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Der Riese und der Zwerg oder der bunte Vogel - Kolping-Augsburg.de

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Diözesanverband <strong>Augsburg</strong><br />

Märchenkoffer<br />

Arbeitsheft<br />

für Leitungskräfte im <strong>Kolping</strong>werk Diözesanverband <strong>Augsburg</strong><br />

Warum Märchenkoffer?<br />

Eine Kleine Einführung<br />

Aktionsvorschläge<br />

l Lesenacht<br />

l Filmnachmittag/Filmnacht<br />

l Schattenspiel<br />

l Märchenwege durch <strong>de</strong>n Märchenwald<br />

l Religiöse Gestaltung mit Märchen<br />

l Märchen erleben, auch für Senioren


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Impressum<br />

EIn Wort zuvor<br />

Warum Märchenkoffer?<br />

Gestaltungsvorschläge für Aktionen:<br />

1. Lesenacht<br />

2. Filmnachmittag/Filmnacht<br />

3. Schattenspiel<br />

4. Märchenwege durch <strong>de</strong>n Märchenwald<br />

5. Religiöse Gestaltung mit Märchen<br />

6. Märchen erleben, auch für Senioren<br />

Anhang<br />

Impressum<br />

Menschen brauchen Familie<br />

Seite 2<br />

Seite 2<br />

Seite 3<br />

Seite 4<br />

ab Seite ?<br />

Seite ?-?<br />

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Diözesanverband <strong>Augsburg</strong><br />

Herausgeber:<br />

<strong>Kolping</strong>werk DV <strong>Augsburg</strong>, Frauentorstraße 29, 86152 <strong>Augsburg</strong>,<br />

Tel. 0821/3443-133, Fax -172, email: kolpingwerk@kolping-augsburg.<strong>de</strong><br />

V.i.S.d.P: Heinrich Lang - Satz <strong>und</strong> Layout: Björn Salanga<br />

Autoren <strong>und</strong> Zusammenstellung:<br />

Angellika Lausser, Gabriele W<strong>und</strong>erle, Angella Breitsameter<br />

Dieses Arbeitsheft ist nur für <strong>de</strong>n internen Gebrauch innerhalb <strong>de</strong>s<br />

<strong>Kolping</strong>werkes zu verwen<strong>de</strong>n. Alle Rechte vorbehalten. Januar 2004


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

Ein Wort zuvor<br />

Mit dieser Arbeitshilfe wollen wir Euch Anregungen geben <strong>und</strong> neugierig<br />

machen, was Ihr mit Märchen alles machen könnt. Im Inhaltsverzeichnis<br />

könnt Ihr sehen, was Euch alles erwartet. Wir wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Koffer mit<br />

begleiten <strong>und</strong> auch immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> mit neuen I<strong>de</strong>en <strong>und</strong> ausgearbeiteten<br />

Vorschlägen bepacken. Seid also nicht traurig, wenn in dieser Arbeitshilfe<br />

zwar viele I<strong>de</strong>en zum Umsetzen mit Märchen vorgeschlagen sind,<br />

aber nicht für alle konkrete Vorschläge dabei sind. Lasst Euch also überraschen,<br />

was alles zusätzlich im Koffer ist, bis er bei Euch angereist<br />

kommt <strong>und</strong> von <strong>de</strong>n Geheimnissen in Rudis Lesebuch!?<br />

Aber horcht doch mal, klopft da nicht jemand?!<br />

Schaut mal in <strong>de</strong>n Koffer ich glaube es ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Rabe Rudi, wir wollen mal<br />

hören, was er uns so wichtiges zu<br />

sagen hat:<br />

"Krah, krah" - Koffer öffne dich,<br />

Koffer öffne dich - ich bin es, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Rabe Rudi, ich bin ein verzauberter<br />

Kolpertinger - mir sind Flügel<br />

gewachsen, <strong>de</strong>nn ich hab mich<br />

von Märchen einfangen <strong>und</strong> von<br />

ihrer Phantasie beflügeln lassen.<br />

Holt mich hervor aus <strong>de</strong>m Koffer<br />

<strong>und</strong> ich wer<strong>de</strong> Euch auch ins Land<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Märchen entführen.<br />

Also - hier bin ich!!<br />

Eure Märchentanten<br />

Angelika Lausser, Angi Breitsameter, Gabi W<strong>und</strong>erl<br />

3


Warum Märchenkoffer?<br />

Eine kleine Einführung<br />

4<br />

Menschen brauchen Familie<br />

Märchen sind ja ganz unterhaltsam, wer<strong>de</strong>n sie <strong>de</strong>nken <strong>und</strong> vor allem<br />

nett für Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

Schließlich leben wir in einer Zeit in <strong><strong>de</strong>r</strong> so ziemlich alles erforscht ist <strong>und</strong><br />

nirgends Drachen, Meerungeheuer, Feen <strong>und</strong> Nixen <strong>und</strong> alles an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Märchenhafte zu fin<strong>de</strong>n sind. Kann man <strong>de</strong>nn da an<strong><strong>de</strong>r</strong>s. als über die<br />

Märchen lächeln?<br />

Wilhelm Hauff, selber ein Märchendichter, hat in <strong><strong>de</strong>r</strong> Einleitung zu seiner<br />

Märchensammlung diese unglückliche Situation <strong>de</strong>s Märchens<br />

dargestellt:<br />

Das Märchen kommt enttäuscht von <strong>de</strong>n Menschen zu seiner Mutter,<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Phantasie, zurück <strong>und</strong> beklagt sich darüber, dass die Menschen es<br />

so unwürdig behan<strong>de</strong>lt hätten. Seine Botschaft, die ihm die Mutter<br />

Phantasie an die Menschheit mitgegeben hatte, konnte es nicht überbringen.<br />

Die Mume, die Mo<strong>de</strong>, hat das Märchen verleum<strong>de</strong>t, heißt es.<br />

Die Phantasie ist traurig darüber, doch sie stattet das Märchen mit <strong>de</strong>n<br />

prächtigsten Gewän<strong><strong>de</strong>r</strong>n aus. Verklei<strong>de</strong>t als Almanach wagt es sich<br />

noch einmal auf die Er<strong>de</strong>, schleicht sich bei Nacht an <strong>de</strong>n schlafen<strong>de</strong>n<br />

Wächtern - Gelehrten <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Vernunft - vorbei <strong>und</strong> fin<strong>de</strong>t schließlich<br />

doch noch einen Platz. Allerdings nur in <strong>de</strong>n Zimmern <strong><strong>de</strong>r</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>. Die<br />

Wächter haben die Botschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Phantasie an uns zurückgehalten,<br />

<strong>de</strong>nn die Vernunft wollte sie nicht akzeptieren. Doch auch aus Hauffs<br />

"Märchen als Almanach" geht hervor, dass die Botschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Königin<br />

Phantasie eigentlich für die Erwachsenen bestimmt war. Die Rettung<br />

<strong>de</strong>s Märchens ins Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>zimmer war keine ganz befriedigen<strong>de</strong> Lösung.<br />

(aus "Ich Narr vergaß die Zauberdinge von Ulla Wittmann)


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

“So, Wilhelm Hauff ist jetzt genug zu<br />

Wort gekommen- jetzt bin ich wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

dran - Euer Rabe Rudi:<br />

Wisst Ihr eigentlich,<br />

l dass Geschichten, Märchen, Fabeln <strong>und</strong> Parabeln seit jeher - ob orientalischen<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> europäischen Ursprungs - zwei Funktionen erfüllten:<br />

Sie dienten <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterhaltung <strong>und</strong> zugleich <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebenshilfe!<br />

l dass Märchen entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> religiöse Aussagen o<strong><strong>de</strong>r</strong> unmittelbare Bezüge<br />

zum menschlichen Zusammenleben enthalten <strong>und</strong> auf <strong>de</strong>n Sinn <strong>de</strong>s<br />

Lebens hin <strong>de</strong>uten.<br />

l dass Märchen Ratgeber sind, die von <strong>de</strong>n Weisen oft anstelle harter<br />

Strafmaßnahmen zur inneren Einkehr <strong><strong>de</strong>r</strong> Übeltäter benutzt wur<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> von <strong>de</strong>n Geknechteten als Ventil ihrer Aggressionen gegen die<br />

ungerechten Herrscher.<br />

l dass Märchen uns von Familien, von unterschiedlichen Familienformen<br />

<strong>und</strong> von ihren inneren Problemen erzählen <strong>und</strong> uns Lösungen an<br />

die Hand geben, die selbst ein Kind intuitiv erfassen kann.<br />

l dass F. Schiller schrieb: "Tiefere Be<strong>de</strong>utung liegt in <strong>de</strong>m Märchen meiner<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>jahre als in <strong><strong>de</strong>r</strong> Wahrheit, die das Leben lehrt." (Die Piccolomini, III, 4)<br />

Jetzt versteht Ihr vielleicht, warum ich, ‘Rabi Rudi’, unbedingt dabei sein<br />

will, wenn Ihr in Euren <strong>Kolping</strong>sfamilien in die phantastische Welt <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Märchen eintaucht <strong>und</strong> die Erfahrung macht:<br />

l dass sich unser Schwerpunktthema "Menschen brauchen Familie" in<br />

Märchen <strong>und</strong> in <strong>de</strong>n Aktionen r<strong>und</strong> ums Märchen wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spiegeln kann.<br />

l dass Märchen generationenumspannen<strong>de</strong>n Charakter haben <strong>und</strong> die<br />

Phantasie beflügeln von Erzählern <strong>und</strong> Zuhörern in <strong>Kolping</strong>jugendgruppen,<br />

in Familienkreisen, in Frauengruppen,....<br />

l dass zum Beispiel Oma <strong>und</strong> Opa aus <strong>de</strong>m Seniorenkreis in <strong><strong>de</strong>r</strong> Rolle<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Märchenerzähler die Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> aus <strong><strong>de</strong>r</strong> KF glücklich machen.<br />

5


6<br />

Menschen brauchen Familie<br />

l dass es sich lohnt, die Märchen aus <strong>de</strong>n Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>zimmern herauszuholen<br />

<strong>und</strong> eine märchenhafte Aktion, ob Theater, Lese- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Filmnacht,<br />

eine Märchenstraße o<strong><strong>de</strong>r</strong> ... in Eurer <strong>Kolping</strong>sfamilie zu starten.<br />

l dass ich ein Rabe bin, <strong>de</strong>n es gleich 3 Mal gibt <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> ganz schön neugierig<br />

ist <strong>und</strong> unbedingt in "Rudis Lesebuch" nachlesen will, wie es<br />

Euch auf Eurer Reise ins Land <strong><strong>de</strong>r</strong> Märchen ergangen ist.<br />

l dass die Diözesanversammlung im Mai 2004 <strong>und</strong> das "Fest <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Generationen" im Juni 2005 märchenhaft wer<strong>de</strong>n.<br />

Na, ist das nicht Gr<strong>und</strong> genug, Eure Nasen noch tiefer in dieses Heft <strong>und</strong><br />

in <strong>de</strong>n Märchenkoffer zu stecken <strong>und</strong> die alten verstaubten<br />

Märchenbücher aus <strong>de</strong>m Regal zu holen:<br />

l Klassische Märchen wie: Frau Holle, König Drosselbart, Schneewittchen,<br />

Schneeweißchen <strong>und</strong> Rosenrot, Märchen aus 1001 Nacht,<br />

Pinoccio, Tischlein <strong>de</strong>ck dich,...<br />

l Mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nere Märchen wie: <strong>Der</strong> kleine Prinz, Momo, Die kleine Hexe,<br />

Ronja Räubertochter, Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> Löwenherz, <strong><strong>de</strong>r</strong> Wunschpunsch, Lenchens<br />

Geheimnis, <strong><strong>de</strong>r</strong> eigensüchtige <strong>Riese</strong>,....<br />

Vielleicht ist Euch ja gleich Euer Lieblingsmärchen in <strong>de</strong>n Sinn gekommen<br />

<strong>und</strong> Ihr seid schon dabei nachzulesen, was sich versteckt hinter <strong>de</strong>m phantasievollen<br />

Gewand <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte. Dann laßt Euch doch inspirieren von:<br />

1. Den I<strong>de</strong>en zur Gestaltung einer märchenhaften Aktion in Eurer<br />

<strong>Kolping</strong>sfamilie, die Ihr in diesem Heft fin<strong>de</strong>t.<br />

2. Den ganzen Utensilien, die wir Euch als Anregung in <strong>de</strong>n Koffer<br />

gepackt haben.<br />

Gestaltungsvorschläge für Aktionen:<br />

1. Lesenacht<br />

2. Filmnachmittag/Filmnacht<br />

3. Schattenspiel<br />

4. Märchenwege durch <strong>de</strong>n Märchenwald<br />

5. Wortgottesdienst mit Märchen


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

Kofferutensilien<br />

l Natürlich ich, Rudi Rabe<br />

l Aladins W<strong>und</strong>erlampe<br />

l Mantel von Zauberer Petrosilius Zwackelmann<br />

l Tücher aus 1001 Nacht<br />

l Gute Rezepte für märchenhafte Köstlichkeiten wie "Sterntaler",<br />

Knusperbrötchen von Hänsel <strong>und</strong> Gretel, Süßigkeiten aus Lenchens<br />

Geheimnis...<br />

l 1 Schattenfigur<br />

l Bastelvorschläge (Tischlaternen/Lesezeichen)<br />

l Liste von Märchenbüchern auch zum Ergänzen<br />

Und nicht vergessen:<br />

l "Rudis Märchenlesebuch", in das Ihr Euch mit Eurer Aktion in Bild <strong>und</strong><br />

Text verewigen könnt: "Es war einmal..."<br />

l Damit auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong>Kolping</strong>sfamilien erfahren, wo sich <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Märchenkoffer schon geöffnet hat, bringt doch einen Aufkleber o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Anhänger am Koffer an.<br />

Ihr merkt schon, ich bin ein richtiger quasseliger Rabe. Ich wer<strong>de</strong> Euch<br />

weiterhin mit meinen märchenhaften Tipps begleiten <strong>und</strong> möchte dafür<br />

natürlich mit rabengeilen Geschichten in "Rudis Lesebuch" von Euch<br />

belohnt wer<strong>de</strong>n!!<br />

Viel Spaß dabei -<br />

wünscht Euch<br />

Euer Rabe Rudi!”<br />

7


Aktionsvorschlag 1<br />

Lesenacht<br />

Wo? Pfarrheim, Schule, Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>garten usw.<br />

Wer? Vorleser suchen / vorhan<strong>de</strong>n in <strong><strong>de</strong>r</strong> KF / Umfeld<br />

Was? Märchen / Geschichten je nach Alter<br />

Wie? Ausschreibung im Gemein<strong>de</strong>blatt, Pfarrbrief,<br />

Mitteilungsblatt <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Kolping</strong>sfamilie;<br />

8<br />

Menschen brauchen Familie<br />

Zusammenarbeit mit Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>garten o<strong><strong>de</strong>r</strong> Schule, Familiengruppen<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> Pfarrei, Pfarrgemein<strong><strong>de</strong>r</strong>at, Ministranten, …<br />

Sponsoring durch Buchlä<strong>de</strong>n vor Ort (sie können evtl. eine<br />

Ausstellung machen)<br />

Wie könnte so eine Lesenacht aussehen !!!<br />

1. Wir überlegen, in welcher Form wir die Lesenacht durchführen wollen.<br />

a. Treffen aller, die bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Durchführung mitmachen<br />

b. Auswahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Lektüre<br />

Lektüren:<br />

l Lieblingsmärchen <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmer vorher sammeln <strong>und</strong> auswerten<br />

l Märchen aus vorhan<strong>de</strong>ner Liste (siehe Koffer) o<strong><strong>de</strong>r</strong> vom Sponsor (wenn<br />

vorhan<strong>de</strong>n)<br />

Referenten:<br />

selbst suchen o<strong><strong>de</strong>r</strong> ggf. im Diözesanbüro nachfragen


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

c. Ablauf planen<br />

l Zeiten<br />

l Orte<br />

l Rahmenprogramm<br />

l Verpflegung<br />

Verpflegung:<br />

l Getränkebar (alkoholfrei, exotisch, warm, kalt, usw., je nach Märchen<br />

(Rezeptvorschläge im Koffer)<br />

l Ausstecher für Käse + Brot, Gebäck<br />

l Kartoffeln, Stockbrot, Würstel (Lagerfeuer)<br />

l Salatbar von Spen<strong><strong>de</strong>r</strong>n o<strong><strong>de</strong>r</strong> Familienkreisen gestaltet<br />

l Rohkost ("ges<strong>und</strong>es Naschen")<br />

Material:<br />

l Stifte, Blätter, (zum Malen <strong><strong>de</strong>r</strong> Handlung)<br />

l Fackeln, Taschenlampen, Laternen (Nachtwan<strong><strong>de</strong>r</strong>ung)<br />

l Holz, Kohlen, Erlaubnis (Lagerfeuer), Grill<br />

l Räume (incl. Deko)<br />

Räume:<br />

Es könnten verschie<strong>de</strong>ne Räume je nach Leselektüre <strong>de</strong>koriert wer<strong>de</strong>n<br />

(z. B. Matten, Kissen, Kerzen, Lampe, Duftkerzen Tücher, usw.)<br />

d. Attraktion einbauen<br />

l Büchertisch durch Sponsoren<br />

l Nachtwan<strong><strong>de</strong>r</strong>ung (wir lesen Märchen auf <strong>de</strong>m Weg)<br />

l Lagerfeuer (mit Geschichten)<br />

l Eintragung in Rudi´s - Lesebuch (Reisebuch)<br />

lMärchenquiz (nach gelesenen Lektüren ausgerichtet - evtl. als<br />

Höhepunkt)<br />

l Je ein Theaterstück aus <strong>de</strong>m Märchen konstruieren (Achtung: gute<br />

Vorbereitung; die Leser müssen sehr kreativ sein, um die Geschichte<br />

auch gestalten zu können)<br />

9


10<br />

Menschen brauchen Familie<br />

l Gespräch zum Buch im Hinblick auf unser Schwerpunktthema Familie:<br />

Welches Familienbild wird gezeigt, welche Rollenverteilung, welcher<br />

Kommunikationsstil, welche familiären Probleme <strong>und</strong> Lösungen klingen<br />

an?<br />

(z.B. Ronja Räubertochter als weibliche, emanzipierte<br />

I<strong>de</strong>ntifikationsfigur)<br />

2. Werbung<br />

a. Partner (siehe oben einbauen)<br />

b. Regionale Presse<br />

3. Durchführung<br />

a. Aufgaben verteilen<br />

b. Ablaufplan erstellen <strong>und</strong> allen Beteiligten zukommen lassen<br />

Rudis Extratipp!!<br />

Lesen bil<strong>de</strong>t, das sagt "PISA",<br />

drum lest alle - nicht nur Lisa!


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

Aktionsvorschlag 2<br />

Filmnachmittag/Filmnacht<br />

Was? Märchenhafter Filmnachmittag o<strong><strong>de</strong>r</strong> zauberhafte Filmnacht je<br />

nach Altersgruppe - eine Veranstaltung, in <strong><strong>de</strong>r</strong> ein Märchenfilm im<br />

Mittelpunkt steht.<br />

Wer? Familienkreise <strong>und</strong> Jugendgruppen;<br />

Jugendgruppe organisiert <strong>und</strong> gestaltet beispielsweise eine<br />

"Märchenfilmveranstaltung" <strong>und</strong> lädt die Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>gruppe o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Seniorengruppe <strong><strong>de</strong>r</strong> KF dazu ein.<br />

Wo? In Räumen <strong><strong>de</strong>r</strong> KF o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Pfarrei, in Räumen <strong><strong>de</strong>r</strong> Schule o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>gartens, die gut zu verdunkeln sind;<br />

In einem Kinosaal, <strong><strong>de</strong>r</strong> angemietet o<strong><strong>de</strong>r</strong> kostenlos zur Verfügung<br />

gestellt wird.<br />

Als "Sommernachtskino" im Freien mit großer Leinwand<br />

Wie organisiert man so eine Filmnacht ?<br />

a) Auswählen <strong>und</strong> Organisieren <strong>de</strong>s Märchenfilmes <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> technischen<br />

Geräte je nach Zielgruppe<br />

Vorschläge:<br />

l Bei <strong><strong>de</strong>r</strong> AV Medienzentrale <strong><strong>de</strong>r</strong> Diözese <strong>Augsburg</strong>, Kappelberg 1 in<br />

86150 <strong>Augsburg</strong>; Tel. 0821/31 52 -205 o<strong><strong>de</strong>r</strong> -293 können Märchenfilme<br />

kostenlos bestellt <strong>und</strong> ausgeliehen wer<strong>de</strong>n. Unter http://www.avmedienkatalog.<strong>de</strong><br />

kann <strong><strong>de</strong>r</strong> aktuelle Medienkatalog abgerufen wer<strong>de</strong>n.<br />

Bestellungen telefonisch o<strong><strong>de</strong>r</strong> über E-Mail: mediendispo@bistumaugsburg.<strong>de</strong><br />

Außer<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n auch entsprechen<strong>de</strong> technische Gerätschaften verliehen.<br />

11


12<br />

Menschen brauchen Familie<br />

Hier eine Filmauswahl (über AV Medienzentrale zu beziehen)<br />

b Langfilme:<br />

- Ronja Räubertochter; 121Min. ab 6 Jahre auf DVD<br />

- Küss mich Frosch; 83 Min. ab 6 Jahre auf Vi<strong>de</strong>o<br />

b Kurzfilm: <strong>Der</strong> selbstsüchtige <strong>Riese</strong>; 10 Min. ab 6 Jahre auf Vi<strong>de</strong>o<br />

b Diareihe: Die Sterntaler<br />

l Bei <strong>de</strong>n Vi<strong>de</strong>otheken Märchenfilme ausleihen, zum Beispiel:<br />

b "Die unendliche Geschichte" von Michael En<strong>de</strong> (hierzu könnte eine<br />

Filmreihe gestartet wer<strong>de</strong>n) o<strong><strong>de</strong>r</strong> "Momo".<br />

b Tschechische Märchenfilme wie "Drei Nüsse für Aschenbrö<strong>de</strong>l" o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

"Die Meerjungfrau"<br />

b Märchenfilmklassiker wie Sindbad, Märchen aus 1001 Nacht<br />

l Bei <strong>de</strong>n örtlichen Kinobetreibern nachfragen, ob eine<br />

Son<strong><strong>de</strong>r</strong>veranstaltung im Kino möglich ist. (Werbeeffekt für Kino beim<br />

Verhan<strong>de</strong>ln betonen)<br />

l Bei Filmverleihern (evtl. über die örtlichen Kinobetreiber) nachfragen,<br />

ob entsprechen<strong>de</strong> Märchenfilme (Großleinwand) ausgeliehen wer<strong>de</strong>n<br />

können.<br />

l Entsprechen<strong>de</strong> technische Gerätschaften (Filmprojektor; Leinwand;<br />

Vi<strong>de</strong>ogerät, DVD-Player, Beamer etc.) ausleihen bzw. auf ihre<br />

Tauglichkeit prüfen.<br />

l Sitzordnung <strong>und</strong> Positionierung <strong><strong>de</strong>r</strong> Leinwand, <strong>de</strong>s Bildschirmes etc.<br />

ausklügeln (gute Sicht für je<strong>de</strong>n)<br />

b) Ablauf, Altersgrenzen <strong>und</strong> Rahmenprogramm festlegen:<br />

l Vorschläge zum Einsteigen <strong>und</strong> Einstimmen: (o<strong><strong>de</strong>r</strong> auch schon für die<br />

Gruppenst<strong>und</strong>e zuvor)<br />

l Werken <strong>und</strong> Gestalten von Kinokarten o<strong><strong>de</strong>r</strong> von Namensschil<strong><strong>de</strong>r</strong>n mit<br />

Märchenmotiven, die auf eine Wäscheklammer aufgeklebt wer<strong>de</strong>n.<br />

l Werken <strong>und</strong> Gestalten von "Kinositzkissen" mit Märchenmotiven<br />

(Baumwollstofftaschen bemalen lassen, mit Holzwolle, -späne o.ä. füllen,<br />

zunähen, Griff zum "Nachhausetragen" dran lassen.)


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

l Beginn mit gemeinsamem Kochen <strong>und</strong>/o<strong><strong>de</strong>r</strong> Essen z.B.: märchenhaft<br />

gestaltetes Buffet (Märchenfigurenausstecher für Käse- <strong>und</strong><br />

Gemüsehäppchen verwen<strong>de</strong>n)<br />

l o<strong><strong>de</strong>r</strong> Märchensuppe kochen mit Kartoffelsterntaler (Plätzchenausstecher<br />

in Sternform) <strong>und</strong> Buchstabennu<strong>de</strong>ln als Zauberformel zugeben<br />

l "Märchenbar" mit "Zaubertrunk", "Märchenpunsch", "Hexenelixier"<br />

(Pausengetränke)<br />

l Raumgestaltung entsprechend <strong>de</strong>s Filmes:<br />

Kinokasse, Getränkebar als Räuberburg, Schloß, <strong>Riese</strong>nlandschaft<br />

o.ä. <strong>de</strong>korieren, Sterntaler etc. aufhängen<br />

l Musikuntermalung mit <strong><strong>de</strong>r</strong> entsprechen<strong>de</strong>n stimmungsvollen Filmmusik<br />

c) Abschluss/Ausklang nach <strong>de</strong>m Film überlegen<br />

bzw. Weiterführung als Projekt<br />

l Chill out in <strong><strong>de</strong>r</strong> "Märchenbar"<br />

l Essen/ trinken/ frühstücken nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Filmnacht<br />

l Märchenbild malen zum Film<br />

l Lieblingsszenen nachspielen<br />

l Märchenspaziergang in Ronjas Wald o.ä. (evtl. Taschenlampen)<br />

l Gespräch über Film (siehe auch unter Lesenacht)<br />

l Selbst Film drehen<br />

l Siehe auch an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Aktionsvorschläge in diesem Heft<br />

Bei Filmnacht<br />

l Je<strong>de</strong>(r) bringt Isomatte, Schlafsack, Taschenlampe mit<br />

l Frühstück organisieren<br />

Rudis Extratipp!!<br />

Und ist bei <strong>de</strong>n Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

mal Angst im Spiel -<br />

so reagier´ mit viel Gefühl.<br />

13


Aktionsvorschlag 3<br />

Schattenspiel<br />

Wo? <strong>Kolping</strong>haus, Pfarrheim, Schule usw.<br />

14<br />

Menschen brauchen Familie<br />

Wer? Jugendgruppe, Familienkreis, Spielgruppe, Alt <strong>und</strong> Jung<br />

Was? Märchen : <strong>Der</strong> <strong>Riese</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Zwerg</strong><br />

Wann? z.B. am Eltern- o<strong><strong>de</strong>r</strong> Familienabend vorführen,<br />

für alle die kommen<br />

Material:<br />

l Leinwand (Leintuch weiß)<br />

l Strahler (Schreibtischlampe)<br />

l Tonpapier, evtl. <strong>bunte</strong>s Transparentpapier<br />

l Stäbe<br />

l Schere<br />

l Kleber<br />

l evtl. Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

l Stroh o<strong><strong>de</strong>r</strong> Gras<br />

Figuren:<br />

l <strong>Riese</strong> (mit beweglicher Hand)<br />

l <strong>Zwerg</strong> (mit beweglicher Zunge)<br />

l <strong>Vogel</strong> (mit beweglichen Flügeln)<br />

l Bäume<br />

l Nest<br />

l Sonne


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

Herstellen <strong><strong>de</strong>r</strong> Figuren:<br />

l Entwerfen <strong><strong>de</strong>r</strong> Schablonen/Vorlagen für die Figuren<br />

l Zusammenkleben <strong><strong>de</strong>r</strong> Figuren<br />

l Holzspieß von hinten mit Klebestreifen auf die Figuren kleben.<br />

Einüben <strong>de</strong>s Spiels:<br />

l 1. Variante:<br />

Ein Märchenerzähler steht vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Leinwand <strong>und</strong> erzählt das ganze<br />

Märchen,<br />

am besten frei ohne Buch <strong>und</strong> die Figuren wer<strong>de</strong>n entsprechend hinter<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Leinwand bewegt.<br />

l 2. Variante:<br />

Ein Märchenerzähler erzählt was passiert, die Gespräche zwischen <strong>Riese</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Zwerg</strong> (können selbst geschrieben wer<strong>de</strong>n) wer<strong>de</strong>n von an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Personen gesprochen.<br />

Bei bei<strong>de</strong>n Varianten eignet sich immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Musik zur Begleitung<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> als Hintergr<strong>und</strong>.<br />

Benötigte Zeit:<br />

l Vorbereiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Figuren<br />

l Probezeit für die Darstellung<br />

lAuf mehrere Gruppenst<strong>und</strong>en o<strong><strong>de</strong>r</strong> Nachmittage o<strong><strong>de</strong>r</strong> Aben<strong>de</strong> verteilt<br />

je nach Ausführlichkeit 6 - 10 Gruppenst<strong>und</strong>en<br />

l Vorführzeit hängt von <strong><strong>de</strong>r</strong> Art <strong>de</strong>s Vorspielens ab<br />

Rudis Extratipp!!<br />

Schatten gehört zum Licht -<br />

die im Dunkeln sieht man nicht<br />

15


Hier das Märchen, wie Rabe Rudi es kennt,<br />

geschrieben wur<strong>de</strong> es von Max Bollinger:<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riese</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Zwerg</strong><br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>bunte</strong> <strong>Vogel</strong><br />

16<br />

Menschen brauchen Familie<br />

In einem großen Wald lebten ein <strong>Riese</strong> <strong>und</strong> ein <strong>Zwerg</strong> zusammen. Sie<br />

waren alt <strong>und</strong> von allen <strong>Riese</strong>n <strong>und</strong> <strong>Zwerg</strong>en die letzten. Je<strong><strong>de</strong>r</strong> fühlte<br />

sich auf seine Art einsam, <strong><strong>de</strong>r</strong> eine laut, <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>e leise, aber bei<strong>de</strong><br />

wünschten sich nichts so sehr, als sich in eines jener Wesen zu verwan<strong>de</strong>ln<br />

die sich Menschen nannten. Aber wenn du <strong>de</strong>nkst, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Riese</strong> <strong>und</strong><br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Zwerg</strong> hätten sich gegenseitig getröstet, dann irrst du dich. Je älter<br />

sie wur<strong>de</strong>n, umso mehr fingen sie an, einan<strong><strong>de</strong>r</strong> zu quälen <strong>und</strong> sich das<br />

Leben schwer zu machen.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riese</strong> zeigte <strong>de</strong>m <strong>Zwerg</strong> seine <strong>Riese</strong>nfäuste. Er blies ihm seinen<br />

Atem ins Gesicht, setzte ihn auf <strong>de</strong>n Gipfel <strong><strong>de</strong>r</strong> Tanne <strong>und</strong> sah lachend<br />

zu, wie er mühsam wie<strong><strong>de</strong>r</strong> hinunterkletterte..<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zwerg</strong> dagegen zeigte <strong>de</strong>m <strong>Riese</strong>n seine <strong>Zwerg</strong>enzunge. er verspottete<br />

ihn mit Worten o<strong><strong>de</strong>r</strong> er schlich ihn heimtückisch an, zwickte<br />

ihn in die Wa<strong>de</strong>n <strong>und</strong> sah lachend zu, wie er vergeblich nach <strong>de</strong>m Übeltäter<br />

suchte.<br />

Aber trotz<strong>de</strong>m blieben sie einer in <strong>de</strong>s an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Nähe. Sie brauchten<br />

einan<strong><strong>de</strong>r</strong>, weil sie sonst nieman<strong>de</strong>n hatten, <strong>de</strong>n sie mit groben Fäusten<br />

ängstigen o<strong><strong>de</strong>r</strong> mit einer bösen Zunge kränken konnten. Die Tiere <strong>de</strong>s<br />

Wal<strong>de</strong>s gingen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n schon längst aus <strong>de</strong>m Weg.<br />

Eines Tages fan<strong>de</strong>n sie einen winzigen <strong>Vogel</strong>.<br />

Er war keine Amsel, er war kein Specht, <strong>und</strong> er war kein Eichelhäher. Er<br />

war grau <strong>und</strong> unscheinbar, ein <strong>Vogel</strong> ohne Namen. Er lag auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong><br />

<strong>und</strong> schaute sie mit seinen r<strong>und</strong>en Augen bittend an. Sie hoben ihn auf<br />

<strong>und</strong> bauten ihm ein Nest. Sie gaben ihm zu essen <strong>und</strong> gaben ihm zu<br />

trinken. Und abwechslungsweise wachten sie bei ihm, um ihn vor seinen<br />

Fein<strong>de</strong>n zu schützen.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Zwerg</strong> staunte, wie behutsam <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Riese</strong> mit seinen groben Fäusten


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

<strong>de</strong>n <strong>Vogel</strong> zu streicheln vermochte. Und <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Riese</strong> staunte, wie gut es<br />

<strong>de</strong>m <strong>Zwerg</strong> mit seiner bösen Zunge gelang, <strong>de</strong>n <strong>Vogel</strong> zu trösten.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Riese</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Zwerg</strong> hatten mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflege <strong>de</strong>s verwaisten <strong>Vogel</strong>s<br />

soviel zu tun, dass sie vergaßen, sich gegenseitig zu quälen <strong>und</strong> sich<br />

das Leben schwer zu machen. <strong>Der</strong> <strong>Vogel</strong> wur<strong>de</strong> dabei von Tag zu Tag<br />

ein wenig kräftiger. Und als er anfing, seine Flügel zu strecken, sahen<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Riese</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Zwerg</strong> mit Verw<strong>und</strong>erung, dass je<strong>de</strong> seiner Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>n<br />

eine an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Farbe bekam. Und sie vertieften sich so sehr in <strong>de</strong>n Anblick<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>bunte</strong>n Fe<strong><strong>de</strong>r</strong>n, dass sie gar nicht merkten, wie nicht nur <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Vogel</strong>,<br />

son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch sie selbst sich verwan<strong>de</strong>lten. <strong>Der</strong> <strong>Riese</strong> wur<strong>de</strong> kleiner<br />

<strong>und</strong> kleiner, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Zwerg</strong> aber größer <strong>und</strong> größer. Erst als sie sich auf<br />

gleicher Höhe gegenüberstan<strong>de</strong>n <strong>und</strong> sich zum erstenmal richtig in die<br />

Augen sahen, hörte <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Riese</strong> auf zu schrumpfen <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Zwerg</strong> hörte<br />

auf zu wachsen. Ihr Wunsch war in Erfüllung gegangen. Sie waren zu<br />

Menschen gewor<strong>de</strong>n.<br />

In <strong>de</strong>m Augenblick aber spannte <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Vogel</strong> seine Flügel aus, erhob sich<br />

aus <strong>de</strong>m Nest, flog in <strong>de</strong>n Himmel hinauf <strong>und</strong> kam nie mehr wie<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

Nur wenn die bei<strong>de</strong>n in Versuchung kamen, die Fäuste zu ballen o<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

die Zunge herauszustrecken, flog überihren Köpfen ein <strong>bunte</strong>r <strong>Vogel</strong><br />

vorbei <strong>und</strong> erinnerte sie an ihre alte Gestalt.<br />

Noch ein paar Gedanken zum Märchen:<br />

In <strong><strong>de</strong>r</strong> Fürsorge um einen <strong>Vogel</strong>, <strong><strong>de</strong>r</strong> aus <strong>de</strong>m Nest gefallen zu sein<br />

scheint, wan<strong>de</strong>ln sich <strong>Riese</strong> <strong>und</strong> <strong>Zwerg</strong> zu Menschen. Sie lernen sich<br />

gegenseitig mit neuen Augen zu sehen <strong>und</strong> in ihrer<br />

Verschie<strong>de</strong>nartigkeit anzunehmen, zu schätzen.<br />

Dass es gera<strong>de</strong> ein <strong>Vogel</strong> ist, <strong>de</strong>n es zu umsorgen gilt, hat wohl auch<br />

seine Be<strong>de</strong>utung. Wir dürfen Leben, wofür wir Sorge tragen, nicht als<br />

Besitz erachten. Es wird eines Tages flügge wer<strong>de</strong>n, sich uns entziehen,<br />

davonfliegen.<br />

<strong>Der</strong> Gewinn unserer Sorge ist nicht, dass etwas in unseren Besitz, in<br />

unsere Abhängigkeit gerät, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n, dass wir in Sorge um Kleines,<br />

Schwaches, Bedürftiges zu Menschen reifen. (aus religionspäd. Praxis,<br />

F. Kett)<br />

17


Aktionsvorschlag 4<br />

Märchenwege durch<br />

<strong>de</strong>n Märchenwald<br />

18<br />

Menschen brauchen Familie<br />

Wo? Überall, wo ihr Platz habt, drinnen o<strong><strong>de</strong>r</strong> draußen, schön wäre es<br />

in einem Wald.<br />

Wer? Alle, die Lust haben sich daran zu beteiligen. Ihr könnt es im<br />

Rahmen eines gemeinsamen Familiennachmittages, als Teil<br />

eines Pfarrfestes einbringen. Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s gut können Oma, Opa<br />

<strong>und</strong> Enkel gemeinsam die Märchenwege erk<strong>und</strong>en, weil so je<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

aus seiner Erfahrung mit Märchen, ob alt o<strong><strong>de</strong>r</strong> neu, beim Raten<br />

einbringen kann.<br />

Was? Verschie<strong>de</strong>ne Märchen (alte <strong>und</strong> neue)<br />

Wie? Einladung durch die Vorbereitungsgruppe o<strong><strong>de</strong>r</strong> durch die<br />

<strong>Kolping</strong>sfamilie o<strong><strong>de</strong>r</strong> Pfarrei<br />

Rabe Rudi's Vorschlag:<br />

Ihr wisst sicher, dass es viele Märchen gibt, in <strong>de</strong>nen ein Weg vorkommt<br />

<strong>und</strong> fast immer kommt <strong><strong>de</strong>r</strong> Wald vor. Stellt diese so zusammen, dass ihr<br />

einen Nachmittagsspaziergang mit verschie<strong>de</strong>nen Stationen (wie eine<br />

Schnitzeljagd) gestalten könnt.<br />

Hänsel <strong>und</strong> Gretel (es können aber auch mehr als 2 Personen sein) verlaufen<br />

sich im Wald <strong>und</strong> fin<strong>de</strong>n am Weg verschie<strong>de</strong>ne Sachen, die aus an<strong><strong>de</strong>r</strong>en<br />

Märchen stammen. Wenn sie die Märchen erraten haben dürfen sie<br />

weitergehen.


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

Hier einige Beispiele:<br />

l Schneewittchen:<br />

- bei dieser Station fin<strong>de</strong>n Hänsel <strong>und</strong> Gretel einen Kamm<br />

<strong>und</strong> einen Apfelschnitz<br />

l Rapunzel:<br />

- einen aus Bast o<strong><strong>de</strong>r</strong> Wolle geflochtenen langen Zopf,<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> eine Turm ohne Türe<br />

l Rumpelstilzchen<br />

- Korn, das zu Gold gesponnen wird, o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Spruch:<br />

heute back ich .....<br />

l Aschenputtel<br />

- eine Schüssel Linsen <strong>und</strong> dazu <strong>de</strong>n Spruch: Die guten ins Töpfchen,<br />

die schlechten ins Kröpfchen<br />

l das tapfere Schnei<strong><strong>de</strong>r</strong>lein.<br />

- Marmela<strong>de</strong>nbrote <strong>und</strong> dazu "sieben auf einen Streich"<br />

l Die sieben Schwaben<br />

- einen langen Spieß<br />

l Tischlein <strong>de</strong>ck dich<br />

- einen fein ge<strong>de</strong>ckten Tisch, o<strong><strong>de</strong>r</strong> Knüppel aus <strong>de</strong>m Sack<br />

l gestiefelter Kater<br />

- Stiefel<br />

l Schneeweißchen <strong>und</strong> Rosenrot:<br />

- eine weiße <strong>und</strong> eine rote Rose,<br />

o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Schatz <strong>de</strong>s bösen Wichtelmannes<br />

l Räuber Hotzenplotz<br />

- Die Pfefferpistole<br />

l <strong>Der</strong> kleine Prinz<br />

- Die Zeichnung <strong>de</strong>s Elefanten in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Riese</strong>nboa<br />

l Momo<br />

- Die St<strong>und</strong>enblume<br />

l Euch fallen sicher selbst noch mehr Märchen dazu ein.<br />

19


20<br />

Menschen brauchen Familie<br />

Am En<strong>de</strong> kommen Hänsel <strong>und</strong> Gretel ins Hexenhaus, dort wartet die Hexe<br />

<strong>und</strong> bietet ihnen etwas Gutes aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Hexenküche an:<br />

l Zaubersuppe aus <strong>de</strong>m Hexenkessel<br />

l Knusperbrote<br />

l Sterntaler (Ausstechformen)<br />

l einen Wunschpunsch<br />

l Marmela<strong>de</strong>nbrote vom tapferen Schnei<strong><strong>de</strong>r</strong>lein<br />

l Rapunzelsalat<br />

l Sieben-Schwaben-Schnitzel<br />

Selbstverständlich gehen dann Hänsel <strong>und</strong> Gretel mit ihren Eltern wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

nach hause..<br />

Rudis Extratipp!!<br />

Heute bleibt die Küche kalt,<br />

wir gehen durch <strong>de</strong>n<br />

Märchenwald.<br />

Was sind das für komische<br />

Gerüche,<br />

die kommen wohl aus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Hexenküche?


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

Aktionsvorschlag 5<br />

Religiöse Gestaltung von Märchen<br />

Wo? Pfarrheim, <strong>Kolping</strong>haus<br />

Wer? Familienkreise, Kommuniongruppen, Jung <strong>und</strong> Alt<br />

Was? Das Märchen <strong><strong>de</strong>r</strong> Brotst<strong>und</strong>e<br />

(aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Religionspädagogischen Praxis von Kett)<br />

Wie? Wortgottesdienst, kann auch in einen Gottesdienst<br />

eingearbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />

1991 erschien im Rex Verlag Luzern- Stuttgart ein sehr empfehlenswertes<br />

Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>buch mit <strong>de</strong>m Titel Brotst<strong>und</strong>e. Seine neunzehn Bil<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>und</strong><br />

entsprechen<strong>de</strong>n Texte, von Marlis Notter <strong>und</strong> Mona Helle verfasst <strong>und</strong><br />

gemalt, erzählen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Weise eines Märchens von einer Prinzessin, die<br />

wohlbehütet im Schloss ihrer Eltern aufwächst, ihre Erfahrungen mit<br />

<strong>de</strong>m Leben macht, um dann, selbst zur Königin gewor<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n<br />

Menschen ihres Lan<strong>de</strong>s <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n zu bringen. Die Geschichte wird<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>n ab acht Jahren empfohlen. Da die Erzählung Brot beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s<br />

zeichenhafte Be<strong>de</strong>utung zumisst, fin<strong>de</strong>t sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbereitung von<br />

Kommuniongruppen Verwendung. Wir konnten mir ihr aber auch im<br />

Elementarbereich gute Erfahrungen machen. Die Gestaltung eines entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Bo<strong>de</strong>nbil<strong>de</strong>s <strong>und</strong> eine freie Erzählweise machten die<br />

Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> für die Geschichte empfänglich. Das Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>buch selbst wur<strong>de</strong><br />

bei einer Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erzählung eingesetzt.<br />

21


22<br />

Brotst<strong>und</strong>e<br />

Menschen brauchen Familie<br />

1.) Die kleine Prinzessin Suleika lebt als einziges Kind <strong><strong>de</strong>r</strong> Königin <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>s Königs in einem großen, prächtigen Schloss. Sie wird von ihnen<br />

über alles geliebt <strong>und</strong> wie ein Schatz behütet. Aus Angst, dass ihrer<br />

Tochter etwas zustößt, lassen sie die Prinzessin nur innerhalb <strong>de</strong>s<br />

Schlosses, im großen Park spielen. Noch nie haben sie Suleika außerhalb<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Schlossmauer mitgenommen.<br />

2.) Am liebsten spielt Suleika im großen Park. Inmitten <strong><strong>de</strong>r</strong> vielen<br />

Bäume <strong>und</strong> Sträucher , <strong><strong>de</strong>r</strong> Blumen <strong>und</strong> Tiere fühlt sich die Prinzessin<br />

wohl. Vögel <strong>und</strong> Käfer sind ihre Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> sie versteht ihre Sprache.<br />

Nur das kleine Gärtnerhaus mitten im Park gefällt ihr noch besser. Hier<br />

wohnt die alte Runa mit ihrem Mann. Nachmittags, jeweils zur selben<br />

Zeit, lässt die Prinzessin alles stehen <strong>und</strong> liegen. Ein herrlicher Duft<br />

strömt aus <strong><strong>de</strong>r</strong> gemütlichen Küche <strong>de</strong>s Gärtnerhauses <strong>und</strong> durchzieht<br />

<strong>de</strong>n ganzen Park.<br />

3.) Runa backt das tägliche Brot für sich <strong>und</strong> ihren Mann. Niemand im<br />

ganzen Städtchen, auch nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> berühmte Schlosskoch, weiß so köstliches<br />

Brot zu backen wie die alte Runa. Suleika sitzt an Runas kleinem<br />

Küchentisch. Das heiße, frische Brot muss noch abkühlen. Das erste<br />

Stück davon gehört <strong><strong>de</strong>r</strong> Prinzessin. Wie herrlich das schmeckt. Im<br />

Moment gibt es für sie nichts Besseres <strong>und</strong> Köstlicheres auf <strong><strong>de</strong>r</strong> ganzen<br />

Welt. So wird diese Brotst<strong>und</strong>e je<strong>de</strong>n Tag etwas ganz Beson<strong><strong>de</strong>r</strong>es im<br />

Leben <strong><strong>de</strong>r</strong> Prinzessin.<br />

4.) Die Zeit vergeht <strong>und</strong> Suleika wächst heran. Da ent<strong>de</strong>ckt sie eines Tages<br />

beim Spielen im Park einen w<strong>und</strong>erschönen, <strong>bunte</strong>n <strong>Vogel</strong>. Noch nie ist ihr<br />

so ein prächtiges Tier begegnet. Vorsichtig nähert sie sich ihm <strong>und</strong> fragt<br />

leise: Woher kommst du <strong>de</strong>nn, schöner <strong>Vogel</strong>? Von <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt außerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Mauer, antwortete <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Vogel</strong>. Gibt es dort noch mehr solch schöne Vögel,<br />

wie du einer bist? Fragte die Prinzessin verw<strong>und</strong>ert. Die ganze Welt draußen<br />

ist bunt <strong>und</strong> w<strong>und</strong>erschön. Zwitschert <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Vogel</strong> weiter.


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

5.) Suleika wird neugierig. Bis dahin war ihr die Welt außerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Schlossmauer egal. Doch <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Vogel</strong> ist verlockend schön. Ob sie wohl<br />

mit ihm gehen soll in die <strong>bunte</strong> Außenwelt? Die Eltern mag sie nicht um<br />

Erlaubnis bitten. Was, wenn sie ihr verbieten zu gehen?<br />

6.) Aber zur alten Runa geht sie, <strong>und</strong> erzählt ihr, was sie vorhat. Runa<br />

mustert sie lange schweigend, öffnet dann <strong>de</strong>n hölzernen<br />

Küchenschrank <strong>und</strong> holt ein frisches Brot hervor. Sie wickelt es in ein<br />

sauberes Tuch <strong>und</strong> reicht es <strong><strong>de</strong>r</strong> Prinzessin mit auf ihren Weg.<br />

7.) Früh am an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Morgen schleicht Suleika leise aus <strong>de</strong>m Schloss.<br />

Bei einer Hintertür <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlossmauer trifft sie <strong>de</strong>n <strong>bunte</strong>n <strong>Vogel</strong>.<br />

Gemeinsam steigen sie <strong>de</strong>n steilen Hang zum Städtchen hinab. Dort<br />

warten sie bis <strong><strong>de</strong>r</strong> Tag anbricht.<br />

8.) <strong>Der</strong> <strong>Vogel</strong> führt die Prinzessin auf <strong>de</strong>n Marktplatz. Was da alles los<br />

ist! Überall Menschen mit farbigen Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>n. Es wird gekauft, verkauft,<br />

<strong>bunte</strong> Stoffe, gol<strong>de</strong>ne Bän<strong><strong>de</strong>r</strong>, glitzrige Perlen, duften<strong>de</strong> Kräuter <strong>und</strong><br />

gebratene Würste. Ausgelassen tanzen Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>und</strong> Erwachsene zur<br />

fröhlichen Musik eines Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>gesellen. Verzaubert schaut Suleika<br />

<strong>de</strong>m Treiben zu. Und obwohl die Leute die Prinzessin noch nie vorher<br />

gesehen haben, wird sie sofort als Königstocher erkannt. Sie wird eingela<strong>de</strong>n,<br />

wohnt in vornehmen Häusern, Feste wer<strong>de</strong>n für sie gemacht<br />

<strong>und</strong> Suleika <strong>de</strong>nkt nicht im Traum daran, nach Hause zurückzukehren.<br />

9.) Nachts überkommt sie manchmal etwas Heimweh, fühlt sie sich verloren<br />

in <strong>de</strong>n großen Häusern <strong><strong>de</strong>r</strong> Reichen. Dann holt sie sich <strong>de</strong>n eingewickelten<br />

Brotleib hervor, <strong>de</strong>n ihr die Runa mitgegeben hat, <strong>und</strong><br />

bricht sich ein kleines Stück davon ab. So fühlt sie sich getröstet <strong>und</strong> es<br />

ist ihr, als säße sie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Küche <strong>de</strong>s alten Gärtnerhauses.<br />

10.) <strong>Der</strong> <strong>bunte</strong> <strong>Vogel</strong> lockt die Prinzessin immer weiter fort, von einer<br />

Stadt zur an<strong><strong>de</strong>r</strong>en. So gelangen sie bald in ein frem<strong>de</strong>s Land. <strong>Der</strong> König<br />

<strong>de</strong>s kleinen Reiches lädt Suleika in sein Schloss ein. Als sein Sohn die<br />

schöne Prinzessin sieht, möchte er sie auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Stelle heiraten. Suleika<br />

23


24<br />

Menschen brauchen Familie<br />

weißt jedoch ihn ab, zuviel Bew<strong>und</strong>erung ist ihr zuviel gewor<strong>de</strong>n.<br />

Niemals wür<strong>de</strong> sie <strong>de</strong>n Prinzen eines so kleinen Reiches heiraten.<br />

11.) Immer weiter hat sich Suleika von ihrer Heimat entfernt. Niemand<br />

kennt sie mehr, niemand lädt sie ein. Sie verkauft ihren kostbaren<br />

Schmuck <strong>und</strong> die Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>, um etwas Essen zu bekommen. Nun sieht sie<br />

aus wie ein einfaches Mädchen. Suleika fühlt sich immer schlechter. Ihr<br />

Brot ist schon längst aufgebraucht. Und als sie <strong>de</strong>n <strong>bunte</strong>n <strong>Vogel</strong> um<br />

Rat fragen will, ist auch dieser verschw<strong>und</strong>en. Sie ist allein. Wie gerne<br />

wür<strong>de</strong> sie in ihr Schloss zurückkehren. Aber sie fin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>n Weg zurück<br />

nicht mehr alleine.<br />

12.) Bei einem gutmütigen Bauern fin<strong>de</strong>t sie Arbeit <strong>und</strong> Unterkunft.<br />

Lange Zeit bleibt sie bei ihm als Magd. Traurig <strong>und</strong> mü<strong>de</strong> <strong>de</strong>nkt sie an<br />

ihr Leben im Schloss zurück. Suleika hat Heimweh!<br />

13.) Eines Tages spürt sie, beim Ausruhen nach schwerer Arbeit auf<br />

<strong>de</strong>m Feld, einen sanften Wind in ihrem Haar, schnuppert plötzlich in<br />

diesen Wind, was ist das für ein Geruch- atmet tief ein- <strong>und</strong> weiß ganz<br />

klar: es riecht nach Brot aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Küche <strong><strong>de</strong>r</strong> alten Runa. Benommen<br />

steht Suleika auf <strong>und</strong> geht <strong>de</strong>m Duft nach. Sie wan<strong><strong>de</strong>r</strong>t viele Tage. <strong>Der</strong><br />

Brotduft führt sie über Feld <strong>und</strong> Wald. Bald erkennt sie die Gegend wie<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

Da ent<strong>de</strong>ckt sie eines Morgens, kurz nach Sonnenaufgang, ihr<br />

Schloss wie<strong><strong>de</strong>r</strong>.<br />

14.) Vor <strong>de</strong>n Schlossmauern bleibt sie stehen <strong>und</strong> erschrickt, als sie<br />

sieht, wie verkommen Schloss <strong>und</strong> Park aussehen. Niemand scheint<br />

mehr darin zu wohnen. Vor <strong>de</strong>m Tor sitzen einige arme Bettler. Suleika<br />

fragt eine alte Frau nach <strong>de</strong>m König <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Königin. Die sind gestorben,<br />

nach<strong>de</strong>m die einzige Tochter sie verlassen hat. Erzählt die Frau.<br />

Die Prinzessin ist bis heute nicht zurückgekehrt, <strong>und</strong> niemand sonst<br />

konnte Königin wer<strong>de</strong>n. So ist das Schloss leer geblieben. Nach <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

alten Runa zu fragen, getraut sich Suleika nicht mehr, zu traurig ist<br />

diese Nachricht, die sie da eben erfahren hat.


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

15.) Langsam bahnt sich die Prinzessin einen Weg durch <strong>de</strong>n verwil<strong><strong>de</strong>r</strong>ten<br />

Park. Pflanzen <strong>und</strong> Sträucher sind so dicht verwachsen ineinan<strong><strong>de</strong>r</strong>,<br />

dass sie kaum durchkommt. Dornen zerkratzen ihr die Haut. Schon will<br />

Suleika aufgeben, das sieht sie durch das Dickicht ein Licht schimmern.<br />

Es ist da Licht <strong>de</strong>s kleinen Gärtnerhauses. Ermutigt zieht sie weiter.<br />

Die Tür <strong>de</strong>s Hauses steht offen, niemand ist drin. Im Herd glüht das<br />

Feuer. Suleika sieht sich um <strong>und</strong> ent<strong>de</strong>ckt, dass alles bereit liegt für ein<br />

Brot: Mehl, Salz, Sauerteig <strong>und</strong> Milch.<br />

16.) Und als hätte sie dies schon immer getan, nimmt sie die Zutaten<br />

<strong>und</strong> knetet daraus einen Brotteig. Dann stellt sie <strong>de</strong>n Teig an die Wärme<br />

<strong>und</strong> wartet am kleinen Küchentisch. Da tritt auf einmal eine alte Frau<br />

vom Schloss in <strong>de</strong>n Raum. Sie geht auf Suleika zu <strong>und</strong> umarmt sie. Erst<br />

jetzt erkennt Suleika die alte Runa wie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Glücklich wie schon lange<br />

nicht mehr, erzählt sie ihr alles, was sie während dieser langen Zeit<br />

erlebt hat. Suleika schiebt das Brot in <strong>de</strong>n heißen Ofen. Und als es<br />

anfängt zu duften wie früher, weiß Suleika, dass sie wie<strong><strong>de</strong>r</strong> zu Hause<br />

ist.<br />

17.) Voller Freu<strong>de</strong> <strong>und</strong> Dankbarkeit lädt sie alle Bettler vor <strong>de</strong>n<br />

Schlossmauern in die kleine Küche ein. Ein richtiges Fest wird gefeiert.<br />

Das Brot ist fertig gebacken <strong>und</strong> Runa holt alle ihre Vorräte aus <strong>de</strong>m<br />

Schrank.<br />

18.) Suleika wird Königin <strong>und</strong> Runa ihre wichtigste Ratgeberin. Das<br />

Volk liebt seine Königin, <strong>de</strong>nn sie ist gerecht <strong>und</strong> weise. Schloss <strong>und</strong><br />

Park sehen prächtig aus. Je<strong>de</strong>n Nachmittag zur gleichen Zeit stehen<br />

Suleika <strong>und</strong> Runa in <strong><strong>de</strong>r</strong> großen Schlossküche <strong>und</strong> backen frisches Brot<br />

für sich <strong>und</strong> die Gäste. Ein herrlicher Duft strömt durch <strong>de</strong>n Park bis<br />

hinunter ins Städtchen. Das ist das Zeichen <strong><strong>de</strong>r</strong> Brotst<strong>und</strong>e mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

neuen Königin für alle Diener, Bettler <strong>und</strong> Leute, die sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nähe<br />

<strong>de</strong>s Schlosses aufhalten.<br />

19.) Und bald ist es im ganzen Land Brauch, einmal am Tag gemeinsam<br />

Brot zu teilen unter Fre<strong>und</strong>en, Nachbarn, Wan<strong><strong>de</strong>r</strong>sleuten, unter Groß<br />

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26<br />

Menschen brauchen Familie<br />

<strong>und</strong> Klein. Es ist zum Zeichen gewor<strong>de</strong>n, dass sie alle zusammengehören<br />

<strong>und</strong> eine große Familie sind.<br />

Gedanken zum Text<br />

Die Geschichte erzählt in Bil<strong><strong>de</strong>r</strong>n, wie wir sie aus <strong>de</strong>n Märchen kennen.<br />

Eine Prinzessin wächst heran, wohlbehütet in einem Schloss mit w<strong>und</strong>erschönem<br />

Schlossgarten. Sie weiß sich eins mit Bäumen,<br />

Sträuchern, Blumen, mit Vögeln <strong>und</strong> Käfern, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Sprache sie versteht,<br />

ein paradiesischer Zustand, I<strong>de</strong>ntität mit sich selbst, freilich mit<br />

einem noch unentfalteten, kindhaften Selbst. Vater <strong>und</strong> Mutter, König<br />

<strong>und</strong> Frau Königin haben dieses Paradies umfrie<strong>de</strong>t, es ist mit einer<br />

mächtigen Mauer umgeben. Sie möchten ihre Tochter, <strong><strong>de</strong>r</strong>en Kindheit<br />

schützen <strong>und</strong> bewahren, wohl ein Leben lang. Sie wollen sie abschirmen<br />

vor <strong>de</strong>n ver<strong><strong>de</strong>r</strong>blichen, gefährlichen Einflüssen <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt, <strong>de</strong>m<br />

Erwachsenwer<strong>de</strong>n. So lebt die Prinzessin Suleika gleich einem <strong>Vogel</strong> in<br />

einem gol<strong>de</strong>nen Käfig. Irgendwann wir warten insgeheim darauf - wird<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> gol<strong>de</strong>ne Käfig verlassen wer<strong>de</strong>n müssen, sollte die Geschichte,<br />

das Leben nicht stagnieren.<br />

Neben <strong>de</strong>m Königspaar - wir können in ihm wohl die mächtige<br />

Autorität <strong>de</strong>s elterlichen Überichs erkennen - existiert noch ein weiteres<br />

Elternpaar. Wir treffen es an in <strong><strong>de</strong>r</strong> alten Runa <strong>und</strong> ihrem Mann. Sie<br />

wohnen ursprünglich, <strong>de</strong>m Leben näher, im Gärtnerhaus. Ursprünglich<br />

ist auch ihre Arbeit. <strong>Der</strong> Mann - so stellen wir es uns vor - besorgt <strong>de</strong>n<br />

Garten, die Frau - so erfahren wir in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte - weiß Brot zu bakken,<br />

<strong>de</strong>ssen Duft <strong>de</strong>n ganzen Park durchzieht <strong>und</strong> <strong>de</strong>ssen Köstlichkeit<br />

unübertrefflich ist. Es ist gut, neben <strong>de</strong>m elterlichen<br />

Herrschaftsanspruch noch dieser Seite mütterlichen <strong>und</strong> väterlichen<br />

Wesens zu begegnen. Die alte Runa ist klug <strong>und</strong> weise. Sie versteht<br />

<strong>de</strong>n Wunsch Suleikas, Schloss <strong>und</strong> Garten ihrer Kindheit zu verlassen.<br />

Sie weiß um <strong>de</strong>n Ernst, die Tragweite, ja die Notwendigkeit dieses<br />

Entschlusses. Sie wi<strong><strong>de</strong>r</strong>setzt sich nicht. Sie reicht Wegzehrung, Brot. Es<br />

ist ihre Mitgift, Vermächtnis <strong>de</strong>s Herzens, Gabe <strong><strong>de</strong>r</strong> Liebe. Über das<br />

Brot weiß Suleika mit Runa, <strong>de</strong>m Mütterlichen, <strong>de</strong>m, was sie selbst<br />

wer<strong>de</strong>n soll, verb<strong>und</strong>en. Das Brot tröstet sie in <strong>de</strong>n St<strong>und</strong>en <strong><strong>de</strong>r</strong>


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

Traurigkeit. Sein Duft ist unwi<strong><strong>de</strong>r</strong>stehlich, verheißungsvoll. Er wird<br />

eines Tages <strong>de</strong>n Weg nach Hause weisen. An<strong><strong>de</strong>r</strong>e Brotgeschichten<br />

kommen einem in Erinnerung, das Märchen von <strong>de</strong>n sieben Raben<br />

zum Beispiel. Ein Laib Brot, ein Krug Wasser, <strong><strong>de</strong>r</strong> Ring <strong><strong>de</strong>r</strong> Eltern sind<br />

die Mitgift von zu Hause, die <strong>de</strong>m Mädchen die Kraft verleiht, <strong>de</strong>n Weg<br />

bis ans En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Welt zu gehen, seine Brü<strong><strong>de</strong>r</strong> zu fin<strong>de</strong>n, zu erlösen <strong>und</strong><br />

wie<strong><strong>de</strong>r</strong> nach Hause in ein menschliches Dasein zu führen. O<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>nken<br />

wir an <strong>de</strong>n Süßen Brei. Er tritt im gleichnamigen Märchen an die<br />

Stelle <strong>de</strong>s Brotes, hat <strong>de</strong>ssen Be<strong>de</strong>utungsgehalt, meint aber auch<br />

noch an<strong><strong>de</strong>r</strong>es. Eine alte Waldfrau reicht ihn in einem Töpfchen einem<br />

Menschenkind, das großen Mangel lei<strong>de</strong>t. Sie weckt in ihm gleichermaßen<br />

die emotionalen Kräfte, die leben, überleben lassen, die freilich<br />

einer Steuerung bedürfen durch <strong>de</strong>n Geist, <strong><strong>de</strong>r</strong> sich im rechten<br />

Wort äußert, sonst wer<strong>de</strong>n sie zu Kräften, die Eigenmächtigkeit entfalten,<br />

überfließen, überschwemmen, so dass wir in allem Überfluss<br />

umkommen.<br />

Auf <strong><strong>de</strong>r</strong> biblischen Ebene <strong>de</strong>nken wir an Jesus. Fünftausend Menschen<br />

sättigt er im Herzen <strong>und</strong> am Leib, damit sie <strong>de</strong>n Weg nach Hause fin<strong>de</strong>n.<br />

Beim letzten Abendmahl reicht er in <strong><strong>de</strong>r</strong> Nacht vor seinem Tod <strong>de</strong>n<br />

Jüngern das Brot <strong>de</strong>s Lebens, Vermächtnis seiner Liebe, Wegzehrung<br />

auf <strong>de</strong>m Weg zu sich selbst, ins Leben. Kehren wir zu unserer<br />

Brotst<strong>und</strong>engeschichte zurück. Eines Tages mel<strong>de</strong>t das Leben neue<br />

Ansprüche an. Ein <strong>bunte</strong>r <strong>Vogel</strong> überfliegt die Mauern <strong>und</strong> verheißt<br />

eine <strong>bunte</strong>, gleißen<strong>de</strong>, vergnügliche Welt, eine Welt <strong>de</strong>s Kaufens <strong>und</strong><br />

Besitzens, ein lustvolles Leben in Saus <strong>und</strong> Braus. Suleika wird von<br />

dieser neuen Sicht <strong>de</strong>s Lebens verzaubert. Sie zieht hinaus gleich mit<br />

<strong>de</strong>m jüngeren Sohn in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte <strong>de</strong>s barmherzigen Vaters. In<br />

immer neue, ferne Städte, Län<strong><strong>de</strong>r</strong> zieht sie. Sie entfrem<strong>de</strong>t sich mehr<br />

<strong>und</strong> mehr ihrem Ursprung. Eines Tages ist alles vertan, was sie anziehend<br />

machte, ihr Ansehen verlieh: schöne Klei<strong><strong>de</strong>r</strong>, E<strong>de</strong>lsteine, Ketten,<br />

Ringe. <strong>Der</strong> Ruf <strong>de</strong>s Lockvogels verstummt. Das Brot <strong><strong>de</strong>r</strong> alten Runa ist<br />

aufgebraucht. Ein Weg nach Hause wird nicht gesehen. Die dunkelste<br />

St<strong>und</strong>e <strong><strong>de</strong>r</strong> Nacht, sagen wir, ist jedoch bereits <strong><strong>de</strong>r</strong> Beginn <strong>de</strong>s neuen<br />

Tages. Äußerste Entfremdung kann einen Umorientierung einleiten.<br />

Gr<strong>und</strong>legen<strong>de</strong> Arbeit ist von Nöten, Arbeit auf <strong>de</strong>m Acker, im Garten,<br />

27


28<br />

Menschen brauchen Familie<br />

im Stall bei <strong>de</strong>n Tieren, am Herd, Arbeit an <strong><strong>de</strong>r</strong> Wurzel <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen<br />

Existenz. <strong>Der</strong> eigene Wurzelgr<strong>und</strong> wird freigelegt. Die guten<br />

Erfahrungen <strong>und</strong> Prägungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Kindheit beginnen zu wirken. Suleika<br />

lernt das Brot, das sie bisher empfangen hat, selbst zu backen. Das<br />

Brot, sein Duft sind es, die sie nach Hause führen. Es ist das alte <strong>und</strong><br />

zugleich ein neues Zuhause. <strong>Der</strong> König, die Königin, die Auroritäten<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Kindheit sind tot. Sie haben keine Macht mehr. Die alte Runa lebt<br />

noch. Ihr Licht leuchtet. Die Tür ihres Hauses steht offen <strong>und</strong> lädt ein,<br />

einzutreten, o<strong><strong>de</strong>r</strong> ist es so, daß Runa in Suleikas Haus eintritt, in ihm<br />

anwesend wird? Suleika vermag ihr Schloss neu zu errichten. Sie wird<br />

selbst Königin. Sie bäckt das Brot <strong><strong>de</strong>r</strong> Liebe <strong>und</strong> verteilt es an die<br />

Armen. Liebe überbrückt die Gegensätze, Liebe versöhnt. Wo<br />

Menschen das Brot <strong><strong>de</strong>r</strong> Liebe essen, wird Frie<strong>de</strong>n. Die Brotst<strong>und</strong>e wird<br />

zur Frie<strong>de</strong>nsst<strong>und</strong>e.<br />

Gestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erzählung<br />

Die folgen<strong>de</strong>n Angaben haben Anregungscharakter. Sie sind in<br />

Reihung <strong><strong>de</strong>r</strong> Erzählabschnitte bzw. Bil<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Buches angeordnet. Es<br />

ist bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Aktivitäten zu be<strong>de</strong>nken, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> Erzählfluß<br />

erhalten bleibt, die Geschichte nicht zerstückelt wird.<br />

Handlungsweisen haben sich <strong>de</strong>m Wort unterzuordnen, dienen lediglich<br />

einer Illustration. Sie erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>n außer<strong>de</strong>m, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> Erzähler die<br />

Geschichte verinnertlich hat <strong>und</strong> sie aus dieser Verinnerlich heraus<br />

frei zu erzählen vermag.<br />

1.) Wir fassen uns im Kreis zum<br />

Schloss, zur Mauer. Wir spielen mit<br />

<strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n das verschlossene Tor.


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

2.) Wir stellen mit Armen <strong>und</strong><br />

Hän<strong>de</strong>n Bäume dar, spielen mit <strong>de</strong>n<br />

Hän<strong>de</strong>n aufblühen<strong>de</strong> Blumen, gaukeln<strong>de</strong><br />

Schmetterlinge usw. Ein hellfarben<strong>de</strong>s<br />

Tuch wird als Haus <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Runa in <strong>de</strong>n Park gelegt. Ein frischer<br />

Brotlaib wird, in ein weißes Tuch eingehüllt,<br />

im Kreis <strong><strong>de</strong>r</strong> Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> weitergereicht.<br />

Je<strong>de</strong>s Kind darf seinen Duft<br />

einatmen.<br />

3.) Das Brot wird enthüllt <strong>und</strong> im<br />

Haus <strong><strong>de</strong>r</strong> alten Runa abgelegt.<br />

4./5.) <strong>Der</strong> <strong>bunte</strong> <strong>Vogel</strong> (aus <strong>bunte</strong>n<br />

Tüchern geknüpft) wird von einem<br />

Kind um <strong>de</strong>n Schlosspark getragen<br />

<strong>und</strong> über die Mauer hinweg in <strong>de</strong>n<br />

Garten gelegt.<br />

6.) Das Brot wird wie<strong><strong>de</strong>r</strong> eingehüllt<br />

<strong>und</strong> einem Kind übergeben.<br />

29


30<br />

Menschen brauchen Familie<br />

7.) Ein Kind nimmt <strong>de</strong>n <strong>Vogel</strong> auf. Zusammen mit <strong>de</strong>m Kind, das das<br />

Brot trägt, umr<strong>und</strong>et es das Bo<strong>de</strong>nbild. Die Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> tragen <strong>Vogel</strong> <strong>und</strong><br />

Brot zu ihren Plätzen.<br />

8.- 13.) In diesen Erzählabschnitten sollte das Wort allein zur Geltung<br />

kommen, das Kind ganz <strong>und</strong> gar Hören<strong><strong>de</strong>r</strong> sein.<br />

14.) <strong>Der</strong> Zerfall <strong>de</strong>s Schlosses wird<br />

angezeigt, in<strong>de</strong>m die Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> die<br />

Goldkugeln von <strong>de</strong>n Türmen nehmen<br />

<strong>und</strong> sie auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Straße ablegen.<br />

15.) Ein Licht wird entzün<strong>de</strong>t <strong>und</strong> in<br />

Runas Häuschen gestellt.<br />

16.) Wir spielen mit Hän<strong>de</strong>n das Mischen <strong>und</strong> Rühren <strong>de</strong>s Brotteiges,<br />

wie er in <strong><strong>de</strong>r</strong> Wärme aufgeht. Wir formen so auch einen Brotlaib, entzün<strong>de</strong>n<br />

das Feuer im Backofen, zeigen das Zügeln <strong><strong>de</strong>r</strong> Flammen, schieben<br />

das Brot in <strong>de</strong>n Ofen <strong>und</strong> atmen <strong>de</strong>n Duft frisch gebackenes Brot<br />

ein.<br />

17.) <strong>Der</strong> Brotlaib von 3.) wird ins Bild<br />

gebracht.


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

18.) Die Goldkugeln wer<strong>de</strong>n wie<strong><strong>de</strong>r</strong> auf die Türme gesetzt, das Schloss<br />

auf diese Weise renoviert.<br />

Zum Abschluß halten wir selbst eine Brot- Frie<strong>de</strong>nsst<strong>und</strong>e. <strong>Der</strong> Brotlaib<br />

wird in einzelne Stücke gebrochen. Jeweils drei bis vier Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> teilen<br />

ihr Stück nochmals untereinan<strong><strong>de</strong>r</strong>. Alle Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> warten, bis das Brot<br />

geteilt, verteilt ist. Sie halten ihren Brotlaib behutsam in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n.<br />

Rudis Extratipp!!<br />

In Märchen steckt<br />

ein tieferer Sinn -<br />

für Dein Leben<br />

ein Gewinn!<br />

31


Aktionsvorschlag 6<br />

Märchen erleben,<br />

auch für Senioren<br />

Märchenweisheit zum Thema Apfel<br />

32<br />

Menschen brauchen Familie<br />

Im Märchen kann ein rollern<strong><strong>de</strong>r</strong> Apfel <strong>de</strong>n Weg in ein jenseitiges Reich zeigen,<br />

in <strong>de</strong>m w<strong>und</strong>erbare Apfelbäume mit beson<strong><strong>de</strong>r</strong>en Äpfeln stehen.<br />

Diese Zauberäpfel bewirken:<br />

l Ges<strong>und</strong>heit<br />

l Schönheit<br />

l Fruchtbarkeit bzw. Kin<strong><strong>de</strong>r</strong>segen<br />

l Ewige Jugend<br />

l Übernatürliche Stärke<br />

l Übernatürliches Wissen<br />

l Verwandlung in eine hässliche Gestalt o<strong><strong>de</strong>r</strong> Rückwandlung aus ihr<br />

l Neues Leben<br />

Einstiegsmöglichkeit:<br />

l Mitbringsel.<br />

Bitten Sie Ihre Menschen vor <strong>de</strong>m Treffen zwei gewaschene Äpfel mitzubringen:<br />

einen zum Spielen <strong>und</strong> einen zum Verschenken.<br />

l Sinnesspiel mit einem Apfel<br />

Einen <strong><strong>de</strong>r</strong> mitgebrachten Äpfel gründlich betrachten, beriechen <strong>und</strong> mit<br />

geschlossenen Augen betasten. Wenn je<strong>de</strong>/r meint, <strong>de</strong>n eigenen Apfel<br />

gründlich zu kennen, wer<strong>de</strong>n Gruppen von 6- 10 Personen gebil<strong>de</strong>t, die<br />

im Kreis o<strong><strong>de</strong>r</strong> um einen Tisch sitzen <strong>und</strong> die Augen schließen. Die<br />

Leiterin vertauscht die Äpfel nun gründlich. Auf ein akustisches Zeichen<br />

hin geben alle <strong>de</strong>n frem<strong>de</strong>n Apfel nach rechts weiter. <strong>Der</strong> neue Apfel wird<br />

betastet : ist es mein Eigener? Wenn ja, öffnet man die Augen <strong>und</strong> nimmt<br />

diesen Apfel aus <strong>de</strong>m Spiel. Die " Sehen<strong>de</strong>n" helfen aber, die restlichen<br />

Äpfel solange weiterzugeben, bis je<strong>de</strong>/r wie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n eigenen Apfel hat.


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

l Re<strong>de</strong>arten <strong>und</strong> Sprichwörter raten<br />

b Etwas unangenehmes tun müssen<br />

(In <strong>de</strong>n sauren Apfel beißen)<br />

b Weit unter Wert o<strong><strong>de</strong>r</strong> umsonst<br />

(Für einen Apfel <strong>und</strong> ein Ei)<br />

b Eine Sache ist unentschie<strong>de</strong>n<br />

(Da bleiben so viel Äpfel wie Birnen)<br />

b <strong>Der</strong> ist gleich wie seine Familie<br />

(<strong><strong>de</strong>r</strong> Apfel fällt nicht weit vom Stamm)<br />

b Es war ein sehr enges Gedränge<br />

(Es konnte kein Apfel zur Er<strong>de</strong> fallen)<br />

b Sehr gerührt sein<br />

(gerührt sein wie Apfelmus)<br />

b Zwei Dinge vergleichen, die nicht vergleichbar sind<br />

(Äpfel mit Birnen vergleichen)<br />

b Außen " hui" innen "pfui"<br />

(Im schönsten Apfel sitzt <strong><strong>de</strong>r</strong> Wurm)<br />

b Jeman<strong>de</strong>n verulken<br />

(Jeman<strong>de</strong>n veräppeln)<br />

l Gemeinsames Apfelessen<br />

<strong>Der</strong> noch nicht benutzte Apfel wird verschenkt <strong>und</strong> anschließen<br />

genüsslich verspeist. Außer<strong>de</strong>m wird vielleicht Apfeltee o<strong><strong>de</strong>r</strong> - saft<br />

getrunken, Apfelkuchen gegessen usw.<br />

Märchen<br />

Die Äpfel <strong><strong>de</strong>r</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Rudis Extratipp!!<br />

Wollt ihr ges<strong>und</strong> leben,<br />

dann esst Äpfel,<br />

so ist das eben!<br />

33


34<br />

Die Äpfel <strong><strong>de</strong>r</strong> Ges<strong>und</strong>heit<br />

Menschen brauchen Familie<br />

Es war einmal- die Sonne brannte heiß, <strong><strong>de</strong>r</strong> Regen floss in Strömen - es<br />

war einmal ein König. Er selbst war vernünftig <strong>und</strong> das Gesetz war<br />

streng. Land <strong>und</strong> Volk gehorchten ihm. Drei Söhne hatte er. Da<br />

geschah es einst, dass er krank wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> blind. Seine Söhne berieten<br />

sich miteinan<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>und</strong> gingen dann zu ihrem Vater. Vater sagten sie<br />

zu ihm. " Gibt es kein Mittel, um dich wie<strong><strong>de</strong>r</strong> sehend zu machen? Gibt<br />

es keine Arznei für <strong>de</strong>ine Krankheit? Befiel , <strong>und</strong> wenn wir dich auch<br />

das Leben lassen müssten, wir suchen <strong>und</strong> fin<strong>de</strong>n, was dir frommt." "<br />

Bringt mir Äpfel aus <strong>de</strong>m Garten <strong><strong>de</strong>r</strong> Jungfräulichen Königin, das ist das<br />

einzige Mittel für meine Augen <strong>und</strong> meinem Leib", antwortete <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

König. Zuerst schickte <strong><strong>de</strong>r</strong> älteste Sohn sich an, <strong>de</strong>n Auftrag auszuführen.<br />

Er bestieg ein gutes Pferd, legte seine Waffe an <strong>und</strong> gab seinem<br />

Tier die Peitsche. Über unseren Berg ritt er, über frem<strong>de</strong> Berge ritt er,<br />

über <strong>de</strong>n Elternberg, <strong>de</strong>n Dohlenberg, <strong>de</strong>n Schneeberg, <strong>de</strong>n Eisberg.<br />

Hinter diesem traf er einen Greisen mit schneeweißem Bart, <strong><strong>de</strong>r</strong> saß da<br />

<strong>und</strong> nähte die Spalten im Weg zusammen, die sich von <strong><strong>de</strong>r</strong> Hitze gebil<strong>de</strong>t<br />

hatten. "Sei gegrüßt, Alter, möge dir <strong>de</strong>in Werk nicht gelingen"<br />

sagte <strong><strong>de</strong>r</strong> Reiter. " Sei auch du gegrüßt, mein Sohn, möge auch <strong>de</strong>in<br />

Werk nicht gelingen!", antwortete <strong><strong>de</strong>r</strong> Greis. Weiter ritt, weiter galoppierte<br />

unser Reiter <strong>und</strong> kam schließlich in ein Land, wo Milchströme<br />

flossen <strong>und</strong> die Trauben im Winter reifen. W<strong>und</strong>erbare Gärten fand er<br />

dort mit verschie<strong>de</strong>nen Apfelbäumen. "Wenn die jungfräuliche Königin<br />

Gärten hat, so müssen es diese sein", dachte er, füllte seine<br />

Satteltaschen mit Äpfeln <strong>und</strong> ritt nach Hause. "Sei gegrüßt, Vater!,<br />

sagte er <strong>und</strong> überreichte ihm die Tasche. " Sei auch du gegrüßt, mein<br />

Sohn! Warum so spät zurück, warum so schnell wie<strong><strong>de</strong>r</strong> da?" "Vater, ich<br />

war an einem Ort, wo Milchströme fließen <strong>und</strong> die Traube im Winter<br />

reift <strong>und</strong> dort fand ich w<strong>und</strong>erbare Gärten. Und wenn die Jungfräuliche<br />

Königin Gärten hat, so müssen es diese sein, dachte ich <strong>und</strong> pflückte<br />

dort Äpfel <strong>und</strong> hier sind sie: " Oh weh, mein Sohn! Weit ist´s von dort<br />

bis zu <strong>de</strong>n Gärten <strong><strong>de</strong>r</strong> Jungfräulichen Königin. Den Ort, wo du warst,<br />

<strong>de</strong>n kenne ich wohl, da war ich oft in meiner Jugend, <strong>und</strong> kam in weni-


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

ger Zeit hin, als bei uns die Klöße brauchen um zu kochen." Nun brach<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> mittlere Sohn auf; sein gutes Pferd bestieg er, seine beste Waffen<br />

tat er um, gab seinem Tier die Peitsche <strong>und</strong> ritt weg. Über unseren Berg<br />

ritt er, über frem<strong>de</strong> Berge ritt er, über <strong>de</strong>n Elsternberg, <strong>de</strong>n<br />

Dohlenberg, <strong>de</strong>n Schneeberg, <strong>de</strong>n Eisberg. Und hinter <strong>de</strong>m Eisberg<br />

fand er <strong>de</strong>n Alten, <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>n Weg nähte. " Sei gegrüßt, Alter, möge <strong>de</strong>in<br />

Werk nicht gelingen." " Sei auch gegrüßt, mein Sohn, möge auch <strong>de</strong>in<br />

Werk nicht gelingen!", antwortete <strong><strong>de</strong>r</strong> Alte.<br />

Weiter ritt, weiter galoppierte unser Reiter. Er ritt durch das Land, wo<br />

die Taube im Winter reift <strong>und</strong> kam in ein an<strong><strong>de</strong>r</strong>es, wo ein Ölfluss floss,<br />

wo zugleich Schmutz war bis zum Knie <strong>und</strong> Staub von <strong><strong>de</strong>r</strong> Trockenheit.<br />

Solche Gärten fand er da, dass er alle Gärten vergaß, die er je gesehen<br />

hatte, <strong>und</strong> Obst gab es da, wie man nur im Paradies welches fin<strong>de</strong>n<br />

kann. Er füllte seine Satteltaschen mit Äpfeln <strong>und</strong> ritt heim. "Sei<br />

gegrüßt Vater"!, sagte er <strong>und</strong> reichte ihm die Tasche. "Sei auch du<br />

gegrüßt, mein Sohn! Warum so spät zurück, warum so schnell wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

da?" " Vater, ich ritt über <strong>de</strong>n Milchfluss <strong>und</strong> kam in eine Gegend mit<br />

einem Ölfluss, wo <strong><strong>de</strong>r</strong> Schmutz mir bis zum Knie ging <strong>und</strong> die Luft voller<br />

Staub war. Dort fand ich einen Garten wie ein Paradies, <strong><strong>de</strong>r</strong> , dachte<br />

ich, ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Garten <strong><strong>de</strong>r</strong> Jungfräulichen Königin, <strong>und</strong> dort habe ich<br />

Äpfel gepflückt <strong>und</strong> hier sind sie. " " Oh weh, mein Sohn, in das Land,<br />

wo du warst, bin ich in meiner Jugend oft geritten, in weniger Zeit, als<br />

man braucht, um eine Pfeife zu rauchen; von da ist´s auch noch weit<br />

bis zu <strong>de</strong>n Gärten <strong><strong>de</strong>r</strong> Jungfräulichen Königin.", sagte <strong><strong>de</strong>r</strong> König." Nun<br />

machte sich <strong><strong>de</strong>r</strong> jüngste Sohn auf <strong>de</strong>n Weg. Er ritt davon, über unseren<br />

Berg, über frem<strong>de</strong> Berge, über <strong>de</strong>n Elternberg, <strong>de</strong>n Dohlenberg, <strong>de</strong>n<br />

Schneeberg, <strong>de</strong>n Eisberg, <strong>und</strong> dann fand er <strong>de</strong>n Alten, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Risse in<br />

<strong><strong>de</strong>r</strong> Er<strong>de</strong>n zusammennähte. " Sei gegrüßt, Vater, möge dir <strong>de</strong>in Werk<br />

gelingen!" " Sei auch du gegrüßt, mein Sohn, möge dir <strong>de</strong>in Werk auch<br />

gelingen!", sagte <strong><strong>de</strong>r</strong> Alte. " Weißt du mir nicht einen Rat, Alter, fuhr <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Jüngste fort, " ich will in <strong>de</strong>n Garten <strong><strong>de</strong>r</strong> Jungfräulichen Königin <strong>und</strong><br />

dort Äpfel holen." Gewiss, mein Sohn, nicht nur einen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n drei<br />

Ratschläge gebe ich dir. Hör zu! Du kommst an <strong>de</strong>n Milchfluss <strong>und</strong> an<br />

<strong>de</strong>n Ölfluss <strong>und</strong> dann an <strong>de</strong>n Honigfluss <strong>und</strong> von dort ist es noch einmal<br />

so weit wie von zu Hause bis dorthin. Dann kommst du zu einem<br />

35


36<br />

Menschen brauchen Familie<br />

silbernen, einem gol<strong>de</strong>nen <strong>und</strong> einem kristallenen Turm, die sind so<br />

hoch, dass sie bis zum Himmel zu reichen scheinen; das sind die<br />

Türme, in <strong>de</strong>nen die Jungfräuliche Königin lebt <strong>und</strong> vor <strong>de</strong>n Türmen<br />

liegt ihr Garten. Ehe du in <strong>de</strong>n Garten trittst, umwickle <strong>de</strong>ine Füße mit<br />

Gras. Das Gartentor hat ein eisernes Schloss; glaub nicht, du könntest<br />

es mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Hand öffnen, nein, in einen Stock schlage einen Nagel <strong>und</strong><br />

damit öffne es. Und die Früchte pflücke ja nicht mit <strong>de</strong>n bloßen<br />

Hän<strong>de</strong>n, spalte einen Stock an einem En<strong>de</strong> auf <strong>und</strong> damit pflücke die<br />

Früchte." "Danke dir, Großväterchen, das will ich tun", sagte <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Jüngste <strong>und</strong> ritt davon. Über <strong>de</strong>n Milchfluss, über <strong>de</strong>n Ölfluss, über <strong>de</strong>n<br />

Honigfluss setzte er <strong>und</strong> ritt weit, bis er endlich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Ferne einen silbernen,<br />

einen gol<strong>de</strong>nen <strong>und</strong> einen kristallenen Turm erblickte. In <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Dämmerung erreichte er <strong>de</strong>n Garten. Er umwickelte seine Füße mit<br />

Gras, schlug einen Nagel in einen Stock <strong>und</strong> öffnete damit das Schloss.<br />

" Eisen vergewaltigt uns, Eisen vergewaltigt uns", rief das Schloss. "<br />

Wer soll <strong>de</strong>nn Eisen vergewaltigen, wenn nicht wie<strong><strong>de</strong>r</strong> Eisen", sagte<br />

drinnen im gol<strong>de</strong>nen Turm die Jungfräuliche Königin, " schweigt still<br />

<strong>und</strong> lasst mich schlafen!" Sie glaubt nämlich, ein Teil <strong>de</strong>s Schlosses<br />

habe auf <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en gedrückt. Als <strong><strong>de</strong>r</strong> Jüngste in <strong>de</strong>n Garten trat, rief<br />

das Gras: ;"Gras vergewaltigt uns, Gras vergewaltigt uns!" Natürlich,<br />

Gras vergewaltigt Gras", sagte die Königin. "lasst mich schlafen! Sie<br />

glaubte nämlich, die Gräser drückten einan<strong><strong>de</strong>r</strong>. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitte <strong>de</strong>s<br />

Gartens stand ein großer Apfelbaum mit w<strong>und</strong>erbaren Früchten. Da<br />

nahm <strong><strong>de</strong>r</strong> jüngste ein Stück Holz, spaltete es an einem En<strong>de</strong> <strong>und</strong> fing<br />

an, Äpfel zu pflücken. " Holz vergewaltigt mich, Holz vergewaltigt mich!,<br />

rief da <strong><strong>de</strong>r</strong> Apfelbaum. " Nun, das versteht sich doch von selbst, dass<br />

Holz auf Holz drückt", lass mich schlafen!" Sie dachte eben, ein Ast<br />

schlüge <strong>de</strong>n an<strong><strong>de</strong>r</strong>en. Als <strong><strong>de</strong>r</strong> jüngste sein Satteltasche gefüllt hatte,<br />

bestieg er sein Pferd <strong>und</strong> wollte schon nach Hause , als ihm einfiel,<br />

dass er doch unbedingt die Jungfräuliche Königin sehen müsse, <strong>und</strong><br />

sollet es ihn auch das Leben kosten. Er ging also die Treppen hinauf,<br />

trat ein <strong>und</strong> sah sie auf : auf einem gol<strong>de</strong>nen Bett lag sie, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Stirn<br />

hatte sie einen Stern <strong>und</strong> ihrer Achsel glänzte ihr ein Mond; ihren Leib<br />

konnte man mit zwei Fingern umfassen, <strong>und</strong> wenn man sie wie<strong><strong>de</strong>r</strong> losließ,<br />

füllte sie die ganze Welt. Zu ihren Häupten <strong>und</strong> zu ihren Füßen


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

stan<strong>de</strong>n gol<strong>de</strong>ne <strong>und</strong> silberne Leuchter. Neben ihrem stand ein<br />

ge<strong>de</strong>ckter Tisch mit allerlei Speisen <strong>und</strong> Getränken. Und damit die<br />

Bewohner <strong>de</strong>s Turms auch wüssten, dass er dagewesen war, ließ <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Jüngste es sich gut schmecken, dann küsste er die Schlafen<strong>de</strong> dreimal<br />

<strong>und</strong> biss sie in die Wange, aber sie wachte nicht auf.<br />

Dann ging´s nach Hause, zum Vater. " Sei gegrüßt, Vater", sagte er <strong>und</strong><br />

reichte ihm die Tasche. " Sei auch du gegrüßt, mein Sohn! Warum so<br />

spät zurück, warum so schnell wie<strong><strong>de</strong>r</strong> da?" " Vater, ich war in <strong>de</strong>m<br />

Garten <strong><strong>de</strong>r</strong> Jungfräulichen Königin <strong>und</strong> von dort habe ich dir Äpfel<br />

,geholt <strong>und</strong> hier sind sie. " <strong>Der</strong> Vater betastete die Früchte <strong>und</strong> sagte:<br />

Gut mein Sohn, jetzt können mein Leib wie<strong><strong>de</strong>r</strong> ges<strong>und</strong> wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />

meine Augen sehend wer<strong>de</strong>n." Als die Jungfräuliche Königin ausgeschlafen<br />

hatte, schaute sie in <strong>de</strong>n Spiegel <strong>und</strong> sah <strong>de</strong>n Biss auf ihrer<br />

Wange. Dann untersuchte sie die Speisen <strong>und</strong> Getränke auf <strong>de</strong>m Tisch<br />

<strong>und</strong> zuletzt fragte sie ihren Spiegel, wer <strong>de</strong>nn da gewesen sei, <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Spiegel erzählte ihr alles. Sieben Reiche nannte sie ihr Eigen, aus allen<br />

sammelte sie die Heere <strong>und</strong> zog mit ihnen in das Land das blin<strong>de</strong>n<br />

Königs. Vor <strong>de</strong>ssen Hauptstadt schlug sie ihr Lager auf <strong>und</strong> sandte ihm<br />

die Botschaft, er möge ihr sofort <strong>de</strong>n herschicken, <strong><strong>de</strong>r</strong> in ihrem Garten<br />

Äpfel gepflückt habe. Zuerst ging <strong><strong>de</strong>r</strong> älteste Sohn zu ihr <strong>und</strong> behauptete,<br />

er sei es gewesen. " Wie hast du sie <strong>de</strong>nn gepflückt?" fragte sie.<br />

Wie ich sie gepflügt habe? Mit meinen Hän<strong>de</strong>n natürlich. " Das stimmt<br />

nicht, geh nur wie<strong><strong>de</strong>r</strong> heim! Nun mel<strong>de</strong>te sich <strong><strong>de</strong>r</strong> mittlere Bru<strong><strong>de</strong>r</strong>, aber<br />

auch <strong><strong>de</strong>r</strong> wur<strong>de</strong> wie<strong><strong>de</strong>r</strong> heimgeschickt. Zuletzt kam <strong><strong>de</strong>r</strong> Jüngste. " Höre<br />

tapferer Recke, hast du die Früchte gepflückt in meinem Garten?" Wer<br />

<strong>de</strong>nn sonst, als ich!" antwortete er. Und wie hast du sie <strong>de</strong>nn gepflückt?<br />

Er erzählte ihr genau, wie er es gemacht hatte. Da stand sie auf,<br />

küsste ihn dreimal vor allem Volk <strong>und</strong> biss ihn auf die eine Wange,<br />

dann , küsste sie ihn noch mal dreimal <strong>und</strong> biss ihn auf die an<strong><strong>de</strong>r</strong>e<br />

Wange <strong>und</strong> sagte. "Nach Brauch <strong>und</strong> Sitte hat man das Recht,<br />

Gestohlenes doppelt zurückzuverlangen. Dann gingen sie Arm in Arm<br />

zu <strong>de</strong>m blin<strong>de</strong>n König. Die Jungfräuliche Königin fuhr sich mit <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Hand über das Gesicht, <strong>und</strong> dann strich sie mit <strong><strong>de</strong>r</strong>selben Hand über<br />

Gesicht <strong>und</strong> Körper <strong>de</strong>s kranken Königs. Sofort wich die Krankheit von<br />

ihm <strong>und</strong> er konnte wie<strong><strong>de</strong>r</strong> sehen. Stark wie ein Büffel wur<strong>de</strong> er. Dann<br />

37


38<br />

Menschen brauchen Familie<br />

aber heiratete <strong><strong>de</strong>r</strong> Jüngste seine Königin. Söhne bekamen sie, die in<br />

allen Stücken <strong>de</strong>m Vater glichen, Töchter bekamen sie, die in allen<br />

Stücken <strong><strong>de</strong>r</strong> Mutter glichen. Und noch heute leben sie in Glück <strong>und</strong><br />

Zufrie<strong>de</strong>nheit.<br />

Gedanken zum Sinn <strong>de</strong>s Märchens<br />

(Für Leiterin <strong>und</strong> Leiter zur Vorbereitung. Lassen Sie Ihre Teilnehmer<br />

eigene Deutungen fin<strong>de</strong>n!)<br />

Wenn wir alle Personen <strong>de</strong>s Märchens als Teile unserer eigenen<br />

Persönlichkeit sehen, fin<strong>de</strong>n wir Vertrautes beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s zu Beginn <strong>de</strong>s<br />

Märchens: Haben wir nicht auch so einen strengen König in uns, <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Einhaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> herkömmlichen Regeln besteht? Wie oft lehnen<br />

wird, die bei<strong>de</strong>n älteren Prinzipien, bei an<strong><strong>de</strong>r</strong>en vorschnell ab, was wir<br />

nicht verstehen? Und wie oft geben wir uns, wie sie, nach nur geringer<br />

Anstrengung mit vorschnellen Lösungen zufrie<strong>de</strong>n? Dieses Märchen<br />

hat aber auch noch drei beson<strong><strong>de</strong>r</strong>e Kostbarkeiten<br />

1. <strong>Der</strong> weise Alte, <strong><strong>de</strong>r</strong> die Er<strong>de</strong> heilt. (Einen solchen könnten wir heute<br />

mehr <strong>de</strong>n je brauchen) <strong>Der</strong> Jüngste <strong><strong>de</strong>r</strong> ihn mit seinem Gruß ehrt <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>mütig genug ist, ihn um Rat zu fragen, nur dieser jüngste erreicht<br />

das jenseitige Reich <strong>und</strong> gewinnt die heilen<strong>de</strong>n Äpfel<br />

2. Die drei Türme: Die sich steigern<strong>de</strong>n Materialien Silber, Gold <strong>und</strong><br />

Kristal sind <strong><strong>de</strong>r</strong> für einen jenseitigen Bereich <strong>und</strong> weisen auf die<br />

Lichtnatur <strong><strong>de</strong>r</strong> Braut hin.<br />

3. Das Heilen mit <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n: Hier klingt ein altes Heilwissen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />

Frauen an, das auch von uns wie<strong><strong>de</strong>r</strong>ent<strong>de</strong>ckt wer<strong>de</strong>n möchte.<br />

Dank- <strong>und</strong> Wunschapfel<br />

Wenn Sie ein Geburtstagskind dabeihaben, kopieren Sie gezeichneten<br />

großen Äpfel auf farbiges Papier (grün, rot gelb) <strong>Der</strong> Apfel wird ausgeschnitten.<br />

Auf die eine Seite wird ein Dank an das Geburtstagskind<br />

geschrieben. Auf die an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Seite kommt ein guter Wunsch.<br />

Aus: Freu<strong>de</strong> am Märchen. Senioren erleben <strong>und</strong> gestalten<br />

Volksmärchen, Bergmooser + Höller Verlag, Seit 27-31


Arbeitsheft “Märchenkoffer”<br />

Anhang<br />

Weitere Vorschläge zum "Weiterspinnen":<br />

l Besuch einer Märchenveranstaltung langfristig organisieren, beispielsweise<br />

in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Augsburg</strong>er Puppenkiste, im Märchenzelt o<strong><strong>de</strong>r</strong> im<br />

Moussong-Figurentheater <strong>de</strong>s Kulturhauses Abraxas in <strong>Augsburg</strong><br />

(Aktuelle Programme liegen im Koffer)<br />

l "Märchenhafte Leseecke" beim Pfarrfest einrichten<br />

l Seminar organisieren, um Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> KF zum "professionellen<br />

Märchenerzähler" auszubil<strong>de</strong>n<br />

l Professionelle Märchenerzählerin engagieren, die Märchen frei vorträgt.<br />

l Über Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>r</strong> Märchen in <strong><strong>de</strong>r</strong> Erziehung sprechen <strong>und</strong><br />

Ausschnitte aus <strong>de</strong>m Buch "Kin<strong><strong>de</strong>r</strong> brauchen Märchen" von Bruno<br />

Bettelheim zu Wort kommen lassen<br />

l In die Märchen<strong>de</strong>utung einsteigen, beispielsweise über Bücher von<br />

Eugen Drewermann, <strong><strong>de</strong>r</strong> Märchen tiefenpsychologisch <strong>de</strong>utet.<br />

Märchenbücher:<br />

l En<strong>de</strong>, Michael: Momo; Thienemann Verlag<br />

l Bach, Richard: Die Möwe Jonathan; (auch als Film mit einfühlsamer<br />

Filmmusik)<br />

l Wil<strong>de</strong>, Oscar: <strong>Der</strong> eigensüchtige <strong>Riese</strong>; Kiefel Verlag<br />

(Märchenbil<strong><strong>de</strong>r</strong>buch) (auch als Film)<br />

l Berna<strong>de</strong>tte: Jorin<strong>de</strong> <strong>und</strong> Joringel; Nord-Süd Verlag<br />

(Märchenbil<strong><strong>de</strong>r</strong>buch)<br />

l En<strong>de</strong>, Michael: Lenchens Geheimnis<br />

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“Die Wurzel <strong><strong>de</strong>r</strong> Menschheit<br />

ist die Familie”<br />

A. <strong>Kolping</strong><br />

Helfen Sie mit,<br />

Familien wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />

glücklich zu machen !<br />

“Familienstiftung” Konto-Nr. 200 147 770<br />

Liga-Bank <strong>Augsburg</strong> (BLZ 750 903 00)<br />

Familienstiftung<br />

<strong>de</strong>s <strong>Kolping</strong>werkes<br />

Frauentorstraße 29 - 86152 <strong>Augsburg</strong> - Telefon 08 21/34 43 - 157 - Fax 08 21/34 43 - 175<br />

e-Mail: stiftung@menschen-brauchen-familie.<strong>de</strong> - Internet: www.menschen-brauchen-familie.<strong>de</strong>

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