1 Ob Trenner & Friedl bei der Namenswahl für ihre Lautsprecher ein ...
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I M A G E H I F I 2 / 9 7 : G O R D O N<br />
<strong>Ob</strong> <strong>Trenner</strong> & <strong>Friedl</strong> <strong>bei</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Namenswahl</strong> <strong>für</strong> <strong>ihre</strong> <strong>Lautsprecher</strong> <strong>ein</strong><br />
beson<strong>der</strong>s glückliches Händchen hatten,<br />
wage ich zu bezweifeln, wenn ich an<br />
Zeitgenossen wie Roland Kraft denke.<br />
Der definiert Jazz nämlich beharrlich so:<br />
"Da spielt je<strong>der</strong>, was er will, und alle<br />
spielen gegen<strong>ein</strong>an<strong>der</strong>." Wie sollte er sich<br />
also <strong>für</strong> Boxen mit den Namen "Miles",<br />
"Walker", "Duke", "Mingus" o<strong>der</strong><br />
"Gordon" erwärmen? Na ja, vielleicht<br />
könnte Gordon <strong>bei</strong> dem Science-Fiction-<br />
Begeisterten Kollegen doch noch <strong>ein</strong>ige<br />
positive Assoziationen hervorrufen –<br />
Flash statt Dexter. Mich jedenfalls<br />
brachten auf <strong>der</strong> letztjährigen High-End<br />
Vienna all<strong>ein</strong> die originellen Bezeichnungen<br />
dazu, dem jungen Hersteller<br />
mehr als <strong>ein</strong>en flüchtigen Blick zu<br />
gönnen. Im Mai in Frankfurt stellten<br />
<strong>Trenner</strong> & <strong>Friedl</strong> dann <strong>ihre</strong>n Gordon<br />
vor, und Andreas <strong>Friedl</strong>s<br />
Überredungskünste waren schließ1ich stärker als m<strong>ein</strong>e Abneigungen gegen Hörtests unter Messebedingungen, so daß ich<br />
in den Genuss <strong>ein</strong>er <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den besten Vorführungen auf <strong>der</strong> High End kam. Der Gordon erwies sich als ungem<strong>ein</strong> schnell<br />
und war <strong>bei</strong> guten Aufnahmen nicht mehr zu orten, machte aber <strong>für</strong> das akustisch gewiss nicht ideale Hotelzimmer schon<br />
<strong>ein</strong> wenig zuviel Bass - viel versprechende Voraussetzungen <strong>für</strong> <strong>ein</strong>en Test also, denn <strong>ein</strong>e kräftige Tieftonwie<strong>der</strong>gabe hat in<br />
m<strong>ein</strong>em Hörraum ja noch nie geschadet. Die Firma <strong>Trenner</strong> & <strong>Friedl</strong>, die sich außerdem <strong>Lautsprecher</strong>bau auch dem Vertrieb<br />
<strong>der</strong> Produkte von George Cardas und <strong>der</strong> Raumakustikelementen von Tube Traps in Österreich widmet, entstand aus<br />
<strong>ein</strong>er eher zufälligen Begegnung <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den heutigen Firmeninhaber.<br />
Andreas <strong>Friedl</strong> betrat <strong>ein</strong>es schönen Tages das Computergeschäft von Peter <strong>Trenner</strong> – <strong>ein</strong>em <strong>der</strong> größten Internet-Anbieter<br />
<strong>der</strong> Alpenrepublik. Wie es sich in <strong>ein</strong>em guten Beratungsgespräch gehört, kommt die Rede natürlich auch auf den beabsichtigten<br />
Verwendungszweck <strong>für</strong> den Computer, und Andreas <strong>Friedl</strong> erwähnt Simulations- und Me8programme <strong>für</strong> die <strong>Lautsprecher</strong>entwicklung.<br />
Musikfreund <strong>Trenner</strong> benötigt <strong>für</strong> s<strong>ein</strong>e – wie er zugibt – damals nicht gerade high- endige HiFi-<br />
Anlage neue Boxen und bietet <strong>ein</strong>en Tausch Rechner gegen <strong>Lautsprecher</strong> an. Man ver<strong>ein</strong>bart <strong>ein</strong>e angemessene Bedenkzeit,<br />
und just an dem Tag, an dem sich Peter <strong>Trenner</strong> entschloss, nun doch <strong>ein</strong>mal nachzufragen, wie es mit <strong>der</strong> Annahme s<strong>ein</strong>es<br />
Angebots stehe, erreicht ihn Andreas <strong>Friedl</strong>s Anruf mit <strong>ein</strong>er positiven Antwort. Nach dem ersten gem<strong>ein</strong>samen Hören ist<br />
<strong>der</strong> Computerfachmann dann von den Boxenbaukünsten s<strong>ein</strong>es neuen Bekannten so be<strong>ein</strong>druckt, da8 er es <strong>für</strong> viel zu schade<br />
hält, sie <strong>ein</strong>er breiteren Öffentlichkeit vorzuenthalten. Und von da zur Gründung <strong>ein</strong>er gem<strong>ein</strong>samen HiFi-Firma war es<br />
nur <strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>er Schritt. Das Programm von <strong>Trenner</strong> & <strong>Friedl</strong> umfasst bisher drei <strong>Lautsprecher</strong>typen. Es beginnt mit dem<br />
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Walker, <strong>ein</strong>em Zwei-Wege-Modell zum Paarpreis von 8000 Mark. Danach folgt<br />
<strong>der</strong> Miles, <strong>ein</strong>e Standbox in Drei-Wege-Technik.<br />
Der aktive Subwoofer Mingus und das teilaktive Topmodell Duke befinden sich<br />
noch im Entwicklungsstadium, so dass <strong>der</strong> Gordon momentan das Optimum<br />
dessen darstellt, was die <strong>bei</strong>den Grazer zu bieten haben. Dass <strong>der</strong> Bericht über<br />
ihn entgegen früherer Ankündigungen erst in diesem image hifi ersch<strong>ein</strong>t, haben<br />
übrigens we<strong>der</strong> <strong>Trenner</strong> & <strong>Friedl</strong> noch die Redaktion zu verantworten. Werksferien <strong>bei</strong>m Chassis-Hersteller Audax und<br />
Probleme mit dessen Zulieferer <strong>für</strong> die Schwingspulen waren <strong>der</strong> Grund da<strong>für</strong>, dass das erste Serienmodell des Gordon erst<br />
<strong>für</strong> diese Ausgabe zur Verfügung steht. Aber trotz <strong>der</strong> Terminprobleme lassen <strong>Trenner</strong> & <strong>Friedl</strong> auf <strong>ihre</strong>n Chassis-<br />
Fabrikanten nichts kommen, liefert er ihnen doch momentan noch den 17-Zentimeter-Mitteltöner weltexklusiv. Bisher sind<br />
die Osterreicher also die <strong>ein</strong>zigen, die den zurzeit noch in Handar<strong>bei</strong>t produzierten <strong>Lautsprecher</strong> mit <strong>ein</strong>er Membran aus<br />
<strong>ein</strong>em Keramik-, Karbonfaser- und Glasfibergemisch <strong>ein</strong>setzen. Der Materialmix sorgt selbst <strong>bei</strong> <strong>ein</strong>er Materialstärke von<br />
nur <strong>ein</strong>em Zehntelmillimeter <strong>für</strong> ausreichende Steifigkeit. Partialschwingungen treten sogar erst <strong>ein</strong>e Oktave höher als <strong>bei</strong><br />
den vielgepriesenen Aerogel-Membranen auf. Eine zwischen fünf und sechs Kilohertz gemessene, schnell abklingende Materialresonanz<br />
mit hoher Amplitude wird durch <strong>ein</strong>en schmalbandigen Saugkreis bedämpft. Dies erlaubt es, <strong>ein</strong>e Frequenzweiche<br />
mit geringer Flankensteilheit <strong>ein</strong>zusetzen und den Mitteltöner sanft nach oben hin auslaufen zu lassen.<br />
Die extrem leichte Membrane lässt <strong>ein</strong>e hohe Beschleunigung zu, die Steigzeit soll sogar <strong>der</strong> <strong>der</strong> meisten Gewebekalotten<br />
überlegen s<strong>ein</strong>. Die geringe bewegte Masse ist auch <strong>der</strong> Grund da<strong>für</strong>, dass in diesem System kaum Energie gespeichert wird,<br />
was wie<strong>der</strong>um <strong>ein</strong> nahezu optimales Abklingverhalten gewährleistet.<br />
Um die Vorteile des neuen Mitteltöners nicht durch Reflexionen von <strong>der</strong> Rückwand zunichte zu machen, lassen ihn <strong>Trenner</strong><br />
und <strong>Friedl</strong> auf <strong>ein</strong> nach hinten offenes Gehäuse ar<strong>bei</strong>ten. Das Chassis kann daher beson<strong>der</strong>s im Grundtonbereich freier<br />
"atmen". Weniger energiereiche, höherfrequente Schallanteile werden mit Schafwolle bedämpft und treten daher nicht auf<br />
<strong>der</strong> Gehäuserückseite aus. Die Tieftöner des Gordon stammen ebenfalls aus <strong>der</strong> Produktion von Audax, werden nach den<br />
Spezifikationen <strong>der</strong> Grazer gefertigt und besitzen Membranen aus Aerogel. Bei den 25-Zentimeter-Chassis wird jedoch<br />
nicht das bekannte HD-A verwendet, son<strong>der</strong>n <strong>ein</strong>e Weiterentwicklung mit <strong>der</strong> poetischen Bezeichnung HD-I 2, die noch<br />
<strong>ein</strong>mal härter und leichter s<strong>ein</strong> soll. Die Schwingspulen <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den<br />
Langhuber sind mit Flachdraht gewickelt und haben <strong>ein</strong>en<br />
Durchmesser von 45 Millimetern. Die Anordnung <strong>der</strong> <strong>bei</strong>den<br />
Ba8chassis Rücken an Rücken nennen <strong>Trenner</strong> & <strong>Friedl</strong> "mechanische<br />
Gegenkopplung". Da<strong>bei</strong> sind die <strong>bei</strong>den Druckgu8körbe mit drei<br />
massiven Stahlwellen fest mit<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> verbunden. Auf diese Stangen<br />
wirken von <strong>bei</strong>den Seiten gleich große Druck- und Zugkräfte, was nach<br />
den Erfahrungen <strong>der</strong> Konstrukteure die Schwingungsanregung des<br />
Gehäuses minimiert. Da sich tieffrequenter Schall kugelförmig<br />
ausbreitet, höhere Frequenzen von den <strong>Lautsprecher</strong>n jedoch gerichtet<br />
abgestrahlt werden, erlaubt es die seitliche Anordnung <strong>der</strong> Ba8treiber, in<br />
<strong>der</strong> Frequenzweiche <strong>ein</strong> Filter niedriger Ordnung zu verwenden, was<br />
dem Phasengang zugute kommt.<br />
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Mindestens ebenso wichtig wie die Art und Anordnung <strong>der</strong> Tieftöner ist <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e<br />
exakte und impulstreue Baßwie<strong>der</strong>gabe <strong>ein</strong> möglichst resonanzarmes Gehäuse.<br />
Und hier treiben <strong>Trenner</strong> und <strong>Friedl</strong> <strong>ein</strong>en enormen Aufwand: Die Box hat <strong>ein</strong>e<br />
Wandstärke von 25 Millimetern, und die Schallwand wird gar aus <strong>ein</strong>er 38 Millimeter<br />
dicken MDF- Platte gefräst. Elf Verstrebungen sorgen im Inneren <strong>für</strong> zusätzliche<br />
Stabilität. Da<strong>bei</strong> wurden die Streben in variierenden Abständen und Winkeln<br />
zu<strong>ein</strong>an<strong>der</strong> angebracht, um zu verhin<strong>der</strong>n, da8 gleich gro8e Flächen mit <strong>der</strong>selben<br />
Frequenz und Amplitude schwingen und so <strong>ein</strong>e gehäusespezifische Resonanz<br />
verursachen. Die mit CNC-Maschinen hergestellten, vielfach verdübelten Formteile<br />
verbinden auch jeweils nur entwe<strong>der</strong> die Schall- o<strong>der</strong> die Rückwand mit den<br />
Seitenteilen, um Schwingungsübertragungen zwischen den <strong>bei</strong>den zu verhin<strong>der</strong>n.<br />
Dem massiven Birnenholz, aus dem die hinteren Kanten des Gordon geformt<br />
sind, sprechen <strong>Trenner</strong> & <strong>Friedl</strong> wegen s<strong>ein</strong>er Maserung <strong>ein</strong>e "akustische Laufrichtung"<br />
zu.<br />
Nicht zufällig wurden also genau hier zwei <strong>der</strong> gehärteten Stahlspikes platziert. Ein<br />
weiterer sitzt mittig unter <strong>der</strong> Schallwand. Nach Versuchen mit Kunstst<strong>ein</strong>, Lackoberflächen,<br />
Filz und Schaumstoff entschied sich Andreas <strong>Friedl</strong> <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e Bespannung<br />
<strong>der</strong> Boxenfront mit Rindsle<strong>der</strong>, da s<strong>ein</strong>es Erachtens nur sie über optimale<br />
Reflexions- und Absorptionseigenschaften verfügt. Der zukünftige Besitzer <strong>ein</strong>es<br />
Gordons kann <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Bestellung aus <strong>ein</strong>er ganzen Palette von Farbtönen <strong>für</strong> das<br />
Le<strong>der</strong> wählen. Im Testbetrieb erwies sich das perfekt verar<strong>bei</strong>tete Gehäuse des<br />
Gordon übrigens selbst <strong>bei</strong> extremen Lautstärken als äußert schwingungsarm,<br />
ähnlich dem durch Einspannung <strong>der</strong> Box beruhigtem <strong>der</strong> Darius o<strong>der</strong> dem durch<br />
<strong>ein</strong>en wohlüberlegten Materialmix sehr rigiden <strong>ein</strong>er Wilson Benesch Act One.<br />
Den Hochtonbereich übertragen <strong>bei</strong>m Gordon gleich drei Chassis, jeweils <strong>ein</strong> auf<br />
<strong>der</strong> <strong>Ob</strong>er- und Rückseite montierter Tweeter von Audax sowie <strong>ein</strong>e direkt über<br />
dem Mitteltöner platzierte Variante <strong>der</strong> bekannten Inverskalotte TC 120 Tdx von Focal. Die 30-Millimeter- Kalotte besteht<br />
aus Titan, dem <strong>ein</strong>e sieben Mikrometer dicke Titanoxidschicht zu keramischer Härte verhilft. Dem Serienmodell sagen<br />
<strong>Trenner</strong> & <strong>Friedl</strong> <strong>ein</strong>e leichte Schärfe nach, <strong>für</strong> die sie den nach hinten abgestrahlten Schall verantwortlich machen. Dieser<br />
werde an <strong>der</strong> Polplatte reflektiert und trete dann durch die hauchdünne Membran nach vorne aus. In <strong>ihre</strong>r Spezialversion<br />
kommt <strong>ein</strong> nach <strong>ihre</strong>n Vorgaben gefertigtes Polstück mit <strong>ein</strong>er konischen Bohrung zum Einsatz.<br />
Es schließt sich <strong>ein</strong> aus MDF gedrehtes Gehäuse an, das ebenso wie die Bohrung mit speziellen Dämmstoffen ausgekleidet<br />
ist. Den Zusammenbau <strong>der</strong> Hochtöner übernehmen die <strong>bei</strong>den Grazer übrigens eigenhändig. Die zusätzlichen Tweeter, in<br />
<strong>der</strong> ebenso kunstsinnig wie liebevoll gestalteten Bedienungsanleitung voller audiophiler Tips und Anregungen "Zusatzhochtöner"<br />
genannt, setzen <strong>Trenner</strong> und <strong>Friedl</strong> <strong>bei</strong> all <strong>ihre</strong>n Modellen <strong>ein</strong>. Jene ar<strong>bei</strong>ten mit deutlich geringerem Pegel als <strong>der</strong><br />
Haupthochtöner und sollen <strong>für</strong> <strong>ein</strong>e homogenere Schallverteilung im Hörraum sorgen. Alle, denen diese diffuse Schallabstrahlung<br />
suspekt ersch<strong>ein</strong>t, können durch das Entfernen <strong>ein</strong>es Steckers auf dem Anschlußfeld des Gordon die Zusatzhochtöner<br />
abschalten. Üblicherweise zieren zwei WBT-Terminals die gravierten, tiefdunklen Plexiglasplatten. Auf Wunsch sind<br />
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aber auch wie <strong>bei</strong> m<strong>ein</strong>em Exemplar vier WBTs <strong>für</strong> Bi-Wiring erhältlich. Gegen Aufpreis kann auch <strong>ein</strong>e Impedanzlinearisierung<br />
bestellt werden, um die an sich schon maßvollen Ansprüche des Gordon an die Endstufen noch <strong>ein</strong>mal zu verringern.<br />
Wie <strong>bei</strong>m Cardas-Vertrieb nicht an<strong>der</strong>s zu erwarten, kommen <strong>für</strong> die Innenverdrahtung des Gordon die amerikanischen<br />
Edelkabel zum Einsatz. So verwun<strong>der</strong>t es auch nicht weiter, daß Andreas <strong>Friedl</strong> <strong>für</strong> den Test auf <strong>der</strong> Verwendung des neuen<br />
Topmodells, dem Cardas Golden Cross, besteht - und zwar mindesten vom Vorverstärker bis zum <strong>Lautsprecher</strong>. Da er sich<br />
selbst um die Beschaffung <strong>der</strong> nicht unbeträchtlich langen - und teuren - Kabel <strong>für</strong> m<strong>ein</strong>e Kette kümmert, stimme ich trotz<br />
bekannter Vorbehalte gegen Leitungen dieses Preisniveaus zu - vielleicht lässt sich ja im Laufe des Tests die <strong>ein</strong>e o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />
Alternative finden. Aber bevor es dazu kommt, stellt mich das österreichische Quartett - <strong>Trenner</strong>, <strong>Friedl</strong> und Gordons -<br />
noch vor <strong>ein</strong> logistisches Problem. Denn umweltpolitisch völlig korrekt werden die nicht gerade zierlichen <strong>Lautsprecher</strong> in<br />
äußerst stabilen und entsprechend schweren, wie<strong>der</strong> verwendbaren Flightcases geliefert. Glücklicherweise lässt sich Roland<br />
Kraft überreden, uns <strong>bei</strong>m Transport des Gordons, dessen Vornamen wir im vorsichtshalber verschweigen, zu helfen. Und<br />
zu viert gelingt es uns dann, die Schwergewichte in m<strong>ein</strong>en Hörraum zu schaffen.<br />
Schon <strong>bei</strong> den ersten Tönen begeistern die Gordons mit <strong>ein</strong>er schier umwerfenden Baßgewalt. Andreas <strong>Friedl</strong> zeigt sich<br />
ebenso überrascht wie erfreut, dass <strong>der</strong> Raum auf diese Mengen Tieftonenergie recht unkritisch reagiert, und kann die Wattedämpfer<br />
<strong>für</strong> den Reflexkanal, die er vorsichtshalber mitgebracht hatte, wie<strong>der</strong> <strong>ein</strong>packen. Nach etwa zwei Stunden haben<br />
die Österreicher dann <strong>ein</strong>e <strong>Lautsprecher</strong>position gefunden, die ersten Ansprüchen genügt. Wenn die Boxen mit <strong>ein</strong>em Abstand<br />
von etwa 1,40 Meter zur Rückwand und knapp <strong>ein</strong>em Meter zu den Seitenwänden parallel aufgestellt sind und die<br />
<strong>bei</strong>den Hörsessel so weit nach vorn gerückt werden, dass sich <strong>ein</strong> gleichseitiges Dreieck ergibt, kann sich <strong>der</strong> Hörer an <strong>ein</strong>em<br />
völlig von den Chassis gelösten Klang, <strong>ein</strong>em wohlig fülligen Baßbereich und <strong>ein</strong>er packenden Lebendigkeit erfreuen.<br />
Vor weiterem F<strong>ein</strong>tuning stehen aber nun erst <strong>ein</strong>mal an<strong>der</strong>thalb Wochen intensives Einspielen <strong>der</strong> nagelneuen <strong>Lautsprecher</strong><br />
auf dem Programm. Der CD-Player ar<strong>bei</strong>tet von morgens bis spät abends im Repeat-Modus. Doch zwischendurch<br />
kann ich <strong>der</strong> Neugierde nicht wi<strong>der</strong>stehen und lege Harry James’ Version von "Lara’s Theme", Sheffield Lab-3, auf den<br />
Plattenteller. Die Gordons vermitteln <strong>ein</strong>e recht glaubhafte Vorstellung von <strong>der</strong> leicht halligen Kapelle, faszinieren durch<br />
<strong>ihre</strong> rhythmische Leichtigkeit und <strong>ihre</strong> ungeheure Schnelligkeit. Die Combo swingt mitrei8end, die Bläsersätze kommen<br />
genau auf den Punkt, die Bass-Drum habe ich in m<strong>ein</strong>em Raum noch nie mit so viel Druck gehört – alles bestens also?<br />
N<strong>ein</strong>, lei<strong>der</strong> nicht ganz. M<strong>ein</strong>e Darius und <strong>der</strong><br />
Terra-Subwoofer haben den Schlagzeuger <strong>ein</strong><br />
deutliches Stück weiter nach hinten gesetzt,<br />
insgesamt <strong>ein</strong>e überzeugen<strong>der</strong>e Tiefenstaffelung<br />
geboten. Ein paar weitere Platten bestätigen den<br />
Eindruck: Die Darstellung <strong>der</strong> Raum- tiefe<br />
gelingt den Gordons noch nicht so gut, wie ich<br />
es von m<strong>ein</strong>em System gewohnt bin. Um die<br />
Suche <strong>ein</strong>er besseren <strong>Lautsprecher</strong>position komme<br />
ich also nicht herum – und das <strong>bei</strong> dem<br />
Gewicht <strong>der</strong> Gordons. Die Muskelar<strong>bei</strong>t beginnt<br />
mit <strong>der</strong> Verbannung des Terra aus dem<br />
Hörraum – denn obwohl linnscher Philosophie<br />
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ansonsten in k<strong>ein</strong>ster Weise verfallen, bin ich dennoch <strong>ein</strong> überzeugter Verfechter des Single-Speaker-Gedankens. Und <strong>bei</strong><br />
dem soliden Tieftonfundament <strong>der</strong> Gordons hatte das Hinzuschalten des Terra k<strong>ein</strong>e Verbesserung <strong>der</strong> Raumillusion gebracht<br />
– zum ersten Mal in m<strong>ein</strong>em Hörraum überhaupt und nur so kurz nach m<strong>ein</strong>em flammenden Plädoyer <strong>für</strong> Subwoofer!<br />
Das könnte ich den Gordons schon fast persönlich übelnehmen ... Die Anstrengung hat sich jedenfalls gelohnt: Die<br />
Baßwie<strong>der</strong>gabe gerät nun <strong>ein</strong> wenig trockener, was <strong>ein</strong>en grö8eren Spielraum <strong>für</strong> die Platzierung <strong>der</strong> <strong>Lautsprecher</strong> in Wandnähe<br />
eröffnet. Die Gordons wan<strong>der</strong>n 30 Zentimeter näher zur Rückwand und auch fast 20 Zentimeter dichter an die Seitenwände,<br />
doch ohne den gewünschten Erfolg: Die Tiefenstaffelung gelingt auch hier nur geringfügig besser. Ein leichtes<br />
Einwinkeln auf den Hörplatz macht sich positiv bemerkbar, und die direkte Ausrichtung <strong>der</strong> <strong>Lautsprecher</strong> auf den bevorzugten<br />
Sessel wie<strong>der</strong> auf s<strong>ein</strong>em Stammplatz steht, verleiht <strong>der</strong> Raumdarstellung die so lange vermisste Tiefe.<br />
Statt des CD-Players übernehme ich ab sofort allabendlich das weitere Einspielen. N<strong>ein</strong>, diesen Genu8 lasse ich mir nicht<br />
entgehen. Schluss mit <strong>der</strong> Purist- Audio-Enhancement-CD o<strong>der</strong> an- <strong>der</strong>en langweiligen Wie<strong>der</strong>holungen. Die Gordons<br />
dürfen sich nun über so etwas F<strong>ein</strong>es wie Arne Domnerus’ "Antiphon Blues", ATR 004, freuen und ich mich über <strong>ihre</strong><br />
ungem<strong>ein</strong> realistisch wirkende Darstellung des schwebenden Saxophontons in <strong>ein</strong>em hohen Kirchenschiff, untermalt von<br />
den erdverbundenen Klängen <strong>der</strong> majestätischen Orgel. Selbst heftigste Anfor<strong>der</strong>ung im Tiefbaß nehmen <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gabe<br />
nichts von <strong>ihre</strong>r Luftigkeit und Dreidimensionalität. Wenn <strong>der</strong> Gordon so weitermacht, wird er mich vollends in s<strong>ein</strong>en<br />
Bann ziehen, mit <strong>der</strong> nötigen <strong>Ob</strong>jektivität – <strong>für</strong>chte ich – ist es bald nicht mehr weit her. Arthur Fiedlers Interpretation von<br />
Gershwins "Concerto in F", Reissue <strong>der</strong> LSC 2586, machen die Gordons zu <strong>ein</strong>em hinreißenden Erlebnis: Der Rhythmus<br />
des Pianos, die Klangfarben <strong>der</strong> Boston Pops, f<strong>ein</strong>ste Lautstärkeabstufungen im Spiel des Pianisten, im wahrsten Sinne des<br />
Wortes erschütternde Paukenschläge und <strong>ein</strong>e gro8zügig gezeichnete Bühne – <strong>ein</strong> Traum, <strong>ein</strong>e <strong>ein</strong>zige Schwelgerei in Wohlklang.<br />
Noch bleibt zu klären, wie die Gordons auf an<strong>der</strong>e Kabel, die Impedanzlinearisierung o<strong>der</strong> die Abschaltung <strong>der</strong> Zusatzhochtöner<br />
reagieren. Ohne die <strong>bei</strong>den Tweeter gerät die Abbildung minimal kl<strong>ein</strong>er, aber auch schärfer fokussiert. Mister<br />
Fiedler und s<strong>ein</strong> Orchester ersch<strong>ein</strong>en plastischer, griffiger vor dem Hörer. We<strong>der</strong> die tonale Balance noch die räumliche<br />
Darstellung hat unter <strong>der</strong> Vermin<strong>der</strong>ung des Hochtonpegels gelitten: Noch immer steht <strong>der</strong> Flügel groß und beherrschend<br />
im Mittelpunkt, und die Bühne <strong>der</strong> Symphony Hall bietet dem gro8en Orchester in Breite und Tiefe ausreichend Platz. Für<br />
den weiteren Test werde ich zugunsten von mehr Präzision auf den Einsatz <strong>der</strong> Dipolhochtöner verzichten. Da8 sie sich<br />
nicht, wie in <strong>der</strong> Bedienungsanleitung prophezeit, positiv auf<br />
den Klang <strong>der</strong> Gordons auswirken, mag an <strong>der</strong> schrägen<br />
Decke m<strong>ein</strong>es Hörraumes liegen, die nur etwa 45 Zentimeter<br />
vom nach oben abstrahlenden Hochtöner entfernt ist.<br />
Im Falle, dass ich mich nicht mehr von den Gordons trennen<br />
kann, mü8te ich unbedingt <strong>ein</strong>mal mit dem hinteren<br />
Tweeter all<strong>ein</strong> experimentieren. Absolut souverän, ohne die<br />
geringsten Anzeichen von Angestrengtheit lassen die Gordons<br />
den "Cyclone From East" von Bingo Mikis "Montreux<br />
Cyclone", TBM 1801/2, s<strong>ein</strong>e Naturgewalten im Hörraum<br />
entfesseln: Messerscharfe Bläserriffs, dräuende Posaunen,<br />
umwerfend dynamische Soli auf Congas und Drums, <strong>ein</strong>schmeichelnde,<br />
dann plötzlich energiestrotzende Sounds<br />
<strong>ein</strong>er Querflöte und die perlenden Klangfarben <strong>ein</strong>es Fen<strong>der</strong><br />
Rhodes Piano betören mich <strong>der</strong>art, dass ich nach dem Ein-<br />
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stecken <strong>der</strong> Impedanzlinearisierung nur wie<strong>der</strong> entrückt zuhören - ohne irgendwelche Klangverän<strong>der</strong>ungen zu registrieren.<br />
O<strong>der</strong> sollten sich die Higher Fidelity Endstufen von <strong>der</strong> Belastung <strong>der</strong> Gordons so unbe<strong>ein</strong>druckt zeigen, dass sich die angebliche<br />
Ar<strong>bei</strong>tserleichterung <strong>ein</strong>fach nicht bemerkbar macht? Vielleicht fällt es leichter, sich auf analysierendes Hören <strong>ein</strong>zulassen,<br />
wenn nicht gerade <strong>ein</strong>e Jazzscheibe unter <strong>der</strong> Nadel rotiert. Beim "Großen Tor von Kiew" aus den "Bil<strong>der</strong>n <strong>ein</strong>er<br />
Ausstellung" in <strong>der</strong> Version von R<strong>ein</strong>er und dem Chicago Symphony Orchestra, LSC-2201, gelingt es dann, die Auswirkungen<br />
<strong>der</strong> Kompensationsschaltung aufzuspüren: Das Klangbild wirkt minimal freier, frischer und lebendiger – wenn die<br />
Impedanzlinearisierung nicht zugeschaltet wird. Alle Freude über den mächtigen Bass <strong>der</strong> Gordons kann <strong>ein</strong>e gewisse Skepsis<br />
nicht vertreiben: Vielleicht erlauben <strong>Trenner</strong> & <strong>Friedl</strong> <strong>ihre</strong>n <strong>Lautsprecher</strong>n ja in diesem Bereich <strong>ein</strong> wenig zuviel des<br />
Guten. Wenn dem so ist, mü8te es Tsuyoshi Yamamotos "The Way We Were" auf "Girl Talk", TBM 2559, schon mit den<br />
ersten Tönen des gewiß überzogen ausgesteuerten Kontrabasses entlarven. Die Gordons brillieren mit <strong>ein</strong>em glasharten<br />
Piano – dem akustischen Markenzeichen vieler Three Blind Mice Einspielungen<br />
–, leisten sich im Ba8bereich nicht die kl<strong>ein</strong>ste Unsauberkeit und swingen<br />
vergnügt vor sich hin. Nun gut, das bisher <strong>ein</strong>gesetzte van den Hul Grasshopper<br />
IV – Test folgt im nächsten image hifi – zählt eher zu XLO-Tonarmkabel<br />
die Gordons schon eher in Verlegenheit bringen – dachte ich zumindest.<br />
Er schafft es aber auch nicht! Zwar pumpen die Gordons nun erheblich mehr<br />
tieffrequente Energie in den Raum, zu Aufdickungen o<strong>der</strong> gar <strong>ein</strong>em Wummern<br />
lassen sie sich aber nicht <strong>ein</strong>mal ansatzweise verleiten. Ein letzter Versuch<br />
mit den Wadias und Marty Krystalls famosem "Davy The Baby" auf<br />
"Se<strong>ein</strong>g Un known Colours", MA Recordings M015A: Das Stück kommt den<br />
Gordons wirklich entgegen, hier können sie <strong>ein</strong>mal mehr <strong>ihre</strong> enorme Schnelligkeit<br />
demonstrieren, mit <strong>ihre</strong>r <strong>bei</strong> richtiger Aufstellung ausgeprägten Fähigkeit<br />
zu dreidimensionaler Darstellung glänzen und mit <strong>ihre</strong>r Spielfreude den Zuhörer<br />
sofort ins musikalische Geschehen ziehen. Bei <strong>der</strong> fetten, großen Bass-<br />
Drum bin ich jedoch von Darius und Terra <strong>ein</strong> wenig mehr Kontur gewohnt.<br />
Endlich <strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>er Fehler <strong>der</strong> Gordons? Der Austausch <strong>der</strong> Cardas Golden<br />
Cross gegen <strong>ein</strong> schwarzes L’Espace NF- und <strong>ein</strong> speziell verschaltetes<br />
L’Espace <strong>Lautsprecher</strong>kabel bringen im Baßbereich das entscheidende bi8chen<br />
zusätzliche Kontrolle und sogar <strong>ein</strong>en Hauch mehr räumliche Tiefe. Da<strong>für</strong><br />
min<strong>der</strong>n sie aber subjektiv die Lautstärke, verringern die Breite <strong>der</strong> Bühne und<br />
rauben <strong>der</strong> gesamten Darbietung <strong>ein</strong> Quäntchen Schwung. Und wer wollte<br />
darauf schon wegen minimal verbesserter Kontrolle im Baßbereich verzichten?<br />
Aber egal, welche tonale F<strong>ein</strong>abstimmung man letztendlich vorzieht:<br />
Die Gordons steigern nicht nur den Spaß an <strong>der</strong> Musik ganz immens, son<strong>der</strong>n<br />
zeigen auch äußert penibel die Stärken und Schwächen <strong>der</strong> vorgeschalteten<br />
Kette auf – <strong>ein</strong> ideale Kombination aus Genussmittel und Ar<strong>bei</strong>tsgerät also.<br />
<strong>Trenner</strong> & <strong>Friedl</strong> werden mit <strong>ihre</strong>m Gordon den etablierten Namen im Boxenbau<br />
das Leben <strong>ein</strong> gutes Stück schwerer machen.<br />
Autor: Dirk Sommer<br />
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