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HEINZ Magazin Dortmund 05-2017

HEINZ Magazin Mai 2017, Ausgabe für Dortmund

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D<br />

ie letzte Behausung des Menschen ist ein kleiner Raum. Ein<br />

Zimmer aus Kiefer-, Fichten-, Eichenbrettern. Eine Ruhestätte.<br />

Ein Raum zum Verwesen oder eine Brennkammer für die Einäscherung.“<br />

So prosaisch beschreibt Rossmann sein Verhältnis zu den<br />

letzten vier Wänden. Das mit Erinnerungen und Emotionen aufgeladene<br />

Volumen ist für den ehemaligen Verleger und <strong>HEINZ</strong>-Herausgeber Projektionsraum<br />

für die künstlerische Reflexion über Sterben, Tod, Glauben<br />

und Gesellschaft. Allein vier seiner Erdmöbel beschäftigen sich mit Religion.<br />

Seine Stilmittel erinnern an Modelleisenbahnlandschaften und<br />

Krippenarrangements. Sarg Nummer Eins mit dem Titel „Das jenseitige<br />

Tal“ beinhaltet eine idyllische Landschaft à la Allgäu mit einem kleinen<br />

Flüsschen. Sieht so das Paradies aus? Oder Sarg Drei „Die Himmelfahrt“.<br />

Ein Hubschrauber wartet auf diejenigen, die auf einer Treppe der Totenlade<br />

entsteigen. Wer jetzt annimmt, der Künstler sei ein gläubiger Zeitgenosse,<br />

liegt verkehrt. Rossmann zitiert zur Charakterisierung seines<br />

Standpunktes Karl Marx: „Religion ist Opium des Volkes“. Ein Glaube sei<br />

an die Existenz des lebenden Körpers gebunden und reines Menschenwerk.<br />

Dies gelte für die fünf Weltreligionen und die weltweit an die 670<br />

Kirchen, Kulte und weltanschaulichen Bewegungen, so der Wuppertaler.<br />

„Bis dass der Tod uns scheidet“ heißt konsequenterweise daher ein<br />

Sarg mit religiösen Insignien, deren Präsentation an die Zurschaustellung<br />

von Reliquien erinnert. Formal etwas aus der Reihe scheint „Blackbox“<br />

zu fallen. Der Sarg wird dominiert von einem Original Flight Recorder<br />

aus einer ukrainischen Antonow. Getragen wird der orangefarbene<br />

Recorder von einer schweren Granitgrabplatte mit einem Zitat aus Nietzsches<br />

Religionskritik „Der Tod Gottes wird ausgerufen.“ Nähert sich der<br />

Besucher der Totenlade, sind anschwellende Herzschläge zu hören, die<br />

nach einiger Zeit wieder verstummen. Gegen den Vorwurf, der Sarg sei<br />

von seiner Intention etwas makaber, wehrt sich der Künstler. Er bezeichnet<br />

die letzten aufgezeichneten Minuten eines Menschen als „etwas besonders<br />

Dramatisches und Erhabenes“.<br />

Zurück zu den Wurzeln allen Lebens kehrt Rossmann mit seiner Installation<br />

„Wir alle sind nur Sternenstaub“. Auf einem langen Tisch mit<br />

sieben nostalgisch anmutenden Haushaltswaagen zeigt er chemische<br />

Verbindungen in amorpher Form, deren Elemente im menschlichen Organismus<br />

vertreten sind, darunter Kohlenstoff und Eisen. Die jeweiligen<br />

Mengen auf den Wiegeschalen entsprechen dem Gewicht der Asche einer<br />

Kremierung. Beigefügte nummerierte hitzebeständige Schamottesteine<br />

verweisen auf die Praxis im Bestattungswesen, so die Identität der<br />

Eingeäscherten festzuhalten. Öffentliche Premiere hat in Duisburg auch<br />

ein zehn Meter breites Wandbild mit der Darstellung aller über Jahrtausende<br />

je Geborenen und je Gestorbenen in Form von Icons. Unterschiedliche<br />

farbliche Zuweisungen bilden gewaltsame Todesursachen<br />

der Menschheit von der Früh- bis zur Jetztzeit ab.<br />

Anlässlich der Ausstellungseröffnung fällt auch der Startschuss für die<br />

Abstimmungs-Website zur „Gotteswahrscheinlichkeit“. Die Frage von<br />

Gottes Existenz oder Nichtexistenz wird auf der Site in sieben Kategorien<br />

thematisiert. Den Begriff der Gotteswahrscheinlichkeit prägte der<br />

britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins. In seinem 1999 erschienenen<br />

Bestseller „The God Delusion“ (als deutsche Übersetzung 2007 veröffentlicht:<br />

„Der Gotteswahn“) verortet er in seiner Siebener-Skala auch<br />

den eigenen Standpunkt in der Glaubensfrage.<br />

Während der Ausstellung finden an zwei Samstagen auf der Duisburger<br />

Königstraße und am Innenhafen zwei Videoaktionen statt. Passanten<br />

werden gebeten, den Satz „Ich werde sterben“ in die Kamera<br />

zu sprechen. Rossmann hat diese Aktion auch schon 2015 während der<br />

Ausstellung in Wuppertal mit den Besuchern der Schwarzbach-Galerie<br />

durchgeführt. „Das bei YouTube zu sehende Video offenbart die subtilen<br />

Nuancen, mit denen Menschen die unumstößliche Aussage treffen. Bei<br />

dem einen tritt Melancholie zu Tage, andere wiederum tragen körpersprachlich<br />

eher Gelassenheit oder Ergebenheit zur Schau“, beschreibt<br />

der Künstler die Bandbreite an Reaktionen. Ein Fazit, welche Reaktionen<br />

die Ausstellung „Sieben Särge“ bei den Besuchern und Besucherinnen<br />

hervorrufen wird, kann Rossmann spätestens am 4. Juni ziehen. jpsz<br />

❚ SIEBEN SÄRGE cubus kunsthalle duisburg (im Kantpark), Friedrich-Wilhelm-Str. 64, Duisburg, Tel. (0203)<br />

26236; Dauer: 6.5.-4.6., Mi-So 14-18 Uhr; Eröffnung: 5.5., 19 Uhr; Videoaktionen: Sa, 6.5., 11.30-13.30 Uhr<br />

Königstraße gegenüber Karstadt und Sa, 13.5., 14.30-16.30 Uhr Am Innenhafen/Ecke Philosophenweg. Das<br />

Aktions-Video wird am 4.6., 15 Uhr in der cubus kunsthalle gezeigt. www.siebensaerge.de<br />

GLAS<br />

3€<br />

0,3 L<br />

STAMMWÜRZE 18 %<br />

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