Wir haben immer an unsere Sache geglaubt. - Marietta Miehlich

einblick
Newsletter, Einladungen, Aufkleber und Aufdrucke bis hin zu
Stoffmustern, die teilweise selbst im Haus designt werden.
„Die Vielfalt ist es, was meinen Job so interessant macht“, sagt
der Mediengestalter für Digital- und Printmedien, der eigentlich
immer Grafikdesign studieren wollte, aber vor lauter Arbeit nie
dazu kam. „Hier zu arbeiten ist einfach ein Traum“, schwärmt er.
„Die freundschaftlich familiäre Arbeitsatmosphäre und die super
Stimmung sind wirklich einzigartig – und von der Geschäftsführung
wird mir in meinen Job kaum reingeredet.“
Chefinnen mit offenen Türen
Ein Stockwerk tiefer sitzt Christina Haneberg in ihrem Büro mit
stets offener Tür. „Wir wollen uns nicht als Über-Chefinnen aufspielen“,
sagt sie. „Hierarchien gibt es bei uns nicht. Wir stehen
uns alle auf gleicher Augenhöhe gegenüber und jeder kann sich
einbringen.“ Als Gegenleistung wird Loyalität eingefordert. „Die
Jobs, die wir vergeben, bieten ein gutes Gehalt und ein Arbeitsklima,
das Spaß macht und in dem man sich sehr eigenverantwortlich
entfalten kann. Dafür erwarten wir aber auch was.“
Der Postbote karrt einen Stapel Pakete an, den er direkt vor
Ute Helmstetters Schreibtisch ablädt. Vor wenigen Wochen wurde
der letzte Teil der aktuellen Winterkollektion an die Händler
ausgeliefert. Nun kommen die ersten Retouren, auch erste
Beschwerden und teilweise wurde eine
Aussendung vergessen, nach der jetzt
gefragt wird. Zudem hängen im Online-Shop
die neuen Klamotten bereits
zum Verkauf und Bestellungen und
Kundenanfragen müssen bearbeitet
werden. Ute wirft ihren Blutsgeschwister-Schal
mit dem Babuschka-Aufdruck
über die Schulter ihres braun-weiß
gestreiften Hoodie-Zipper-Sweatshirts
und macht sich ans Öffnen der Pappschachteln.
Die 28-Jährige, die für PR
und den internationalen Vertrieb verantwortlich
ist, muss kontrollieren, ob
die Ware noch in Ordnung ist, sie ins
Lager zurückbuchen und Gutschriften
erstellen. In erster Linie hält sie jedoch
intensiv Kontakt mit den ausländischen
Distributoren in Benelux, Spanien, Portugal, Italien, Österreich,
der Schweiz, Irland und Israel, die die Ware vor Ort in die Läden
bringen. Außerdem ist sie Ansprechpartnerin für PR-Anfragen
aus dem In- und Ausland.
Weil Blutsgeschwister ein kleines Unternehmen ist, sei ihr
Job sehr abwechslungsreich und lege sie nicht so sehr auf eine
Richtung fest. Dadurch könne sie sehr viel mitgestalten. „Darin
liegt der Reiz für mich.“ Dass Ute für ihre Stelle ein Volontariat
in einer PR-Agentur sausen ließ, hat die Industriekauffrau und
studierte BWLerin mit Schwerpunkt Werbung in keinster Weise
bereut. „Ausschlaggebend für mich war, für ein Produkt arbeiten
zu wollen, mit dem ich mich identifizieren kann.“ Da war es nur
logische Konsequenz, dass sie sich auf die Stellenanzeige der
Blutsgeschwister bewarb, auf die sie stieß, als sie im Online-Shop
ihrer Lieblingsmodemarke nach neuem Anziehfummel stöberte.
„Wir sind noch lange nicht angekommen“
Vielleicht ist es dieser gemeinsame Lifestyle, der nicht nur das
Team zusammenschweißt, sondern auch die Modemacherinnen
mit ihren Kunden. Vielleicht ist es aber auch die Glaubwürdigkeit
und Authentizität, was den Erfolg des Labels ausmacht, weil man
merkt, dass in den Klamotten Herzblut steckt und viel an Persönlichem:
eigene Erlebnisse, Kindheitserinnerungen, verflossene
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Romanzen. Christina Haneberg erklärt sich den Erfolg des Labels
so: „Abgesehen von einer großen Portion Glück, die immer dazugehört,
denke ich, dass unsere Kollektion einfach besonders ist
und zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Wir kamen genau
dann, als es am Modemarkt kriselte, als das Bedürfnis nach etwas
Frischem, Unverbrauchtem da war, und haben wohl voll ins
Schwarze getroffen.“
Damit die Blutsgeschwister-Fangemeinde auch wirklich in
den vollen Klamottengenuss kommt, ist Julia Krohn im Team.
Nach den Entwürfen ihrer Chefin konstruiert die 28-jährige
Produktions- und Designassistentin im Atelier die Erstschnitte
für die Herbst-/Winterkollektion 2007/08. Wenn sie und ihre
Kolleginnen damit fertig sind, wird Julia die Schnitte mit Stoff-,
Druck- und Farbinformationen nach China schicken, wo Blutsgeschwister
an verschiedenen Orten produzieren lässt. Kom-
men die ersten Muster zurück, wird an den Models ausprobiert,
ob die Kollektion wirklich so geworden ist und sitzt, wie sie gedacht
war. Dann wird mit Nadeln abgesteckt, besprochen, ob die
Taschen vielleicht noch höher oder tiefer gesetzt werden sollen
oder ob für die Kapuze ein anderes Band verwendet werden soll.
„Eigentlich haut es nie so hin, wie man sich das wünscht“, weiß
Julia inzwischen und legt Gelassenheit an den Tag.
Mindestens dreimal würden die Schnitte hin- und hergeschickt,
bis sie in die Produktion gehen können. Aber auch dort
kann noch so einiges schief gehen: Ein
Stoff „blutet“ beim Waschen in die hellen
Ärmel aus, Knöpfe wurden schlecht
angenäht oder es wurde ein schlechter
Stoff verwendet. Jedes Jahr muss Julia
deshalb zweimal für sechs Wochen
nach China, um die Produktion in den
verschiedenen Betrieben zu überwachen,
dort ihre Wünsche durchzusetzen,
viel darüber zu diskutieren, immer
wieder nachzuhaken, ob auch alles
verstanden wurde, und schließlich die
Qualität der Kleidungsstücke zu prüfen.
Ihr Wissen dafür hat sich Julia an
verschiedenen Stellen geholt: Ausbil-
„To Russia with Love“: Die neue Winterkollektion 2006 /07
dung zur Damenschneiderin, danach
sprüht bunte Regenbogenfarben in das Haar von Babuschka
Schneiderin bei der britischen Modeikone
Vivien Westwood in London,
dann eine zweijährige Ausbildung an der staatlichen Modeschule
Stuttgart, schließlich eine Assistenz im Kostümbild des Musicals
„Tanz der Vampire“ und noch der Feinschliff mit einem Grundschnitt-Kurs.
Julia ist im Wunderland der Mode angekommen.
„Ich wollte in eine kleine Firma, in der ich vom Entwurf bis zur
fertigen Klamotte alle Produktionsschritte mitbekomme und
nicht nur auf eine Art von Kleidung reduziert werde, wie es in
großen Modefirmen der Fall ist.“
Noch längst nicht angekommen sind hingegen ihre beiden
Chefinnen. Ihre Blutsgeschwisterschaft wollen sie auf jeden Fall
noch ausbauen. So soll noch Nordeuropa mit ihren Kollektionen
bestückt werden und auch die Türkei wurde bereits ins Modevisier
genommen. Ebenso wie man auch noch den asiatischen und
amerikanischen Markt erobern will und 2007 die Männerkollektion
„Blutsbruder“ noch weiter wachsen soll. Außerdem hat Karin
Ziegler im August 2005 Tochter Merle zur Welt gebracht, was die
umtriebigen Modefrauen gleich zur „Blutsbaby“-Kollektion inspirierte,
mit der man nun auch Kinderläden angehen will. „Wir
haben also noch gut zu tun“, erklärt Christina Haneberg. „Angekommen
sind wir noch lange nicht.“
Kontakt: Blutsgeschwister, Mörikestr. 34, 70178 Stuttgart,
Tel. 0711-707109-0, www.blutsgeschwister.de
VON OBEN LINKS: Er ist der absolute Hahn im kunterbunten Klamottenstall: Blutsgeschwister-Grafiker Marc Lorch, der der Website, Flyern, Newslettern, Einladungen,
Aufklebern und Aufdrucken das richtige Outfit verpasst. Seine Kollegin hat gut lachen, denn sie ist in ihrem Wunderland der Mode angekommen:
Produktions- und Designassistentin Julia Krohn setzt die Entwürfe von Modechefin Karin Ziegler schnitttechnisch um und hilft dabei, die Blutsgeschwister-Kollektionen
auf die Stange zu bringen. Die Stuttgarter Mode-Label-Chefinnen Christina Haneberg (l.) und Karin Ziegler können mit ihren
Kreationen mehr als zufrieden sein. Ob wildes Stilmix-Ensemble, Kapuzenkleid oder Sweater-Mantel – sie alle treffen auf begeisterte Trägerinnen. Damit die Klamotten
europaweit auch in die Läden finden, dafür sorgt Ute Helmstetters, die für den Vertrieb verantwortlich zeichnet und Ansprechpartnerin für PR-Fragen ist