.r.)<br />

Antonie und Gustav Gießl mit unbekannter Person (v.l.n.r.)<br />

Oben:<br />

Gustav Gießl<br />

mit Enkelkind<br />

186<br />

Rechts:<br />

Gustav Gießl als Hornist<br />

in der Feuerwehrkapelle<br />

Charlottendorf (1936)


Arnold Gießl an seinem<br />

80. Geburtstag, neben seiner<br />

Frau Ingrid (2015)<br />

Arnold Gießl<br />

Gießl Arnold<br />

Arnold, geb. am 16.03.1935, kam mit seinen Eltern<br />

nach Lustbronn. Nach vorzeitigem Schulabgang<br />

1950 von der Oberschule in Bad Mergentheim erlernte<br />

er von 1951 bis 1954 das Maler- und Lackierhandwerk<br />

bei der Fa. Otto Groß in Bad Mergentheim. Die<br />

Eltern konnten vom Lastenausgleichsgeld keine lange<br />

Schul- und Studienzeit bezahlen. Sie hatten zu Hause<br />

in Charlottendorf nur Landwirtschaft und sonst keinen<br />

Beruf. In der neuen Heimat waren sie arbeitslos,<br />

deshalb musste ein Beruf erlernt werden. Leider waren<br />

damals die Lehrstellen rar. Man musste nehmen<br />

was angeboten wurde. Einen Wunschberuf zu erler-<br />

187


nen war nicht möglich. Nach weiteren verschiedenen<br />

Arbeitsstellen zog es ihn 1955 der Liebe wegen nach<br />

Würzburg und er trat 1958 bei BASF, damals noch<br />

Herbol- Lackfabrik, als Nuanceur (Farbtöner) ein.<br />

1964 übernahm er die Materialdisposition für Rohstoffe<br />

und Packmittel in der Firma. 1990 schied er aus<br />

gesundheitlichen Gründen aus der Firma aus und ist<br />

seit April 1991 in Rente.<br />

Die Kinder von Arnold Gießl, Marion, Werner und Astrid (v.l.n.r.; 2010)<br />

1962 heiratete er seine Frau Ingrid, die in Eberswalde<br />

geboren ist und 1960 aus der DDR nach Würzburg<br />

kam. Nach der Hochzeit wohnte das Paar 2 Jahre<br />

in Veitshöchheim, danach 33 Jahre in Würzburg. 1997<br />

zog es wieder in eine Eigentumswohnung zurück<br />

nach Veitshöchheim.<br />

Aus der Ehe gingen 3 Kinder hervor.<br />

Werner, geboren 1963, ist Doktor der Physik und<br />

seit 1994 verheiratet mit Monika Fahrentholz, einer<br />

Apothekerin. Sie wohnen in ihrem Eigenheim in<br />

Mering bei Augsburg. Sie haben zwei Töchter, Corinna<br />

geb. 1998 und Tamara geb. 2000.<br />

Die Familie von Arnold Gießl bei der Kommunion seiner Enkelin Tamara<br />

Marion, geboren 1964, erlernte den Beruf der<br />

techn. Zeichnerin bei Fa. Siemens und wurde anschließend<br />

übernommen. Sie ist verheiratet, wohnt<br />

in Estenfeld bei Würzburg und führt mit ihrem Mann<br />

Armin Knüpfing eine Porsche-Werkstatt im eigenen<br />

Neubau mit Wohnhaus. Marion hat ebenfalls zwei<br />

Töchter, Lisa-Maria geb. 1990 und Sandra geb. 1993.<br />

Beide absolvieren ein Studium.<br />

Astrid, geboren 1966, verheiratet seit 2005 mit<br />

188


Astrid, 1966 geboren, verheiratet seit 2005 mit Karl-<br />

Heinz Lukas, wohnt in Güntersleben bei Würzburg<br />

und ist Chefsekretärin bei der Würzburger KFZ-<br />

Innung. Sie hat zwei Stiefkinder, Jenny und Anja, aus<br />

erster Ehe ihres Mannes.<br />

Als Fotoamateur möchte man auch seine Bilder<br />

zeigen. Deshalb hat er sich eine eigene Homepage im<br />

Internet unter www.arnold-giessl.de eingerichtet. Der<br />

Inhalt sind einheimische Orchideen sowie „Reisen in<br />

ferne Länder“ und „Dorfansichten“. u<br />

Die Fotografie hat Arnold Gießl seit 1959 in ihren<br />

Bann gezogen. Er hatte ein eigenes Fotolabor daheim,<br />

indem er Schwarz/Weiß- und Farbbilder sowie Filme<br />

mit einer Maschine entwickelte.<br />

Heute fotografiert er mit Digitalkameras. Weil dazu<br />

Digitaltechnik dazugehört, ist die Arbeit mit dem PC<br />

unausweichlich. Sämtliches analoges Bildmaterial hat<br />

er digitalisiert. Seine alten Kameras sind alle in die<br />

Sammelvitrine gewandert.<br />

Textgrundlage: Arnold Gießl<br />

Fotos: Arnold Gießl<br />

Bild der „Golden Gate Bridge“<br />

in San Francisco (USA)<br />

aus der Sammlung<br />

von Arnold Gießl<br />

189


Gießl Artur<br />

Artur, geb. am 15.12.1920 in Charlottendorf, hat<br />

keinen Beruf erlernt. Er meldete sich bei Kriegsbeginn<br />

1938, mit 18 Jahren, freiwillig zur Marine. Er<br />

war in Hammerfest in Norwegen stationiert. Angeblich<br />

war er einer der Überlebenden des Schlachtschiffs<br />

Scharnhorst, welches 1943 versenkt wurde.<br />

Danach wurde er zur Wehrmacht versetzt und hat<br />

die Einnahme von Königsberg durch die Russen<br />

miterleben müssen, worauf er in russische<br />

Kriegsgefangenschaft kam. Von dort flüchtete<br />

er in den amerikanischen Sektor Deutschlands,<br />

kam am 15.10.1946 nach Lustbronn<br />

zu seiner Familie und wurde bei Fam. Franz<br />

Bissinger eingewiesen.<br />

Am 01.07.1948 ist er bereits von Lustbronn<br />

nach Hardheim verzogen, wo er<br />

in ein kleines Anwesen einheiratete. Mit<br />

seiner Ehefrau Maria hat er zwei Kinder,<br />

Arnold und Karl.<br />

Artur Gießl<br />

Schwerhörigkeit und infolge dessen zuletzt an<br />

sehr starken Depressionen. Er verstarb 1978<br />

in Staffort bei Karlsruhe und wurde in Hardheim<br />

beerdigt. Seine Frau<br />

Maria verstarb 2001. u<br />

Textgrundlage:<br />

Arnold Gießl<br />

Fotos: Arnold Gießl,<br />

www.tinypic.com<br />

In Königsberg erlitt<br />

er eine Verwundung<br />

im Nacken. Da die<br />

Kugel nicht entfernt<br />

wurde, litt<br />

er später an<br />

190


Sohn Karl Gießl mit Ehefrau Jane<br />

Links:<br />

Sohn Karl Gießl mit Familie,<br />

rechts seine Tante Ingrid<br />

Unten:<br />

Schlachtschiff „Scharnhorst“,<br />

untergegangen in der Barentsse<br />

am 26. Dezember 1943<br />

191


Gustav Gießl<br />

Das Wohnhaus von Gustav<br />

Gießl und seiner Tochter<br />

nebst Familie<br />

Gießl Gustav<br />

Gustav geb. am 08.05.1928 in Charlottendorf, wurde mit seinen Eltern<br />

nach Lustbronn ausgesiedelt. Nach seinem Schulabschluss erlernte<br />

er das Müllerhandwerk in Mährisch Trübau und in Markelsheim, Kreis<br />

Mergentheim. Nach der Lehre zog es ihn nach Druisheim bei Donauwörth<br />

in eine Mühle, bevor er 1954 nach Münnerstadt/Brünn kam, wo<br />

er am 28.06.1954 in die Haardmühle einheiratete.<br />

Zwei Kinder gingen aus der Ehe mit Marianne (geb. am<br />

12.04.1931) hervor, Angela und Roland.<br />

Nachdem die Mühle sehr war alt und<br />

der Mühlenbetrieb schließlich aufgegeben<br />

wurde, blieb nur<br />

noch die Landwirtschaft<br />

übrig.<br />

192


Das alte Haus wurde zunehmend unbewohnbarer und deshalb<br />

durch einen Neubau ersetzt. Ehefrau Marianne starb am<br />

17.04.2011 unerwartet durch einen Gehirnschlag.<br />

Bis zu seinem Tod am 24.01.2017 lebte Gustav Gießl mit<br />

seiner Tochter und Schwiegersohn im neuen Haus. Sie arbeitet<br />

halbtags in einer Münnerstadter Klinik. Die Äcker des Familienbesitzes<br />

sind verpachtet. u<br />

Textgrundlage: Arnold Gießl<br />

Fotos: Arnold Gießl<br />

Rechts:<br />

Tochter Angela und ihr Mann Josef<br />

Unten links:<br />

Sohn Roland und seine Frau Karin<br />

Unten rechts:<br />

Gustav Gießl mit seiner Frau Marianne<br />

193


Oben links: Lastwagen mit Kugeleinschlägen,<br />

in dem Adolf Hanisch sen.<br />

1943 von polnischen Untergrundkämpfern<br />

erschossen wurde.<br />

Oben Mitte: Begräbnis von Adolf<br />

Hanisch sen. in Polen. Frau Hermine<br />

Hanisch in letzter Reihe mit Kopftuch<br />

und Begleiter Jarmer Erwin sen. aus<br />

Charlottendorf (in ziviler Kleidung).<br />

Oben Rechts: Hermine und Adolf<br />

Hanisch sen. bei ihrer Hochzeit 1927.<br />

Familie Hanisch Adolf und Hermine<br />

mit den Kindern Adolf, Alfred und Waltraud (wohnhaft in Lustbronn)<br />

Hanisch Adolf und Hermine<br />

Hermine Hanisch wurde am 08.08.1901 in Markt Triebendorf geboren<br />

und heiratete 1927 Adolf Hanisch (geb. 1901 in Pohres, Gemeinde<br />

Pirkelsdorf, Kreis Mährisch Trübau).<br />

Sie kauften in Charlottendorf eine Sandgrube, das Anwesen Gebäude<br />

Nr. 30 und zogen von Pirkelsdorf nach Charlottendorf. Adolf arbeitete als<br />

Maurer und Wagenbauer. Im zweiten Weltkrieg war er Soldat und wurde<br />

am 08.05.1943 von polnischen Untergrundkämpfern erschossen. Er<br />

wurde auf dem Heldenfriedhof in Kielce beerdigt.<br />

Hermine Hanisch<br />

1946 wurde Hermine mit den Kindern Alfred (16 Jahre) und Waltraud<br />

(7 Jahre) aus ihrer angestammten Heimat vertrieben.<br />

194


Über die Lager in Mähr. Trübau, Zwittau und Backnang (Deutschland)<br />

kamen sie nach Bad Mergentheim und wurden am 19.06.1946 in Stuppach,<br />

Ortsteil Lustbronn bei Fam. Josef Teufel einquartiert. Hier stand<br />

ihnen im ersten Obergeschoss ein Raum zum Wohnen, Schlafen, Essen<br />

und Baden zur Verfügung. Den Trockenabort benutzten sie mit Fam.<br />

Teufel gemeinsam.<br />

Textgrundlage:<br />

Waltraud Hess (geb. Hanisch)<br />

Fotos:<br />

Waltraud Hess (geb. Hainsch),<br />

Erwin Kreissl, Josef Bauer<br />

Um sich versorgen zu können arbeitete Frau Hanisch bei den Bauern<br />

in der Landwirtschaft mit. Im Jahr 1965 zog Hermine von Lustbronn zu<br />

ihrer Tochter Waltraud in deren Eigenheim in die Blumhoferstraße 2<br />

in Stuppach und verbrachte hier im Kreise ihrer Familie ihren Lebensabend.<br />

Am 09.01.1996 verstarb sie im Alter von 95 Jahren im Krankenhaus<br />

in Bad Mergentheim und wurde in Stuppach beerdigt.<br />

Auf der Rückseite des Sterbebildchens von Adolf Hanisch steht:<br />

„Fern von der lieben Heimat mein, musst ich mein junges Leben lassen.<br />

Euch mag‘s ein arger Schmerz wohl sein, ihr könnet freilich es kaum fassen.<br />

Doch tröstet Euch und drückt im Geiste, mir noch einmal die Hand.<br />

Ich starb den schönsten Tod, den Heldentod fürs Vaterland.“ u Adolf Hanisch<br />

195


Oben links: Wohnhaus Josef Teufel<br />

in Lustbronn, optisch wie beim Einzug<br />

1946. Im ersten Stock rechts war die<br />

Einraumwohnung von Fam. Hanisch<br />

Oben Rechts: Wohnhaus Josef Teufel,<br />

heute (2016).<br />

Unten: Hanisch Hermine mit Waltraud<br />

in Charlottendorf (1940).<br />

196


Hanisch Adolf jun.<br />

Adolf wurde 1927 in Triebendorf im Sudetenland,<br />

Kreis Mährisch Trübau geboren. Er besuchte dort<br />

das Gymnasium und wurde bereits in jungen Jahren<br />

Soldat im zweiten Weltkrieg. 1945 erlitt er eine<br />

Verwundung an deren Folgen er 1946 in Traunstein<br />

starb. Dort wurde er auch beerdigt. Adolf blieb ledig<br />

und hatte keine Kinder. u<br />

Textgrundlage und Fotos:<br />

Waltraud Hess (geb. Hanisch)<br />

197


Hanisch Alfred<br />

Alfred Hanisch (geb. am 24.08.1930 in Charlottendorf<br />

im Kreis Mähr. Trübau im Sudetenland) wurde<br />

1936 in die Grundschule in Grünau eingeschult. Im<br />

letzten Schuljahr 1944 musste die gesamte Klasse zur<br />

Wehrertüchtigung ins Altvatergebirge, als Vorbereitung<br />

auf ein künftiges Soldatenleben.<br />

Am 1. September 1944 begann er bei der Fa. Habiger<br />

in Mähr. Trübau eine Maurerlehre die jedoch im<br />

Januar 1945 unterbrochen wurde, da er vom Hitlerjugend-Führer<br />

von der Baustelle weg zum Bunkerbau<br />

eingesetzt wurde.<br />

Er wurde mit seiner Mutter Hermine und seiner<br />

jüngeren Schwester Waltraud aus ihrer angestammten<br />

Heimat vertrieben und kam am 19.06.1946 nach<br />

Stuppach bzw. Lustbronn, einem heutigen Stadtteil<br />

von Bad Mergentheim. Sie wurden zusammen bei<br />

Familie Josef Teufel in eine unbeheizte Kammer eingewiesen.<br />

Hier lernte er dann auch seine spätere Frau<br />

Magdalena Teufel kennen.<br />

Seine Maurerlehre konnte er in Bad Mergentheim<br />

bei der inzwischen erloschenen Baufirma Jag & Renner<br />

abschließen.<br />

Am 11.05.1957 heiratete er Magdalena Klara Teufel<br />

(gerufen „Lenchen“). Aus dieser Ehe gingen die Kinder<br />

Sieglinde, Heidemarie, Joachim, Sabine, Ute und<br />

Jutta hervor.<br />

198<br />

Alfred Hanisch<br />

in jungen Jahren<br />

1961 baute er zusammen mit seiner Frau in Bad<br />

Mergentheim ein Einfamilienwohnhaus mit Einlie-


gerwohnung. Seit 1960 arbeitete der Vater als Maurerpolier bei der<br />

Baufirma Erwin Kreissl sen. und nach dessem Tod, bis zum Eintritt in<br />

den Ruhestand im Jahr 1989, bei dessen Sohn Siegfried Kreissl in Bad<br />

Mergentheim.<br />

Ebenso war er im Vorbereitungsausschuss des alle zwei Jahre stattfindenden<br />

Heimattreffens der Charlottendorfer und Seibelsdorfer in<br />

Assamstadt. Dieses wird von Erwin Jarmer, einem Charlottendorfer,<br />

wohnhaft in Schwäbisch Hall, organisiert.<br />

Bis zu seinem Tod am 09.07.2011 verbrachte er seinen Lebensabend<br />

zu Hause und erfreute sich seiner Kinder, Enkel und Urenkel. Er wurde in<br />

Bad Mergentheim, auf dem „Alten Friedhof“ beerdigt.<br />

Alfred Hanisch im Jahr 2011<br />

Zwischenzeitlich sind die Kinder aus dem Haus und haben eigene<br />

Familien gegründet. u<br />

Textgrundlage: Joachim Hanisch<br />

Fotos: Joachim Hanisch, Magdalena Hanisch, Erwin Kreissl<br />

Bei der Vereidigung von Sohn Joachim als Polizeibeamter<br />

im Jahr 1979. V.l.n.r.: Oma Hermine, Vater<br />

Alfred, Mutter Magdalena und Sohn Joachim.<br />

199


200


Alfred Hanisch – Erinnnerungen (2008)<br />

Als ich noch ein kleiner Junge war, war mein Vater nur selten zu Hause.<br />

Es war eigentlich überhaupt so, dass selten jemand zu Hause war.<br />

Mein Vater war von Beruf Maurer. Da die Baustellen oft einige Kilometer<br />

weg waren, kam es auch häufig vor, dass er gar nicht nach Hause kam.<br />

Die Leute waren damals ja noch nicht so mobil wie heute und Entfernungen<br />

von 20 km konnten durchaus ein Problem sein. Mein Bruder Adolf<br />

besuchte das Gymnasium in Mährisch Trübau. Er war, glaube ich, der<br />

Liebling meiner Mutter. So kam es, dass ich sehr häufig alleine war. Meine<br />

Mutter musste die Felder bestellen. Die Ernte sicherte unsere Ernährung.<br />

Über die Jugendjahre von Alfred Hanisch<br />

von 1944 bis zur Ankunft im Jahr<br />

1946 in Lustbronn hat er seinem Sohn<br />

Joachim im Jahr 2008 seine Erlebnisse<br />

einschließlich der Vertreibung erzählt.<br />

Diese wurden 2009 von Dr. Norbert<br />

Hertl in einer Chronik über die Familie<br />

Hertl zusammengestellt. Dies ist sein<br />

Bericht.<br />

Im Winter arbeiteten Vater und Onkel Franz im Ausgeding. Der Onkel<br />

Franz war Schreiner, Vater war im zweiten Beruf Wagner. Onkel Franz<br />

und Vater bauten Wagenräder, Schlitten, Fenster und Skier. Das Ausgeding<br />

war ein Anbau am Haus, der für die alten Bauern nach der Übergabe<br />

des Hofes an die Nachkommen vorgesehen war. Üblicherweise wurden<br />

die Häuser mit einem Ausgeding gebaut und derjenige, der den Besitz<br />

bekam musste die Alten versorgen.<br />

Ab 1936 ging ich in die Grundschule nach Grünau. Von Grünau nach<br />

Charlottendorf betrug die Entfernung etwa fünf Kilometer. Wir mussten<br />

natürlich zu Fuß dort hingehen, auch im Winter, und der Weg führte<br />

durch den Wald. Wir hatten nicht so viele schöne Sachen zum Anziehen<br />

wie es die Kinder heute haben. Vor allem an den Füßen war es uns<br />

manchmal bitter kalt.<br />

1938 sind dann die Deutschen ins Sudetenland einmarschiert. Ich<br />

erinnere mich noch, wie die tschechische Armee vor dem Einmarsch der<br />

Deutschen über die Hauptstraße zurückgewichen ist. Schon kurze Zeit<br />

später ist die Wehrmacht einmarschiert. Es handelte sich um eine Einheit<br />

aus Berlin. Mir ist der Berliner Dialekt noch gut in Erinnerung. Die<br />

Menschen jubelten und freuten sich. Wir hatten noch Hausmacher Wurst<br />

vom Schlachten, die wir an die Soldaten verteilt haben.<br />

Oben links: Wohnhaus der Familie<br />

Hanisch in Bad Mergentheim (2016).<br />

Oben Rechts: Magdalena Hanisch<br />

(geb. Teufel), genannt „Lech“.<br />

Unten Links: Bei der Apfelernte in<br />

Lustbronn (v.l.n.r.) Waltraud, Hermine,<br />

Sieglinde und Alfred.<br />

Unten Rechts: Hochzeitsfoto von<br />

Alfred und Magdalena Hanisch (1957)<br />

201


Die Tschechen hatten vor dem Einmarsch der<br />

Deutschen ins Sudetenland viele deutsche Männer in<br />

die tschechische Armee eingezogen. Viele von ihnen<br />

sind dann vor dem Einmarsch der Deutschen aus<br />

der tschechischen Armee abgehauen. In dem großen<br />

Wald bei Seibelsdorf, der fast bis Müglitz ging,<br />

versteckten sich die aus der tschechischen Armee<br />

desertierten Deutschen. Die Frauen gingen täglich in<br />

den Wald und brachten den Männern etwas zu essen.<br />

Die Männer mussten dort ein paar Monate ausharren,<br />

bis die Deutschen kamen. Nach der Übernahme der<br />

Deutschen konnten wir in der Schule deren Sprache<br />

lernen. Vorher mussten wir tschechisch lernen.<br />

Ich selbst habe zwei Jahre tschechisch in der Schule<br />

gelernt. Vieles habe ich vergessen aber einige Worte<br />

kenne ich auch heute noch. Die Tschechen konnten<br />

uns nun nicht mehr schikanieren.<br />

Den Schulweg ging ich zusammen mit der Leischner<br />

Maria, der Schuppler Maria, der Zirnig Elsa und dem<br />

Deutsch Thomas. Die Grundschule hatte 2 Klassenräume.<br />

In einem war die 1. bis zur 3. Klasse, in dem<br />

anderen die 4. bis 8. Klasse. Der Lehrer hieß Ledel<br />

und war ein richtiger Nazi. Die Lehrerin war aus Ranigsdorf.<br />

Sie kam immer mit dem Fahrrad.<br />

Der Lehrer war Parteigenosse und ein blöder Hund.<br />

Wir sind manchmal über die Protektoratsgrenze<br />

gegangen um uns Hefte zu kaufen, weil wir sie bei uns<br />

nicht bekommen haben. Dann bekamen wir vom Lehrer<br />

Schläge mit dem Stock. Die tschechischen Hefte<br />

hatten andere Linien als unsere. Wenn wir aber keine<br />

Hefte hatten, hat er uns auch verprügelt.<br />

Der Lehrer bestand auch darauf, dass wir alle der<br />

Hitlerjugend angehörten. Ich war auch ein so genannter<br />

„Hitlerjunge“. Wir wurden militärisch gedrillt. Das<br />

sollte wohl die Vorbereitung auf ein späteres Soldatenleben<br />

sein. Im letzten Schuljahr 1944 mussten wir<br />

zur Wehrertüchtigung ins Altvatergebirge.<br />

Nach Ausbruch des Krieges wurde mein Vater dann<br />

zur Feldgendarmerie eingezogen. Seine Gruppe geriet<br />

Links: Blick auf Charlottendorf zur damaligen Zeit vom Windmotor aus.<br />

202<br />

Rechts: Lastwagen mit Kugeleinschlägen, in dem Adolf Hanisch sen. 1943<br />

von polnischen Untergrundkämpfern erschossen wurde.


in Polen in einen Partisanenhinterhalt. Die Partisanen<br />

hatten die Maschinengewehre vorher von Deutschen<br />

Soldaten erbeutet und haben mit Sperrfeuer die<br />

komplette Besatzung des abgebildeten Lkws getötet.<br />

Die auf den Bildern gezeigte Beerdigung zeigt also die<br />

Beisetzung dieser Gruppe der Feldgendarmerie, der<br />

mein Vater angehörte.<br />

Am 1. September 1944 begann ich bei der Firma<br />

Habiger in Mährisch Trübau meine Lehre als Maurer.<br />

Im Januar 1945 wurde ich vom HJ-Führer von der<br />

Baustelle geholt und wir mussten Bunker bauen, bis<br />

die Russen kamen. Vom Altvatergebirge aus konnten<br />

wir sehen, wie die Wehrmacht unten im Tal Richtung<br />

Westen abhaute. Wir wurden von der SS beaufsichtigt<br />

und zum Weiterarbeiten gedrängt.<br />

Im Tal rückten bereits die Russen hinter der Wehrmacht<br />

nach. In der Nacht haben wir uns über den<br />

Berg abgesetzt. In Winkelsdorf erreichten wir wieder<br />

das Tal. Dort waren aber die Russen bereits nachgerückt.<br />

Von Winkelsdorf bis Charlottendorf waren<br />

es etwa 30 Kilometer. Auf dem Weg nach Hause war<br />

es sehr gefährlich. Wenn die Russen betrunken oder<br />

übel gelaunt waren, konnte es vorkommen, dass sie<br />

mit dem Panzer Menschen überfuhren und noch einmal<br />

mit der Kette auf der Stelle drehten. Wir hatten<br />

Glück, die Russen beachteten uns nicht weiter. Wir<br />

hatten ja nicht mal Uniformen sondern nur zerrissene<br />

Kleidung. Aber Angst um mein Leben hatte ich schon.<br />

Als ich wieder zu Hause ankam, waren die Russen<br />

noch nicht in Charlottendorf. Der ganze Tross<br />

203


mit Panzern und Kühen kam erst später. Die Russen<br />

hatten beim Vormarsch schon Vieh aus Ungarn mit<br />

großen Hörnern dabei. Dieses Vieh musste von uns<br />

gefüttert werden. Die Russen nahmen sich in den<br />

Ortschaften, durch die sie kamen, immer Vieh und<br />

kleine Jungen als Viehtreiber mit. Als sie nach Charlottendorf<br />

kamen, hatten sie zwei Jungen als Viehtreiber<br />

aus Triebendorf dabei. Die beiden sollte ich am<br />

Morgen ablösen. Als ich mich gerade angezogen hatte,<br />

gab es draußen eine riesige Explosion. Die Jungen<br />

hatten mit Panzerminen gespielt und drei davon sind<br />

explodiert. Die beiden Jungen wurden völlig zerfetzt.<br />

Ihre Leichenteile hingen in den Bäumen. Selbst in<br />

unserem Brunnen waren noch Leichenteile zu finden.<br />

Der Turm neben dem Spritzenhaus in dem immer die<br />

Schläuche getrocknet wurden, wurde völlig zerstört.<br />

Die Panzerminen hatte der Volkssturm gelegt. Die<br />

tschechischen Partisanen zwangen mich die restlichen<br />

Minen mit einem Seil, das ich von einer Spritze<br />

abgemacht habe, auf unsere Wiese zu ziehen. Dort<br />

habe ich die restlichen Minen mit Benzin übergossen,<br />

eine Benzinspur gelegt und angezündet. Ich war gerade<br />

weit genug weg, als die Minen explodierten.<br />

Danach musste ich mit den Russen als Viehtreiberjunge<br />

mitgehen. In Müglitz durfte ich wieder gehen.<br />

Ein anderes mal ging ich bis Wojes mit. Als die Russen<br />

nicht aufgepasst haben, bin ich abgehauen.<br />

Zum Kriegsende habe ich in einem Graben einen<br />

Karabiner gefunden und mit nach Hause. genommen.<br />

Es kam häufig vor, dass Soldaten auf dem Rückweg<br />

ihre Waffen weggeworfen haben. Den Karabiner hatte<br />

ich im Haus versteckt. Solche Karabiner wurden oft<br />

zum Wildern benutzt. Die Tschechischen Partisanen<br />

kamen eines nachts, nachdem draußen geschossen<br />

worden war und durchsuchten unser Haus. Ich glaube<br />

heute noch, dass die Partisanen einen Hinweis auf<br />

mich bekommen hatten. Wir wohnten damals schon<br />

im Ausgeding. Den Karabiner hatte ich im Ziegenstall<br />

versteckt. Ich musste meine Schuhe zeigen. Sie wollten<br />

sehen ob die Schuhe feucht waren. Da ich aber<br />

nicht draußen war und meine Schuhe trocken waren<br />

sind sie wieder gegangen. Als meine Mutter erfuhr,<br />

dass ich den Karabiner versteckt hatte, bekam ich<br />

Schläge und ich musste den Karabiner sofort wegwerfen.<br />

Ich habe ihn dann in den Brunnen geworfen.<br />

Wenn die Partisanen den Karabiner gefunden hätten,<br />

wären wir wahrscheinlich erschossen worden.<br />

Vor der Vertreibung habe ich im Straßenbau gearbeitet.<br />

Die Panzer hatten ja die ganzen Straßen kaputt<br />

gemacht. Ein Slovake, der für die Reparatur der Straßen<br />

zuständig und vom Staat angestellt war, hat mir<br />

Arbeit gegeben. Er hieß Gräzki. Der Gräzki war früher<br />

Deputatsknecht beim Seidel. Der Seidel war Erbrichter<br />

und hat seine Leute schlecht behandelt und schikaniert.<br />

Er ist mit dem Pferd aufs Feld hinaus geritten<br />

und hat die Arbeiter mit der Peitsche geschlagen. Als<br />

der Russe kam ist er totgeschlagen worden.<br />

Die Kinder von Gräzki sind mit uns zur Schule<br />

gegangen. Über dem Gräzki war noch ein Tscheche,<br />

der hieß Novak. Der Gräzki hat dafür gesorgt, dass<br />

ich Geld für meine Arbeit bekam. Das Geld wollte der<br />

Novak eigentlich für sich behalten. Den Novak habe<br />

ich in den 80er Jahren einmal besuchen wollen. Seine<br />

Frau wollte uns zuerst nicht öffnen, erzählte uns dann<br />

aber, dass die Kommunisten ihn totgeschlagen hätten.<br />

204


Die Zigaretten und den Kaffee den ich für den Novak<br />

dabei hatte, hat sie trotzdem gerne genommen. Ich<br />

weiß gar nicht mehr wie meine Mutter die ganze Arbeit<br />

geschafft hat. Vieh, Acker und Essen kochen. Sie<br />

hat immer alles geschafft und es gab immer Kuchen<br />

bei uns. Ich musste schon früh mit den Kühen auf den<br />

Acker. Das war eine Schinderei mit den Kühen. Nach<br />

dem Kriegsende gab es im ganzen Dorf schon keine<br />

Kühe mehr. Aber wir hatten immer noch vier Kühe.<br />

In den Häusern wohnten schon überall Tschechen.<br />

Die schönen Häuser von der Familie Voit und Jarmer<br />

sind schon im Herbst von Tschechen besetzt worden.<br />

Die meisten Besetzer haben die Häuser ausgeplündert<br />

und alles was wertvoll war verkauft. Wir mussten<br />

im Herbst 1945 ins Ausgeding ziehen. Bei den<br />

Besetzern handelte es sich meistens um Zuchthäusler,<br />

Zigeuner oder Slovaken.<br />

Richtige Tschechen sind gar nicht gekommen.<br />

Es waren eher Leute, die es vorher auch zu nichts<br />

gebracht hatten und sich jetzt ungestraft fremder<br />

Leute Eigentum nehmen konnten. Im Februar 1946<br />

erhielten wir die Nachricht, dass wir innerhalb von<br />

2 Tagen verschwinden müssen. Das wurde uns aber<br />

nur mündlich mitgeteilt. Wir wurden auf unseren<br />

Leiterwagen gepackt, den unsere Kühe zogen. Mit<br />

uns mussten die Familien Kreissl, Gießl, Just und Illa<br />

mitgehen.<br />

Alle Wertsachen einschließlich unserer Kühe wurden<br />

uns abgenommen oder geklaut. Bei der Vertreibung<br />

war es verboten Bargeld mitzunehmen. Meine<br />

Mutter Hermine hat damals ein ganzes Kopfkissen<br />

mit Reichsmarkscheinen vollgestopft und zugenäht.<br />

Diese Scheine, die ja aufgrund der großen Inflation<br />

damals einen relativ geringen Wert hatten, behielten<br />

aber nach der Währungsreform noch für kurze Zeit<br />

Gültigkeit und haben beim Neuanfang in Lustbronn<br />

sehr geholfen.<br />

In Mährisch Trübau stiegen wir auf Amerikanische<br />

Lastwagen um und wurden ins frühere Arbeitsdienstlager<br />

nach Zwittau gebracht Dort haben uns die<br />

Partisanen beklaut. Sie haben alles durchwühlt und<br />

alles brauchbare mitgenommen. In Zwittau wurde ein<br />

Transport zusammengestellt. Es waren 40 Viehwägen<br />

voller Menschen. Die Viewagen wurden zugeschlossen<br />

und in Furt im Walde durften wir erst wieder heraus.<br />

In Furth im Walde habe ich das erste Mal einen<br />

Schwarzen gesehen. Er gab mir sogar die Hand und<br />

etwas zu essen. Wir staunten sehr über die weißen<br />

Handflächen. Von Furth im Walde sind wir nach Backnang<br />

ins Lager gekommen. Dort waren wir drei oder<br />

vier Wochen. Von dort sind wir ins Taubertal verlegt<br />

worden. Ich weiß noch, dass ich über die Weinberge<br />

in Markelsheim gestaunt habe.<br />

Am Bahnhof in Mergentheim wurden wir von<br />

Stuppacher Bauern abgeholt und nach Stuppach vor<br />

das Rathaus gebracht Von dort sind wir dann nach<br />

Lustbronn einquartiert worden. Unser Quartier war<br />

ein einzelnes Zimmer, mit einem Bett und einer Holztruhe.<br />

Das Zimmer war nicht beheizbar. Die Holztruhe<br />

war mein Schlafplatz in der neuen Heimat. u<br />

Textgrundlage: 2009, Dr. Norbert Hertl (USA)<br />

nach Erinnerungen von Joachim Hanisch<br />

Fotos: Waltraud Hess (geb. Hainsch), Erwin Kreissl<br />

205


Hanisch Waltraud (verh. Hess)<br />

Mein Name ist Waltraud Hess. Am 01.11.1939<br />

wurde ich in Charlottendorf im Kreis Mährisch<br />

Trübau im Sudetenland (heutiges Tschechien) als<br />

Waltraud Hanisch geboren.<br />

Links: Waltraud Hess heute<br />

Unten: Waltraud Hess als Schulmädchen<br />

Nach der Ansiedlung in Lustbronn ging ich dort in<br />

die damalige Volksschule bei Frl. Lehrerin Sieglinde<br />

Mäussnest. Die Schule war im Rathaus untergebracht,<br />

weil die eigentliche Schule durch die letzten Tage der<br />

Kriegswirren in Stuppach nicht mehr für den Unterricht<br />

zur Verfügung stand. Die Oberstufe der Volksschule,<br />

die Klassen von 5 bis 8, besuchte ich bei Herrn<br />

Lehrer Kelber im Gebäude von Frau Maria Teufel,<br />

neben dem Pfarrhaus.<br />

Im Dachgeschoss wohnte Herr Lehrer Kelber. In den<br />

letzten Schuljahren durften wir wieder ins eigentliche<br />

Schulhaus einziehen, das durch die Kriegseinwirkungen<br />

stark beschädigt worden war. Nach der Schulausbildung<br />

arbeitete ich dann bei der Firma Caras in Bad<br />

Mergentheim.<br />

Am 18.05.1960 heiratete ich Herrn Felizian (Felix)<br />

Heß, geb. am 14.07.1934 aus Lustbronn im Kreis Mergentheim.<br />

Felix war von Beruf Maurer und machte<br />

sich später mit einem weiteren Kollegen selbständig.<br />

Sie übernahmen die Firma ihres früheren Chefs Andreas<br />

Deeg in Neunkirchen und führten diese als „Heß<br />

und Benninger“ weiter. Nach unserer Eheschließung<br />

arbeitete ich weiterhin in der Firma Caras.<br />

Mein Mann und ich bauten uns dann 1964 in<br />

Stuppach im Neubaugebiet ein Einfamilienwohnhaus<br />

206


mit Einliegerwohnng. 1965 zog meine Mutter bei<br />

uns ein und verbrachte ihren Lebensabend mit uns.<br />

Aus unserer Ehe ging Tochter Karin hervor. Ihr Mann<br />

stammt aus Assamstadt und sie wohnen gemeinsam<br />

in unserer Nachbarschaft in Stuppach.<br />

Mit seiner Verrentung 1997 schied mein Mann aus<br />

der gemeinsamen Firma aus. Sein Kollege betreibt<br />

das Baugeschäft mit seinen Söhnen alleine weiter.<br />

Mein Mann und ich verbringen unseren Lebensabend<br />

gemeinsam in unserem Einfamilienwohnhaus<br />

in Stuppach und hoffen, dass dies noch recht lange<br />

anhalten möge. u<br />

Textgrundlage: Waltraud Hess (geb. Hanisch)<br />

Fotos: Waltraud Hess (geb. Hainsch), Erika Scheffel<br />

Unten Links: Hochzeitsfoto von Waltraud Hanisch und Felix Hess im Jahr 1960.<br />

Unten Rechts: Weißer Sonntag in der Pfarrkirche in Stuppach 1949: (v.l.n.r.) Untere Reihe: Waltraud Hanisch, Erika Dittrich, Martha Blank. Obere Reihe:<br />

Erwin Kreissl, Edeltraud Kreissl, Melitta Nold, Hannelore Burger, Anna Blank, Heinz Dittrich.<br />

207


Familie Illa Robert und Josefa<br />

mit Tochter Ingeborg<br />

Illa Robert und Josefa<br />

Illa Robert, (geb. am 27.07.1904 im Kaltenlautsch)<br />

Kreis Hohenstadt-Müglitz im Sudetenland und Josefa,<br />

geborene Cepa (geb. am 17.03.1908), im Sudetenland<br />

heirateten am 23.04.1929 in Kaltenlautsch.<br />

Vor der Vertreibung wohnte die Familie in Charlottendorf<br />

Kreis Mährisch Trübau. Frau Illa und Tochter<br />

Ingeborg, wurden u. a. zusammen mit den Familien<br />

Kreissl Erwin sen., Gießl Gustav sen., Hanisch Hermine<br />

und Wolf Wilhelmine, ausgesiedelt. Den Weg der<br />

Vertreibung kann man z.B. im Bericht von Fam. Gießl<br />

Gustav sen nachvollziehen.<br />

Nach dem Anmeldebuch der Gemeinde Stuppach<br />

kam Robert Illa erst am 17.07.1946 in Stuppach an<br />

und wurde bei Frau Retzbach Josefine eingewiesen.<br />

Seine Frau Josefa mit Tochter Ingeborg kam bereits<br />

am 19.06.1946 in Stuppach an, aus dem Anmeldbuch<br />

geht jedoch nicht genau hervor, bei wem sie eingewiesen<br />

wurden.<br />

208


Links: Hochzeit von Tochter Ingeborg (4.v.l.) und Hermann Wohlfahrt<br />

(rechts daneben) am 28.07.1951 in Weikersheim mit ihren Eltern Robert<br />

Illa (1.v.r.) und Josefa (3.v.l.)<br />

Unten: Ingeborg Wolhfahrt, geb. Illa<br />

(Anmerkung des Autors: Meiner Erinnerung nach<br />

wohnte Fam. Illa in Lustbronn bei Fam. Gahm oder<br />

Brinner an der vorderen Gasse, d.h., sie sind später<br />

von Stuppach nach Lustbronn umgezogen.) Laut<br />

Anmeldebuch der Gemeinde Stuppach sind Herr und<br />

Frau Illa am 08.02.1947 nach Neubronn in die Gemeinde<br />

Harthausen gezogen und von hier später nach<br />

Weikersheim zu Tochter Inge.<br />

Aus der Ehe ging Tochter Ingeborg hervor. Nach<br />

Auskunft des Standesamtes der Stadt Weikersheim<br />

zog Fam. Illa am 02.05.1953 in Weikersheim zu.<br />

Robert Illa starb am 23.05.1970 in Weikersheim und<br />

seine Frau Josefa am 31.10.1993 in Bad Mergentheim.<br />

Beide wurden auf dem Friedhof in Weikersheim<br />

beigesetzt.<br />

Hermann verstarb am 20.08.1989 und Ingeborg<br />

selbst am 26.08 2005. Beide wurden in Weikersheim<br />

im Familiengrab beigesetzt.<br />

Frau Berta Nuß, geb. Ehrmann aus Stuppach<br />

schreibt zu Frau Illa Inge: „Ich habe die Inge, als sie<br />

nach Stuppach kam, am Rathausplatz abgeholt und<br />

sie mit nach Hause genommen. Wir schliefen beide in<br />

einem Bett in der Kammer und Oma in der Stube. Sie<br />

hatte so einen schönen roten Faltenrock, den hat Sie<br />

am Sonntagfrüh immer schön gebügelt und in ihre<br />

Haare hat sie sich immer Locken gemacht.“ u<br />

Textgrundlage: Erwin Kreissl, Berta Nuß<br />

(Fakten recherchiert durch das Standesamt Weikersheim)<br />

Fotos: Klaus Frey<br />

Illa Ingeborg (verh. Wolfahrt)<br />

Ingeborg Illa ist eine verheiratet Wohlfahrt und wurde<br />

am 21.11.1928 in Kaltenlautsch geboren. Inge<br />

zog am 01.02.1947 von Lustbronn nach Weikersheim<br />

und heiratete am 28.07.1951 in Weikersheim Herrn<br />

Hermann Wohlfahrt, geb. am 11.07.1923.<br />

Hermann arbeitete bei seinem Bruder im Steinmetzbetrieb<br />

in Weikersheim. In den Anfangsjahren<br />

der Gaststätte Krone in Weikersheim half Inge<br />

angeblich öfters als Bedienung aus. Weiteres über<br />

das Berufsleben von Inge konnte nicht in Erfahrung<br />

gebracht werden. Die Ehe blieb kinderlos. Ihr Mann<br />

209


Familie Kreissl Erwin und Amalia<br />

mit den Kindern Erwin, Edeltraud, Erika, Charlotte, Siegfried und Christa<br />

sowie den Familienmitgliedern Anna Fritscher, Otto Kreissl und Franz Kreissl<br />

(wohnhaft in Lustbronn)<br />

Wohnhaus der Familie Kreissl in Charlottendorf,<br />

Haus Nr. 20. (Aufnahme aus dem Jahr 1955)<br />

210


Kreissl Erwin und Amalia<br />

Erwin Kreissl sen., Maurer- und Zimmermeister, geb. am 21.02.1911<br />

in Charlottendorf und Amalia Kreissl (geb. Fritscher am 09.07.1911<br />

in Grünau im Kreis Mähr. Trübau im Sudetenland) wurden mit ihren Kinden<br />

Erwin, Edeltraud, Erika und Charlotte sowie der Mutter von Amalia<br />

(Anna Fritscher) aus der Heimat in Charlottendorf vertrieben<br />

Erwin Kreissl war schwer kriegsversehrt und wurde noch vor Kriegsende<br />

aus dem Lazarett direkt nach Charlottendorf entlassen. Er wohnte<br />

mit seiner Familie am Ortseingang von Charlottendorf im zweiten Haus<br />

auf der linken Seite (von Mährisch Trübau kommend), direkt an der<br />

Reichsstraße.<br />

Kurz bevor die Russen einmarschierten bepackte Vater Kreissl den Leiterwagen<br />

mit allen möglichen Dingen und zog mit seinem Kuhgespann<br />

über den Berg in den Nachbarort Seibelsdorf zu einem großen Bauern.<br />

Als dann die Russen durch den Ort zogen, verbrachte die ganze Familie<br />

mit dem Vater eine Nacht im Wald, bis sie die Russen mit vorgehaltenen<br />

Gewehren heraus holten. Sie wohnten dann eine kurze Zeit in Seibelsdorf<br />

und kehrten daraufhin nach Charlottendorf zurück. Im Jahr 1946<br />

kam eines Tages ein junger Tscheche mit seiner Frau nach Charlottendorf,<br />

sah sich das Haus an und sagte, dass er bald wieder kommen würde<br />

und dass das Haus jetzt ihm gehörte. Tatsächlich kam er auch ein paar<br />

Tage später wieder und die Familie musste das Haus verlassen. Sie sind<br />

bis zur Aussiedlung zu Familie Rudolf Zirnig in Charlottendorf gezogen.<br />

Erwin Kreissl (sen.)<br />

Amalia Kreissl (geb. Fritscher)<br />

Die Familie wurde mit Kuhgespannen der noch vorläufig zurückgebliebenen<br />

Einwohner in die Kreisstadt Mährisch Trübau in ein Lager<br />

gebracht. Von hier aus ging es dann später bei Regen auf offenen LKWs<br />

weiter. Das notdürftig zusammengepackte Hab und Gut (je Person durfte<br />

fünfzig Kilogramm Gepäck mitgenommen werden) war bei der Ankunft<br />

im Lager Zwittau vollständig durchnässt. Es hatte sich zwischenzeitlich<br />

durch den Regen und der damit verbundenen Schimmelbildung sowie<br />

durch Diebstahl des tschechischen Aufsichtspersonals drastisch reduziert.<br />

211


Das sog. „Hopfer Häusle“ mit<br />

Scheune von Linus Rupp links daneben<br />

(Quelle: Hannelore Amann,<br />

geb. Burger)<br />

EIgentümer des „Hopfer Häusle“<br />

Familie Rupp (v.l.n.r). Obere<br />

Reihe: Vater Linus, Mutter<br />

Helene und Tochter Zita. Untere<br />

Reihe: Töchter Elisabeth, Klara,<br />

Hildegard.<br />

212


Nach einiger Zeit im Lager ging es dann in geschlossenen Viehwagons<br />

mit je 30 Personen darin bei Furth im Wald über die Grenze nach<br />

Deutschland. Laut Aufzeichnungen von Erwin Jarmer aus Schwäbisch<br />

Hall war Familie Kreissl im dritten Transport der Charlottendorf verlies<br />

und am 06.06.1946 in Deutschland ankam. Die von Vater Erwin Kreissl<br />

in die Manteltasche gesteckten langen Zimmermannsnägel wurden im<br />

Waggon als Kleiderhaken verwendet. Ein Eimer für alle Personen diente<br />

als „WC“ für große und kleine Geschäfte.<br />

Das Familiengrab von Famlie Kreissl in<br />

Grünau, wo die Eltern von Erwin Kreissl<br />

sen. begraben liegen. Inzwischen wird das<br />

Grab auch von den bereits verstorbenen<br />

Mitgliedern der Familie Pokorni belegt, die<br />

nach der Vertreibung von Familie Kreissl<br />

in deren Haus in Charlottendorf einzogen.<br />

(Aufnahme aus dem Jahr 2008)<br />

Durch die zeitlich versetzten Abtransporte wurde die Dorfgemeinschaft<br />

Charlottendorf zerrissen, denn die Neuansiedlungen erfolgten in<br />

verschiedenen Landesteilen, Kreisen und Gemeinden. Für Familie Kreissl<br />

ging die Reise von Furth im Wald zunächst weiter nach Backnang. Dort<br />

angekommen mussten sich alle zunächst einer „Entlausung“ unterziehen.<br />

Dazu wurde von unten und oben in die Kleider ein Pulver eingeblasen.<br />

Daraufhin kam sie in ein Lager aus Holzbaracken und irgendwann<br />

ging es nach Bad Mergentheim und am 19.06.1946 weiter nach Stuppach<br />

bis vor das Rathaus. Hier musste – im wahrsten Sinne des Wortes – bis<br />

zum späten Nachmittag gelagert werden, während der Gemeinderat im<br />

Rathaus tagte und die Verteilung der „Gestrandeten“ vornahm.<br />

Familie Kreissl wurden bei Familie Linus Rupp, seiner Frau Helene<br />

und den Töchtern ins sog. „Hopferhäusle“ in Lustbronn eingewiesen.<br />

Zur gleichen Zeit wohnte dort auch Horst Paszehr (geb. 03.11.1934)<br />

aus Duisburg. Sein Bruder Helmut wohnte bei Familie Gahm im Haus<br />

gegenüber. Familie Rupp hatte erst kurz zuvor ihren einzigen Sohn Paul<br />

verloren, der an einer Blinddarmentzündung starb, somit war Horst quasi<br />

ein Sohnersatz. Durch die Kinderlandverschickung kamen er und sein<br />

Bruder nach Lustbronn. Nach ihrer Schulentlassung gingen beide wieder<br />

nach Duisburg zurück. Horst Paszehr verstarb plötzlich am 31.07.1989<br />

bei einem Urlaubsaufenthalt in München.<br />

Familie Kreissl bewohnten mit sieben Personen zwei Räume. Die Kinder<br />

schliefen je zu zweit in den Betten. Gekocht, gegessen und gebadet<br />

wurde jeweils in einem der beiden Zimmer. Der Abort war ein Holzhäus-


chen im Freien, der gemeinsam mit Frau Blank und<br />

ihren drei Töchtern genutzt wurde. Sie war auch Heimatvertriebene<br />

und wohnte in einem Zimmer über<br />

Familie Kreissl. Fließendes Wasser gab es nur unten<br />

im Keller, dem ehemaligen Schweinestall. Das Abwasser<br />

wurde über die offene Gosse entsorgt.<br />

Erwin Kreissl fand zunächst Arbeit als Maurerpolier<br />

bei Firma Ambros Greiner Bauunternehmung<br />

in Bad Mergentheim und der Zweigniederlassung<br />

in Tübingen (Firma zwischenzeitlich erloschen), bis<br />

er dann am 15.04.1948 in Lustbronn sein eigenes<br />

Zimmergeschäft gründete. 1950 wurde dem noch ein<br />

Baugeschäft angegliedert. Am 01.04.1951 wurde der<br />

Firmensitz von Lustbronn auf das gepachtete Gelände<br />

des Zimmermeisters Ignaz Reichert in die Neunkircher<br />

Straße 7 nach Bad Mergentheim verlagert. Heute<br />

ist dies die Rotkreuz-Straße. Die Wohnung in Lustbronn<br />

wurde jedoch noch behalten. Da seine in der alten<br />

Heimat bereits abgelegten Prüfungen als Maurerund<br />

Zimmermeister nicht anerkannt wurden, musste<br />

Erwin Kreissl sen. diese Prüfungen erneut ablegen.<br />

Als Zimmermeister tat er das am 24.05.1947 und als<br />

Maurermeister am 31.05.1947. Er beschäftigte in<br />

der Hochsaison bis zu 25 Maurer und Zimmerleute,<br />

darunter viele ehemalige Heimatvertriebene.<br />

Um den Lebensunterhalt überhaupt einigermaßen<br />

bestreiten zu können ging Frau Amalia so oft es ihr<br />

möglich war bei Familie Rupp und anderen Bauern<br />

mit aufs Feld zum Arbeiten. Als Lohn gab es dann<br />

Naturalien, die die Familie auch dringend gebrauchen<br />

konnten.<br />

214<br />

Grundriss des Wohnhauses der Familie Kreissl in Charlottendorf, gezeichnet<br />

von Erwin Kreissl im Jahr 1964.


Das Zweifamilienwohnhaus im Alemannenweg in Bad Mergentheim wurde<br />

im Jahr 1956 ferstiggestellt und von der Familie bezogen.<br />

Das Betriebsgelände mit Wohnhaus im Gewerbegebiet „Dainbacher Weg“<br />

in Bad Mergentheim. (Aufnahme aus dem Jahr 1995)<br />

Infolge vergrößerte sich die Familie durch die Geburt<br />

von Sohn Siegfried (1947) und Tochter Christa<br />

(1952). Zwischenzeitlich war Familie Blank, die über<br />

den Kreissls gewohnt hatte, nach Stuppach gezogen<br />

und der frei gewordene Raum durfte von der größer<br />

gewordenen Familie mit genutzt werden.<br />

Im Jahre 1956 errichte Erwin Kreissl sen. in Bad<br />

Mergentheim ein Zweifamilienwohnhaus und so<br />

zog die Familie rechtzeitig zu Weihnachten am<br />

23.12.1956 von Lustbronn in das neue Eigenheim im<br />

Alemannenweg.<br />

Ignaz Reichert, der bisherige Verpächter des Firmengeländes,<br />

verkaufte sein Gelände im Jahre 1966,<br />

um ein Mehrfamilienhaus darauf errichten zu lassen.<br />

Dadurch war Erwin Kreissl sen. gezwungen den<br />

Firmensitz ins neu geschaffene Gewerbegebiet in den<br />

Dainbacher Weg 1 in Bad Mergentheim zu verlegen<br />

und einen Bauplatz zu erwerben. Doch leider erkrankte<br />

er sehr bald an Krebs und verstarb am 16.06.1968<br />

im damaligen St. Rochuskrankenhaus. Er wurde auf<br />

dem alten Friedhof in Bad Mergentheim begraben.<br />

Das Bau- und Zimmergeschäft wurde zunächst<br />

gemeinschaftlich von seiner Frau Amalia, dem jüngesten<br />

Sohn Siegfried und dem Maurerpolier Alfred<br />

Hanisch (ebenfalls ein Charlottendorfer), weitergeführt,<br />

jedoch nur noch als Baugeschäft. Nach seiner<br />

Meisterprüfung übernahm dann Sohn Siegfried am<br />

01.01.1972 alleinig die Betriebsführung.<br />

Amalia Kreissl verstarb am 17.03.1984 im Caritaskrankenhaus<br />

in Bad Mergentheim und wurde an<br />

der Seite ihres Mannes auf dem alten Friedhof in Bad<br />

Mergentheim beigesetzt. u<br />

Text & Fotos: Erwin Kreissl (jun.)<br />

215


Dr. Ulrich Walter ist der Sohn von Else Walter (geb.<br />

Ulrich), einer Cousine von Erwin Kreissl sen. Er war<br />

Mitglied der Hauptmannschaft der Mission STS-55<br />

der NASA im Rahmen der zweiten deutschen Spacelab-Mission<br />

„D-2“ und vom 26. April bis 6. Mai 1993<br />

an Board des Space Shuttles „Columbia“ im All.<br />

Untere Reihe (v.l.n.r.): Terence Henricks, Steven Nagel, Charles Precourt.<br />

Obere Reihe (v.l.n.r.): Bernard Harris, Hans Wilhelm Schlegel, Jerry Ross, Ulrich Walter.<br />

216


Dr. Ulrich Hans Walter – Physiker und ehemaliger Wissenschaftsastronaut<br />

Ulrich Hans Walter (* 9. Februar 1954 in Iserlohn,<br />

Nordrhein-Westfalen) ist ein deutscher Physiker,<br />

ehemaliger Wissenschaftsastronaut und derzeitiger<br />

Inhaber des Lehrstuhls für Raumfahrttechnik an der<br />

Technischen Universität München<br />

Ausbildung und wissenschaftlicher Werdegang<br />

Walter wuchs in Iserlohn im Sauerland auf, wo er<br />

zunächst die Volksschule und dann das Gymnasium<br />

absolvierte. Er meldete sich dann freiwillig zum<br />

Wehrdienst und schied im Rang eines Leutnants der<br />

Reserve aus.<br />

1974 begann Walter an der Universität Köln Physik<br />

zu studieren, beendete dies 1980 im Spezialgebiet<br />

Festkörperphysik und promovierte im Jahr 1985.<br />

Unterstützt durch Stipendien absolvierte er im Anschluss<br />

einen zweijährigen Forschungsaufenthalt an<br />

verschiedenen <strong>Ins</strong>tituten in den USA.<br />

Raumfahrertätigkeit<br />

Auf der Suche der damaligen Deutschen Forschungsund<br />

Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt<br />

(DFVLR) nach Wissenschaftsastronauten für den<br />

zweiten deutschen Spacelab-Flug (D-2) im August<br />

1986, meldeten sich 1.799 nationale Interessenten,<br />

von denen aber nur 40 Prozent die geforderten<br />

Kriterien erfüllten. Eine Jury, der auch die drei Alt-<br />

Astronauten Ulf Merbold, Reinhard Furrer und Ernst<br />

Messerschmid angehörten, wählte schließlich fünf<br />

Anwärter aus, zu denen auch Ulrich Walter gehörte.<br />

Diese begannen im März 1988 am Sitz der DFVLR in<br />

Köln mit dem eigentlichen Astronautentraining. Ab<br />

1990 wurde abwechselnd in Köln sowie in Huntsville<br />

am Marshall-Raumflugzentrum und dem Johnson<br />

Space Center in Houston trainiert. Ein Jahr vor dem<br />

Flug fiel die endgültige Wahl u.a. auf Ulrich Walter.<br />

Die Kosten für die Astronautenausbildung von ihm<br />

beliefen sich auf 400.000 DM.<br />

Der deutsche Physiker brach zusammen mit sechs<br />

anderen Astronauten Ende April 1993 an Bord der<br />

Raumfähre Columbia in Richtung Erdumlaufbahn<br />

auf. Rund 90 Experimente betreute Walter während<br />

des zehntägigen Fluges, wobei die meisten aus den<br />

Sparten Biologie und Materialwissenschaften stammten.<br />

Dabei arbeitete er im europäischen Raumlabor<br />

Spacelab, das zum siebenten Mal im Frachtraum einer<br />

US-Raumfähre flog.<br />

Nach seinem Flug schied Walter aus dem deutschen<br />

Raumfahrerkader aus und leitete vier Jahre lang das<br />

Satellitenbildarchiv des DLR im bayerischen Oberpfaffenhofen.<br />

Dort baute er eine deutsche Zentrale für<br />

Satellitenbilder auf, um diese einer breiten Öffentlichkeit<br />

zur Verfügung zu stellen. Ab 1998 war er Program<br />

Manager bei IBM Deutschland und arbeitete an<br />

digitalen Medienlösungen, später war er technischer<br />

Berater im Entwicklungslabor in Böblingen. Seit März<br />

2003 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Raumfahrttechnik<br />

an der Technischen Universität München.<br />

Textgrundlage & Foto: Wikipedia<br />

(Bearbeitung: Markus Kreissl)<br />

217


Kreissl Erwin jun.<br />

Ich wurde am 24.01.1938 in Charlottendorf im Kreis Mährisch Trübau<br />

im Sudetenland geboren. Bis zum Einzug der russischen Armee am<br />

09.05.1945 besuchte ich in Charlottendorf den Kindergarten und die<br />

erste Klasse der Volksschule im Nachbarort Grünau. Ich wurde mit meinen<br />

Eltern und den drei jüngeren Geschwistern vertrieben/ausgesiedelt.<br />

Dem amtlichen Anmeldebuch nach kamen wir am 19.06.1946 in die Gemeinde<br />

Stuppach und wurden von der Gemeindeverwaltung bei Familie<br />

Linus Rupp in Lustbronn ins sog. „Hopfer Häusle“ eingewiesen.<br />

Erwin Kreissl (jun.)<br />

Schule<br />

In Stuppach besuchte ich die zweite bis vierte Klasse der Volksschule<br />

bei Frau Lehrerin Sieglinde Mäussnest. Diese war in einem Raum im Rathaus<br />

untergebracht. Die fünfte Klasse absolvierte ich bei Herrn Oberlehrer<br />

Kelber in einem Gebäude von Frau Maria Teufel, das sich neben dem<br />

Pfarrhaus befand. Das eigentliche Schulgebäude wurde durch die Wirren<br />

der letzten Kriegstage in Mitleidenschaft gezogen und konnte nicht mehr<br />

benutzt werden. Die sechste bis achte Klasse der Volksschule besuchte<br />

ich dann in Bad Mergentheim.<br />

Ausbildung, Studium und Beruf<br />

Im Sommer 1952 begann ich im Geschäft meines Vaters zunächst eine<br />

Zimmerer- und anschließend eine Maurerlehre, die ich jeweils mit Erfolg<br />

abschloss. Um zum Studium zugelassen zu werden musste ich im Jahr<br />

1956 zunächst die mittlere Reife nachholen. Ein Jahr danach begann ich<br />

in Würzburg mein Studium zum Hochbauingenieur, anschließend das<br />

Tiefbaustudium. Beide Ingenieurprüfungen schloss ich im Jahr 1960<br />

bzw. 1962 mit Erfolg ab. Damit waren die Voraussetzungen geschaffen,<br />

um mich in die Deutsche Architektenliste eintragen zu lassen und kann<br />

seit dem auch den Titel „Architekt“ führen.<br />

Erwin auf dem Moped<br />

Im August 1962 begann ich meinen Dienst im Landratsamt Mergentheim<br />

als Stellvertreter des Kreisbaumeisters. Im Jahr 1973 wurde die beschlossene<br />

Gebietsreform vollzogen und das Landratsamt Mergentheim<br />

218


mit dem in Tauberbischofsheim zusammengelegt,<br />

mit Sitz in Letzterem. Der neu geschaffene Kreis hieß<br />

zunächst Tauber-Kreis und wurde später in Main-<br />

Tauber-Kreis umbenannt. Die Dienststelle verblieb<br />

jedoch in Tauberbischofsheim. Ich wurde Leiter des<br />

neu geschaffenen Technischen Kreisamtes und war<br />

als Architekt angestellt. Bereits 1964 wurde ich in<br />

den Personalrat gewählt, aus dem ich 1989 als Vorsitzender<br />

ausschied. Im Jahre 2002, nach Einführung<br />

des Euro ging ich nach 40 Jahren Tätigkeit im öffentlichen<br />

Dienst im Landratsamt in den Ruhestand.<br />

Familie<br />

Am 15.03.1963 heiratete ich die aus Niederwerrn<br />

bei Schweinfurt stammende Krankenschwester Erika<br />

Wahler (geb. 03.03.1937). Nach unserer Eheschließung<br />

wohnten wir zunächst in Miete. 1968 verstarb<br />

mein Vater Erwin Kreissl sen. und wir zogen in das<br />

erste Obergeschoss des elterlichen Wohnhauses ein.<br />

Meine Mutter wohnte zusammen mit meiner jüngsten<br />

Schwester Christa weiterhin in der Erdgeschosswohnung.<br />

Die anderen Geschwister waren zwischenzeitlich<br />

ebenfalls alle verheiratet und bereits außer Haus.<br />

Richtfest bei Fam. Wolf im Jahr 1955: v.l. Herr Jani und Herr Akazi aus<br />

Rengershausen, Herr Kurt Reis Zimmermann aus Bad Mergentheim,<br />

Herr Buchner aus Rengershausen, Renner Alois Maurerlehrling<br />

aus Rengershausen, stehend Zimmermann Erwin Kreissl<br />

aus Bad Mergentheim, Bauherrin Frau Wilhelmine Wolf,<br />

dahinter die Tochter Wilhelmine, nur mit Kopf und<br />

schwarzem Hut, Erwin Kreissl sen. Bau- und<br />

Zimmermeister, mit Schifferklavier,<br />

Maurerpolier Franz Östreicher aus<br />

Rengershausen und Maurer Franz<br />

Laaber aus Assamstadt.<br />

219


Als meine Mutter im Jahr 1984 verstarb wurde sie<br />

wie mein Vater auf dem alten Friedhof in Bad Mergentheim<br />

beerdigt. Danach zog Christa aus und ich<br />

habe das Elternhaus übernommen.<br />

Aus unserer Ehe gingen unsere Kinder Andreas<br />

(geb. 28.04.1964), Barbara (geb. 15.03.1966) und<br />

Markus (geb. 22.06.1976) hervor. Meine Frau gab<br />

nach der Geburt unseres Erstgeborenen Andreas ihren<br />

Beruf auf und widmete sich ganz der Familie und<br />

der Erziehung der Kinder.<br />

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG)<br />

Nach Abschluss eines Schwimmkurses in Weikersheim<br />

im Jahr 1967 wurde ich Mitglied in der<br />

Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und<br />

später zum Vorsitzenden der Ortsgruppe gewählt.<br />

Von 1974 bis 1995 war ich gleichzeitig Vorsitzender<br />

der Ortsgruppe Weikersheim und Vorsitzender des<br />

DLRG-Bezirks Tauber. Vom 11.06.1983 bis 13.05.1995<br />

war ich Vizepräsident der DLRG im Landesverband<br />

Württemberg e.V. in Stuttgart, bevor ich krankheitsbedingt<br />

alle meine DLRG-Ämter aufgeben musste.<br />

Heute bin ich Ehrenmitglied des DLRG-Landesverbandes<br />

Württemberg e.V., Ehrenvorsitzender und<br />

Ehrenmitglied des DLRG-Bezirks Tauber und der<br />

Ortsgruppe Weikersheim sowie Seniorenbeauftragter<br />

des Landesverbandes und des Bezirks Tauber.<br />

Für meine langjährigen ehrenamtlichen Tätigkeiten<br />

in der DLRG wurde mir 1987 die Ehrennadel des<br />

Landes Baden-Württemberg durch den Oberbürgermeister<br />

der Stadt Bad Mergentheim Herrn Dr. Elmar<br />

Mauch überreicht. Von Seiten des DLRG-Präsidiums<br />

in Bad Nenndorf erhielt ich 2007 das Verdienstzei-<br />

220<br />

Erwin und Erika Kreissl (geb. Wahler) an ihrem Hochzeitstag (15.03.1963)


chen in Gold mit Brillant, die höchste Auszeichnung<br />

der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft.<br />

Kirchengemeinde und Dekanat<br />

In der katholischen Kirchengemeinde St. Johannes<br />

in Bad Mergentheim war ich vom 01.04.1976 bis ins<br />

Jahr 2001 in verschiedenen Funktionen und Ämtern<br />

tätig, davon die letzen Jahre als zweiter Vorsitzender.<br />

In dieser Zeit waren Johannes Frey, Günther Appold<br />

und Herbert Gube Stadtpfarrer bzw. Dekan in Bad<br />

Mergentheim. Heute (2016) ist Herr Dekan Ulrich<br />

Skobowsky unser Münsterpfarrer. Vom 29.08.1989<br />

bis 10.04.2001 war ich darüber hinaus zweiter Vorsitzender<br />

des Dekanatrats im Dekanat Mergentheim.<br />

Für meine ehrenamtlichen Tätigkeiten als Personalrat<br />

im Landratsamt, bei der DLRG auf Ortsgruppen-,<br />

Bezirks- und Landesverbandsebene in Stuttgart und<br />

der Mitarbeit in den kirchlichen Gremien, wurde mir<br />

am 04.02.1994 das Bundesverdienstkreuz am Bande,<br />

durch Herrn Oberbürgermeister Dr. Elmar Mauch in<br />

Bad Mergentheim überreicht.<br />

Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am 04.02.1993 an Erwin Kreissl,<br />

übergeben durch den OB der Stadt Bad Mergentheim, Dr. Elmar Mauch.<br />

Besuch von Bischof Walter Kasper (heute emeritierter Kurienkardinal) am<br />

28.01.1990 in Bad Mergentheim, anlässlich seines Amtsantritts.<br />

221


Reisen<br />

Seit dem Jahr 1977 organisiere und leite ich bis<br />

heute im Auftrag der DLRG Informations- und Studienreisen<br />

in die Metropolen der Welt. So konnten wir<br />

z.B. bereits Budapest (1981), Moskau (1987), Istanbul<br />

(1988), Leningrad (1991), Johannesburg (2000),<br />

Jalta & Halbinsel Krim (2010) uvm. Besichtigen.<br />

Unsere Studienreise 2017 wird uns nach Schottland<br />

führen. Auch Pilgerreisen habe ich mitorganisiert und<br />

geleitet z.B. eine Rundreise in Ägypten (2001), Türkei<br />

(2010), Israel, Sinai, Jordanien (2013) uvm. 2017<br />

werden wir Georgien besuchen.<br />

Unsere Kinder<br />

Unser ältester Sohn Andreas ist verheiratet, wohnt<br />

in Grünsfeld und ist seit dem Jahr 2000 Gründer,<br />

Mitinhaber und Geschäftsführer der Firma „CeraCon“<br />

in Weikersheim, einem hochspezialisierten Sondermaschinenbauunternehmen<br />

mit derzeit rund 200<br />

Mitarbeitern mit vier Standorten in drei Ländern<br />

(Stand 2016).<br />

Unsere Tochter Barbara ist verheiratet und wohnt<br />

in Unterbalbach. Sie hat den Beruf der Krankengymnastin<br />

erlernt und widmet sich im Moment ihren vier<br />

Kindern und der Familie. Ihr Mann ist gelernter Koch<br />

und arbeitet im Kreiskrankenhaus in Tauberbischofsheim.<br />

Unser Jüngster Sohn Markus hat nach dem Abitur<br />

zunächst eine Ausbildung zum Industriekaufmann<br />

und im Anschluss ein Studium zum Diplom-Wirtschaftsinformatiker<br />

absolviert. Er wohnt in Würzburg<br />

und ist ebenfalls bei „CeraCon“ in Weikersheim tätig.<br />

222<br />

Erwin und Erika Kreissl bei einer Pilgerreise in Jordanien vor der Felsenstadt<br />

Petra (2013).


Meine Frau und ich verbringen unseren Lebensabend<br />

in Bad Mergentheim, im Kreise unserer Kinder<br />

und vier Enkel. Wir hoffen, dass unsere Gesundheit<br />

noch recht lange mitspielt, damit wir noch einige<br />

Städte- und Pilgerreisen sowie Urlaube mit unserem<br />

Wohnwagen unternehmen können. u<br />

Text & Fotos: Erwin Kreissl (jun.)<br />

Erwin (Mitte) im Kreis seiner (ehemaligen) Kolleginnen und Kollegen bei seiner Verabschiedung aus dem Landratsamt im Jahr 2002.<br />

223


Kreissl Edeltraud (verh. Fichter)<br />

Ich wurde am 14.06.1939 in Mährisch Trübau,<br />

unserer Kreisstadt im Sudetenland (heutiges<br />

Tschechien), als zweites Kind meiner Eltern geboren.<br />

1946 musste ich mit meinen Eltern und den anderen<br />

Geschwistern unseren Heimatort Charlottendorf verlassen.<br />

Wir wurden von den Tschechen vertrieben. So<br />

kamen wir am 19.06.1946 nach Stuppach bzw. nach<br />

Lustbronn. Wir wurden bei Familie Linus Rupp ins<br />

sog. „Hopfer Häusle“ eingewiesen.<br />

Edeltraud Kreissl<br />

Links: Weißer Sonntag 1948: (v.l.n.r.) Lucia Stütz, Edeltraud<br />

Kreissl, Erika Dittrich, Waltraud Hanisch und Martha Blank.<br />

Rechts: Vor dem Wohnhaus in Lustbronn: (V.l.n.r.)<br />

Edeltraud, Schwester Charlotte, Mutter Amalia mit Bruder<br />

Siegfried, Schwester Erika und Bruder Erwin.<br />

Ich besuchte mit den anderen Kindern der Heimatvertriebenen<br />

und denen der Einheimischen die<br />

Grundschule in Stuppach. Unser Schulweg war sehr<br />

beschwerlich, denn in Lustbronn ging es den Berg hinauf<br />

und in Richtung Stuppach wieder hinunter. Auch<br />

bei Regen und im Winter bei Schnee und Eis mussten<br />

wir diesen bewältigen, denn einen Schulbus gab es<br />

224


zu dieser Zeit noch nicht. Unser Klassenzimmer war<br />

ein Schulraum im Rathaus bei Lehrerin Frau Sieglinde<br />

Mäussnest. 1956 zog ich mit meinen Eltern und Geschwistern<br />

nach Bad Mergentheim. Dort hatte mein<br />

Vater ein Zweifamilienhaus gebaut. Somit musste ich<br />

meine Schulfreundinnen in Lustbronn und Stuppach<br />

verlassen und ging in Bad Mergentheim weiter zur<br />

Schule. Nach Abschluss der Volksschule besuchte<br />

ich bis zur vierten Klasse die Oberschule für Jungen<br />

(heute Deutschorden-Gymnasium). Danach wechselte<br />

ich auf die Höhere Handelsschule, die ich mit der<br />

Mittleren Reife abschloss. Nach Abschluss meiner<br />

Schulzeit war ich zunächst bei meinem Vater im Büro<br />

des Baugeschäfts angestellt.<br />

Hochzeitsfoto von Edeltraud (geb. Kreissl)<br />

und Adolf Fichter am 10.08.1966<br />

Am 10.08.1966 heiratete ich meinen Mann Adolf<br />

Fichter, geb. am 06.02.1940 in Sindolsheim im Kreis<br />

Buchen. Er war Metzger und arbeitete zu dieser Zeit<br />

bei seinem Schwager in Mannheim. So zogen wir<br />

1966 nach Mannheim. Mein Mann hat dort auch seine<br />

Prüfung zum Metzgermeister gemacht. Ich habe in<br />

der Mannheimer Zeit bei meinem Schwager als Verkäuferin<br />

mitgearbeitet.<br />

Nach dem Tode unseres Vaters im Jahr 1968 zogen<br />

wir wieder zurück nach Bad Mergentheim. Dort<br />

begann ich erneut bei meinem Bruder Siegfried und<br />

unserer Mutter bei den Büroarbeiten des Baugeschäfts<br />

behilflich zu sein. Mein Mann hingegen war<br />

als Metzgermeister bei der Firma Deil & Kurz in Bad<br />

Mergentheim beschäftigt.<br />

Aus unserer Ehe gingen zwei Kinder hervor, unsere<br />

Töchter Brigitte und Petra. Im Jahre 1971 haben wir<br />

in der ehemaligen selbständigen Gemeinde Unterbal-<br />

225


ach (heute ist dies ein Stadtteil von Lauda-Königshofen)<br />

ein Einfamilienwohnhaus errichtet. Als dieses<br />

fertig war zogen wir von Bad Mergentheim nach Unterbalbach<br />

und dort ein. Leider verstab mein Mann<br />

bereits viel zu früh, am 06.03.1996. Von März 1993<br />

bis Ende Juni 1999 arbeitete ich im Städtischen Altenund<br />

Pflegeheim in Bad Mergentheim als Stationshilfe.<br />

Seit meiner Verrentung im Juni 1999 helfe ich<br />

meiner ältesten Tochter Brigitte im Haushalt und mit<br />

ihren 4 Kindern. 1996 hat sie zusammen mit ihrem<br />

Mann Jürgen Bamberger in Igersheim eine Bäckerei<br />

mit angeschlossenem Café aufgebaut. Leider ist ihr<br />

Mann am 12.06.2012 plötzlich verstorben. Sie führt<br />

nun das Geschäft mit ihrem ältesten Sohn weiter,<br />

der inzwischen die Meisterprüfung abgelegt hat.<br />

Dabei kann sie meine Unterstützung im Haushalt gut<br />

gebrauchen. Meine jüngere Tochter Petra ist bei ihrer<br />

Schwester als Verkäuferin angestellt.<br />

Meinen Ruhestand verbringe ich größtenteils in<br />

Igersheim bei meiner Tochter und im Kreise meiner<br />

lieben Enkel. u<br />

Textgrundlage: Edeltraud Fichter (geb. Kreissl)<br />

Fotos: Edeltraud Fichter, Christa Kreissl, Erwin Kreissl<br />

226


Linke Seite: Edeltraud mit Schwester Christa auf<br />

dem Arm vor dem Gebäude von Maria Teufel (Welze<br />

Marie) in Lustbronn.<br />

Unten: Edeltraud neben ihrem Bruder Erwin vor<br />

deren Elternhaus in Charlottendorf.<br />

Rechts: Edeltraud mit ihrem Mann Adolf an ihrer<br />

Silberhochzeit am 15.06.1991.<br />

Unten rechts: Einfamilienwohnhaus der Familie<br />

Fichter in Unterbalbach.<br />

227


Kreissl Erika (verh. Ficker)<br />

Ich wurde am 12.04.1944 in Mährisch Trübau, unserer Kreisstadt im<br />

Sudetenland geboren und war das dritte von sechs Kindern. Ursprünglich<br />

in Charlottendorf beheimatet musste ich mit meinen Eltern Erwin<br />

und Amalia Kreissl, meiner Oma Anna Fritscher und meinen Geschwistern<br />

Erwin, Edeltraud und Charlotte den Heimatort verlassen, da wir<br />

von den Tschechen vertrieben wurden. Am 19.06.1946 kamen wir nach<br />

Stuppach bzw. nach Lustbronn und wurden bei Fam. Linus Rupp im sog.<br />

„Hopfer Häusle“ einquartiert.<br />

Erika Kreissl<br />

In Stuppach ging ich noch in den Kindergarten und später mit anderen<br />

Kindern aus Lustbronn in die Grundschule (Unterklasse), die im Rathaus<br />

eingerichtet war. Die Klassen Eins bis Vier waren in einem Raum untergebracht<br />

und unsere Lehrerin war Frau Hoffmann. Von der fünften bis zur<br />

sechsten Klasse ging ich in die sog. Oberklasse zu Herrn Lehrer Kelber.<br />

Unser Schulweg war sehr beschwerlich, denn in Lustbronn ging es den<br />

Berg hinauf und in Richtung Stuppach wieder hinunter. Auch bei Regen<br />

und im Winter bei Schnee und Eis mussten wir diesen bewältigen, denn<br />

einen Schulbus gab es zu dieser Zeit noch nicht. Wir Kinder aus Lustbronn<br />

waren froh, wenn hin und wieder einmal ein Pferdegespann nach<br />

Stuppach fuhr und uns mitnahm. Im Winter hatten wir unsere Schlitten<br />

mit und vollführten so manch rasante Abfahrt. Ich erinnere mich noch<br />

gut daran, dass uns unsere Lehrerin Frau Hoffmann von den Stuppacher<br />

Kindern Ersatzkleidung besorgt hatte, damit wir unsere nassen Sachen<br />

in der Schule am Bollerofen trocknen konnten. Ebenso veranlasste sie,<br />

dass ich bei Nachmittagsunterricht mit einem Stuppacher Schulkind zum<br />

Mittagessen mit nach Hause gehen konnte.<br />

Weihnachten 1956 zog ich mit meinen Eltern und Geschwistern in<br />

das von meinem Vater neu erbaute Zweifamilienwohnhaus nach Bad<br />

Mergentheim. Somit musste ich meine Mitschüler aus Lustbronn und<br />

Stuppach verlassen und besuchte die siebte und achte Klasse in Bad<br />

Mergentheim. Mein Lehrer hieß Keicher und war im Vergleich zu Stup-<br />

228


Erika (rechts) mit ihrer jüngeren Schwester Charlotte.<br />

pach ein sehr strenger, der gerne auch den Rohrstock<br />

nahm und vor allem die Buben damit züchtigte. Nach<br />

Abschluss der Volksschule belegte ich ein Jahr die Allgemeinbildungsklasse<br />

und danach ein Jahr die private<br />

Berufsfachschule des Töchterinstitutes St. Bernhard<br />

in Bad Mergentheim.<br />

Danach war ich in verschiedenen Firmen als Büroangestellte<br />

tätig, z.B. bei Fa. Elektro-Popp, beim Architekturbüro<br />

Friedrich, beim Baubedarf „von Mengden“<br />

in Bad Mergentheim, bei Baubetreuung David in<br />

Elpersheim und zuletzt im elterlichen Baugeschäft.<br />

Nach dem Tode meines Vaters im Juni 1968 und<br />

meiner Heirat am 09.08.1968 mit Herrn Horst Ficker<br />

(ebenfalls ein Heimatvertriebener aus Kaaden) war<br />

ich noch bis Jahresende im elterlichen Baugeschäft<br />

tätig. Danach zog ich zu meinem Mann nach Weißenburg/Bayern<br />

ins Haus seiner Eltern. Er war von Beruf<br />

Techniker und arbeitete viele Jahre bei der Aufzugsfirma<br />

Thyssen-Krupp als Montagemeister.<br />

Nach der Geburt unseres Sohnes Stephan war ich<br />

dann auch wieder beruflich tätig, zunächst acht Jahre<br />

als Büroangestellte bei der Firma Eckert & Ziegler<br />

und dann 25 Jahre bei der Bademodenfabrik Barnert<br />

& Söhne in Weißenburg.<br />

Im Jahr 1970 begannen wir in Ellingen (vier Kilometer<br />

von Weißenburg entfernt) mit dem Bau unseres<br />

Einfamilienwohnhauses mit Einliegerwohnung<br />

und konnten im Oktober 1972 dort einziehen. Seit<br />

dieser Zeit leben wir in Ellingen. Wir sind Mitglied<br />

229


im Turn- und Sportverein und beim Barockverein<br />

Ellingen, mein Mann zudem noch im Gesangsverein<br />

Harmonie und in der Ellinger Feuerwehr. Auch war er<br />

25 Jahre im Stadtrat von Ellingen aktiv.<br />

Links: Silberhochzeit von Erika (stehend) und ihrem Mann<br />

Horst (rechts sitzend) im Jahr 1993.<br />

Rechts: Das Wohnhaus mit Einliegerwohnung in Ellingen<br />

(Aufnahme aus 1999).<br />

Unser Sohn Stephan heiratete 1996 und 1999<br />

kam unser Enkelkind Annalena zur Welt. Seit 2005<br />

wohnen wir bis jetzt gemeinsam in unserem Haus.<br />

Mein Mann ging 2001 in Altersteilzeit und ich war ab<br />

Februar 2002 (bedingt durch die <strong>Ins</strong>olvenz meines<br />

Arbeitgebers) ebenfalls zuhause. Daher kauften wir<br />

uns ein Wohnmobil und bereisen seit dieser Zeit so<br />

oft wir können und solange es die Gesundheit zulässt,<br />

alles, was uns in Nah und Fern gefällt. u<br />

Textgrundlage: Erika Ficker (geb. Kreissl)<br />

Fotos: Erika Ficker (geb. Kreissl), Erwin Kreissl<br />

230


Kreissl Charlotte (verh. Tessikowski)<br />

Charlotte Kreissl wurde am 26.11.1945 als viertes<br />

Kind der Familie Kreissl in Mährisch Trübau im<br />

Sudetenland geboren und wurde mit ihren Eltern<br />

und Geschwistern am 19.06.1946 nach Stuppach/<br />

Lustbronn ausgesiedelt. Sie besuchte noch die ersten<br />

Klassen der Grundschule in Stuppach.<br />

Auf der Flucht hatte sie sich als Säugling eine<br />

Lungen-Tuberkulose eingefangen und musste für<br />

knapp zwei Jahre ins Caritaskrankenhaus in Bad Mergentheim<br />

zur Ausheilung. Sie durfte erst nach Hause,<br />

als für sie ein eigenes Zimmer im elterlichen Heim zur<br />

Verfügung stand.<br />

An Weihnachten 1956 ist sie mit ihren Eltern und<br />

den Geschwistern nach Bad Mergentheim im neu erbauten<br />

Wohnhaus ins eigene Zimmer eingezogen. In<br />

Bad Mergentheim besuchte sie das Gymnasium und<br />

schloss mit der mittleren Reife ab, um dann anschließend<br />

in Gemünden a.M. eine Ausbildung zur staatlich<br />

geprüften Kindergärtnerin zu absolvieren.<br />

Ihre erste Stelle als Kindergartenleiterin und erste<br />

Kindergärtnerin nach dem Krieg bekam sie in der<br />

selbständigen Gemeinde Hachtel im Kreis Mergentheim.<br />

Die Räumlichkeiten befanden sich zunächst im<br />

Obergeschoss des Rathauses und dann im neu gebauten<br />

Kindergarten.<br />

In einem gemeinsamen Urlaub zusammen mit<br />

ihrer Schwester Christa am Wörthersee lernte sie<br />

ihren späteren Mann Sigmund kennen, den sie am<br />

03.08.1978 heiratete. Sigmund Tessikowski war auch<br />

231


ein Heimatvertriebener (aus Neumark im Kreis Stuhm in Westpreußen)<br />

und wohnhaft in Velbert. Sie zog daraufhin zu ihrem Mann in eine Mietwohnung<br />

nach Velbert und fand eine Stelle als Erzieherin im Kindergarten<br />

in Heiligenhaus in der Nähe von Velbert.<br />

Unten: (v.r.n.l.) Charlotte mit<br />

ihrem Mann Sigmund und ihrer<br />

Schwägerin Erika.<br />

Rechts: Teile der Familie Kreissl<br />

beim sonntäglichen Kirchgang in<br />

Stuppach vor dem Familienauto:<br />

(v.l.n.r.) Charlotte, Schwester<br />

Christa, Vater Erwin, Mutter<br />

Amalia, Bruder Erwin.<br />

Leider erkrankte sie sehr schwer und starb nach einem tapferen, mit<br />

großer Geduld ertragenen Kampf am 05.04.1993 im Krankenhaus in<br />

Velbert. In dieser Stadt ist sie auch beerdigt worden.<br />

Die Ehe blieb kinderlos. Ihr Mann Sigmund verstarb am 15.03.2014<br />

und wurde ebenfalls in Velbert beerdigt. u<br />

Text und Fotos: Erwin Kreissl<br />

232


233


Kreissl Siegfried<br />

Ich wurde als fünftes Kind meiner Eltern Erwin und<br />

Amalia am 25.03.1947 in Bad Mergentheim geboren.<br />

Meine Eltern waren Heimatvertriebene aus Charlottendorf<br />

im Kreis Mährisch Trübau im Sudetenland<br />

im heutigen Tschechien. Sie wurden ausgesiedelt<br />

und kamen am 19.06.1946 nach Stuppach bzw. nach<br />

Lustbronn zu Familie Linus Rupp und wurden im sog.<br />

„Hopfer Häusle“ einquartiert.<br />

Meine Geschwister Erwin, Edeltraud, Erika und Charlotte<br />

sind alle noch in der alten Heimat geboren und<br />

1952 kam meine Schwester Christa noch hinzu. Vom<br />

Frühjahr 1952 bis 1955 besuchte ich die Grundschule<br />

in Stuppach, danach die Volksschule in Bad Mergentheim<br />

bis zur Entlassung am 25.03.1961.<br />

Nahtlos begann ich eine dreijährige Lehre als Zimmermann<br />

und anschließend als Mauerer im Bau- und<br />

Zimmergeschäft meines Vaters, mit jeweiliger Gesellenprüfung<br />

am 19.05.1964 und 17.05.1966. Nach<br />

Abschluss der letzten Gesellenprüfung arbeitete ich in<br />

beiden Berufen im elterlichen Betrieb. Im Jahre 1966<br />

verlegte mein Vater den Betrieb von der „Neunkircherstraße<br />

7“ in das Gewebegebiet „Dainbacher Weg“<br />

in Bad Mergentheim.<br />

Im Januar 1968 wurde ich zum Wehrdienst nach<br />

Külsheim eingezogen. Aufgrund der schweren Erkrankung<br />

meines Vaters erfolgte im Mai 1968 die<br />

vorläufige Freistellung davon. Mein Vater verstarb am<br />

16.06.1968, woraufhin nach einigen Wochen meine<br />

Siegfried Kreissl bei seiner Einschulung im Jahr 1953<br />

234


Die Kreissl-Geschwister an Siegfrieds Erstkommunion<br />

im Mai 1956 (aufgen. von Herrn Pfarrer Bruno Hilsenbek)<br />

vor der Kapelle in Lustbronn.<br />

V.l.n.r.: Edeltraud (17 Jahre), Erika (12 Jahre), Siegfried<br />

mit Kerze (9 Jahre), Christa (4 Jahre), Erwin (18<br />

Jahre) und Charlotte (11 Jahre).<br />

235


Entlassung folgte. Aufgrund des Witwen- und Waisengesetzes<br />

durfte meine Mutter den Betrieb zwei Jahre<br />

ohne Meister weiter führen. Im Januar 1970 begann<br />

ich dann meine Ausbildung zum Maurermeister in<br />

Schwäbisch Hall und legte am 26.01.1970 die Meisterprüfung<br />

vor der Handwerkskammer Heilbronn mit<br />

Erfolg ab. Die Zeit meiner Ausbildung zum Meister<br />

war für meine Mutter sehr schwierig, da ich mich<br />

selbst nur an den Wochenenden um das Geschäft<br />

kümmern konnte. Sehr geholfen hat mir in dieser<br />

Zeit unser Vorarbeiter Alfred Hanisch, auch ein Heimatvertriebener,<br />

mein ältester Bruder Erwin sowie<br />

meine beiden Schwestern Edeltraud und Erika. Für<br />

all diese Unterstützung in der Übergangszeit bin ich<br />

allen sehr dankbar.<br />

Am 25.10.1969 heiratete ich Fräulein Christa Schwarz<br />

aus Wolfsbuch (Gemeinde Blumweiler, heute ein<br />

Stadtteil von Creglingen im Kreis Mergentheim, dem<br />

heutigen Main-Tauber-Kreis).<br />

Nach der Hochzeit zogen wir in die von meinem<br />

Vater auf das Betriebsgebäude gebaute Wohnung im<br />

Obergeschoss ein. Aus unserer Ehe gingen die Kinder<br />

Siegfried jun. (geb. am 10.02.1970) und Alexandra<br />

(geb. am 26.11.1973) hervor. Meine Ehe mit Christa<br />

wurde am 25.05.1993 geschieden.<br />

Linke Seite: Siegfried mit Frau Christa an ihrem Hochzeitstag 1969.<br />

Rechte Seite oben: Siegfried (Mitte) mit seiner Cousine Karla aus Kanada<br />

(links) und seiner Schwester Edeltraud (rechts) im Jahr 1999.<br />

Rechte Seite unten links: Siegfried (links) mit Bruder Erwin (rechts) im<br />

Pfarrgarten nach der Fronleichnamsprozession im Jahr 2000.<br />

Rechte Seite unten rechts:<br />

Siegfried bei der Feier seines 50. Geburtstaga im Jahr 1999.<br />

236


237


Von Januar 1970 bis Dezember 1971 war ich als<br />

geschäftsführender Maurermeister bei meiner Mutter<br />

beschäftigt. Ab 01.01.1972 habe ich den Betrieb<br />

zusammen mit meiner Frau übernommen. Ab dieser<br />

Zeit führte ich nur noch das Baugeschäft weiter und<br />

meldete das Zimmergeschäft ab. Der Betrieb wurde<br />

kontinuierlich ausgebaut, von anfangs fünf auf<br />

später 25 Beschäftigte. Infolge von vier Bauträger-<br />

<strong>Ins</strong>olvenzen innerhalb von zwei Jahren und den damit<br />

verbundenen Forderungsausfällen wurde auch ich am<br />

31.01.2001 in die <strong>Ins</strong>olvenz gezwungen. Seit dieser<br />

Zeit wird der Betrieb von mir nur noch im kleinen<br />

Rahmen weitergeführt, hauptsächlich in Form von<br />

kleinere Umbauten sowie Unterhaltungs- und Reparaturarbeiten.<br />

Mein Sohn Siegfried jun. legte nach seiner Schulzeit<br />

und Maurerlehre bei der Firma Greiner in Bad Mergentheim<br />

und weiterer Gesellentätigkeit bei der Lehrfirma<br />

und im elterlichen Betrieb im Jahr 1995/1996<br />

seine Maurermeisterprüfung vor der Handwerkskammer<br />

in Würzburg mit Erfolg ab. Seit 2011 ist er<br />

wieder als Meister im elterlichen Betrieb tätig.<br />

Meine Tochter Alexandra begann nach ihrem Realschulabschluss<br />

eine Ausbildung zur Werbekauffrau<br />

in der Marketingabteilung bei der Firma Bartec in<br />

Bad Mergentheim. Nach Abschluss ihrer Ausbildung<br />

arbeitete sie noch einige Jahre dort weiter, bevor<br />

sie zu einer großen Werbeagentur nach Frankfurt<br />

wechselte. 2012 schied sie auf eigenem Wunsch aus<br />

und wagte den Sprung in die Selbständigkeit als Ernährungsberaterin<br />

und der Einstieg ist ihr geglückt.<br />

Zurzeit ist sie noch ledig, die Hochzeit ist jedoch für<br />

2017 geplant. 2015 hat sie zusammen mit ihrem<br />

Lebenspartner, mit dem sie ihr Gewerbe betreibt, in<br />

Obertshausen in der Nähe von Frankfurt/Main ein<br />

kleines Wohnhaus erworben.<br />

2008 habe ich Frau Christina Holler aus Gerlachsheim<br />

(Stadtteil von Lauda-Königshofen) geheiratet und<br />

wir wohnen nun zusammen in ihrem Elternhaus in<br />

Gerlachsheim.<br />

In meiner Freizeit war ich bis Mitte der 1980er Jahre<br />

im Schützenverein in Igersheim aktiv. Außerdem war<br />

ich lange Jahre Fahnenträger bei der Fronleichnamsprozession<br />

in Bad Mergentheim. Auch spielte ich<br />

jahrelang Tennis, was aber leider durch eine Schulterverletzung<br />

seit 2016 so nicht mehr möglich ist.<br />

Ansonsten habe ich in meiner beschränkten Freizeit<br />

Spaß bei der Gartenarbeit sowie beim Wandern in<br />

der Umgebung und im Urlaub. u<br />

Textgrundlage: Siegfried Kreissl<br />

Fotos: Siegfried Kreissl, Erwin Kreissl<br />

Oben: Am 26.04.2008 auf dem Marktplatz in Bad Mergentheim: (v.l.nr.)<br />

Sohn Siegfried jun., Schwester Erika Ficker, Schwägerin Erika Kreissl,<br />

Schwester Edeltraud Fichter, Bruder Erwin Kreissl und Tochter Alexandra.<br />

Unten: Hochzeit von Siegfried (3.v.l.) und Christina Holler (2.v.l.) am<br />

26.04.2008 im Rathaus Bad Mergentheim, flankiert von den Brauteltern.<br />

238


239


Kreissl Christa<br />

Ich wurde 1952 in Bad Mergentheim geboren und<br />

bin das sechste Kind meiner Eltern. Vor mir kommt<br />

mein Bruder Siegfried, der ebenfalls in Bad Mergentheim<br />

geboren ist.<br />

Ich habe noch vier Jahre mit meinen Eltern und Geschwistern<br />

in Lustbronn gewohnt und bin mit den<br />

anderen Kindern von dort und aus Stuppach in den<br />

Kindergarten gegangen. Frau Hanisch, auch eine Heimatvertriebene<br />

aus Charlottendorf, holte uns immer ab.<br />

An Weihnachten 1956 zogen wir nach Bad Mergentheim<br />

ins neu gebaute Haus. Dort besuchte ich<br />

zunächst die Volks- und dann die Realschule im<br />

Töchterinstitut St. Bernhard. In Würzburg erlernte<br />

ich dann den Beruf der Kinderkrankenschwester und<br />

arbeitete 17 Jahre in der dortigen Uni-Kinderklinik.<br />

Im Juli 1987 bin ich dann zu meinem Lebensgefährten<br />

Ludwig Resch nach Nottau (Gemeinde Obernzell<br />

im Landkreis Passau) in dessen Eigenheim gezogen.<br />

Im Klinikum Passau arbeitete ich bis zu meinem Ruhestand<br />

im September 2015 als Krankenschwester.<br />

Mit einem großen Teil meiner Familie besuchte ich<br />

1986 den Heimatort meiner Eltern und der älteren Geschwister:<br />

Charlottendorf im Kreis Mährisch Trübau.<br />

In Brünn (Tschechische Republik) wohnt noch meine<br />

Cousine Elfriede Krupičkova, eine Tochter von Onkel<br />

Franz, dem älteren Bruder meines Vaters. u<br />

Textgrundlage: Christa Kreissl<br />

Fotos: Christa Kreissl, Erwin Kreissl<br />

240


Linke Seite: Christa Kreissl als Kind vor der Kapelle in Lustbronn.<br />

Unten: Großteil der Kreissl-Geschwister mit Eheleuten und Kinder<br />

bei einem „Geschwistertreffen“ im Jahr 1992 vor dem Elternhaus in<br />

Bad Mergentheim.<br />

Rechts: Mutter Amalia mit der kleinen Christa.<br />

241


Fritscher Anna<br />

Anna Fritscher (geb. Winkler) war die Mutter von Amalia Kreissl und<br />

wurde am 03.03.1877 im Sudetenland geboren. Sie wurde zusammen<br />

mit der Familie ihrer Tochter ausgesiedelt und ebenfalls bei Familie<br />

Linus Rupp in Lustbronn eingewiesen.<br />

Anna Fritscher<br />

Zu Hause im Sudetenland wohnte sie im Nachbarort Grünau und<br />

bewirtschaftete mit ihrem Mann Franz einen landwirtschaftlichen Hof.<br />

Nachdem sie den Hof aus Altersgründen bereits dem Sohn übergeben<br />

hatten, zogen beide in ihr „Ausgeding“ (Ruhesitz des Bauern). Ihr<br />

Ehemann Franz Fritscher war zum Zeitpunkt der Vertreibung bereits<br />

verstorben und wurde zu Hause in Grünau beerdigt.<br />

Frau Anna Fritscher verstarb am 02.05.1951 in Lustbronn und wurde<br />

in Stuppach beerdigt. u<br />

Text und Fotos: Erwin Kreissl<br />

242<br />

Gartenansicht des Wohnhauses von Anna<br />

Fritscher in Grünau (Aufnahme von 1990).


Familie Kreissl am „weißen Sonntag“ 1949<br />

Hintere Reihe v.l.n.r: Vater Erwin sen., Sohn Erwin jun., Mutter Amalia.<br />

Mittlere Reihe v.l.n.r.: Tochter Erika, Oma Anna Fritscher, Tochter Edeltraud<br />

Vordere Reihe v.l.n.r.: Sohn Siegfried (sitzend), Tochter Charlotte.<br />

243


Kreissl Franz<br />

Franz Kreissl ist ein Bruder von Erwin Kreissl sen. und wurde am<br />

04.11.1903 in Charlottendorf im Kreis Mährisch Trübau im Sudetenland<br />

geboren. Er erlernte den Beruf des Klavierbauers und arbeitete<br />

in Iglau (Stadt im Sudetenland). Hier lernte er auch seine spätere Frau<br />

Anna Müller (geb. 22.04.1909) kennen, die er am 23.07.1932 heiratete.<br />

Aus dieser Ehe ging die Tochter Elfriede hervor, die am 23.12.1932 geboren<br />

wurde.<br />

Franz Kreissl<br />

Bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges wohnte die Familie in Iglau.<br />

Franz Kreissl wurde zum Militärdienst eingezogen und gind nach Ende<br />

des Zweiten Weltkrieges nicht zurück nach Iglau, sondern ließ sich nach<br />

Westdeutschland entlassen. Er hatte gehört, dass alle Deutschen aus<br />

dem Sudetenland vertrieben werden sollten. Er kam mit seinen Soldatenkameraden<br />

nach Haid bei Wunsiedel.<br />

Seine Frau Anna und ihre Tochter Elfriede lebten weiter in Iglau und<br />

wurden nicht vertrieben. Die Tochter hatte zwischenzeitlich einen Tschechen<br />

geheiratet (15.06.1957), war nach Brünn gezogen und kümmerte<br />

sich um die Mutter in Iglau. Diese verstarb am 22.10.1990 in Luka und<br />

ist in Brünn beerdigt. Nachdem er die Anschrift seines jüngsten Bruders<br />

Erwin erfahren hatte, zog er am 20.09.1950 zu ihm und seiner Familie<br />

nach Lustbronn, wo er im an das „Hopfer Häusle“ angebaute Wohnhaus<br />

der Familie Linus Rupp wohnte.<br />

Arbeit fand er bei seinem Bruder Erwin als Schreiner bzw. als Helfer<br />

bei den Zimmerleuten. Die Fahrt zur Arbeitsstelle von Lustbronn nach<br />

Bad Mergentheim bewältigte er mit seinem Patzner Moped. Als Familie<br />

Erwin Kreissl in ihr neues Wohnhaus in Bad Mergentheim umzog, ging<br />

er mit ihnen mit. Am 10.01.1966 stürzte er und verstarb im Krankenhaus<br />

in Würzburg. Beerdigt wurde er in Bad Mergentheim auf dem Alten<br />

Friedhof im Familiengrab der Familie Erwin Kreissl. u<br />

Text und Fotos: Erwin Kreissl<br />

244


Franz Kreissl und Erika Kreissl (die Braut seines<br />

Neffen Erwin) mit Brautmädchen.<br />

V.l.n.r.: Franz Kreissl, Nichte Christa, Neffe Erwin<br />

245


Otto Kreissl<br />

Otto Kreissl wurde am 05.05.1907 in Charlottendorf im Kreis<br />

Mährisch Trübau im Sudetenland geboren. Er erlernte den Beruf<br />

des Metzgers und heiratete am 21.02.1932 Eleonore Wahl, geboren am<br />

25.10.1910 in Ketzin an der Havel (bei Berlin). Sie führten vor ihrer Vertreibung<br />

in der Kreisstadt Mährisch Trübau eine eigene Metzgerei.<br />

Otto Kreissl<br />

Aus dieser Ehe gingen die Tochter Karla (geb. am 23.12.1936) und<br />

Sohn Otto (geb. am 06.04.1943) hervor. Letzerer verstarb jedoch bereits<br />

am 01.08.1945 an Unterernährung. Über den weiteren Lebensweg<br />

von Otto Kreissl ist zunächst nichts bekannt. Tochter Karla absolvierte<br />

zunächst eine Ausbildung zur Krankenschwester und war danach<br />

einige Zeit bei den amerikanischen Besatzungsmächten in Wertheim<br />

beschäftigt, bevor sie nach Kanada auswanderte. Dort heiratete sie am<br />

10.12.1960 den Ungar Imre Hipsagh.<br />

Im Jahre 1950 zog Otto Kreissl überraschend zu seinen Brüdern Erwin<br />

und Franz nach Lustbronn. Er lebte und aß, wie sein Bruder Franz, im<br />

Kreise der Familie seines Bruders Erwin und hatte seine Bleibe im an<br />

das „Hopfer Häusle“ angebaute Wohnhaus der Familie Linus Rupp, wo<br />

auch schon sein älterer Bruder Franz wohnte.<br />

V.l.n.r.: Neffe Erwin Kreissl jun.,<br />

Ehefrau Eleonore Kreissl, Otto<br />

Kreissl, davor Nichte Christa<br />

Kreissl, Schwägerin Amalia Kreissl<br />

und Bruder Franz Kreissl. Aufnahme<br />

von Erwin Kreissl sen.<br />

Rechte Seite:<br />

Früherer Laden von Otto Kreissl<br />

am Marktplatz in Mährisch<br />

Trübau, heute Potravin. Aufnahme<br />

aus dem Jahr 1956.<br />

246


Otto arbeitete längere Zeit bei seinem Bruder Erwin<br />

als Bauhilfsarbeiter mit, bis er eines Tages nach<br />

Ostberlin zurück ging. Später siedelte sich dann die<br />

Familie Otto Kreissl in Königheim im Kreis Tauberbischofsheim<br />

(heute Main-Tauber-Kreis) an und eröffnete<br />

eine Metzgerei.<br />

Seine Frau Eleonore verstarb am 16.01.1969 im<br />

Alter von 59 Jahren in der Frauenklinik Carolinum<br />

in Bad Mergentheim und wurde auf dem Friedhof in<br />

Königheim beerdigt. Otto Kreissl verstarb im Alter<br />

von 66 Jahren am 10.03.1973 im Kreiskrankenhaus in<br />

Tauberbischofsheim und wurde ebenfalls in Königheim<br />

beerdigt. u<br />

Text und Fotos: Erwin Kreissl<br />

247


Das Anwesen der Familie Wolf in Grünau<br />

Familie Wolf Viktor<br />

und Wilhelmine<br />

mit den Kindern Wilhelmine und Irma<br />

(wohnhaft in Stuppach)<br />

Vater Viktor Wolf<br />

Mutter Wilhelmine Wolf<br />

248


Das Anwesen der Familie Wolf in Grünau<br />

Wolf Viktor und Wilhelmine<br />

Wilhelmine Wolf wurde am 10. Oktober 1913<br />

geboren. Sie wurde im Jahre 1946 zusammen<br />

mit ihrer Tocher Wilhelmine (damals 6 Jahre alt), und<br />

der kleinen Schwester Irma (damals 4 Jahre alt) aus<br />

der angestammten Heimat Grünau im Kreis Mährisch<br />

Trübau im Sudetenland (ehemals in der Tschechoslowakei,<br />

heute Tschechische Republik) vertrieben.<br />

Vater Viktor Wolf, geb. am 20.07.1913, fiel 1944 im<br />

Krieg. Über die Lager in Mähr. Trübau, Zwittau und<br />

Backnang (Deutschland) kam die Familie nach Bad<br />

Mergentheim und wurde am 19.06.1946 in Stuppach<br />

angesiedelt. Sie wurde bei Hans Bauer zwangseingewiesen<br />

und hatte lediglich zwei Räume für fünf<br />

Personen zur Verfügung.<br />

<strong>Ins</strong>gesamt mussten sie noch drei weitere Male<br />

umziehen. Zunächst zogen sie ins Armenhaus der Gemeinde,<br />

dann zu Fam. Josef Kohlschreiber und dann<br />

zu Fam. Josef Renner. Um alle versorgen zu können,<br />

arbeitete die Mutter bei den Bauern in der Landwirtschaft<br />

mit. 1955 baute die Mutter in Stuppach ein Einfamilienwohnhaus<br />

mit ausgebautem Dachgeschoss, in<br />

249


dem alle zusammen wohnten. Im Jahre 1976 verstarb sie im Alter von 63<br />

Jahren und wurde in Stuppach beerdigt.<br />

Mit der Familie wurde die Oma mütterlicherseits, Frau Maria Hekele<br />

(geb. Just, am 06.08.1887) und die Urgroßtante Frau Aloisia Weiss (geb.<br />

Klog, am 30.07.1882) zusammen ausgesiedelt bzw. vertrieben. 1960<br />

verstarb Letzere im Alter von 78 Jahren und 1973 Oma Maria Hekele im<br />

Alter von 86 Jahren. Beide wurden ebenfalls in Stuppach beerdigt. u<br />

Hekele Maria<br />

Textgrundlage: Wilhelmine Oehling (geb. Wolf)<br />

Fotos: Wilhelmine Oehling, Erwin Kreissl<br />

Weiss Aloisia<br />

250


Wolf Wilhelmine jun. (verh. Oehling)<br />

Mein Name ist Wilhelmine Oehling, geb. Wolf am<br />

15.06.1940 in Grünau im Kreis Mähr. Trübau<br />

im Sudetenland. Nach der Ansiedlung in Stuppach<br />

ging ich auch dort in die damalige Volksschule, die<br />

im Rathaus untergebracht war, weil die eigentliche<br />

Schule durch die letzten Tage der Kriegswirren nicht<br />

mehr für den Unterricht zur Verfügung stand. Nach<br />

der Volksschule ging ich in Bad Mergentheim in die<br />

Handelsschule von St. Bernhard und bekam anschließend<br />

eine Stelle als Angestellte in der Volksbank in<br />

Bad Mergentheim.<br />

Foto rechts:<br />

Wolf Wilhelmine<br />

Foto unten:<br />

Irma Wolf mit der Schwägerin<br />

ihrer Schwester Wilhelmine<br />

(v.l.n.r.)<br />

Im Jahre 1961 heiratete ich Herrn Franz Oehling<br />

aus Wachbach im Kreis Mergentheim und wir wohnten<br />

in meinem Elternhaus. Aus unserer Ehe gingen<br />

fünf Kinder (zwei Söhne und drei Töchter) hervor.<br />

Nach meiner Hochzeit 1961 schied ich aus den Diensten<br />

der Volksbank aus und widmete mich der Kindeserziehung<br />

und der Familie.<br />

Alle Kinder sind inzwischen aus dem Haus und<br />

haben eigene Familien gegründet. Mein Mann und<br />

ich verbringen unseren Lebensabend gemeinsam in<br />

unserem Elternhaus. u<br />

Textgrundlage & Fotos: Wilhelmine Oehling (geb. Wolf)<br />

Foto links:<br />

Richtfest 1955: v. l. Herr Jani und Herr Akazi aus Rengershausen, Herr Kurt<br />

Reis Zimmermann aus Bad Mergentheim, Herr Buchner aus Rengershausen,<br />

Renner Alois Maurerlehrling Rengershausen, stehend Zimmermann<br />

Erwin Kreissl Bad Mergentheim, Bauherrin Frau Wilhelmine Wolf, dahinter<br />

die Tochter Wilhelmine, nur mit Kopf und schwarzem Hut, Erwin Kreissl<br />

sen. Bau- und Zimmermeister, mit Schifferklavier, Maurerpolier Franz Östreicher<br />

aus Rengershausen und Maurer Franz Laaber aus Assamstadt.<br />

251


Geschwister Wilhelmine und Irma Wolf (v.l.n.r.)<br />

Wolf Irma (verh. Moik)<br />

Mein Name ist Moik Irma, geborene Wolf am<br />

10.01.1943 in Grünau im Kreis Mähr. Trübau im<br />

Sudetenland. Meine Schulausbildung absolvierte ich,<br />

wie meine Schwester Wilhelmine, in der Volksschule<br />

in Stuppach.<br />

Dann erlernte ich den Beruf der Verkäuferin im<br />

Obst- und Gemüsegeschäft Frank am Schloss in Bad<br />

Mergentheim. Das Geschäft wurde inzwischen von<br />

den Eheleuten Frank aus Altersgründen aufgegeben.<br />

Heute befindet sich darin ein kleines Cafe mit Straßenbewirtung.<br />

1964 ging ich nach Österreich, da wir Verwandte in<br />

Wien hatten. Dort arbeitete ich zunächst mit, bevor<br />

ich dies wieder in einem Feinkostgeschäft in Wien tat.<br />

1971 heiratete ich in Wien einen Österrreicher, Herrn<br />

Ferdinand Moik. Nach der Hochzeit kauften und<br />

betrieben wir auf Rentenbasis in Eckartsau in Niederösterreich<br />

das Gasthaus „Zum Jagdschloss“. Leider<br />

verstarb mein Mann bereits am 11.11.1992. Daraufhin<br />

schloss ich die Gaststätte. Wir wollten verkaufen,<br />

weil mein Sohn in Wien eine Stelle in der Gastronomie<br />

bekam. Leider fanden wir erst viel später einen<br />

Käufer.<br />

Aus unserer Ehe gingen zwei Kinder hervor, ein<br />

Sohn und eine Tochter. Heute wohne ich bei meinem<br />

Sohn in seinem Eigenheim in Eckartsau in Niederösterreich<br />

und verbringe hier meinen Lebensabend.<br />

Unsere Tochter ist ebenfalls verheiratet und wohnt in<br />

meiner Nähe. u<br />

Textgrundlage & Fotos: Wilhelmine Oehling (geb. Wolf)<br />

252


Das Elternhaus der Familie Wolf in Stuppach<br />

253


Irma Moik (geb. Wolf) mit ihrem<br />

Sohn Otmar auf dem Arm<br />

Hochzeitsfoto von Irma Moik (geb. Wolf)<br />

und Ihrem Gatten Ferdinand<br />

254


Irma Wolf (sitzend, dritte von links) beim 10.-jährigen Jubiläum der Trachtenkapelle<br />

Stuppach (1964)<br />

Hochzeitsfoto von Engelbert und Emma Just (geb. Winkler)<br />

Familie Just Engelbert und Emma<br />

(wohnhaft in Stuppach)<br />

Just Engelbert (geb. am 03.11.1902) war ein Bruder<br />

von Frau Hekele. Er und seine Frau Emma (geb.<br />

Winkler am 10.01.1913) wurden zusammen mit dem<br />

Rest der Familia Wolf ausgesiedelt, kamen ebenfalls<br />

nach Stuppach und wurden bei Fam. Anton Haag<br />

einquartiert. Um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten<br />

arbeiteten beide in der Landwirtschaft. Die Ehe blieb<br />

kinderlos. Später zogen beide zu einem Bruder von<br />

Emma nach Hessen. Inzwischen sind beide verstorben.<br />

u<br />

Textgrundlage & Fotos: Wilhelmine Oehling (geb. Wolf)<br />

255


Die Geschichte der Schwarzmeerdeutschen<br />

Schwarzmeerdeutsche werden die Bewohner<br />

ehemals deutscher Siedlungen am Nordufer des<br />

Schwarzen Meeres genannt. Diese Siedlungen liegen<br />

in der Region zwischen dem Bug im Westen und dem<br />

Nordkaukasus im Osten. Seit 1765 wanderten viele<br />

Deutsche aus West- und Südwestdeutschland, seit<br />

1789 auch westpreussische Mennoniten in die nördliche<br />

Schwarzmeerregion ein. In Neurussland wurden<br />

viele Siedlungen im Süden des damaligen Zarenreichs<br />

nahe der Hafenstadt Odessa gegründet. Wegen ihrer<br />

gemeinsamen Geschichte werden Schwarzmeerdeutsche<br />

zu den Russlanddeutschen gezählt.<br />

Karte der deutschen Siedlungsgebiete im Russischen Reich vor 1917.<br />

Auswanderung<br />

Das südrussische Gebiet hatte Katharina II. durch<br />

zwei Kriege mit dem Osmanischen Reich (1768–<br />

1774) und der Annexion des Krimkhanats (1783)<br />

für das Russische Reich hinzugewonnen. Durch den<br />

Frieden von Jassy fiel auch das dünn besiedelte Gebiet<br />

zwischen Bug und Dnister an Russland. In diese<br />

Region wanderten auch zahlreiche aus dem Osmanischen<br />

Reich ausgewanderte Bulgaren, Griechen und<br />

Rumänen ein.<br />

256


Die ersten deutschen Auswanderer aus dem<br />

Südwesten (Württemberg, Baden, Elsass, Lothringen,<br />

Pfalz) trafen 1803 ein, gerufen von Alexander<br />

I. (Russland). Es waren neun Transporte mit etwa<br />

1.100 Personen, darunter die Hälfte Kinder. Ab Galatz<br />

ging es auf dem Landweg weiter nach Dubossary. Die<br />

Reisezeit betrug rund 80 Tage. Nach einer Quarantänezeit<br />

ging es weiter nach Odessa, wo sie das Neurussische<br />

Fürsorgekontor betreute.<br />

Ansiedlung<br />

Der 17.Oktober 1803 gilt als Gründungstag der<br />

schwarzmeerdeutschen Kolonien bei Odessa. Zar Alexander<br />

I. kaufte an diesem Tag Land für die Kolonisten<br />

an. Im Frühjahr 1804 entstanden Großliebental<br />

und Kleinliebental als erste Ansiedlungen. Weitere<br />

Ansiedlungen folgten.<br />

1808 erfolgte eine zweite Einreisewelle die zur<br />

Gründung weiterer Kolonistenbezirke führte. Die<br />

russische Regierung hatte bereits die Einwanderungsquote<br />

auf 200 Familien im Jahr gesenkt, um<br />

alle Neuansiedler sachgerecht versorgen zu können.<br />

Das Siedlungsgebiet der deutschen Auswanderer<br />

war nicht so kompakt angelegt wie das Wolgagebiet,<br />

sondern das Kerngebiet einer ganzen Kette von Kolonien.<br />

Die russische Verwaltung stellte den deutschen<br />

Auswanderern zwischen 1804 und 1809 rund 72.000<br />

Desjatinen (eine russische Flächengröße) Land zur<br />

Verfügung.<br />

Umsiedlung, Flucht und Vertreibung<br />

Als den deutschen Siedlungsgebieten und den<br />

verbliebenen Krimdeutschen die Wiedereroberung<br />

durch die sowjetische Armee drohte, begannen die<br />

SS-Dienststellen die Deutschen als Administrativumsiedler<br />

in sieben Aktionen in „volksdeutsche Bereiche“<br />

umzusiedeln. Die deutschstämmigen Bauern<br />

stellten Trecks zusammen mit denen rund 228.000<br />

Personen ins „Altreich“ und in den Reichsgau Wartheland<br />

gelangten.<br />

257


Die sogenannte Schwarzmeeraktion betraf als fünfte Aktion der Umsiedlungsaktionen<br />

rund 73 000 deutschstämmige Personen und dauerte<br />

von August 1943 bis Mai 1944.<br />

Die größte und siebte Aktion war die Rückführung der Transnistriendeutschen<br />

(Gouvernement Transnistrien, ein von Rumänien besetztes<br />

Gebiet, das zuvor zur Sowjetunion gehört hatte), die ca. 135.000 Personen<br />

betraf. Die Aktion begann im Februar 1944 und endete Anfang Juli<br />

des Jahres. Am 14. März 1944 wurde der Befehl zum Abmarsch für das<br />

erste deutsche Dorf gegeben und am 28. März 1944 hatten die letzten<br />

Volksdeutschen ihre Heimat verlassen.<br />

Teilweise zu Fuß und nur mit dem<br />

Nötigsten waren die Menschen<br />

auf der Flucht.<br />

In zwei Trecks (Nord- und Südtreck) ging es in Richtung Westen. Sie<br />

kamen nach rund drei Monaten im Warthegau an. Dort erreichte sie im<br />

Winter 1945 erneut die Rote Armee. Die Schwarzmeerdeutschen flüchteten<br />

wie die übrigen dort lebenden Deutschen in Flüchtlingstrecks<br />

Richtung Westen. Damit teilten sie das Schicksal vieler anderer Heimatvertriebener<br />

nach der Flucht in die vier Besatzungszonen auf deutschem<br />

Boden. Die Dorfgemeinschaften und teilweise auch die Familienverbände<br />

hatten sich aufgelöst.<br />

258


Diejenigen die nicht nach Westen fliehen konnten und in den Einflussbereich<br />

der Roten Armee kamen, wurden von der Sowjetunion vereinnahmt.<br />

Diejenigen, die in den Westen fliehen, aber nicht untertauchen<br />

konnten, wurden von den Westalliierten (Briten und US-Amerikanern)<br />

als Displaced Person (engl. für eine „Person, die nicht an diesem Ort<br />

beheimatet ist“) den sowjetischen Militärbehörden ausgeliefert; wenn<br />

sie einen der fünf Kriterien der Konferenz von Jalta entsprachen, wurden<br />

sie ohne Rücksicht auf ihre individuellen Wünsche zwangsrepatriiert (so<br />

nannte man in der Nachkriegszeit die organisierte Rückführung entwurzelter,<br />

versprengter Menschen in den Staat, dessen Bürger sie waren).<br />

In den Augen Josef Stalins galten alle sowjetischen Bürger, die sich<br />

während des Zweiten Weltkriegs aus welchen Gründen auch immer zeitweise<br />

außerhalb des UdSSR aufgehalten hatten, als „Vaterlandsverräter“<br />

und „engste Kollaborateure des Naziregimes“ und sollten dementsprechend<br />

behandelt werden.<br />

Im Rahmen der Operation Keelhaul wurden zwischen 1943 und 1947<br />

rund zweieinhalb Millionen Menschen, die aus dem Gebiet der Sowjetunion<br />

stammten, dorthin zurückgeschickt. Viele dieser Menschen kamen<br />

ums Leben, durch Selbstmord oder auch durch Hinrichtung. Andere wurden,<br />

entgegen dem Versprechen wieder in der alten Heimat angesiedelt<br />

zu werden, in „neue Ansiedlungsgebiete“, vor allem nach Sibirien und<br />

nach Kasachstan gebracht und dort in Sondersiedlungen oder Arbeitslager<br />

eingewiesen.<br />

Eine Rückkehr nach Deutschland blieb ihnen lange verwehrt, weil die<br />

Sowjetunion sie als sowjetische Flüchtlinge ansah. Eine Heimkehr in ihr<br />

früheres Siedlungsgebiet am Schwarzen Meer blieb ihnen ebenso nicht<br />

erlaubt. Viele wurden in Viehwaggons nach Kasachstan gewaltsam deportiert<br />

und kamen von dort erst in den 1980er Jahren als Spätaussiedler<br />

nach Deutschland. u<br />

Text: Erwin Kreissl auf Grundlage von Wikipedia<br />

Fotos: wolgadeutsche.net, welt.de<br />

259


Familie Högele Sebastian und Katharina<br />

mit Sohn Eugen (wohnhaft in Lillstadt)<br />

Sebastian Högele wurde am 13.01.1900 geboren,<br />

seine Frau Katharina am 19.06.1914.<br />

Die lange und harte Reise begann im Frühling 1944,<br />

als sie den Befehl vom Deutschen Militär erhielten,<br />

dass alle Deutschen aus Weidenberg Odessa nach<br />

Deutschland ausreisen müssen. Sohn Eugen war gerade<br />

geboren (20.03.1944) als die Flucht begann. Der<br />

Konvoi aus Pferdewagen (Treck) zog stetig und man<br />

durfte nicht stehen bleiben oder zurückfallen. Der<br />

Weg als Vertriebene führte die Familie durch fremde<br />

Länder, bis sie endlich in Deutchland ankamen. Die<br />

lange Reise fort von der Heimat vollzogen sie zusammen<br />

mit den Geschwistern.<br />

Die Familie kam zunächst in die Gemeinde Nassau<br />

im Kreis Mergentheim und übersiedelte dann<br />

am 25.03.1947 nach Stuppach. Dort wurde sie dann<br />

bei einer Familie in Lillstadt eingewiesen. Die Geschwister<br />

siedelten sich ebenfalls in der Gegend an.<br />

Sebastian war der Älteste von seinen Geschwistern,<br />

die allesamt ohne Eltern aufwuchsen, weil diese<br />

260<br />

Familienbild der Högeles unbekanntenm Datums. (V.l.n.r.) Mutter Katharina,<br />

Vater Sebastian und Sohn Eugen.


ereits in jungen Jahren verstarben. Er war eine Art<br />

“Vater-Figur” für seine acht Geschwister. Ein Bruder<br />

und eine Schwester konnten nicht nach Deutschland<br />

emigrieren. Als Erwachsener war er so etwas wie das<br />

“Familienoberhaupt” des Högele-Clans.<br />

In der Heimat war Sebastian ein diplomierter Tierund<br />

Viehzüchter. In Lillstadt fuhr er täglich mit dem<br />

Fahrrad in die Brauerei Klotzbücher nach Bad Mergentheim<br />

zur Arbeit. Es war nicht derselbe Beruf wie<br />

als Viehzüchter, aber es gab Brot auf den Tisch. Katharina<br />

war die Hausfrau und zog Eugen auf. Das Leben<br />

war gut und die Familie war munter und dankbar. Es<br />

war eine neue, aber eben nicht die alte Heimat. Vertriebene<br />

können das leicht verstehen, Einheimische<br />

nicht so leicht.<br />

Im Heimatland war die Familie Bauern (Landwirte).<br />

Jetzt als Vertriebene, im Krieg alles verloren und<br />

in einem neuen (fremden) Land, strebten sie nach<br />

einem neuen Leben für sich selber, aber noch mehr<br />

für das ihres Kindes. Die Regierung unterstütze bei<br />

den Übersiedlungen aber sie suchten mehr Freiheit.<br />

Sie hatten Verwandte in Amerika die sie im Jahr<br />

1951 einluden nach Kansas, North Dakota oder nach<br />

Illinois zu ziehen. Manche der Geschwister wanderten<br />

bereits 1951 und 1952 nach Amerika aus.<br />

Die vergangenen Kriegsjahre hatten der Gesundheit<br />

von Sebastian schwer zu schaffen gemacht. Es nahm<br />

sehr viel Zeit und Geduld in Anspruch für Sebastians<br />

Familie zu warten, bis endlich die Neuigkeit für die<br />

Sohn Eugen Högele auf einem Klassenfoto aus der Unterklasse seiner<br />

Schulzeit in Stuppach (Quelle: Erika Ficker, geb. Kreissl)<br />

261


Ausreise nach Amerika kam. Am 14.10.1956 zog die<br />

ganze Familie nach Amerika, ohne eine Ahnung zu<br />

haben, was die Zukunft bringen wird. Es war für sie<br />

nicht leicht und sie machten sich viele Gedanken über<br />

ihre Existenz in der neuen Welt.<br />

Die Fahrt mit dem Schiff von Bremerhaven nach<br />

Amerika dauerte zehn Tage. Mit dem Zug ging die Reise<br />

weiter nach Kansas, dann nach Aurora und Illinois<br />

zum großen Zusammentreffen der Verwandten.<br />

Nach kurzer Zeit fand Sebastian Arbeit in einer<br />

Wälzlager-Fabrik und Katharina in einem Krankenhaus.<br />

Sohn Eugen hatte bereits in Deutschland in der<br />

Schule begonnen die englische Sprache zu lernen. Das<br />

neue Leben in Amerika gab ihnen viel Hoffnung für<br />

die Zukunft, aber nach einiger Zeit wurde Sebastian<br />

erneut krank und verstarb im Jahre 1958 mit 58 Jahren,<br />

genau wie sein Vater.<br />

Das Leben ging weiter, Katharina arbeitete im<br />

Krankenhaus und Sohn Eugen besuchte die Privat-<br />

Hochschule und dann die Marquette University in<br />

Milwaukee, Wisconsin. Er war ein strebsamer und<br />

guter Student und machte seinen Abschluss als Dipl.-<br />

Ingenieur in der Fachrichtung Elektrik. Vier Jahre<br />

nach Abschluss seines Studiums heiratete Eugen im<br />

Jahr 1979 Frau Jane Nettesheim. Aus dieser Ehe gingen<br />

zwei Töchter hervor.<br />

Als sie 18 Jahre waren, gingen die Töchter auf die<br />

Universität in Wisconsin und bekamen vier Jahre später<br />

ihr Diplom. Danach heirateten sie und bekamen<br />

zwei Kinder. Die Großeltern waren sehr stolz auf sie.<br />

Mutter Katharina starb im Jahre 1990. Eugen hatte<br />

sich ein neues Hobby zugelegt, das Fliegen von Kleinflugzeugen.<br />

Es war auch bekannt, dass Eugen eine<br />

gute Sängerstimme hatte und damit für viel Freude<br />

im Freundeskreis sorgte. Bei einem Flugunfall erlitt<br />

er schwere Verletzungen, trotzdem lebte er noch viele<br />

Jahre weiter. Der Flugunfall war letztlich Schuld an<br />

seinen jungen Tod mit 59 Jahren im Jahre 2003. Seine<br />

Frau Jane starb im Jahr 2007.<br />

Sie gehörten beide dem katholischen Glauben an<br />

und die Familie stand treu zu ihrem Herrgott, ihr<br />

ganzes Leben lang.<br />

Ruhet in Frieden.<br />

u<br />

Textgrundlage & Foto: Pius Nold<br />

Högele Willibald<br />

Willibald Högele aus Weidenberg/Odessa war<br />

landwirtschaftlicher Arbeiter und kam nach<br />

seiner Vertreibung/Flucht am 05.06.1950 nach Sicherthausen,<br />

einem Ortsteil der Stadt Niederstetten<br />

im Kreis Mergentheim. Er zog am 15.08.1950 nach<br />

Stuppach, meldete sich hier am 16.08.1950 an und<br />

wurde bei Familie Alfons Möhler in Lustbronn eingewiesen.<br />

Weitere Informationen über seinen Lebensweg<br />

waren nicht auffindbar. u<br />

Textgrundlage: Erwin Kreissl (nach Angaben des Einwohnermeldeamtes<br />

der Stadt Niederstetten und dem Anmeldebuch<br />

der Gemeinde Stuppach)<br />

262


Högele Theodor und Christine<br />

Högele Theodor wurde am 21.08.1903 in Weidenberg<br />

im Kreis Odessa geboren, seine Ehefrau<br />

Christine (geb. Müller) am 10.05.1903 in Elsas<br />

Russland. Die Eheschließung erfolgte am 09.11.1932<br />

in Weidenberg. Ihr Sohn Eugen kam am 26.12.1933 in<br />

Weidenberg Kreis Odessa auf die Welt und ihre Tochter<br />

Emma am 10.08.1935 an gleicher Stelle.<br />

Ihre Flucht endete am 11.09.1945 in Nassau im<br />

Kreis Mergentheim. Sie wohnten dort in der Vorstadtstraße<br />

116. Am 15.08.1951 wanderte die gesamte<br />

Familie in die USA aus. u<br />

Textgrundlage: Erwin Kreissl (nach Angaben des Einwohnermeldeamtes<br />

der Stadt Weikersheim bzw. von Herrn<br />

Kurt Kröttinger, Ortsvorsteher von Nassau)<br />

Seit 1886 heißt die Freiheitstatue auf Liberty Island direkt vor New York<br />

Besucher und vor allem USA-Einwanderer willkommen.<br />

(Quelle: thecharitywedding.com)<br />

263


Högele Walburga<br />

Textgrundlage und Foto:<br />

Pius Nold<br />

Högele, Walburga (geb. am. 08.10.1905 in Weidenberg/Odessa)<br />

war ursprünglich Hausangestellte.<br />

Auf der langen und harten Flucht aus der alten<br />

Heimat nach Deutschland hatte sich Walburga ihren<br />

Geschwistern angeschlossen. Sie war ledig und hatte<br />

sich eines jungen Neffen angenommen, den sie versorgte.<br />

Die Flucht begann im Frühling 1944 bis zum<br />

01.11.1948, als sie in Stuppach ankam. Es ist nicht<br />

bekannt, bei wem sie eingewiesen wurde. Sie fand Arbeit<br />

in der Kurhausküche in Bad Mergentheim, wohin<br />

sie dann auch am 17.04.1950 zog. Manches Wochenende<br />

war sie zu Gast bei ihrer Schwester Barbara<br />

Nold und damit auch bei Familie Gerner in Lustbronn.<br />

Es war immer eine schöne Zeit und die Kinder freuten<br />

sich immer auf den Besuch von Tante Walburga, die<br />

eine gute Köchin und Schneiderin war.<br />

1955 wanderten ihre Geschwister in die USA aus.<br />

Am 01.10.1956 bekam auch sie die Gelegenheit dazu,<br />

um mit ihren Geschwistern wieder zusammen zu<br />

sein. Die Schiffsreise ging von Bremerhaven nach New<br />

Orleans, dann nach Kansas und von dort nach Illinois.<br />

Zunächst arbeitete sie in einer Fabrik am Band, bis es<br />

ihr gesundheitlich zu viel wurde. Sie fand daraufhin<br />

Arbeit in der Küche eines Krankenhauses. Dort blieb<br />

sie, bis sie in Rente ging. Walburga hatte ein ruhiges<br />

Wesen und man konnte sich lange mit ihr unterhalten.<br />

Wenn sie nicht an der Nähmaschine saß, war sie<br />

im Garten um ihre Blumen zu versorgen. Sie blieb<br />

ihr ganzes Leben ledig. Ihr Neffe, dem sie sich angenommen<br />

hatte, heiratete 1959 und schenkte ihr drei<br />

Enkelkinder. Die „Großmutter“ war sehr stolz darüber<br />

und die Kinder waren für sie die größte Freude.<br />

Wieder in der Nähe ihrer Geschwister zu sein war für<br />

Walburga sehr wichtig und sie schätzte die Gemütlichkeit<br />

in der „Großfamilie“.<br />

Sie besuchte regelmäßig den katholischen Gottesdienst<br />

und war ihrem Herrgott treu geblieben. Am<br />

27.10.1992 verstarb sie und wurde ganz in der Nähe<br />

ihres Wohnortes beerdigt. u<br />

Anmerkung des Autors:<br />

Aus dem privaten Briefverkehr zwischen Frau Walburga<br />

Högele und Frau Martha Braun geb. Gerner aus<br />

den Jahren bis 1960 geht hervor, dass Frau Högele sehr<br />

oft an Familie Gerner in Lustbronn denken musste sowie<br />

an ihre frühere Arbeitsstelle im Kurhaus in Bad Mergentheim<br />

(wahrscheinlich empfand sie „Heimweh“).<br />

Aus dem privaten Briefverkehr zwischen Frau<br />

Barbara Nold und Frau Martha Braun geb. Gerner,<br />

aus Lustbronn geht hervor, dass Frau Högele in den<br />

späteren Lebensjahren pflegebedürftig war jedoch die<br />

notwendige täglich Hilfe erhielt.<br />

264


Chicago ist die Hauptstadt des US-Staates Illinois, in dem Walburga Högele<br />

am Ende Ihrer Auswanderung schließlich landete.<br />

(Quelle: acbl.org)<br />

265


Nold Josef und Barbara<br />

Josef (geb. am 10.05.1910) und Barbara (geb. am<br />

29.05.1909) heirateten 1936 um gemeinsam ihr Leben<br />

aufzubauen. Aus dieser Ehe gingen zwei Mädchen<br />

(Melitta und Philomena) und ein Junge (Pius) hervor.<br />

In ihrer Heimat in Odessa in der Ukraine hatten sie<br />

ein eigenes Haus. Sie waren Kleinbauern, aber die<br />

Großeltern waren Großgrundbesitzer auf dem Lande<br />

und hatten Vieh und Pferde.<br />

Familie Nold Josef und Barbara<br />

mit den Kindern Melitta, Pius und Philomena<br />

(wohnhaft in Lustbronn)<br />

Im März 1944 flüchteten sie aus ihrer Heimat, als<br />

die Deutsche Armee zurück fiel, nach Deutschland.<br />

Vater Josef wurde in die deutsche Armee eingezogen.<br />

Bevor der Krieg zu Ende war, geriet er in russische<br />

Gefangenschaft, wurde krank und starb 1947 in<br />

Kriegsgefangenschaft. Diese Nachricht erhielt die<br />

Familie erst Jahre später vom Deutschen Roten Kreuz.<br />

Er wusste nichts von ihnen und sie nichts von ihm.<br />

Mutter Barbara musste mit ihren drei Kindern der<br />

deutschen Armee wegen nach Deutschland ziehen<br />

und sie kamen in die Gegend von Mecklenburg, mit<br />

Nichts, als den Kleidern am Leib.<br />

266


Zunächst begann die Flucht mit Pferd und Wagen, beladen mit Lebensmitteln<br />

und dem Notwendigsten zum Leben. Der Krieg hatte sie aus<br />

ihrer Heimat gerissen und sie verloren dabei alles. Drei Monate waren<br />

sie unterwegs, immer hin und her gezogen vor der deutschen und der<br />

russischen Armee. Die Flucht war sehr anstrengend, stets die Angst im<br />

Nacken wo sie wohl landen werden.<br />

Sie lebten als Kriegsverzogene (Flüchtlinge) in der Mecklenburgischen<br />

Landschaft von 1944 bis 1947, in der sogenannten Russischen Zone.<br />

Geschwister der Eltern hatten sich bereits früher schon nach Westdeutschland<br />

abgesetzt und mit ihrer Hilfe erhielten alle Reiseausweise<br />

nach Westdeutschland. Als 1947 Mutter Barabara mit ihren drei kleinen<br />

Kindern durch Ostberlin zum Bahnhof zog, um nach Westdeutschland zu<br />

übersiedeln, kamen ihr die drei Jahre Kriegswirren und Flucht wieder<br />

schmerzhaft in Erinnerung.<br />

Mit dem Zug von Ostberlin kamen sie am 01.04.1947 über Bad Mergentheim<br />

nach Lustbronn und wurden bei Fam. Franz Gerner einquartiert.<br />

Die „Wohnung“ bestand aus einem Zimmer, das als Bad, Schlaf-,<br />

Ess- Wohn- und Kochraum diente und das in einem großen Haus. Für<br />

den Lebensunterhalt erhielten sie Stempelgeld vom deutschen Staat, zur<br />

Bezahlung der Miete, der Kleidung und Lebensmittel. Über der Hauptstraße<br />

gelegen, erhielten sie von Fam. Gerner einen kleinen Garten für<br />

den Gemüseanbau. Es war selbstverständlich, dass Mutter Barbara in der<br />

Landwirtschaft bei Fam. Gerner mitarbeiten musste. Die Kinder spielten<br />

mit den anderen heimatvertriebenen und einheimischen Kindern zu-<br />

Hintergrund: Kansas, die erste Station der<br />

Familie Nold in den USA ist landwirtschaftlich<br />

geprägt und auch als „Kornkammer Amerikas“<br />

bekannt.<br />

Links oben: Familie Nold (v.l.n.r.): Tochter Melitta,<br />

Mutter Barbara, Tochter Philomana, Vater<br />

Josef und Sohn Pius (noch vor der Flucht).<br />

Rechts oben: Familie Nold ohne Vater (v.l.n.r.):<br />

Hintere Reihe Töchter Melitta und Philomena,<br />

Vordere Reihe Mutter Barbara und Sohn Pius.<br />

267


sammen und gingen auch gemeinsam nach Stuppach<br />

zur Schule und Kirche. Sie genossen ein unbeschwertes<br />

Leben. Für die Eltern war es allerdings nicht ihre<br />

Heimat, das Leben war schwer, aber viel besser als<br />

unter dem Kommunismus zu leben.<br />

In Deutschland kamen alle wieder zusammen, auch<br />

mit Mutter Barbaras Geschwistern. Im Jahr 1952<br />

wanderten alle von Lustbronn in die USA aus. Die<br />

Geschwister der Mutter taten dies auch, alle in die<br />

verschiedensten Staaten der USA. Durch den Krieg<br />

hatten sie alles verloren und so machten sie in Amerika<br />

einen Neuanfang. Der Sponsor der Familie war in<br />

Kansas (USA).<br />

Nach dem Wegzug aus Deutschland und später in<br />

Amerika, sprach die Familie immer lobend von den<br />

Leuten in Deutschland und von der Hilfe in der großen<br />

Not. In Amerika nahmen sie zwar die amerikanische<br />

Kultur an, vergaßen aber nie den ehemaligen<br />

Lebensraum und die Lebensgeschichte., die sie aus<br />

Deutschland mitgebacht hatten.<br />

Die geflüchteten Familien waren sehr stolz auf ihre<br />

Arbeit und darauf, nicht von Stempelgeld in Deutschland<br />

zu leben – das war nicht in ihrem Sinn. Den<br />

Kinder ein Studium ohne ein Einkommen durch den<br />

Vater zu ermöglichen, war für Mutter Barbara nicht<br />

leicht und sie arbeitete hart dafür. Der höchste Traum<br />

der Mutter war, die Kinder studieren zu lassen und<br />

einen guten Beruf zu erlernen. Nach den ersten fünf<br />

Jahren in Kansas zogen sie nach Illinois in eine Industriestadt,<br />

wo es mehr Arbeitsgelegenheit gab und das<br />

Leben besser sein sollte.<br />

268


Linke Seite: Mutter Barbara mit Blumen.<br />

Rechte Seite: Wohnhaus Gerner in Lustbronn<br />

(links Stallgebäude), aufgenommen am<br />

16.11.2015.<br />

In Amerika hat Mutter Barabara die englische Sprache sprechen und<br />

schreiben gelernt. Sie fing als Köchin im Krankenhaus in Kansas an, später<br />

auch in Illinois. Sie kaufte ein eigenes Haus und wohnte dort bis zu<br />

ihrer Rente. Nachdem die Mutter die Sprache erlernt hatte, nahm sie eine<br />

Arbeit als Qualifikationsprüferin in einer Kugellagerfabrik an.<br />

Nach dem Schulabschluss und der erlernten Berufe und Studium zogen<br />

die Kinder aus dem Haus, um ihren Beruf nachzugehen und eigene Familien<br />

zu gründen. Pius und seine Geschwister lebten alle in der gleichen<br />

Gegend. Nach der Rente zog Mutter Barbara nach Kalifornien in die Nähe<br />

ihrer Tochter Melitta, in eine Kleinstadt, die wegen ihres Weines sehr<br />

berühmt ist. Im Jahre 1999 starb Mutter Barbara, die den Rest ihres Lebens<br />

Wittfrau blieb, kurz vor ihrem 90. Geburtstag und wurde im Beisein<br />

ihrer Familie und Freunden, in Kalifornien beerdigt.<br />

Mutter Barbara hatte ein gutes Leben in Amerika, mit ihrem katholischen<br />

Glauben, den Geschwistern, den Kindern und Enkelkindern.<br />

269


Ihre größte Freude war, dass alle Kinder gute Berufe<br />

erlernten und glücklich verheiratet waren. Sie hatte<br />

allen viel Freude gemacht, war aktiv im Altar-Verein<br />

(im Kirchendienst) und lebte immer im Vertrauen:<br />

„Gott ist unser Retter in Ewigkeit“. u<br />

Familie Nold ohne Vater (v.l.n.r.): Im Vordergrund<br />

Töchter Melitta und Philomena sowie<br />

Sohn Pius, im Hintergrund Mutter Barbara.<br />

Anmerkungen des Autors:<br />

Mir liegt ein Schriftwechsel zwischen Frau Barbara<br />

Nold und Frau Martha Braun (geb. Gerner) vor, der mir<br />

von ihrer Tochter Hannelore zur Verfügung gestellt<br />

wurde. Diesem sind nachfolgende Details entnommen:<br />

Frau Nold vermietete im Jahr 1967 ihr Haus und zog<br />

in ein Pfarrhaus als Pfarrköchin ein. Sie schreibt: „Die<br />

Arbeit macht mir sehr viel Spaß, wenn man für größere<br />

Herrschaften den Haushalt führen kann, es ist interessanter<br />

als alleine zu wohnen und im Krankenhaus<br />

zu arbeiten. Ich kann nun jeden Tag die heilige Messe<br />

besuchen und gemütlich den Haushalt führen“.<br />

Frau Nold sprach sich in ihrem Briefverkehr immer<br />

sehr lobend über Fam. Gerner aus Lustbronn aus,<br />

erkundigte sich stets nach allen Gerner-Geschwistern.<br />

In einem der letzten Briefe von 1989, bereits 79jährig,<br />

schreibt Sie u.a.: “Ich denke sehr oft an die gute Gerners<br />

Familie, die mein Leben erfrischt haben und mir viel<br />

Mut gaben immer weiter zu leben, für meine Kinder.<br />

Der liebe Gott hat uns beschützt und begleitet, auf all<br />

unseren Wegen“.<br />

Frau Nold war eine tiefgläubige und soziale Frau und<br />

Mutter. In einem weiteren Brief teilt sie u.a. mit, dass<br />

sie mit 65 Jahren in den Ruhestand ging, nun 78 Jahre<br />

alt sei und mit Vergnügen lebe, jeden Morgen zum<br />

Gottesdienst ginge, viele Handarbeiten mache und oft<br />

Altersheime besuche, um die Menschen zu trösten.<br />

Textgrundlage: Erwin Kreissl (nach Vorgaben von Pius Nold)<br />

Fotos: Pius Nold, Erwin Kreissl, loelbarr.files.wordpress.com,<br />

Kath. Bibelanstalt Stuttgart (Gotteslob)<br />

270


Facsimile des Liedes „Gott sorgt für mich“ aus<br />

dem Gotteslob der Diözesen Rottenburg-Stuttgart<br />

und Freiburg, Ausgabe 2013, Lied Nr. 843.<br />

Frau Barbara Nold und ihre Kinder lebten nach<br />

Erachten des Autors den Text dieses Liedes.<br />

271


Melitta Nold an ihrer Erstkommunion<br />

1949 in Stuppach<br />

Melitta Nold (verh. Heli)<br />

Ich heiβe Melitta Nold verh. Heli und ich freue mich auf diese Gelegenheit,<br />

euch alle zu begrüβen. Der Herrgott war immer bei uns<br />

und gut zu unserer Familie. Auch wenn wir seinen Plan nicht verstanden<br />

haben, nahmen wir alles mit Vertrauen auf Gott an.<br />

Meine Reise begann im Dezember 1938 als Kind von Josef und<br />

Barbara Nold, später kamen Bruder Pius und Schwester Philomena<br />

zur Familie dazu. Der zweite Weltkrieg veränderte unser Leben. Im<br />

März 1944 wurden wir aufgefordert, unsere Heimat zu verlassen und<br />

die schwere und lange Reise nach Deutschland anzutreten. Unser<br />

Vater wurde in die deutsche Wehrmacht in Polen eingezogen, und<br />

wir sahen ihn nie wieder. Jahre später meldete uns das Rote Kreuz ,<br />

dass Vater in einem Gefängnis in der Kriegsgefangenschaft starb. Wir<br />

wohnten in Kreis Mecklenburg bis es – durch Gottes Gnade – unserer<br />

Tante Margarete (Mutters Schwester) gelang, ein Visum für unsere<br />

Familie zu bekommen, womit wir die Grenze von der Ostzone in die<br />

Westzone überqueren durften.<br />

Als wir 1947 in Lustbronn in Deutschland mit kleinem Beutel ankamen,<br />

bekamen wir Schutz bei Familie Gerner. Andere Familien in gleicher<br />

Lage waren schon dort und wir hieβen alle „Flüchtlinge“, obwohl<br />

wir alle Vertriebene waren. Wir gingen in die katholische Kirche und<br />

öffentliche Schule in Stuppach.<br />

Meine schönste Erinnerung ist an die guten Freunde und an meine<br />

Erstkommunion. Es war ein trauriger Tag als wir uns von den Leuten,<br />

die uns aufgenommen hatten und von allen, die sich um uns kümmerten<br />

und uns Freundlichkeit bewiesen hatten, verabschiedeten.<br />

Da Vater im Krieg vermisst war, hatte meine Mutter ihre Familie in<br />

Amerika kontaktiert und die Entscheidung getroffen, nach Amerika<br />

auszuwandern. Das wurde möglich, da es weitentfernte Verwandte<br />

gab, die sich als Zeuge bzw. „Sponsoren“ (Bürgen) bereitstellten und<br />

für uns unterschrieben.<br />

272


Links oben: Hochzeitsbild von Melitta und ihrem Mann Martin im November 1961<br />

Rechts oben: Weihnachten 1987 bei Familie Nold (v.l.n.r.): Oma Anna, Melitta, ihre Schwiegermutter, Sohn Kurt, Ehemann Martin, Söhne Richard und Georg.<br />

Nach der langen und schweren Reise per Schiff (einem<br />

Amerikanischen Soldatentransport) über den Atlantik,<br />

kamen wir 1952 in New Orleans an und fuhren<br />

dann mit dem Zug nach Park in Kansas.<br />

Wir wurden in die Schule aufgenommen, lernten<br />

Englisch und andere Fächer, wie die anderen Kinder<br />

auch. Nach meinem Abitur zog meine Familie nach<br />

Aurora in Illinois, ich aber kehrte nach Kansas zurück,<br />

wo ich am Marymount College in Salina Krankenpflege<br />

studierte und mit einem Diplom als Krankenschwester<br />

abschloss. Meine erste Arbeitsstelle war<br />

am St. Josephs Krankenhaus in Aurora in Illinois, wo<br />

ich Mütter und ihre Neugeborenen betreute.<br />

Ich lernte Martin Heli, Geschäftsführer einer Fabrik,<br />

kennen. Wir verlobten uns und heirateten im November<br />

1961. Wir zogen in ein wunderschönes Haus,<br />

welches wir selbst gebaut hatten. Im Laufe der Jahre<br />

wurden uns vier Söhne geboren. Ich genoss diese<br />

wunderbaren Jahre als Ehefrau, Mutter und Hausfrau,<br />

lernte wieder zu kochen, zu backen und freiwillig in<br />

der Kirchegemeinde zu dienen.<br />

Im Jahr 1967 zogen wir für eine kurze Zeit nach<br />

Kentucky, weil mein Mann eine neue Arbeitsgelegenheit<br />

fand, aber es hat nicht geklappt und wir kehrten<br />

wieder nach Aurora zurück, wo wir ein gröβeres und<br />

schöneres neues Haus bauten. Wir wohnten in einer<br />

sehr freundlichen Nachbarschaft, in der Nähe von<br />

unseren Kindern, Groβeltern, meine Tanten, Onkeln,<br />

und vielen neuen Freunden.<br />

Unser Glauben an Jesus entwickelte sich weiter<br />

und wir wussten, dass wir unserem Herrgott, unserer<br />

Familie und unserem Land dienen wollten. Die<br />

Ausbildung unserer Kinder war uns ebenfalls sehr<br />

wichtig. Im Jahr 1976 zogen wir nach Kalifornien<br />

273


Weingut der Famile Heli<br />

im „Central Valley“ von<br />

Kalifonien (USA).<br />

in das „Central Valley“, kauften ein Weingut und ich<br />

nahm eine Ganztagesstelle am „Lodi Community“<br />

Krankenhaus an. Im Jahr 1985 absolvierte ich das St.<br />

Mary‘s College in Moraga in Kalifornien mit einem BA<br />

in „Health Administration“ und nahm die Stelle als<br />

Aufseherin des Krankenhauses und Managerin von<br />

der ambulanten Chirurgie Abteilung im Lodi Community<br />

Krankenhaus an.<br />

Im Laufe der Jahre sind wir sehr gerne und viel<br />

gereist, z.B. nach Kalifornien, Nevada, Oregon, Colorado,<br />

Wisconsin oder Kanada. Und auch nach Europa<br />

zog es uns, um Verwandte zu besuchen und den Heiligen<br />

Vater, Papst Johannes Paul II. in Rom zu sehen. Ich<br />

habe mich auch sehr mit „Daughters of Isabella“, einer<br />

katholischen „Dienste-Organisation“ („Service Organisation“)<br />

beschäftigt und mich in deren Dienst gestellt.<br />

In den letzten Jahren habe ich bei den Konferenzen in<br />

New York, Toronto (Canada), Minnesota und Florida<br />

beigewohnt.<br />

Unsere Großfamilie<br />

Unsere Jungen sind jetzt alle erwachsen. Sie waren<br />

gute Schüler/Studenten, besuchten Privatschulen und<br />

bekamen viele Auszeichnungen. Aber am stolzesten<br />

sind wir, dass sie ein gutes, gesundes und christliche<br />

Leben führen und dass alle die Universität absolviert<br />

haben. Ihre Besuche zu Hause machen uns immer viel<br />

Freude. Zwei unserer Söhne sind verheiratet und haben<br />

Familien. Unsere Schwiegertöchter sind wunderbar<br />

und gute Mütter unserer sechs Enkelkinder (fünf<br />

Jungen und ein Mädchen). Ich genieβe die „Oma-Zeit“<br />

sehr.<br />

Mein Lebenslauf steht im „Who‘s Who in American<br />

Nursing“, so auch in „The Mary Mardian Chronicles,<br />

A Nurse‘s Story“, geschrieben von Mary Mardian,<br />

ehemalig von Quinter, Kansas. Ich arbeitete weiter<br />

als Krankenschwester in einer Intensivstation an<br />

St. Joseph‘s Medical Center in Stockton, Kalifornien.<br />

Obwohl ich nun von der aktiven Krankenpflege<br />

274


im Ruhestand bin, arbeite ich freiwillig weiter als<br />

Krankenschwester in der Gemeinde. Ich bin Mitglied<br />

vom Verband „California Nurses“, Töchter Isabellas<br />

(„Daughters of Isabella“) und „St. Anne Katholische<br />

Kirche“ in Lodi.<br />

Unsere Familie ist dankbar für die vielen Chancen,<br />

die wir in den Vereinigten Staaten hatten. Mein Mann<br />

Martin ist ein Deutschstämmiger, aber in Ungarn<br />

geboren und wir sind eingebürgerte Amerikaner, aber<br />

wir sind stolz auf unser deutsches Erbe. Wir führen<br />

viele Traditionen von unseren früheren Jahren in<br />

Deutschland weiter.<br />

Unsere Kinder verstehen etwas von der deutschen<br />

Kultur und sprechen ein bisschen die Sprache. Alle<br />

haben Europa mit groβer Begeisterung besucht. Ich<br />

koche immer noch Sauerkraut mit Bratwurst und<br />

Knödel, backe Springerle Plätzchen und Torten und<br />

viele andere deutsche Lieblingsgerichte. Ich genieβe<br />

lesen, backen, ehrenamtlich für die Kirche und die<br />

Gemeinde zu arbeiten sowie zu reisen. Aber am meisten<br />

genieβe ich mein Leben mit meinem geliebten<br />

Ehemann wie auch unsere Familie, wenn wir besondere<br />

Ereignisse feiern.<br />

Wir bekommen gern Besuch zu Hause, unser Weinkeller<br />

ist immer für Gäste geöffnet. Der Herrgott ist<br />

groβzügig und gut zu uns gewesen.<br />

Ich freue mich, von euch zu hören und eure Lebensgeschichten<br />

zu lesen. Ich glaube, dass das Leben ein<br />

Geschenk Gottes ist. Er hat mich viel gesegnet. Ich bin<br />

auf meiner Lebensreise zum Herrgott. Auf Wiedersehen.<br />

u<br />

Textgrundlage: Melitta Heli (geb. Nold)<br />

Fotos: Melitta Heli (geb. Nold) und Barbara Nold<br />

Links: Familie Martin und Melitta Heli (geb. Nold) ist inzwischen auch eine Großfamilie.<br />

Rechts: Weißer Sonntag in der Pfarrkirche in Stuppach 1949: (v.l.n.r.) Untere Reihe: Waltraud Hanisch, Erika Dittrich, Martha Blank.<br />

Obere Reihe: Erwin Kreissl, Edeltraud Kreissl, Melitta Nold, Hannelore Burger, Anna Blank, Heinz Dittrich.<br />

275


Pius Nold in ganz jungen Jahren<br />

(Este Schulklasse)<br />

Pius Nold und seine Frau Ingeborg<br />

beim Ski-Weltcup in Beavar Creek<br />

im Jahr 2015<br />

Pius Nold<br />

Ich wurde am 01.02.1941 geboren und kam mit<br />

meiner Mutter und meinen Schwestern Melitta und<br />

Philomena nach der Vertreibung 1944 in die Gegend<br />

um Mecklenburg und feierte dort 1946 meinen fünften<br />

Geburtstag.<br />

Am 01.04.1947 kamen wir nach Lustbronn und<br />

wurden bei Fam. Franz Gerner eingewiesen. Wir<br />

bewohnten mit vier Personen ein Zimmer. Den Trockenabort<br />

benutzten wir gemeinsam mit Fam. Gerner.<br />

Gekocht, gegessen, gewohnt, gebadet und geschlafen<br />

wurde alles in nur einem Zimmer, obwohl im zweiten<br />

Stock des Hauses, in dem wir wohnten, fünf weitere<br />

Zimmer vorhanden waren. Das Haus der Fam. Gerner<br />

276


in Berlin, der zerstörte Bahnhof in Ostberlin, das sind<br />

alles Ereignisse, die einem ewig in Erinnerungen<br />

bleiben.<br />

In der Zeit als wir bei Fam. Gerner wohnten kam<br />

der Sohn Wilhelm aus amerikanischer, der Sohn<br />

Anton aus russischer Gefangenschaft und der weitere<br />

Sohn Julius aus Afrika zurück.<br />

Unser Hausherr Franz starb am 06.03.1954 und<br />

Wilhelm heiratete seine Frau Berta und wurde<br />

Hausherr. Wilhelm und Berta bekamen ihr erstes<br />

Kind, ihre Tochter Irmgard. Frau Anna Gerner (die<br />

Oma) starb am 23.05.1957. Später wurden noch zwei<br />

weitere Mädchen und ein Junge geboren, dieser ist<br />

heute Hausherr in Lustbronn. Wilhelm und Berta sind<br />

zwischenzeitlich auch schon verstorben.<br />

war sehr groß (siehe heutiges Foto unter Aufzeichnungen<br />

von Barbara Nold). Als selbstverständlich<br />

wurde angesehen, dass unsere Mutter bei der Feldarbeit<br />

mithelfen muss.<br />

Als fünfjähriger Junge in Lustbronn aufzuwachsen<br />

war ein gutes Erlebnis. Gemeinsam mit den einheimischen<br />

und den Flüchtlingskindern hatten wir sehr<br />

viel Spaß und Vergnügen. Wir konnten uns austoben<br />

und im Wald umherziehen und wenn wir still waren,<br />

konnten wir das Wild (Rehe und Hasen) beobachten.<br />

Von der Heimat flüchteten wir mit Mutter, Vater<br />

und den Geschwistern. In Deutschland kamen wir<br />

jedoch ohne Vater an. Das Flüchten und Verstecken in<br />

Feldhecken und Gräben, durch die doppelten Zäune<br />

Anton heiratete Frl. Rita Burkert aus Stuppach<br />

und sie zogen in ihr neu gebautes Haus nach Unterbalbach.<br />

Die Ehe blieb kinderlos. Anton ist bereits<br />

verstorben.<br />

Tochter Martha heiratete am 28.04.1951 Herrn<br />

Alois Braun (Briefträger) und zog mit ihm nach Bad<br />

Mergentheim, ebenfalls in ihr neugebautes Haus. Aus<br />

dieser Ehe gingen ein Mädchen (Hannelore) und ein<br />

Junge (Bernhard) hervor. Herr Alois Braun verstarb<br />

am 04.03.1999 und seine Frau Martha Braun am<br />

01.02.2009.<br />

Es gab noch eine weitere Schwester, Klothilde. Diese<br />

heiratete einen Herrn Haas aus Bad Mergentheim<br />

und zog auch nach Bad Mergentheim. Die Ehe blieb<br />

kinderlos. Auch sie sind beide bereits verstorben.<br />

277


In Stuppach besuchte ich mit den anderen Kindern<br />

der Heimatvertriebenen und den einheimischen<br />

Kindern die Volksschule. In der ersten Klasse, bei<br />

Lehrerin Frl. Sieglinde Mäussnest und dann bei der<br />

Lehrerin Frau Hoffman. Die Oberstufe der Volksschule<br />

in Stuppach bei Herrn Oberlehrer Kelber besuchte<br />

ich nur noch bis zur fünften Klasse, da wir 1952 von<br />

Lustbronn wegzogen. Pfarrer Paul Rues unterrichtete<br />

uns in Religion. Den Schulabschluss und das Gymnasium<br />

absolvierte ich dann bereits in den USA.<br />

Meine Berufsausbildung in „Electronics“ und<br />

„Management“ absolvierte ich an der University of<br />

Northern Illinois mit Diplomabschluss im Jahr 1967.<br />

Meine Arbeitsstelle war bei einem großen Elektronikkonzern<br />

in der Luftfahrtbranche. Als Vertriebsingenieur<br />

war ich verantwortlich für die Vermarktung von<br />

Technologien und Produktpräsentation beim Kunden.<br />

Mein Hauptarbeitsgebiet war die USA, aber auch<br />

Europa. Die deutsche Sprache half mir in meinem<br />

Beruf sehr viel. Meine vierzig Jahre im Berufsleben<br />

haben mir sehr viel Spaß bereitet sowie die weitern<br />

zehn Jahre im Consulting (Beratung). Ich bin gerne<br />

jeden Tag auf die Arbeit gegangen.<br />

Am 27. August 1966 habe ich Ingeborg Kuhn (aus<br />

Ostpreußen in Deutschland und in Bayern aufgewachsen)<br />

in Aurora in Illinois geheiratet. Sie war<br />

eine Krankenschwester für Neugeborene. Wir haben<br />

zwei Kinder, ein Mädchen und einen Jungen. 1986<br />

machten wir eine Reise nach Frankreich, Deutchland,<br />

Österreich und in die Schweiz. Wir hatten viel Spaß<br />

als Touristen. Wir besuchten auch Lustbronn und<br />

Stuppach.<br />

Unsere beiden Kinder haben das Gymnasium und<br />

höhere Schulen besucht und sind verheiratet. Sie<br />

wohnen in anderen Staaten und besuchen uns, um<br />

Bergsteigen und Skilaufen zu gehen. Wir haben zwei<br />

Enkeltöcjhter in der Unter- und Hochschule. In Amerika<br />

haben wir viele Fahrten nach Mexiko, Kanada,<br />

278


Hawaii und eine Menge anderer Staaten unternommen. Vor 40 Jahren<br />

waren wir im Umland von Denver (Colorado) beheimatet, bevor wir<br />

in Illinois, New York und Maryland wohnten. Wir sind Mitglied der<br />

katholischen Kirche, wo wir ehrenamtlich aushelfen. Diese ganzen<br />

Jahre hat uns Gott beschützt und wir sind dankbar für alles.<br />

Pius Nold und seine Frau Ingeborg<br />

bei ihrer Hochzeit am 27. August 1966<br />

Die Kinder und Enkelkinder sind unsere Freude. Skilaufen in Colorado<br />

im Winter mit den Kindern macht viel Spaß. Tennis spielen,<br />

Camping und Bergsteigen sind unser Sommersport. Das Wiedersehen<br />

mit Melitta‘s und Philomena’s Familie war über die Jahre immer ein<br />

fröhliches. Auch unterjährig kamen wir ab und zu zusammen, mit<br />

den Onkeln und Tanten, vor allem an den Festtagen. Amerika ist ein<br />

großes Land, trotzdem ist es leicht herumzureisen. Wir kennen alle<br />

vier Generationen und haben nie einnander vergessen.<br />

Unsere Hobbys:<br />

Sportleiter Fußball, Skilaufen, Radfahren im Gebirge, Bergsteigen,<br />

Camping, Opernbesuch und spazieren gehen. Auch gute Nachbarschaft<br />

ist im Alter sehr wichtig und diese pflegen wir besonders.<br />

Seit zehn Jahren bin ich Rentner, aber ich betreibe nach wie vor<br />

Consulting (Beratung) in der Energieindustrie. Das gibt mir und Inge<br />

die Chance technische Konferenzen als Mitglied zu besuchen. Unser<br />

Rentnerleben gibt uns jetzt viel mehr Zeit, um den Hobbys nach zu<br />

gehen und Freunde und Bekannte zu besuchen. u<br />

Textgrundlage: Pius Nold und Erwin Kreissl<br />

Fotos: Pius Nold<br />

Links: Pius und Ingeborg Nold mit ihrer großen Familie im Jahr 2015<br />

Mitte: Pius und Ingeborg Nold beim Skifahren in Keystone<br />

Rechts: Pius und Ingeborg Nold in fortgeschritteneren Jahren<br />

279


Philomena (geb. Nold) und Georgis<br />

Kojis im Kreise ihrer Hochzeitsgesellschaft<br />

(1962).<br />

Nold Philomena<br />

Sie wurde am 17.10.1942 in der alten Heimat Odessa geboren. Am<br />

01.04.1947 kam sie mit ihrer Mutter und den Geschwistern Melitta<br />

und Pius als Vertriebene in Lustbronn an. Zu Beginn der Vertreibung war<br />

sie gerade zwei Jahre alt und bei der Ankunft in Lustbronn fünf Jahre. So<br />

lange dauerte die Vertreibung.<br />

Am Besten lässt sich die Vertreibung/Flucht aus der Heimat, aus dem<br />

Notizheft der Mutter, schildern:<br />

Philomena Nold (März 1952)<br />

„Im 16. März 1944 bekomen wir den Befehl, alle deutschen Bürger mit<br />

Familien müssen so bald wie möglich mit einem Transport die Reise nach<br />

Deutschland unternehmen. Drei Tage wurde uns Zeit gelassen zum Packen.<br />

Da wurde geschlachtet, gebacken und gekocht für die Verpflegung<br />

unterwegs. Einen starken Wagen mit Zeltplanen bedeckt als Regen- und<br />

280


Schneeschutz. Drei starke Pferde und zwei Kühe für die Milch, einige<br />

Säcke Mehl, Kleidung und Federbetten und Decken. Alles so viel man auf<br />

den Wagen verpacken konnte, auch Futter für das Vieh. Der Abschied<br />

war sehr zerstreut mit Gedanken, weil wir nicht wussten wo die Wege<br />

uns hin führen. Mit Tränen in den Augen [...] nahmen wir Abschied<br />

von unserem Haus, Möbel, Garten [...] und auch Kleinvieh, das zurück<br />

blieb. Unsere drei Kinder: Melitta fünf, Pius dreieinhalb und Philomana<br />

(Mena) zweieinhalb Jahre alt und so klein. Es war ein Regentag mit<br />

Schneeflocken als wir unsere Heimat verlassen mussten.“<br />

Margarethe Brendel, die Tante von<br />

Philomena Nold.<br />

Am 22. Juni 1944 kamen sie in Mecklenburg als Vertriebene an<br />

und wurden in verschiedene Bauernhöfe eingewiesen. Sie lebten in<br />

der Nähe der Eltern und Geschwister des Vaters für gut zwei Jahre in<br />

einem Zimmer. Die Geschwister der Mutter hatten sich schon rechtzeitig<br />

nach Westdeutschland abgesetzt und mit deren Hilfe erhielten<br />

sie Ausreisedokumente nach Westdeutschland.<br />

1947 bekamen sie ihre Ausreiseunterlagen und kamen am<br />

01.04.1947 in Lustbronn an. Sie wurden bei Fam. Franz Gerner im<br />

zweiten Stock in einem Zimmer untergebracht. Es gab zwei kleine<br />

Betten, einen kleinen Tisch und einen Ofen, der zum Kochen und Beheizen<br />

des Zimmers diente. Für das Zimmer arbeitete die Mutter auf<br />

dem Hof mit, beim Melken und bei der Feldarbeit.<br />

1948 wurde sie, mit den anderen Kindern von Lustbronn, in Stuppach<br />

in die erste Klasse eingeschult. Das Klassenzimmer befand sich<br />

im Rathaus und die Klassenlehrerin hieß Frl. Sieglinde Mäussnest.<br />

Die Verwandten in den USA, die bereits 1909 dorthin ausgewandert<br />

waren, hörten von diesem Schicksal. Sie boten der Familie an nach<br />

Amerika zu kommen. Nach ein paar Jahren war es möglich geworden<br />

Deutschland zu verlassen und so taten sie dies im Jahr 1952. Für sie<br />

war es überraschend und traurig zugleich Lustbronn wieder zu verlassen.<br />

Es war gesagt worden „America is a land of opportunity“. Aber<br />

der Vater war Vermisster im Krieg und die Herzen deshalb schwer.<br />

281


Mit einem amerikanischen Militärschiff kamen sie im März 1952 in<br />

New Orleans in den USA an. Ein Jahr nach der Ankunft in Amerika erhielten<br />

sie die traurige Nachricht, dass der Vater 1947 in Sibirien in einem<br />

Kriegsgefangenenlager verstorben war.<br />

Melitta, Pius und Philomena nahmen ihre Schullaufbahn mit sehr wenigen<br />

Kenntnissen der englischen Sprache in Angriff. Mit zunehmendem<br />

Alter übernahmen sie verschiedene Tätigkeiten, z.B. im Krankenhaus.<br />

Pius arbeitete auf dem Feld mit Traktoren, die Mutter war Köchin im<br />

Krankenhaus usw. Sie sparten das verdiente Geld und kauften sich ihr<br />

erstes Haus in Amerika.<br />

Philomena Nold und Georg Kojis (1962)<br />

Nach fünf Jahren der Arbeit war das Haus abbezahlt und sie zogen<br />

von Kansas nach Illinois, weil es hier mehr Arbeits- und bessere Schulmöglichkeiten<br />

gab und sie näher bei den Geschwistern der Mutter sein<br />

konnten. Die Mutter war zu diesem Zeitpunkt auch schon 48 Jahre alt<br />

und hatte in ihrem bisherigen Leben viel erlebt.<br />

Tante Margarethe Brendel, geb. am 03.05.1911, zugezogen am<br />

01.03.1946 von Bad Neustadt nach Bad Mergentheim hatte eine positive<br />

Wirkung auf mich und war eine Hebamme im Krankenhaus in Bad<br />

Mergentheim (vermutlich im Carolinum). Sie wanderte am 17.11.1951<br />

per Schiff nach New Orleans (USA) und dann weiter nach Wisconsin aus.<br />

Sie musste Englisch lernen und ihr Diplom nochmals ablegen, um ihren<br />

Beruf als Hebamme in Amerika ausüben zu dürfen. Mit der Zeit arbeitete<br />

sie sich bis zum chirurgischen Techniker hoch. Sie wohnte in einem<br />

anderen Bundesstaat und kam des Öfteren zu Besuch.<br />

Philomena Nold (März 1952)<br />

Nach ihrem Hochschulabschluss wohnte und arbeitete Philomena in<br />

demselben Krankenhaus mit ihrer Tante zusammen. Dabei traf Philomena<br />

auch auf ihren zukünftigen Gatten Georg. Die Tante heiratete, kaufte<br />

ein einstöckiges Haus und arbeitete sich in ihrem Beruf weiter hoch. In<br />

ihrem letzten Lebensjahr 1980 sprach sie öfters über die Kriegszeiten<br />

und was sie alles durchmachen musste. Im Jahre 1981 schlief sie friedlich<br />

ein und verstarb.<br />

282


1962 heiratete Philomena den Amerikaner Georg<br />

Kojis, der damals Narkosearzt war. Im Sommer 2015<br />

feierten sie ihren 53. Hochzeitstag. Aus der Ehe gingen<br />

vier Kinder hervor und zwischenzeitlich haben<br />

sie sechs Enkelkinder. Die Tochter, die Söhne und die<br />

älteste Enkeltochter haben alle einen Gymnasial- und<br />

Diplomabschluss und leben in der Nähe der Eltern.<br />

Textgrundlage und Fotos: Pius Nold<br />

Ein Sohn nebst Frau lebt in New York und beide<br />

sind internationale Fluglinienkapitäne. Die beiden anderen<br />

Söhne arbeiten als Großkundenbetreuer in der<br />

Industrie und die Tochter und ein Enkelkind arbeiten<br />

in einem Krankenhaus ganz in der Nähe.<br />

Die Familie hatte über die Jahre sehr viel Spaß am<br />

Reisen und sie fuhren mit dem Auto um die Geschwister<br />

Pius und Melitta zu besuchen, aber es nimmt<br />

immer sehr viel Zeit in Anspruch. Heute legen sie<br />

diese Strecken mit dem Flugzeug zurück und sind in<br />

ein paar Stunden am Ziel.<br />

Die Rentnerjahre verbringen sie und ihr Mann in<br />

ihren Berufen Krankenschwester bzw. Narkosearzt<br />

im ehrenamtlichen Einsatz in der Missionsarbeit in<br />

der Demokratischen Republik Kongo, in Afrika (www.<br />

healafrica.org.). Wir bringen medizinische Hilfe für<br />

Frauen, die ungeheuerliche Vergewaltigungen erlebt<br />

haben. George arbeitet als Narkosearzt bei den Operationen.<br />

Es bereitet ihr sehr viel Freude, den einheimischen<br />

Frauen beim Nähen, Lesen und Schreiben<br />

lernen zu helfen.<br />

Die Mutter lehrte sie beten und Gott hat sie<br />

durch alle diese Jahre beschützt und bewahrt.<br />

Möge Gott sie weiter beschützen. u<br />

Philomena Nold<br />

und ihr Mann Georg heute.<br />

283


284


2016<br />

Der heilige Vater,<br />

Papst Franziskus,<br />

ruft das heilige Jahr<br />

der Barmherzigkeit aus.<br />

Foto: kna-bild.de<br />

2016<br />

Die große Kreisstadt<br />

Bad Mergentheim<br />

richtet erstmals<br />

die „Heimattage“aus.<br />

Foto: bad-mergentheim.de<br />

1946<br />

Die Ansiedelung<br />

der Heimatvertriebenen<br />

und Flüchtlinge<br />

in der Gemeinde Stuppach<br />

mit den Ortsteilen Lillstadt<br />

und Lustbronn<br />

jährt sich zum 70. Mal.<br />

1516<br />

Die Schaffung der<br />

„Stuppacher Madonna“<br />

durch Matthias Grünewald<br />

jährt sich 2016 zum 500. Mal.<br />

Foto: zeno.org<br />

Foto: dpa<br />

285


1946 Das Caritas-Krankenhaus in Bad Mergentheim nimmt seinen Anfang<br />

Es war ein Anfang aus Not geboren: Vor 70 Jahren,<br />

im Herbst 1946 waren in der ehemaligen<br />

Deutschmeister-Kaserne in Bad Mergentheim rund<br />

800 Tbc-kranke Flüchtlinge und Internierte gestrandet.<br />

Die US-Militärregierung suchte damals dringend<br />

nach einem Verantwortlichen für den Hospitalbetrieb.<br />

Der Caritasverband für Württemberg stellte<br />

sich dieser enormen Herausforderung und am 2. Dezember<br />

1946 wurde das Caritas-Krankenhaus offiziell<br />

eröffnet. Heute, 70 Jahre später, ist „das Caritas“ das<br />

größte Akutkrankenhaus der Region sowie größter<br />

Arbeitgeber und Ausbilder im Main-Tauber-Kreis.<br />

Die ersten Fachabteilungen waren ganz auf die Nöte<br />

der Patienten in der Nachkriegszeit ausgerichtet.<br />

Neben der Tuberkulose-Klinik für die Lungenkranken<br />

wurden noch Ende der 40-er Jahre die chirurgischorthopädische<br />

Abteilung und die Abteilung für Innere<br />

286


Text & Fotos:<br />

Caritas-Krankenhaus<br />

Bad Mergentheim<br />

Links: Das Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim im Jahr 2016.<br />

Oben: Alter Eingang zur Deutschmeister-Kaserne (heute Caritas)<br />

Caritas-Krankenhaus integriert. In einem modernen,<br />

architektonisch anspruchsvollen Neubau wurden<br />

schließlich alle Abteilungen unter einem Dach vereint.<br />

Bis heute kamen noch Pathologie, Neurologie<br />

und das Klinische Labor als Hauptfachabteilungen<br />

hinzu, außerdem drei Zentren zur interdisziplinären<br />

Therapie von Darm-, Brust- und Prostatakrebs, eine<br />

neue Strahlenklinik, das Mutter-Kind-Zentrum und<br />

eine Palliativeinheit.<br />

Medizin eingerichtet. Seither baute das Caritas-Krankenhaus<br />

sein Therapiespektrum kontinuierlich aus.<br />

So kamen in den 70er Jahren die Urologie, die Frauenklinik,<br />

die Kinderklinik, die Anästhesiologie, die<br />

Radiologie und die Nephrologie mit Dialyseabteilung<br />

hinzu.<br />

1989 wurde das ehemalige Kreiskrankenhaus in<br />

der Wachbacher Straße als Chirurgische Klinik in das<br />

Heute ist „das Caritas“ das größte Akutkrankenhaus<br />

der Region mit allen wichtigen Fachabteilungen und<br />

einer modernen medizintechnischen Ausstattung.<br />

In den 12 Kliniken und <strong>Ins</strong>tituten werden jährlich<br />

rund 22.000 Patienten stationär und etwa 45.000<br />

Patienten ambulant behandelt. Mehr als 1400 Mitarbeitende<br />

kümmern sich um die Versorgung der<br />

kranken Menschen und fühlen sich dem christlichen<br />

Menschenbild verpflichtet. Das Haus bietet außerdem<br />

190 Ausbildungsplätze in den Pflegeberufen an und<br />

ist Lehrkrankenhaus der Universität Würzburg. u<br />

287


2016<br />

Text: dpa<br />

Foto: bdb.katholisch.de<br />

Seligsprechung von Engelmar Unzeitig, dem sog. „Engel von Dachau“<br />

Er pflegte freiwillig Typhuskranke im Konzentrationslager<br />

(KZ) Dachau, spendete dort Hunderten<br />

von Todkranken die Sakramente und starb 1945<br />

im KZ selbst an Typhus. Nun soll der als “Engel von<br />

Dachau” bekannte Pfarrer Engelmar Unzeitig selig<br />

gesprochen werden.<br />

Ein Termin für die Seligsprechung im Würzburger<br />

Dom stehe aber noch nicht fest, teilte das Bistum<br />

Würzburg mit. Damit ein Verstorbener als „Seliger“<br />

bezeichnet werden kann, muss entweder ein<br />

durch ihn vollbrachtes Wunder oder sein Martyrium<br />

nachgewiesen werden. Papst Franziskus hat den<br />

Missionar, der 1939 in Würzburg seine Priesterweihe<br />

empfing, nun offiziell zum Märtyrer erklärt. Das hatte<br />

das Presseamt des Vatikans ebenfalls auf einer Pressekonferenz<br />

in Rom bekanntgegeben.<br />

Unzeitig wurde 1911 im ostmährischen Greifendorf<br />

(heute: Hradec nad Svitavou in Tschechien) geboren.<br />

Weil er in seinen Predigten gegen die Verfolgung der<br />

Juden durch die Nationalsozialisten protestierte, wurde<br />

er 1941 verhaftet und nach Dachau gebracht. Dort<br />

starb er am 2. März 1945. Seine Asche wurde dem<br />

Bistum Würzburg zufolge aus dem KZ geschmuggelt<br />

und auf einem Würzburger Friedhof beigesetzt.<br />

288


2015/2016<br />

Bereits im Jahr 2015 gedachte der Bund der<br />

Vertriebenen (BDV) der 70-jährigen Vertreibung<br />

am bereits 1953 errichteten Heimatgedenkkreuz<br />

auf der Elpersheimer Höhe.<br />

Dieses Gedenkkreuz erreicht man, wenn man<br />

auf der Straße von Bad Mergentheim in Richtung<br />

Weikersheim fährt und in Elpersheim rechts auf<br />

die Berghöhe abbiegt und der Ausschilderung<br />

„Gedenkkreuz“ folgt.<br />

289


„Wer seiner Heimat nicht gedenkt,<br />

ist nicht wert, dass Gott ihm eine schenkt.“<br />

Mit seinen Aufzeichnungen möchte der Autor<br />

als Beteiligeter versuchen, den interessierten<br />

Einwohnern und ehemaligen Wohnungsgebern<br />

aus Stuppach, Lustbronn und Lillstadt<br />

aufzuzeigen, was aus ihren damals zwangseingewiesenen<br />

Mitbewohnern und den Nachfolgegenerationen<br />

der Heimatvertriebenen und<br />

Geflüchteten geworden ist.<br />

Wo hat es sie letztlich hin verschlagen? Wo<br />

sind sie sesshaft geworden? Wo haben sie eine<br />

neue „Heimat“ gefunden?<br />

Wie sind die Nachfolgegenerationen mit der<br />

Vertreibung fertig geworden? Das erzählen die<br />

einzelnen Berichte, deren Grundlage die beteiligten<br />

Personen meist selbst lieferten.

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