sRegensburg - Mieterbund Regensburg e.V.
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Aus dem Landesverband BAYERN<br />
■ Nürnberg<br />
- CBL ist keine<br />
neue Krankheit, sondern<br />
eine angeblich geniale Methode<br />
für Kommunen, das chronisch<br />
klamme Stadtsäckel zu<br />
entlasten. Cross-Border-Leasing,<br />
so die genaue Bezeichnung,<br />
bedeutet nichts anderes,<br />
als dass ein in kommunales Eigentum<br />
stehendes Objekt unter<br />
Ausnutzung US-amerikanischen<br />
Steuerrechts bis zu 99 Jahre in<br />
die USA und damit eben crossborder,<br />
also grenzüberschreitend<br />
an einen aus US-Banken bestehenden<br />
Trust verleast wird, der<br />
das Objekt sogleich wieder an<br />
die Kommune zurück verleast.<br />
Die bei dieser Transaktion in den<br />
USA anfallende Steuerrückerstattung<br />
wird zwischen der<br />
Kommune und dem Trust geteilt.<br />
Bayernweit bekannt wurde<br />
dieses Modell, als die Landeshauptstadt<br />
München ihr Rathaus<br />
verleasen wollte. Doch warum<br />
interessiert sich ein Mieterverein<br />
für dieses Thema.<br />
HOCHRISKANTES GESCHÄFT<br />
„Das Ganze ist eine hochriskante<br />
Augenwischerei“, erklärt der<br />
Geschäftsführer des Mietervereins<br />
Nürnberg, Hans W. Halbig.<br />
Halbig weiß, wovon er redet,<br />
immerhin plant seine Heimatstadt<br />
inzwischen bereits das<br />
vierte CBL-Geschäft seit 1998.<br />
Waren es zunächst 66 Straßenund<br />
U-Bahnen, folgte bald darauf<br />
ein CBL bei den städtischen<br />
Klärwerken und der Kanalisation.<br />
Jetzt steht mit einem Volumen<br />
von einer Milliarde Euro<br />
und einem vorhergesagten Ertrag<br />
von 40 bis 50 Millionen Euro<br />
ein CBL-Geschäft mit der<br />
Röhre der U-Bahnlinie 1 an.<br />
„Damit mit der Transaktion in<br />
den USA überhaupt ein Steuervorteil<br />
erzielt werden kann,<br />
muss der Leasingvertrag USamerikanischem<br />
Recht unterworfen<br />
und für eine derart lange<br />
Zeit abgeschlossenen werden,<br />
dass der Vertrag nach US-Recht<br />
einer Eigentumsübertragung<br />
gleichkommt“, erläutert Halbig<br />
die rechtlichen Hintergründe eines<br />
solchen Geschäfts. Soll es<br />
also überhaupt zu einer Steuerrückerstattung<br />
kommen, müs-<br />
18 MieterZeitung 3/2003<br />
MIETERVEREIN NÜRNBERG WARNT<br />
VOR CROSS-BORDER-LEASING<br />
Der dubiose Onkel<br />
aus Amerika<br />
se dem zuständigen Finanzamt<br />
in den USA ein quasi endgültiger<br />
Eigentumsübergang vorgegaukelt<br />
werden, da andernfalls<br />
die ebenfalls vertraglich vorgesehene<br />
Rückübertragung auf die<br />
deutsche Kommune den Steuertrick<br />
vereiteln würde.<br />
Bemerkenswert sei dabei, dass<br />
der dabei immer wieder angeführte<br />
„US-Investor“, an den die<br />
kommunale Einrichtung verleast<br />
wird, weder irgendetwas<br />
investiert – die zu verleasenden<br />
kommunalen Einrichtungen<br />
gibt es ja längst – noch überhaupt<br />
eine greifbare natürliche<br />
oder juristische Person ist.<br />
Tatsächlich handelt es sich um<br />
einen nur für diesen Zweck von<br />
in den USA ansässigen Banken<br />
ins Leben gerufener Trust, der<br />
häufig zur Vertragsabwicklung<br />
auch noch eine auf den Cayman<br />
Islands einschaltet.<br />
KOMMUNALPOLITIKER OFT<br />
BLAUÄUGIG<br />
„Viele Kommunalpolitiker können<br />
die rechtliche und wirtschaftliche<br />
Problematik gar<br />
nicht voll erfassen, manche wollen<br />
es aber einfach auch nicht“,<br />
argwöhnt der Geschäftsführer<br />
des Mietervereins Nürnberg.<br />
Tatsächlich würde das CBL-<br />
Modell von den Vertretern der<br />
beteiligten Banken als eine Art<br />
finanzielle Wundertüte verkauft,<br />
aus der sich geschwind<br />
die Lösung aller kommunalen<br />
Haushaltsprobleme zaubern<br />
lässt. Die Risiken, die sich aus<br />
der Art des Vertrages und seiner<br />
langen Laufzeit ergäben, würden<br />
jedoch klein geredet oder<br />
ganz verschwiegen.<br />
KOMMUNEN AUF<br />
UNABSEHBARE ZEIT<br />
IN DER PFLICHT<br />
Nicht allein die überlange Vertragslaufzeit<br />
bereitet Halbig<br />
Sorgen, denn „Wer kann schon<br />
absehen, was in fünfzig oder<br />
hundert Jahren ist?“. Bedenklich<br />
ist für ihn auch, dass der<br />
„US-Investor“ eben wegen seiner<br />
eigentümerartigen Stellung<br />
ganz erhebliche Rechte und Ansprüche<br />
hat. So sei die Gemeinde<br />
verpflichtet, die Anlage<br />
während der gesamten Laufzeit<br />
im ursprünglich vereinbarten<br />
Umfang zu betreiben und instand<br />
zu halten. Tut sie es nicht,<br />
könne der so genannte Investor<br />
kündigen und Schadensersatz<br />
geltend machen. „Was passiert<br />
eigentlich, wenn ein auf diese<br />
Weise verleastes Klärwerk lange<br />
vor Ablauf des Vertrages gar<br />
nicht mehr gebraucht wird?“,<br />
fragt sich Halbig zu Recht. In<br />
DER VORSTAND HAT DAS WORT<br />
diesem Falle müsse die Gemeinde<br />
ein wirtschaftlich unsinniges<br />
Objekt weiter betreiben,<br />
um sich nicht schadensersatzpflichtig<br />
zu machen.<br />
DIE STAATSREGIERUNG<br />
WARNT<br />
Die zunehmende Lust bayerische<br />
Kommunen am Risiko hat<br />
bereits das bayerische Innenministerium<br />
auf den Plan gerufen.<br />
Dort warnt man bereits eindringlich<br />
vor der riskanten Finanzierungsmethode.<br />
Sie führe<br />
zu unkalkulierbaren Risiken,<br />
die im Interesse der Bürgerinnen<br />
und Bürger nicht hingenommen<br />
werden dürften. Im<br />
Hause Beckstein wird man aber<br />
noch deutlicher: „Außerdem<br />
entsteht in der Öffentlichkeit ein<br />
verheerendes Bild, wenn Kommunen<br />
auf Steuertricks hart an<br />
der Grenze zur Legalität zurückgreifen<br />
und gleichzeitig von den<br />
Bürgern, die ohnehin viel Steuern<br />
zahlen müssen, Ehrlichkeit<br />
und hundertprozentige Gesetzestreue<br />
verlangt wird!“<br />
WAS HEISST CBL<br />
FÜR MIETER?<br />
CBL kann ganz schnell auch für<br />
Mieter kommunaler Wohnungen<br />
aktuell werden. Der Mieterverein<br />
Nürnberg fürchtet, dass<br />
mit der Tunnelröhre der Nürnberger<br />
U-Bahnlinie 1 das Ende<br />
der Liste „CBL-fähiger“ Objekte<br />
noch nicht erreicht ist. „Wir<br />
bereiten uns jetzt schon auf den<br />
Tag vor, an dem die erste kommunaleWohnungsbaugesellschaft<br />
an den Onkel aus Amerika<br />
verschachert wird“, gibt sich<br />
Hans Halbig kämpferisch. ■<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
„jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine angemessene Wohnung. Die Förderung<br />
des Bauens billiger Volkswohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden.“<br />
So steht´s in Artikel 106 der Bayerischen Verfassung.<br />
Für mich als wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion und stellvertretender<br />
Vorsitzender des DMB Bayern ist dies ein klarer Auftrag: Der angemessene<br />
Wohnraum muss bezahlbar, ausreichend groß und vor unverschuldetem<br />
Verlust gesichert sein. Familien mit Kindern sollen besonders gefördert werden.<br />
Genossenschaftliches Wohnen, Eigentum und Wohnen zur Miete stehen<br />
grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander und müssen im Grundsatz auch<br />
Rainer Volkmann<br />
gleichberechtigt gefördert werden.<br />
Die bayerische Landesregierung muss an diesen Verfassungsauftrag erinnert und zu seiner Umsetzung<br />
gezwungen werden. Ich bin bereit, auch nach der kommenden Landtagswahl weitere fünf Jahre hierzu<br />
mit vollem Einsatz beizutragen. Herzlichst Ihr MdL Rainer Volkmann